Weiterbetrieb von Windenergieanlagen - Was gilt es zu beachten? - Fachagentur ...

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KURZINFORMATION

Weiterbetrieb von
­Windenergieanlagen
Was gilt es zu beachten?
Weiterbetrieb von
­Windenergieanlagen
Was gilt es zu beachten?

Dr. Marike Endell, Fachagentur Windenergie an Land (Kap. 2)
Dr. Steffen Herz, von Bredow Valentin Herz Rechtsanwälte mbB (Kap. 3, 4 und 5)
Pavlos Konstantinidis LL.M., von Bredow Valentin Herz Rechtsanwälte mbB
(Kap. 3, 4 und 5)

Herausgegeben von der Fachagentur Windenergie an Land e. V.
2    |   Weiterbetrieb von Windenergieanlagen – Was gilt es zu beachten?

Inhalt
1. Einleitung............................................................................................................................................................... 3

2. Genehmigungsrechtliche Fragen.......................................................................................................................... 4
2.1   Fortgeltung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung............................................................................... 4
2.2   Prüf- und Begutachtungspflichten aus der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung....................................... 4
2.3    Nachweis der Standsicherheit............................................................................................................................. 4
2.4    Keine Überprüfung der Nebenbestimmungen .................................................................................................... 6
2.5    Mögliche Folgen einer Betriebseinstellung.......................................................................................................... 6

3. Überprüfung bestehender Verträge..................................................................................................................... 7

4. Rechte und Pflichten nach EEG............................................................................................................................. 8
   4.1 Rechte nach dem EEG........................................................................................................................................ 8
		 4.1.1 Unverzüglicher und vorrangiger N           ­ etzanschluss......................................................................................... 8
		 4.1.2 Vorrangige physikalische Abnahme, Übertragung und Verteilung des Stroms............................................ 9
		 4.1.3 Einspeisemanagement und Redispatch..................................................................................................... 9
   4.2 Pflichten nach dem EEG.................................................................................................................................... 10

5. Vergütungsmöglichkeiten im Anschluss an die Förderung............................................................................... 12
   5.1 (Off-Site)-PPAs ................................................................................................................................................. 12
   5.2 Vermarktungsoptionen vor Ort......................................................................................................................... 13
   5.3 Anschlussförderung nach EEG.......................................................................................................................... 14
   5.4 Meldepflichten und Fristen............................................................................................................................... 15

Impressum.................................................................................................................................................................. 17
1. Einleitung       |     3

1. Einleitung
Zum Jahreswechsel 2020  /  2021 endete für alle Windener-                               Auf all diese Fragen – was ist aus genehmigungsrechtlicher
gieanlagen, die im Jahr 2000 oder zuvor in Betrieb ge-                                  Hinsicht zu beachten, welche Verträge gilt es zu überprü-
nommen worden waren, der ursprüngliche 20-jährige                                       fen und worauf ist dabei insbesondere zu achten, welche
Förderanspruch nach dem EEG. Sukzessive werden in den                                   Rechte und Pflichten gelten nach dem EEG weiter und wel-
nächsten Jahren weitere Anlagen folgen; so Ende 2021 die                                che Optionen bestehen im Hinblick auf die Stromvermark-
im Jahr 2001 in Betrieb genommenen Windenergie­anlagen,                                 tung – soll diese Kurzinformation erste Antworten geben.1
Ende 2022 die Neuanlagen aus dem Jahr 2002 usw.

Im Zusammenhang mit dem Ende der regulären Förderung
stellen sich eine Reihe Fragen, die nicht nur die Vergütung,
sondern auch die öffentlich-rechtliche Genehmigung und
die Flächennutzungs- und Betriebsführungsverträge, die in
der Regel zunächst für einen 20-jährigen Betriebszeitraum
konzipiert waren, betreffen.

     Onshore Windenergie mit auslaufendem Vergütungsanspruch
     nach dem EEG
                     4.730                                                                                                                      Leistung (MW)
                                                                                                                                                Anlagen

         3.600

                                                             2.850
                                                                                       2.600
                                    2.400
                                              1.860                     2.100                                   1.850
                                                                                                  1.650                                   1.700
                                                                                                                           1.100                     1.000

                2020                     2021                      2022                      2023                     2024                      2025

       Quelle: Fachagentur Windenergie an Land

1	Vgl. für einen umfassenden Überblick zu den Themen Repowering, Weiterbetrieb und Stilllegung: Fachagentur Windenergie an Land, Was tun nach 20 Jahren?, Berlin 2017.
4    |   Weiterbetrieb von Windenergieanlagen – Was gilt es zu beachten?

2. Genehmigungsrechtliche Fragen
2.1 Fortgeltung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung
Genehmigungen für Windenergieanlagen an Land w     ­ urden                             fort gilt.2 Eine »Verlängerung« der Genehmigung oder
und werden in der Regel unbefristet erteilt. Zwar können                               eine genehmigungsrechtliche »Zulassung des Weiterbe-
immissionsschutzrechtliche Genehmigungen befristet wer-                                triebs« ist entsprechend nicht erforderlich. Inhaltlich geht
den (§ 12 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 BImSchG), dies kommt in der                              es beim Weiterbetrieb um den bautechnischen Nachweis
Praxis aber selten vor. Auch wenn der Förderzeitraum nach                              der Standsicherheit nach dem (zeitlichen) Erreichen der
dem EEG für eine Windenergieanlage ausläuft, bedeu-                                    Entwurfs­lebensdauer.
tet dies nicht, dass auch die Genehmigung nicht weiter

