Vergleich zweier Bildgebungsverfahren für die Prothesenauswahl beim kathetergestützten Aortenklappenersatz - Opus4

Die Seite wird erstellt Sibylle-Angelika Wendt
 
WEITER LESEN
Vergleich zweier Bildgebungsverfahren für die Prothesenauswahl beim kathetergestützten Aortenklappenersatz - Opus4
Vergleich zweier Bildgebungsverfahren für die
 Prothesenauswahl beim kathetergestützten
            Aortenklappenersatz

               Medizinische Klinik 2
            Kardiologie und Angiologie

           Der Medizinischen Fakultät
        der Friedrich-Alexander-Universität
               Erlangen-Nürnberg

                       zur
       Erlangung des Doktorgrades Dr. med.

                  vorgelegt von
                   Adele Bork
Vergleich zweier Bildgebungsverfahren für die Prothesenauswahl beim kathetergestützten Aortenklappenersatz - Opus4
Als Dissertation genehmigt von der
    Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität
                       Erlangen-Nürnberg

Vorsitzender des Promotionsorgans: Prof. Dr. med. Markus Neurath
Gutachter:                          PD Dr. Martin Arnold
Gutachter:                          PD Dr. Mohamed Marwan

Tag der mündlichen Prüfung:         03. Mai 2022
Vergleich zweier Bildgebungsverfahren für die Prothesenauswahl beim kathetergestützten Aortenklappenersatz - Opus4
Diese Doktorarbeit ist meinem Vater gewidmet.

Ich danke Herrn Priv. Doz. Dr. Arnold für seine Betreuung,
              Begleitung und Hilfestellung,

         sowie meinen Eltern und meinem Mann
              für ihre stetige Unterstützung.
Vergleich zweier Bildgebungsverfahren für die Prothesenauswahl beim kathetergestützten Aortenklappenersatz - Opus4
Inhaltsverzeichnis

1. Zusammenfassung
2. Einleitung
   2.1. Hintergrund zur TAVI
       2.1.1 Symptome der Aortenstenose
       2.1.2 Operationsrisiken und Komorbiditäten
       2.1.3 Historische Entwicklung von TAVI und deren Indikationsstellung
                anhand wegweisender Studien
       2.1.4 Überblick über die technischen Fortschritte bei TAVI
       2.1.5 Leitlinie zur Bildgebung bei TAVI
   2.2. Ablauf einer kathetergestützten Aortenklappenimplantation (TAVI)
       2.2.1 Durchführung einer transfemoralen TAVI
       2.2.2 Durchführung einer transapikalen TAVI
   2.3. Imaging für TAVI und Bedeutung der richtigen Prothesenauswahl
   2.4. Messung des Aortenanulus mittels Transösophagealer Echokardiografie
   2.5. Messung des Aortenanulus mittels Computertomografie
   2.6. Fragestellung
3. Methoden
   3.1. Studie: Retrospektive Analyse
   3.2. Berechnete Scores
   3.3. Sizing-Tabelle der verwendeten Edwards SAPIEN XT-Klappenprothese
   3.4. Graduierung der Aortenstenose
   3.5. Patientenkollektiv
4. Ergebnisse
   4.1. Beschreibung des Patientenkollektivs
   4.2. Vergleich der Resultate der Anulusmessungen mittels TEE und CT
   4.3. Vergleich der intraoperativen Resultate beider Gruppen
   4.4. Vergleich der postoperativen Ergebnisse beider Gruppen
5. Diskussion
6. Literaturverzeichnis
7. Abbildungsverzeichnis
8. Tabellenverzeichnis
9. Abkürzungsverzeichnis
Vergleich zweier Bildgebungsverfahren für die Prothesenauswahl beim kathetergestützten Aortenklappenersatz - Opus4
10. Anhang
   10.1.     Medikamentöse Therapieoptionen der Aortenstenose
   10.2.     Beurteilung des perioperativen Risikos anhand von Scores
   10.3.     Einteilung der Schweregrade der Aortenstenose
   10.4.     Darstellung der verwendeten Edwards Sapien XT-Prothese mit Sizing-
             Tabelle
11. Lebenslauf
Vergleich zweier Bildgebungsverfahren für die Prothesenauswahl beim kathetergestützten Aortenklappenersatz - Opus4
1

   1. Zusammenfassung

Hintergrund und Ziele
Zur Therapie der symptomatischen Aortenklappenstenose ist ein Klappenersatz
mittels der kathetergestützten Aortenklappenimplanatation (TAVI) zunehmend die
Therapie der Wahl. Für den Erfolg dieses Eingriffs ist eine genaue Vordiagnostik zur
möglichst exakten Ermittlung des Durchmessers der Aortenklappe essentiell, da
anhand dieser Messwerte die Größe der zu verwendenden Klappenprothese bestimmt
wird. Für diese Fragestellung werden zwei diagnostische Methoden eingesetzt, zum
einen   die   transösophageale   Echokardiographie     (TEE),   zum   anderen    die
Computertomographie (CT). In dieser Arbeit wurde der Einfluß der Verwendung beider
Methoden auf die klinischen Ergebnisse beim kathetergestützten Aortenklappenersatz
untersucht. Das Ziel dieser Untersuchung war festzustellen, ob der aktuelle
Goldstandard,    die    Untersuchung   mittels   der   Computertomographie,     der
transösophagealen Echokardiographie überlegen ist.

Methoden
Im Rahmen dieser retrospektiven Studie wurde ein Kollektiv von 200 Patienten in zwei
Gruppen unterteilt. Bei der ersten Gruppe mit 100 Patienten wurde die präoperative
Messung des Aortenanulus standardmäßig mittels einer TEE durchgeführt, bei der
zweiten Gruppe, ebenfalls mit 100 Patienten, mit der CT. Erhoben und mit Hilfe des
statistischen Programms SPSS® (IBM) miteinander verglichen wurden präoperative,
intraoperative sowie postoperative Parameter.

Ergebnisse und Beobachtungen
Die beiden Patientenkollektive hatten klinisch präoperativ eine vergleichbare
Ausgangslage, bis auf einen höheren logistischen Euroscore der Echo-Gruppe (Echo:
30,5 ± 13,7; CT: 22,1 ± 14,5) sowie eine höhere vorberechnete Mortalität der Echo-
Gruppe (STS-Score Echo: 8,3 ± 6,5%; CT: 6,3 ± 5,3%). Bei anatomisch fast identischer
Ausgangslage der Kollektive, ermittelt durch intraoperative Messung des minimalen
Anulusdurchmessers (Echo 22,9 ± 2,318mm, CT 23,0 ± 2,379 mm) war der bei der
präoperativen Diagnostik mittels TEE gemessene minimale Durchmesser der
Aortenklappe (22,9 ± 2,318 mm) signifikant größer als der mittels CT gemessene (21,4
Vergleich zweier Bildgebungsverfahren für die Prothesenauswahl beim kathetergestützten Aortenklappenersatz - Opus4
2

± 2,385 mm). Gleichzeitig war der mittels TEE gemessene Anulusdurchmesser (22,9
± 2,318 mm) signifikant geringer als der mittlere mittels CT gemessene Durchmesser
(24,1 ± 2,173 mm). Hieraus lässt sich die beobachtete Tendenz zu größeren
Aortenklappen bei der CT-Gruppe ableiten. Gleichzeitig konnten beim Vergleich der
klinischen Ergebnisse nur geringfügige Unterschiede zwischen den beiden Gruppen
beobachtet werden.

Schlussfolgerungen und Diskussion
Die vorliegende Arbeit wie auch viele andere Studien kommen zu dem Schluss, dass
die komplexe dreidimensionale anatomische Struktur des Aortenanulus, insbesondere
in Bezug auf dessen elliptische Form, besser mit der dreidimensionalen CT darstellbar
ist als mit der zweidimensionalen TEE. Ebenso wurde hier wie auch in anderen
Untersuchungen gezeigt, dass ein Sizing mittels CT zur Wahl größerer Aortenklappen
führt. Anders als in dieser Arbeit wurde in etlichen Studien mit vergleichbarer
Fragestellung nachgewiesen, dass ein auf einer CT basierendes Sizing insbesondere
weniger postprozedurale paravalvuläre Regurgitation bzw. Aortenklappeninsuffizienz
und bessere klinische Resultate zur Folge hat. Dies hat zu einer generellen Etablierung
der CT als Goldstandard geführt. Bei Kontraindikationen gegen eine CT könnten auch
Patienten mit einer TAVI versorgt werden, für welche das Imaging bzw. Sizing mittels
einer TEE durchgeführt wird. Generell profitieren Patienten von einer multimodalen
Bildgebung.

