Ver schleierung im Islam - Österreichischer Integrationsfonds

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F A C T - S H E E T 3 1 | J U N I 2 0 1 8 | Verschleierung im Islam
Verschleierung im Islam

F A C T - S H E E T

                                                                                           31
Ver­schleierung
im Islam
Seit 1912 ist der Islam eine anerkannte Religion in Österreich.
Heute leben laut Berechnungen des VID circa 700.000
Muslim/innen hierzulande. Immer wieder sind das Tragen des
Kopftuchs oder andere Verschleierungsformen Gegenstand
von Debatten. Seit 1. Oktober 2017 gilt in Österreich ein
Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz. Ziel des Bundesgesetzes ist
insbesondere die Förderung von Integration durch die Stärkung
der Teilhabe an der Gesellschaft. Bezüglich eines Kopftuchverbots
für Kinder in Kindergärten und Volksschulen kündigte die
Regierung eine entsprechende gesetzliche Regelung an.

INHALT

Seite 2                                             Seite 5                            Seite 6
Islam Global                                        Verschleierungsvorschriften        Nationale Regelungen:
                                                                                       Europa
Seite 3                                             Seite 5
Islam in Österreich –                               Menschenrechts­konvention
Zahlen und Fakten                                   und EuGH-Entscheidungen

Seite 4                                             Seite 6
Formen und Stufen der Verschleierung                Nationale Regelungen: Österreich

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F A C T - S H E E T 3 1 | J U N I 2 0 1 8 | Verschleierung im Islam

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                                                                                                                         6% im Jahr 2010. Bis zum Jahr 2030
                                                                                                                         wird sich laut einer Studie des Pew

                                                    Verschleierung                                                       Research Centers der Anteil auf 8%
                                                                                                                         und bis 2050 auf 10% erhöhen.
                                                    im Islam
                                                                                                                         In der Europäischen Union leben die
                                                                                                                         meisten Muslim/innen in Deutschland
                                                                                                                         und Frankreich. 2010 waren 4,8 Mio.
                                                                                                                         bzw. 4,1% der deutschen Bevölkerung
                                                                                                                         muslimischen Glaubens, in Frankreich
                                                                                                                         waren dies 4,7 Mio. bzw. 7,5% der fran-
                                                                                                                         zösischen Bevölkerung.

                                                    Islam Global                                                         Muslimische Bevölkerung in Europa
                                                                                                                         Das Pew Research Center entwickelte
                                                                                                                         drei mögliche Szenarien, die sich
                                                    Der Islam ist die am schnellsten wach-                               jeweils nach dem künftigen Migrations-
                                                    sende Religion weltweit. Waren 1900                                  niveau unterscheiden und abbilden,
                                                    noch ca. 13% der Weltbevölkerung                                     wie sich die muslimische Bevölkerung
                                                    Muslim/innen, stieg der Anteil bis 2010                              in europäischen Ländern unter ver-
                                                    bereits auf etwa 23% (1,6 Mrd. Perso-                                schiedenen Umständen entwickeln
                                                    nen). Laut neuesten Studien wird sich                                könnte. Szenario 1 geht von einem
                                                    dieser bis 2050 auf fast 30% erhöhen.                                Stopp der Neuzuwanderung, Szena-
                                                    Im Gegensatz dazu bleibt der Anteil                                  rio 2 von einer reduzierten Migration
                                                    der Christ/innen mit 31,4% konstant.                                 und Szenario 3 von einer weiteren
                                                                                                                         muslimisch geprägten Zuwanderung
                                                    Die Zahl der Muslim/innen in                                         aus. Die Berechnungen zeigen: Der
                                                    Europa steigt kontinuierlich                                         Anteil der muslimischen Bevölkerung
                                                    Die Mehrheit der Muslim/innen (62%)                                  könnte im Jahr 2050 in Deutschland
                                                    lebt in der Asien-Pazifik-Region (Indo-                              zwischen 8,7% und 19,7%, in Frank-
                                                    nesien, Indien, Pakistan, Bangladesch,                               reich zwischen 12,7% und 18,0% und in
                                                    Iran und Türkei). In Europa ist der                                  Österreich zwischen 9,3% und 19,9%
                                                    Anteil der muslimischen Bevölkerung                                  liegen.

                                                    WACHSTUM DER WELTRELIGIONEN WELTWEIT

                                                    1900–2050, in Millionen Menschen
                                                                                                                                                               2.918

                                                       Christen                                                                                                2.762
                                                       Muslime
                                                       Hindus
                                                       Buddhisten
                                                       Juden
                                                       religionslos
                                                                                                             2.168

                                                                                                             1.600
                                                                                                                                                               1.384

                                                                                                             1.131
                                                                                                                                                               1.230
                                                                                                             1.032

                                                        558
                                                                                                              488
                                                                                                                                                                486
                                                           203
                                                        200
                                                        127                                                    14                                                   16
                                                         12
                                                            3
                                                           1900*                                            2010**                                            2050**

                                                    Quellen: * Statista GmbH
                                                    		       ** Pew Research Center 2015, The Future of World Religions: Population Growth Projections, 2010–2050

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Islam in Österreich –                                     ENTWICKLUNG DER MUSLIMISCHEN BEVÖLKERUNG

Zahlen und Fakten                                         Szenarien bis 2050

                                                                                                   2050 zero migration                    2050 medium migration                          2050 high migration
Islam in Österreich
Nach der Annexion von Bosnien-Herze-
gowina 1878 gehörte erstmals eine
                                                                       Österreich                          Frankreich                                 Belgien                              Deutschland
große muslimische Bevölkerungs-

                                                                                          19,9 %

                                                                                                                                                                                                                 19,7 %
gruppe zu Österreich-Ungarn. 1912

                                                                                                                                                                         18,2 %
                                                                                                                              18,0 %
folgte die gesetzliche Anerkennung

