Versorgungsbericht 2020 Kanton Appenzell Ausserrhoden
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Das Schweizerische Gesundheitsobservatorium (Obsan) ist eine von Bund und Kan- tonen getragene Institution. Das Obsan analysiert die vorhandenen Gesundheitsinfor- mationen in der Schweiz. Es unterstützt Bund, Kantone und weitere Institutionen im Gesundheitswesen bei ihrer Planung, ihrer Entscheidfindung und in ihrem Handeln. Wei- tere Informationen sind unter www.obsan.ch zu finden. Herausgeber Online Schweizerisches Gesundheitsobservatorium (Obsan) www.obsan.ch R Publikationen Auftraggeber Copyright Appenzell Ausserrhoden Obsan, Neuchâtel 2019 Departement Gesundheit und Soziales Wiedergabe unter Angabe der Quelle Kasernenstrasse 17, 9102 Herisau für nichtkommerzielle Nutzung gestattet gesundheit.soziales@ar.ch, www.ar.ch/dgs BFS-Nummer Autorinnen/Autoren 873-1909 Reto Jörg, Obsan; Damian Hedinger, Obsan; Sylvie Füglister-Dousse, Obsan; ISBN Marcel Widmer, Obsan 978-2-940502-93-6 Mitarbeit von © Obsan 2019 Unter Mitarbeit des Departements Gesundheit und Soziales des Kantons Appenzell Ausserrhoden Projektleitung Obsan Reto Jörg Reihe und Nummer Obsan Bericht 14/2019 Zitierweise Jörg, R., Hedinger, D., Füglister-Dousse, S. & Widmer, M. (2019). Versorgungs- bericht 2020 Kanton Appenzell Ausserrhoden (Obsan Bericht 14/2019). Neuchâtel: Schweizerisches Gesundheitsobservatorium. Auskünfte / Informationen www.obsan.ch Schweizerisches Gesundheitsobservatorium Espace de l’Europe 10, CH-2010 Neuchâtel, obsan@bfs.admin.ch, Tel. 058 463 60 45 Layout Obsan Grafiken Obsan Titelseite Kanton Appenzell Ausserrhoden
Versorgungsbericht 2020 Kanton Appenzell Ausserrhoden Autoren Reto Jörg, Obsan Damian Hedinger, Obsan Sylvie Füglister-Dousse, Obsan Marcel Widmer, Obsan Herausgeber Schweizerisches Gesundheitsobservatorium (Obsan) Neuchâtel 2018
INHALTSVERZEICHNIS Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 3 5 Rehabilitation 58 1.1 Grundlagen 3 5.1 Bedarfsanalyse 59 1.1.1 Rahmenbedingungen infolge der KVG-Revision 5.1.1 Inanspruchnahme 60 Spitalfinanzierung 4 5.1.2 Versorgungsangebot 63 1.1.2 Die stationäre Spitalversorgung als Gegenstand der 5.1.3 Patientenströme 66 Planung 4 5.2 Bedarfsprognose 71 1.2 Prozess der kantonalen Spitalplanung 5 5.2.1 Prognostizierter Versorgungsbedarf 72 1.2.1 Bedarfsermittlung 6 5.2.2 Prognostizierte Patientenströme 74 1.2.2 Angebotsbestimmung 6 1.2.3 Sicherung des Angebots (Spitalliste) 7 5.3 Fazit Rehabilitation 74 1.2.4 Überprüfung der Planung 7 1.2.5 Interkantonale Koordination 8 6 Anhang 76 2 Daten und Methoden 9 6.1 Änderungen in der Abgrenzung zwischen Psychiatrie und Rehabilitation in der Klinik Gais 76 2.1 Datenquellen 9 6.2 Tabellen- und Abbildungsverzeichnis 78 2.2 Prognosemodell 10 6.2.1 Tabellenverzeichnis 78 2.2.1 Demografische Entwicklung 11 6.2.2 Abbildungsverzeichnis 79 2.2.2 Weitere Einflussfaktoren 14 6.3 Glossar und Abkürzungen 80 3 Akutsomatik 17 6.4 Referenzen 83 3.1 Bedarfsanalyse 17 3.1.1 Inanspruchnahme 18 3.1.2 Versorgungsangebot 22 3.1.3 Patientenströme 30 3.2 Bedarfsprognose 37 3.2.1 Prognostizierter Versorgungsbedarf 39 3.2.2 Prognostizierte Patientenströme 41 3.3 Fazit Akutsomatik 42 4 Psychiatrie 43 4.1 Bedarfsanalyse 43 4.1.1 Inanspruchnahme 44 4.1.2 Versorgungsangebot 47 4.1.3 Patientenströme 50 4.2 Bedarfsprognose 53 4.2.1 Prognostizierter Versorgungsbedarf 54 4.2.2 Prognostizierte Patientenströme 56 4.3 Fazit Psychiatrie 57 2 Versorgungsbericht Kanton Appenzell Ausserrhoden
EINLEITUNG 1 Einleitung Seit Inkrafttreten des Krankenversicherungsgesetzes (KVG, 1.1 Grundlagen SR 832.10) am 1. Januar 1996 werden die Kantone gemäss Art. 39 KVG dazu verpflichtet, eine bedarfsgerechte Spitalpla- Gestützt auf das KVG sind die Rahmenbedingungen für die nung durchzuführen und, darauf abgestützt, eine nach Leis- kantonalen Spitalplanungen in der Verordnung über die Kran- tungsaufträgen in Kategorien gegliederte Spitalliste zu erlas- kenversicherung (KVV, SR 832.102) konkretisiert. Die Bestim- sen. Am 21. Dezember 2007 haben die Eidgenössischen Räte mungen im KVG und in der KVV werden ergänzt durch die In- eine Teilrevision des KVG im Bereich der Spitalfinanzierung terkantonale Vereinbarung über die hochspezialisierte Medi- und -planung verabschiedet mit dem Ziel, die Kostenentwick- zin (IVHSM, bGS 812.13, vgl. auch K 3). Auf kantonaler Ebene lung zu bremsen. Das zentrale Element dieser Teilrevision ist sind die Regelungen des KVG und der KVV insbesondere im die Umstellung von der bisherigen Objektfinanzierung auf eine Gesundheitsgesetz (bGS 811.1) und in der Verordnung zum leistungsorientierte Subjektfinanzierung, beziehungsweise Gesundheitsgesetz (bGS 811.11) verankert. ein Wechsel vom Prinzip der Kostenerstattung zu einem Preissystem. Als Folge dieser Revision mussten die kantona- K 2 Rechtliche Grundlagen auf Ebene Bund und Kanton len Spitalplanungen und die Spitallisten an die neuen Rahmen- Rechtliche Grundlagen Bund: bedingungen und Anforderungen angepasst werden. Der Kan- - Bundesgesetz über die Krankenversicherung vom 18. ton Appenzell Ausserrhoden erfüllte diesen gesetzlichen Auf- März 1994 (KVG); trag mit der Spitalplanung 2012 für die stationäre Akutsoma- - Verordnung über die Krankenversicherung vom 27. Juni tik, Psychiatrie und Rehabilitation. 1995 (KVV). Der Versorgungsbericht 2012 des Kantons Appenzell Aus- serrhoden deckte den Planungshorizont bis 2020 ab. Der vor- Interkantonale Vereinbarungen: liegende Versorgungsbericht legt nun den Grundstein für die - Interkantonale Vereinbarung zur Hochspezialisierten Me- Planungsperiode 2020-2030 bzw. für die Spitalplanung Ap- dizin vom 14. März 2008 (IVHSM); penzell Ausserrhoden ab 2020 in den Versorgungsbereichen - Ostschweizer Spitalvereinbarung vom 17. August 2011. Akutsomatik, Rehabilitation und Psychiatrie (nachfolgend Rechtliche Grundlagen Kanton Appenzell Ausserrhoden: wird der Einfachheit halber von der „Spitalplanung ab 2020“ - Gesundheitsgesetz vom 25.11.2007; gesprochen). Im Auftrag des Departements Gesundheit und - Verordnung zum Gesundheitsgesetz vom 11.12.2007; Soziales sind im vorliegenden Bericht die statistischen Grund- - Gesetz über den Spitalverbund Appenzell Ausserrhoden lagen enthalten, dazu gehört eine umfassende Analyse von vom 19.09.2011 (bGS 812.11). Angebot und Nachfrage der stationären Versorgung im Zeit- raum zwischen 2012 bis 2016 sowie eine Aktualisierung der Nebst den erwähnten gesetzlichen Grundlagen stützt sich der Bedarfsprognosen. Zentrale Grundlage für die vorliegenden vorliegende Bericht insbesondere auf die Empfehlungen der Analysen bilden die Daten 2012 bis 2016 der Medizinischen GDK. Zwecks Konkretisierung der Bestimmungen aus KVG Statistik der Krankenhäuser (MS) des Bundesamtes für Sta- und KVV formulierte die GDK Empfehlungen zur leistungsori- tistik (BFS). entierten Spitalplanung (GDK 2018a), zur Anwendung des Leistungsgruppenkonzepts (GDK 2018b) sowie zur Wirt- K 1 Daten 2017 ff. schaftlichkeitsprüfung (GDK 2018c). Eine wesentliche Grund- Die Daten 2017 ff. liegen zum Zeitpunkt der Berichterstel- lage bildeten dabei die Rechtsprechung des Bundesverwal- lung noch nicht vor. Neue Erkenntnisse, die sich aus den Da- tungsgerichts (BVGer) bzw. des Bundesgerichts (BGer). 1 ten ab 2017 für die Spitalplanung ab 2020 und der Erstellung oder Aktualisierung von Spitallisten ergeben, werden im Rah- men des jeweiligen Prozesses dargelegt. 1 Eine Übersicht der Entscheide des Bundesgerichts und des Bun- und Spitallisten kann der Webseite der GDK entnommen werden desverwaltungsgerichts im Kontext kantonaler Spitalplanungen (http://www.gdk-cds.ch). Versorgungsbericht Kanton Appenzell Ausserrhoden 3
