VERSORGUNG VON LITHIUM-IONEN-BATTERIEN IM AFTERSALES DER AUTOMOBILBRANCHE - Bluemont Consulting Spezial - November 2019
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Bluemont Consulting Spezial - November 2019 VERSORGUNG VON LITHIUM-IONEN- BATTERIEN IM AFTERSALES DER AUTOMOBILBRANCHE
Lithium-Ionen-Batterien im Aftersales der Automobilbranche BLUEMONT CONSULTING VERSORGUNG VON LITHIUM-IONEN-BATTERIEN IM AFTERSALES DER AUTOMOBILBRANCHE ZUSAMMENFASSUNG zu behaupten. Die Anzahl der Elektrofahrzeuge von deutschen Herstellern soll sich somit von aktuell 30 auf Mit dem Wandel zur Elektromobilität steht die Auto- stolze 100 Modelle erhöhen. mobilindustrie vor einem radikalen Umbruch, der den Allerdings gilt es noch eine Vielzahl an Herausforderungen automobilen Aftersales nachhaltig verändern wird. Eine für den erfolgreichen Umstieg auf die Elektromobilität zu zentrale Rolle für den Erfolg der Elektromobilität spielt meistern. Einer der wohl größten Herausforderungen der hierbei die Batterie. Nur Automobilhersteller, denen es Elektromobilität ist noch immer die Batterie. Denn die gelingt, technologisch ausgereifte Batterien zu massen- Batterie ist nicht nur einer der größten Kostentreiber der markttauglichen Preisen anzubieten und die Versorgung Elektrofahrzeuge, sondern stellt die Hersteller auch in im Aftersales sicherzustellen, werden langfristig eine puncto Gewicht und Reichweite vor große Heraus- Spitzenposition behaupten können. forderungen. Die meisten Automobilhersteller setzen heutzutage auf- grund ihrer überlegenden Leistungsfähigkeit auf Lithium- ZENTRALE FRAGEN EINES GLOBALEN Ionen-Batterien (LIB). Dies stellt den Aftersales vor eine große Herausforderung, denn LIB unterscheiden sich in VERSORGUNGSKONZEPTES vielerlei Hinsicht drastisch von anderen Ersatzteilen. LIB werden zum Beispiel wegen ihrer Explosions- und Brand- Eine Problematik, die bisher unzureichend thematisiert gefahr als Gefahrgut eingestuft, was hohe Anforderungen wurde, sind die Herausforderungen, die sich durch die an die weltweite Distribution und Lagerung der Batterien Elektromobilität auf die Aftersales-Logistik von stellt. Zusätzlich erschweren hohe Kundenanforderungen Batterien ergeben. Deshalb soll dieses Whitepaper eini- sowie die Selbstentladung und Alterung der Batterien die ge der nachfolgenden zentralen Fragen für den Aftersales Ersatzteilversorgung. beantworten. Damit der Aftersales auf die Herausforderungen einer Mit welchen Herausforderungen wird die Aftersales- weltweiten Versorgung mit LIB vorbereitet ist, muss er Logistik aufgrund der LIB-Technologie konfrontiert? sein bestehendes Distributionsnetzwerk frühzeitig an die Wie kann ein globales Versorgungskonzept für LIB spezifischen Anforderungen von LIB anpassen. Dieses erfolgreich umgesetzt werden? Wie kann ein solches Whitepaper ist daher an Mitarbeiter von OEMs gerich- Versorgungskonzept hinsichtlich der Kunden- tet, die ihren Aftersales erfolgreich auf die zukünftigen anforderungen und Kosten optimiert werden? Herausforderungen der weltweiten Ersatzteilversorgung mit LIB vorbereiten wollen. Das Whitepaper zeigt auf, wie Für die Erstellung eines globales Versorgungskon- der Wandel zur Elektromobilität die Aftersales-Logistik zepts für LIB muss ein OEM vor allem die folgenden verändern wird und welche Herausforderungen es bezüg- Fragen beantworten: lich der Versorgung mit LIB zu meistern gilt. Welche Servicelevel für Kunden sollten angestrebt werden, von denen sich Parameter wie Lagerbestand BATTERIE ALS HERAUSFORDERUNG und Lagerdimensionierung ableiten. Ziel sollte ein DER ELEKTROMOBILITÄT Optimum zwischen hoher Kundenzufriedenheit und niedrigen Kosten sein. Der Umbruch hin zur Elektromobilität ist bereits in vollem Gange. Eine Million Elektrofahrzeuge sollen laut Wo sollen die Bestände bevorratet werden? Hier dem Ziel der Bundesregierung bis Ende 2022 auf sind