Wechselseitige Einflüsse von Landwirtschaft und Klima - ASG-Herbsttagung - Göttingen, 04.11.2020
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Wechselseitige Einflüsse von Landwirtschaft und Klima ASG-Herbsttagung – Göttingen, 04.11.2020 Dr. Mathias Herbst Deutscher Wetterdienst - Zentrum für Agrarmeteorologische Forschung (ZAMF) Braunschweig 1
Deutscher Wetterdienst Hintergrund: Ist der Klimawandel schon da? Das Jahr 2017 Obst: Weizen/Raps: 90% weniger 25000 EUR Ertrag Schaden Grünland: Mais: Totalausfall 20% weniger beim 2. Ertrag Schnitt 2 Quelle: top agrar, Ausgabe 11/2017
Bodenfeuchte Modellierung Bodenfeuchte unter Winterweizen für den Zeitraum 1.1.2018 bis 28.10.2020 (Beispiel: Braunschweig) % nFK 4
Niederschlag & Temperatur Beobachtungen Abweichungen der Temperatur und des Niederschlags (Deutschlandmittel) vom vieljährigen Mittelwert 1961-1990 für den Zeitraum April – Oktober. Deutlicher Trend zu immer wärmeren Sommerhalbjahren, 2019 jedoch kein klarer Trend beim Niederschlag. Aber: Eine so starke Abweichung wie im Jahr 2018 wurde nie zuvor beobachtet. Frühauf | DEMETER | Online-Seminar 28.10.2020 5
Länger anhaltende Wetterlagen durch veränderten Jetstream Aufgrund verringerter Temperaturunterschiede zwischen Polarregionen (starke Erwärmung) und Äquator (schwache Erwärmung) bleiben die Mäander des Jetstreams länger stationär und die Witterung konstant. 6
Trends: Vegetationsbeginn Pflanzenentwicklung Phänologische Uhr / Deutschland WINTER 1961 - 1990: 120 Stiel-Eiche (Blattfall) 1961-1990 extrapoliert Tage SPÄTHERBST Stiel-Eiche (Blattverfärbung) 19 VORFRÜHLING 18 Dez. Jan. 40 Hasel (Blüte) Nov. Feb. 35 VOLLHERBST Stiel-Eiche (Früchte) 19 Okt. Mrz. 27 Sep. Apr. 31 Aug. Mai 21 27 Juli Juni FRÜHHERBST 31 ERSTFRÜHLING Schwarzer Holunder (Früchte) 30 Forsythie (Blüte) 22 27 23 44 30 VOLLFRÜHLING SPÄTSOMMER Apfel (Blüte) Apfel, frühreifend (Früchte) 42 21 FRÜHSOMMER Schwarzer Holunder (Blüte) Leitphasen, mittlerer Beginn und Dauer der phänologischen Jahreszeiten HOCHSOMMER Zeiträume 1961-1990 und 1991-2017 im Vergleich Sommer-Linde (Blüte) 11
Trends: Vegetationsbeginn Pflanzenentwicklung Phänologische Uhr / Deutschland WINTER 1961 - 1990: 120 Stiel-Eiche (Blattfall) Tage 1961-1990 extrapoliert Kurz notiert: 1991 - 2017: 103 SPÄTHERBST Tage Stiel-Eiche (Blattverfärbung) Verschiebung der 19 VORFRÜHLING 18 Dez. Jan. 40 phänologischen Nov. Feb. 35 Hasel (Blüte) VOLLHERBST Jahreszeiten Stiel-Eiche (Früchte) 19 27 Okt. Mrz. Sep. Apr. 31 Aug. Mai Vegetations- 21 27 Juli Juni FRÜHHERBST 31 ERSTFRÜHLING periode beginnt Schwarzer Holunder (Früchte) 22 30 Forsythie (Blüte) früher 27 44 23 30 VOLLFRÜHLING SPÄTSOMMER Apfel (Blüte) Apfel, frühreifend (Früchte) 42 21 FRÜHSOMMER Schwarzer Holunder (Blüte) Leitphasen, mittlerer Beginn und Dauer der phänologischen Jahreszeiten HOCHSOMMER Zeiträume 1961-1990 und 1991-2017 im Vergleich Sommer-Linde (Blüte) 12
Trends: Vegetationsbeginn 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Hohe Variabilität von Jahr zu Jahr! 13
Exkurs das Klimasystem „Strahlungsantrieb“: Erhöhung der Strahlungsbilanz um bislang 2,3 W/m2 seit Beginn der Industrialisierung → zusätzliche globale Temperaturerhöhung um ca. 1°C (mit großen regionalen Unterschieden) 14
Die Fakten industrielles CO2 4.5 0.1 PgC yr-1 9.3 0.5 PgC yr-1 44% 90% 2.6 0.5 PgC yr-1 1.0 0.5 PgC yr-1 + 25% 3.2 0.9 PgC yr-1 10% 31% CO2 Quellen CO2 Senken 1 PgC = 1015 g C = 3.67 109 t CO2 Global Carbon Project; Le Quéré et al., 2016 15
Die Fakten industrielles CO2 Zunahme der anthropogenen Treibhausgase Beispiel: Entwicklung der atm. CO2-Konzentration aus Eiskernbohrungen in ppm 2100 Weiter-wie-bisher-Szenario 2100 Klimaschutz-Szenario 2019 beobachtet 300 ppm Zeit (in Jahren vor heute) Quelle: Lüthi et al., Tans, IIASA 16
Klima Zukunft Die künftigen CO2-Emissionen sind entscheidend Vom Weltklimarat IPCC benutzte Klima-Szenarien im Vergleich Änderung der Globalen Temperatur RCP 8.5: + 4,7 °C RCP 6.0: + 3,2 °C RCP 4.5: + 2,7 °C RCP 2.6: + 1,7 °C 2°C Ziel nur durch RCP 2.6 zu realisieren; dazu nötig: CO2 Neutralität bis 2050 (negative Emissionen) 17