EINLEITUNG 1.1.1 Rahmenbedingungen infolge der KVG-Revision nieren müssen (Abs. 2) und der Bundesrat, unter Berücksich- Spitalfinanzierung tigung der Wirtschaftlichkeit und Qualität, einheitliche Krite- rien für die Spitalplanung festlegt (Abs. 2ter). In Art. 58 KVV Mit der Teilrevision des KVG vom 21. Dezember 2007 erfolgte sind die erwähnten Kriterien für die Spitalplanung konkreti- ein massgeblicher Paradigmenwechsel. Zu nennen ist insbe- siert: sondere die Umstellung von der bisherigen Objektfinanzie- - Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungserbringung, rung auf eine leistungsorientierte Subjektfinanzierung bzw. insbesondere: Effizienz der Leistungserbringung, Nach- ein Wechsel vom Prinzip der Kostenerstattung zu einem weis der notwendigen Qualität, Mindestfallzahlen und Nut- Preissystem. Seit 2012 werden alle auf der Spitalliste aufge- zung von Synergien; führten somatischen Akutspitäler mit leistungsbezogenen - Zugang der Versicherten zur Behandlung innert nützlicher Fallpauschalen nach dem SwissDRG-System entschädigt. Frist; Für die Erwachsenenpsychiatrie wurde per 1.1.2018 die Ta- - Bereitschaft und Fähigkeit der Einrichtung zur Erfüllung rifstruktur TARPSY eingeführt, in der Kinder- und Jugendpsy- des Leistungsauftrags. chiatrie erfolgt die Einführung per 1.1.2019. 2 Die Implementie- rung einer neuen Tarifstruktur für die stationäre Rehabilitation Mit der Revision wurde auch die inner- und ausserkantonale ist frühestens per 1.1.2022 vorgesehen. freie Spitalwahl gefördert und die Listenspitäler verpflichtet, im Rahmen ihrer Leistungsaufträge alle versicherten Perso- nen mit Wohnsitz im Standortkanton aufzunehmen. Darüber K 3 Interkantonale Vereinbarung über die hochspeziali- hinaus haben sich die Rahmenbedingungen für die kantona- sierte Medizin (IVHSM) als Sonderregelung len Spitalplanungen aufgrund von weiteren Neuerungen im Gemäss Art. 39 Abs. 2bis KVG ist im Bereich der hochspezi- Zuge der KVG-Revision geändert. Neu erfolgt die Unterschei- alisierten Medizin explizit eine gesamtschweizerische Pla- dung der Spitäler nicht mehr entlang der Linie privat-öffent- nung durch die Kantone vorgesehen, mit subsidiärer Rege- lich, sondern es wird zwischen Listen- und Vertragsspitälern lungskompetenz des Bundesrats. Für die Umsetzung dieses unterschieden. Damit verbunden ist die Gleichstellung öffent- Gesetzesauftrages haben die Kantone per 1. Januar 2009 licher und privater Trägerschaften in Bezug auf die Finanzie- die IVHSM unterzeichnet und sich damit zur gemeinsamen rung. Die Leistungen der Listenspitäler werden nach einem Planung und Zuteilung von hochspezialisierten Leistungen dual-fixen Modus finanziert, wobei die Kantone mindestens verpflichtet. Die IVHSM bildet die gesetzliche Grundlage für 55% und die Obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) die Leistungszuteilung, legt die Entscheidungsprozesse der maximal 45% vergüten. Ausgenommen sind hierbei die Ver- IVHSM-Organe fest und definiert die Kriterien, welche ein tragsspitäler, bei welchen der kantonale Anteil der Finanzie- Leistungsbereich erfüllen muss, um als hochspezialisierte rung wegfällt. Mit den im Rahmen der Revision neu eingeführ- Medizin im Sinne der IVHSM zu gelten. Die gemeinsame Pla- ten Instrumenten soll mitunter der Wettbewerb verstärkt, je- nung der hochspezialisierten Medizin erfolgt im Hinblick auf doch gleichzeitig die Versorgungssicherheit gewährleistet eine bedarfsgerechte, qualitativ hochstehende und wirt- und die hohe Qualität der Leistungserbringung aufrechterhal- schaftlich erbrachte medizinische Versorgung. Im Rahmen ten werden. In diesem Spannungsverhältnis kommt der öf- der Umsetzung der IVHSM haben die Kantone bisher Leis- fentlichen Hand weiterhin eine wesentliche Steuerungsfunk- tungszuteilungen in verschiedenen Teilbereichen der hoch- tion zu, welche massgeblich anhand der kantonalen Spitalpla- spezialisierten Medizin verabschiedet. Die IVHSM-Ent- nungen wahrgenommen wird. scheide und die vom HSM Beschlussorgan verabschiedete interkantonale Spitalliste der hochspezialisierten Medizin sind auf der Webseite der GDK publiziert. 3 1.1.2 Die stationäre Spitalversorgung als Gegenstand der Planung Wie bisher verpflichtet auch das revidierte KVG die Kantone, für eine bedarfsgerechte Spitalversorgung zu sorgen und mit- Der Gegenstand der Planung, namentlich die bedarfsgerechte tels Spitalplanung die Qualität zu fördern und die Kosten zu Spitalversorgung gemäss Art. 39 Abs. 1 lit. d KVG, ist in Art. dämpfen. Es gilt dabei festzuhalten, dass die kantonalen Spi- 58a Abs. 1 KVV konkretisiert. Die Planung umfasst die Sicher- talplanungen per se kein neues Instrument darstellen, son- stellung der stationären Behandlung im Spital oder in einem dern diese bereits seit 1996 erarbeitet werden. Die Änderun- Geburtshaus sowie der Behandlung in einem Pflegeheim für gen für die Spitalplanung infolge der KVG-Revision liegen die Einwohnerinnen und Einwohner der Kantone, welche die hauptsächlich in der Änderung von Art. 39 KVG begründet. Da- Planung erstellen. Um für die Leistungserbringung zulasten rin ist festgehalten, dass die Kantone ihre Planungen koordi- der OKP zugelassen zu werden, müssen Spitäler und Pflege- heime gemäss Art. 39 Abs. 1 KVG der kantonalen Planung für 2 Im Gegensatz zu SwissDRG in der Akutsomatik handelt es sich 3 Vgl. dazu http://www.gdk-cds.ch. bei TARPSY nicht um Fallpauschalen, sondern um leistungsbezo- gene Tagespauschalen. 4 Versorgungsbericht Kanton Appenzell Ausserrhoden
