Verbraucherschutz bei Glücksspielen: Verantwortung von Anbietern und Spielern sowie Regulierungsbehörden, Forschung und Hilfesystem

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Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie; Arbeitsgruppe Abhängiges Verhalten

   Verbraucherschutz bei Glücksspielen:
 Verantwortung von Anbietern und Spielern
sowie Regulierungsbehörden, Forschung und
               Hilfesystem
                                               15. Symposium Glücksspiel
                                               22. März 2018, Hohenheim

                 Gerhard Bühringer, Robert Czernecka, Roxana Kotter,
                                     Anja Kräplin
Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie; Arbeitsgruppe Abhängiges Verhalten

Allgemeine Zielsetzung

Diskussion der Verantwortung von Anbietern,
Glücksspielteilnehmern und Gesellschaft für ein risikoarmes
Glücksspielen unter besonderer Berücksichtigung der
Verantwortung für den Schutz vulnerabler Spieler.

 Persönliche Wertung auf der Grundlage wissenschaftlicher
  Erkenntnisse

                                                                                             2
Inhalt
 Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie; Arbeitsgruppe Abhängiges Verhalten

1. Ausgangslage: Epidemiologie
2. Ausgangslage: Ätiologie
3. Verbraucherschutz
4. Offene Forschungsfragen
5. Zusammenfassung

                                                                                                      3
Deklaration konkurrierender Interessen
  Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie; Arbeitsgruppe Abhängiges Verhalten

Finanzierung von Forschungsvorhaben
in den letzten 10 Jahren

 Organisationen ohne konkurrierende Interessen: BMG, DFG, EU
  (ALICA-RAP)
 Behörden mit Regulierungs- und Anbieterinteressen: BMWI,
  StMF/StMGP (Landesstelle Glücksspielschutz Bayern)
 Öffentliche und private Anbieter: Mitglieder Düsseldorfer Kreis,
  Bundesverband deutscher Spielbanken

                                                                                              4
1. Ausgangslage: Epidemiologie
   Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie; Arbeitsgruppe Abhängiges Verhalten

1.1 Veränderungen beim Glücksspielangebot in Deutschland seit etwa
2000/2005
(1) Starke Zunahme der Internetangebote und deren Nutzung sowie der Werbung

(2) Zunahme der Lottowerbung, Einführung des Euro-Jackpot mit sehr hohen Gewinnen
    (seit 2012)

(3) Starke Schwankungen der Zahl der Geldspielgeräte (Vieweg , 2017)

     •     245 000 (1995)
                                        ohne Fun-Games
     •     183 000 (2005)

     •     267 000 (2015)

(4) Seit 2011 unterschiedliche Beschränkungen der Werbung (Monopol-Glücksspiele) und je
    Bundesland unterschiedliche Regelungen bei den Spielhallen (Sozialkonzepte,
    Abstandsregelungen)

                                                                                               5
1. Ausgangslage: Epidemiologie
Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie; Arbeitsgruppe Abhängiges Verhalten

1.2 Nachfrage nach Glücksspielangeboten
Nachfrage: insgesamt
 100,0%
                                                                                            Lebenszeitprävalenz
  80,0%
                                                                                            12-Monatsprävalenz
  60,0%
  40,0%                    81,1%                                             77,6%
  20,0%                                   55,0%
                                                                                            37,3%
   0,0%
                                   2009                                              2015

Nachfrage: Auswahl
 25,0%
                                                                                            Lebenszeitprävalenz
 20,0%
                                                                                            12-Monatsprävalenz
 15,0%
 10,0%          22,7%
                                          19,4%
  5,0%                  2,2%                      2,6%
                                                                    1,3% 0,7%                4,9% 0,5%
  0,0%
                    2007                      2015                      2007                     2015
                        Geldspielautomaten                                  Illegale Angebote

                                                                                                                  6
    Meyer, & Bachmann (2017)
1. Ausgangslage: Epidemiologie
         Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie; Arbeitsgruppe Abhängiges Verhalten

 1.3 Prävalenz der Störung durch Glücksspielen in der Bevölkerung

                                                                                                                 1,7
 1
0,9
0,8
0,7
0,6
0,5
0,4
0,3
0,2
0,1
        0,2              0,2               0,4               0,3               0,3              0,5      0,4      0,8        0,3      0,4
 0
      Bühringer          BZGA              BZGA           Sassen et         Meyer et            BZgA     BZgA     BZGA       BZgA     BZgA
        et al.          (2008)            (2010)          al. (2011)        al. (2011)         (2012)   (2014,   (2014,     (2016,   (2016,
       (2007)                                                                                             FN)      DF)      FN; KI     DF)
                                                                                                                          geschätzt)

