Vergleich zweier Bildgebungsverfahren für die Prothesenauswahl beim kathetergestützten Aortenklappenersatz - Opus4
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Vergleich zweier Bildgebungsverfahren für die Prothesenauswahl beim kathetergestützten Aortenklappenersatz Medizinische Klinik 2 Kardiologie und Angiologie Der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg zur Erlangung des Doktorgrades Dr. med. vorgelegt von Adele Bork
Als Dissertation genehmigt von der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Vorsitzender des Promotionsorgans: Prof. Dr. med. Markus Neurath Gutachter: PD Dr. Martin Arnold Gutachter: PD Dr. Mohamed Marwan Tag der mündlichen Prüfung: 03. Mai 2022
Diese Doktorarbeit ist meinem Vater gewidmet. Ich danke Herrn Priv. Doz. Dr. Arnold für seine Betreuung, Begleitung und Hilfestellung, sowie meinen Eltern und meinem Mann für ihre stetige Unterstützung.
Inhaltsverzeichnis 1. Zusammenfassung 2. Einleitung 2.1. Hintergrund zur TAVI 2.1.1 Symptome der Aortenstenose 2.1.2 Operationsrisiken und Komorbiditäten 2.1.3 Historische Entwicklung von TAVI und deren Indikationsstellung anhand wegweisender Studien 2.1.4 Überblick über die technischen Fortschritte bei TAVI 2.1.5 Leitlinie zur Bildgebung bei TAVI 2.2. Ablauf einer kathetergestützten Aortenklappenimplantation (TAVI) 2.2.1 Durchführung einer transfemoralen TAVI 2.2.2 Durchführung einer transapikalen TAVI 2.3. Imaging für TAVI und Bedeutung der richtigen Prothesenauswahl 2.4. Messung des Aortenanulus mittels Transösophagealer Echokardiografie 2.5. Messung des Aortenanulus mittels Computertomografie 2.6. Fragestellung 3. Methoden 3.1. Studie: Retrospektive Analyse 3.2. Berechnete Scores 3.3. Sizing-Tabelle der verwendeten Edwards SAPIEN XT-Klappenprothese 3.4. Graduierung der Aortenstenose 3.5. Patientenkollektiv 4. Ergebnisse 4.1. Beschreibung des Patientenkollektivs 4.2. Vergleich der Resultate der Anulusmessungen mittels TEE und CT 4.3. Vergleich der intraoperativen Resultate beider Gruppen 4.4. Vergleich der postoperativen Ergebnisse beider Gruppen 5. Diskussion 6. Literaturverzeichnis 7. Abbildungsverzeichnis 8. Tabellenverzeichnis 9. Abkürzungsverzeichnis
10. Anhang 10.1. Medikamentöse Therapieoptionen der Aortenstenose 10.2. Beurteilung des perioperativen Risikos anhand von Scores 10.3. Einteilung der Schweregrade der Aortenstenose 10.4. Darstellung der verwendeten Edwards Sapien XT-Prothese mit Sizing- Tabelle 11. Lebenslauf
1 1. Zusammenfassung Hintergrund und Ziele Zur Therapie der symptomatischen Aortenklappenstenose ist ein Klappenersatz mittels der kathetergestützten Aortenklappenimplanatation (TAVI) zunehmend die Therapie der Wahl. Für den Erfolg dieses Eingriffs ist eine genaue Vordiagnostik zur möglichst exakten Ermittlung des Durchmessers der Aortenklappe essentiell, da anhand dieser Messwerte die Größe der zu verwendenden Klappenprothese bestimmt wird. Für diese Fragestellung werden zwei diagnostische Methoden eingesetzt, zum einen die transösophageale Echokardiographie (TEE), zum anderen die Computertomographie (CT). In dieser Arbeit wurde der Einfluß der Verwendung beider Methoden auf die klinischen Ergebnisse beim kathetergestützten Aortenklappenersatz untersucht. Das Ziel dieser Untersuchung war festzustellen, ob der aktuelle Goldstandard, die Untersuchung mittels der Computertomographie, der transösophagealen Echokardiographie überlegen ist. Methoden Im Rahmen dieser retrospektiven Studie wurde ein Kollektiv von 200 Patienten in zwei Gruppen unterteilt. Bei der ersten Gruppe mit 100 Patienten wurde die präoperative Messung des Aortenanulus standardmäßig mittels einer TEE durchgeführt, bei der zweiten Gruppe, ebenfalls mit 100 Patienten, mit der CT. Erhoben und mit Hilfe des statistischen Programms SPSS® (IBM) miteinander verglichen wurden präoperative, intraoperative sowie postoperative Parameter. Ergebnisse und Beobachtungen Die beiden Patientenkollektive hatten klinisch präoperativ eine vergleichbare Ausgangslage, bis auf einen höheren logistischen Euroscore der Echo-Gruppe (Echo: 30,5 ± 13,7; CT: 22,1 ± 14,5) sowie eine höhere vorberechnete Mortalität der Echo- Gruppe (STS-Score Echo: 8,3 ± 6,5%; CT: 6,3 ± 5,3%). Bei anatomisch fast identischer Ausgangslage der Kollektive, ermittelt durch intraoperative Messung des minimalen Anulusdurchmessers (Echo 22,9 ± 2,318mm, CT 23,0 ± 2,379 mm) war der bei der präoperativen Diagnostik mittels TEE gemessene minimale Durchmesser der Aortenklappe (22,9 ± 2,318 mm) signifikant größer als der mittels CT gemessene (21,4
2 ± 2,385 mm). Gleichzeitig war der mittels TEE gemessene Anulusdurchmesser (22,9 ± 2,318 mm) signifikant geringer als der mittlere mittels CT gemessene Durchmesser (24,1 ± 2,173 mm). Hieraus lässt sich die beobachtete Tendenz zu größeren Aortenklappen bei der CT-Gruppe ableiten. Gleichzeitig konnten beim Vergleich der klinischen Ergebnisse nur geringfügige Unterschiede zwischen den beiden Gruppen beobachtet werden. Schlussfolgerungen und Diskussion Die vorliegende Arbeit wie auch viele andere Studien kommen zu dem Schluss, dass die komplexe dreidimensionale anatomische Struktur des Aortenanulus, insbesondere in Bezug auf dessen elliptische Form, besser mit der dreidimensionalen CT darstellbar ist als mit der zweidimensionalen TEE. Ebenso wurde hier wie auch in anderen Untersuchungen gezeigt, dass ein Sizing mittels CT zur Wahl größerer Aortenklappen führt. Anders als in dieser Arbeit wurde in etlichen Studien mit vergleichbarer Fragestellung nachgewiesen, dass ein auf einer CT basierendes Sizing insbesondere weniger postprozedurale paravalvuläre Regurgitation bzw. Aortenklappeninsuffizienz und bessere klinische Resultate zur Folge hat. Dies hat zu einer generellen Etablierung der CT als Goldstandard geführt. Bei Kontraindikationen gegen eine CT könnten auch Patienten mit einer TAVI versorgt werden, für welche das Imaging bzw. Sizing mittels einer TEE durchgeführt wird. Generell profitieren Patienten von einer multimodalen Bildgebung. 2. Einleitung 2.1 Hintergrund zur TAVI Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems stehen laut Statistischem Bundesamt an erster Stelle der Todesursachen. [1] Hierbei ist die Aortenklappenstenose das häufigste Herzklappenvitium. [2] Zudem nimmt die Häufigkeit dieser Erkrankung des hohen Lebensalters zu, sie korreliert mit der höheren Lebenserwartung in westlichen Industrienationen. [3, 4, 5, 6, 7, 8] Die schwere symptomatische Aortenklappen- stenose (s. Abb. 1, schematische Darstellung und Abb. 2, Präparat) ist eine bei älteren Menschen verbreitete Erkrankung der Herzklappen [5, 6, 9] und kann unbehandelt
3 rasch zum Tode führen: Sobald die Aortenklappenstenose symptomatisch wird, steigt die Mortalität rasch an auf etwa 50% innerhalb von zwei Jahren. [10, 11, 12] Daher kommt der Weiterentwicklung des Diagnostik- und Therapiestandards dieser Erkrankung eine besondere Bedeutung zu: Die Prävalenz der Aortenklappenstenose liegt für Patienten über dem 75. Lebensjahr bei etwa 2 - 5%. Mit einer wachsenden älteren Bevölkerung wird die optimale Therapie der Aortenklappenstenose zu einem wichtigen Anliegen in der globalen Gesundheitsversorgung. [5, 11] Abb. 1 Schematische Darstellung einer schweren Aortenklappenstenose. Oben rechts abgebildet ist eine gesunde Aortenklappe die sowohl vollständig öffnet als auch schließt. Eine stark stenosierte Aortenklappe wie unten rechts abgebildet ist in ihrer Beweglichkeit stark eingeschränkt und kann sich weder vollständig öffnen noch schließen. Links zu sehen ist in einem Längsschnitt des Herzens die Lage der Aortenklappe zwischen dem linken Ventrikel und der Aorta ascendens. Abb. 2 Darstellung der Aortenklappenstenose im Präparat: Leicht kalzifizierte Aortenklappe (links) und stark stenosierte Aortenklappe (rechts); Der Pfeil zeigt auf die degenerativen Veränderungen.
