Verhältnis von Pflege und Eingliederungshilfe aus rechtlicher Sicht - Dr. Edna Rasch

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Verhältnis von Pflege und Eingliederungshilfe aus
                  rechtlicher Sicht

                  Dr. Edna Rasch
Übersicht
1. Schnittstelle zwischen Eingliederungshilfe und
           Pflegeversicherung (SGB XI)
2. Verhältnis von Eingliederungshilfe und Hilfe zur
           Pflege (SGB XII)
3. Fazit
1. Schnittstelle zwischen Eingliederungshilfe und
   Pflegeversicherung

    a. Ambulant: Gleichrang der Leistungen bleibt erhalten
§ 13 Abs. 3 SGB XI:
„Die Leistungen der Pflegeversicherung gehen den Fürsorgeleistungen
   zur Pflege ... vor ...
Die Leistungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit
   Behinderungen nach dem Zwölften Buch, dem
   Bundesversorgungsgesetz und dem Achten Buch bleiben unberührt,
   sie sind im Verhältnis zur Pflegeversicherung nicht nachrangig; die
   notwendige Hilfe in den Einrichtungen nach § 71 Abs. 4 ist
   einschließlich der Pflegeleistungen zu gewähren.“
b. Verschärfte Koordinierungsregeln - Gesamtleistung
       durch Eingliederungshilfeträger möglich – Vorteil für
       Leistungsberechtigte?
§ 13 Abs. 4 S. 1 SGB XI:

„Treffen Leistungen der Pflegeversicherung und Leistungen der
Eingliederungshilfe zusammen, vereinbaren mit Zustimmung des
Leistungsberechtigten die zuständige Pflegekasse und der für die
Eingliederungshilfe zuständige Träger,

         1. dass im Verhältnis zum Pflegebedürftigen der für die
Eingliederungshilfe zuständige Träger die Leistungen der
Pflegeversicherung auf der Grundlage des von der Pflegekasse
erlassenen Leistungsbescheids zu übernehmen hat,
2. dass die zuständige Pflegekasse dem für die Eingliederungshilfe
zuständigen Träger die Kosten der von ihr zu tragenden Leistungen zu
erstatten hat sowie

        3. die Modalitäten der Übernahme und der Durchführung der
Leistungen sowie der Erstattung.“

Abs. 4a:

„Bestehen im Einzelfall Anhaltspunkte für ein Zusammentreffen von
Leistungen der Pflegeversicherung und Leistungen der Eingliederungshilfe,
bezieht der für die Durchführung eines Teilhabeplanverfahrens oder
Gesamtplanverfahrens verantwortliche Träger mit Zustimmung des
Leistungsberechtigten die zuständige Pflegekasse in das Verfahren beratend
mit ein, um die Vereinbarung nach Absatz 4 gemeinsam vorzubereiten.“
c. Wunsch- und Wahlrechte unberührt?
§ 13 Abs. 4 S. 2-4 SGB XI:

„Die bestehenden Wunsch- und Wahlrechte der
Leistungsberechtigten bleiben unberührt und sind zu beachten. Die
Ausführung der Leistungen erfolgt nach den für den zuständigen
Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften. Soweit auch
Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem Zwölften Buch zu
erbringen sind, ist der für die Hilfe zur Pflege zuständige Träger zu
beteiligen.“
d. Empfehlung nach § 13 Abs. 4 S. 5 SGB XI
„Der SpiBund der Pflegekassen beschließt gemeinsam mit der BAGüS bis
zum 1. Januar 2018 in einer Empfehlung Näheres zu den Modalitäten der
Übernahme und der Durchführung der Leistungen sowie der Erstattung
und zu der Beteiligung des für die Hilfe zur Pflege zuständigen Trägers.
Die Länder, die kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene, die
BAGFW, die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf
Bundesebene, die Vereinigungen der Leistungserbringer der
Eingliederungshilfe auf Bundesebene sowie die auf Bundesebene
maßgeblichen Organisationen für die Wahrnehmung der Interessen und
der Selbsthilfe pflegebedürftiger und behinderter Menschen sind vor
dem Beschluss anzuhören. Die Empfehlung bedarf der Zustimmung des
BMG und des BMAS.“
e. Evaluation der verschärften
       Koordinierungsregelungen
§ 13 Abs. 4b SGB XI:

„Die Regelungen nach Absatz 3 Satz 3 (Anm: also der Gleichgang),
Absatz 4 und 4a (Anm.: die Koordinierungsregelung) werden bis
zum 1. Juli 2019 evaluiert.“
f. Stationär: weiter pauschale Abgeltung von
      Pflegeversicherungsleistungen

§ 43a (iVm § 71 Abs. 4) SGB XI:
„Für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 in einer
vollstationären Einrichtung der Hilfe für behinderte
Menschen, in der die Teilhabe am Arbeitsleben und am
Leben in der Gemeinschaft, die schulische Ausbildung oder
die Erziehung behinderter Menschen im Vordergrund des
Einrichtungszwecks stehen (§ 71 Abs. 4), übernimmt die
Pflegekasse zur Abgeltung der in § 43 Abs. 2 genannten
Aufwendungen zehn vom Hundert des nach § 75 Abs. 3 des
Zwölften Buches vereinbarten Heimentgelts. Die
Aufwendungen der Pflegekasse dürfen im Einzelfall je
Kalendermonat 266 Euro nicht überschreiten. ...“
Ab 2020 gilt § 71 Abs. 4 S. 1 SGB XI in modifizierter Form:

„Keine Pflegeeinrichtungen im Sinne des Absatzes 2 sind ...
3. Räumlichkeiten,
     a) in denen der Zweck des Wohnens von Menschen mit Behinderungen
     und der Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe für diese im
     Vordergrund steht,
     b) auf deren Überlassung das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz
     Anwendung findet und
     c) in denen der Umfang der Gesamtversorgung der dort wohnenden
     Menschen mit Behinderungen durch Leistungserbringer regelmäßig
     einen Umfang erreicht, der weitgehend der Versorgung in einer
     vollstationären Einrichtung entspricht; bei einer Versorgung der
     Menschen mit Behinderungen sowohl in Räumlichkeiten im Sinne der
     Buchstaben a und b als auch in Einrichtungen im Sinne der Nummer 1 ist
     eine Gesamtbetrachtung anzustellen, ob der Umfang der Versorgung
     durch Leistungserbringer weitgehend der Versorgung in einer
     vollstationären Einrichtung entspricht.
| Was ist drin im BTHG und Co.?
| Jenny Axmann, Bundesvereinigung Lebenshilfe

    § 43a i. V. m. § 71 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI

                            • Räumlichkeiten erfasst, …

                                • die dem Wohnen von MmB und der Erbringung von
                                  EGH-Leistungen dienen,

                                • auf die das WBVG Anwendung findet und

                                • in denen der Umfang der Gesamtversorgung
                                  regelmäßig den Umfang erreicht, der einer
                                  vollstationären Versorgung entspricht
g. Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes für eine
       einheitliche Rechtsanwendung
§ 71 Abs. 4 Satz 2 SGB XI:
„Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen erlässt mit dem Ziel, eine
einheitliche Rechtsanwendung zu fördern, spätestens bis zum 1. Juli 2019
Richtlinien zur näheren Abgrenzung, wann die in Satz 1 Nummer 3
Buchstabe c genannten Merkmale vorliegen und welche Kriterien bei der
Prüfung dieser Merkmale mindestens heranzuziehen sind. Die Richtlinien
nach Satz 2 sind im Benehmen mit dem Verband der privaten
Krankenversicherung e. V., der Bundesarbeitsgemeinschaft der
überörtlichen Träger der Sozialhilfe und den kommunalen Spitzenverbänden
auf Bundesebene zu beschließen; die Länder, die
Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege sowie die
Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene sind zu
beteiligen. ...“
2. Verhältnis von Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege
   a. Lebenslagenmodell ab 2020 nach § 103 Abs. 2 SGB IX:
„Werden Leistungen der Eingliederungshilfe außerhalb von
   Einrichtungen oder Räumlichkeiten im Sinne des § 43a iVm §
   71 Abs. 4 SGB XI erbracht, umfasst die Leistung auch die
   Leistungen der häuslichen Pflege nach den §§ 64a bis 64f, 64i
   und 66 SGB XII, solange die Teilhabeziele nach Maßgabe des
   Gesamtplanes (§ 121) erreicht werden können, es sei denn
   der Leistungsberechtigte hat vor Vollendung des für die
   Regelaltersrente im Sinne des SGB VI erforderlichen
   Lebensjahres keine Leistungen der Eingliederungshilfe
   erhalten. Satz 1 gilt entsprechend in Fällen, in denen der
   Leistungsberechtigte vorübergehend Leistungen nach den §§
   64g und 64h SGB XII (Teilstationäre Pflege und Kurzzeitpflege)
   in Anspruch nimmt.
b. Landesregelungen nach § 103 Abs. 2 Satz 3 SGB
       IX?
„Die Länder können durch Landesrecht bestimmen, dass
der für die Leistungen der häuslichen Pflege zuständige
Träger der Sozialhilfe die Kosten der vom Träger der
Eingliederungshilfe erbrachten Leistungen der
häuslichen Pflege zu erstatten hat.“
- Verhältnis EGH / Hilfe zur Pflege - Lebenslagenmodell
                     Behinderung
                                                              Behinderung und Pflegebedürftigkeit nach
-    von Geburt an oder                                            Erreichen der Regelaltersgrenze
-    bis zur Regelaltersgrenze eingetreten

                                         Über die
                                Regelaltersgrenze hinaus,
    Bis zum Erreichen der
                                   soweit die Ziele der
      Regelaltersgrenze
                                   Eingliederungshilfe
                                 erreicht werden können

      Leistungen der Eingliederungshilfe umfassen die           Gleichrangigkeit von Eingliederungs- und
         häuslichen Leistungen der Hilfe zur Pflege         Pflegeleistungen  Zugang zu beiden Leistungen

         Einkommens- und Vermögensgrenzen der               Hilfe zur Pflege wird nach den Einkommens- und
               Eingliederungshilfe gelten                      Vermögensgrenzen der Sozialhilfe erbracht

                                                                                15    Quelle: BMAS
| Was ist drin im BTHG und Co.?
| Jenny Axmann, Bundesvereinigung Lebenshilfe

      Schnittstelle: Eingliederungshilfe und Pflege
                       (2017/2020)
 alt                                            neu
           • Gleichrang zwischen                  • Gleichrang zwischen
             EGH und SGB XI                         EGH und SGB XI &
                                                    Koordinierung

           • Gleichrang zwischen                  • Lebenslagenmodell
             EGH und HzP                            (Schnittstelle EGH/HzP)

           • § 43a SGB XI nur für                 • Neuformulierung des
             Wohnheime                              § 43a SGB XI
                                                    (Ausweitung weniger
                                                    stark)
3. Fazit

           ➤ Chancen und Risiken der neuen Regelungen

        ➤ Pflegeversicherung als zusätzliche
eigenständige Säule des Sozialversicherungssystems
führt zu Brüchen im Verhältnis zum System der
Leistungen der Sozialhilfeträger, stellt aber zugleich eine
verfestigte Realität dar.
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