      Bühringer, Kotter, & Kräplin (2016)
                                                                                                                                              7
1. Ausgangslage: Epidemiologie
Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie; Arbeitsgruppe Abhängiges Verhalten

1.4 Personen in Behandlung (Tsd.)

 15,0                                                                                       ambulant          stationär

 10,0

   5,0                                        10,4                          10,9                       10,9

                  4,3     0,3                          1,3                           1,1                         1,6
   0,0
                     2008                         2013                         2015                       2016

Mögliche Gründe für die geringe Inanspruchnahme
         (1) Therapieschwellen; Stigmatisierung
         (2) Geringe Stabilität des Störungsbildes, trotz hoher Komorbidität
         (3) Selbst- und Angehörigenunterstützung
         (4) Andere Behandlungssegmente (Psychotherapie, Psychosomatische Kliniken)

 Brand, Steppan, Künzel, & Braun (2014); Dauber, Specht, Künzel, & Braun (2016); Steppan,
                                                                                                                          8
 Hildebrand, Wegmann, & Pfeiffer-Gerschel (2010); Thaller, Specht, Künzel, & Braun (2017)
1. Ausgangslage: Epidemiologie
Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie; Arbeitsgruppe Abhängiges Verhalten

1.5 Fazit
(1) Teilweise stark ausgebautes und beworbenes Angebot

(2) Rückgang der Nutzung von Spielbanken; Steigerung bei „gefährlichen“ Glücksspielen
    (Online, Geldspielautomaten)

(3) Seit 10 Jahren stabile Anzahl von Personen mit einer Diagnose in der Bevölkerung

(4) Geringe, seit 5 Jahren weitgehend stabile Anzahl in den (erfassten)
    Behandlungssegmenten

 Etwa 40% der Erwachsenen nehmen aktiv an Glücksspielen teil
 Vergleichsweise wenige (≤ 1% der Teilnehmer) entwickeln eine Störung durch
  Glücksspielen
 Warum gerade diese? Zufallsauswahl?
 Keine erkennbaren Zusammenhänge zwischen Veränderungen bei Angebot, Nutzung
  und Problemlage
 Konsequenzen für Regulierung und Verbraucherschutz?
                                                                                            9
2. Ausgangslage: Ätiologie
Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie; Arbeitsgruppe Abhängiges Verhalten

2.1 Merkmale des vulnerablen Spielers für eine Glücksspielstörung

         Neurobiologische Merkmale                                               Psychologische Merkmale

      Geringe Belohnungssensitivität                                          Hohe Impulsivität
       (häufige, starke Belohnungen                                            Häufige kognitive Verzerrungen
       gesucht)                                                                 (Kontrollillusion)
      Geringe Bestrafungssensitivität                                         Erhöhte Komorbidität
       (verminderte Lernfähigkeit aus                                           (Depression, Angst,
       negativen Folgen)                                                        Substanzstörungen)
      Hohe Aufmerksamkeitsverzerrung
       (Fokus auf starke Reize)
      Verringerte kognitive Kontrolle
       (geringe Verhaltenshemmung,
       mangelnder Belohnungsaufschub)
Bühringer, Kotter, & Kräplin (2017); Kalke, Milin, & Buth (2018)
                                                                                                                 10
2. Ausgangslage: Ätiologie
Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie; Arbeitsgruppe Abhängiges Verhalten

2.2 Mögliche Einflussfaktoren auf die Entwicklung einer
    Glücksspielstörung

(1) Nur ein geringer Teil der aktiven Spieler entwickelt eine Störung
     individuelle Faktoren (Vulnerabilität)
(2) Prävalenzzahlen unterscheiden sich zwischen Ländern und Kulturen
     Umweltbezogene Faktoren
(3) Glücksspiele unterscheiden sich in ihrer Attraktivität
     Glücksspielbezogene Faktoren

 Relative Bedeutung der drei Faktorenbereiche? Unklar!

 Individuelle Vulnerabilität wahrscheinlich hoch dominant, da nur
     wenige Teilnehmer eine Störung entwickeln.