                                                                                                                             17,4 %
des Islam als Religionsgesellschaft

                                                                                                                                                                    15,1 %
durch die Verabschiedung des Islam-

                                                                                                                         12,7 %
gesetzes, welches der besseren Ein-

                                                                                                                                                                                                             10,8 %
                                                                                    10,6 %

                                                                                                                                                                11,1 %
gliederung muslimischer Soldaten in

                                                                                  9,3 %

                                                                                                                 8,8 %

                                                                                                                                                                                                         8,7 %
das Heer diente und die gesetzliche

                                                                                                                                                        7,6 %
                                                                                                       7,5 %
                                                                          6,9 %

                                                                                                                                              6,0 %

                                                                                                                                                                                                 6,1 %
Grundlage zur Integration der muslimi-
                                                               5,4 %

                                                                                                                                                                                         4,1 %
schen Bevölkerungsgruppe bildete. Ab
den 1960er-Jahren kamen zahlreiche
muslimische Arbeitskräfte aus der Tür-
kei und dem ehemaligen Jugoslawien
als Gastarbeiter/innen nach Österreich.                       2010        2016     2050               2010      2016       2050              2010      2016       2050                   2010    2016     2050

Im Jahr 1979 wurde die Einrichtung der
Islamischen Glaubensgemeinschaft in
Österreich (IGGiÖ) durch das Bundes-                           Groß­britannien                                 Ungarn                                 Polen                                  Tschechien

ministerium für Unterricht und Kunst
genehmigt.
                                                                                      17,2 %
                                                                                     16,7 %

Seit der letzten Volkszählung (2001)
haben sich die religiösen Zugehörig-
keiten in Österreich deutlich verändert.
                                                                                  9,7 %

Laut einer Studie des Vienna Institute
of Demography der Österreichischen
                                                                          6,3 %
                                                               4,7 %

                                                                                                                                  4,5 %

Akademie der Wissenschaften hat sich
der Anteil an Muslim/innen in Öster-
                                                                                                                          1,3 %

                                                                                                                                                                                                           1,2 %
                                                                                                                 0,4 %

                                                                                                                         0,4 %

                                                                                                                                                                                                          1,1 %
reich von 4% im Jahr 2001 auf 8% im
                                                                                                                                                                  0,2 %
                                                                                                                                                                  0,2 %

                                                                                                                                                                                                 0,2 %

                                                                                                                                                                                                         0,2 %
                                                                                                       0,1 %

                                                                                                                                                                                         0,1 %
                                                                                                                                              0,0 %

                                                                                                                                                        0,0 %

                                                                                                                                                                0,0 %

Jahr 2016 verdoppelt. Das entspricht
in absoluten Zahlen rund 700.000
                                                              2010        2016     2050               2010      2016       2050              2010      2016       2050                   2010    2016     2050
Muslim/innen in ganz Österreich. In
Wien liegt der Anteil an Muslim/innen
laut der Studie bei 14% im Jahr 2016.                     Quelle: Pew Research Center, Europe‘s Growing Muslim Population

Die Szenarienanalysen der Studie
sehen – abhängig von verschiedenen
Faktoren wie Fertilität, Säkulari-
                                                          ANTEIL DER MUSLIMISCHEN BEVÖLKERUNG
sierungstendenzen, Konvertierungs-
raten und Zusammensetzung der
                                                          2016 (Rekonstruktion) und 2046 in den unterschiedlichen Szenarien
Zuwanderungsbevölkerung –, dass
                                                                                                                                                                                                     30 %
für Österreich der Anteil der muslimi-                       Europäische Mobilität 2046
                                                             Diversität 2046
schen Bevölkerung, je nach Szenario,
                                                             Geringe Zuwanderung 2046
bis 2046 zwischen 12% und 21% liegen                         Starke Zuwanderung 2046                                                                                                                 23 %
                                                                                                                                                                                                     21 %
könnte. Für Wien könnte der Anteil                                                                                                                                                                   20 %
sogar zwischen 20% und 30% liegen.1                                                                                  21 %

                                                                                                                     17 %
                                                                                                                     14 %
                                                                                                                     12 %                        14 %

                                                                       8%

     1   Goujon, Anne; Jurasszovich, Sandra;                              2016                                  2046                                   2016                                      2046
         Potančokova, Michaela (2017): ÖIF- For-
         schungsbericht: Demographie und Religion                                         Österreich                                                                              Wien
         in Österreich: Szenarien 2016 bis 2046 /
         Vienna Institute of Demography Working
         Paper 9/2017: Religious Denominations in         Quelle: Goujon, Anne; Jurasszovich, Sandra; Potančokova, Michaela (2017): ÖIF- Forschungsbericht: Demographie und
         Vienna & Austria: Baseline Study for 2016 –      Religion in Österreich: Szenarien 2016 bis 2046 / Vienna Institute of Demography Working Paper 9/2017: Religious
         Scenarios until 2046                             ­Denominations in Vienna & Austria: Baseline Study for 2016 – Scenarios until 2046

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F A C T - S H E E T 3 1 | J U N I 2 0 1 8 | Verschleierung im Islam