4 2.1.1 Symptome der Aortenstenose Die Öffnungsfläche der Aortenklappe (bei Erwachsenen normal ca. 2,6 – 3,5 cm2) muss stark abnehmen (unter ca. 1,5 cm2), bevor es zu einer hämodynamischen Auswirkung kommt. Die Zunahme der Stenosierung variiert von Patient zu Patient, mit einer Zunahme des transaortalen Druckgradienten von 0 bis 45 mmHg pro Jahr und einer Abnahme der Öffnungsfläche der Aortenklappe von 0 bis 0,6 cm2 pro Jahr. [12] Symptome der Aortenstenose wie Angina pectoris, kardiale Dyspnoe, Herzrhythmusstörungen und Zeichen der Herzinsuffizienz sind durch die myokardiale Ischämie bedingt, die auch ohne Vorliegen einer koronaren Herzkrankheit durch das zu geringe Sauerstoffangebot bei erhöhtem Sauerstoffbedarf zu erklären sind. Der Ventildefekt erzeugt für den linken Ventrikel eine hohe Druckbelastung bzw. eine hohe Nachlast, die kompensatorisch zu einer konzentrischen Linksherzhypertrophie führt (nicht immer vorhanden). Hierdurch ist der linke Ventrikel zunächst in der Lage, den Gradienten an der Klappe zu überwinden und das Herzzeitvolumen aufrecht zu erhalten. Bei meist lange erhaltener systolischer Ventrikelfunktion kommt es primär aber zu einer diastolischen Dysfunktion und dadurch schließlich zu einer Lungenstauung aus der wiederum eine zunehmende Leistungsminderung und Luftnot resultiert. Der Anstieg der Muskelmasse des linken Ventrikels führt zu einer Verlängerung der Diffusionsstrecken in den Kapillaren bei gleichzeitiger Abnahme des myokardialen Perfusionsgradienten und der koronaren Flussreserve infolge der Abnahme des diastolischen und mittleren Blutdrucks. Angina pectoris resultiert aus dem erhöhten myokardialen Sauerstoffbedarf bei Linkshypertrophie auch wenn keine Koronarstenosen vorliegen. Das Symptom der belastungsinduzierten Synkope oder Schwindel ist durch eine zerebrale Minderperfusion infolge des Unterschreitens der zerebralen Autoregulationsschwelle unter Stressbedingungen zu erklären. Die klinische Situation der Aortenstenose beim älteren Patienten ist in ca. 50% der Fälle durch die Koinzidenz mit einer signifikanten koronaren Herzerkrankung charakterisiert. Ein plötzlicher Herztod (bei körperlicher Belastung) tritt fast nur bei symptomatischen Patienten auf. [13, 14]
5 2.1.2 Operationsrisiken und Komorbiditäten Mit zunehmendem Alter der Patienten steigt das Risiko eines klassischen herzchirurgischen Eingriffes, der unter Verwendung eines extrakorporalen Kreislaufs über Jahrzehnte der weltweit anerkannte therapeutische Goldstandard bei schweren Aortenklappenerkrankungen war. [8] Dies liegt an der Verbindung von höherem Lebensalter und einer (dadurch mit bedingten) Zunahme von Komorbiditäten. Insbesondere Hochrisiko-Patienten haben oft signifikante Komorbiditäten wie eine koronare Herzerkrankung, Herzinsuffizienz mit reduzierter linksventrikulärer Funktion, Niereninsuffizienz, Lungen- oder Lebererkrankungen, cerebrovaskuläre Erkrankungen oder Schlaganfall, durch Strahlentherapie bedingte Schäden des Brustbereichs und insbesondere auch Gebrechlichkeit, die ihre Überlebenschancen limitieren [11, 15] (vgl. auch mit Kap. 3.2 „Berechnete Scores“ - die Einschätzung des individuellen Operationsrisikos anhand von Scores). Auch Deformitäten des Brustkorbs und eine Porzellanaorta können das operative Risiko erhöhen. [15] Dies führt zu einem Anstieg der perioperativen Morbidität und Letalität. Hieraus ergibt sich für die Therapie der Aortenklappenstenose die Bedeutung des weniger invasiven Behandlungsansatzes der TAVI, zumal es keine medikamentöse Prophylaxe- oder Behandlungsoption gibt, welche die Prognose der schweren Aortenklappenstenose günstig zu beeinflussen vermag. [2, 6, 13, 14, 16, 17] Daher empfiehlt die Leitlinie der AHA/ACC zu Erkrankungen der Herzklappen, dass die meisten Patienten mit linksventrikulärer systolischer Dysfunktion und schweren Herzklappenerkrankungen einer Intervention an der Klappe selbst unterzogen werden sollten (vgl. Anhang Kap. 11.1 Medikamentöse Therapieoptionen). [14, 18] Für die Patienten mit hohem Operationsrisiko (vgl. Kap. 3.2) ist es wichtig, eine schonendere Therapiemöglichkeit wie die TAVI zu haben, da hier keine Sternotomie und keine Herz-Lungen-Maschine notwendig sind. Die Inzidenz tiefer Sternuminfektionen nach herzchirurgischen Eingriffen wird in der Literatur zwischen 0,25 % und 7 % angegeben. Diese Komplikation mit konsekutiver Sternumdehiszenz und/oder begleitender Mediastinitis stellt einen schwerwiegenden Faktor für Morbidität und Mortalität im Rahmen herzchirurgischer Eingriffe dar. Sternuminfektionen, die mit einer begleitenden Mediastinitis verbunden sind, können trotz Ergreifen aller möglichen therapeutischen Optionen zu einer Letalität bis zu über 50% führen. Unterschiedliche zahlreiche pro- und retrospektive Studien konnten verschiedene unabhängige Prädiktoren für eine gestörte sternale Wundheilung nach
6 konventioneller medianer Sternotomie identifizieren. Zu den präoperativen Risikofaktoren gehören neben dem Alter des Patienten typische Komorbiditäten: Diabetes mellitus, Adipositas, chronisch obstruktive Lungenerkrankungen und chronische Niereninsuffizienz. [19] Hinzu kommen teilweise chronifizierende postoperative Schmerzen, insbesondere nach Wundheilungsstörungen. Auch der kardiopulmonale Bypass kann Ausgangspunkt für systemische und organspezifische Komplikationen sein. Typische Organkomplikationen sind Herzinsuffizienz, renale und pulmonale Dysfunktionen, Gerinnungsalterationen sowie neurologische und kognitive Einschränkungen. Die immunologische Reaktion auf die extrakorporale Zirkulation (EKZ) löst eine systemische Inflammation aus, welche sogar (wenn exazerbiert) die Definitionskriterien eines „systemic inflammatory response syndrome“ (SIRS) erfüllt. Die wesentlichen Ursachen hierfür sind der Kontakt des Bluts zur künstlichen Oberfläche der Herz-Lungen-Maschine (HLM), der mechanische Stress, der auf die Blutbestandteile einwirkt, die Folgen der Ischämie/Reperfusion und das beträchtliche operative Trauma. [20, 21] Diese Faktoren sind um so schwerwiegender je älter die Patienten sind bzw. je mehr Vorerkrankungen sie haben. Generell besteht bei geriatrietypischer Multimorbidität und/oder einem Alter über 80 Jahren eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber Komplikationen, Folgeerkrankungen und Chronifizierung von Krankheiten. [14] Das Langzeit-Outcome nach TAVI wird zu einem großen Teil von Komorbiditäten neben der Aortenklappenstenose bestimmt. [22] Für die Patientengruppe, die aufgrund von Vorerkrankungen als inoperabel bzw. als sehr gefährdet erachtet werden, stellt die TAVI eine alternative Therapie zur Verminderung von Symptomen und einer Lebensverlängerung dar. [11, 23] 2.1.3 Historische Entwicklung von TAVI und deren Indikationsstellung anhand wegweisender Studien 2002 wurde der Eingriff einer TAVI erstmalig von Alain Cribier et al. durchgeführt und publiziert. [5, 23, 24, 25] Seitdem nimmt die Anzahl an durchgeführten TAVI-Eingriffen rasch zu. [26] Das Verfahren hat sich von einer Prozedur, die initial nur inoperablen Patienten im Sinne einer palliativen therapeutischen Option vorbehalten war, zu einem standardisierten Eingriff entwickelt. [4, 8, 27]