                                                                                               11
2. Ausgangslage: Ätiologie
         Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie; Arbeitsgruppe Abhängiges Verhalten

   2.3 Ätiologie: Vulnerabilitäts-Stress-Modell
                      Adoleszenz                                    Lebenszeit                             Grad der
                      • neuronaler Umbau                            •   Neurobiologie, Genetik           Vulnerabilität
                      • verzögerte kognitive Kontrolle              •   Lernen und Motivation
                                                                    •   Kognitive Kontrolle
                                                                    •   Komorbidität

  Umweltfaktoren                                          Individuelle Vulnerabilität
                      • Gesellschaftliche
                        Rahmenbedingungen
                      • Familie und Bezugsgruppe                                                     professionelle
                      • Verfügbarkeit, Zugang
                      • Stressoren
                                                                                                      und soziale
                                                                                                     Unterstützung

                             Glücksspielbezogene Faktoren
Zeit

           Kein/                                                                                         Remission
                                                                                     Schädliches/
                                             Riskantes
       risikoarmes                                                                    abhängiges
          Spielen                             Spielen
                                                                                        Spielen
                                                                                                         Chronisch-
                                                                                                       rezidivierendes
                                                                                                          Verhalten       12
  Modifiziert nach Gell et al. (2016)
2. Ausgangslage: Ätiologie
 Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie; Arbeitsgruppe Abhängiges Verhalten

2.4 Hypothese

      (1) Vulnerabilität entwickelt sich als Folge angeborener und
          erworbener Einflüsse in Kindheit und Jugend

      (2) Für eine Glücksspielstörung vulnerable sowie nicht-vulnerable
          Personen sind zum Zeitpunkt des jungen Erwachsenenalters
          bereits zwei dichotome Gruppen

       Konsequenzen für Regulierung und Verbraucherschutz?

                                                                                               13
3. Verbraucherschutz
Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie; Arbeitsgruppe Abhängiges Verhalten

3.1 Allgemeine Zielsetzung

 (1) Risikobewusste und risikoarme Teilnahme an
     Glücksspielen für Erwachsene
 (2) Schutz vulnerabler Teilnehmer

                                                                                                      14
3. Verbraucherschutz
      Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie; Arbeitsgruppe Abhängiges Verhalten

      3.2 Gesellschaftstheoretischer Hintergrund (1)
(1)    Liberale bis sozialistische Gesellschaftsmodelle: von freiem Marktgeschehen bis zum
       „Nanny State“. (Forberger, & Bühringer, 2014)
(2)    Traditionelles liberales Leitbild: Marktteilnehmer sind gleich kompetent und handeln
       rational (homo oeconomicus)
       Demnach: Glücksspielteilnehmer allein verantwortlich
(3)    Soziale Marktwirtschaft: Kapitalismusmodell mit mittlerer Regulierung
      • primär Wettbewerbs- und Ordnungspolitik
(4)    Verbraucherschutz
      Prämisse: Verbraucher sind Anbietern als Marktteilnehmer strukturell unterlegen
       • Wissens- / Verständnisdefizite
       • Ausgleich des Marktgefälles durch Gesetze und Informationen
       • Liberalismus: Intervention bei „asymmetrischer Information“
       • Auch Ansatz des „Reno Modells“ (Blaszczynski, Ladouceur, & Shaffer, 2004)
        Fazit: Nur wenn jemand ausreichend informiert und aufgeklärt wurde: dann besteht
         eine Eigenverantwortung des Verbrauchers/Glücksspielteilnehmers.

                                                                                                            15
3. Verbraucherschutz
    Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie; Arbeitsgruppe Abhängiges Verhalten

   3.2 Gesellschaftstheoretischer Hintergrund (2)
(5) Besondere Herausforderung aufgrund der Anfangshypothese: Vulnerable
    Spieler sind nicht in der Lage rational zu handeln
    • Ursprünglicher Ansatz: Dritte müssen vor ihren Kosten geschützt werden
             Weite Auslegung von Mill‘s harm principle (risk to others)
             Situation „gestörter“ Marktverhältnisse: Schutz vor Übernahme von
              glücksspielbedingten Kosten durch Dritte
             Risk to incapable people (Gostin, 2007)??
             Risk to oneself??