EINLEITUNG eine bedarfsgerechte Spitalversorgung entsprechen und dem- 2ter Der Bundesrat erlässt einheitliche Planungskriterien auf der gemäss auf der kantonalen Spitalliste aufgeführt sein. In Art. Grundlage von Qualität und Wirtschaftlichkeit. Er hört zuvor die 39 verpflichtet das KVG die Kantone somit indirekt, eine Spi- Kantone, die Leistungserbringer und die Versicherer an. talplanung vorzunehmen. 3 Die Voraussetzungen nach Absatz 1 gelten sinngemäss für Ge- Die Anforderungen zur Art der Planung sind mit Bezug auf burtshäuser sowie für Anstalten, Einrichtungen oder ihre Abtei- Art. 58c KVV je nach Versorgungsbereich unterschiedlich. Für lungen, die der Pflege und medizinischen Betreuung sowie der die Akutsomatik einschliesslich die Geburtshäuser bedarf es Rehabilitation von Langzeitpatienten und -patientinnen dienen einer leistungsorientierten Planung. In der Rehabilitation und (Pflegeheim). Psychiatrie kann die Planung leistungsorientiert oder kapazi- tätsbezogen erfolgen. Für Pflegeheime sehen die gesetzli- chen Grundlagen eine kapazitätsbezogene Planung vor. In Art. 1.2 Prozess der kantonalen Spitalplanung 58b KVV werden die Eckpunkte der kantonalen Planung unter dem Begriff „Versorgungsplanung“ konkretisiert, mitunter Gestützt auf die Bestimmungen gemäss KVG und KVV kann auch weil die Bestimmungen nicht nur die Spitalversorgung, der Prozess der kantonalen Spitalplanung idealtypisch – wie sondern – wie oben erwähnt – auch die Behandlung in einem in Abbildung G 1.1 dargestellt – zusammengefasst werden. Pflegeheim betreffen. Da sich der vorliegende Bericht aber Mit der Spitalplanung 2012 des Kantons Appenzell Ausserrho- ausschliesslich auf die stationäre Spitalversorgung be- den wurde der gesamte Prozess bereits einmal durchlaufen. schränkt, wird nachfolgend der Begriff „(kantonale) Spitalpla- Darüber hinaus wurden die kantonalen Spitallisten periodisch nung“ verwendet. überprüft und jeweils neue Spitallisten erarbeitet. Jeder Aktu- alisierung der Spitallisten des Kantons Appenzell Ausserrho- K 4 Art. 39 KVG – Spitäler und andere Einrichtungen den ging eine umfassende Bedarfsanalyse voraus, wobei et- 1 Anstalten oder deren Abteilungen, die der stationären Behand- waige Veränderungen in der Spitallandschaft und hinsichtlich lung akuter Krankheiten oder der stationären Durchführung von der Patientenströme sowie die sich daraus ergebenden Kon- Massnahmen der medizinischen Rehabilitation dienen (Spitä- sequenzen für die Sicherstellung einer bedarfsgerechten Ver- ler), sind zugelassen, wenn sie: sorgung anhand der jeweils aktuell verfügbaren Daten der MS a. ausreichende ärztliche Betreuung gewährleisten; analysiert wurden. b. über das erforderliche Fachpersonal verfügen; Der vorliegende Versorgungsbericht bildet den Ausgangs- c. über zweckentsprechende medizinische Einrichtungen punkt für die Planungsperiode 2020-2030 und bildet gemäss verfügen und eine zweckentsprechende pharmazeutische Abbildung G 1.1 die statistische Grundlage für eine Neupla- Versorgung gewährleisten; nung ab 2020. Bei einer umfassenden Neuplanung werden d. der von einem oder mehreren Kantonen gemeinsam auf- grundsätzlich alle Prozessschritte gemäss Abbildung G 1.1 er- gestellten Planung für eine bedarfsgerechte Spitalversor- neut durchlaufen. Dies beinhaltet namentlich die Bedarfser- gung entsprechen, wobei private Trägerschaften ange- mittlung, die Angebotsbestimmung einschliesslich Beurtei- messen in die Planung einzubeziehen sind; lung und Auswahl des Angebots sowie den Erlass einer neuen e. auf der nach Leistungsaufträgen in Kategorien geglieder- Spitalliste. ten Spitalliste des Kantons aufgeführt sind; f. sich einer zertifizierten Gemeinschaft oder Stammgemein- schaft nach Artikel 11 Buchstabe a des Bundesgesetzes vom 19. Juni 2015 über das elektronische Patientendos- sier anschliessen. 2 Die Kantone koordinieren ihre Planung. 2bis Im Bereich der hochspezialisierten Medizin beschliessen die Kantone gemeinsam eine gesamtschweizerische Planung. Kommen sie dieser Aufgabe nicht zeitgerecht nach, so legt der Bundesrat fest, welche Spitäler für welche Leistungen auf den kantonalen Spitallisten aufzuführen sind. Versorgungsbericht Kanton Appenzell Ausserrhoden 5
EINLEITUNG G 1.1 Idealtypischer Spitalplanungsprozess Neuplanung Bedarfsermittlung Periodische Überprüfung der Planung Bedarfsanalyse Bedarfsprognose Interkantonale Koordination Aktualisierung der Spi- Angebotsbestimmung talplanung/-liste Planungskriterien Formale Anpassung Sicherung des Ange- der Spitalplanung/- bots liste Spitalliste Spitalliste Quelle: Eigene Darstellung basierend auf KVG, KVV & GDK (2018) © Obsan 2018 1.2.1 Bedarfsermittlung 1.2.2 Angebotsbestimmung Die Kantone ermitteln den Bedarf in nachvollziehbaren Schrit- Basierend auf dem ermittelten Versorgungsbedarf bestim- ten. Gemäss Art. 58b Abs. 1 KVV haben sie sich dabei auf sta- men die Kantone das Angebot gemäss Art. 58b Abs. 3 KVV, tistisch ausgewiesene Daten und Vergleiche zu stützen. Im das durch die Aufführung von inner- und ausserkantonalen Rahmen der Bedarfsermittlung sind gemäss Art. 58b Abs. 2 Einrichtungen (Listenspitäler) zu sichern ist, damit die Versor- KVV auch jene Leistungen zu identifizieren, die in Einrichtun- gung gewährleistet ist. Bei der Beurteilung und Auswahl des gen beansprucht werden, die nicht auf der kantonalen Spital- Angebots bzw. der konkreten Leistungserbringer berücksich- liste aufgeführt sind. tigen die Kantone insbesondere die Planungskriterien gemäss Art. 58b Abs. 4 KVV, namentlich die Wirtschaftlichkeit und Umsetzung im Kanton Appenzell Ausserrhoden Qualität der Leistungserbringung sowie den Zugang der Pati- entinnen und Patienten zur Behandlung innert nützlicher Frist. Die Grundlage für die aktuell geltenden kantonalen Spitallis- Bei der Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität haben die ten bilden die Bedarfsermittlungen für die stationäre akutso- Kantone gemäss Art. 58b Abs. 5 KVV insbesondere (a) die Ef- matische und rehabilitative Versorgung im Rahmen der Spi- fizienz der Leistungserbringung, (b) den Nachweis der not- talplanung 2012 des Kantons Appenzell Ausserrhoden (DGS wendigen Qualität und (c) im Spitalbereich die Mindestfallzah- AR, 2010). Im Rahmen der Aktualisierung der Spitalplanun- len und die Nutzung von Synergien zu beachten. Ausserdem gen Appenzell Ausserrhoden 2017 Akutsomatik und Rehabi- sind gemäss Art. 39 Abs. 1. lit. d KVG private Trägerschaften litation (Departement Gesundheit und Soziales AR, 2017) so- angemessen in die Planung einzubeziehen. wie der Spitalplanung Appenzell Ausserrhoden 2018 Psychi- atrie (Departement Gesundheit und Soziales AR, 2018) wur- den die Bedarfsanalysen und -prognosen ausserdem über- prüft und partiell aktualisiert. Der vorliegende Versorgungsbericht bildet die Grundlage für die Planungsperiode 2020-2030. Dazu wird eine umfas- sende Aktualisierung dieser Bedarfsanalysen und -progno- sen vorgenommen, um einen möglichen Handlungsbedarf zur Sicherstellung der stationären Versorgung zu identifizie- ren. 6 Versorgungsbericht Kanton Appenzell Ausserrhoden