7 So zeigte schon 2010 die PARTNER 1B-Studie [28] bei inoperablen Patienten einen signifikanten Überlebensvorteil von TAVI gegenüber konservativem Vorgehen, was dazu führte dass die US Food & Drug Administration (FDA) TAVI zuließ. [10] 2011 belegte die PARTNER 1A-Studie [29] bereits, dass die TAVI dem AKE (chirurgischem Aortenklappenersatz) bezogen auf Hochrisikopatienten (STS-Score > 8 %) nicht unterlegen bzw. hinsichtlich harter klinischer Endpunkte mindestens ebenbürtig ist. [30] 2012 wurde die TAVI von der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) und der Europäischen Herzchirurgischen Gesellschaft (EACTS) in die Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Herzklappenerkrankungen aufgenommen. [2, 29, 30, 31] Dabei wurde diese Leitlinie von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) und der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) für Deutschland anerkannt. [30] 2016 wurde das Positionspapier der DGK von 2015 [32] nach Veröffentlichung von Daten randomisierter Studien (s. u.) bereits aktualisiert: Die neueren Ergebnisse zugunsten der TAVI bestätigen den Einfluss der schnellen technischen Entwicklung mit Miniaturisierung der Klappenprothesen, der steigenden Anzahl an TAVI-Prozeduren sowie der zunehmenden Erfahrung der TAVI-Operateure, vor allem im Hinblick auf die Indikationsstellung für Patienten mit intermediärem Risiko. [4, 30] Zu den oben erwähnten randomisierten Therapievergleichsstudien zur TAVI bei hochgradiger bzw. symptomatischer Aortenklappenstenose gehört auch die U.S. CoreValve High Risk Study (2014). [33] Bei Patienten, die laut Protokoll einer Hochrisikogruppe mit einer geschätzten operativen 30-Tage-Sterblichkeit von 15% angehören sollten, aber im Mittel nach Randomisierung nur einen STS-Score von 7,3% bzw. 7,5% hatten und damit eher einer mittleren Risikogruppe angehörten, zeigte sich erstmals eine Überlegenheit der TAVI gegenüber der AKE im Hinblick auf das 1- Jahres-Überleben. [30, 33] Es kam zu einem weltweiten Trend, u. a. bedingt durch die o. g. zunehmende Erfahrung der Operateure und den Einsatz von Prothesensystemen der 2. Generation, eine TAVI auch bei Patienten mit mittlerem oder niedrigem Risiko einzusetzen. [34, 35, 36, 37, 38] Dieser Trend wurde in kleineren Beobachtungsstudien evaluiert, aber nachdem die meisten für die Herzchirurgie empfohlenen Patienten ein mittleres und niedriges Risiko haben verlangte diese Erweiterung des Einsatzgebietes von TAVI nach einer präzisen Validierung durch klinische Studien. [34] So wurden in die
8 prospektive, multizentrische, randomisierte und 2016 veröffentlichte PARTNER 2 cohort A-Studie [34] 2032 Patienten mit intermediärem Risiko aufgenommen. Im Ergebnis war bezüglich des primären Endpunktes (Tod jeglicher Ursache oder schwerer Schlaganfall) die TAVI gleichwertig zum chirurgischen AKE und bei transfemoralem Vorgehen der AKE überlegen. [30, 34] In der deutlich kleineren randomisierten und 2015 veröffentlichten NOTION-Studie [38] mit 280 Patienten hatten 81,8% ein niedriges Operationsrisiko. Nach einem Jahr zeigte der kombinierte Endpunkt aus Gesamtsterblichkeit, Schlaganfall oder Herzinfarkt keine statistisch signifikanten Unterschiede (die Sterblichkeit in der TAVI-Gruppe war tendenziell niedriger). Auch im 2-Jahres-Follow-up der NOTION-Studie 2016 [39] wurden diese Ergebnisse bestätigt, so dass die Ergebnisse den Autoren zufolge auf TAVI als vernünftige Option zur AKE hindeuten. Im selben Jahr veröffentlicht wurden die Ergebnisse des prospektiven, multizentrischen, nicht randomisierten Registers Partner 2 Sapien 3 aus dem PARTNER -2- Studienprogramm [40], in welchem die Implantation einer ballonexpandierbaren Klappe der neuesten Generation (Sapien S3) bei Patienten mit intermediärem Risiko untersucht wurde. Die Resultate zeigen bzgl. des primären Endpunktes (Tod, Schlaganfall, moderate bzw. schwere Klappeninsuffizienz) eine signifikante Überlegenheit der transfemoralen TAVI gegenüber der AKE auch bei Patienten mit intermediärem Risiko. [30, 40] Eine wichtige Bedeutung kommt auch den Langzeitbeobachtungen zu. So zeigte sich für die PARTNER 1B-Studie für das inoperable Patientenkollektiv im 2-Jahres Follow- up [41] wie auch im 3-Jahres Follow-up [9] und schließlich im 5-Jahres Follow-up [10] jeweils eine deutliche Überlegenheit von TAVI gegenüber der Standardtherapie. Die aus der PARTNER 1A-Studie ermittelte Sterblichkeit war für Hochrisiko-Patienten nach TAVI oder nach AKE nach 1, 2, 3 sowie nach 5 Jahren (veröffentlicht 2016) nicht unterschiedlich, nur die Rate an moderaten/schweren paravalvulären Insuffizienzen war nach TAVI signifikant höher als nach AKE und gleichzeitig war bei den betroffenen Patienten die 5-Jahres-Sterblichkeit höher als bei TAVI-Patienten mit keiner bzw. milder Insuffizienz. [42] Im selben Jahr veröffentlicht wurden die 3-Jahres-Ergebnisse der CoreValve US Pivotal Trial High Risk Study, die eine signifikante Überlegenheit der TAVI (bei Hochrisiko-Patienten) im Vergleich zur AKE hinsichtlich des kombinierten Endpunktes Sterblichkeit oder Schlaganfall belegen, obwohl nach TAVI eine größere Klappenöffnungsfläche und häufiger bedeutsame Insuffizienzen beobachtet wurden. [30, 43]
9 In Deutschland werden mandatorisch alle chirurgischen und kathetergestützen Aortenklappeneingriffe in Qualitätssicherungsregistern Aortenklappenersatz (Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen, AQUA- Register, Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen, IQTIG) und dem Deutschen Aortenklappenregister (German Aortic Valve Registry, GARY, einem prospektiven Register), erfasst. Die Daten belegen die schnelle klinische Entwicklung der TAVI. Die Daten des US Klappenregisters STS/ACCTVT ähneln den deutschen Daten, obwohl dort nicht alle TAVI-Prozeduren erfasst werden. [8, 30] 2016 wurde die Analyse der Zahlen des AQUA-Registers (Deutsches Qualitätssicherungsregister Aortenklappenersatz) von 2013 veröffentlicht. In die Analyse einbezogen wurden alle in diesem Jahr in Deutschland an der Aortenklappe behandelten Patienten, sowohl chirurgisch als auch mit TAVI. Es wurde gezeigt, dass sich die Mortalität im Krankenhaus bei Patienten mit niedrigem Operationsrisiko bei TAVI und AKE nicht unterschied, bei allen anderen Risikogruppen jedoch signifikant