Vitamin D vermindert die Sturzgefahr bei Senioren - Do-Health

 
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Vitamin D vermindert die Sturzgefahr bei Senioren - Do-Health
Vitamin D vermindert die Sturzgefahr bei Senioren | NZZ am Sonntag                        Seite 1 von 5

      Vitamin D vermindert die Sturzgefahr bei
      Senioren
      Laut neuen US-Richtlinien benötigen gesunde ältere Menschen kein
      zusätzliches Vitamin D. In Europa sieht man das etwas differenzierter.

      von Felicitas Witte / 16.6.2018

      Mit Kraft- und Gleichgewichtstraining kann man im Alter das Sturzrisiko senken. (Bild:
      Getty Images)

      Die Studien waren so eindeutig, dass die Altersmedizinerin Heike
      Bischoff-Ferrari aus Zürich und viele ihrer Kollegen es jahrein, jahraus
      propagierten: Jeder ältere Mensch sollte Vitamin D zum Schutz vor
      Knochenbrüchen nehmen, am besten das ganze Jahr hindurch. Kritiker
      widersprachen, das müsse man nur in Ausnahmefällen. Senioren und
      auch viele Ärzte sind verwirrt: Wer hat recht?

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Vitamin D vermindert die Sturzgefahr bei Senioren | NZZ am Sonntag                     Seite 2 von 5

      Jetzt hat die US Preventive Services Task Force (USPSTF), die das
      amerikanische Gesundheitsministerium berät, ein Fazit gezogen:
      Vitamin D schütze gesunde Senioren, die zu Hause lebten, nicht vor
      Stürzen oder Knochenbrüchen. «Wenn sich ein gesunder Senior
      regelmässig bewegt und ins Freie geht, braucht er kein Vitamin D»,
      sagt auch Helmut Schatz, Vorstandsmitglied der Deutschen
      Gesellschaft für Endokrinologie und emeritierter Professor der Ruhr-
      Universität in Bochum.

      Gut für Knochen und Muskeln
      Vitamin D sorgt dafür, dass Kalzium im Darm aufgenommen und in
      den Knochen eingebaut wird und die Knochen stabil bleiben.
      Ausserdem spielt es eine Rolle bei der Muskelkraft und bei der
      Koordination. Senioren haben öfter brüchige Knochen und
      Gleichgewichts-Probleme, was eine grosse Gefahr für Stürze und
      Knochenbrüche birgt.

      Was lag also näher, als Vitamin D zur Vorbeugung zu probieren? So
      zeigten denn auch erste Studien, dass Vitamin-D-Supplemente vor
      Stürzen und Knochenbrüchen schützen, aber andere bestätigten dies
      nicht. Die US-TaskForce hatte deshalb zwei Experten-Gruppen
      gebeten, die Literatur zu sichten und darüber zu berichten.

      Die Ergebnisse der zwei Übersichtsstudien mit knapp 15 000 Personen,
      die zu Hause lebten, fallen unterschiedlich aus («Jama», Vol. 318, S.
      1687; Vol. 319, S. 1705). In einigen der analysierten Studien stürzten
      diejenigen Senioren, die Vitamin D einnahmen, seltener, in einer
      anderen war es unter einer hochdosierten Vitamin-D-Therapie, die
      einmal pro Jahr verabreicht wurde, sogar zu einem Anstieg von
      Stürzen und Knochenbrüchen gekommen. In wieder anderen Studien
      blieb Vitamin D ohne Einfluss.

         «Die US-Richtlinien gelten nur für Senioren,
         die kein erhöhtes Risiko für Knochenbrüche
           und keinen Vitamin-D-Mangel haben.»

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      Ebenso wenig liess sich mit der Kombination Vitamin D plus Kalzium
      eine eindeutige Wirkung nachweisen. Ältere Menschen, die zu Hause
      lebten, könnten sich am besten mit regelmässigem Sport vor Stürzen
      und Knochenbrüchen schützen, lautet das Fazit der Task-Force. Denn
      in den Studien stürzten Senioren und verletzten sich seltener, wenn sie
      sich körperlich bewegten. Vitamin D sei nicht erforderlich.

