Warum die Welt kopfsteht - Klima und Biodiversität - Rettet den Regenwald eV
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Nr. 3/ 21
C 3661
www.regenwald.org Das Magazin von Rettet den Regenwald e. V.
Klima und Biodiversität
Warum die
Welt kopfsteht
REPORT DIGITAL
für
Ihre Ausgabe
uter
Leere Wälder Ecuador Tablet/ Comp
Regenwald ohne Widerstand gegen
tierische Förster S. 8 Erdölförderung S. 10
SO ERREICHEN SIE UNS:
RETTET DEN REGENWALD E. V.
Jupiterweg 15, 22391 Hamburg
Bettina Behrend
Tel. 040/ 410 38 04
Fax 040/ 450 01 44
Mo bis Do 9 – 18 Uhr / Fr 9 – 17 Uhr
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facebook.com/rettetdenregenwald
twitter.com/rettetregenwald Klimaschutz und Erhalt der Vielfalt des Lebens – diese beiden überlebens-
t.me/regenwaldnews (Telegram) wichtigen Aufgaben sind eng miteinander verbunden. Wie eng, das
SPENDENKONTO: beschreiben wir ausführlich in dieser Ausgabe.
IBAN: DE11 4306 0967 2025 0541 00
BIC: GENODEM1GLS
GLS Bank Beide Themen stehen auf der Agenda der 26. UN-Klimakonferenz, die
Rettet den Regenwald e. V. ist vom
im November in Glasgow stattfinden soll. Auch Rettet den Regenwald
Finanzamt als gemeinnützig und be- bringt sich bei diesem Treffen ein. Aktuell nehmen wir an den Vorbe-
sonders förderungswürdig anerkannt.
Spenden sind steuerabzugsfähig.
reitungstreffen verschiedener Arbeitsgruppen teil und bereiten ein
Filmprojekt vor. Wir wollen von unseren Partnern erstellte Videos als
Förderer und Spender erhalten
den Regenwald Report kostenlos. „Stimme der Regenwälder“ zeigen.
IMPRESSUM: Unser Ziel ist es, die Position der indigenen Völker bei diesen interna-
HERAUSGEBER: tionalen Verhandlungen einzubringen. Sie leben schon seit Jahrhunderten
Rettet den Regenwald e. V.
Jupiterweg 15, 22391 Hamburg
mit dem Wald in Einklang. Darum wollen wir ihre Perspektive und ihre
positiven Impulse auf der UN-Klimakonferenz sichtbar machen.
INHALT: Bettina Behrend (V. i. S. d. P.)
REDAKTION: Andrea Hülsmeyer,
Marianne Klute, Burkhard Redeski, Es sind kleine Bausteine, die in der Summe hoffentlich dazu beitragen,
Mathias Rittgerott, Guadalupe Rodríguez, dass wir echte Lösungen finden, die mehr sind als warme Worte.
Klaus Schenck, Christiane Zander
LAYOUT: Nicole Obermann, no-limit.net
Ihre
TITELBILD: Die Hyazinth-Aras aus Süd-
amerika erreichen mit ihren vier Zehen
je Fuß und unter Zuhilfenahme ihres
Schnabels auch entlegene Stellen in Bettina Behrend
Bäumen, um Samen, Nüsse oder Früchte
zu ergattern. Doch auch diese Kletterfä- 1. Vorsitzende
higkeit verhindert nicht, dass ihr Lebens-
raum immer kleiner wird.
FOTOS: Titel: Angelika Hofer; S.2: W.Haas,
Angelika Hofer, Pusaka; S.3: Mighty Earth,
Mahendra Safrudin, Unsplash; S.4: Toa55/
Istockphoto.com; S.5: Wikimedia.org; Inhalt AUSGABE 03 | 2021 04
S.6: Angelika Hofer, Tarcisio Schnaider/
istockphoto.com; S.7: Rhett A. Butler,
3 News/ Erfolge
Anne Fritzenwanker/istockphoto.com;
S.8: dsg-photo/CC BY-SA 3.0; S.9: Julian Erdöl-Bohrungen gestoppt, Ehrung
Gazzard/istockphoto.com; S.10: Nathalie für Kinipan, Korindo verliert Siegel
Wheemaels; S.11: Klaus Schenk, Luc
Viatour; S.12: Pusaka; S.13: Unsplash, PR; 4 Klimaschutz und Biodiversität
S.14: Miriam Wohlleben Klima fürs Leben
DRUCK: Bonifatius Druck, Paderborn
8 Leere Wälder
Der Regenwald Report wird auf
Regenwälder ohne tierische Förster
Recycling-Papier gedruckt.
10 Ecuador
Widerstand gegen Erölförderung
12 Rettet den Regenwald
Partner und Aktionen
REPORT JETZT
14 Aktiv sein
Neues Wohlleben-Buch, Leserbriefe
AUCH ONLINE!
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2 Regenwaldnnen.Report 3 | 2021
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NEWS/ ERFOLGE
Weiterer Rückschlag für Korindo
Das FSC-Siegel soll verantwortungsvolle Waldbewirtschaftung
suggerieren, um den Boykott von Tropenholz aufzuheben. Doch
das Mitte der 90er-Jahre eingeführte, industriefreundliche Label
ist so voller Schwachstellen, dass viele Umweltschützer es als
Greenwashing kritisieren und ablehnen. Zu den schärfsten
Kritikern gehört Rettet den Regenwald.
Der indonesische Palmöl- und Holzkonzern Korindo hat es jetzt
geschafft, die ohnehin niedrige FSC-Messlatte zu reißen. Das FSC
entzieht Korindo sein Siegel zum 16. Oktober 2021. Die Abholz-
Praktiken des Konzerns waren selbst für das FSC zu viel. Eine
Partnerorganisation von Rettet den Regenwald hatte den Stein
2017 ins Rollen gebracht, der nun zum Rauswurf von Korindo
aus dem verkaufsfördernden FSC geführt hat.