Die fünf Säulen des Islam                              durch Verhaltens- und Bekleidungs-       Tschador
Der Islam legt fünf grundsätzliche                     vorschriften geprägt. Männer sind
Pflichten fest, die die Säulen des Glau-               deutlich weniger davon betroffen,        Die Bezeichnung
bens darstellen. Zu finden sind diese                  aber auch von ihnen wird meist           stammt von dem
an verschiedenen Stellen des Korans                    erwartet, sich ‚angemessen‘ zu klei-     persischen Wort für
bzw. der Hadithe2.                                     den, z. B. ihre Knie zu verdecken.       Zelt. Der Tschador ist
                                                                                                ein großes und meist
—    Glaubensbekenntnis: Das                                                                    dunkles Tuch, welches
     Bekenntnis der Gläubigen, dass                    Hijab                                    als Umhang um Kopf
     es keinen Gott gibt außer Allah                   Das arabische Wort                       und Körper über der übrigen Klei-
     und dass Mohammed sein Pro-                       Hijab bedeutet so                        dung getragen wird. Lediglich das
     phet ist.                                         viel wie Schleier oder                   Gesicht oder Partien des Gesichts
—    Rituelles Gebet: Das fünfmal am                   Vorhang. Das Tragen                      werden freigelassen. Der Tschador ist
     Tag auszuführende Gebet ist in                    eines Hijab ist in vie-                  die traditionelle Kleidung von Frauen
     Richtung Mekka abzuhalten. Zu                     len muslimischen Län-                    im Iran und wird auch in Somalia
     beachten ist die Reinigung vor                    dern das Minimum an                      getragen.
     dem Gebet, die Reinheit des                       Verschleierung und
     Gebetsor­tes, die Beachtung der                   bedeckt Haare, Ohren und Hals sowie
     Kleidervor­schriften für das Gebet                meistens auch leicht die Schultern.      Niqab
     sowie die Geschlechtertrennung                    Getragen wird der Hijab von Musli-       Der Niqab ist ein
     beim Gebet.                                       minnen in ­verschiedenen Ländern der     Gesichtsschleier, der
—    Almosen: Als Mittel zur Läute-                    ganzen Welt.                             nur einen schma-
     rung der eigenen Seele und zur                                                             len Schlitz für die
     Annähe­rung an Allah leisten                                                               Augen frei lässt,
     Gläubige Abgaben an Arme und                      Schaila                                  und in Verbindung
     Bedürftige in der Höhe von rund                   Die Schaila ist ein                      mit einer Abaya
     2,5% des Nettovermögens.                          rechteckiger, langer                     oder einem Tscha-
—    Fasten: Im Fastenmonat Rama-                      Schal, der um den                        dor getragen wird. Der Niqab ist vor
     dan verzichten Gläubige auf                       Kopf gewickelt und                       allem in Saudi-Arabien und in anderen
     Speisen, Getränke, Tabak                          locker auf den Schul-                    Regionen der arabischen Halbinsel
     und Geschlechtsverkehr von                        tern liegt oder mit                      verbreitet.
     Sonnenauf- bis Sonnenunter-                       Stecknadeln fixiert
     gang und widmen sich ver-                         wird. Sie wird mit
     stärkt ihrer Frömmigkeit. Den                     einem Mantelgewand, einer Abaya,         Bushyya
     Abschluss des Ramadans stellt                     getragen.                                Der Schleier wird an
     ein dreitägiges Fest des Fasten-                                                           der Stirn befestigt
     brechens dar.                                                                              und bedeckt das
—    Große Pilgerfahrt: Einmal im                      Al-Amira                                 ganze Gesicht ohne
     Leben soll ein/e gläubige/r                       Der al-Amira besteht                     Ausschnitt für die
     Muslim/in eine Pilgerfahrt nach                   anders als der Hijab                     Augen. Stattdessen
     Mekka zum bedeutendsten                           aus zwei Teilen,                         ist der Stoff dünn
     islamischen Heiligtum Kaaba                       einer Kappe für den                      genug, damit die
     abhalten (Hadsch), falls es                       Kopf und einem                           Trägerin durchsehen kann. Diese Form
     ­finanziell und gesundheitlich                    schlauchförmigen                         der Vollverschleierung ist vor allem in
     möglich ist. 3                                    Schal. Verbreitet ist                    Saudi-Arabien anzufinden.
                                                       der al-Amira vor allem bei Mädchen,
                                                       ­Konvertitinnen oder beim Sport, da er
                                                       ohne Nadeln zu tragen ist.               Burka
Formen und Stufen                                                                               Die Burka ist ein
                                                                                                meist blauer Ganz-
der Verschleierung                                     Chimar                                   körperschleier, der
                                                       Der Chimar ist                           Körper und Gesicht
In muslimischen Ländern wird das                       ein mantelartiger                        vollständig verhüllt.
Alltagsleben insbesondere im öffent-                   Schleier, welcher                        Lediglich ein schma-
lichen Raum, vor allem bei Frauen,                     bis zur Taille reichen                   les Gitternetz aus
                                                       kann und oftmals zum                     Stoff oder Rosshaar
                                                       Gebet verwendet                          gibt die Sicht nach vorne frei. Sie fin-
                                                       wird. Die Bezeichnung                    det sich vor allem in Afghanistan und
                                                       stammt von dem arabischen Wort           in Teilen Pakistans. Unter den radikal-
     2   Überlieferung über die Worte und die als
         vorbildhaft erachteten Handlungsweisen        ‚chammara‘ (deutsch: bedecken).          islamischen Taliban war für afghani-
         des Propheten
                                                       Verbreitet ist er unter anderem in       sche Frauen das Tragen der Burka
     3   Österreichischer Integrationsfonds (Hrsg.):
         Islam als Teil der Gemeinde                   Indonesien.                              verpflichtend.