   2. Einleitung

   2.1 Hintergrund zur TAVI

Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems stehen laut Statistischem Bundesamt an
erster Stelle der Todesursachen. [1] Hierbei ist die Aortenklappenstenose das
häufigste Herzklappenvitium. [2] Zudem nimmt die Häufigkeit dieser Erkrankung des
hohen Lebensalters zu, sie korreliert mit der höheren Lebenserwartung in westlichen
Industrienationen. [3, 4, 5, 6, 7, 8] Die schwere symptomatische Aortenklappen-
stenose (s. Abb. 1, schematische Darstellung und Abb. 2, Präparat) ist eine bei älteren
Menschen verbreitete Erkrankung der Herzklappen [5, 6, 9] und kann unbehandelt
Vergleich zweier Bildgebungsverfahren für die Prothesenauswahl beim kathetergestützten Aortenklappenersatz - Opus4
3

rasch zum Tode führen: Sobald die Aortenklappenstenose symptomatisch wird, steigt
die Mortalität rasch an auf etwa 50% innerhalb von zwei Jahren. [10, 11, 12] Daher
kommt der Weiterentwicklung des Diagnostik- und Therapiestandards dieser
Erkrankung eine besondere Bedeutung zu: Die Prävalenz der Aortenklappenstenose
liegt für Patienten über dem 75. Lebensjahr bei etwa 2 - 5%. Mit einer wachsenden
älteren Bevölkerung wird die optimale Therapie der Aortenklappenstenose zu einem
wichtigen Anliegen in der globalen Gesundheitsversorgung. [5, 11]

Abb. 1 Schematische Darstellung einer schweren Aortenklappenstenose. Oben rechts abgebildet ist
eine gesunde Aortenklappe die sowohl vollständig öffnet als auch schließt. Eine stark stenosierte
Aortenklappe wie unten rechts abgebildet ist in ihrer Beweglichkeit stark eingeschränkt und kann sich
weder vollständig öffnen noch schließen. Links zu sehen ist in einem Längsschnitt des Herzens die
Lage der Aortenklappe zwischen dem linken Ventrikel und der Aorta ascendens.

Abb. 2 Darstellung der Aortenklappenstenose im Präparat: Leicht kalzifizierte Aortenklappe (links) und
stark stenosierte Aortenklappe (rechts); Der Pfeil zeigt auf die degenerativen Veränderungen.
Vergleich zweier Bildgebungsverfahren für die Prothesenauswahl beim kathetergestützten Aortenklappenersatz - Opus4
4

    2.1.1 Symptome der Aortenstenose

Die Öffnungsfläche der Aortenklappe (bei Erwachsenen normal ca. 2,6 – 3,5 cm2)
muss stark abnehmen (unter ca. 1,5 cm2), bevor es zu einer hämodynamischen
Auswirkung kommt.
Die Zunahme der Stenosierung variiert von Patient zu Patient, mit einer Zunahme des
transaortalen Druckgradienten von 0 bis 45 mmHg pro Jahr und einer Abnahme der
Öffnungsfläche der Aortenklappe von 0 bis 0,6 cm2 pro Jahr. [12]
Symptome       der   Aortenstenose   wie       Angina   pectoris,    kardiale    Dyspnoe,
Herzrhythmusstörungen und Zeichen der Herzinsuffizienz sind durch die myokardiale
Ischämie bedingt, die auch ohne Vorliegen einer koronaren Herzkrankheit durch das
zu geringe Sauerstoffangebot bei erhöhtem Sauerstoffbedarf zu erklären sind. Der
Ventildefekt erzeugt für den linken Ventrikel eine hohe Druckbelastung bzw. eine hohe
Nachlast, die kompensatorisch zu einer konzentrischen Linksherzhypertrophie führt
(nicht immer vorhanden). Hierdurch ist der linke Ventrikel zunächst in der Lage, den
Gradienten an der Klappe zu überwinden und das Herzzeitvolumen aufrecht zu
erhalten. Bei meist lange erhaltener systolischer Ventrikelfunktion kommt es primär
aber zu einer diastolischen Dysfunktion und dadurch schließlich zu einer
Lungenstauung aus der wiederum eine zunehmende Leistungsminderung und Luftnot
resultiert.
Der Anstieg der Muskelmasse des linken Ventrikels führt zu einer Verlängerung der
Diffusionsstrecken in den Kapillaren bei gleichzeitiger Abnahme des myokardialen
Perfusionsgradienten und der koronaren Flussreserve infolge der Abnahme des
diastolischen und mittleren Blutdrucks. Angina pectoris resultiert aus dem erhöhten
myokardialen     Sauerstoffbedarf    bei   Linkshypertrophie        auch      wenn   keine
Koronarstenosen vorliegen.
Das Symptom der belastungsinduzierten Synkope oder Schwindel ist durch eine
zerebrale     Minderperfusion   infolge    des     Unterschreitens      der     zerebralen
Autoregulationsschwelle unter Stressbedingungen zu erklären. Die klinische Situation
der Aortenstenose beim älteren Patienten ist in ca. 50% der Fälle durch die Koinzidenz
mit einer signifikanten koronaren Herzerkrankung charakterisiert. Ein plötzlicher
Herztod (bei körperlicher Belastung) tritt fast nur bei symptomatischen Patienten auf.
[13, 14]
Vergleich zweier Bildgebungsverfahren für die Prothesenauswahl beim kathetergestützten Aortenklappenersatz - Opus4
5

   2.1.2 Operationsrisiken und Komorbiditäten

Mit zunehmendem Alter der Patienten steigt das Risiko eines klassischen
herzchirurgischen Eingriffes, der unter Verwendung eines extrakorporalen Kreislaufs
über Jahrzehnte der weltweit anerkannte therapeutische Goldstandard bei schweren
Aortenklappenerkrankungen war. [8] Dies liegt an der Verbindung von höherem
Lebensalter und einer (dadurch mit bedingten) Zunahme von Komorbiditäten.
Insbesondere Hochrisiko-Patienten haben oft signifikante Komorbiditäten wie eine
koronare Herzerkrankung, Herzinsuffizienz mit reduzierter linksventrikulärer Funktion,
Niereninsuffizienz, Lungen- oder Lebererkrankungen, cerebrovaskuläre Erkrankungen
oder Schlaganfall, durch Strahlentherapie bedingte Schäden des Brustbereichs und
insbesondere auch Gebrechlichkeit, die ihre Überlebenschancen limitieren [11, 15]
(vgl. auch mit Kap. 3.2 „Berechnete Scores“ - die Einschätzung des individuellen
Operationsrisikos anhand von Scores). Auch Deformitäten des Brustkorbs und eine
Porzellanaorta können das operative Risiko erhöhen. [15] Dies führt zu einem Anstieg
der perioperativen Morbidität und Letalität. Hieraus ergibt sich für die Therapie der
Aortenklappenstenose die Bedeutung des weniger invasiven Behandlungsansatzes
der TAVI, zumal es keine medikamentöse Prophylaxe- oder Behandlungsoption gibt,
welche die Prognose der schweren Aortenklappenstenose günstig zu beeinflussen
vermag. [2, 6, 13, 14, 16, 17] Daher empfiehlt die Leitlinie der AHA/ACC zu
Erkrankungen der Herzklappen, dass die meisten Patienten mit linksventrikulärer
systolischer Dysfunktion und schweren Herzklappenerkrankungen einer Intervention
an der Klappe selbst unterzogen werden sollten (vgl. Anhang Kap. 11.1
Medikamentöse Therapieoptionen). [14, 18]
Für die Patienten mit hohem Operationsrisiko (vgl. Kap. 3.2) ist es wichtig, eine
schonendere Therapiemöglichkeit wie die TAVI zu haben, da hier keine Sternotomie
und keine Herz-Lungen-Maschine notwendig sind.
Die Inzidenz tiefer Sternuminfektionen nach herzchirurgischen Eingriffen wird in der
Literatur zwischen 0,25 % und 7 % angegeben. Diese Komplikation mit konsekutiver
Sternumdehiszenz und/oder begleitender Mediastinitis stellt einen schwerwiegenden
Faktor für Morbidität und Mortalität im Rahmen herzchirurgischer Eingriffe dar.
Sternuminfektionen, die mit einer begleitenden Mediastinitis verbunden sind, können
trotz Ergreifen aller möglichen therapeutischen Optionen zu einer Letalität bis zu über
50% führen. Unterschiedliche zahlreiche pro- und retrospektive Studien konnten
verschiedene unabhängige Prädiktoren für eine gestörte sternale Wundheilung nach
6