Mehr zur FSC-Kritik:
www.regenwald.org/rr041
Keine Erdöl-Bohrung im
Salonga Nationalpark
Gute Nachrichten für die Bonobos in der Demokra-
tischen Republik Kongo: Im Salonga Nationalpark
darf nicht nach Erdöl gebohrt werden. Nach inter-
nationalem Druck hat die Regierung diesbezügliche
Pläne aufgegeben.
Geplant war, im nahezu unberührten Regenwald im
Herzen des Kongobeckens Öl zu fördern. Darauf-
hin hatte die Unesco mit dem Entzug des prestige-
Ehrung für die Kinipan auf Borneo trächtigen Titels als Welterbe gedroht. Auch viele
Umweltorganisationen protestierten. Eine Petition
Eine besondere Ehrung hat die Gemeinschaft der Kinipan
von Rettet den Regenwald zum Schutz von Salonga
auf Borneo erfahren. Ende Juni wurde ihr Widerstand zur
wurde bisher über 265.000 Mal unterschrieben. Da
Rettung des Regenwalds vom indonesischen Kulturinstitut
die Regierungen auch Pläne für die Erdölförderung
Akademi Jakarta ausgezeichnet, weil die Kinipan „konse-
im benachbarten Virunga Nationalpark hat, ist die
quent und beharrlich den tropischen Regenwald vor der
Salonga-Rettung nur ein Teilerfolg und die Petition
Umwandlung in Ölpalmplantagen schützen – zum Wohle
„Kein Primaten-Blut für Öl“ läuft weiter.
der Menschheit und in Verantwortung gegenüber künftigen
Generationen“. So lautet die Begründung der Akademie.
Kinipan, ein kleines Dorf in den Bergen Borneos, ist in In-
donesien zum Symbol für den Widerstand gegen Landraub,
Vernichtung der Regenwälder, Ungerechtigkeit und eine
verfehlte Wirtschaftspolitik geworden. Hier leben knapp
1.000 Menschen. Sie sind für ihren Lebensunterhalt vom
Wald abhängig. Doch seit die Plantagenfirma SML ihren
Wald abholzt, wehren sich die Einwohner entschlossen. Ihr
Widerstand währt schon mehrere Jahre. Proteste, Einga-
ben bei der Verwaltung und auch Petitionen (zum Beispiel
„Bitte helft den Kinipan-Wald zu retten“) sorgen für große
Aufmerksamkeit. Trotz der Auszeichnung ist ihr Wald noch unterschreiben sie unsere petition:
nicht gerettet. Eine endgültige Entscheidung steht noch aus. www.regenwald.org/rr042
Regenwald Report 3 | 2021 3
KLIMASCHUTZ UND BIODIVERSITÄT
KLIMA FÜRS LEBEN
Waldbrände, Überschwemmungen, Dürren und Hitzewellen –
die Klimakrise ist real. Bei uns und weltweit. Das Massensterben
von Tier- und Pflanzenarten ist dagegen weniger präsent, obwohl
eine Million Spezies auf der Kippe stehen. Dabei sind die beiden
existenziellen Krisen eng verwoben und verstärken einander.
Wir müssen sie Hand in Hand anpacken.
4 Regenwald Report 3 | 2021
KLIMASCHUTZ UND BIODIVERSITÄT
W
ir Menschen sind Doch das sich ändernde Klima ablaufen. Keine ist harmloser als die
talentierte Zerstörer. wird im Zusammenhang mit dem andere, keine nachrangig. Wir müssen
Nehmen wir das aktuellen Artensterben allenfalls als sie Hand in Hand anpacken.
Klima. Wir blasen Randnotiz thematisiert. Ein Fehler,
so viele Treibhaus- denn die Klimakrise verursacht nicht Wie intensiv das Klima und die
gase in die Atmos- nur Flutkatastrophen, Hitzewellen und Vielfalt des Lebens – die Biodiversität –
phäre, als müsste uns das Morgen extrem kalte Winter, sondern ändert verflochten sind, lässt sich in den
nicht kümmern. Unablässig, obwohl uns die Lebensbedingungen von Tieren Regenwäldern studieren. Nirgends auf der
Wissenschaftler seit Jahrzehnten vor und Pflanzen rund um den Globus Welt gibt es mehr Tier- und Pflanzenarten
der Klimakatastrophe warnen, die wir grundlegend. als dort. Auf einem Hektar im Yasuní
auslösen. Doch das Klima zu ruinieren, Nationalpark in Ecuador gedeihen mehr
scheint uns Menschen nicht genug: Wir Auch für die Zukunft von Afrikas Baumarten als in ganz Nordamerika.
zerstören auch die Vielfalt des Lebens auf Menschenaffen ist das Klima ganz ent- Auf einem einzigen Urwaldriesen leben
unserem Planeten. Indem wir Raubbau scheidend: Mit dem Temperaturanstieg mehr Insektenspezies als zwischen
treiben, etwa Regenwälder roden, nehmen und häufiger werdenden Dürren wird Nordkap und Gibraltar. Zugleich spielen
wir ungezählten Tier- und Pflanzenarten die Zusammensetzung der Flora und die intakten Wälder am Äquator als
den Lebensraum. somit das Nahrungsangebot für die Kohlenstoffspeicher und Regenmacher
Tiere durcheinandergewürfelt. Neuen eine wichtige Rolle im Klimageschehen
So kämpfen die vom Aussterben Forschungen zufolge schrumpft ihr und eine Schlüsselrolle im Kampf gegen
bedrohten Schimpansen, Bonobos und Lebensraum selbst dann um 85 Prozent, die Klimakatastrophe. So nehmen sie das
Gorillas gewissermaßen tapfer und an wenn es gelingt, den globalen Tempe- Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) aus
vorderster Front gegen das Massensterben. raturanstieg auf 1,5 Grad zu bremsen. der Luft auf und lagern den Kohlenstoff
Wir könnten ungezählte weitere Spezies Versagen wir dabei – und danach sieht es dauerhaft ein.