EINLEITUNG Umsetzung im Kanton Appenzell Ausserrhoden Formelle Anpassung der Spitalliste: Als Änderungen der Spi- tallisten formeller Natur gelten insbesondere Infolge des Evaluationsverfahrens im Rahmen der Spitalpla- nung 2012 resultierten die ersten Spitallisten Akutsomatik, - Nachvollzug von IVHSM-Entscheiden; Rehabilitation und Psychiatrie der Planungsperiode 2012- - Nachvollzug von Anpassungen der SPLG sowie des 2020. Bei der Evaluation der Leistungserbringer wendete CHOP- und des ICD-Katalogs; das Departement Gesundheit (heute: Departement Gesund- - Korrektur von Fehlern; heit und Soziales) die von der Gesundheitsdirektion des Kan- - Nachvollzug weiterer formeller Änderungen wie zum Bei- tons Zürich aufbereiteten Kriterien gemäss SPLG-Systema- spiel bei Namenswechseln von Leistungserbringern. tik an. Im Sinne der Transparenz und der Förderung des Aktualisierung der Spitalliste ohne Neuplanung: Solange Wettbewerbs wurden die Kriterien für alle Bewerber gleich sich die in der vorherigen Spitalplanung ermittelte Bedarfs- angewendet. Bei den Evaluationskriterien wurden primär die prognose als nach wie vor korrekt erweist und auch die übri- Qualität, die Wirtschaftlichkeit, die Aufnahmebereitschaft, gen Planungsgrundlagen noch gültig sind, ist innerhalb der die Erreichbarkeit sowie die Versorgungsrelevanz berück- vom Kanton vorgesehenen Spitalplanungs-Periodizität keine sichtigt. Das damals angewendete Bewerbungs- und Evalu- umfassende neue Spitalplanung notwendig. Es gibt jedoch ationsverfahren ist im Strukturbericht des Departements Ge- verschiedene Gründe, dass eine bestehende Spitalliste zwi- sundheit ausführlich dokumentiert (Departement Gesund- schenzeitlich ohne neue Spitalplanung überprüft und aktuali- heit AR, 2010), siert wird, insbesondere bei: Für die anstehende Planungsperiode 2020-2030 ist ein analoges Auswahlverfahren vorgesehen. Dieses wird sich - Entzug eines Leistungsauftrags (gesamthaft oder für eine auf die zu diesem Zeitpunkt gültigen Anforderungen gemäss oder mehrere Leistungsgruppen); SPLG-Konzept der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich - Überprüfung von befristeten Leistungsaufträgen bei Ab- stützen. lauf der Befristung: Umwandlung in unbefristete Leis- tungs-aufträge oder keine Erneuerung des Leistungsauf- trages; 1.2.3 Sicherung des Angebots (Spitalliste) - Kündigung eines Leistungsauftrages durch ein Listenspi- tal; Zur Sicherung des Angebots gemäss Art. 58b Abs. 3 KVV er- - Erteilung eines Leistungsauftrags in einer zusätzlichen stellen die Kantone eine Spitalliste gemäss Art. 39 Abs. 1 lit. e Leistungsgruppe innerhalb eines bestehenden Leistungs- KVG. Gemäss ebendiesem Art. 39 Abs. 1 lit. e KVG sowie aus- bereichs für ein bereits auf der Spitalliste figurierendes gehend von Art. 58e Abs. 2 KVV ist auf der kantonalen Spital- Spital zur sinnvollen Abrundung seines Leistungsportfo- liste für alle inner- und ausserkantonalen Leistungserbringer lios; das Leistungsspektrum – im Form von in Kategorien geglie- - Aufnahme eines neuen Listenspitals zur Behebung oder derten Leistungsaufträgen – zu definieren. Entschärfung einer Unterversorgung; - kleinere Anpassungen an die Anforderungen. Umsetzung im Kanton Appenzell Ausserrhoden Wird eine Spitalliste innerhalb der Spitalplanungs-Periodizität In Anlehnung an die Empfehlungen der GDK (2018c) stützt aktualisiert, sollen die Kriterien Bedarf, Qualität, Wirtschaft- sich die Spitalliste des Kantons Appenzell Ausserrhoden im lichkeit und Zugang innert nützlicher Frist mit Bezug auf die Versorgungsbereich Akutsomatik auf die Spitalplanungs- von der Aktualisierung direkt betroffenen Leistungserbringer Leistungsgruppen (SPLG) der Gesundheitsdirektion des beurteilt werden. Im Unterschied zu einer neuen Spitalplanung Kantons Zürich (GDZH), wonach die spitalspezifischen Leis- werden aber die bisherigen Listenspitäler nicht erneut auf tungsaufträge anhand von rund 130 verschiedenen Leis- diese Kriterien überprüft. Auch werden die Leistungsaufträge tungsgruppen erteilt werden. Abweichungen vom Leistungs- der bisherigen Listenspitäler durch den Antrag eines neuen gruppenkonzept der GDZH sind auf den jeweiligen Spitallis- Bewerbers innerhalb der Spitalplanungs-Periodizität nicht in ten vermerkt. Frage gestellt. Neuplanung: Bei einer umfassenden Neuplanung werden grundsätzlich alle Prozessschritte gemäss Abbildung G 1.1 1.2.4 Überprüfung der Planung durchlaufen. Dies beinhaltet namentlich die Bedarfsermitt- lung, die Angebotsbestimmung einschliesslich Beurteilung Art. 58a Abs. 2 KVV verpflichtet die Kantone zur periodischen und Auswahl des Angebots sowie den Erlass einer neuen Spi- Überprüfung ihrer Planung. Allfällige Anpassungen der kanto- talliste. Das Verfahren einer Spitalplanung muss den Vorga- nalen Spitalplanung werden in Anlehnung an die Empfehlun- ben der KVV folgen. Ein Bewerbungsverfahren, welches alle gen der GDK (2018, S.5-7) in unterschiedliche Ebenen von Pla- interessierten Leistungserbringer einbezieht, ist integraler Be- nungseingriffen unterschieden: standteil der Angebotsauswahl (C-6266/2013). Unter Berück- sichtigung der Bedeutung längerfristiger Leistungsaufträge in Versorgungsbericht Kanton Appenzell Ausserrhoden 7
EINLEITUNG Bezug auf Planungs- und Investitionssicherheit der Leistungs- Ausserdem wurde mit dem Inkrafttreten der KVG-Revision zur erbringer erscheint eine Neuauflage der Planung mit umfas- neuen Spitalfinanzierung per 1.1.2012 – nebst anderen Refor- sender Bedarfsanalyse und Ausschreibung aller Leistungs- men – auch die freie Spitalwahl eingeführt. Dies mit dem Ziel, aufträge nur in längeren zeitlichen Abständen sinnvoll oder den Wettbewerb zwischen den Spitälern durch den Abbau von wenn grössere Abweichungen zwischen der Bedarfsprognose Mobilitätsbeschränkungen zu stärken. Seit der Einführung der und den tatsächlichen Entwicklungen festgestellt werden. Die freien Spitalwahl können die Patientinnen und Patienten in der Festlegung der Periodizität solcher umfassenden Planungen Schweiz grundsätzlich frei wählen, in welchem Spital sie sich mit Neuausschreibungen liegt im Ermessen der Kantone. behandeln lassen möchten, unabhängig davon, ob dieses Spi- tal den Standort in ihrem Wohnkanton hat oder nicht. Die ob- ligatorische Krankenversicherung und die Kantone überneh- Umsetzung im Kanton Appenzell Ausserrhoden men die Kosten für Behandlungen in jedem Spital, das von Die aktuelle Planungsperiode des Kantons Appenzell Aus- mindestens einem Kanton einen Leistungsauftrag für die be- serrhoden umfasst den Zeitraum von 2012 bis 2020. Ausge- nötigte Behandlung hat, allerdings höchstens zum Referenz- hend von den Daten der Medizinischen Statistik der Kranken- tarif des Wohnkantons. Eine allfällige Differenz zum fakturier- häuser wurden der Versorgungsbedarf sowie die Bedarfs- ten Tarif des behandelnden Spitals muss weiterhin von den prognosen periodisch überprüft. Den Leistungserbringern Patientinnen und Patienten bzw. ihrer Zusatzversicherung bot sich im Rahmen dieser Überprüfungen jeweils auch die übernommen werden. Möglichkeit, sich für neue Leistungsgruppen zu bewerben. Aus den Überprüfungen der kantonalen Spitallisten resultier- Umsetzung im Kanton Appenzell Ausserrhoden ten jeweils neue Spitallisten (in den Jahren 2013, 2015, 2017 in der Akutsomatik und Rehabilitation sowie in den Jahren In Anlehnung an die Empfehlungen der GDK (2018a) berück- 2014, 2016 und 2018 in der Psychiatrie), welche die ur- sichtigt