    • Alternative: Verantwortung des Anbieters für den Schutz vulnerabler Spieler
             Katholische Soziallehre
             Solidaritätsprinzip: normative Forderung zur Achtung der Menschenwürde
             Subsidiaritätsprinzip: Primäre Verantwortung beim direkt Beteiligten

                                                                                                          16
3. Verbraucherschutz
Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie; Arbeitsgruppe Abhängiges Verhalten

3.3 Zielbereiche des Verbraucherschutzes

     Produkte                       Veranstalter                        Vertrieb            Glücksspielteilnehmer

•   Manipulationssicherheit
•   Geldwäscheprävention
•   Integrität des Sports (wegen Sportwetten)
•   Datenschutz
•   Steuer- und Abgabenehrlichkeit

• Glücksspielmerkmale und -prozesse
• Werberichtlinien
• Jugendschutz

                                                                                                                    17
3.4 Verteilung der Verantwortung 1: Anbieter und Spielteilnehmer

      Glücksspielteilnehmer: risikobewusstes und risikoarmes Verhalten fördern
                       Aufbau           Aufbau von risikoarmen
                                                                 Schutz vulnerabler
Verantwortung       ausreichenden           Einstellungen /
                                                                      Spieler
                       Wissens              Spielverhalten
    Familie                             Übungen (Spiele)
    Schule                              • Gewinn, Verlust
 (Gesellschaft)   Glücksspiele          • Risiko
                  Mechanismen
                                        Rückmeldung
                  Zufall                Spielverlauf
                  Risiken               • Einsatz, Zeit
                  Risikomerkmale        • Gewinn, Verlust
   Anbieter
                  Hilfeangebote         • Warnmeldungen
                                        • Weitere resp.
                                           Gambling
                                           Maßnahmen
                           Risikoarmes Spielverhalten
  Teilnehmer
                         Verantwortung für Risikofolgen

                                                                                      18
3.4 Verteilung der Verantwortung 2: Anbieter und Spielteilnehmer
  Glücksspielteilnehmer: risikobewusstes und risikoarmes Verhalten fördern

                                                            Schutz vulnerabler
Verantwortung
                                                                 Spieler

   Familie
   Schule
(Gesellschaft)
                                                            Früherkennung
                                                            • Schulung
                                                               Personal
                                                            • Analyse des
  Anbieter                                                     Spielverhaltens
                                                            Schutzmaßnahmen
                                                            • Spieleinschrän-
                                                              kungen
                                                            • Spielsperre

                         Risikoarmes Spielverhalten
 Teilnehmer
                       Verantwortung für Risikofolgen
                                                                                 19
3.4 Verteilung der Verantwortung 3: Regulierungsbehörde

  Glücksspielteilnehmer: risikobewusstes und risikoarmes Verhalten fördern

Verantwortung

    Familie
    Schule
 (Gesellschaft)

   Anbieter

                            Risikoarmes Spielverhalten
  Teilnehmer
                          Verantwortung für Risikofolgen
                  Für alle Glücksspieler – einschließlich Geldspielautomaten –
                  kohärente Regulierung
 Regulierungs-
                  Zulassungs- und Betriebskriterien
   behörde
                  Kontrolle aller Regelungen
                  Evaluation und Weiterentwicklung
                                                                                 20
3.4 Verteilung der Verantwortung 4: Forschung und Hilfesystem

  Glücksspielteilnehmer: risikobewusstes und risikoarmes Verhalten fördern

                Ätiologie und Verlauf            Kooperation mit Anbietern zur
  Forschung     Risiko- und Schutzfaktoren       Früherkennung
                                                 Schutzmaßnahmen, Therapie

                Unterstützung bei der Förderung risikoarmen Glücksspielens
                • Maßnahmen in Schul- und Freizeiteinrichtungen
  Hilfesystem
                • Internetangebote
                Kooperation mit Anbietern zur Früherkennung und Frühintervention

                                                                                   21
3.4 Verteilung der Verantwortung 5

   Glücksspielteilnehmer: risikobewusstes und risikoarmes Verhalten fördern
                       Aufbau ausreichenden               Aufbau von risikoarmen
 Verantwortung                                                                             Schutz vulnerabler Spieler
                             Wissens                   Einstellungen / Spielverhalten
     Familie                                          Übungen (Spiele)
     Schule        Glücksspiele                       • Gewinn, Verlust
  (Gesellschaft)                                      • Risiko
                   Mechanismen
                                                                                           Früherkennung
                   Zufall                             Rückmeldung Spielverlauf             •   Schulung Personal
                                                      • Einsatz                            •   Analyse des
                   Risiken                            • Gewinn                                 Spielverhaltens
   Anbieter        Risikomerkmale                     • Verlust
                                                                                           Schutzmaßnahmen
                                                      • Zeit
                   Hilfeangebote                                                           • Spieleinschränkungen
                                                      • Warnmeldungen                      • Spielsperre