bewahren, wenn wir ihren Lebensraum dem jüngsten Bericht des Weltklimarats
schützen. Doch das wird nicht genügen: IPCC zufolge aus –, verschwindet ihr Schätzungen zufolge binden Regen-
Die Klimakrise droht ihnen vollends den Habitat nahezu komplett. Ob unsere nahen wälder 250 Milliarden Tonnen CO2,
Garaus zu machen. Bildlich gesprochen Verwandten im Tierreich aussterben, einen großen Teil davon in Torfwäldern.
bringt die neue Affenhitze die Primaten hängt auch damit zusammen, wie ernst Das entspricht global betrachtet dem
nicht nur zum Schwitzen, sondern raubt wir den Schutz des Klimas nehmen. 90-Fachen der menschengemachten
ihnen den bisherigen Lebensraum. Dann Treibhausgas-Emissionen pro Jahr.
hilft auch wenig, wenn wir lediglich ihr Was für Primaten zutrifft, kann als 40 Prozent des Sauerstoffs in der Atmos-
bisheriges Habitat erhalten. Der Fall Regel gelten: Die Klimakrise und das phäre stammen aus den Regenwäldern.
zeigt, wie eng Klima und Biodiversität Massensterben sind zwei vom Menschen Das Bild der Wälder als „Lungen der
miteinander verknüpft sind. Ein Zu- verursachte, existenzielle Krisen, die mit Erde“ ist zwar nicht ganz stimmig, jedoch
sammenhang, der oft übersehen wird. vielerlei Wechselwirkungen gleichzeitig einprägsam.
Das nächste
Massensterben Schimpansen stehen uns Menschen genetisch besonders
nah - doch wir drängen sie an den Rand des Aussterbens.
Eine Million Spezies könnten in na-
her Zukunft vom Antlitz der Erde ver-
schwinden, schätzt die UN. Auf 75 Prozent
der Landfläche der Erde sind die Öko-
systeme gefährdet. Besonders betroffen
davon sind Korallenriffe und Regenwälder.
Die Erde hat bereits fünf Massensterben
erlebt, das bisher letzte markierte
das Aus für die Dinosaurier, die die
Erde zuvor über viele Millionen Jahre
beherrscht hatten. Die Evolution setzte
gewissermaßen von Neuem an. Nun
bricht zum sechsten Mal die Biodiversität
zusammen – diesmal hat der Mensch
durch seinen rücksichtslosen Umgang
mit der Natur das Drama ausgelöst.
Regenwald Report 3 | 2021 5
KLIMASCHUTZ UND BIODIVERSITÄT
In Brasiliens Cerrado-Savanne ist der Jaguar Woher der Kanonenkugelbaum seinen
daheim. Sein Lebensraum schwindet rasant. Namen hat, ist leicht ersichtlich.
Doch die Regenwälder können ihre geschwächt werden. Der immergrüne haben. Durch eine regionale Verschie-
Funktion als Klimastabilisator immer Regenwald würde sich in einen an die bung der Niederschlagsmuster könnte
weniger erfüllen. Im Gegenteil: Ihre Trockenheit angepassten saisonalen die Sahara ergrünen und als Folge
Vernichtung etwa für Plantagen, Vieh- Wald oder eine Savanne verwandeln. weniger Wüstenstaub über den Atlantik
weiden und Bergbauprojekte setzt Manche Studien gehen davon aus, dass geweht werden. Mit dem ausbleibenden
große Mengen der Treibhausgase CO2, Amazonien kippt, sobald 20 bis 25 Prozent Sand ginge dem Amazonas-Regenwald
Methan und Stickoxide frei. Besonders des Waldes zerstört wurden. Anderen wichtiger Dünger verloren.
verheerend wirkt sich die Zerstörung Forschungen zufolge ist dieser Punkt
von Torfwäldern aus. Laut einer im
Magazin Nature veröffentlichten Studie
ohne Wiederkehr bereits erreicht.
Falsch verstandener
könnten sich die Regenwälder zudem Die Kipppunkte darf man zudem Klimaschutz
auch aufgrund sich verändernder klima- nicht isoliert verstehen, sondern muss
tischer Verhältnisse ab dem Jahr 2035 Dominoeffekte betrachten: Fällt ein Doch die Regierungen der Erde und
von CO2-Speichern zu CO2-Quellen Stein, reißt er andere mit. So könnte ihre Berater bis hin zu den Vereinten
entwickeln – und die Klimakatastrophe auch ein Kippen des Westafrikanischen Nationen vernachlässigen den Zusammen-
weiter antreiben. In Amazonien ist das Monsuns verheerende Folgen für das Tau- hang zwischen der Klimakrise und dem
offenbar bereits der Fall. sende Kilometer entfernte Amazonien Massensterben. Die UN-Gremien zur
Besonders dramatisch wirkt sich
die Klimakrise an den 18 sogenannten
Kipppunkten aus. Das sind Bereiche, in
denen langsame Veränderungen plötz-
Dies müssen wir tun, um Klima und
lich umschlagen und danach nicht mehr Biodiversität zugleich zu bewahren:
zu stoppen sind. Einer dieser neural-
gischen Punkte liegt in Amazonien: So- • Regenwälder erhalten: Wälder sind mehr als Kohlenstoffspeicher und -senken,
bald wir Menschen ein bestimmtes Maß sondern vielfältige Ökosysteme und Lebensraum von Millionen Menschen.
an Regenwaldvernichtung angerichtet
Rechte indigener Völker stärken. Sie schützen den Wald häufig am besten.