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F A C T - S H E E T 3 1 | J U N I 2 0 1 8 | Verschleierung im Islam

Verschleierungs­                                        ihre Haare verhüllen (Kopftuch, län-
                                                        gerer Mantel). Verstöße gegen den
                                                                                                     Menschenrechts­
vorschriften 4                                          Kopftuchzwang werden üblicher-               konvention
                                                        weise mit Bußgeldern belegt (2016
                                                        angeblich über 2 Mio. Fälle), über
                                                                                                     und EuGH-Ent­
Afghanistan                                             die Einhaltung wachen u. a. mobile           scheidungen
In Afghanistan existieren meh-                          Sittenwächterinnen; die Verletzung
rere Varianten der weiblichen Ver-                      der islamischen Kleiderordnung kann          Religionsfreiheit in der EMRK
schleierung, die sich je nach Region                    aber auch mit einer Freiheitsstrafe          Artikel 9 der Europäischen
sowie ethnischen und gesellschaft-                      (zehn Tage bis zu zwei Monate) und           Menschenrechtskonvention (EMRK)
lichen Kreisen unterscheiden. Am wei-                   bis zu 74 Peitschenhieben geahn-             legt fest, dass jede/r Anspruch
testen verbreitet ist – insbesondere im                 det werden. Anfang 2018 kam es zu            auf Gedanken-, Gewissens- und
ländlichen Raum – jedoch die Burka                      friedlichen Demonstrationen von              Religionsfreiheit hat. Die Religions-
(in Afghanistan „Tschaderi“ genannt).                   Frauen, die öffentlich ihren Hijab           freiheit in der EMRK gilt allerdings
In der Hauptstadt Kabul gibt es –                       abnahmen und auf einem Stock                 nicht uneingeschränkt: „Zum Schutz
vor allem in wohlhabenderen und                         schwenkten, um gegen die gesetzlich          der öffentlichen Ordnung, Gesund-
gebildeteren Gesellschaftsschichten                     vorgeschriebene Kleiderordnung zu            heit oder Moral oder zum Schutz
– auch viele Frauen, die bloß einen                     protestieren.                                der Rechte und Freiheiten anderer“
„Hijab“ (islamisches Kopftuch) tragen.                                                               sind Einschränkungen der Religions-
Frauen in konservativeren Regionen,                                                                  freiheit möglich. In einigen Fällen
speziell in von den Taliban besetzten                   Saudi Arabien                                hat der Europäische Gerichtshof für
Gebieten, verlassen das Haus jedoch                     In Saudi Arabien wird Frauen vor-            Menschenrechte (EGMR) Eingriffe
kaum ohne Burka. Während der Tali-                      geschrieben, ein weites, langes Gewand       in die Religionsfreiheit nach Artikel
ban-Regierung war das Tragen einer                      zu tragen, das die Körperkonturen            9 EMRK für gerechtfertigt erklärt.
Burka für Frauen in ganz Afghanis-                      verhüllt (Abayapflicht). Zudem ist fest-     So etwa beurteilte er das Kopftuch-
tan Pflicht. Diese Vorschrift wurde                     gelegt, dass sich die Menschen an die        verbot an türkischen Universitäten
nach Ende der Taliban-Herrschaft im                     Vorgaben der Scharia halten müssen.          für gerechtfertigt. Dies betraf eine
Dezember 2001 aufgehoben. Derzeit                       In der Praxis bedeutet dies, dass von        Universitätsprofessorin, die bei Aus-
existieren in Afghanistan keine offi-                   Frauen ein streng muslimisch konserva-       übung ihres Berufs ein Kopftuch tra-
ziellen staatlichen Regelungen zum                      tiver Kleidungsstil erwartet wird, der oft   gen wollte. Allerdings wurde in den
Tragen einer Kopfbedeckung.                             mit einer Verschleierung des Gesichts        letzten Jahren das Kopftuchverbot
                                                        einhergeht. Verstöße dagegen wurden          an den türkischen Universitäten,
                                                        bis Anfang 2017 von der Religions-           Schulen und Behörden abgeschafft.
Irak                                                    polizei streng geahndet; diese besitzt       Auch die Beschwerde einer Lehrerin
Tendenzen zur Durchsetzung islami-                      aber seither keine exekutiven Befug-         in der Schweiz wurde vom EGMR für
scher Regeln, z. B. Kleidervorschriften                 nisse mehr. Westliche nichtmuslimische       unzulässig erklärt (siehe S. 7).
(Kopftuchzwang an Schulen und                           Frauen müssen ihren Kopf nicht
Universitäten), sind in der irakischen                  bedecken.                                    EU-Richtlinie 2000/78/EG
Gesellschaft deutlich erkennbar und                                                                  Mit der EU-Richtlinie 2000/78/
nehmen zu. Verstärkt werden Frauen                                                                   EG über Gleichbehandlung in
unter Druck gesetzt, was ihre Frei-                     Türkei                                       Beschäftigung und Beruf soll unter
zügigkeit und Möglichkeiten zur Teil-                   Seit 2002 sind Vorschriften, die ein         anderem sichergestellt werden, dass
nahme am öffentlichen Leben ein-                        Kopftuchverbot in öffentlichen Ein-          Personen nicht aufgrund ihrer Reli-
schränkt. Oft werden sie gezwungen,                     richtungen begründen, zunehmend              gion im Arbeitsbereich diskriminiert
zu Hause zu bleiben, Schleier zu                        gelockert worden. So wurde 2011 das          werden. Auch in dieser Richtlinie
tragen und an einer konservativen                       Kopftuchverbot an türkischen Hoch-           gilt das Diskriminierungsverbot
Interpretation des Islam festzuhalten.                  schulen und in Amtsgebäuden auf-             nicht uneingeschränkt: „Unter sehr
Extremisten fordern von Frauen, keine                   gehoben. 2013 wurde zudem das                begrenzten Bedingungen kann eine
Kleidung im westlichen Stil zu tragen                   Kopftuchverbot für Staatsbedienstete         unterschiedliche Behandlung gerecht-
und ihren Kopf in der Öffentlichkeit zu                 (damals ausgenommen waren Rich-              fertigt sein, wenn ein Merkmal, das mit
bedecken.                                               terinnen, Staatsanwältinnen, militä-         der Religion […] zusammenhängt, eine
                                                        risches Personal und Polizistinnen)          wesentliche und entscheidende beruf-
                                                        abgeschafft. Seit 2016 ist es auch           liche Anforderung darstellt, sofern es
Iran                                                    Polizistinnen und seit Februar 2017          sich um einen rechtmäßigen Zweck
Für Frauen gilt im Iran eine strenge                    Frauen im Militär erlaubt, ein Kopftuch      und eine angemessene Anforderung
Kleiderordnung. Sie müssen seit März                    zu tragen. Seit 2014 dürfen türkische        handelt“.
1979 die Konturen ihres Körpers und                     Schülerinnen in der Schule ein Kopf-
                                                        tuch tragen, je nach Schule ab dem           EuGH-Entscheidungen
                                                        12. bis 14. Lebensjahr (eine gesetzliche     Auch auf europäischer Ebene sind
                                                        Bestimmung hinsichtlich des Alters           zum Thema Verschleierung und Reli-
                                                        gibt es nicht). Zuvor galt ein Kopftuch-     gion jüngst zwei Entscheidungen des
       4   BAMF: Geschlechtsspezifische Verfolgung in
           ausgewählten Herkunftsländern, April 2010    verbot an staatlichen Schulen.               EuGH ergangen.