Landwirtschaft und Klimaschutz • Klimaschutzplan der Bundesregierung (16.11.2016): Emissionen aus dem Landwirtschaftssektor sollen bis 2030 um 31 – 34% gegenüber 1990 reduziert werden. • Bis 2015 waren erst 15% geschafft. • Aus der Landwirtschaft stammen rund 8% der nationalen THG- Emissionen (bzw. 11%, wenn man die Nutzung entwässerter Moorböden mitrechnet). Datenbasis: Aktivitätsdaten * Emissionsfaktoren • Die Landwirtschaft ist D.h. Berechnung aus statistischen Daten, deutschlandweit für 60% der Verifizierung fehlt jedoch. Quelle: Thünen-Institut für Agrarklimaschutz Methan (CH4) Emissionen und 80% Neue Ansätze: ICOS (Integrated Carbon Observation der Lachgas (N2O) Emissionen System, EU Forschungsinfrastruktur), ITMS verantwortlich. (Integriertes Treibhausgas Monitoring System, DWD) 18
CO2 Emissionen reduzieren: CO2 Bilanz mit Berücksichtigung der Ernte Bedeutung der Brachezeiten Atmosphärischer CO2 Austausch (Beispiel aus Gebesee / Thüringen): Abgabe Auf längere Sicht CO2 – Abgabe (= Humusverlust) infolge derjenigen Jahre in der Fruchtfolge mit langen Brachezeiten (hellgraue Flächen) Aufnahme 19
CO2 Emissionen reduzieren: • Humusaufbau: Anbau von Zwischenfrüchten und Untersaaten, Vermeidung von Brachezeiten, Verdichtung der Anbaufolgen (sofern genug Wasser verfügbar), Erhalt von Dauergrünland, Einsatz organischer Dünger • Bewässerung zur Steigerung der C-Aufnahme und der Nährstoffeffizienz • Wiedervernässung von organischen Böden (Anhebung des Wasserspiegels möglichst ohne Überstau, am besten auf ca. 10 cm unter Flur) • Ausweitung von Agroforst-Flächen (und ggf. Aufforstung nicht mehr benötigter Flächen) Entwicklung eines Zwischenfruchtbestandes (Ölrettich) von September bis Dezember 2016 am ZAMF 20
CO2 Emissionen reduzieren: 21
CH4 Emissionen reduzieren: • Reduzierung der Fleischproduktion durch Änderung des Konsumverhaltens (80% der Emissionen kommen aus den Mägen der Wiederkäuer), aber auch Optimierung von Fütterung und Züchtung. • Keine lange Lagerung von Gülle, sondern Nutzung für die Biogasproduktion (dadurch werden gleichzeitig fossile Energieträger mit Überstau eingespart). CH4 Emission [mg m-2d-1] ohne Überstau • Bei Wiedervernässungsmaßnahmen Flächen nicht überstauen. CH4 Emission eines wiedervernässten Grünlands (Herbst et al., AFM 151 (2011), 841-853) Bodentemperatur [°C] 22
CH4 Emissionen reduzieren: Auswirkung der Wasserstandsregulierung auf die THG-Emissionen Quelle: Drösler et al. 2008 (Ecol. Studies) 23
N2O Emissionen reduzieren: Im biologischen Stickstoff- Kreislauf wird N2O sowohl bei der Nitrifikation als auch bei der Denitrifikation freigesetzt. Überschüssiges Nitrat und Ammonium im Boden fördern daher die N2O-Emissionen 24
N2O Emissionen reduzieren: Zusammenhang zwischen Stickstoffüberschüssen und Viehbesatzdichte 25
N2O Emissionen reduzieren: • Reduzierung der Einsatzes von Mineraldüngern zur Verringerung des Stickstoffüberschusses im Boden, Beregnung zur besseren Ausnutzung, Einsatz organischer Dünger, „precision farming“. • Bedarfs- und standortgerechte Düngung (Düngeverordnung), da Überdüngung N2O – Emissionen und Nitratauswaschung verursacht (Trinkwasserschutz; Kosten). • Ausbau des Ökolandbaus mit ressourcenschonender Kreislaufwirtschaft (von derzeit 6 auf 20% Flächenanteil gemäß Klimaschutzplan der Bundesregierung). Korrelation zwischen Mineraldüngereinsatz und N2O Emission (Schulze et al., GCB 16 (2010), 1451-1469) 26
Ausblick • Trend zu höherem Wasserbedarf durch steigende Temperaturen, bei gleichbleibenden Sommer- und steigenden Winterniederschlägen. • Trend zu stabileren Wetterlagen führt zu häufigeren Dürre- und Nässe- Situationen, vgl. 2017 und 2018! • Landwirtschaft: Täter – Opfer – Retter? Von allem etwas, aber: Landwirtschaftliche Klimaschutzmaßnahmen können verstärkt werden: • CO2: Greening, Wiedervernässung, Agroforst, … • CH4: Viehbestandsdichte (Wiederkäuer) / Verbraucherverhalten, … • N2O: Bedarfsgerechte Düngung, ggf. Bewässerung, … → Klimaanpassung und Klimaschutz können Hand in Hand gehen. 27
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