•
haben, bricht das Ökosystem unaufhalt-
sam und unwiederbringlich zusammen. Lebens- und Wirtschaftsweise grundlegend ändern: Wir müssen unseren
•
Dann geht neben der immensen Arten- Verbrauch von Energie, Nahrungsmitteln, Rohstoffen senken.
vielfalt einer der wichtigsten Klima-
Falsche Klimapolitik reformieren: Der Irrweg von Biotreibstoffen, insbesonde-
•
stabilisatoren verloren. Entscheidend da-
re wenn sie auf Palmöl, Soja oder Zuckerrohr basieren, muss beendet und die
bei ist die Funktionsweise des Wasser-
Verfeuerung von Bäumen in Kraftwerken gestoppt werden.
kreislaufs: Der Regenwald produziert
große Teile des Niederschlags selbst. Durch • Nach der Covid-Pandemie: Wir müssen Wirtschaft und Gesellschaft umwelt-
die fortschreitende Rodung der Wäl- verträglich umgestalten. Es darf keine Konjunkturprogramme geben, um den
der und die bereits begonnene Klimaer- Konsum anzukurbeln.
wärmung kann dieser Kreislauf fatal
6 Regenwald Report 3 | 2021
KLIMASCHUTZ UND BIODIVERSITÄT
Klimakrise und zur Biodiversität leben
gewissermaßen in ihren eigenen Welten:
Beide laden unabhängig voneinander
zu Weltgipfeln ein, wo die Staaten
Fahrpläne für die Rettung des Planeten
festlegen. Erstmals überhaupt haben
Experten beider UN-Gremien im Juni
2021 ein gemeinsames Papier vorgelegt.
Als müssten sie Versäumtes aufholen, wer-
den die Wissenschaftler in ihrem
Werkstatt-Bericht deutlicher als zuvor: Madagaskar, wo dieses Chamäleon lebt,
Falsch verstandener Klimaschutz kann weist eine besonders hohe biologische
die Biodiversität schädigen. Was das Vielfalt mit vielen endemischen Arten auf.
Klima schont, kann erhebliche ökolo-
gische Schäden anrichten.
So mögen Elektroautos gut fürs versität und dem Klima zugleich nützen. Slogan „30 Prozent bis 2030“ lässt
Klima sein, weil sie während der Fahrt Und die gibt es: An vorderster Stelle bei Menschenrechtlern Alarmglocken
kein CO2 ausstoßen. Der Abbau der stehen der Schutz und die Instandsetzung schrillen: Bis zu 300 Millionen Menschen
Rohstoffe, insbesondere Aluminium von Mangroven und Mooren. Diese könnten ihre Heimat verlieren, wenn ihre
für die Karosserie und Lithium für die Ökosysteme speichern besonders viel Region plötzlich vor den Bewohnern
Batterien, verursacht jedoch immense Kohlenstoff und sind zugleich äußerst „geschützt“ werden soll, die bisher im
Verwüstungen (Bericht im Regenwald reich an Arten. Das bedeutet umgekehrt, Einklang mit der Umwelt dort leben. Die
Report 2/2021). Wenn für vermeintlich dass die Zerstörung von Torfwäldern etwa Gefahr ist groß, dass Regierungen und
klimafreundlichen Biosprit und Holz- in Indonesien besonders schädlich für das einflussreiche Organisationen öffent-
pellets Wälder und Grasländer zerstört Klima ist und sofort gestoppt werden muss. lichkeitswirksam Reservate ausweisen
werden, ist das verheerend für die oder ausweiten und dabei diejenigen
Biodiversität. In Monokulturen von
Palmöl, Mais oder Akazien bleibt von
Kultur der Indigenen missachten, die durch ihre angepasste
Lebensweise Regenwälder und andere
der Vielfalt des Lebens nichts übrig, die achten und nutzen Naturschätze bewahrt haben.
„grünen Wüsten“ sind ökologisch von
geringem Wert. Selbst der Nutzen für Schutzgebiete spielen eine tragende Schimpansen, Bonobo und Gorillas
das Klima ist zweifelhaft. So nehmen Rolle bei der Bewahrung von Arten- können sich theoretisch an bisher
alte Wälder mehr Klimagase auf und vielfalt und Klima. Daher peilen die ungeeignete Landstriche als Lebensraum
speichern sie, als es Baumplantagen unterschiedlichen UN-Gremien fast ein- anpassen. Doch die Menschenaffen
können. Zudem setzen Pellets bei ihrer mütig an, in den kommenden Jahrzehnten bräuchten dazu viele Jahre. So viel Zeit
Verbrennung jetzt CO2 frei, das erst im 30 bis 50 Prozent der Erdoberfläche haben sie nicht.
Laufe von Jahrzehnten der Atmosphäre unter Schutz zu stellen. Doch der
wieder entnommen wird. Zu spät für das
1,5-Grad-Ziel der Klimadiplomatie.
Grundsätzlich klingt es nach einer
guten Idee, Bäume zu pflanzen, um
CO2 zu speichern. Doch die falsche Art
am falschen Standort schadet mehr als
sie nutzt. So sind Monokulturen von
Kiefern oder Eukalyptusbäumen nicht nur
artenarm, sondern gefährden mitunter
den Nährstoff- und Wasserkreislauf. Sa-
vannen aufzuforsten ist besonders heikel,
weil Grasländer komplexe, kohlenstoff-
reiche Ökosysteme sind – allerdings von
Natur aus baumlos. Urwaldbäume bilden im wahrsten Sinne des Wortes
eine Lebensgrundlage für weitere Pflanzen, die
Um den Krisen zu begegnen, sind wiederum zahlreiche Tiere ernähren.
Maßnahmen erforderlich, die der Biodi-
Regenwald Report 3 | 2021 7
LEERE WÄLDER
Afrikanische Waldelefanten: Forscher schätzen,
dass fast 30 Prozent aller Regenwald-Riesen in
Afrika von Waldelefanten „gepflanzt“ werden.
Die Regenwälder verlieren
ihre tierischen Förster
Das Artensterben ist alarmierend. Der Verlust der Biodiversität, vor allem
der Tierwelt in den Tropen, hat ernste globale Folgen: für die Ernährung
und Gesundheit, für das Klima – für den natürlichen Reichtum der Erde.