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F A C T - S H E E T 3 1 | J U N I 2 0 1 8 | Verschleierung im Islam

In der Rechtssache C-157/15, G4S                       berufliche Anforderung darstellt. Dies    auf den Gesichtsschleier bestanden
Secure Solutions widersetzte sich                      war im vorliegenden Sachverhalt laut      hatte und sich weigerte, diesen wäh-
Samira Achbita einer internen Regel                    EuGH nicht der Fall.                      rend der Arbeitszeit abzulegen. Die
in der Arbeitsordnung von G4S, die                                                               Muslimin verklagte den Notar darauf-
das Tragen von sichtbaren Zeichen                                                                hin wegen religiöser Diskriminierung
der politischen, philosophischen                                                                 auf 7.000 Euro Schadenersatz. In
oder religiösen Überzeugungen am                                                                 der Entscheidung des OGH hieß
Arbeitsplatz untersagte, indem sie                     Nationale                                 es, dass das Tragen von religiöser
beabsichtigte, ein islamisches Kopf-                                                             Bekleidung am Arbeitsplatz vom
tuch zu tragen. Ihre daraus resultie-                  Regelungen:                               Diskriminierungsschutz umfasst
rende Entlassung durch G4S wurde                       Österreich                                sei und es zu den Persönlichkeits-
von Samira Achbita angefochten.                                                                  rechten jeder/s Einzelnen gehöre, das
Der EuGH stellte fest, dass die unter-                                                           eigene Erscheinungsbild selbst zu
nehmensinterne Regel von G4S keine                     Die EU-Richtlinie 2000/78/EG wurde        bestimmen. Jedoch sei es so, dass es
unmittelbar auf der Religion oder                      in Österreich durch eine Vielzahl von     „in Österreich zu den unbestrittenen
Weltanschauung beruhende Ungleich-                     nationalen Gesetzen, wie etwa das         Grundregeln zwischenmenschlicher
behandlung im Sinne der Richtlinie                     Gleichbehandlungsgesetz, auf Bun-         Kommunikation [zählt], das Gesicht
2000/78/EG darstellt, da durch die                     des- und Landesebene umgesetzt. Das       unverhüllt zu lassen“.
unternehmensinterne Regelung allen                     österreichische Gleichbehandlungs-
Arbeitnehmern gleichermaßen das                        gesetz regelt dabei ähnliche Aus-         Nach dem Urteil des OGH ist die
Tragen von neutraler Kleidung vor-                     nahmen wie die EU-Richtlinie – je nach    Nichtverschleierung des Gesichts eine
geschrieben wird. Die Frage, ob                        Art der Tätigkeit bzw. wenn die Aus-      entscheidende berufliche Voraus-
durch die unternehmensinterne Rege-                    übung der Religion „eine wesentliche,     setzung einer Notariatsangestellten,
lung allenfalls eine mittelbare Dis-                   rechtmäßige und gerechtfertigte           um in ihrem Beruf tätig sein zu kön-
kriminierung verwirklicht wird, ist                    berufliche Anforderung angesichts         nen. Die Kündigung des Arbeitgebers,
laut EuGH allerdings vom nationalen                    des Ethos der Organisation darstellt“.    die nach der beharrlichen Weigerung
Gericht zu prüfen.                                                                               der muslimischen Mitarbeiterin, ihren
                                                       Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz            Gesichtsschleier abzulegen, erfolgte,
Der Sachverhalt in der Rechtssache                     Seit 1. Oktober 2017 gilt in Öster-       stellt somit keine Diskriminierung bei
C-188/15, Bougnaoui und ADDH                           reich ein Verbot der Gesichtsver-         der Beendigung des Arbeitsverhält-
gestaltete sich insofern anders, als                   hüllung. Ziel dieses Bundesgesetzes       nisses dar. Der OGH sprach der Klä-
dass Asma Bougnaoui, die als Soft-                     ist insbesondere die Förderung von        gerin 1.200 Euro Schadenersatz zu,
waredesignerin beschäftigt war und                     Integration durch die Stärkung der        da sie zuvor im Dienst ein Kopftuch
ein islamisches Kopftuch trug, infolge                 Teilhabe an der Gesellschaft. Durch       und eine Abaya getragen hatte und
einer Beschwerde eines Kunden von                      das Gesetz soll unter anderem die         der Arbeitgeber daraufhin ihren Ein-
ihrem Arbeitgeber aufgefordert wurde,                  zwischenmenschliche Kommunikation         satz als Testamentszeugin auf Klient/
kein Kopftuch mehr zu tragen. Dem                      ermöglicht werden. Grundsätzlich ver-     innen mit Migrationshintergrund
kam Asma Bougnaoui nicht nach und                      boten und strafbar ist das Verhüllen      beschränkt hatte. Dieses Vorgehen sei
wurde daraufhin entlassen. Der EuGH                    oder Verbergen der Gesichtszüge an        diskriminierend.
sprach hier aus, das nationale Gericht                 öffentlichen Orten bzw. in öffentlichen
habe zu prüfen, ob die Entlassung                      Gebäuden in einer Weise, dass das
auf einen Verstoß gegen eine interne                   Gesicht nicht mehr erkennbar ist.
Regel gestützt werden kann. Für den
Fall, dass keine solche interne Rege-                  Zu den öffentlichen Gebäuden zäh-         Nationale
lung vorliegt, sprach der EuGH aus,                    len unter anderem Schulen, Kinder-
dass der Wille des Arbeitgebers, dem                   gärten, Universitäten, Hallenbäder        Rege­lungen:
Wunsch eines Kunden zu entsprechen,                    und Amtsgebäude. Ausnahmen                Europa
nicht von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie                 vom Verhüllungsverbot bilden die
2000/78/EG gerechtfertigt ist. Eine                    Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht
Ungleichbehandlung stellt iSd Art. 4                   (z. B. das Tragen eines Motorrad-
Abs. 1 der genannten Richtlinie nämlich                helms), künstlerische, kulturelle oder    Deutschland
nur dann keine Diskriminierung dar,                    traditionelle Veranstaltungen (z. B.      Aktuell ist es den Teilnehmer/innen
wenn ein bestimmtes Merkmal (hier                      Faschingskostüme) sowie gesund-           an öffentlichen Veranstaltungen unter
Religion) aufgrund der Art der beruf-                  heitliche (z. B. Atemschutzmasken),       freiem Himmel, Aufzügen oder sons-
lichen Tätigkeit oder ihrer Ausübung                   berufliche (z. B. Hygienevorschriften)    tigen öffentlichen Veranstaltungen
eine wesentliche und entscheidende                     oder sportliche Gründe (z. B.             gemäß § 17a Abs. 2 Versammlungs-
                                                       Fechten). 5                               gesetz verboten, ihr Gesicht zu ver-
                                                                                                 decken oder Gegenstände mitzu-
                                                       Klage einer Notariatsangestellten         führen, die dazu bestimmt sind, das
                                                       als Anlass für OGH                        Gesicht zu verdecken und damit
      5   Bundesgesetz über das Verbot der Ver-        Ein Notar hatte seiner muslimischen       die Feststellung der Identität zu
          hüllung des Gesichts in der Öffentlichkeit
          (Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz)             Mitarbeiterin gekündigt, da diese         verhindern.