konventioneller    medianer     Sternotomie       identifizieren.   Zu   den   präoperativen
Risikofaktoren gehören neben dem Alter des Patienten typische Komorbiditäten:
Diabetes mellitus, Adipositas, chronisch obstruktive Lungenerkrankungen und
chronische Niereninsuffizienz. [19]
Hinzu kommen teilweise chronifizierende postoperative Schmerzen, insbesondere
nach Wundheilungsstörungen.
Auch der kardiopulmonale Bypass kann Ausgangspunkt für systemische und
organspezifische     Komplikationen     sein.      Typische     Organkomplikationen     sind
Herzinsuffizienz, renale und pulmonale Dysfunktionen, Gerinnungsalterationen sowie
neurologische und kognitive Einschränkungen. Die immunologische Reaktion auf die
extrakorporale Zirkulation (EKZ) löst eine systemische Inflammation aus, welche sogar
(wenn exazerbiert) die Definitionskriterien eines „systemic inflammatory response
syndrome“ (SIRS) erfüllt. Die wesentlichen Ursachen hierfür sind der Kontakt des Bluts
zur künstlichen Oberfläche der Herz-Lungen-Maschine (HLM), der mechanische
Stress, der auf die Blutbestandteile einwirkt, die Folgen der Ischämie/Reperfusion und
das beträchtliche operative Trauma. [20, 21] Diese Faktoren sind um so
schwerwiegender je älter die Patienten sind bzw. je mehr Vorerkrankungen sie haben.
Generell besteht bei geriatrietypischer Multimorbidität und/oder einem Alter über 80
Jahren eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber Komplikationen, Folgeerkrankungen und
Chronifizierung von Krankheiten. [14] Das Langzeit-Outcome nach TAVI wird zu einem
großen Teil von Komorbiditäten neben der Aortenklappenstenose bestimmt. [22]
Für die Patientengruppe, die aufgrund von Vorerkrankungen als inoperabel bzw. als
sehr gefährdet erachtet werden, stellt die TAVI eine alternative Therapie zur
Verminderung von Symptomen und einer Lebensverlängerung dar. [11, 23]

   2.1.3 Historische Entwicklung von TAVI und deren Indikationsstellung anhand
           wegweisender Studien

2002 wurde der Eingriff einer TAVI erstmalig von Alain Cribier et al. durchgeführt und
publiziert. [5, 23, 24, 25] Seitdem nimmt die Anzahl an durchgeführten TAVI-Eingriffen
rasch zu. [26] Das Verfahren hat sich von einer Prozedur, die initial nur inoperablen
Patienten im Sinne einer palliativen therapeutischen Option vorbehalten war, zu einem
standardisierten Eingriff entwickelt. [4, 8, 27]
7

So zeigte schon 2010 die PARTNER 1B-Studie [28] bei inoperablen Patienten einen
signifikanten Überlebensvorteil von TAVI gegenüber konservativem Vorgehen, was
dazu führte dass die US Food & Drug Administration (FDA) TAVI zuließ. [10] 2011
belegte die PARTNER 1A-Studie [29] bereits, dass die TAVI dem AKE (chirurgischem
Aortenklappenersatz) bezogen auf Hochrisikopatienten (STS-Score > 8 %) nicht
unterlegen bzw. hinsichtlich harter klinischer Endpunkte mindestens ebenbürtig ist.
[30]
2012 wurde die TAVI von der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) und
der Europäischen Herzchirurgischen Gesellschaft (EACTS) in die Leitlinie zur
Diagnostik und Therapie von Herzklappenerkrankungen aufgenommen. [2, 29, 30, 31]
Dabei wurde diese Leitlinie von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) und
der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) für
Deutschland anerkannt. [30] 2016 wurde das Positionspapier der DGK von 2015 [32]
nach Veröffentlichung von Daten randomisierter Studien (s. u.) bereits aktualisiert: Die
neueren Ergebnisse zugunsten der TAVI bestätigen den Einfluss der schnellen
technischen Entwicklung mit Miniaturisierung der Klappenprothesen, der steigenden
Anzahl an TAVI-Prozeduren sowie der zunehmenden Erfahrung der TAVI-Operateure,
vor allem im Hinblick auf die Indikationsstellung für Patienten mit intermediärem Risiko.
[4, 30]
Zu den oben erwähnten randomisierten Therapievergleichsstudien zur TAVI bei
hochgradiger bzw. symptomatischer Aortenklappenstenose gehört auch die U.S.
CoreValve High Risk Study (2014). [33] Bei Patienten, die laut Protokoll einer
Hochrisikogruppe mit einer geschätzten operativen 30-Tage-Sterblichkeit von 15%
angehören sollten, aber im Mittel nach Randomisierung nur einen STS-Score von
7,3% bzw. 7,5% hatten und damit eher einer mittleren Risikogruppe angehörten, zeigte
sich erstmals eine Überlegenheit der TAVI gegenüber der AKE im Hinblick auf das 1-
Jahres-Überleben. [30, 33]
Es kam zu einem weltweiten Trend, u. a. bedingt durch die o. g. zunehmende
Erfahrung der Operateure und den Einsatz von Prothesensystemen der 2. Generation,
eine TAVI auch bei Patienten mit mittlerem oder niedrigem Risiko einzusetzen. [34,
35, 36, 37, 38] Dieser Trend wurde in kleineren Beobachtungsstudien evaluiert, aber
nachdem die meisten für die Herzchirurgie empfohlenen Patienten ein mittleres und
niedriges Risiko haben verlangte diese Erweiterung des Einsatzgebietes von TAVI
nach einer präzisen Validierung durch klinische Studien. [34] So wurden in die
8