Welche dramatischen Auswirkungen „leere Wälder“ auf die UN-Ziele für
nachhaltige Entwicklung haben, enthüllt eine neue Studie.
M
itte März 2021 läu- genen 30 Jahren um 86 Prozent zurück- die Samen der Fruchtbäume kilometer-
teten bei Ben Okita gegangen. Deshalb setzt sie die IUCN weit durch den Dschungel und scheiden
Ouma alle Alarm- nun ganz oben auf die Liste der sie unverdaut wieder aus. Sie sorgen dafür,
glocken. Er ist in bedrohten Arten: Sie sind akut vom Aus- dass sich die Wälder verjüngen und die
Kenia Leiter der sterben bedroht. Die Folgen für den Wald Vielfalt der Arten erhalten bleibt.
Elefanten-Fachgruppe sind größer als viele vermuten: Vor allem
der Weltnaturschutzunion (IUCN). Grund große Pflanzenfresser wie Elefanten, Nas- Die Lage der Afrikanischen Waldelefan-
seiner Besorgnis: Die Zahl der Afrikani- hörner oder Tapire sind herausragende ten ist beispielhaft für eine dramatische
schen Waldelefanten ist in den vergan- Förster tropischer Regenwälder. Sie tragen Entwicklung: Die tropischen Regenwälder
8 Regenwald Report 3 | 2021
LEERE WÄLDER
verlieren erschreckend schnell ihre Arten- Gesundes Leben für alle wurden zum Beispiel im Atlantischen
vielfalt – ganz besonders in der Tierwelt. Werden Ökosysteme zerstört, teilen sich Küstenwald Brasiliens die großsamigen
Ohne die Tiere als Bestäuber und Samen- die überlebenden Arten die kleiner wer- Bäume immer seltener, weil größere
verbreiter können sich ganze Ökosysteme denden Lebensräume mit der Bevölkerung. Säugetiere und Vögel fehlten.
tiefgreifend verändern. Doch Wildtiere können Wirte von Krank-
heitserregern sein. Diese unnatürliche Urwaldriesen speichern besonders viel
Was bedeuten tierarme Tropenwälder Nähe begünstigt das Überspringen der Kohlenstoff. Der Verlust von großsami-
für das Erreichen der UN-Ziele für nach- Erreger von Tieren auf Menschen. „Für gen Bäumen führt dazu, dass bis zu zwölf
haltige Entwicklung? Etwa für Ernährung, die globale Gesundheit ist es von zen- Prozent weniger Kohlenstoff gespeichert
Gesundheit und Klimaschutz? Diesen Fra- traler Bedeutung, dass Wildtiergemein- werden.
gen gingen Wissenschaftler des Leibniz- schaften in tropischen Wäldern gesund
Instituts für Zoo- und Wildtierforschung sind und relativ ungestört bleiben“, so „Es ist wichtig, dass Wissenschaft-
(Leibniz-IZW) und des Lund University Torsten Krause vom LUCSUS. lerinnen und Wissenschaftler, die die
Centre for Sustainability Studies (LUC- Biodiversität der Tropenwälder unter-
SUS) nach. In ihrer Studie beschreiben sie Außerdem spielt in vielen indigenen suchen, erkennen, dass Wälder von
konkret die Folgen für Mensch und Natur. Gemeinschaften der Naturglaube eine Natur aus sozial-ökologische Systeme
große Rolle. Der Verlust von Tieren sind. Und dass die Biodiversität untrenn-
Ernährung sichern und Pflanzen bedeutet auch den Verlust bar mit der kulturellen Vielfalt verbunden
Von Wildfleisch ernähren sich Menschen, ihrer Kultur und ihrer traditionellen ist“, sagt Andrew Tilker vom Leibniz-IZW.
die im und am Wald wohnen, ohne dass Lebensweise. Die lokale Bevölkerung müsse eine wich-
dadurch der Tierbestand gefährdet wäre. tige Rolle in der Ausgestaltung der Schutz-
Vor allem ärmere Familien und indigene Klima schützen maßnahmen spielen.
Gemeinschaften müssten sonst hungern. Tropische Regenwälder gehören zu
Die tropischen Waldtiere spielen zudem den bedeutendsten Kohlenstoffsenken Diese Strategie verfolgt Rettet den
eine Schlüsselrolle bei der Bestäubung. der Erde. Gesunde Waldökosysteme Regenwald seit Langem. Indigene Völker
Wenn Insekten, Fledermäuse oder Vögel mit ihrem vielfältigen Zusammen- haben nicht nur mit ihrer naturverträg-
fehlen, könnten die Menschen weniger spiel zwischen Tieren und Pflanzen lichen Lebensweise die meisten der heute
Waldprodukte wie Früchte oder Nüsse sind für das Klima fundamental. Feh- noch bestehenden Regenwaldgebiete
ernten, so beschreiben die Autoren der len die tierischen Samenverbreiter, erhalten und verteidigt, sie sind auch der
Studie die konkreten Zusammenhänge. verändert sich die Waldbiomasse. So Garant für deren Zukunft.
Leere Wälder
•
Von den 128.500 Tierarten auf
der Roten Liste der Weltnatur-
schutzunion sind 28 Prozent vom
Aussterben bedroht.
• Zwischen 1970 und 2015 haben
die Tropenwälder 58 Prozent der
Vögel verloren und 83 Prozent der
Säugetiere. Ein Folge-Studie von
2019 ergab, dass etwa 47 Prozent
der tropischen Regenwälder Tier-
populationen verloren haben.
