Hintergrundinformationen zur WTO-Submissionsstatistik Kanton St.Gallen

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Hintergrundinformationen zur
WTO-Submissionsstatistik Kanton St.Gallen
Stand Januar 2012

1. Gesetzliche Grundlagen
Die Statistikpflicht im öffentlichen Beschaffungswesen beruht einerseits auf dem von der Schweiz
mitunterzeichneten WTO1-Übereinkommen2, welches darauf ausgerichtet ist, den wirtschaftlichen
Wettbewerb auf dem Gebiete der Vertragsstaaten zu verstärken. Die zu erstellende Statistik soll
Einblick geben, in welchem Ausmass die mit dem WTO-Übereinkommen eingeführten Wettbe-
werbsregeln in der Praxis zur Anwendung gelangen.

Andererseits beruht die Statistikpflicht auf dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemein-
schaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über bestimmte Aspekte des öffentlichen Be-
schaffungswesens vom 21. Juni 1999 (SR 0.172.052.68), welche zusätzliche Auftraggeberkatego-
rien (insbesondere die Gemeinden) als statistikpflichtig gemäss WTO-Übereinkommen definiert.

Die Bestimmungen des WTO-Übereinkommens sowie des Abkommens zwischen der Schweiz und
der EU haben Eingang gefunden in die folgenden kantonalen Rechtstitel:
   Interkantonale Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen vom 15. März 2001 (sGS
   841.32; abgekürzt rIVöB)
   Einführungsgesetz zur Gesetzgebung über das öffentliche Beschaffungswesen (sGS 841.1;
   abgekürzt EGöB)
   Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen (sGS 841.11; abgekürzt VöB).

2. Zuständigkeit
Die Fachstelle für Statistik des Kantons St.Gallen ist gemäss Art. 44 VöB zuständig zur Durchfüh-
rung der Datenerhebung sowie zur Publikation der Ergebnisse.

Sie veröffentlicht eine kantonale Gesamtauswertung (www.statistik.sg.ch/themen/b18/wto.html),
erstellt die Auswertungen nach den internationalen Vereinbarungen und leitet diese dem Interkan-
tonalen Organ zuhanden der zuständigen Stellen des Bundes weiter.

1
    World Trade Organisation (Welthandelsorganisation)
2
    Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen vom 15. April 1994 (SR 0.632.231.422, insbe-
    sondere Artikel XIX sowie Annexe 2 und 3 von Anhang I)
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3. Statistikpflichtige Institutionen

Im Folgenden wird – auf der Basis der in Punkt 1. erwähnten Rechtstitel – der Kreis der von der
Statistikpflicht betroffenen Institutionen beschrieben:

A. Die gesamte kantonale Verwaltung

B. Unselbständige öffentlich-rechtliche Anstalten und Körperschaften des Kantons

C. Selbständige öffentlich-rechtliche Anstalten des Kantons
    Wie zum Beispiel:
       Sozialversicherungsanstalt
       Gebäudeversicherungsanstalt
       Universität St. Gallen
       Rheinunternehmen
       Fachhochschulen

D. „Sektorbetriebe“ gemäss WTO-Übereinkommen
    Organisationen mit Sitz im Kanton St. Gallen in den Tätigkeitsgebieten...
       Produktion, Transport oder Verteilung von Trinkwasser;
       Produktion, Fortleitung oder Verteilung von elektrischer Energie;
        Transport von Verkehr per Stadtbahn, Strassenbahn, automatische Systeme, Trolleybus,
        Bus oder Kabel,

    ...die gleichzeitig eines der folgenden drei institutionellen Merkmalsbündel aufweisen:
          Gebietskörperschaften (z.B. Gemeinden);
          Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die eine eigene Rechtspersönlichkeit besitzen,
          über eine im Allgemeininteresse liegende Zwecksetzung verfügen und überwiegend vom
          Staat, den Gebietskörperschaften oder anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts fi-
          nanziert oder kontrolliert werden;
          öffentliche Unternehmen im Sinne von Betrieben, auf welche die staatlichen Behörden
          aufgrund von Eigentum, finanzieller Beteiligung oder Vorschriften unmittelbar oder mittel-
          bar einen beherrschenden Einfluss ausüben können. (Bei der Verfügung über die Mehr-
          heit des gezeichneten Kapitals, der Stimmrechtsanteile oder bei Aufsichts- bzw. Leitungs-
          organsmehrheit wird in jedem Fall von einem „beherrschenden Einfluss“ ausgegangen.)