prospektive, multizentrische, randomisierte und 2016 veröffentlichte PARTNER 2
cohort A-Studie [34] 2032 Patienten mit intermediärem Risiko aufgenommen. Im
Ergebnis war bezüglich des primären Endpunktes (Tod jeglicher Ursache oder
schwerer Schlaganfall) die TAVI gleichwertig zum chirurgischen AKE und bei
transfemoralem Vorgehen der AKE überlegen. [30, 34] In der deutlich kleineren
randomisierten und 2015 veröffentlichten NOTION-Studie [38] mit 280 Patienten
hatten 81,8% ein niedriges Operationsrisiko. Nach einem Jahr zeigte der kombinierte
Endpunkt aus Gesamtsterblichkeit, Schlaganfall oder Herzinfarkt keine statistisch
signifikanten Unterschiede (die Sterblichkeit in der TAVI-Gruppe war tendenziell
niedriger). Auch im 2-Jahres-Follow-up der NOTION-Studie 2016 [39] wurden diese
Ergebnisse bestätigt, so dass die Ergebnisse den Autoren zufolge auf TAVI als
vernünftige Option zur AKE hindeuten. Im selben Jahr veröffentlicht wurden die
Ergebnisse des prospektiven, multizentrischen, nicht randomisierten Registers Partner
2 Sapien 3 aus dem PARTNER -2- Studienprogramm [40], in welchem die Implantation
einer ballonexpandierbaren Klappe der neuesten Generation (Sapien S3) bei
Patienten mit intermediärem Risiko untersucht wurde. Die Resultate zeigen bzgl. des
primären Endpunktes (Tod, Schlaganfall, moderate bzw. schwere Klappeninsuffizienz)
eine signifikante Überlegenheit der transfemoralen TAVI gegenüber der AKE auch bei
Patienten mit intermediärem Risiko. [30, 40]
Eine wichtige Bedeutung kommt auch den Langzeitbeobachtungen zu. So zeigte sich
für die PARTNER 1B-Studie für das inoperable Patientenkollektiv im 2-Jahres Follow-
up [41] wie auch im 3-Jahres Follow-up [9] und schließlich im 5-Jahres Follow-up [10]
jeweils eine deutliche Überlegenheit von TAVI gegenüber der Standardtherapie. Die
aus der PARTNER 1A-Studie ermittelte Sterblichkeit war für Hochrisiko-Patienten
nach TAVI oder nach AKE nach 1, 2, 3 sowie nach 5 Jahren (veröffentlicht 2016) nicht
unterschiedlich, nur die Rate an moderaten/schweren paravalvulären Insuffizienzen
war nach TAVI signifikant höher als nach AKE und gleichzeitig war bei den betroffenen
Patienten die 5-Jahres-Sterblichkeit höher als bei TAVI-Patienten mit keiner bzw.
milder Insuffizienz. [42] Im selben Jahr veröffentlicht wurden die 3-Jahres-Ergebnisse
der CoreValve US Pivotal Trial High Risk Study, die eine signifikante Überlegenheit
der TAVI (bei Hochrisiko-Patienten) im Vergleich zur AKE hinsichtlich des
kombinierten Endpunktes Sterblichkeit oder Schlaganfall belegen, obwohl nach TAVI
eine größere Klappenöffnungsfläche und häufiger bedeutsame Insuffizienzen
beobachtet wurden. [30, 43]
9

In Deutschland werden mandatorisch alle chirurgischen und kathetergestützen
Aortenklappeneingriffe in Qualitätssicherungsregistern Aortenklappenersatz (Institut
für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen, AQUA-
Register, Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen,
IQTIG) und dem Deutschen Aortenklappenregister (German Aortic Valve Registry,
GARY, einem prospektiven Register), erfasst. Die Daten belegen die schnelle klinische
Entwicklung der TAVI. Die Daten des US Klappenregisters STS/ACCTVT ähneln den
deutschen Daten, obwohl dort nicht alle TAVI-Prozeduren erfasst werden. [8, 30]
2016     wurde     die   Analyse      der   Zahlen         des   AQUA-Registers          (Deutsches
Qualitätssicherungsregister Aortenklappenersatz) von 2013 veröffentlicht. In die
Analyse einbezogen wurden alle in diesem Jahr in Deutschland an der Aortenklappe
behandelten Patienten, sowohl chirurgisch als auch mit TAVI. Es wurde gezeigt, dass
sich die Mortalität im Krankenhaus bei Patienten mit niedrigem Operationsrisiko bei
TAVI und AKE nicht unterschied, bei allen anderen Risikogruppen jedoch signifikant
höher für die AKE war. Innerhalb der TAVI-Gruppe war die Mortalität der über einen
transapikalen Zugang therapierten Patienten in allen Risikogruppen signifikant höher
als bei den über einen transvasalen Zugang Behandelten. [44]
2018 wurde von der DGK und DGTHG ein Kommentar zu den Leitlinien (2017) der
ESC/EACTS zum Management von Herzklappenerkrankungen veröffentlicht. Er
fokussiert zusätzliche Hintergrundinformationen und detaillierte Grundlagen vor allem
im Hinblick auf die Empfehlungen zu Evaluierung und Behandlung von Patienten mit
Herzklappenfehlern. [45]
Ebenfalls    2017    veröffentlicht     wurde       die     SURTAVI-Studie,        die   auch   die
Nichtunterlegenheit von TAVI für Patienten mit schwerer Aortenklappenstenose und
intermediärem Risiko gegenüber AKE zeigte. [46]
Bei der Jahrestagung des American College of Cardiology (ACC) im März 2019
wurden      zwei   randomisierte      Studien   vorgestellt,      die   beide      den   bisherigen
Goldstandard,      Patienten   mit     niedrigem          Operationsrisiko   mit    chirurgischem
Aortenklappenersatz zu versorgen, hinterfragen. [47] Für die Evolut Low Risk Trial
Studie wurde nach der 12-Monats-Nachuntersuchung die Nicht-Unterlegenheit von
TAVI bezüglich des primären Endpunktes (Tod oder Schlaganfall mit verbleibender
Funktionseinschränkung) nach 24 Monaten nachgewiesen. [47, 48] Auch in der
PARTNER 3-Studie wurden Niedrigrisiko-Patienten zur AKE oder transfemoraler TAVI
randomisiert. Sowohl die Nichtunterlegenheit als auch die Überlegenheit der TAVI
10

bezüglich des primären Endpunktes (als Kombination aus Tod, Schlaganfall oder
Rehospitalisierung nach einem Jahr) konnten statistisch signifikant nachgewiesen
werden. Interessanterweise lag die Zahl der Schlaganfälle bei TAVI-Patienten mit
1,2% um fast zwei Drittel niedriger als nach AKE mit 3,1%. Auch erholten sich die
Patienten nach TAVI signifikant schneller, wie anhand verschiedener Parameter zur
Erfassung des klinischen Bildes und der Lebensqualität gezeigt werden konnte. [47,
49]
Einige der genannten Studien wurden durch die Hersteller der verwendeten Klappen
finanziert. Vor diesem Hintergrund kam es zur Bestrebung, die Datenlage vor einer
breiten klinischen Ausweitung der TAVI-Prozedur auf den intermediären und
niedrigen      Risikobereich    weiter    zu    verstärken.     Dies       sollte     durch
herstellerübergreifende „All-comer“-Studien geschaffen werden. Seit Juni 2017
werden im Rahmen der Studie Randomized, Observer-Blinded, Multi-Center, Event-
Driven Trial of TAVI versus SAVR in Patients with Symptomatic Severe Aortic Valve
Stenosis and Intermediate Risk of Mortality, as assessed by STS-Score (DEDICATE)
an 32 deutschen Zentren Patienten mit einem niedrigen Risikoprofil für den
chirurgischen AKE bzw. für eine TAVI bei hochgradiger AS randomisiert. Die Studie
ist unabhängig finanziert. Die Klappenwahl obliegt dem Implanteur und lässt alle in
Deutschland eingesetzten TAVI-Systeme zu, mit einer Zielpatientenzahl von
150/Gruppe und dem primären Endpunkt Tod jeglicher Ursache nach 5 Jahren,
sowie den sekundären Endpunkten Überleben und „major adverse cardiac and
cerebrovascular events“ (MACCE) nach 30 Tagen, 12 Monaten und 5 Jahren. [50,
51]

      2.1.4 Überblick über die technischen Fortschritte bei TAVI

Seit der ersten kathetergestützten Aortenklappenimplantation ist die Intervention einer
enormen technischen und prozeduralen Entwicklung unterworfen. Die zunehmende
prozedurale Sicherheit und klinische Effektivität der TAVI sind einerseits durch
Verbesserungen peri-interventioneller Aspekte, wie Planung mittels TEE und MSCT,
anästhesiologisches Management, Patientenauswahl und der Operateurserfahrung
gekennzeichnet. Andererseits wurden entscheidende Fortschritte im Bereich der
verfügbaren        Transkatheterherzklappensysteme       erzielt.        Kathetergestützte
Bioprothesen     wurden    in   den   vergangenen   Jahren    v.    a.    bezüglich    ihrer
11

anulusabdichtenden Eigenschaften, ihres Profils (Stent-Höhe, Protrusion in den
linksventrikulären Ausflusstrakt) sowie ihrer Bedienerfreundlichkeit verbessert. Diese
Maßnahmen            erzielten,   insbesondere           mit    Einführung     der       Zweit-   und
Drittgenerationsklappen, entscheidende Reduktionen im Bereich der Raten von
signifikanten postinterventionellen paravalvulären Leckagen, Implantationen von
permanenten          Schrittmachern      aufgrund         höhergradiger   Reizleitungsstörungen,
Schlaganfällen und möglichen letalen Komplikationen wie Anulusrupturen oder
Okklusion von Koronararterien. Zusätzlich konnten entscheidende Fortschritte im
Bereich der „Delivery“-Systeme erzielt werden. Die Einführkatheter wurden im
Diameter von ursprünglich 24-25F (French) auf mittlerweile 14-18F reduziert (1 French
= 1 Charrière = 1/3mm). Dies führte konsekutiv zu einer deutlichen Abnahme
zugangswegassoziierter Komplikationen wie Blutungen und Wundinfektionen. [50]
Zusammenfassend              gesagt   wird    kontinuierlich     an   einer    Verbesserung       der
Arbeitstechniken und der künstlichen Klappen gearbeitet – und nicht zuletzt an der
Optimierung der umfangreichen präinterventionellen Diagnostik und Bildgebung,
welche        eine      Voraussetzung         für        eine   erfolgreiche         kathetergestützte
Klappenimplantation ist. [32].