höher für die AKE war. Innerhalb der TAVI-Gruppe war die Mortalität der über einen transapikalen Zugang therapierten Patienten in allen Risikogruppen signifikant höher als bei den über einen transvasalen Zugang Behandelten. [44] 2018 wurde von der DGK und DGTHG ein Kommentar zu den Leitlinien (2017) der ESC/EACTS zum Management von Herzklappenerkrankungen veröffentlicht. Er fokussiert zusätzliche Hintergrundinformationen und detaillierte Grundlagen vor allem im Hinblick auf die Empfehlungen zu Evaluierung und Behandlung von Patienten mit Herzklappenfehlern. [45] Ebenfalls 2017 veröffentlicht wurde die SURTAVI-Studie, die auch die Nichtunterlegenheit von TAVI für Patienten mit schwerer Aortenklappenstenose und intermediärem Risiko gegenüber AKE zeigte. [46] Bei der Jahrestagung des American College of Cardiology (ACC) im März 2019 wurden zwei randomisierte Studien vorgestellt, die beide den bisherigen Goldstandard, Patienten mit niedrigem Operationsrisiko mit chirurgischem Aortenklappenersatz zu versorgen, hinterfragen. [47] Für die Evolut Low Risk Trial Studie wurde nach der 12-Monats-Nachuntersuchung die Nicht-Unterlegenheit von TAVI bezüglich des primären Endpunktes (Tod oder Schlaganfall mit verbleibender Funktionseinschränkung) nach 24 Monaten nachgewiesen. [47, 48] Auch in der PARTNER 3-Studie wurden Niedrigrisiko-Patienten zur AKE oder transfemoraler TAVI randomisiert. Sowohl die Nichtunterlegenheit als auch die Überlegenheit der TAVI
10 bezüglich des primären Endpunktes (als Kombination aus Tod, Schlaganfall oder Rehospitalisierung nach einem Jahr) konnten statistisch signifikant nachgewiesen werden. Interessanterweise lag die Zahl der Schlaganfälle bei TAVI-Patienten mit 1,2% um fast zwei Drittel niedriger als nach AKE mit 3,1%. Auch erholten sich die Patienten nach TAVI signifikant schneller, wie anhand verschiedener Parameter zur Erfassung des klinischen Bildes und der Lebensqualität gezeigt werden konnte. [47, 49] Einige der genannten Studien wurden durch die Hersteller der verwendeten Klappen finanziert. Vor diesem Hintergrund kam es zur Bestrebung, die Datenlage vor einer breiten klinischen Ausweitung der TAVI-Prozedur auf den intermediären und niedrigen Risikobereich weiter zu verstärken. Dies sollte durch herstellerübergreifende „All-comer“-Studien geschaffen werden. Seit Juni 2017 werden im Rahmen der Studie Randomized, Observer-Blinded, Multi-Center, Event- Driven Trial of TAVI versus SAVR in Patients with Symptomatic Severe Aortic Valve Stenosis and Intermediate Risk of Mortality, as assessed by STS-Score (DEDICATE) an 32 deutschen Zentren Patienten mit einem niedrigen Risikoprofil für den chirurgischen AKE bzw. für eine TAVI bei hochgradiger AS randomisiert. Die Studie ist unabhängig finanziert. Die Klappenwahl obliegt dem Implanteur und lässt alle in Deutschland eingesetzten TAVI-Systeme zu, mit einer Zielpatientenzahl von 150/Gruppe und dem primären Endpunkt Tod jeglicher Ursache nach 5 Jahren, sowie den sekundären Endpunkten Überleben und „major adverse cardiac and cerebrovascular events“ (MACCE) nach 30 Tagen, 12 Monaten und 5 Jahren. [50, 51] 2.1.4 Überblick über die technischen Fortschritte bei TAVI Seit der ersten kathetergestützten Aortenklappenimplantation ist die Intervention einer enormen technischen und prozeduralen Entwicklung unterworfen. Die zunehmende prozedurale Sicherheit und klinische Effektivität der TAVI sind einerseits durch Verbesserungen peri-interventioneller Aspekte, wie Planung mittels TEE und MSCT, anästhesiologisches Management, Patientenauswahl und der Operateurserfahrung gekennzeichnet. Andererseits wurden entscheidende Fortschritte im Bereich der verfügbaren Transkatheterherzklappensysteme erzielt. Kathetergestützte Bioprothesen wurden in den vergangenen Jahren v. a. bezüglich ihrer
11 anulusabdichtenden Eigenschaften, ihres Profils (Stent-Höhe, Protrusion in den linksventrikulären Ausflusstrakt) sowie ihrer Bedienerfreundlichkeit verbessert. Diese Maßnahmen erzielten, insbesondere mit Einführung der Zweit- und Drittgenerationsklappen, entscheidende Reduktionen im Bereich der Raten von signifikanten postinterventionellen paravalvulären Leckagen, Implantationen von permanenten Schrittmachern aufgrund höhergradiger Reizleitungsstörungen, Schlaganfällen und möglichen letalen Komplikationen wie Anulusrupturen oder Okklusion von Koronararterien. Zusätzlich konnten entscheidende Fortschritte im Bereich der „Delivery“-Systeme erzielt werden. Die Einführkatheter wurden im Diameter von ursprünglich 24-25F (French) auf mittlerweile 14-18F reduziert (1 French = 1 Charrière = 1/3mm). Dies führte konsekutiv zu einer deutlichen Abnahme zugangswegassoziierter Komplikationen wie Blutungen und Wundinfektionen. [50] Zusammenfassend gesagt wird kontinuierlich an einer Verbesserung der Arbeitstechniken und der künstlichen Klappen gearbeitet – und nicht zuletzt an der Optimierung der umfangreichen präinterventionellen Diagnostik und Bildgebung, welche eine Voraussetzung für eine erfolgreiche kathetergestützte Klappenimplantation ist. [32]. 2.1.5. Leitlinie zur Bildgebung bei TAVI Die wachsende Datenlage bedingte 2017 eine Anpassung der Leitlinien der ESC/EACTS, vor allem im Hinblick auf die Erweiterung der Indikation der TAVI auf ein Patientenkollektiv mit erhöhtem (sowohl intermediärem wie hohem) Operationsrisiko. [6, 47] Was die Standardverwendung von TTE, TEE und CT anbelangt, ist diesen Leitlinien zufolge die Echokardiografie die Schlüsseltechnik sowohl um die Diagnose einer Herzklappenerkrankung zu bestätigen als auch um den Schweregrad der Aortenklappenstenose, die linksventrikuläre Funktion, die Wanddicke und die Prognose zu beurteilen. Sie detektiert auch das Vorhandensein anderer assoziierter Pathologien der Klappen oder der Aorta. Dabei sollte die Transösophageale Echokardiografie in Erwägung gezogen werden, wenn die Transthorakale Echokardiografie von suboptimaler Qualität ist, oder wenn ein Verdacht auf Thrombose, Dysfunktion einer Klappenprothese oder eine Endokarditis besteht. Sie hat für das Assessment vor und nach TAVI an Bedeutung gewonnen. Die