verschiedene Konzepte von zentraler Lagerung Deutschlands Straßen fahren. Immer strengere Gesetze, mit Hub and Spoke-Prinzip bis hin zu kompletter steigende Nachfrage und sinkende Kosten für die Herstel- dezentraler Lagerung denkbar. lung von Batterien sind dabei wichtige Treiber für ein Welche Lager müssen versorgt werden? Hieraus Wachstum der Elektrofahrzeuge. So sollen deutsche ergeben sich rechtliche und logistische Rahmenbe- Unternehmen, laut dem VDA1, allein zwischen 2018 und dingungen für das Distributionsnetzwerk, wie z.B. 2021 ca. 40 Milliarden Euro in die Elektromobilität inves- Gefahrgutanforderungen oder Wiederbeschaffungs- tieren. Die deutschen Automobilhersteller versuchen sich zeiten. in den nächsten Jahren mit einer massiven Modelloffensive gegen die wachsende Konkurrenz aus den USA und Asien 2 1) VDA: Verband der Automobilindustrie
BLUEMONT CONSULTING Lithium-Ionen-Batterien im Aftersales der Automobilbranche Ob und wie soll die Befähigung des Logistik-Netz- variieren, je nach angestrebten Servicelevel, der Ersatzteil- werkes erfolgen? Sollen z.B. alle Lager auf einmal versorgungsstruktur und der Ersatzmobilitätstrategie. oder phasenweise ertüchtigt werden? Welche Eine weitere Herausforderung wird es sein, die Ersatzteil- Investitionen sind erforderlich? logistik in der Markthochlaufphase mit möglichst geringen Servicelevel-Einschränkungen sicherzustellen. Sollen die Lager selbst bewirtschaftet werden oder soll die komplette Logistik an einen Dienstleister ausgelagert werden? KOMPLEXITÄT DER TEILEVERSORGUNG DURCH VERSCHIEDENE ANTRIEBSKONZEPTE Auf welchen Routen und mit welchen Transport- trägern sollen die Batterien transportiert werden? Langfristig gesehen, wird der Wandel zur Elektromobilität Hierbei müssen, unter Berücksichtigung der gesetz- den Ersatzteil- und Wartungsbedarf im Aftersales senken. lichen Vorgaben und sonstigen Rahmenbedingungen Zum einen verfügt ein elektrifizierter Antriebsstrang über der einzelnen Märkte, kosten- bzw. zeitoptimale weitaus weniger Bauteile als ein konventioneller Antriebs- Routen ermittelt werden. strang. So besteht beispielsweise ein Achtzylindermotor noch aus 1.200 Teilen, ein Elekt- romotor in einigen Fällen nur ZENTRALE HERAUS- noch aus 17 Einzelteilen. Zum FORDERUNGEN FÜR anderen sind elektrische An- DEN AFTERSALES triebsstränge aufgrund ihrer deut- lich geringeren Reibungsverluste Für den Aftersales bedeutet die verschleißärmer als konventionel- Umstellung auf die Elektro- le Antriebstränge. Dieser Um- mobilität eine enorme Heraus- stand dürfte sich durch die Ein- forderung. Zum einen muss der führung des autonomen Fahrens Aftersales die Ersatzteilver- nochmals verschärfen, wenn Be- sorgung der konventionellen Mo- lastungen für den Antriebsstrang delle weiterhin auf höchstem Ni- und Unfallhäufigkeiten reduziert veau sicherstellen, zugleich aber werden. Für Hybridfahrzeuge auch die Einführung der Ersatz- hingegen müssen aufgrund des teilversorgung für die elektrischen doppelt ausgelegten Antriebs- Modelle sicherstellen. Diese stranges deutlich mehr verschie- „Doppelbelastung“ in der Über- dene Bauteile bevorratet werden gangsphase führt zu einer stark ABBILDUNG 1: Zentrale Herausforderungen als für konventionelle Fahrzeuge. steigenden Komplexität in allen Aftersales-Prozessen. Die wichtigsten Herausforderungen In der aktuellen Phase mit parallel verschiedenen An- sind in der Abbildung 1 dargestellt und werden nachfol- triebskonzepten (z.B. Elektro-, Hybrid-, Verbrenner- oder gend thematisiert. wasserstoffbetriebene Fahrzeuge) führt die hohe Variantenvielfalt jedoch bei den OEMs zu einer Erhöhung der Komplexität des Ersatzteilportfolios. HOHE KUNDENERWARTUNGEN KRITIKALITÄT VON LIT HIUM-IONEN- Dadurch dass es sich bei Elektrofahrzeugen um eine BATTERIEN relativ neue Antriebstechnologie für den Massenmarkt handelt, sind die Fahrzeuge noch verhältnismäßig