          2.1.5. Leitlinie zur Bildgebung bei TAVI

Die wachsende Datenlage bedingte 2017 eine Anpassung der Leitlinien der
ESC/EACTS, vor allem im Hinblick auf die Erweiterung der Indikation der TAVI auf ein
Patientenkollektiv mit erhöhtem (sowohl intermediärem wie hohem) Operationsrisiko.
[6, 47]
Was die Standardverwendung von TTE, TEE und CT anbelangt, ist diesen Leitlinien
zufolge die Echokardiografie die Schlüsseltechnik sowohl um die Diagnose einer
Herzklappenerkrankung zu bestätigen als auch um den Schweregrad der
Aortenklappenstenose, die linksventrikuläre Funktion, die Wanddicke und die
Prognose zu beurteilen. Sie detektiert auch das Vorhandensein anderer assoziierter
Pathologien der Klappen oder der Aorta. Dabei sollte die Transösophageale
Echokardiografie        in    Erwägung       gezogen       werden,    wenn     die     Transthorakale
Echokardiografie von suboptimaler Qualität ist, oder wenn ein Verdacht auf
Thrombose, Dysfunktion einer Klappenprothese oder eine Endokarditis besteht. Sie
hat für das Assessment vor und nach TAVI an Bedeutung gewonnen. Die
12

intraprozeduale   TEE    wird     gebraucht       um   perkutane     mitrale   und   aortale
Klappeninterventionen zu führen und um die Ergebnisse aller chirurgischen
Klappenoperationen      und     perkutanen    Interventionen       bzw.   Reparaturen    zu
überwachen. Die MSCT spielt eine wichtige Rolle in der Voruntersuchungsphase von
Patienten mit Herzklappenerkrankungen, für die eine Transkatheterintervention und
insbesondere eine TAVI in Erwägung gezogen wird und liefert für die präprozedurale
Planung weitere wertvolle Informationen über die Dimensionen und Geometrie der
Aortenwurzel und Aorta ascendens und das Ausmaß der Verkalkung. Dabei ist die
MSCT die bevorzugte Bildgebung um die Anatomie der Aortenwurzel, Größe und Form
des Aortenklappenanulus, dessen Abstand zu den Koronarostien, die Verteilung der
Kalzifikation und die Anzahl der Aortenklappensegel zu beurteilen. Weiterhin ist die
MSCT laut Leitlinie essentiell um die Durchführbarkeit der verschiedenen
Zugangswege zu evaluieren, da sie Informationen zum minimalen luminalen
Durchmesser, zur Belastung mit atherosklerotischen Plaques (Ausmaß der
Gefäßverkalkung), zum Vorhandensein von Aneurysmen oder Thromben, zur
Tortuosität (bzw. „kinking“) der Gefäße und zur Anatomie des Thorax und
linksventrikulären Apex liefert. Die dreidimensionale TEE kann der Leitlinie zufolge
genutzt werden um die Dimensionen des Aortenanulus zu bestimmen. Sie bleibt aber
mehr vom Untersucher und der Qualität der Bildgebung abhängig als die MSCT. Die
TEE ist jedoch ein wichtiges Instrument für das Monitoring der Prozedur und der
Evaluation der Ergebnisse, insbesondere wenn Komplikationen auftreten. [6, 24]

   2.2 Ablauf einer kathetergestützten Aortenklappenimplantation (TAVI)

Die TAVI kann über verschiedene Zugangswege durchgeführt werden. Am häufigsten
erfolgt sie über den transfemoralen (ca. 90%) und seltener über den transapikalen
Zugang. Auch eine Implantation über einen aortalen Zugang („direct aortic“) ist
möglich, vorgenommen entweder über eine parasternale Minithorakotomie oder über
eine partielle obere Sternotomie über die A. subclavia oder die A. carotis communis
(transkarotischer Zugangsweg, der wie auch der transcavale Zugang sehr selten
durchgeführt wird). Des weiteren gibt es noch die Möglichkeit eines transaxillären
Zugangsweges. Die richtige Wahl des Zugangs bildet den Grundstein einer
erfolgreichen Prozedur und ist entscheidend für die Prognose des Patienten. [52]
13

Für die Evaluation des für den jeweiligen Patienten besten Zugangsweges ist die CT
die Methode der Wahl zur umfassenden Beurteilung der peripheren Zugangswege
einschließlich der Aorta. Für die Wahl des Zugangsweges ist entscheidend, wie die
Beschaffenheit der Arteria femoralis, der Aorta descendens und des Aortenbogens ist.
Hierbei wird im gesamten Gefäßverlauf auf ausreichende Durchmesser sowie
pathologische Veränderungen geachtet. Bei zu kleinen, deutlich verkalkten, zu stark
kurvig verlaufenden (Tortuosität bzw. „Kinking“) oder aneurysmatisch erweiterten
Beckengefäßen bzw. der Aorta wird ebenso wie bei Vorhandensein von Thromben,
Stenosen oder Zeichen einer Porzellanaorta (allesamt Risikofaktoren) der Zugang
über die Herzspitze (transapikal) oder seltener transaortal gewählt, um das Auftreten
von   prozedurbedingten      Gefäßkomplikationen      wie   Rupturen,     Perforationen,
Dissektionen oder Verschlüssen der Leisten-, Beckengefäße oder der Aorta zu
minimieren. Insgesamt jedoch sind die Kontraindikationen gegen einen transfemoralen
Zugang eher selten. [16, 24, 53]
Wenn der Zugang über die Leistengefäße ohne ein erhöhtes Risiko für
Gefäßverletzungen möglich erscheint, erfolgt primär ein transfemorales retrogrades
Vorgehen, da dies der am wenigsten invasive Implantationsweg ist. [16]
Die Durchführung einer TAVI kann kontraindiziert sein bei Patienten mit einer
Unverträglichkeit von Antikoagulantien bzw. Thrombozytenaggregationshemmern, bei
einer aktiven bakteriellen Endokarditis oder anderen aktiven Entzündungen. Für
Patienten mit einem Risiko für eine Infektion der Klappen oder einer Endokarditis
empfiehlt sich eine antibiotische Prophylaxe nach dem Eingriff.