E. Behörden und öffentliche Stellen auf Gemeindeebene

Politische Gemeinden, Orts- und Schulgemeinden, Gemeindeverbände und öffentlich-rechtliche
Körperschaften der Gemeinden sind ab dem 1.1.2003 der WTO-Statistikpflicht unterstellt.
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4. Statistikpflichtige Beschaffungsaufträge
Zu erfassen sind Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge, die jede der nachfolgend formulierten
Bedingungen A, B, C und D erfüllen:

A. Auftragsgegenstände, die unter das WTO-Übereinkommen fallen1
B. Auftragsbeträge, die über den WTO-Statistik-Schwellenwerten gemäss IVöB liegen
C. Aufträge, bei deren Vergabe das „offene“, „selektive“ oder das „freihändige Verfahren gemäss
   Ausnahmeregelung nach WTO-Übereinkommen“ anzuwenden ist
D. Aufträge, die im Statistikjahr vergeben wurden

Im Folgenden werden die einzelnen Bedingungen, soweit nötig, erläutert:

zu A. Auftragsgegenstände, die unter das WTO-Übereinkommen fallen
       Bauaufträge
       Als Bauauftrag wird im allgemeinen der Vertrag zwischen Auftraggeber und Anbieter über die
       Errichtung eines festen Bauwerks verstanden. Er umfasst Tätigkeiten wie die Vorbereitung
       des Baugeländes und der Baustellen, Bauarbeiten an Hoch- und Tiefbauten, Bau und Monta-
       ge von Fertigbauten, Arbeiten spezialisierter Bauunternehmen, Installations-, Umbau- und
       Ausbauarbeiten, Miete oder Leasing von Bau- oder Abbruchausrüstungen, eingeschlossen
       Personalleistungen.

       Lieferaufträge
       Unter Lieferauftrag wird der Vertrag über die Beschaffung beweglicher Güter, namentlich
       durch Kauf, Miete, Leasing, Pacht oder Mietkauf verstanden. Die Beschaffung von Gütern fällt
       in den Bereich eines Bauauftrags, wenn bei einem Bauvorhaben ein Anbieter im Rahmen des
       Vertrages auch Materialien liefert, ansonsten handelt es sich um einen Lieferauftrag.
       Besteht eine Beschaffung aus einer Lieferung verbunden mit einer Dienstleistung (wie z.B.
       Kauf und Installation von Computerhardware), gilt die Leistung als Lieferung, wenn der Wert
       der Güter höher ist als der Wert der Dienstleistung.
       Falls im Rahmen eines Grossvorhabens verschiedene Güterbeschaffungen erfolgen, so ist je-
       de sachlich abgegrenzte Güterbeschaffung als eigenes Beschaffungsprojekt zu betrachten.

       Dienstleistungsaufträge
       Darunter fallen Verträge über die Erbringung einer Dienstleistung in folgenden Bereichen:
         Instandhaltung und Reparatur
         Landverkehr einschl. Geldtransport und Kurierdienste, ohne Postverkehr
         Fracht- und Personenbeförderung im Flugverkehr, ohne Postverkehr
         Postbeförderung im Landverkehr sowie Luftpostbeförderung (ohne Eisenbahnverkehr)
         Fernmeldewesen
         Finanzielle Dienstleistungen (Versicherungen, Banken)
         Informatik und damit verbundene Tätigkeiten
         Buchführung, -haltung und -prüfung
         Markt- und Meinungsforschung
         Unternehmensberatung und damit verbundene Tätigkeiten
         Architektur, Stadt- und Landschaftsplanung
          Technische Beratung und Planung; integrierte technische Leistungen; zugehörige wissen-
          schaftliche und technische Beratung; technische Versuche und Analysen bei Bauvorhaben
         Werbung
         Gebäudereinigung und Hausverwaltung

1
    Nicht unter das WTO-Übereinkommen fallen von vorneherein Aufträge, bei denen mit dem offenen oder
    selektiven Verfahren
    - die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet würde;
    - der Schutz von Leben und Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanzen gefährdet würde;
    - Schutzrechte des geistigen Eigentums verletzt würden.
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       Verlegen und Drucken
       Abfall- und Abwasserbeseitigung; sanitäre und ähnliche Dienstleistungen

    Da die obige Liste abschliessend ist, fallen beispielsweise Dienstleistungen im Bereich Schu-
    lung und Weiterbildung ausser Betracht.