teuer. Somit dürften Elektrofahrzeugkunden noch höhere Die Batterie ist das mit Abstand teuerste Ersatzteil in Kundenerwartungen an die erworbenen Fahrzeuge stellen einem Elektrofahrzeug. Eine komplette Ersatzbatterie als Kunden von konventionellen Fahrzeugen. eines aktuellen BMW i3 kostet für einen Kunden beispielsweise über 16.000 €, das sind beträchtliche 42% Einerseits erwarten die Kunden ein hohes Servicelevel für des Neupreises der Basisvariante von 38.000 €. Darüber ihre Elektrofahrzeuge. Auf der anderen Seite treiben die hinaus ist die Batterie eines der kritischsten Bauteile, da produkt- und gefahrgutspezifischen Transport- und Lager- die Weiterfahrt mit defekter Batterie eines voll- anforderungen die Kosten in der Ersatzteillogistik nach elektrischen Fahrzeugs im Worst Case unmöglich ist und oben. Die zentrale Herausforderung des Aftersales ist es der Kunde auf Ersatzmobilität angewiesen ist. daher, den Zielkonflikt zwischen Kundenzufriedenheit und Erschwerend kommt hinzu, dass Batterien nicht auf unbe- höheren Kosten durch hohe Bestandsniveaus und länge- grenzte Zeit lagerfähig sind und aufgrund der kalen- ren Wiederbeschaffungszeiten aufzulösen. Dabei kann das darischen Lebensdauer bereits nach wenigen Jahren mit Optimum von Hersteller zu Hersteller zum Teil stark einem zu geringen State of Health (SoH) nicht mehr als 3
Lithium-Ionen-Batterien im Aftersales der Automobilbranche BLUEMONT CONSULTING neuwertige Ersatzteile vermarktet werden können. Im Ver- Ebene (Netzinfrastruktur, Batterietechnologie etc.), er- gleich zu anderen Ersatzteilen sind LIB viel schweren die Prognosen der zukünftigen Entwicklung. empfindlicher bezüglich äußerer Einflüsse sowie Ver- änderungen ihres State of Charge (SoC) und deshalb nicht Maßgeblichen Einfluss auf den Ersatzteilbedarf haben die uneingeschränkt haltbar. schwer kalkulierbaren Ausfallraten von LIB. Diese hängen wiederum ebenfalls von einer Vielzahl von Einflussfaktoren Mit dem massiven Ausbau der Elektroflotten wird bei vie- ab, wie z.B. Nutzerprofilen, Fahrzeuggewicht und -leistung, len OEMs die batteriebezogene Variantenvielfalt deutlich klimatischen / geografischen Bedingungen oder der kalen- zunehmen. Zum Beispiel werden in den meisten Fahr- darischen und belastungsabhängigen Alterung. Nicht zu zeugen unterschiedliche LIB eingesetzt, in denen wiederum vernachlässigen ist der Einfluss der Entwicklungszyklen eine unterschiedliche Anzahl an verschiedenen Zellmodul- sowie des technischen Fortschritts in der Batterie- typen verbaut sind. Folglich wird die Variantenvielfalt der entwicklung auf die Ausfallraten. Selbiges gilt für die LIB bzw. Zellmodule mit steigender Fahrzeuganzahl eben- Garantie- und Kulanzbedingungen des OEMs in den falls deutlich zunehmen. Dies wird die Komplexität der einzelnen Märkten. Aftersales-Prozesse wiederum im besonderen Maße erhöhen. Zudem lässt sich derzeit beobachten, dass die GEFAHRGUTTRANSPORT Batterien der Automobilhersteller meistens nicht rück- wärtskompatibel sind, d.h. „neue“ Batterien lassen sich oft nicht in „alte“ Fahrzeuge einbauen. LIB sind aufgrund ihres Gefahrenpotentials im internatio- nalen Transportrecht als Gefahrgut der Klasse 9 eingestuft. Für Batterien über 100 Wh gelten dabei die höchsten HÖHERE SICHERHEITSRISIKEN Sicherheitsanforderungen. Die United Nations Economic Commission for Europe (UNECE) legt die Grundlagen der Eine weitere Herausforderung bei der Versorgung mit LIB Gefahrgutvorschriften in den UN-Model-Regulations fest, ist die Sicherheit. Denn werden LIB beschädigt, überhitzt welche alle 2 Jahre aktualisiert werden. Die UN-Model- oder überladen, können sie explodieren. Die größte Regulations dienen wiederum als Grundlage für die Gefahr geht dabei von dem thermischen Durchgehen der verkehrsträgerspezifischen Vorschriften. Für den Straßen- Batterie aus, auch Thermal Runaway genannt. Ein Thermal