      2.2.1 Durchführung einer transfemoralen TAVI

Die transfemorale Aortenklappenimplantation kann sowohl nach chirurgischer
Freilegung der A. femoralis als auch komplett perkutan durchgeführt werden. Bei
perkutanem Vorgehen wird üblicherweise von der kontralateralen Seite das Gefäß
durch Kontrastmittelapplikation visualisiert. So lässt sich eine sichere Punktion in Höhe
des Femurkopfes und unterhalb des Leistenbands gewährleisten. Anschließend wird
ein Nahtverschlusssystem eingebracht, das den Verschluss der arteriellen
Punktionsstelle nach Beendigung der Prozedur sicherstellen soll. Alternativ kann der
Zugang auch über eine chirurgische Freilegung der A. femoralis mit Anlage einer
Tabaksbeutelnaht erfolgen. Im Anschluss sollte über die kontralaterale Seite ein
14

venöser Zugang gelegt und ein Führungsdraht im rechten Vorhof platziert werden.
Diese „safety line“ ermöglicht im Falle schwerwiegender Komplikationen und der
Notwendigkeit einer extrakorporalen Zirkulation einen sicheren und v. a. schnellen
Zugang für die Kanülen der Herz-Lungen-Maschine.
Als nächstes wird nach Sondierung der verbliebenen Öffnung der stenosierten
Aortenklappe ein Pigtail-Katheter in die Aortenwurzel eingelegt. Durch die
Stenosierung und Verkalkung kann die Sondierung etwas erschwert sein. Daraufhin
wird der Draht im Ventrikel gegen einen besonders steifen Führungsdraht
ausgetauscht, der einen sicheren Zugang von der Leiste bis über die erkrankte
Aortenklappe gewährleistet. Über den Draht kann eine großkalibrige Schleuse in die
A. femoralis eingebracht und über die Aortenbifurkation bis in die Aorta descendens
vorgeschoben werden.
Im nächsten Schritt muss im Falle der ballonexpandierbaren Edwards-SAPIEN-
Prothese die optimale Implantationsebene gefunden werden. Diese ist durch einen
perpendikularen Blick auf den Aortenanulus definiert bei gleichzeitig sichtbaren
Abgängen der Koronarien. Häufig ist eine leicht linkskraniale Angulation der
Röntgenanlage eine gute Ausgangsposition. Die präinterventionelle CT gibt ebenso
wie die während des Eingriffs durchgeführte Bildgebung Hinweise auf die geeignete
Implantationsebene.
Die sich anschließende Ballonvalvuloplastie dient dazu, Verkalkungen zu lösen und
Raum für die folgende Klappenimplantation zu schaffen. Die Valvuloplastie wird
gewöhnlich durchgeführt, während ein zuvor venös eingebrachter temporärer
Schrittmacher für eine kurze Phase der tachykarden Stimulation („rapid pacing“) sorgt.
Diese führt zu einer Reduktion des systolischen Schlagvolumens und ermöglicht so
eine stabile Lage des Valvuloplastieballons. Bei sehr geringer Verkalkung der Klappe
oder bei Behandlung der reinen Aortenklappeninsuffizienz kann auf die Valvuloplastie
in Einzelfällen verzichtet werden.
Die Platzierung der Klappenprothese erfolgt in der zuvor evaluierten optimalen
Implantationsebene. Zur Überprüfung können die Fluoroskopie und die TEE
eingesetzt werden. Bei der ballonexpandierbaren Edwars-SAPIEN-Prothese erfolgt
die   Implantation    während        einer   erneuten   kurzen   Phase    tachykarder
Schrittmacherstimulation (>180/min) mit zeitgleicher Gabe von Kontrastmittel (Abb. 3).
Bei der Implantation der Klappenprothese wird diese durch Verdrängung der
ursprünglichen Aortenklappen in Richtung der Aortenwand im Aortenanulus verankert.
15

Abb. 3 Transkatheter Aortenklappenimplantation: Implantation der Aortenklappenklappenprothese.
Nach Positionierung der Prothese in der Aortenklappe wird der Ballon während rapid pacing expandiert
und die Prothese implantiert. Das Implantationssystem wird dargestellt nach retrograder Passage durch
die Aorta entlang eines Führungsdrahtes, kommend von der Punktionsstelle in der Femoralarterie. Vor
der Expansion des Ballons befindet sich dieser zusammengefaltet auf dem schwarz dargestellten
Katheter und wird durch die blaue Katheterschleuse geführt. Nach Ausdehnung des Ballons wird die
verkalkte Aortenklappe (rechts oben) ersetzt durch die expandierte Aortenklappenprotheses (rechts
unten).

Bei selbstimplantierbaren Klappen wie einer CoreValve-Prothese kann die
Implantation am normal schlagenden Herzen durch schrittweise Freisetzung erfolgen.
Sollten nach der Implantation in der abschließenden Aortographie oder TEE noch
residuelle paravalvuläre Leckagen vorhanden sein, können diese durch eine erneute
Valvuloplastie behandelt werden.
Im Anschluss muss die transfemorale Schleuse entfernt und die arterielle
Punktionsstelle verschlossen werden. Im Falle einer chirurgischen Freilegung gelingt
16

dies     durch     die     vorgelegte      Tabaksbeutelnaht.         Bei    Verwendung           der
Nahtverschlusssysteme wird mit den vorgelegten Fäden ein spezieller Knoten
vorsichtig bis zur Arterie geführt, um so einen sicheren Verschluss zu gewährleisten.
Da insbesondere bei selbstexpandierbaren Klappenprothesen die Gefahr einer
atrioventrikulären Blockierung besteht, wird der temporäre Schrittmacher für einige
Tage belassen. [15, 16]

         2.2.2 Durchführung einer transapikalen TAVI

Die Implantation einer Klappenprothese direkt über die Spitze des linken Ventrikels
(Apex)       ist     der      antegrade         Zugangsweg          zur      kathetergestützten
Aortenklappenimplantation.         Die     transapikale     TAVI     wird        üblicherweise    in
Intubationsnarkose         durchgeführt.       Nach       anterolateraler         Minithorakotomie
üblicherweise im fünften oder ggf. im sechsten Interkostalraum wird das Perikard längs
eröffnet und mithilfe von Haltenähten fixiert (Abb. 4 rechts).

Abb. 4 Transapikale TAVI: Zugangsweg. Rechts schematisch die Lokalisation der Minithorakotomie,
hier im 5. ICR; links Eröffnung des Perikards und Anlage der Tabaksbeutelnähte

Zunächst erfolgt die Anlage von zwei filzunterstützten Tabaksbeutelnähten sowie einer
epikardialen Schrittmacherelektrode (Abb. 4 links). Im nächsten Schritt wird die
optimale orthogonale Projektionsebene mittels Fluoroskopie ermittelt. Nach apikaler
Punktion wird zunächst ein arterieller Führungsdraht, danach eine Schleuse antegrad
über die Aortenklappe bis in die Aorta desendens vorgebracht.
17

Abb. 5 Transapikale TAVI: Positionierung des Führungsdrahtes

Im Anschluss wird ein extrasteifer arterieller Draht eingewechselt und eine
Ballonvalvuloplastie      durchgeführt.     Dies      geschieht   analog   zu   der   bei   der
transfemoralen TAVI beschriebenen Methode mit „rapid pacing“.

Abb. 6 Transapikale TAVI: Ballonvalvuloplastie

Dann wird die Klappenprothese unter Durchleuchtung subkoronar und intraanulär
positioniert.   Die Implantation wird schrittweise und je nach Prothesentyp unter
tachykarder Schrittmacherstimulation durchgeführt.
18

Abb. 7 Transapikale TAVI: Positionierung der Edwards SAPIEN Transkatheter Herzklappenprothese im
Aortenanulus

Nach erfolgter Implantation wird die Position und Funktion der Klappe mittels TEE
und/oder Aortographie beurteilt. Sollte die Position nicht optimal sein, kann als
Notfallvariante durch die Implantation einer zweiten Klappe ein gutes Ergebnis erzielt
werden. Dabei wird in aller Regel die zweite Klappe in die zuerst implantierte Klappe
gesetzt, um eine initial zu hohe oder zu tiefe Position mit der zweiten Klappe
auszugleichen.
Die Schleuse wird entfernt und der Apex durch Knoten der Tabaksbeutelnähte
verschlossen. Nach Einlage einer Thoraxdrainage erfolgt der Wundverschluss. Die
Mehrheit der Patienten kann unmittelbar nach der Operation extubiert werden. [10, 43]