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F A C T - S H E E T 3 1 | J U N I 2 0 1 8 | Verschleierung im Islam

Am privatwirtschaftlichen Arbeits-                    Weltanschauungsgemeinschaft                  Kopftuchverbot an Schulen
markt darf gemäß § 7 des Allgemeinen                  demonstrieren sowie das Tragen auf-          Grundsätzlich sind die Kantone dafür
Gleichbehandlungsgesetzes kein                        fallender religiös oder weltanschaulich      zuständig, da es keine Regelung auf
Beschäftigter wegen der Rasse oder                    geprägter Kleidungsstücke. In einem          nationaler Ebene gibt. Das Schweizer
wegen der ethnischen Herkunft, des                    aktuellen Urteil des Berliner Arbeits-       Bundesgericht hat sich in mehreren
Geschlechts, der Religion oder Welt-                  gerichts (58 Ca 7193/17) wurde nun die       Fällen dazu geäußert. 1996 verlangte
anschauung, einer Behinderung, des                    Klage einer Lehrerin abgewiesen, die         der Genfer Staatsrat von einer Lehre-
Alters oder der sexuellen Identität                   aufgrund ihres Kopftuches nicht ein-         rin, das Kopftuch während des Unter-
benachteiligt werden.                                 gestellt wurde. Das Gericht verwies auf      richts abzulegen. Das Bundesgericht
                                                      das Neutralitätsgesetz, welches vom          gab dem Genfer Staatsrat infolge
Für den öffentlichen Dienst entschied                 Land zu Recht angewendet worden sei.         Beschwerde seitens der betroffenen
das Bundesverfassungsgericht 2015,                                                                 Lehrerin Recht: Obgleich das Kopf-
dass Schulen das Tragen eines Kopf-                                                                tuchverbot die Religionsfreiheit der
tuchs verbieten können, wenn „eine                    Frankreich                                   Lehrerin einschränke, sei dieser Ein-
hinreichend konkrete Gefahr der                       Frankreich hat den Laizismus6 in der         griff im Hinblick auf den obligatori-
Beeinträchtigung des Schulfriedens                    Verfassung verankert und trennt              schen Charakter des Schulbesuchs
oder der staatlichen Neutralität“                     somit Staat und Religion. Seit Sep-          sowie die wenig gefestigte Persönlich-
besteht. Allerdings stünde ein pau-                   tember 2004 ist ein Gesetz in Kraft,         keit jüngerer Kinder zu rechtfertigen.
schales Kopftuchverbot für Lehrerin-                  welches das Tragen von ostentati-            Das Bundesgericht hielt darüber hin-
nen an öffentlichen Schulen nicht mit                 ven religiösen Symbolen an Schulen           aus fest, dass das kantonale Genfer
der Verfassung im Einklang.                           verbietet – dazu zählen Kopftücher           Recht eine besonders strikte Tren-
                                                      und Schleier ebenso wie Kippa oder           nung zwischen Kirche und Staat vor-
2017 wurde zudem das „Gesetz zur                      Kreuz. Im April 2011 trat ein Vollver-       sieht und ausdrücklich eine strenge
bereichsspezifischen Regelung der                     schleierungsverbot in Kraft. Burka           religiöse Neutralität der öffentlichen
Gesichtsverhüllung und zur Änderung                   und Niqab dürfen dem Gesetz ent-             Schule festlegt. Schweizweit halten
weiterer dienstrechtlicher Vorschriften“              sprechend nicht an öffentlichen Plät-        sich seither alle Gerichte an das Urteil,
erlassen, das Beamtinnen, Soldatin-                   zen getragen werden. Die Sanktionen          obwohl das Bundesgericht nicht
nen und Richterinnen sowie Mitglieder                 reichen bis zu 150 Euro Strafe.              ausgesprochen hat, ob diese Ent-
von Wahlorganen verpflichtet, bei                                                                  scheidung auch für Schweizer Kan-
Tätigkeiten mit direktem Dienstbezug                  Eine Muslimin klagte, das Gesetz ­würde      tone, in welchen eine solche strikte
ihr Gesicht zu zeigen (Ausnahmen                      einzig auf die islamische Religion           Trennung gesetzlich nicht explizit