und Schienenverkehr ist das ADR bzw. das RID maß- Runaway entsteht zum Beispiel durch eine äußere Beschä- geblich, der IMDG-Code regelt den Gefahrguttransport digung der Batterie oder zu hoher Stromflüsse beim Laden per Seefracht und die IATA-Vorschriften legen die Bedin- bzw. Entladen oder aufgrund einer starken Überhitzung. gungen für den Luftverkehr fest. Festzuhalten ist allerdings, Die dadurch in Gang gebrachte exotherme chemische dass die Regelungen nur für die UNECE-Mitgliedsstaaten Reaktion hat einen Brand oder im schlimmsten Fall die gelten und die Umsetzung auf Länderebene nicht zwangs- Explosion der Batterie zur Folge. Auch für die Mitarbeiter, läufig deckungsgleich mit den UN-Vorschriften sein muss. die von der Produktion bis zum Einbau der Batterien im Aber auch die individuellen Anforderungen der Logistik- Fahrzeug beteiligt sind, birgt der Umgang mit den LIB ein dienstleister stellen die OEMs vor Probleme. Zwar müssen potenzielles Risiko. Mitarbeiter sind zum Teil hohen sich alle Logistikdienstleister an die Mindestanforderungen elektrischen, chemischen oder thermischen Gesundheits- aus den UN-Vorschriften und sonstigen Normen halten, gefährdungen ausgesetzt. Dabei gilt, umso schlechter der dennoch steht es ihnen frei, selbst strengere Anforderun- Zustand der Batterie ist, umso höher ist das Gefahren- gen zu definieren oder die Annahme eines Trans- potential, welches von der Batterie ausgeht. Besonders portauftrags gänzlich zu verweigern. gefährlich sind defekte oder beschädigte Batterien, welche nur noch in speziellen Gefahrgutbehältern transportiert oder gelagert werden dürfen. Mitarbeiter, die an der Lieferkette der Batterien oder der Wartung der Fahrzeuge beteiligt sind, müssen speziell für den Umgang mit Hoch- voltbauteilen geschult sein. UNSICHERE BEDARFSPROGNOSEN Durch die kalendarische und belastungsabhängige Batterie- alterung sowie Batterieausfälle muss ein ausreichender Ersatzteilbedarf an LIB vorgesehen werden. Doch eine Prognose der Ersatzteilbedarfe gestaltet sich aufgrund der fehlenden Bedarfshistorie äußerst schwierig. Auch die schwer abschätzbaren Fahrzeugabsatzzahlen, verbunden mit Unsicherheiten auf regulativer und technologischer 4
BLUEMONT CONSULTING Lithium-Ionen-Batterien im Aftersales der Automobilbranche GEFAHRGUTLAGER Aufgrund der aufwändigen Rückführlogistik ist das Recy- cling von LIB derzeit ein Zuschussgeschäft für die Bei der Lagerung von LIB stehen die OEMs vor den Hesteller; ca. 4 € bis 6 € pro Kilogramm Batterie müssen Herausforderungen, dass für LIB spezielle Gefahrgutlager hierfür aktuell veranschlagt werden. Langfristig müssen die benötigt werden. Diese Gefahrgutlager dürfen nur LIB OEMs deshalb geeignete Rückführ- bzw. Verwertungs- enthalten und müssen räumlich und brandschutztechnisch konzepte entwickeln, um eine weltweite kosteneffiziente von anderem Lagergut getrennt sein. Die gefahr- und umweltverträgliche Verwertung der Batterien gutspezifische Lagerertüchtigung umfasst dabei z.B. realisieren zu können. Aufwendungen für spezielle Brandschutzmaßnahmen, wie Nach ihrem First Use-Einsatz im Fahrzeug sind die LIB F-90-Wandungen2) oder anforderungsgerechte Brand- durchschnittlich noch mindestens weitere zehn Jahre melde- und Sprinkleranlagen sowie Löschwasserrück- nutzbar. Deshalb macht es aus wirtschaftlicher und haltemaßnahmen. Auch für die Lagerung von defekten ökologischer Sicht Sinn, dass OEMs die Batterien nicht oder beschädigten Batterien müssen dabei Lager- sofort dem Recycling zuführen, sondern diese, falls ungsmöglichkeiten mit nochmals höheren Sicherheits- möglich, durch Remanufacturing dem First Use zurück- anforderungen berücksichtigt werden. Bluemont Consult- führen oder die Batterien im Rahmen geeigneter Second ing hat in einer Kostenanalyse ermittelt, dass die zu Use-Konzepte weiter nutzen (siehe Abbildung 2). Durch erwartenden