• Weltweit werden 87 Prozent aller
Blütenpflanzen von Tieren be-
fruchtet. Die meisten Befruchter
sind Insekten; 10 Prozent sind
Insel-Flughunde spielen eine wichtige Rolle bei der Bestäubung der Bäume. Ohne Vögel und 6 Prozent Säugetiere.
sie gäbe es beispielsweise am Durian-Baum keine der beliebten „Stinkfrüchte“, die
für viele Menschen in Südostasien Nahrung sind und Einkommen bringen.
Regenwald Report 3 | 2021 9
ECUADOR
Zusammen mit dem Rohöl gefördertes Erdgas wird
im Regenwald bei Lago Agrio einfach abgefackelt.
Widerstand der Sápara
Nicht nur bei uns sorgen Milliardeninvestitionen in fossile
Energien für Konflikte, wie der Bau der Erdgaspipeline
Nordstream 2 oder ein geplanter Terminal an der Unterelbe
für Fracking-Gas aus den USA zeigen. Auch im Amazonas-
Regenwald soll weiter nach Erdöl gebohrt werden und die
Betroffenen wehren sich.
M
itten im Amazonas- um gemeinsam zu kämpfen“, erklärt Nema in der Hauptstadt Quito hat den Regen-
regenwald der Pro- Grefa, Präsidentin der Indigenen-Organi- wald in Konzessionsflächen aufgeteilt
vinz Pastaza sind sation NASE in Ecuador. „Wir leben alle und die im Gebiet der Sápara liegenden
über 50 Frauen innerhalb des Territoriums und arbeiten Ölblöcke 79 und 83 an den chinesischen
und Männer zusam- schon seit vielen Jahren zusammen. Des- Erdölkonzern Andes Petroleum versteigert.
mengekommen. Als halb werden wir jetzt auch dieses Problem Die Sápara wurden nicht gefragt – denn
Delegierte ihrer Siedlungen sind sie viele lösen.“ Doch dieses Problem ist gewaltig. sie sind wie alle der zehn indigenen Völ-
Stunden über Pfade im Dschungel ins Dorf ker im ecuadorianischen Amazonasgebiet
Torimbo marschiert oder mit Kanus über Denn tief unter den Wurzeln der gegen die Ölförderung.
die Flüsse angereist. Denn Straßen gibt Urwaldriesen ihres Territoriums lagert
es in ihrem fast 4.000 Quadratkilometer eine tödliche Bedrohung: geschätzte 120 „Einige versuchen, uns zu spalten und
großen Territorium nicht. Es ist noch Millionen Barrel Schweröl, die die Regie- unser Land an die Ölindustrie zu verkau-
vollständig von artenreichem Primärwald rung und internationale Ölkonzerne für fen“, erklärt Andres Ruiz, Vizepräsident
bedeckt. „Wir haben die 23 Gemeinden den Export anbohren und in Petrodollars der NASE. „Jetzt ist der Moment zum
des Sápara-Territoriums hier versammelt, umwandeln wollen. Das Erdölministerium Handeln, wir müssen zusammenhalten,
10 Regenwald Report 3 | 2021ECUADOR
Mit Geldern aus Deutschland wurde der Die Sápara sind entschlossen, sich gegen die Erdöl-Pläne
Bau der Schwerölpipeline OCP finanziert. ihrer Regierung zu stellen und ihre Heimat zu schützen.
uns gegen die Erdölfirmen vereinen und che, Zubringerpipelines, Pumpstationen, Auch das international verbriefte Recht
unser Territorium verteidigen.“ Straßen und Arbeitersiedlungen wurden auf freie, vorherige und informierte Kon-
in den Regenwald geschlagen oder gebaut, sultation und Zustimmung müsse der Staat
respektieren. Rettet den Regenwald hat
Das toxische Erbe
die Umwelt verseucht und ihre Einwohner
vergiftet. Im April 2020 unterspülte ein sich an den Kosten für das Treffen finan-
der WestLB Fluss die OCP-Pipeline und zwei weitere ziell beteiligt und plant, die Sápara auch
Ölleitungen. Eine Ölkatastrophe verpestete bei den weiteren Schritten gegen die
Die Voraussetzungen für die Schweröl- Hunderte Kilometer Urwaldflüsse bis ins Ölförderprojekte zu unterstützen.
förderung im Regenwald hat vor 20 Jahren Nachbarland Peru, ruinierte die Wasser-
die Westdeutsche Landesbank (WestLB) quellen und Fischgründe von 150 Dörfern.
geschaffen. Anfang der 2000er-Jahre
finanzierte die Bank, damals im Besitz Ein derartiges Schicksal wollen die
des Landes Nordrhein-Westfalen und von Sápara in ihrem Territorium verhindern.
Sparkassenverbänden, den Bau der über Nur 500 der Indigenen haben frühere
Aktiv werd
500 Kilometer langen Schwerölpipeline
OCP in Ecuador. Ein Konsortium interna-
Wellen von Eindringlingen überlebt: Den
Kautschukboom vor 100 Jahren, christ- en !
tionaler Ölkonzerne hat die Ölleitung vom liche Missionare und eingeschleppte
Amazonasgebiet quer über die Anden bis Krankheiten, gegen die die Ureinwohner Unterschreiben Sie
zu einem Verladehafen am Pazifik gebaut. keine Immunabwehr hatten. 2001 hat die unsere Petitionen
Schon damals hatte Rettet den Regenwald UNESCO die bedrohte Kultur der Sápara
dagegen eine intensive Kampagne geführt. zum immateriellen Weltkulturerbe erklärt. Friedlichen Widerstand stärken
Die WestLB ist längst Geschichte, nach Doch um ihren Lebensraum müssen sie Nicht nur Erdöl gefährdet die Regen-
Milliardenverlusten wurde sie 2012 abge- kämpfen. wälder in Ecuador. Aktuell leistet
wickelt. Doch unter den Folgen ihrer toxi- eine Gemeinde im Norden des Lan-
schen Geschäfte leiden in Ecuador Mensch Am Ende ihrer drei Tage langen Bera- des friedlichen Widerstand gegen
und Natur noch heute. tung, zu der auch Vertreter der nationalen den Abbau von Gold und Kupfer in
indigenen Dachverbände angereist sind, ihren Bergen.