    Besteht eine Beschaffung aus einer Dienstleistung verbunden mit einer Lieferung (wie z.B.
    Kauf und Installation von Computerhardware), gilt die Leistung als Dienstleistung, wenn der
    Wert der Dienstleistung höher ist als der Wert der Lieferung.

    Falls im Rahmen eines Grossvorhabens verschiedene Dienstleistungen benötigt werden, so
    ist jede sachlich abgegrenzte Dienstleistung als eigenes Beschaffungsprojekt zu betrachten.

    Eine besondere Form von Dienstleistungsaufträgen sind die sogenannten Wettbewerbe.
    Diese dienen dazu, Ideenvorschläge für die Ausarbeitung eines Konzepts zu erhalten. Auf-
    grund der eingereichten Vorschläge wird die Realisierung des Konzepts (z.B. die Ausarbeitung
    von Bauplänen) in der Regel einem oder mehreren Wettbewerbsteilnehmenden übertragen.
    Bei einem Wettbewerb sind als Vergaben die Auftragserteilungen zur Konzeptrealisierung zu
    erfassen nicht aber Preise, welche den Wettbewerbs-Teilnehmenden ausbezahlt wurden.

    Subventionen und Abgeltungen der öffentlichen Hand an Dienstleistungsorganisationen
    stellen keine Dienstleistungsaufträge gemäss WTO-Übereinkommen dar.
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Zu B. Auftragsbeträge, die über den WTO-Statistik-Schwellenwerten gemäss IVöB liegen:

      Bitte beachten Sie: Die für die Statistik nach WTO-Übereinkommen massgeblichen
      Schwellenwerte unterscheiden sich (teilweise) von den für die Wahl der Vergabever-
      fahren geltenden Werten.

    Schwellenwert Bauaufträge: CHF 8'700'000 (excl. MWST)
    Zur Berechnung der Schwellenwerte wird hinsichtlich der Bauaufträge auf den Wert des ge-
    samten Bauwerks abgestellt (Art. 7 Abs. 1 lit. a IVöB). Das Bauwerk ist nach Art. 6 Abs. 2
    IVöB definiert als Ergebnis der Gesamtheit aller Hoch- und Tiefbauarbeiten.

    Schwellenwerte Lieferungen/Dienstleistungen: CHF 350‘000 (excl. MWST) bzw.
    CHF 700‘000 (excl. MWST) bei den Sektor-Betrieben (vgl.3. D).
    Bei einer Aufteilung eines Beschaffungsvorhabens auf verschiedene Aufträge ist der Gesamt-
    wert des Beschaffungsvorhabens massgeblich. Dies trifft auch zu auf vereinbarte Optionen auf
    Folgeaufträge, bei denen vereinbart wird, dass nach erfolgreicher Erfüllung des ersten Auf-
    trags der Anbieter unter bestimmten Voraussetzungen weitere Aufträge erhält. Für die Frage
    des Auftragswerts ist in diesem Fall der Gesamtwert massgebend (Erstauftrag zuzüglich Wert
    der Aufträge, auf die sich die Option bezieht).
    Erfolgt die Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen in mehreren Teilaufträgen (Losen),
    so dass für gleichartige Leistungen identische Einzelaufträge erteilt werden, ist der mass-
    gebende Wert wahlweise nach den folgenden beiden Arten zu berechnen:
    a) der tatsächliche Gesamtwert der vergebenen Aufträge während der letzten zwölf Monate;
    b) der geschätzte Wert von wiederkehrenden Aufträgen in den zwölf Monaten, die dem Erst-
        auftrag folgen.

    Werden Liefer- oder Dienstleistungsaufträge in Form von Leasing, Miete oder Mietkauf verge-
    ben oder ist kein Gesamtpreis vorgesehen, gilt:
    1. bei Aufträgen mit bestimmter Dauer der geschätzte Gesamtwert;
    2. bei Aufträgen mit unbestimmter Dauer der Gesamtwert für 48 Monate.
    Ist nicht eindeutig feststellbar, ob Ziff. 1 oder Ziff. 2 von anwendbar ist, berechnet sich der Auf-
    tragswert nach Ziff. 2.