gefahrgutspezifischen Lagerertüchtigungs- diese Verlängerung des Life-Cycles können OEMs nicht kosten im Schnitt ca. 70.000 € bis 150.000 € für kleine nur Kosten einsparen, sondern auch zusätzliche Erlöse Lager und mehrere Millionen Euro für große Lager betra- erwirtschaften. Zu den möglichen Second Use-Konzepten gen können. Außerdem ist zu beachten, dass der für LIB von Elektrofahrzeugen gehören (Eignung in ab- Ladezustand der LIB bei längerer Lagerung durch steigender Reihenfolge): Primärregelleistung, Spitzenlast- Selbstentladung sinkt und hierdurch ein aufwändiges management, Leistungspuffer für Schnellladesysteme, Nachladen der Batterien erforderlich sein kann. Hausspeichersysteme, Flurförderfahrzeuge sowie Not- stromversorgung. Zu den vielfältigen Herausforderungen RECYCLING UND SECOND USE von Remanufacturing- und Second Use-Konzepten z ä h l e n vo r a l l e m d i e U n s i c h e r h e i t d e s Heutige LIB halten durchschnittlich je nach Belastung fünf Batteriezustandes nach dem First Use, die komplexe Auf- bis zehn Jahre. Nach dem Einsatz im Elektrofahrzeug sind bereitung, die fehlende Standardisierung, die Rechts- europäische OEMs zur Rücknahme und stofflichen Ver- unsicherheit sowie die Sicherstellung der Leistungs- wertung der Batterien verpflichtet. Dabei müssen sie eine fähigkeit und der Lebensdauer der Batterien im gesetzliche Mindestrecylcingquote von 50% erfüllen. Recy- Second Use-Einsatz. Neben dem hohen wirtschaftlichen cling-Unternehmen mit modernen Industrierecycling- Potential lassen sich positive Wirkungen auf die Umwelt- anlagen, wie von Umicore oder Redux mit einer Recy- bilanz sowie das Markenimage des Herstellers erzielen. clingeffizienz von über 70%, sind jedoch nicht in allen Märkten tätig und konzentrieren sich momentan noch sehr stark auf die größten Industrieländer. ABBILDUNG 2: Life-Cyle-Optionen für Lithium-Ionen-Batterien 2) F-90 Wandungen: Das Bauteil erfüllt im Brandfall eine Feuerbeständigkeit von mindestens 90 Minuten 5
Lithium-Ionen-Batterien im Aftersales der Automobilbranche BLUEMONT CONSULTING AUFSTELLEN EINES GLOBALEN VER- SORGUNGSKONZEPTS VON LIB Bluemont Consulting hat das globale Aftersales Versor- gungskonzept von LIB für einen Automobilhersteller entwickelt. Die Konzeption des Versorgungskonzeptes erfolgte dabei anhand des folgenden Ablaufplans (siehe Abbildung 3). ABBILDUNG 3: Ablaufplan Versorgungskonzept für Lithium-Ionen-Batterien ERMITTLUNG DER LITHIUM-IONEN-BATTERIE DISTRIBUTIONSPLANUNG ERSATZTEILBEDARFE Im zweiten Schritt kann, basierend auf den Prognosen des Im ersten Schritt, der Ermittlung des Ersatzteilbedarfs, Ersatzteilbedarfs, das Distributionskonzept entwickelt muss zuerst anhand von den geplanten SOPs3) bzw. werden, welches die Transportplanung, Bestandsplanung EOPs4) und den Absatzprognosen der verschiedenen Fahr- und die Lagerflächen- und Investitionsplanung beinhaltet. zeugmodelle, das Fahrzeugvolumen für die elektrifizierten Fahrzeuge über den Life-Cycle für alle relevanten Märkte Hier sind verschiedene Einflussfaktoren zu berücksichti- bestimmt werden. Auf Grundlage der prognostizierten gen. Wichtiger Ausgangspunkt hierfür ist der versproche- Fahrzeugvolumina lassen sich anhand der Verbauraten der ne Grad des Servicelevels gegenüber Händler und Zellmodule pro LIB und pro Fahrzeug die Zellmodul- Kunden. D.h. wie schnell muss ein Zellmodul oder eine volumina für die einzelnen Märkte planen. Basierend auf LIB beim Kundenfahrzeug sein, wie lange kann man den den Prognosen zu den Ausfallraten – ggf. differenziert Kunden warten lassen? Die Entscheidungen hierzu hängen nach Zellmodulen, Fahrzeugmodellen, Märkten und sicherlich von den Gegebenheiten des jeweiligen Marktes Lebensjahren – lassen sich die Ersatzteilbedarfe für die ab, wie z.B. welche Ersatzmobilitätsangebote unterbreitet einzelnen Batterietypen pro Jahr und Markt ableiten. man dem Kunden und wem gehört das Fahrzeug Wichtig ist dabei zu berücksichtigen, welches Reparatur- (Privatkunden, Car Sharing Betreiber etc.). Ferner wird und Tauschkonzept hier geplant wird. In den meisten Fäl- die Distributionsplanung ebenfalls durch die Regulatorik len wird das Zellmodul getauscht und nicht der ganze mitbestimmt, wie z.B. durch ein Flugverbot von Zell- Hochvoltspeicher oder einzelne Zellen. modulen mit einem Nettogewicht von mehr als 35 kg. 6 3) SOP: Start of Production, 4) EOP: End of Production