bestehen aus gesundheitlichen und                     abzielen. 2014 urteilte der Europäi-         statuiert ist, gilt. Das gegenständliche
dienstlichen Gründen). D
                       ­ arüber hin-                  sche Gerichtshof für Menschenrechte          Urteil wurde im Übrigen auch durch
aus ist im Sinne der Beachtung des                    (EGMR), dass das französische Verbot         den EGMR gestützt.
Neutralitätsgebotes nach der Judika-                  rechtens sei – mit der Begründung,
tur des Bundesverfassungsgerichtes                    dass das Gesicht der Sicherstellung der      2015 wertete das Bundesgericht in
in Karlsruhe erforderlich, dass bei Aus-              zwischenmenschlichen Kommunikation           einem Grundsatzurteil das Kopftuch-
übung bestimmter öffentlicher Amts-                   und damit des Zusammenlebens in der          verbot für Schülerinnen an Schulen
handlungen das Tragen des Kopftuchs                   Gemeinschaft dient.                          als unzulässig. Auch in jenem Fall, in
zu unterlassen ist. Bayern hat darüber                                                             welchem in der Thurgauer Gemeinde
hinausgehend ein Landesgesetz über                                                                 Bürglen die Schulordnung eine Kopf-
das Verbot von Gesichtsverhüllungen                   Schweiz                                      bedeckung verboten hat, entschied
angenommen, das vorsieht, dass                        Keine einheitlichen Regelungen               das Bundesgericht 2013, dass zwei
Mitglieder von Hochschulen, Profes-                   auf Bundesebene                              betroffene Schülerinnen weiterhin mit
sorinnen, Lehrerinnen und Kinder-                     In der Schweiz gibt es derzeit auf           dem Kopftuch die Schule besuchen
gärtnerinnen ihr Gesicht im Dienst                    Bundesebene keine Gesetze bezüglich          dürfen, auf Basis der Schulordnung sei
nicht verhüllen dürfen.                               des Tragens religiöser Symbole. Bis-         die Anordnung eines generellen Ver-
                                                      her verabschiedete nur das Tessiner          bots zum Tragen des Kopftuchs nicht
In Berlin verbietet der Gesetzgeber                   Kantonsparlament 2015 eine landläufig        zulässig.
gemäß Neutralitätsgesetz Lehr-                        als Anti-Burka-Gesetz bezeichnete
kräften an allgemeinbildenden Schu-                   Vorlage, die das Verbot der Gesichts-        Privates Arbeitsverhältnis
len das Tragen sichtbarer religiöser                  verhüllung umsetzt. Das Gesetz geht          Im privaten Arbeitsverhältnis kann das
oder weltanschaulicher Symbole                        von der Pflicht aus, sein Gesicht als        Tragen eines islamischen Kopftuchs
im Dienst, die eine Zugehörigkeit                     Freiheitsprinzip in einer offenen Gesell-    durch vertragliche Bestimmungen
zu einer bestimmten Religions- und                    schaft in der Öffentlichkeit zu zeigen.      oder Weisungen nur mit einer sach-
                                                      Die Strafe für Zuwiderhandeln beträgt        lichen Begründung verboten werden.
                                                      100–10.000 Franken (ca. 85–8.450             Es ist grundsätzlich sittenwidrig, die
                                                      Euro). In der Schweiz wird es voraus-        Einstellung aus sachfremden Gründen
                                                      sichtlich im Jahr 2019, auf Initiative des   davon abhängig zu machen, dass eine
     6   Laizismus beruht auf drei Prinzipien: Ge-
         wissens- und Religionsfreiheit, Trennung     sogenannten Egerkinger Komitees,             Bewerberin auf das Tragen des islami-
         öffentlicher und kirchlicher Institutionen
         sowie die Gleichheit aller vor dem Recht,    eine Volksabstimmung über ein gene-          schen Kopftuchs während der Arbeit
         unabhängig von ihrem Glauben oder Welt-
         anschauungen.                                relles Verhüllungsverbot geben.              verzichtet. Ausgenommen sind jene

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F A C T - S H E E T 3 1 | J U N I 2 0 1 8 | Verschleierung im Islam