    Die Bestimmungen des vorherigen Abschnitts betreffen zum Beispiel Rahmenverträge zur Lie-
    ferung von Gütern (z.B. Computerhardware), innerhalb derer dann eine Vielzahl von einzelnen
    Beschaffungen erfolgen. Ebenso betroffen sind beispielsweise Rahmenverträge zur Erbrin-
    gung einzelner Dienstleistungen (z.B. Telefonie), deren Preis erst nach erfolgter Dienstleistung
    festgelegt wird.
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zu C. Aufträge, bei deren Vergabe das „offene“, „selektive“ oder das „freihändige Verfah-
   ren gemäss Ausnahmeregelung nach WTO-Übereinkommen“ anzuwenden ist:

       Die zentralen Merkmale dieser drei, gemäss Art. 44 VöB zu berücksichtigenden Vergabearten,
       sind nachfolgend kurz zusammengefasst.1

       Offenes Verfahren
       Der Auftrag wird öffentlich ausgeschrieben, womit alle Anbieter eingeladen sind, ein Angebot
       abzugeben.

       Selektives Verfahren
       Der Auftrag wird öffentlich ausgeschrieben, jedoch mit der Einschränkung, dass zunächst die
       Anbieter lediglich einen Antrag auf Einbezug beim weiteren Vergabeverfahren einreichen kön-
       nen. Der Auftraggeber bestimmt in einem zweiten Schritt aufgrund der Eignung jene Anbieter,
       die ein Angebot einreichen können.

       Freihändiges Verfahren gemäss Ausnahmeregelung nach WTO-Übereinkommen
       Art. 16 VöB umschreibt die Ausnahmen wie folgt:
       "Unabhängig vom Wert des Auftrags kann der Auftrag im freihändigen Verfahren vergeben
       werden, wenn:
       a) die eingereichten Angebote unter den Anbietern abgesprochen wurden;
       b) kein Anbieter die Teilnahmebedingungen erfüllt oder keine geeigneten Angebote eingehen;
       c) der Zuschlag widerrufen wurde und die Bedingungen der Ausschreibung nicht wesentlich
          geändert werden;
       d) aufgrund der technischen oder künstlerischen Besonderheiten oder wegen Schutzrechten
          des geistigen Eigentums nur ein Anbieter in Frage kommt;
       e) er sich aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht zur Ausschreibung eignet;
       f) zwingende Gründe im Zusammenhang mit unvorhersehbaren Ereignissen das offene oder
          selektive Verfahren verunmöglichen;
       g) im Zusammenhang mit einem vergebenen Auftrag Ergänzungsaufträge notwendig sind;
       h) er einzig zu Forschungs-, Erprobungs-, Studien- oder Entwicklungszwecken vergeben
          wird;
       i) der Auftraggeber den Vertrag mit dem Gewinner eines Planungs- oder Gesamtleistungs-
          wettbewerbs schliessen will und dies im Rahmen der Ausschreibung bekannt gegeben
          wurde;
       k) der Auftraggeber Güter an Warenbörsen und dergleichen beschaffen will;
       l) der Auftraggeber Güter zeitlich befristet zu einem Preis beschaffen kann, der erheblich un-
          ter den üblichen Preisen liegt;
       m) der Auftraggeber einen neuen gleichartigen Auftrag vergibt, der sich auf einen Grundauf-
          trag bezieht, der im offenen oder selektiven Verfahren oder im Einladungsverfahren verge-
          ben wurde und in der Ausschreibung für den Grundauftrag auf die Möglichkeit der freihän-
          digen Vergabe hingewiesen wurde;
       n) Aufträge über finanzielle Dienstleistungen im Zusammenhang mit Ausgabe, Verkauf, An-
          kauf oder Übertragung von Wertpapieren oder anderen Finanzinstrumenten stehen;
       o) die Vereinbarkeit mit technischen Systemen von Bund, anderen Kantonen und Gemeinden
          sichergestellt werden muss;
       p) der Auftraggeber den Vertrag mit einem mit ihm verbundenen Unternehmen schliessen
          will, das sich ausschliesslich im Eigentum von Gemeinwesen befindet und das wenigstens
          80 Prozent seines Umsatzes aus Dienstleistungen für diese Eigentümer erzielt."

1
    Informationen im Hinblick auf die Gestaltung der Vergabepraxis finden Sie im Handbuch über das öffentli-
    che Beschaffungswesen im Kanton St.Gallen. Bezugsmöglichkeit: Staatskanzlei Kanton St.Gallen, Druck-
    sachenverkauf, Regierungsgebäude, 9001 St.Gallen (Tel. 071/229 32 58) oder unter der Internet-Adresse
    http://www.beschaffungswesen.sg.ch
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