 Teilnehmer            Risikoarmes Spielverhalten, Verantwortung für Risikofolgen

Regulierungs-      Für alle Glücksspieler – einschließlich Geldspielautomaten – kohärente Regulierung
  behörde          Zulassungs- und Betriebskriterien, Kontrolle aller Regelungen, Evaluation und Weiterentwicklung

                   Ätiologie und Verlauf                                Früherkennung
  Forschung        Risiko- und Schutzfaktoren                           Schutzmaßnahmen, Therapie

                   Unterstützung bei der Förderung risikoarmen Glücksspielens
                   •    Maßnahmen in Schul- und Freizeiteinrichtungen
 Hilfesystem       •    Internetangebote
                   Kooperation mit Anbietern zur Früherkennung und Frühintervention

                                                                                                                        22
4. Offene Forschungsfragen
Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie; Arbeitsgruppe Abhängiges Verhalten

(1) Sind risikoarme und vulnerable Spieler tatsächlich zwei dichotome Gruppen?
       • Schutz- und Risikofaktoren?
       • Wechsel zwischen den Gruppen und Zeitverlauf möglich?
       • Können vulnerable Spieler ein risikoarmes Spielverhalten erwerben?

(2) Glücksspielverfügbarkeit und Glücksspielmerkmale als Risiko- bzw.
    Schutzfaktoren
       • Forschungslage unklar

(3) Programme / Konzepte zur Unterstützung risikoarmen Glücksspielens
       • universelle, selektive und indizierte Prävention
       • Rückmeldung Spielverlauf

(4) Merkmale / Konzepte zur Früherkennung und Hilfe vulnerabler Spieler

                                                                                            23
5. Zusammenfassung
 Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie; Arbeitsgruppe Abhängiges Verhalten

(1) Neben der überwiegenden Anzahl von risikoarmen Teilnehmern gibt es eine
    Gruppe vulnerabler Spieler für die Entwicklung einer Glücksspielstörung. Die
    Vulnerabilität entwickelt sich als Folge genetischer Faktoren und
    Lebensbedingungen im Kindes- und Jugendalter

(2) Je nach Gesellschafts- und Wirtschaftskonzept – zwischen reiner
    Marktwirtschaft und Sozialismus – wird die Verantwortung für eine risikoarme
    Teilnahme an Glücksspielen unterschiedlich zugeordnet

(3) Es wird die Position vertreten, dass Gesellschaft und Anbieter – je nach Alter und
    Zielgruppe – die Verantwortung für glücksspielbezogene Informationen und
    Bildung haben, der Teilnehmer selbst für sein Spielverhalten, soweit er dazu in
    der Lage ist

(4) Es wird als zweite Position vertreten, dass Glücksspielanbieter alleine die
    Verantwortung für vulnerable Teilnehmer und deren Schadensminimierung
    tragen
                                                                                                     24
5. Zusammenfassung
Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie; Arbeitsgruppe Abhängiges Verhalten

(5) Als Drittes soll eine bundesweite Regulierungsbehörde kohärent alle
    Glücksspiele – einschließlich Geldspielgeräte und derzeit verbotene
    Internetangebote – nach einheitlichen Standards regulieren, kontrollieren
    und Standards unter Nutzung der Forschung und Praxiserfahrungen
    weiterentwickeln.

(6) Forschung und Hilfesystem sollen in Kooperation mit der
    Regulierungsbehörde und Anbietern folgende Themen bearbeiten

      • Verständnis für die Ätiologie der Glücksspielstörung und beteiligter
        Faktoren
      • Bedingungen für eine risikoarme Teilnahme
      • Frühzeitige Erkennung und Schutz vulnerabler Spieler

                                                                                                    25
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    Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie; Arbeitsgruppe Abhängiges Verhalten

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Literatur
    Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie; Arbeitsgruppe Abhängiges Verhalten

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