Was Ölförderung für den Regenwald fordern die Sápara den ecuadorianischen
und die Menschen bedeutet, zeigt sich wei- Staat auf, ihre Rechte zu garantieren und Unterstützen Sie den Protest und
ter nördlich. In den Provinzen Sucumbios die Verfassung einzuhalten. Danach ist unterschreiben Sie unsere Petition:
und Napo wird schon seit Jahren nach Öl indigenes Land „unabänderlich, unver- www.regenwald.org/rr043
gebohrt: Förderanlagen, Gasfackeln, Öltei- äußerlich, unpfändbar und unteilbar“.
Regenwald Report 3 | 2021 11PARTNER/PROJEKTE
Sie kämpfen um Aktiv werd
en !
ihre Heimat Helfen Sie mit
Zerstörung der Torfmoor-
In Papua brennen die Wälder. Brandrodung wälder stoppen
für Tropenholz und Palmöl ist die häufigste Rettet den Regenwald unterstützt
die Arbeit von Pusaka. Mit Ihrer
Ursache. Die indigenen Papua haben die Spende unterstützen Sie die Men-
Wälder seit ewigen Zeiten bewahrt. Für schen in Papua beim Widerstand
gegen die Zerstörung der Regen-
Pusaka, Partnerorganisation von Rettet den wälder und der für das Weltklima
Regenwald, sind sie die besten Klimaschützer. wichtigen Torfmoorwälder.
Spenden Sie über das Formular auf
der Heft-Rückseite oder online:
„Der Wald ist die Quelle unseres Lebens. Welt“ zu einem Kamin wandeln, der Treib- www.regenwald.org/rr044
Ohne ihn finden wir keine Nahrung und hausgase und Staub ausstößt. Wenn sogar
werden krank“, so beschreibt es Bone- Torfmoorwälder abgeholzt werden, hat das
fasius Gebze aus Zanegi und blickt dabei besonders dramatische globale Folgen.
aufgewühlt auf den Kahlschlag vor ihm.
Die Indigenen versuchen, sich gegen Der Kampf gegen die Zerstörung ist reitet, wenn ihr Sago-Garten abgeholzt
die Zerstörung ihrer Heimat zu wehren. Detailarbeit: Pusaka klärt die Landrechte wurde, wenn ihr heiliger Wald in Gefahr
Unterstützt werden sie dabei von Pusaka. der Indigenen, vertritt sie gegenüber der ist oder wenn sie herausfinden müssen,
Die kleine Organisation ist in den Dörfern Politik und hilft ihnen, sich gegen die wer die Bulldozer geschickt hat. „Wir wol-
aktiv, die besonders stark von den Machen- Willkür der Konzerne und der Sicherheits- len die Menschen stärken, die die besten
schaften der Holz- und Palmöl-Konzerne kräfte zu wehren. Verteidiger der Wälder sind“, sagt Franky
betroffen sind. Samperante, Direktor von Pusaka. Er ist
Mitarbeiter bieten in den Dörfern Trai- froh über die internationale Unterstüt-
Pusaka will nicht zusehen, wie das Para- ningsprogramme an. Es geht um Wald- zung seiner Arbeit. Die Aufmerksamkeit
dies Papua zerstört wird. Ohne die Wälder schutz und Verhalten bei Betrug und und Solidarität macht die kleinen lokalen
kann Papua sich von einer „Lunge der Bedrohung. Die Betroffenen sind vorbe- Gemeinschaften stark.
Die Partner-Organisation Pusaka hilft
Dorfgemeinschaften vor Ort beim Kampf
gegen die Zerstörung ihrer Wälder.
12 Regenwald Report 3 | 2021AKTIONEN
Berühmte
trauen ist angebracht, weil die Selbstverpflichtungen meist
schärfere Gesetze verhindern sollen und nicht eingehalten
werden. Unternehmen kontrollieren am Ende selbst, ob sie
leere Worte
ihr Versprechen eingehalten haben – und klopfen sich auf
jeden Fall auf die Schultern.
ie Vorsilben „Grün“ und „Bio“ verstehen sich eigent-
D
lich von selbst. „Bio“ ist so positiv besetzt, dass es sogar Bio-
In Politik und Wirtschaft wird viel über Klima, Nachhaltig-
Wasser zu kaufen gibt. „Grünen Strom“ zu verschwenden
keit und Schutz der Umwelt gesprochen. Neue Begriffe ha-
scheint ok. Doch „grünes Wachstum“, „grüner Bergbau“ -
ben Einzug in die Diskussion gehalten. Doch was gut klingt,
nichts davon gibt es in der Realität. Beides verursacht Schä-
muss noch lange nicht gut sein. Oft entpuppen sich positive
den an Natur und Klima. Bio-Treibstoffe stammen zumeist
Ausdrücke bei genauerer Betrachtung als leere Worthülse
von riesigen, ökologisch wertlosen Monokulturen. Der Titel
oder als das Gegenteil von dem, was sie eigentlich beschrei-
„Green deal“ der EU macht das Konjunkturprogramm noch
ben. Eine Auswahl:
lange nicht zum Umweltprogramm.
„Net-zero“ und „klimaneutral“ will sagen, dass zu
Seien Sie also bei wohlklingenden Statements und Ankündi-
einem bestimmten Zeitpunkt – zumeist 2030 oder 2050 –
gungen wachsam. Entscheidend ist, was die Begriffe in der
das Klima nicht zusätzlich belastet wird, weil Treibhausgase
Realität bedeuten und was sie kaschieren.
irgendwie vermieden oder aufgefangen werden. In Realität
heißt es jedoch nicht viel, wenn Umweltsünder (im globalen
Norden) darauf setzen, dass irgendjemand (im globalen Sü-
den) die Schäden repariert – mit einer Technik, die bisher
nicht funktioniert. Auch der Zeitrahmen ist wichtig: Kom-
men Emissionen jetzt frei, werden aber erst in Jahrzehnten
aufgefangen, ist die Null unterm Strich heute wertlos.