BLUEMONT CONSULTING Lithium-Ionen-Batterien im Aftersales der Automobilbranche Technische Logistikrestriktionen, wie die maximale Halt- sein. Die Versorgung von Händlern bestimmter Regionen barkeit der LIB von 2 bis 3 Jahren, erhöhte Temperatur- kann in diesem Fall von angrenzenden Lagern übernom- anforderungen sowie Bevorratungszeiten von Zell- men werden (Leading Regional Distribution Center). modulen im Aftersales sind weitere wichtige Einflussfakto- ren auf das Distributionskonzept, ebenso wie Wiederbe- ZUSAMMENARBEIT MIT ANDEREN UNTER- schaffungszeiten oder eine etwaige Rückwärtskompati- NEHMENSBEREICHEN bilität von Zellmodulen. Das Optimum zwischen niedrigen Logistikkosten und hohem Servicelevel gegenüber Händler und Kunden ist in verschiedenen Szenarien durchzuspie- Um ein optimales Versorgungskonzept für LIB aufzustel- len. Hierfür hat Bluemont Consulting ein leistungsfähiges len, sollte die Integration von anderen Unternehmens- Simulations- und Szenarien-Tool entwickelt, mit dessen bereichen durch den Aftersales in den Planungsprozess Hilfe sich das optimale Distributionskonzept ermitteln möglichst frühzeitig erfolgen. lässt. Das Optimum kann dabei für jeden Markt, jede Prognosen über den zukünftigen Ersatzteilbedarf sind Quelle-Senke-Beziehung sowie für die verschiedene LIB- schwer zu treffen und mit vielen Unsicherheiten behaftet. Typen unterschiedlich sein. Insofern sollte die Planung und die entwickelten Konzepte Es ergeben sich Implikationen auf die Transportplanung, stets überprüft und überarbeitet werden, nicht zuletzt manche Routen und Transportträger sind kostengünstiger deswegen, weil sich externe Einflussfaktoren, wie z.B. die als andere, ziehen aber möglicherweise längere Wiederbe- Regulatorik stets ändern können. Wegen der hohen Unsi- schaffungszeiten und höhere dezentrale Bestände nach cherheiten und den fehlenden Erfahrungen über den sich, was wiederum für die Bestandsplanung relevant ist. Ersatzteilbedarf von LIB, sollte Predictive Logistics für die Insofern ist es wichtig, alle Kosten einzubeziehen Logistikplanung einbezogen werden. Sammelt und analy- (Transport-, Lagerflächen-, Handlings-, Kapitalbindungs- siert man beispielsweise Daten über den Zustand der LIB, kosten etc.). z.B. über den State of Health (SOH), können diese dazu genutzt werden, Verschleiß- und Alterungsprognosen zu Bei der Ermittlung der optimalen Routen gilt, dass alle erstellen und hieraus zentrale wie dezentrale Lager- Schritte der Supply-Chain genauestens analysiert werden bestände zu planen. müssen. Unter Umständen kann es zum Beispiel vorkom- men, dass aufgrund der sehr strengen Gefahrgutkontrol- Das Versorgungskonzept sollte nicht für sich losgelöst len an manchen chinesischen Flughäfen die Batterien entwickelt werden, sondern sollte immer in Verbindung schneller per Seefracht oder mit dem Landtransport an mit anderen Faktoren betrachtet werden. So haben z.B. ihren Bestimmungsort gelangen. Teilweise sind, wie für Themen wie Angebote zur Ersatzmobilität oder Garantie- den Europa-China-Transport, Hybrid-Lösungen aus versprechen der OEMs maßgeblichen Einfluss auf das Schienen- und Straßentransport aus Zeit- und Kostensicht Serviceversprechen gegenüber Kunden und Händler und optimal. somit auch auf das Versorgungskonzept im Aftersales. Die Bestandsplanung wiederum wirkt sich auf die Lager- Bei den Eigenschaften der