12 intraprozeduale TEE wird gebraucht um perkutane mitrale und aortale Klappeninterventionen zu führen und um die Ergebnisse aller chirurgischen Klappenoperationen und perkutanen Interventionen bzw. Reparaturen zu überwachen. Die MSCT spielt eine wichtige Rolle in der Voruntersuchungsphase von Patienten mit Herzklappenerkrankungen, für die eine Transkatheterintervention und insbesondere eine TAVI in Erwägung gezogen wird und liefert für die präprozedurale Planung weitere wertvolle Informationen über die Dimensionen und Geometrie der Aortenwurzel und Aorta ascendens und das Ausmaß der Verkalkung. Dabei ist die MSCT die bevorzugte Bildgebung um die Anatomie der Aortenwurzel, Größe und Form des Aortenklappenanulus, dessen Abstand zu den Koronarostien, die Verteilung der Kalzifikation und die Anzahl der Aortenklappensegel zu beurteilen. Weiterhin ist die MSCT laut Leitlinie essentiell um die Durchführbarkeit der verschiedenen Zugangswege zu evaluieren, da sie Informationen zum minimalen luminalen Durchmesser, zur Belastung mit atherosklerotischen Plaques (Ausmaß der Gefäßverkalkung), zum Vorhandensein von Aneurysmen oder Thromben, zur Tortuosität (bzw. „kinking“) der Gefäße und zur Anatomie des Thorax und linksventrikulären Apex liefert. Die dreidimensionale TEE kann der Leitlinie zufolge genutzt werden um die Dimensionen des Aortenanulus zu bestimmen. Sie bleibt aber mehr vom Untersucher und der Qualität der Bildgebung abhängig als die MSCT. Die TEE ist jedoch ein wichtiges Instrument für das Monitoring der Prozedur und der Evaluation der Ergebnisse, insbesondere wenn Komplikationen auftreten. [6, 24] 2.2 Ablauf einer kathetergestützten Aortenklappenimplantation (TAVI) Die TAVI kann über verschiedene Zugangswege durchgeführt werden. Am häufigsten erfolgt sie über den transfemoralen (ca. 90%) und seltener über den transapikalen Zugang. Auch eine Implantation über einen aortalen Zugang („direct aortic“) ist möglich, vorgenommen entweder über eine parasternale Minithorakotomie oder über eine partielle obere Sternotomie über die A. subclavia oder die A. carotis communis (transkarotischer Zugangsweg, der wie auch der transcavale Zugang sehr selten durchgeführt wird). Des weiteren gibt es noch die Möglichkeit eines transaxillären Zugangsweges. Die richtige Wahl des Zugangs bildet den Grundstein einer erfolgreichen Prozedur und ist entscheidend für die Prognose des Patienten. [52]
13 Für die Evaluation des für den jeweiligen Patienten besten Zugangsweges ist die CT die Methode der Wahl zur umfassenden Beurteilung der peripheren Zugangswege einschließlich der Aorta. Für die Wahl des Zugangsweges ist entscheidend, wie die Beschaffenheit der Arteria femoralis, der Aorta descendens und des Aortenbogens ist. Hierbei wird im gesamten Gefäßverlauf auf ausreichende Durchmesser sowie pathologische Veränderungen geachtet. Bei zu kleinen, deutlich verkalkten, zu stark kurvig verlaufenden (Tortuosität bzw. „Kinking“) oder aneurysmatisch erweiterten Beckengefäßen bzw. der Aorta wird ebenso wie bei Vorhandensein von Thromben, Stenosen oder Zeichen einer Porzellanaorta (allesamt Risikofaktoren) der Zugang über die Herzspitze (transapikal) oder seltener transaortal gewählt, um das Auftreten von prozedurbedingten Gefäßkomplikationen wie Rupturen, Perforationen, Dissektionen oder Verschlüssen der Leisten-, Beckengefäße oder der Aorta zu minimieren. Insgesamt jedoch sind die Kontraindikationen gegen einen transfemoralen Zugang eher selten. [16, 24, 53] Wenn der Zugang über die Leistengefäße ohne ein erhöhtes Risiko für Gefäßverletzungen möglich erscheint, erfolgt primär ein transfemorales retrogrades Vorgehen, da dies der am wenigsten invasive Implantationsweg ist. [16] Die Durchführung einer TAVI kann kontraindiziert sein bei Patienten mit einer Unverträglichkeit von Antikoagulantien bzw. Thrombozytenaggregationshemmern, bei einer aktiven bakteriellen Endokarditis oder anderen aktiven Entzündungen. Für Patienten mit einem Risiko für eine Infektion der Klappen oder einer Endokarditis empfiehlt sich eine antibiotische Prophylaxe nach dem Eingriff. 2.2.1 Durchführung einer transfemoralen TAVI Die transfemorale Aortenklappenimplantation kann sowohl nach chirurgischer Freilegung der A. femoralis als auch komplett perkutan durchgeführt werden. Bei perkutanem Vorgehen wird üblicherweise von der kontralateralen Seite das Gefäß durch Kontrastmittelapplikation visualisiert. So lässt sich eine sichere Punktion in Höhe des Femurkopfes und unterhalb des Leistenbands gewährleisten. Anschließend wird ein Nahtverschlusssystem eingebracht, das den Verschluss der arteriellen Punktionsstelle nach Beendigung der Prozedur sicherstellen soll. Alternativ kann der Zugang auch über eine chirurgische Freilegung der A. femoralis mit Anlage einer Tabaksbeutelnaht erfolgen. Im Anschluss sollte über die kontralaterale Seite ein
14 venöser Zugang gelegt und ein Führungsdraht im rechten Vorhof platziert werden. Diese „safety line“ ermöglicht im Falle schwerwiegender Komplikationen und der Notwendigkeit einer extrakorporalen Zirkulation einen sicheren und v. a. schnellen Zugang für die Kanülen der Herz-Lungen-Maschine. Als nächstes wird nach Sondierung der verbliebenen Öffnung der stenosierten Aortenklappe ein Pigtail-Katheter in die Aortenwurzel eingelegt. Durch die Stenosierung und Verkalkung kann die Sondierung etwas erschwert sein. Daraufhin wird der Draht im Ventrikel gegen einen besonders steifen Führungsdraht ausgetauscht, der einen sicheren Zugang von der Leiste bis über die erkrankte Aortenklappe gewährleistet. Über den Draht kann eine großkalibrige Schleuse in die A. femoralis eingebracht und über die Aortenbifurkation bis in die Aorta descendens vorgeschoben werden. Im nächsten Schritt muss im Falle der ballonexpandierbaren Edwards-SAPIEN- Prothese die optimale Implantationsebene gefunden werden. Diese ist durch einen perpendikularen Blick auf den Aortenanulus definiert bei gleichzeitig sichtbaren Abgängen der Koronarien. Häufig ist eine leicht linkskraniale Angulation der Röntgenanlage eine gute Ausgangsposition. Die präinterventionelle CT gibt ebenso wie die während des Eingriffs durchgeführte Bildgebung Hinweise auf die geeignete Implantationsebene. Die sich anschließende Ballonvalvuloplastie dient dazu, Verkalkungen zu lösen und Raum für die folgende Klappenimplantation zu schaffen. Die Valvuloplastie wird gewöhnlich durchgeführt, während ein zuvor venös eingebrachter temporärer Schrittmacher für eine kurze Phase der tachykarden Stimulation („rapid pacing“) sorgt. Diese führt zu einer Reduktion des systolischen Schlagvolumens und ermöglicht so eine stabile Lage des Valvuloplastieballons. Bei sehr geringer Verkalkung der Klappe oder bei Behandlung der reinen Aortenklappeninsuffizienz kann auf die Valvuloplastie in Einzelfällen verzichtet werden. Die Platzierung der Klappenprothese erfolgt in der zuvor evaluierten optimalen Implantationsebene. Zur Überprüfung können die Fluoroskopie und die TEE eingesetzt werden. Bei der ballonexpandierbaren Edwars-SAPIEN-Prothese erfolgt die Implantation während einer erneuten kurzen Phase tachykarder Schrittmacherstimulation (>180/min) mit zeitgleicher Gabe von Kontrastmittel (Abb. 3). Bei der Implantation der Klappenprothese wird diese durch Verdrängung der ursprünglichen Aortenklappen in Richtung der Aortenwand im Aortenanulus verankert.