        2.3 Imaging für TAVI und Bedeutung der richtigen Prothesenauswahl

Die Bildgebung ist für die TAVI von größter Bedeutung, sogar von noch größerer
Bedeutung als bei der AKE. Verschiedene Imaging-Modalitäten sind hier nicht nur zur
Diagnostik, Indikationsstellung, und OP-Planung erforderlich (TTE, TEE, CT). Anders
als bei einem offenen operativen Eingriff wird hier zusätzlich die gesamte Intervention
anhand von Bildgebung durchgeführt und überwacht (Fluoroskopie/Aortographie,
TEE).    Eine direkte Größenbestimmung der Aortenklappe vor Ort ist bei einem
kathetergeführten Eingriff nicht möglich. Diese ist nicht nur entscheidend für die
Patientenselektion, sondern ein genaues und sorgfältiges „Sizing“ ist vor allen Dingen
19

auch essentiell für eine korrekte Größenbestimmung der Aortenklappe bzw. des
Aortenanulus und entsprechend der Auswahl einer passenden Prothesengröße.
Infolgedessen führt eine Größenüberschätzung des Anulus zur Wahl einer zu großen
Prothese und kann in Folge durch die Implantation die äußerst gravierende
Komplikation einer Ruptur im Bereich der Prothesenimplantationszone (sog.
Anulusruptur), die meist letal endet, verursachen. Dies kann bedingt sein durch einen
zu großen Durchmesser der Prothese bzw. des Ballons bei der Ballonvalvuloplastie
(vgl. Abb. 6) in Bezug auf die Aortenklappe, oder durch mechanische Kompression
(durch Kalzifikation [55, 56]) vulnerabler Anteile des Aortenanulus. Dadurch kann es
zu einer Sprengung des Aortenanulus kommen, die i. d. R. zu einer massiven Blutung
führt, und u. U. zu einem hämodynamischen Kollaps in Folge einer Herztamponade
(insbesondere wenn durch die Ruptur auch Herzmuskelgewebe betroffen ist). [57, 58]
Eine    Aortenklappenruptur      erfordert    eine    Konversion    mit    Sternotomie,
kardiopulmonalem       Bypass,    chirurgischer      Hämostase     und    chirurgischem
Aortenklappenersatz. [55, 56, 59, 60]
Bei zu starkem Oversizing kann eine zu große Klappenprothese ggf. nur unvollständig
expandieren. Eine weitere Gefahr ist eine Okklusion der Koronarostien. [15, 60, 61]
Währenddessen kann aus einer Größenunterschätzung (und daraus folgendem
unzureichenden Oversizing) das Verrutschen der Klappe, eine (wenn auch seltene)
Klappenembolisation oder eine (weitaus relevantere) paravalvuläre Insuffizienz
resultieren (Abb. 8). [60]
Eine Klappenembolisation oder eine Migration der Prothese in die Aorta ascendens
kann in der Regel mit einer Valve-in-Valve-Implantation korrigiert werden. Eine
Dislokation in den linken Ventrikel oder in den linksventrikulären Ausflusstrakt
hingegen muss mit einer Konversion zu chirurgischem Klappenersatz behandelt
werden. [60]
Der Schweregrad einer verbleibenden paravalvulären Insuffizienz nach der
Implantation ist ein entscheidender prognostischer Parameter bezogen auf die
Mortalität sowohl postoperativ als auch in den Jahren nach der Intervention. Eine
leichte bis moderate paravalvuläre Regurgitation wird in der Regel gut toleriert. Eine
klinisch relevante Hämolyse wird nicht beobachtet, die Prognose wird nicht negativ
beeinflusst. Hingegen kann eine moderate bis schwere Insuffizienz, die bei 5 – 25 %
der Patienten nach TAVI auftritt, hämodynamisch signifikant sein: Typischerweise ist
das erste Anzeichen hierfür ein niedriger aortaler diastolischer Druck. Ein ansteigender
20

ventrikulärer Füllungsdruck kann zu Myokardischämie, ventrikulärer Dysfunktion bzw.
Herzversagen und letztlich Schock führen. Da diese Patienten nach der Intervention
eine um das zwei- bis dreifach höhere Mortalität haben ebenso wie ein größeres Risiko
für eine Rehospitalisation, ist die periprozeduale Bildgebung sehr wichtig um ggf.
Korrekturen wie eine Ballondilatation vorzunehmen. [56, 62]
Somit ist die bildgebende Diagnostik entscheidend, um die richtige Prothesengröße
wählen zu können, und insgesamt den prozeduralen Erfolg des kathetergestützten
Klappenersatzes zu sichern. [9, 15, 24, 61, 63]
Für ein möglichst exaktes Sizing in Bezug auf die Wahl der korrekten Prothesengröße
ist in jedem Fall eine genaue Einstellung der anatomischen Zielstruktur die
Voraussetzung: relevant ist innerhalb des Komplexes um die Aortenklappe (bestehend
aus der Aortenwurzel, den Sinus aortae bzw. Valsalvae, des sinotubulären Übergangs,
den Aortenklappensegeln und den Koronarostien) vor allem der Aortenanulus. Beim
Aortenanulus handelt es sich um einen virtuellen Ring, der durch die tiefsten
Insertionsstellen der drei Aortenklappensegel definiert wird (vgl. Abb. 9, 10, 13). [11,
64]
Neben der Größenbestimmung des Aortenanulus müssen auch die o. g. anatomischen
Strukturen der Aortenwurzel mittels Bildgebung vermessen werden um eine TAVI
planen zu können: Der Abstand der Aortenklappenebene zu den Abgängen der
Koronararterien, die Länge der Aortenklappensegel und -kommissuren, die
Weite/Höhe/Perimeter der Sinus Valsalvae, des sinotubulären Übergangs und der
Aorta ascendens (vgl. Abb. 9). [11, 15]
Da wie oben bereits erläutert die Vorplanung und die Prothesenauswahl bei der TAVI
von essentieller Bedeutung sind, werden im Folgenden die beiden angewendeten
Sizing-Verfahren der bildgebenden Diagnostik beschrieben:

      2.4 Messung des Aortenanulus mittels Transösophagealer Echokardiografie

Die Messung des Aortenanulus mittels TEE erfolgt frühsystolisch im mittösophagealen
Dreikammerblick auf die Aortenwurzel bei 110-140° (120°). Hierbei wird im
Längsachsenschnitt die Distanz zwischen den Ansatzpunkten der links- und
nichtkoronaren Tasche perpendikular zur langen Achse der Aorta erfasst,
entsprechend dem sagittalen Durchmesser des Aortenanulus (Abb. 8, 9). [16, 64]
21

Abb. 8 Vergleich der Vermessung des Anulus mittels zweidimensionaler TEE und dreidimensionaler
CT. Unten: Messung mittels TEE, links in einem transversalen Schnitt, rechts senkrecht zur langen
Achse der Aorta. Der gesuchte Messwert ist der Abstand der Insertionsstellen der Aortenklappen,
entsprechend des weißen Doppelpfeiles rechts. Die Insertionsstelle des rechtskoronaren Segels (RCC)
ist dabei meist deutlich abgrenzbar. Die Position am gegenüberliegenden Rand, also am Sinus im
Bereich des nichtkoronaren oder linkskoronaren Segels, kann jedoch nicht genau vorhergesagt werden.
Dadurch wird eine exakte Messung erschwert bzw. unmöglich. Die beiden oberen Bilder stellen eine
dreidimensionale computertomographische Rekonstruktion des Anulus in einem transversalen Schnitt
dar (links) sowie die damit korrespondierenden Schnitte in der sagittalen und koronaren Achse (rechts).
Die Insertionspunkte der Klappen (RCC, NCC, LCC) sind deutlich abgrenzbar. Die weiße, blau
gestrichelte und grün gestrichelte Linie in der transversalen Darstellung findet ihre jeweilige
Entsprechung rechts in sagittalen bzw. koronalen Schnitten (oben rechts). Eine exaktere Messung ist
möglich.
22

Abb. 9. Entsprechung der echokardiographischen Ansicht des parasternalen Längsachsenschnittes mit
einem anatomischen Präparat. Die Aortenwurzel erstreckt sich von den Insertionsstellen der
Aortenklappensegel im linken Ventrikel (grüne Linie) über den Sinus aortae bis zu deren peripherer
Befestigung in Höhe des sinotubulären Übergangs (orange Linie). Die Entsprechung der Klappensegel
ist in der Echokardiographie (rechts) gut erkennbar.