Batterien sollten die Anforde- flächen- und Investitionsplanung aus. Hierbei spielt eine rungen des Aftersales frühzeitig in der Entwicklung im große Rolle, wie die Lagerung der LIB in den jeweiligen Rahmen eines „Design for X“ Ansatzes einbezogen wer- Märkten erfolgen kann, welche Investitionen für die LIB- den. So könnte ein Großteil der kostentreibenden Kom- spezifische Lagerertüchtigung erforderlich sind und ob die plexität im Aftersales frühzeitig verhindert und massive Bewirtschaftung des Lagers selbst oder durch Dienst- Kosteneinsparungen realisiert werden. Batterien könnten leister erfolgen soll. Oftmals lagern OEMs die komplette für den Aftersales vor allem hinsichtlich ihrer Stapelfähig- Versorgung an einen spezialisierten Dienstleister aus. keit, Haltbarkeit, Selbstentladung und dem Gewicht bzw. Logistikunternehmen, wie Kühne + Nagel oder DB Schen- der Flugfähigkeit optimiert werden. Weitere Möglichkei- ker bieten bereits ganzheitliche, speziell auf Automotive- ten der Reduzierung der Komplexität im Aftersales wären Kunden zugeschnittene Versorgungskonzepte für LIB an. eine Variantenminimierung, bspw. über modulare Bauwei- Bei der kostenintensiven Rückführlogistik von gebrauch- sen oder Vorwärts- und Rückwärtskompatibilität der LIB. ten und defekten Batterien bietet sich in den meisten Ebenfalls berücksichtigt werden sollte eine mögliche Fällen eine Zusammenarbeit mit Spezialisten für Recycling- Remanufacturing-Fähigkeit, eine Optimierung für Second transporte an. Aber auch wenn ein OEM sich entschließt, Use-Konzepte sowie eine spätere Recyclingfähigkeit. die Versorgung selbst abzuwickeln, bieten sich verschiede- Zudem kann eine bedarfsnahe Produktion und Lagerung ne Möglichkeiten der Kostenoptimierung an. Aufgrund der der Batterien Wiederbeschaffungszeiten und Lager- großen Unsicherheiten in der Bedarfsplanung sollte das bestände reduzieren und die Notwendigkeit für teure Versorgungskonzept möglichst flexibel geplant und Investi- Interkontinentaltransporte minimieren. tionen ggf. nach hinten verschoben werden. Eine gefahr- gutspezifische Ertüchtigung von Lagern in mehreren Stufen in der Markthochlaufphase kann dabei durchaus sinnvoll 7
Lithium-Ionen-Batterien im Aftersales der Automobilbranche BLUEMONT CONSULTING “ FAZIT Letztendlich bleibt festzuhalten, dass fast alle OEMs für ihre nächste Traktionsbatterie-Generationen auf LIB «Die Aftermarkt-Logistik für Batteriepacks für setzen. In den kommenden Jahren wird der Aftersales somit vor enormen Herausforderungen stehen, denn die Fahrzeuge mit Elektroantrieb stellt eine neue Komplexität der Ersatzteilversorgung von LIB übersteigt und besondere Herausforderung für alle an die von anderen Ersatzteilen um ein Vielfaches. Jedoch können diese Herausforderungen mit einem entsprechend der Lieferkette beteiligten Partein dar. Dabei frühzeitig aufgestellten Versorgungskonzept unter Einbe- zug verschiedener Bereiche im Unternehmen unserer geht es zum Einen darum, die heute noch Erfahrung nach gut gemeistert werden. verhältnismäßig hohen Logistikkosten konti- Bluemont Consulting unterstützt Sie gerne bei der Pla- nuierlich zu senken als auch darum, bei den nung und Umsetzung Ihrer LIB-Ersatzteillogistik sowie bei weiteren Themen im automobilen Aftersales. Profitieren hohen und sich laufend verändernden gesetz- Sie insbesondere von unserer jahrelangen Erfahrung, unse- lichen Auflagen, die bei der Rückführung von rem tiefgreifenden Know-how sowie unserem interdiszi- plinären Expertennetzwerk. Als inhabergeführte Unter- alten oder gar beschädigten nehmensberatung stehen wir für innovative und pragma- tische Lösungsansätze und partnerschaftliche Zusammen- Lithium-Ionen-Batterien zu berücksichtigen arbeit auf Augenhöhe mit unseren Kunden. sind, nicht die Übersicht zu verlieren.» — Achim Glass — Head of Global Automotive Vertical Kuehne + Nagel AG “ 8