der Kanton Appenzell Ausserrhoden mindestens (a) sprünglichen Spitallisten Akutsomatik, Rehabilitation und die benachbarten Kantone, (b) die Standortkantone ausser- Psychiatrie aus dem Jahr 1997 ersetzten. kantonaler Listenspitäler sowie (c) Kantone, aus denen eine gewichtige Zuwanderung von Patienten feststellbar ist. Kon- kret sind dies die Kantone der GDK-Ost (Appenzell Innerrho- den, Glarus, Graubünden, St. Gallen, Schaffhausen, Thurgau 1.2.5 Interkantonale Koordination und Zürich) sowie die Standortkantone der Listenspitäler, die zusätzlich auf den Spitallisten des Kantons Appenzell Aus- Im Rahmen der Verpflichtung zur interkantonalen Koordina- serrhoden figurieren. tion der Planungen nach Art. 39 Abs. 2 KVG müssen die Kan- Die Auswertungen betreffend die Patientenströme erfolg- tone insbesondere: (a) die nötigen Informationen über die Pa- ten im Versorgungsbericht (Departement Gesundheit AR tientenströme auswerten und diese mit den betroffenen Kan- 2010) sowie bei den aktuellen Spitallisten in den Berichten tonen austauschen; (b) die Planungsmassnahmen mit den zur Spitalplanung Appenzell Ausserrhoden 2017 Akutsoma- davon in ihrer Versorgungssituation betroffenen Kantonen ko- tik und Rehabilitation (Departement Gesundheit und Sozia- ordinieren (Art. 58d lit. a-b KVV). les AR, 2016) bzw. Psychiatrie (Departement Gesundheit Die Bedeutung der interkantonalen Koordination ergibt und Soziales AR, 2017). Die Koordination der Versorgungs- sich mitunter aus der potentiellen Relevanz ausserkantonaler massnahmen mit den betroffenen Kantonen erfolgte mass- Leistungserbringer für die Sicherstellung einer bedarfsgerech- geblich innerhalb der GDK-Ost anhand der provisorischen ten Versorgung. Die Kantone müssen mittels Spitalliste die Spitallisten, welche jeweils zur Stellungnahme unterbreitet Versorgung bzw. das Leistungsangebot sichern, und dabei die wurden. inner- und ausserkantonalen Einrichtungen berücksichtigen, soweit es für die Bedarfssicherung notwendig ist (Art. 58b KVV). Im Rahmen der Analyse des Bedarfs für die Versorgung der Wohnbevölkerung im eigenen Kanton (Art. 58a KVV), die der Erstellung der kantonalen Spitalliste vorausgeht, müssen die Kantone wissen, welcher Anteil der eigenen Bevölkerung Spitalbehandlungen ausserhalb des Kantons in Anspruch nimmt. Am wichtigsten ist es also, den Abfluss an Patienten zu kennen. Was den Zustrom von ausserkantonalen Patien- tinnen und Patienten betrifft, muss der Kanton diese zwar nicht in seine Bedarfsanalyse einbeziehen, für die Auslastung der Kapazitäten der Spitäler auf seinem Gebiet sind die Zu- ströme aber relevant und sollten daher berücksichtigt werden (vgl. auch Huber 2015). 8 Versorgungsbericht Kanton Appenzell Ausserrhoden
DATEN UND METHODEN 2 Daten und Methoden 2.1 Datenquellen administrative Daten wie Versicherungsart oder Aufenthalts- ort vor der Hospitalisierung und medizinische Informationen Zentrale Datengrundlage für die Berechnungen und Progno- wie Diagnosen und Behandlungen. sen im vorliegenden Versorgungsbericht bilden die Daten der Die Abgrenzung der Versorgungsbereiche Akutsomatik, Medizinischen Statistik der Krankenhäuser (MS) und der Psychiatrie und Rehabilitation erfolgte gemäss Kasten 5. Krankenhausstatistik (KS) des Bundesamtes für Statistik Grundsätzlich werden für die Analysen jeweils alle Austritte in- (BFS). Die MS erfasst jedes Jahr die anfallenden Daten aller nerhalb eines Datenjahres als Fall gezählt (A-Fälle). In der Psy- Hospitalisierungen in den Schweizerischen Krankenhäusern. chiatrie werden zusätzlich die C-Fälle berücksichtigt. Es han- Diese Erhebung wird von jedem Krankenhaus bzw. von jeder delt sich dabei um Patientinnen und Patienten, die während Klinik und jedem Geburtshaus durchgeführt. Das BFS erhebt dem gesamten Kalenderjahr hospitalisiert waren und somit sowohl soziodemographische Informationen der Patientin- bis zum 31.12. noch nicht ausgetreten sind. Aufgrund der Res- nen und Patienten wie Alter, Geschlecht, Wohnregion als auch sourcen, welche diese Fälle beanspruchen, ist es insbeson- dere für die Prognose der Pflegetage wesentlich, diese Fälle Kasten 5: Abgrenzung der Versorgungsbereiche in der MS Die von den Spitälern angebotenen Versorgungsbereiche werden gemäss den Hauptkostenstellen und der Krankenhaustypo- logie des BFS abgegrenzt. Die Fälle werden den verschiedenen Bereichen zunächst auf Basis der Hauptkostenstelle und, falls nötig, anschliessend auch aufgrund der Typologie zugeordnet. Dabei gelten die folgenden Definitionen: Akutsomatik d Psychiatrie Rehabilitation Definition des Falls a A A, C A Hauptkostenstelle (HKST) b Alle ausser: M500, M900e, M950 M500 M900e, M950 Krankenhaustypologie c Alle ausser: K21, K221, K234e K21 K221, K234e Um die Versorgungslandschaft für den Kanton Appenzell Ausserrhoden möglichst adäquat abzubilden, werden in einem ab- schliessenden Schritt einige Abgrenzungen mit Bezug auf konkrete Leistungserbringer vorgenommen: Klinik Gais - Ab 2016 werden die Fälle der HKST M500 der Psychiatrie zugeordnet: alle Fälle vor 2016 und die restlichen Fälle im Jahr 2016 werden gemäss Spitaltypologie der Rehabilitation zu- gewiesen. Schweizer Paraplegiker- - Ungeachtet des Spitaltyps und der kodierten Hauptkostenstellen werden alle Fälle mit DRG- Zentrum Status=1 der Akutsomatik und alle Fälle mit DRG-Status=0 der Rehabilitation zugeordnet. a A: Austritt zwischen dem 1.1. und dem 31.12.; C: Eintritt vor dem 1.1. und Behandlung, die sich nach dem 31.12. fortsetzt. b M500=Psychiatrie und Psychotherapie; M900=Geriatrie; M950=Physikalische Medizin und Rehabilitation. HKST in der MS sind technisch identisch zu den Leistungsstellen in der Krankenhausstatistik. c K21=Psychiatrische Kliniken; K221=Rehabilitationskliniken; K234=Geriatrische Kliniken d Die gesunden Neugeborenen sind eingeschlossen (SwissDRG: P66D, P67D, P60A), d.h. diese Ereignisse werden separat gezählt, einmal bei der Mutter und einmal beim Kind. e Fälle der HKST M900 oder Spitaltyp = K234 werden der Akutsomatik zugeordnet, wenn die Variable DRG-Status=1 ist und die Fälle demgemäss über SwissDRG abgerechnet wurden. Wenn die Variable DRG-Status=0 kodiert ist, werden die Fälle der Rehabilitation zugeordnet. Quelle: Obsan © Obsan 2018 Versorgungsbericht Kanton Appenzell Ausserrhoden 9