„Nature-based-solutions“ Die Natur als Lösung aller
Probleme. Das klingt schön, weil es Respekt vor der Kraft
der Natur andeutet. Doch Vorsicht, die Natur ist kein blo-
ßes Reparaturwerkzeug. Viele dieser Lösungen missachten
zudem die Rechte der örtlichen Bevölkerung: Werden Wäl-
der, in denen Indigene seit Menschengedenken im Einklang
mit der Natur leben, zu Schutzgebieten erklärt, kann das zur
Vertreibung von Millionen Menschen führen.
Film ab für den Regenwald
Um den Menschen in den Regenwaldregionen eine
Stimme zu geben, unterstützt Rettet den Regenwald
verschiedene Filmprojekte. So werden wir auf der
Weltklimakonferenz im November Videos von Part-
ner-Organisationen präsentieren, die die Schönheit
des Waldes und den Mut der Regenwald-Wächter
zeigen.
Der schon jetzt veröffentlichte Film „Sejuta Asa –
Eine Million Hoffnung“ zeigt, warum unsere Partner
auf Sumatra nicht aufgeben, die Mangrovenwälder
zu retten. Im Mittelpunkt des Films „Ata Modo“
Mehr Schein als Sein - das gilt besonders, wenn Politiker und
stehen die Einwohner der Insel Komodo und ihr
Wirtschaftsbosse über Umwelt und Nachhaltigkeit reden. respektvoller Umgang mit urtümlichen Komodowa-
ranen. Sie wehren sich dagegen, dass rund um die
letzten Drachen eine Art Jurassic-Park entsteht.
Selbstverpflichtungen: Viele Unternehmen behaupten,
sie hätten die Tragweite der Umweltkrisen und ihre Verant-
wortung dafür verstanden. Sie hantieren mit Jahreszahlen Informationen und Links zu den Filmen:
und Zielmarken, verleihen sich selbst Umweltlogos. Miss- www.regenwald.org/rr045
Regenwald Report 3 | 2021 13AKTIV SEIN
Für den Förster und Bestseller-Autor
Peter Wohlleben ist naturbelassener
Wald lokaler und aktiver Klimaschutz.
Bäume: Klimaschutz
zum Anfassen
Auch wenn Förster Peter Wohlleben in Plantagen hervor, die weit von der Leistungsfähigkeit eines
seinem neuen Buch „Der lange Atem Waldes entfernt sind. Seine positive Botschaft: Ein natürlicher
der Bäume“ wieder neue, wundersame Wald kann das lokale Klima verbessern. Hitze wird durch die
und beeindruckende Erkenntnisse Verdunstung der Bäume abgekühlt und selbst Starkregen wird
über das Leben im Wald beschreibt, vom lockeren Waldboden viel besser aufgenommen als bei einer
lautet eine seiner wichtigen Grundbot- Waldplantage, die mit Maschinen befahren wird. Peter Wohl-
schaft: Wälder sind so perfekt, dass leben macht deutlich, dass der Wald uns helfen kann, unser
wir erst ganz am Anfang stehen, die Klima zu schützen. Diese Leistung kann schon bald wichtiger
Zusammenhänge zu verstehen. Aus sein, als den Rohstoff Holz zu liefern.
diesem Respekt heraus, plädiert er für
einen viel behutsameren Umgang mit Dieser Appell zielt auch in Richtung Politik. Immer häufiger
dem Wald. vereinnahmen Politiker den Wald, um ihn als heimischen Lie-
feranten eines nachwachsenden Rohstoffs zu präsentieren. Die
Anders als in seinem ersten Bestseller „Das geheime Leben der Wahrheit wollen sie ihren Wählerinnen und Wählern schein-
Bäume“ wird Wohlleben in seinem aktuellen Buch politischer. bar nicht zumuten: Wir werden nur Ressourcen sparen, wenn
Als Anwalt eines naturbelassenen Waldes setzt er sich mit den wir weniger konsumieren. Diese Forderung, die Rettet den
Argumenten der Forstwirtschaft und Politik auseinander. Dabei Regenwald immer wieder einbringt, spricht auch Wohlleben
plädiert er immer wieder dafür, dem Wald Zeit und Ruhe zu aus. Er prangert beispielsweise die Holzverbrennung an, die in
geben. Allein die ersten Erkenntnisse über die Anpassungs- und Deutschland mittlerweile ein Volumen von ungefähr 60 Mil-
Lernfähigkeit der Bäume sprechen dafür, dass sich der Wald lionen Kubikmetern hat, Tendenz steigend. Diese Form der
ohne menschliches Eingreifen am besten entwickle. Energiegewinnung sei für das Klima schlechter als Kohlever-
brennung, werde aber trotzdem vom Staat gefördert. Es geht
Darum geht Wohlleben hart mit der sogenannten nachhalti- nur, wenn wir weniger Energie verbrauchen.
gen Forstwirtschaft ins Gericht. Für ihn bringt sie lediglich
Ihre Meinung
Über www.regenwald.org, unsere Facebook-Seite, Twitter oder unseren Telegram-Kanal sind
wir laufend im Austausch mit den Freundinnen und Freunden von Rettet den Regenwald.
Jetzt möchten wir auch im Regenwald Report Platz schaffen für die Rückmeldung unserer
Leserinnen und Leser. Schreiben Sie uns Ihre Meinung zu den Themen dieses Hefts und
diskutieren sie mit uns. Wir freuen uns auf Ihre Leserbriefe.
So erreichen Sie die Redaktion:
report@regenwald.org
14 Regenwald Report 3 | 2021Online-Shop:
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Regenwald Report 3| 2021
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Regenwald allgemein Indigene in Papua S.12
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