BLUEMONT CONSULTING Lithium-Ionen-Batterien im Aftersales der Automobilbranche QUELLEN Begleit- und Wirkungsforschung Schaufenster Elektromobilität (BuW): https://www.ffe.de/download/article/620/ StudieSecondLifeKonzepte.pdf BMW Group: https://www.press.bmwgroup.com/deutschland/article/detail/T0281703DE/der-bmw-i3-und-der-bmw-i3s- preisliste-fuer-deutschland?language=de Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA): https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/ Berichte/Gd2.pdf?__blob=publicationFile Bundesregierung: https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/saubere-luft/elektromobilitaet-weiter-vorantreiben- 1530062 Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE): https://speicherinitiative.at/assets/Uploads/05-SecondLife- Batterienflexible-EE-Speicher.pdf Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV): https://www.dguv.de/medien/fb-holzundmetall/sachgebiete/ fahrzeug/elektromobilitaet/faq_elekro.pdf Ecomento: https://ecomento.de/2018/12/28/vda-praesident-die-modelloffensive-mit-elektroautos-rollt-an Elektronik Kompendium: https://www.elektronik-kompendium.de/sites/bau/0810281.htm Focus Money Online: https://www.focus.de/finanzen/boerse/autohersteller-autobranche-in-der-krise_id_7449037.html Gefahrgut Online: https://www.gefahrgut-online.de/fm/3576/Vorschriften_II.pdf Ingenieur.de: https://www.ingenieur.de/technik/fachbereiche/e-mobilitaet/10-fakten-ueber-elektroautos/ IT-Recht Kanzlei München: https://www.it-recht-kanzlei.de/1 Ers- tes_Thema_Allgemeines_zum_BattG_Begriffsbestimmungen_Batterien_Links/batteriegesetz-hersteller-importeur- kommentar.html Nationale Plattform Elektromobilität (NPE): http://nationale-plattform-elektromobilitaet.de/fileadmin/user_upload/ Redaktion NPE_Fortschrittsbericht_2018_barrierefrei.pdf Paul, Bert S.: https://d-nb.info/1078957622/34 VDS Schadenverhütung GmbH: https://shop.vds.de/de/download/0b024037120d7e2545b91956911b4d67/ Wissenschaftliche Beirat beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: https://www.bmvi.de/ SharedDocs/DE/Anlage/G/wissenschaftlicher-beirat-gutachten-2011-2.pdf?__blob=publicationFile Zeit Online: https://www.zeit.de/mobilitaet/2018-01/elektromobilitaet-china-batterietechnik-entwicklung Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI): https://www.zvei.org/fileadmin/user_upload/ Verband/Fachverbaende/Elektrowerkzeuge/Neue_Merkblaetter_zum_Transport_von_Lithium-Ionen-Batterien/Versand- von-Lithium-Ionen-Batterien-2018-ZVEI.pdf BILDNACHWEISE: Titelseite: Immersion Imagery, 1136544890 / Shutterstock.com Seite 4: Illus_man, 1389276665 / Shutterstock.com 9
ÜBER BLUEMONT CONSULTING Bluemont Consulting ist eine unabhängige, internationale Managementberatung. In sich schnell wandelnden Industrien, wie der Automobilindustrie, helfen wir unseren Kunden, zukünftigen Herausforde- rungen der Märkte zu begegnen, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und den Unternehmenswert zu steigern. Dabei begleiten wir unsere Kunden von der Strategieentwicklung bis hin zur erfolgreichen Umsetzung und orientieren uns dabei stets an unserer unternehmerischen Prägung. Zu unseren Kunden zählen sowohl globale Konzerne, mittelständische Unternehmen, Startups als auch „Hidden Champions“. Wir verfügen über einen umfangreichen Erfahrungsschatz aus zahlreichen Beratungsprojekten, langjährige Erfahrungen in Top-Management-Beratungen sowie durch fundierte Praxiserfahrungen aus Führungspositionen in der Industrie. Sprechen Sie uns gerne an, wir unterstützen Sie gerne und bringen unser Branchenwissen und methodisches Know-how gerne bei Ihren Aufgaben ein. ANSPRECHPARTNER Jürgen Lukas David Cassier Geschäftsführer Consultant Mobil: +49 174 30 500 30 Mobil.: +49 151 524 036 50 E-Mail: juergen.lukas@ E-Mail: david.cassier@ bluemont-consutling.com bluemont-consutling.com
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