DATEN UND METHODEN zu berücksichtigen. Mit Bezug auf die Fallzahl machen die 2.2 Prognosemodell C-Fälle lediglich einen Bruchteil der Gesamtfallzahl aus. Auf eine Eingrenzung auf die OKP-Fälle (Obligatorische Das Modell zur Prognose des Versorgungsbedarfs des Obsan Krankenpflegeversicherung) wurde für die Auswertungen im ist im Obsan-Dossier Nr. 32 (Weaver et al., 2009) dokumen- vorliegenden Bericht grundsätzlich verzichtet. Zwar bezieht tiert. Das aktuell eingesetzte Modell ist eine überarbeitete Ver- sich die Planungspflicht der Kantone gemäss KVG lediglich sion des ursprünglichen Modells, welches in der oben genann- auf die Leistungen der OKP, allerdings ist die Berücksichti- ten Publikation beschrieben ist. Die Überarbeitung des Mo- gung der Gesamtzahl der Fälle für einige Analysen von we- dells diente insbesondere dazu, nebst der demografischen sentlicher Bedeutung. Beispielhaft seien hierzu die Analysen Entwicklung zusätzliche Einflussfaktoren im Modell einzube- zu den Mindestfallzahlen genannt. Wenn die Fallzahl als Indi- ziehen. Dazu wurde eine Schnittstelle geschaffen, um kanto- kator für die spezifische Expertise eines Leistungserbringers nale Prognosen zur ökonomischen, epidemiologischen und analysiert wird, macht es keinen Sinn die Fälle anhand des medizintechnischen Entwicklung zu integrieren und die Zahl Kostenträgers einzuschränken. der wählbaren Szenarien wurde erweitert. Die Prognosen im Nebst der MS und der KS werden für die Berechnungen vorliegenden Versorgungsbericht basieren auf der im Refe- des vorliegenden Versorgungsberichts ebenfalls Daten der renzjahr 2016 beobachteten Inanspruchnahme durch die kan- Statistik der Bevölkerung und der Haushalte (STATPOP) 4 und tonale Wohnbevölkerung. Als Prognosehorizont wurde das die Bevölkerungsszenarien 5 des BFS verwendet. Die STAT- Jahr 2030 definiert. POP ist Teil des eidgenössischen Volkszählungssystems. Sie In Abbildung G 2.1 ist das Modell zur Prognose des Ver- liefert Informationen zum Bestand und zur Struktur der Wohn- sorgungsbedarfs schematisch dargestellt. Das Vorgehen für bevölkerung am Jahresende sowie zu den Bevölkerungsbe- die Schätzung des Versorgungsbedarfs lässt sich anhand der wegungen während des Kalenderjahres. Die Bevölkerungs- folgenden Schritte zusammenfassen: zahlen der STATPOP dienen insbesondere zur Berechnung [1] Berechnung der Hospitalisierungsraten pro Wohnkanton, der alters- und diagnosespezifischen Hospitalisierungsraten. Altersgruppe sowie DRG/SPLG (Akutsomatik) bzw. Diag- Bei den Bevölkerungsszenarien handelt es sich um eine Reihe nosegruppe (Psychiatrie und Rehabilitation); von Bevölkerungsvorausschätzungen, welche die zukünftig mögliche Entwicklung der Bevölkerung auf nationaler bzw. [2] Berechnung der mittleren Aufenthaltsdauer (MAHD) pro kantonaler Ebene beschreiben. Bevölkerungsszenarien sind DRG bzw. Diagnosegruppe für das Referenzjahr; 6 das in Zahlen ausgedrückte und nach Alter und Geschlecht [3] Schätzung der Fallzahlen (Hospitalisierungen) ein- unterteilte Ergebnis von bestimmten Annahmen über die zu- schliesslich der interkantonalen Patientenströme für den künftige Entwicklung der Fruchtbarkeit, der Sterblichkeit und Prognosehorizont basierend auf den berechneten Hospi- der Wanderungen unter bestimmten sozioökonomischen und talisierungsraten des Referenzjahrs und den Bevölke- politischen Rahmenbedingungen. rungsszenarien; [4] Ausgehend von den geschätzten Fallzahlen Schätzung der Pflegetage unter Berücksichtigung der Szenarien zur Entwicklung der Aufenthaltsdauer. 4 Vgl. www.bfs.admin.ch. haltsdauer ausgeschlossen werden. Die Berechnungen des Prog- 5 Vgl. www.bfs.admin.ch. nosemodells stützen sich hierzu auf die Berechnungsart gemäss 6 Voraussetzung für die Ermittlung einer robusten MAHD pro DRG Swiss-DRG, welches ebenfalls bei der Ermittlung der Kostenge- sind Anpassungen, mit denen die Ausreisser in Sachen Aufent- wichte verwendet wird. 10 Versorgungsbericht Kanton Appenzell Ausserrhoden
DATEN UND METHODEN G 2.1 Obsan-Modell zur Prognose des Versorgungsbedarfs BFS – Medizinische Statistik der Kranken- häuser (MS) Abgrenzung Akutsomatik, BFS – Statistik der Be- völkerung und Haus- Psychiatrie und Rehabilita- halte (STATPOP) tion Pflegetage Fälle Ständige Wohnbevölke- rung (Referenzjahr) Mittlere Aufenthaltsdauer Hospitalisierungsrate pro Altersgruppe und pro DRG bzw. Diagnose- DRG/SPLG bzw. Diagnose- Referenzjahr gruppe gruppe Prognosehorizont Kantonale Szenarien zur Entwicklung der Hospitalisierungs- raten ausgehend von epidemiologischen, ökonomischen und medizintechnischen Entwicklungen Hospitalisierungsrate pro Al- tersgruppe und DRG/SPLG Szenarien zur bzw. Diagnosebereich Entwicklung der MAHD BFS – Szenarien zur Be- völkerungsentwicklung: - Szenario tief - Referenzszenario - Szenario hoch Fälle pro DRG/SPLG bzw. Diagnosegruppe Mittlere Aufenthaltsdauer pro DRG bzw. Diagnose- gruppe Legende Pflegetage pro = BFS-Datensatz DRG/SPLG bzw. Diagnose- = Weitere Datengrundlagen gruppe = Berechnungen Quelle: Eigene Darstellung © Obsan 2018 2.2.1 Demografische Entwicklung nungsgrundlage. Dem Modell zur Prognose des Versorgungs- bedarfs des Obsan liegen die Bevölkerungsszenarien des BFS Die Bevölkerungsstruktur stellt eine zentrale Rahmenbedin- zugrunde. 7 gung für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft – und damit für Prognosen sind zwangsläufig mit Unsicherheit behaftet. die Schaffung, Verteilung und den Erhalt von Wohlfahrt – dar. Daher werden durch das BFS drei unterschiedliche Bevölke- Der Altersaufbau und seine Veränderungen wirken sich auf die rungsszenarien berechnet. Auf der Basis bestimmter Hypo- Rahmenbedingungen einer Gesellschaft (System der sozialen thesen über die zukünftige Entwicklung der Fruchtbarkeit, der Sicherheit, insbesondere Altersvorsorge, und Gesundheits- Sterblichkeit, der Ein- und Auswanderung, der Binnenwande- system), das Humankapital und die Bereitstellungsaktivitäten rung und des Erwerbs des Schweizer Bürgerrechts wird die (Zahl der Erwerbstätigen und unbezahlte Arbeit) aus. Progno- Zahl der Geburten, Todesfälle, Einbürgerungen sowie der sen der zukünftigen Bevölkerungsentwicklung bilden dem- Wanderungssaldo für jedes zukünftige Jahr vorausgeschätzt nach auch für die Gesundheitsversorgung eine wichtige Pla- und mit Hilfe der Fortschreibungsmethode (Bevölkerungsbi- lanz) der jährliche Bevölkerungsstand ermittelt. Das Referenz- szenario schreibt die Entwicklungen der letzten Jahre fort. 7 Vgl. www.bfs.admin.ch. Versorgungsbericht Kanton Appenzell Ausserrhoden 11
DATEN UND METHODEN G 2.2 Bevölkerungsstand und Bevölkerungsentwicklung, 2012-2045 70'000 Ständige Wohnbevölkerung Bilanz der ständigen Wohnbevölkerung Ist 60'000 Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung Referenz hoch 50'000 tief Ständige Wohnbevölkerung: 40'000 Bilanz 2012 vs. 2017 (Ist) 2012 2017a CAGR 30'000 Ist 53 438 55 162 +0,6% Ständige Wohnbevölkerung: 20'000 Entwicklung nach Szenario 2030 CAGR 10'000 tief 56 178 +0,1% Referenz 57 812 +0,4% hoch 59 557 +0,6% 0 2012 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 a provisorische Ergebnisse (vgl. BFS 2018) Quelle: BFS – STATPOP 2016; Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung der Kantone 2015-2045 © Obsan 2018 Das «hohe» Szenario beruht auf einer Kombination von Hypo- heres Bevölkerungswachstum als es in den Prognosen ge- thesen, die das Bevölkerungswachstum begünstigen, wäh- schätzt wurde. Im Jahr 2017 relativierte sich diese Entwick- rend das «tiefe» Szenario Hypothesen kombiniert, die dem Be- lung bereits wieder: mit einem Wachstum von +0,4% verzeich- völkerungswachstum weniger förderlich sind. Anhand der drei nete der Kanton Appenzell Ausserrhoden eine Bevölkerungs- Szenarien wird der plausible Bereich der möglichen zukünfti- zunahme, die im Bereich zwischen dem mittleren und dem ho- gen Bevölkerungsentwicklung abgedeckt. Trotzdem ist nicht hen Szenario liegt (vgl. auch BFS 2016b, 2017, 2018). Infolge- auszuschliessen, dass sich die Bevölkerung aufgrund derzeit dessen erscheint es plausibel an den Bevölkerungsszenarien nicht absehbarer Einflüsse anders entwickeln wird. Dies ist bei als Grundlage für die Prognose festzuhalten. der Verwendung von Prognosezahlen unbedingt zu berück- Für den Prognosezeitraum zwischen 2016 bis 2030 ist für sichtigen. den Kanton Appenzell Ausserrhoden im Referenzszenario von Gemäss dem Referenzszenario des BFS wächst die stän- einem Bevölkerungswachstum um +5,2% auszugehen (vgl. dige Wohnbevölkerung des Kantons Appenzell Ausserrhoden Abbildung G 2.3). Die Bevölkerungszunahme ist im Kanton Ap- zwischen 2015 und 2030 um durchschnittlich +0,4% pro Jahr, penzell Ausserrhoden in diesem Zeitraum somit deutlich ge- was einer Zunahme von rund 54 300 auf rund 57 800 Perso- ringer als für die Schweiz (+13,3%) insgesamt. Grund dafür nen entspricht (vgl. Abbildung G 2.2). Beim «tiefen» Szenario sind das negative natürliche Bevölkerungswachstum 8 sowie bzw. beim «hohen» Szenario liegt sie im Jahr 2030 zwischen die vergleichsweise niedrige Bevölkerungszunahme durch in- 56 200 und 59 600 Personen (vgl. auch BFS 2016a). Aus dem ternationale Zuwanderung (vgl. auch BFS, 2016a). Zur demo- Vergleich der drei Prognoseszenarien und dem effektiven grafischen Entwicklung gehört nebst dem Bevölkerungs- Stand der Wohnbevölkerung per 31.12.2017 wird ersichtlich, wachstum auch die demografische Alterung. Aus der Bevöl- dass die Bevölkerungsszenarien die Bevölkerungsentwick- kerungspyramide in Abbildung G 2.3 wird die Bevölkerungs- lung im Kanton Appenzell Ausserrhoden – wie auch gesamt- struktur der Wohnbevölkerung des Kantons Appenzell Ausser- schweizerisch – im Zeitraum zwischen 2015 und 2017 unter- rhoden ersichtlich. Als Referenz ist ausserdem die Bevölke- schätzten. In den Jahren 2015 (+0,9%) und 2016 (+0,8%) ver- rungsstruktur der Schweiz abgebildet. Ebenso ist in Abbildung zeichnete der Kanton Appenzell Ausserrhoden ein deutlich hö- G 2.3 die Bevölkerungsentwicklung bis 2030 ausgehend vom Referenzszenario des BFS dargestellt. 8 Das natürliche Bevölkerungswachstum wird aus dem Verhältnis die Bevölkerungsentwicklung ohne Berücksichtigung der inter- der Lebendgeburten und der Todesfälle ermittelt und beschreibt kantonalen und internationalen Migration. 12 Versorgungsbericht Kanton Appenzell Ausserrhoden
DATEN UND METHODEN G 2.3 Bevölkerungsstand und Bevölkerungsentwicklung, 2016 vs. 2030 Männer Frauen 100+ Appenzell Ausserrhoden 90 80 70 60 50 40 30 20 Alter in Jahren 10 0 600 400 200 0 200 400 600 Anzahl Personen Männer Frauen 100+ Schweiz 90 80 70 60 50 40 30 20 Alter in Jahren 10 0 80'000 60'000 40'000 20'000 0 20'000 40'000 60'000 80'000 Anzahl Personen Quelle: BFS – Statistik der Bevölkerung und der Haushalte; Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung der Kantone 2015-2045 © Obsan 2018 In Bezug auf die Struktur der Wohnbevölkerung des Kantons dem sogenannten Pillenknick Mitte der 1960er-Jahre. Ihr Appenzell Ausserrhoden ist der – insgesamt für die Schweiz steht eine schwächer besetzte Jugendgeneration gegenüber typische – Altersaufbau erkennbar, bei welchem die Baby- (vgl. Bucher 2008). Aus dem Vergleich von Ist und Prognose boom-Generation hervorsticht. Als Babyboom bezeichnet wird der Prozess der demografischen Alterung offensichtlich, wird der starke Anstieg der Geburtenraten in vielen Industrie- von welchem die Schweiz – wie die meisten modernen Indust- ländern zwischen dem Ende des Zweiten Weltkrieges und Versorgungsbericht Kanton Appenzell Ausserrhoden 13
DATEN UND METHODEN rie- und Dienstleistungsstaaten – betroffen ist. Die demogra- einer Reduktion der Fallzahlen im stationären Bereich. Denk- fische Alterung wird als die Zunahme des Anteils älterer Men- bar sind allerdings auch Teilverlagerungen von Komponenten schen in einer Bevölkerung definiert. Sie ist Ausdruck von Ver- stationärer Leistungen in den ambulanten Bereich, d.h. die änderungen an der Spitze und an der Basis der Alterspyra- Hauptbehandlung erfolgt zwar nach wie vor stationär im Spi- mide. Damit ist gemeint, dass die demografische Alterung so- tal, ein Teil der Untersuchungen und Abklärungen werden je- wohl eine Folge der niedrigeren Geburtenraten als auch der doch in den ambulanten Bereich verlagert (Felder et al. 2014, steigenden Lebenserwartung ist. Dadurch verändert sich das Widmer et al. 2017). Während sich Gesamtverlagerungen sta- Verhältnis alte zu junge Bevölkerung gewissermassen zwei- tionärer Leistungen insbesondere auf die Fallzahlen bzw. auf mal, zum einen an der Basis der Alterspyramide, zum anderen die Hospitalisierungsraten auswirken, beeinflussen Teilverla- auch an deren Spitze. Aktuell ist für den Kanton Appenzell gerungen in erster Linie die Aufenthaltsdauern stationärer Ausserhoden – wie auch für die Schweiz insgesamt – vor al- Leistungen. lem der Alterungseffekt an der Spitze der Alterspyramide mas- Nebst der potentiellen Substitution stationärer durch am- segebend. So ist für den Kanton Appenzell Ausserrhoden, mit bulante Leistungen resultiert aufgrund der Einführung der Ver- Bezug auf das Referenzszenario des BFS, mit einem Anstieg gütung über Fallpauschalen ein ökonomischer Druck auf die des Anteils in der Altersgruppe 65 Jahre und älter von 19% im Aufenthaltsdauern. Im Gegensatz zu zeitraumbezogenen Ver- Jahr 2016 auf 25% im Jahr 2030 auszugehen. Entsprechend gütungsformen (wie Tagespauschalen) oder einer Vergütung steigen im selben Zeitraum auch das Durchschnittsalter der einzelner Leistungen (Einzelleistungsvergütung) erfolgt bei kantonalen Wohnbevölkerung von 42.8 auf 46.0 Jahre und der Fallpauschalen die Vergütung von medizinischen Leistungen Altersquotient von 31.0% auf 45.7%. Anhand dieser Indikato- pauschal pro Behandlungsfall, wodurch aus Sicht der Leis- ren lässt sich erkennen, dass die prognostizierte Alterung für tungserbringer der Ertrag weitgehend unabhängig von der den Kanton Appenzell Ausserrhoden deutlich markanter ist Dauer des Aufenthalts ist, gleichzeitig die (Opportunitäts- als für die Schweiz insgesamt. Alles in allem resultieren aus )Kosten aber mit jedem Aufenthaltstag massgeblich steigen. der demografischen Alterung weitreichende gesellschaftliche Folgen, insbesondere im Arbeitsmarkt, für den Sozialversiche- rungsbereich und nicht zuletzt auch für die Gesundheitsver- Medizintechnische und epidemiologische Entwicklungen sorgung. Als medizintechnische Entwicklungen können die Einführung und Verbreitung neuer Technologien zur Diagnostik (zum Bei- 2.2.2 Weitere Einflussfaktoren spiel bildgebende