15 Abb. 3 Transkatheter Aortenklappenimplantation: Implantation der Aortenklappenklappenprothese. Nach Positionierung der Prothese in der Aortenklappe wird der Ballon während rapid pacing expandiert und die Prothese implantiert. Das Implantationssystem wird dargestellt nach retrograder Passage durch die Aorta entlang eines Führungsdrahtes, kommend von der Punktionsstelle in der Femoralarterie. Vor der Expansion des Ballons befindet sich dieser zusammengefaltet auf dem schwarz dargestellten Katheter und wird durch die blaue Katheterschleuse geführt. Nach Ausdehnung des Ballons wird die verkalkte Aortenklappe (rechts oben) ersetzt durch die expandierte Aortenklappenprotheses (rechts unten). Bei selbstimplantierbaren Klappen wie einer CoreValve-Prothese kann die Implantation am normal schlagenden Herzen durch schrittweise Freisetzung erfolgen. Sollten nach der Implantation in der abschließenden Aortographie oder TEE noch residuelle paravalvuläre Leckagen vorhanden sein, können diese durch eine erneute Valvuloplastie behandelt werden. Im Anschluss muss die transfemorale Schleuse entfernt und die arterielle Punktionsstelle verschlossen werden. Im Falle einer chirurgischen Freilegung gelingt
16 dies durch die vorgelegte Tabaksbeutelnaht. Bei Verwendung der Nahtverschlusssysteme wird mit den vorgelegten Fäden ein spezieller Knoten vorsichtig bis zur Arterie geführt, um so einen sicheren Verschluss zu gewährleisten. Da insbesondere bei selbstexpandierbaren Klappenprothesen die Gefahr einer atrioventrikulären Blockierung besteht, wird der temporäre Schrittmacher für einige Tage belassen. [15, 16] 2.2.2 Durchführung einer transapikalen TAVI Die Implantation einer Klappenprothese direkt über die Spitze des linken Ventrikels (Apex) ist der antegrade Zugangsweg zur kathetergestützten Aortenklappenimplantation. Die transapikale TAVI wird üblicherweise in Intubationsnarkose durchgeführt. Nach anterolateraler Minithorakotomie üblicherweise im fünften oder ggf. im sechsten Interkostalraum wird das Perikard längs eröffnet und mithilfe von Haltenähten fixiert (Abb. 4 rechts). Abb. 4 Transapikale TAVI: Zugangsweg. Rechts schematisch die Lokalisation der Minithorakotomie, hier im 5. ICR; links Eröffnung des Perikards und Anlage der Tabaksbeutelnähte Zunächst erfolgt die Anlage von zwei filzunterstützten Tabaksbeutelnähten sowie einer epikardialen Schrittmacherelektrode (Abb. 4 links). Im nächsten Schritt wird die optimale orthogonale Projektionsebene mittels Fluoroskopie ermittelt. Nach apikaler Punktion wird zunächst ein arterieller Führungsdraht, danach eine Schleuse antegrad über die Aortenklappe bis in die Aorta desendens vorgebracht.
17 Abb. 5 Transapikale TAVI: Positionierung des Führungsdrahtes Im Anschluss wird ein extrasteifer arterieller Draht eingewechselt und eine Ballonvalvuloplastie durchgeführt. Dies geschieht analog zu der bei der transfemoralen TAVI beschriebenen Methode mit „rapid pacing“. Abb. 6 Transapikale TAVI: Ballonvalvuloplastie Dann wird die Klappenprothese unter Durchleuchtung subkoronar und intraanulär positioniert. Die Implantation wird schrittweise und je nach Prothesentyp unter tachykarder Schrittmacherstimulation durchgeführt.