Fälle, wo ein Kopftuchverbot aus sach-                  ob die Verschleierung aufgrund reli-       Norwegen
bezogenen Gründen wie der Hygiene,                      giöser oder anderer Beweggründe
der Sicherheit oder der Behinderung                     erfolgt. 2017 hat der EGMR das Verbot      Am 6. Juni 2018 stimmte das Parla-
einer korrekten Ausführung der Arbeit                   der Vollverschleierung für rechtens        ment in Oslo (Storting) mit einer
ausgesprochen wird.                                     erklärt. Der gesetzliche Strafrahmen       klaren Mehrheit von 91 (der 169)
                                                        für diejenigen, die sich verhüllt in der   Abgeordneten, bei nur 8 Gegen-
                                                        Öffentlichkeit zeigen, beträgt aktu-       stimmen, für einen Gesetzesent-
Niederlande                                             ell 120–200 Euro und beinhaltet im         wurf der Regierung zum Verbot von
2005 trat in den Niederlanden ein                       Extremfall eine Freiheitsstrafe von        Kleidungsstücken, die das Gesicht voll-
Gesetz über die erweiterte Ausweis-                     bis zu sieben Tagen. Betroffen sind        ständig bedecken (wie Burka, Niqab),
pflicht in Kraft. Dieses verpflichtet jede              laut Schätzungen 200–300 Frauen            in allen Unterrichtssituationen.
Person ab 14 Jahren, einen gültigen                     bei rund 850.000 Muslimen/innen im
Ausweis mit sich zu führen. Perso-                      Land. In Belgien gibt es an Schulen        Das Verbot betrifft sowohl Unterrichts-
nen, welche ihr Gesicht verschleiern,                   kein generelles Kopftuchverbot. Die        personal als auch zu unterrichtende
müssen in allen Fällen, in denen das                    flämische und die deutschsprachige         Personen an allen Bildungsstätten
Gesetz dies vorschreibt, ihr Gesicht                    Gemeinschaft haben das Tragen reli-        wie Universitäten und Schulen. In
enthüllen. Im Juni 2018 wurde ein Teil-                 giöser Symbole an den von ihnen ver-       Kindergärten betrifft es lediglich die
verbot der Vollverschleierung vom                       walteten Schulen verboten. An allen        Angestellten, nicht die Kinder. Das
niederländischen Senat angenommen                       anderen Schulen kann ein Verbot über       Parlament hat aber beschlossen, die
(Inkrafttretensdatum noch unbekannt).                   die Hausordnung erlassen werden.           Regierung zu ersuchen, Zahlen zu
Dieses verbietet ein Tragen von Burka                   2014 hob der Staatsrat das Kopftuch-       gesichtsbedeckenden Kleidungs-
und Niqab in staatlichen Gebäuden,                      verbot an zwei Schulen auf.                stücken unter den Kindergarten-
im öffentlichen Nahverkehr, in Schulen                                                             kindern zu erheben und allfällige Maß-
und Krankenhäusern. Bei einem Ver-                                                                 nahmen für den Fall zu treffen, dass
stoß droht eine Geldstrafe von über                     Italien                                    gesichtsbedeckende Kleidung auch
400 Euro. An öffentlich geführten                       In Italien gibt es ein allgemeines Ver-    unter Kindergartenkindern ein reales
Schulen gibt es kein Kopftuchverbot,                    hüllungsverbot an öffentlichen Plätzen,    Problem darstellen sollte.
Privatschulen ist es jedoch erlaubt, ein                das Burka und Niqab umfasst. Italieni-
Verbot auszusprechen. Auf religiösen                    sche Staatsbedienstete müssen sich an      Am 11. Juni 2018 wurde die Ent-
oder ideologischen Prinzipien basie-                    eine generelle Kleiderordnung halten,      scheidung im Parlament in einer
rende Privatschulen dürfen von ihren                    die aber nichts über religiöse Kleidung    zweiten Lesung bestätigt, womit von
Lehrer/innen und Schüler/innen ver-                     besagt. Öffentliche Schulen dürfen         parlamentarischer Seite der Weg für
langen, dass sie den Glauben dieser                     allerdings selbst über ihre Angelegen-     das baldige Inkrafttreten des Geset-
Religion oder diese Ideologie unter-                    heiten entscheiden, was auch etwaige       zes gelegt wurde (d. h. nach forma-
stützen. Öffentliche Schulen dürfen                     Kleiderordnungen umfasst.                  ler Annahme durch den Rat für die
keine Anforderungen in Bezug auf                                                                   königliche Zustimmung und nach-
Ideologie oder Glauben stellen.                                                                    folgender Gegenzeichnung durch die
                                                        Dänemark                                   Premierministerin).
                                                        In Dänemark gibt es kein generelles
Bulgarien                                               Verbot des Kopftuchs. Arbeitgeber/
Im September 2016 verabschiedete                        innen haben jedoch die Möglichkeit,        Großbritannien
das bulgarische Parlament ein Gesetz,                   ihren Mitarbeiter/innen das Tragen         In Großbritannien gibt es kein all-
das das Tragen von Kleidung, die ganz                   zu verbieten. 2005 gab der Oberste         gemeines Kopftuchverbot an Schulen,
oder teilweise das Gesicht bedeckt,                     Gerichtshof (Højesteret) einem Super-      allerdings bleiben Kleidervorschriften
an öffentlichen Orten verbietet. Aus-                   markt recht, der entschieden hatte,        den einzelnen Schulen überlassen. 8
genommen sind gesundheitliche oder                      den Beschäftigten das Tragen religiö-
berufliche Gründe sowie das Tragen                      ser Kopftücher während der Arbeits-
in Gebetshäusern. Bei einem Verstoß                     zeit zu verbieten. Am 1. August 2018
drohen Geldstrafen von rund 100–750                     tritt zudem ein Verhüllungsverbot in
Euro.7                                                  Dänemark in Kraft.

Belgien                                                 Luxemburg
Im Juli 2011 trat in Belgien ein landes-                In Luxemburg wurde Ende April 2018
weites Verhüllungsverbot in Kraft.                      ein Vollverschleierungsverbot im
Das Verbot gilt unabhängig davon,                       Parlament beschlossen. Das Tragen
                                                        von Burka, Niqab etc. ist künftig an
                                                        bestimmten öffentlichen Plätzen und
                                                        Einrichtungen – z. B. im öffentlichen                    Medieninhaber, Herausgeber:
                                                                                                             Österreichischer Integrationsfonds,
      7   APA Monitoring vom 19.08.2016                 Verkehr und in Schulen – verboten. Die               Schlachthausgasse 30, 1030 Wien.
                                                                                                                               Verlagsort: Wien.
      8   The Guardian: Hijab ban attempt is ‚racism    Strafen für Zuwiderhandeln gehen von
          dressed up as liberalism‘, teachers‘ confe-                                                               Alle Angaben ohne Gewähr.
          rence told, 01.04.2018                        25 bis 250 Euro.                                             www.integrationsfonds.at

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