Dieser Diameter wird zur Prothesenauswahl verwendet, unter der Annahme, daß der
Anulus kreisförmig ist. In Wirklichkeit ist die Form der Anulus jedoch oval. Somit stellt
diese Methodik eine wichtige Limitation der zweidimensionalen Bildgebung dar, da
die exakte Ausrichtung nicht kalkulierbar ist und bei exzentrischer Anulusform eine
zunehmende Ungenauigkeit aufweist: je ovaler der Anulus geformt ist, desto
ungenauer werden die Messergebnisse (Abb 10, 11). [16, 64]
23

Abb. 10. Darstellung der Messung des Anulusdurchmessers am Präparat einer geschlossenen
Aortenklappe. Hier wird die mögliche Abweichung der Messwerte bei Ausmessung des
Aortenklappenanulus mit zweidimensionaler Bildgebungstechnik (TEE) aufgezeigt. Die Spitzen des
roten Pfeiles zeigen genau auf die Insertionsstellen der Aortenklappensegel, die ja zur Messung bei der
TEE herangezogen werden; der rote Pfeil entspricht jedoch nur einer Tangente über den Ausflusstrakt.
Der volle Durchmesser des Ausflusstraktes wird hier durch den blauen Pfeil dargestellt. Je ovaler die
Klappenöffnungsebene ist desto größer wird der Längenunterschied des roten und des blauen Pfeiles.
24

Abb. 11 CT der ovalen Form des Aortenanulus mit Darstellung der Perspektive von TTE und TEE. Bei
den meisten Patienten ist der Aortenanulus ovalär geformt. Hier zu sehen ist in Abhängigkeit von ihrem
jeweiligen Blickwinkel, dass sowohl die TTE (parasternaler Längsachsenschnitt) als auch die TEE (120-
Grad-Ansicht des linksventrikulären Ausflusstraktes) üblicherweise den kleineren Durchmesser des
linksventrikulären Ausflusstraktes und des Aortenanulus darstellen (siehe die weißen Pfeile).

Dabei ist auch zu beachten, dass der ovale Aortenanulus nach der kathetergeführten
Implantation einer Prothese eine eher zirkuläre geometrische Form annehmen wird.
Dieser Effekt ist wahrscheinlich bei ballonexpandierbaren Prothesen stärker
ausgeprägt als bei selbst-expandierbaren Prothesen (Abb. 12). [15]
25

Abb. 12 CT-Darstellung des Aortenanulus vor und nach einer Transkatheter Aortenklappenimplantation
einer ballon-expandierbaren Herzklappenprothese. Hier sieht man zwei CT-Querschnittsbilder des
Aortenanulus eines Patienten in identischer Position und Orientierung, einmal vor (links) und einmal
nach (rechts) Implantation der Herzklappenprothese. Bedingt durch die gegenseitige Anpassung der
Formen wird der ovale Aortenanulus durch die ursprünglich kreisrunde Prothese auch in seiner
Geometrie verändert und in eine rund(er)e Form gedehnt.

   2.5 Messung des Aortenanulus mittels Computertomographie

Moderne      CT-Geräte      ermöglichen       eine    dreidimensionale         Bildgebung.      Die
Größenbestimmung          des    Anulus     muss     mit    intravenöser     Kontrastmittelgabe
durchgeführt werden. Dabei wird darauf geachtet, die Kontrastmittelexposition so
gering wie möglich zu halten um das Risiko einer kontrastmittelinduzierten
Nephropathie zu minimieren. Es erfolgt weder eine Frequenzsenkung durch
Betablocker noch eine Vasodilatation durch Nitrate, welche sonst bei einer koronaren
CT-Angiographie indiziert sind. Vor Untersuchungsbeginn werden die Patienten mit
Atemkommandos vertraut gemacht um ateminduzierte Bewegungsartefakte zu
reduzieren. Um die Bewegungsartefakte weiter zu minimieren, was für eine
Beurteilung der Aortenwurzel entscheidend ist, werden die Bilddaten EKG-
synchronisiert aufgenommen. Die Schichtdicke sollte höchstens einen Millimeter
betragen. Es wird ein CT-Scanner mit einem „High-pitch“-Spiralaquisitionsmodus
26

verwendet, der die Abdeckung eines sehr großen Datenvolumens mit EKG-
Synchronisierung innerhalb sehr kurzer Zeit (1-2 Sekunden) gestattet. Dies kann
ansonsten zu einer erheblichen Verlängerung der Dauer der Datenaufnahme mit
höherem Kontrastmittelvolumen (bedingt durch die Notwendigkeit, die intravasale
Kontrastierung während des gesamten Akquisitionszeitraums aufrecht zu erhalten)
führen. Zwischen systolischen und diastolischen Datensätzen scheint es in Bezug auf
die Beurteilung und die Vermessung von Aortenanulus und –wurzel keinen klinisch
relevanten Unterschied zu geben. Dennoch gibt es eine Empfehlung dahingehend,
dass die Aortenwurzel und der Anulus bevorzugt während der Systole gemessen
werden sollten (wie auch in der Echokardiographie). Begründet ist dies in den
dynamischen Veränderungen des Anulus sowie einer sehr leichten Vergrößerung des
Anulus während der Systole. [15, 24]
Nicht nur relevant sondern notwendig für die Beurteilung der Aortenwurzel hinsichtlich
der Anulusgröße ist die exakte Ermittlung der Anulusebene. Anatomisch ist der Anulus
eine ovale, durch die drei Klappeninsertionspunkte geformte Struktur. Zur Erhebung
möglichst genauer Messparameter wird eine Ebene eingestellt, die exakt mit den drei
tiefsten Punkten der Aortentaschen korrespondiert, dies entspricht dann der
Anulusebene (entsprechend dem grünen Ring in Abbildung 13).
Diese wird berechnet und dargestellt, indem aus dem Datensatz drei orthogonale
Ebenen (axial, sagittal und koronal) an den drei Klappeninsertionspunkten so
ausgerichtet werden, dass man eine doppelt schräge multiplanare Rekonstruktion
(vormals die axiale Ebene) erhält, welche dann eine Ansicht des Aortenanulus im
Querschnitt mit allen drei Klappeninsertionspunkten zeigt. Die durch die drei
Insertionspunkte definierte Ebene ist oft nicht orthogonal in Bezug auf den
linksventrikulären Ausflusstrakt. Häufig befindet sich der Insertionspunkt des
rechtskoronaren Klappensegels tiefer als die beiden anderen Klappeninsertions-
punkte. Das exakte Niveau bzw. die exakte Höhe wird durch Auf- und Abscrollen so
eingestellt, dass die Klappensegel symmetrisch dargestellt sind; der Aortenanulus ist
definiert als die Ebene auf welcher die Insertionspunkte der Klappensegel gerade eben
noch sichtbar sind. [15]
In Gegenwart einer hohen Herzfrequenz, Arrhythmie und schweren Klappen-
verkalkung kann die Bildqualität vermindert sein. [11]
27

Abb. 13 Schematische und anatomische Darstellung der Aortenwurzel. Die obere Abbildung (A) zeigt
schematisch die dreidimensionale Anordnung der „drei Ringe“ der Aortenwurzel und die kronenartige
Aufhängung der Aortenklappensegel innerhalb der Aortenwurzel. Die untere Abbildung (B) stellt am
Präparat die anatomische Entsprechung der Ringe dar, wobei die Aortensegel entlang der rot
gepunkteten Linie entfernt worden sind. Dadurch kann die Lokalisation der drei Ringe in Bezug auf die
Aortenklappensegel dargestellt werden. Hier sieht man, dass der grüne Ring, der die für die Messung
und das spätere Sizing essentielle Anulusebene darstellt, ein virtueller Ring ist. Er wird definiert durch
die Verbindungslinie der drei tiefsten Insertionsstellen der Klappensegel. Der gelbe Ring entspricht der
ventrikulo-arteriellen Verbindung, der rote durchgezogene und gepunktete kronenartige Ring entspricht
der Aufhängung der Aortenklappensegel, der blaue Ring entspricht der sino-tubulären Verbindung. VA
– ventrikulo-arteriell, A-M - aorto-mitral.
Sie können auch lesen