18 Abb. 7 Transapikale TAVI: Positionierung der Edwards SAPIEN Transkatheter Herzklappenprothese im Aortenanulus Nach erfolgter Implantation wird die Position und Funktion der Klappe mittels TEE und/oder Aortographie beurteilt. Sollte die Position nicht optimal sein, kann als Notfallvariante durch die Implantation einer zweiten Klappe ein gutes Ergebnis erzielt werden. Dabei wird in aller Regel die zweite Klappe in die zuerst implantierte Klappe gesetzt, um eine initial zu hohe oder zu tiefe Position mit der zweiten Klappe auszugleichen. Die Schleuse wird entfernt und der Apex durch Knoten der Tabaksbeutelnähte verschlossen. Nach Einlage einer Thoraxdrainage erfolgt der Wundverschluss. Die Mehrheit der Patienten kann unmittelbar nach der Operation extubiert werden. [10, 43] 2.3 Imaging für TAVI und Bedeutung der richtigen Prothesenauswahl Die Bildgebung ist für die TAVI von größter Bedeutung, sogar von noch größerer Bedeutung als bei der AKE. Verschiedene Imaging-Modalitäten sind hier nicht nur zur Diagnostik, Indikationsstellung, und OP-Planung erforderlich (TTE, TEE, CT). Anders als bei einem offenen operativen Eingriff wird hier zusätzlich die gesamte Intervention anhand von Bildgebung durchgeführt und überwacht (Fluoroskopie/Aortographie, TEE). Eine direkte Größenbestimmung der Aortenklappe vor Ort ist bei einem kathetergeführten Eingriff nicht möglich. Diese ist nicht nur entscheidend für die Patientenselektion, sondern ein genaues und sorgfältiges „Sizing“ ist vor allen Dingen
19 auch essentiell für eine korrekte Größenbestimmung der Aortenklappe bzw. des Aortenanulus und entsprechend der Auswahl einer passenden Prothesengröße. Infolgedessen führt eine Größenüberschätzung des Anulus zur Wahl einer zu großen Prothese und kann in Folge durch die Implantation die äußerst gravierende Komplikation einer Ruptur im Bereich der Prothesenimplantationszone (sog. Anulusruptur), die meist letal endet, verursachen. Dies kann bedingt sein durch einen zu großen Durchmesser der Prothese bzw. des Ballons bei der Ballonvalvuloplastie (vgl. Abb. 6) in Bezug auf die Aortenklappe, oder durch mechanische Kompression (durch Kalzifikation [55, 56]) vulnerabler Anteile des Aortenanulus. Dadurch kann es zu einer Sprengung des Aortenanulus kommen, die i. d. R. zu einer massiven Blutung führt, und u. U. zu einem hämodynamischen Kollaps in Folge einer Herztamponade (insbesondere wenn durch die Ruptur auch Herzmuskelgewebe betroffen ist). [57, 58] Eine Aortenklappenruptur erfordert eine Konversion mit Sternotomie, kardiopulmonalem Bypass, chirurgischer Hämostase und chirurgischem Aortenklappenersatz. [55, 56, 59, 60] Bei zu starkem Oversizing kann eine zu große Klappenprothese ggf. nur unvollständig expandieren. Eine weitere Gefahr ist eine Okklusion der Koronarostien. [15, 60, 61] Währenddessen kann aus einer Größenunterschätzung (und daraus folgendem unzureichenden Oversizing) das Verrutschen der Klappe, eine (wenn auch seltene) Klappenembolisation oder eine (weitaus relevantere) paravalvuläre Insuffizienz resultieren (Abb. 8). [60] Eine Klappenembolisation oder eine Migration der Prothese in die Aorta ascendens kann in der Regel mit einer Valve-in-Valve-Implantation korrigiert werden. Eine Dislokation in den linken Ventrikel oder in den linksventrikulären Ausflusstrakt hingegen muss mit einer Konversion zu chirurgischem Klappenersatz behandelt werden. [60] Der Schweregrad einer verbleibenden paravalvulären Insuffizienz nach der Implantation ist ein entscheidender prognostischer Parameter bezogen auf die Mortalität sowohl postoperativ als auch in den Jahren nach der Intervention. Eine leichte bis moderate paravalvuläre Regurgitation wird in der Regel gut toleriert. Eine klinisch relevante Hämolyse wird nicht beobachtet, die Prognose wird nicht negativ beeinflusst. Hingegen kann eine moderate bis schwere Insuffizienz, die bei 5 – 25 % der Patienten nach TAVI auftritt, hämodynamisch signifikant sein: Typischerweise ist das erste Anzeichen hierfür ein niedriger aortaler diastolischer Druck. Ein ansteigender
20 ventrikulärer Füllungsdruck kann zu Myokardischämie, ventrikulärer Dysfunktion bzw. Herzversagen und letztlich Schock führen. Da diese Patienten nach der Intervention eine um das zwei- bis dreifach höhere Mortalität haben ebenso wie ein größeres Risiko für eine Rehospitalisation, ist die periprozeduale Bildgebung sehr wichtig um ggf. Korrekturen wie eine Ballondilatation vorzunehmen. [56, 62] Somit ist die bildgebende Diagnostik entscheidend, um die richtige Prothesengröße wählen zu können, und insgesamt den prozeduralen Erfolg des kathetergestützten Klappenersatzes zu sichern. [9, 15, 24, 61, 63] Für ein möglichst exaktes Sizing in Bezug auf die Wahl der korrekten Prothesengröße ist in jedem Fall eine genaue Einstellung der anatomischen Zielstruktur die Voraussetzung: relevant ist innerhalb des Komplexes um die Aortenklappe (bestehend aus der Aortenwurzel, den Sinus aortae bzw. Valsalvae, des sinotubulären Übergangs, den Aortenklappensegeln und den Koronarostien) vor allem der Aortenanulus. Beim Aortenanulus handelt es sich um einen virtuellen Ring, der durch die tiefsten Insertionsstellen der drei Aortenklappensegel definiert wird (vgl. Abb. 9, 10, 13). [11, 64] Neben der Größenbestimmung des Aortenanulus müssen auch die o. g. anatomischen Strukturen der Aortenwurzel mittels Bildgebung vermessen werden um eine TAVI planen zu können: Der Abstand der Aortenklappenebene zu den Abgängen der Koronararterien, die Länge der Aortenklappensegel und -kommissuren, die Weite/Höhe/Perimeter der Sinus Valsalvae, des sinotubulären Übergangs und der Aorta ascendens (vgl. Abb. 9). [11, 15] Da wie oben bereits erläutert die Vorplanung und die Prothesenauswahl bei der TAVI von essentieller Bedeutung sind, werden im Folgenden die beiden angewendeten Sizing-Verfahren der bildgebenden Diagnostik beschrieben: 2.4 Messung des Aortenanulus mittels Transösophagealer Echokardiografie Die Messung des Aortenanulus mittels TEE erfolgt frühsystolisch im mittösophagealen Dreikammerblick auf die Aortenwurzel bei 110-140° (120°). Hierbei wird im Längsachsenschnitt die Distanz zwischen den Ansatzpunkten der links- und nichtkoronaren Tasche perpendikular zur langen Achse der Aorta erfasst, entsprechend dem sagittalen Durchmesser des Aortenanulus (Abb. 8, 9). [16, 64]
21 Abb. 8 Vergleich der Vermessung des Anulus mittels zweidimensionaler TEE und dreidimensionaler CT. Unten: Messung mittels TEE, links in einem transversalen Schnitt, rechts senkrecht zur langen Achse der Aorta. Der gesuchte Messwert ist der Abstand der Insertionsstellen der Aortenklappen, entsprechend des weißen Doppelpfeiles rechts. Die Insertionsstelle des rechtskoronaren Segels (RCC) ist dabei meist deutlich abgrenzbar. Die Position am gegenüberliegenden Rand, also am Sinus im Bereich des nichtkoronaren oder linkskoronaren Segels, kann jedoch nicht genau vorhergesagt werden. Dadurch wird eine exakte Messung erschwert bzw. unmöglich. Die beiden oberen Bilder stellen eine dreidimensionale computertomographische Rekonstruktion des Anulus in einem transversalen Schnitt dar (links) sowie die damit korrespondierenden Schnitte in der sagittalen und koronaren Achse (rechts). Die Insertionspunkte der Klappen (RCC, NCC, LCC) sind deutlich abgrenzbar. Die weiße, blau gestrichelte und grün gestrichelte Linie in der transversalen Darstellung findet ihre jeweilige Entsprechung rechts in sagittalen bzw. koronalen Schnitten (oben rechts). Eine exaktere Messung ist möglich.