Verfahren), zur Therapie (zum Beispiel mini- mal-invasive Operationsmethoden) oder zur Prävention (zum Nebst der demografischen Entwicklung gibt es weitere mögli- Beispiel Sekundärprophylaxe) verstanden werden. Die Epide- che Faktoren, welche den künftigen Versorgungsbedarf beein- miologie beschäftigt sich mit der Verbreitung und Ursachen flussen. Dazu gehören insbesondere die ökonomischen Rah- von gesundheitsbezogenen Zuständen und Ereignissen in Po- menbedingungen sowie epidemiologische und medizintech- pulationen. Untersucht werden die vielfältigen Faktoren, die zu nische Entwicklungen. Diese Entwicklungen können sich auf Gesundheit und Krankheit von Individuen und Populationen die Aufenthaltsdauer bei Hospitalisierungen sowie die Häufig- beitragen. Als epidemiologische Entwicklungen zählen dem- keit von Hospitalisierungen auswirken. Infolgedessen werden gemäss zeitliche Trends, welche dazu führen, dass sich der diese weiteren Einflussfaktoren im Prognosemodell in Form Bedarf gewisser im Spital durchgeführter Behandlungen oder von Szenarien zur Entwicklung der Aufenthaltsdauer und Sze- Interventionen künftig verändern wird. Ein Beispiel dazu: Geht narien zur Entwicklung der Hospitalisierungsraten integriert. man von einem rückläufigen Anteil Raucher unter den erwach- senen Männern aus, so kann von einem abnehmenden Trend in Bezug auf Behandlungen von Lungenkrebs in dieser Popu- Ökonomische Entwicklungen lation geschlossen werden. Die Auswirkungen von medizin- technischen und epidemiologischen Entwicklungen (Zu- Ökonomische Anreize können die Entwicklungen in der Erbrin- nahme vs. Reduktion der Fallzahlen und Aufenthaltsdauern) gung und Inanspruchnahme bestimmter Versorgungsleistun- können unterschiedlicher Art sein. Dementsprechend müssen gen massgeblich beeinflussen. Im Kontext der stationären im Hinblick auf die Bedarfsprognose für jede medizintechni- Versorgung sind vor allem die potentielle Substitution statio- sche bzw. epidemiologische Entwicklung separate Annahmen närer Behandlungen durch den ambulanten Bereich sowie die hergeleitet werden. Verkürzung der Aufenthaltsdauer infolge der Einführung von Fallpauschalen von wesentlicher Bedeutung. Je unattraktiver die Vergütung nach stationärem Tarif gegenüber der Vergü- Szenarien für die Entwicklung der Hospitalisierungsraten tung der korrespondierenden ambulanten Leistungen sein wird, desto mehr Leistungen werden vom stationären in den Das Referenzszenario zur Schätzung der künftigen Hospitali- ambulanten Bereich verlagert. Die Verlagerung stationärer Be- sierungsraten geht davon aus, dass die kantonalen Hospitali- handlungen in den ambulanten Bereich führt demgemäss zu 14 Versorgungsbericht Kanton Appenzell Ausserrhoden
DATEN UND METHODEN K 6 Szenarien zur Entwicklung der Hospitalisierungsraten Szenario Beschrieb Rehabilitation Akutsomatik Referenz A R Psychiatrie P Die Prognose des Versorgungsbedarfs stützt sich auf die kantonalen Hospitalisierungsraten pro Alters- gruppe und DRG bzw. Diagnosegruppe. CH A R P Das Szenario „CH“ geht von einer Angleichung der Hospitalisierungsrate pro DRG an den gesamt- schweizerischen Durchschnitt aus. Die Angleichung erfolgt kontinuierlich im Zeitraum zwischen dem Referenzjahr und dem Zieljahr. Das „Zieljahr“ bezeichnet den Zeitpunkt, für welchen die Angleichung der kantonalen Hospitalisierungsrate an den gesamtschweizerischen Durchschnitt angenommen wird. Das Zieljahr wird separat definiert und kann inner- oder ausserhalb des Prognosehorizonts liegen. Best A R P Das Szenario Best ist eine Kombination aus den Szenarien Referenz und CH. Dabei wird jeweils pro DRG/Diagnosegruppe entweder die gesamtschweizerische oder die kantonale Rate angenommen, je nachdem welche niedriger ist, wobei die Differenz zwischen der kantonalen und der gesamtschweize- rischen Rate einen bestimmten Grenzwert nicht überschreiten darf. Leistungsgruppen- A R P Integration von Schätzungen und Annahmen zur ökonomischen, medizintechnischen und epidemiolo- spezifische Szena- gischen Entwicklung auf Ebene von Leistungsgruppen (SPLG), DRG sowie ICD- und/oder CHOP-Codes. rien Quelle: Obsan © Obsan 2018 sierungsraten pro Altersgruppe und DRG bzw. Diagnosegrup- Leistungsbereichen gleich vonstattengehen wird. Um potenti- pen konstant bleiben. Da die Auswirkungen von ökonomi- elle Effekte auf die Aufenthaltsdauer dennoch in der Prognose schen, medizintechnischen und epidemiologischen Entwick- berücksichtigen zu können, wird das Prognosemodell des lungen unterschiedlichster Art sein können, müssen für die Obsan um weitere Szenarien zur Berechnung der Pflegetage Bedarfsprognosen spezifische Schätzungen vorgenommen erweitert (vgl. auch Kasten K 7). Für die Prognose des Versor- werden. Die Annahmen können beispielsweise auf Experten- gungsbedarfs in der Akutsomatik wurden im vorliegenden gutachten oder Literaturstudien basieren. Das Prognosemo- Versorgungsbericht die Szenarien Shortest, Referenz und CH dell des Obsan ermöglicht es, solche Schätzungen und An- verwendet. Für die Prognosen in den Bereichen Psychiatrie nahmen zur medizintechnischen und/oder epidemiologi- und Rehabilitation kamen die Szenarien CH und Referenz zur schen Entwicklung auf Ebene DRG, SPLG, ICD- und/oder Anwendung. CHOP-Code zu integrieren. Zusätzlich besteht ein Szenario, welches die Angleichung der kantonalen Hospitalisierungs- rate an den gesamtschweizerischen Mittelwert schätzt. Die Monitoring und Aktualisierung der Bedarfsprognosen Bedarfsprognosen für den Kanton Appenzell Ausserrhoden im vorliegenden Versorgungsbericht basieren auf dem Referenz- Trotz der diversen Szenarien zur Entwicklung der Hospitalisie- szenario und stützen sich somit auf die Hospitalisierungsra- rungsraten und der MAHD können die künftigen Entwicklun- ten der kantonalen Wohnbevölkerung. gen der Einflussfaktoren mit der Bedarfsprognose nur bedingt antizipiert werden. Aus diesem Grund sieht das Prognosemo- dell des Obsan Aktualisierungen der Bedarfsprognosen inner- Szenarien zur Entwicklung der mittleren Aufenthaltsdauer halb einer Planungsperiode vor. So können zum Beispiel me- dizintechnische Entwicklungen, die sich in den Daten abzubil- Wie in den vorangehenden Szenarien dargestellt, existieren den beginnen, in die aktualisierten Prognosen einbezogen unterschiedliche Einflussfaktoren, welche die Hospitalisie- werden. Ein weiterer Vorteil eines laufenden Monitorings inkl. rungsraten und die Aufenthaltsdauern bei stationären Leis- Aktualisierung der Bedarfsprognosen liegt darin, dass tungen massgeblich beeinflussen können. Es ist jedoch dadurch Anpassungen im CHOP- und ICD-Katalog sowie Ak- schwierig vorherzusagen, wie stark der Einfluss auf die Auf- tualisierungen der SPLG-Systematik laufend in den Progno- enthaltsdauern ist und inwiefern diese Entwicklungen in allen sen integriert werden können. Versorgungsbericht Kanton Appenzell Ausserrhoden 15
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