      Bischoff-Ferrari sieht die neuen amerikanischen Richtlinien jedoch
      kritisch: «Diese Empfehlungen gelten nur, wenn Senioren kein
      erhöhtes Risiko für Knochenbrüche und auch keinen Vitamin-D-
      Mangel haben», sagt die Altersmedizinerin vom Universitätsspital
      Zürich («Jama», Vol. 319, S. 1552). Das sei aber bei vielen älteren
      Menschen nicht der Fall. So geht das Bundesamt für Gesundheit davon
      aus, dass jeder zweite Senior weniger als 20 Nanogramm Vitamin D
      pro Milliliter Blut hat, was als unzureichend oder Mangel gilt.

      Zu wenig Vitamin D
      80%
      der älteren Patienten mit einem Hüftbruch weisen einen Vitamin-D-
      Mangel auf.

      20 ng/ml
      Liegt der Vitamin-D-Spiegel unter
      diesem Wert, spricht man von einem Mangel.

      Doch wie viel Vitamin D sollte das Blut idealerweise enthalten? Auch
      hier gehen die Meinungen auseinander. «Immer wieder wird
      behauptet, grosse Teile der Bevölkerung hätten einen gravierenden
      Mangel», sagt Helmut Schatz. Davon könne aber kaum die Rede sein.
      Selbst weniger als 20 Nanogramm pro Milliliter seien bei einem
      gesunden Senior ohne irgendwelche Beschwerden kein Grund für eine
      Supplementierung.

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      Voraussetzung ist allerdings, dass die Person genügend an die Sonne
      geht, denn Vitamin D wird erst in der Haut mithilfe von Sonnenlicht
      aktiv. Zwischen März und Oktober sollte man deshalb Gesicht, Hände
      und Teile von Armen und Beinen täglich für etwa 15 Minuten
      unbedeckt der Sonne aussetzen. Im Winter scheint die Sonne zu wenig,
      aber das Vitamin werde im Körper gespeichert und könne einen über
      den Winter bringen.

      Dem widerspricht Bischoff-Ferrari. «Nicht immer ist die Sonne eine
      verlässliche Quelle», sagt sie. «Mit zunehmendem Alter nimmt die
      hauteigene Vitamin-D-Produktion ab, und oftmals ist die Haut mit
      Kleidung bedeckt, oder man trägt Sonnenschutz auf.» Hinzu komme,
      dass Vitamin D nur einige Wochen im Körper bleibe und die Werte über
      den Winter sänken. Ob ältere Menschen ausreichend mit Vitamin D
      versorgt seien, sei unklar. «Wir haben noch zu wenige Daten. Anfang
      2019 werden wir mehr wissen, wenn die Ergebnisse der grossen Do-
      Health- und Vital-Studien vorliegen werden.»

      Genügend Eiweiss essen
      Klar empfohlen wird eine Vitamin-D-Substitution bei älteren
      Personen, die bereits einmal gestürzt sind oder eine Osteoporose oder
      einen Vitamin-D-Mangel haben oder die im Pflegeheim leben und
      kaum an die frische Luft gehen. «Für diese Menschen gelten die
      Empfehlungen der Amerikaner nicht», sind sich Schatz und Bischoff-
      Ferrari einig.

      «Hier haben wir gute Daten, dass 800 bis 1000 Einheiten Vitamin D pro
      Tag vor Stürzen und Knochenbrüchen schützt», sagt die
      Altersmedizinerin. Wichtig sei aber, dass man das Vitamin nicht - wie
      früher üblich – als einmalige hohe Jahresdosis bekomme. «Diese
      hohen Einmal-Dosierungen erhöhen wiederum das Sturzrisiko -
      deshalb empfehlen wir das seit 2012 nicht mehr.»

      Zur Sturzprophylaxe hat Bischoff-Ferrari noch andere Tipps parat:
      Kraft und Gleichgewicht trainieren, dafür sorgen, dass man gut sieht,
      feste Schuhe tragen, genügend Eiweiss essen, um dem Muskelabbau

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      vorzubeugen, die Wohnung von Sturzfallen wie losen Teppichen oder
      Badematten befreien und genügend Licht machen. «Damit senkt man
      sein Sturzrisiko enorm.»

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