22 Abb. 9. Entsprechung der echokardiographischen Ansicht des parasternalen Längsachsenschnittes mit einem anatomischen Präparat. Die Aortenwurzel erstreckt sich von den Insertionsstellen der Aortenklappensegel im linken Ventrikel (grüne Linie) über den Sinus aortae bis zu deren peripherer Befestigung in Höhe des sinotubulären Übergangs (orange Linie). Die Entsprechung der Klappensegel ist in der Echokardiographie (rechts) gut erkennbar. Dieser Diameter wird zur Prothesenauswahl verwendet, unter der Annahme, daß der Anulus kreisförmig ist. In Wirklichkeit ist die Form der Anulus jedoch oval. Somit stellt diese Methodik eine wichtige Limitation der zweidimensionalen Bildgebung dar, da die exakte Ausrichtung nicht kalkulierbar ist und bei exzentrischer Anulusform eine zunehmende Ungenauigkeit aufweist: je ovaler der Anulus geformt ist, desto ungenauer werden die Messergebnisse (Abb 10, 11). [16, 64]
23 Abb. 10. Darstellung der Messung des Anulusdurchmessers am Präparat einer geschlossenen Aortenklappe. Hier wird die mögliche Abweichung der Messwerte bei Ausmessung des Aortenklappenanulus mit zweidimensionaler Bildgebungstechnik (TEE) aufgezeigt. Die Spitzen des roten Pfeiles zeigen genau auf die Insertionsstellen der Aortenklappensegel, die ja zur Messung bei der TEE herangezogen werden; der rote Pfeil entspricht jedoch nur einer Tangente über den Ausflusstrakt. Der volle Durchmesser des Ausflusstraktes wird hier durch den blauen Pfeil dargestellt. Je ovaler die Klappenöffnungsebene ist desto größer wird der Längenunterschied des roten und des blauen Pfeiles.
24 Abb. 11 CT der ovalen Form des Aortenanulus mit Darstellung der Perspektive von TTE und TEE. Bei den meisten Patienten ist der Aortenanulus ovalär geformt. Hier zu sehen ist in Abhängigkeit von ihrem jeweiligen Blickwinkel, dass sowohl die TTE (parasternaler Längsachsenschnitt) als auch die TEE (120- Grad-Ansicht des linksventrikulären Ausflusstraktes) üblicherweise den kleineren Durchmesser des linksventrikulären Ausflusstraktes und des Aortenanulus darstellen (siehe die weißen Pfeile). Dabei ist auch zu beachten, dass der ovale Aortenanulus nach der kathetergeführten Implantation einer Prothese eine eher zirkuläre geometrische Form annehmen wird. Dieser Effekt ist wahrscheinlich bei ballonexpandierbaren Prothesen stärker ausgeprägt als bei selbst-expandierbaren Prothesen (Abb. 12). [15]
25 Abb. 12 CT-Darstellung des Aortenanulus vor und nach einer Transkatheter Aortenklappenimplantation einer ballon-expandierbaren Herzklappenprothese. Hier sieht man zwei CT-Querschnittsbilder des Aortenanulus eines Patienten in identischer Position und Orientierung, einmal vor (links) und einmal nach (rechts) Implantation der Herzklappenprothese. Bedingt durch die gegenseitige Anpassung der Formen wird der ovale Aortenanulus durch die ursprünglich kreisrunde Prothese auch in seiner Geometrie verändert und in eine rund(er)e Form gedehnt. 2.5 Messung des Aortenanulus mittels Computertomographie Moderne CT-Geräte ermöglichen eine dreidimensionale Bildgebung. Die Größenbestimmung des Anulus muss mit intravenöser Kontrastmittelgabe durchgeführt werden. Dabei wird darauf geachtet, die Kontrastmittelexposition so gering wie möglich zu halten um das Risiko einer kontrastmittelinduzierten Nephropathie zu minimieren. Es erfolgt weder eine Frequenzsenkung durch Betablocker noch eine Vasodilatation durch Nitrate, welche sonst bei einer koronaren CT-Angiographie indiziert sind. Vor Untersuchungsbeginn werden die Patienten mit Atemkommandos vertraut gemacht um ateminduzierte Bewegungsartefakte zu reduzieren. Um die Bewegungsartefakte weiter zu minimieren, was für eine Beurteilung der Aortenwurzel entscheidend ist, werden die Bilddaten EKG- synchronisiert aufgenommen. Die Schichtdicke sollte höchstens einen Millimeter betragen. Es wird ein CT-Scanner mit einem „High-pitch“-Spiralaquisitionsmodus
26 verwendet, der die Abdeckung eines sehr großen Datenvolumens mit EKG- Synchronisierung innerhalb sehr kurzer Zeit (1-2 Sekunden) gestattet. Dies kann ansonsten zu einer erheblichen Verlängerung der Dauer der Datenaufnahme mit höherem Kontrastmittelvolumen (bedingt durch die Notwendigkeit, die intravasale Kontrastierung während des gesamten Akquisitionszeitraums aufrecht zu erhalten) führen. Zwischen systolischen und diastolischen Datensätzen scheint es in Bezug auf die Beurteilung und die Vermessung von Aortenanulus und –wurzel keinen klinisch relevanten Unterschied zu geben. Dennoch gibt es eine Empfehlung dahingehend, dass die Aortenwurzel und der Anulus bevorzugt während der Systole gemessen werden sollten (wie auch in der Echokardiographie). Begründet ist dies in den dynamischen Veränderungen des Anulus sowie einer sehr leichten Vergrößerung des Anulus während der Systole. [15, 24] Nicht nur relevant sondern notwendig für die Beurteilung der Aortenwurzel hinsichtlich der Anulusgröße ist die exakte Ermittlung der Anulusebene. Anatomisch ist der Anulus eine ovale, durch die drei Klappeninsertionspunkte geformte Struktur. Zur Erhebung möglichst genauer Messparameter wird eine Ebene eingestellt, die exakt mit den drei tiefsten Punkten der Aortentaschen korrespondiert, dies entspricht dann der Anulusebene (entsprechend dem grünen Ring in Abbildung 13). Diese wird berechnet und dargestellt, indem aus dem Datensatz drei orthogonale Ebenen (axial, sagittal und koronal) an den drei Klappeninsertionspunkten so ausgerichtet werden, dass man eine doppelt schräge multiplanare Rekonstruktion (vormals die axiale Ebene) erhält, welche dann eine Ansicht des Aortenanulus im Querschnitt mit allen drei Klappeninsertionspunkten zeigt. Die durch die drei Insertionspunkte definierte Ebene ist oft nicht orthogonal in Bezug auf den linksventrikulären Ausflusstrakt. Häufig befindet sich der Insertionspunkt des rechtskoronaren Klappensegels tiefer als die beiden anderen Klappeninsertions- punkte. Das exakte Niveau bzw. die exakte Höhe wird durch Auf- und Abscrollen so eingestellt, dass die Klappensegel symmetrisch dargestellt sind; der Aortenanulus ist definiert als die Ebene auf welcher die Insertionspunkte der Klappensegel gerade eben noch sichtbar sind. [15] In Gegenwart einer hohen Herzfrequenz, Arrhythmie und schweren Klappen- verkalkung kann die Bildqualität vermindert sein. [11]
27 Abb. 13 Schematische und anatomische Darstellung der Aortenwurzel. Die obere Abbildung (A) zeigt schematisch die dreidimensionale Anordnung der „drei Ringe“ der Aortenwurzel und die kronenartige Aufhängung der Aortenklappensegel innerhalb der Aortenwurzel. Die untere Abbildung (B) stellt am Präparat die anatomische Entsprechung der Ringe dar, wobei die Aortensegel entlang der rot gepunkteten Linie entfernt worden sind. Dadurch kann die Lokalisation der drei Ringe in Bezug auf die Aortenklappensegel dargestellt werden. Hier sieht man, dass der grüne Ring, der die für die Messung und das spätere Sizing essentielle Anulusebene darstellt, ein virtueller Ring ist. Er wird definiert durch die Verbindungslinie der drei tiefsten Insertionsstellen der Klappensegel. Der gelbe Ring entspricht der ventrikulo-arteriellen Verbindung, der rote durchgezogene und gepunktete kronenartige Ring entspricht der Aufhängung der Aortenklappensegel, der blaue Ring entspricht der sino-tubulären Verbindung. VA – ventrikulo-arteriell, A-M - aorto-mitral.
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