2.2 P rüf- und Begutachtungspflichten aus der immissionsschutzrechtlichen
    Genehmigung

Denkbar ist, dass bereits in der immissionsschutzrechtlichen                           ­ enehmigungen eher selten. Sieht die Genehmigung ei-
                                                                                       G
Genehmigung (bis zum 1. Juli 2005 für Windenergieanla-                                 ner Windenergieanlage gleichwohl derartige Prüfungs- oder
gen erteilte Baugenehmigungen gelten gemäß § 67 Abs. 7                                 Untersuchungsverpflichtungen vor, sind die vorgegebenen
BImSchG als immissionsschutzrechtliche Genehmigungen                                   Pflichten umzusetzen und können von der für den Vollzug
weiter) bestimmte Prüf- oder Begutachtungsverpflichtungen                              der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zuständi-
für einen Weiterbetrieb nach einer bestimmten Betriebs-                                gen Überwachungsbehörde auch eingefordert werden.
dauer – beispielsweise nach 20 oder 25 Jahren – geregelt                               Bei Unterlassen drohen Anordnungen bis hin zur Stillset-
sind. Während solche Regelungen in neueren Genehmi-                                    zungsverfügung.
gungen zunehmend zu finden sind,3 sind sie in älteren

2.3 Nachweis der Standsicherheit
Unabhängig von bestimmten Vorgaben in der Genehmi-                                     Bauliche Anlagen sind so zu errichten, zu ändern und in-
gung sind bei dem Weiterbetrieb einer Windenergieanlage                                stand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit und Ord-
die Betreiberpflichten sowie die weiteren öffentlich-recht-                            nung, insbesondere Leben, Gesundheit und die natürlichen
lichen Pflichten weiterhin und dauerhaft einzuhalten. Da                               Lebensgrundlagen, nicht gefährdet werden, vgl. § 3 MBO.4
Windenergieanlagen bauliche Anlagen sind, umfasst dies                                 Damit besteht für die Betreiber von Anlagen nicht nur die
auch die Vorgaben des Bauordnungsrechts. Im Falle des                                  Verpflichtung, die Anlage standsicher zu errichten, sondern
Weiterbetriebs ist die Prüfung der Standsicherheit der An-                             auch, die Standsicherheit während des gesamten Betriebs
lage von Bedeutung.                                                                    der Anlage zu gewährleisten.

2   Vgl. etwa Landtag Nordrhein-Westfalen, Drs. 17  /  4634 v. 19.12.2018, S. 12.
3   Vgl. Agatz, Windenergie-Handbuch, 16. Aufl. 2019, S. 267.
4   Musterbauordnung – MBO – Fassung November 2002, zuletzt geändert durch Beschluss der Bauministerkonferenz v. 21.9.2012.
2. Genehmigungsrechtliche Fragen
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Windenergieanlagen weisen gemäß der »Richtlinie für                                            Methoden zu Bewertungen des Fortbestehens der Stand-
Windenergieanlagen – Einwirkungen und Standsicherheits-                                        und Betriebssicherheit der jeweiligen Windenergieanlage
nachweise für Turm und Gründung« des Deutschen Instituts                                       finden sich in Ziffer 17 der DIBt-Richtlinie. Hier wird wieder-
für Bautechnik (DIBt-Richtlinie)5 in der Regel eine Entwurfs-                                  um auf die Prüfmethoden der »Richtlinie für den Weiterbe-
lebensdauer von mindestens 20 Jahren auf. Die DIBt-Richt-                                      trieb von Windenergieanlagen« des Germanischen Lloyd 10
linie ist mittlerweile in allen Bundesländern als technische                                   verwiesen, die »die Beurteilung für den Weiterbetrieb der
Baubestimmung durch Ministerialerlass 6 eingeführt und ist                                     Windenergieanlage gemäß dem aktuellen Stand der Tech-
somit unmittelbar geltendes öffentliches Baurecht. Da die                                      nik (ermöglichen)«. Die aktuellen Regelungen ermöglichen
DIBt-Richtlinie grundsätzlich Sicherheitsvorgaben für alle                                     und regeln insofern in technischer Sicht die Voraussetzun-
Windenergieanlagen adressiert, kommt es für ihre inhalt-                                       gen für den Weiterbetrieb. Ein b  ­ estimmtes, zwingend ein-
liche Geltung nicht darauf an, ob eine Windenergieanlage                                       zuhaltendes Verfahren ist hingegen nicht vorgegeben.
vor Geltung der Richtlinie bzw. ihrer landesrechtlichen Ein-
                                                                                               Grundsätzlich ist die Frage der Sicherheit des Betriebs einer
führung als Baubestimmung genehmigt wurde.
                                                                                               Windenergieanlage eine Frage der Anlagenüberwachung.
Die Entwurfslebensdauer einer Anlage ist der DIBt-Richtlinie                                   Damit ist die entsprechende Fachbehörde, hier die Bauauf-
zufolge »die der Auslegung der Windenergieanlage zugrun-                                       sichtsbehörden, zuständig (§ 52 BImSchG).
de gelegte rechnerische Zeitdauer«. Mit anderen Worten:
                                                                                               Wird ein Standsicherheitsnachweis geführt, ist dieser
Die Entwurfslebensdauer bezeichnet den rechnerisch ermit-
                                                                                               zur Bauakte zu nehmen. Sofern erforderlich, können auf
telten Zeitraum, für den der Nachweis der Standsicherheit
                                                                                               Grundlage der jeweiligen bauordnungsrechtlichen Ermäch-
des Turms, der Gründung und der übrigen lasttragenden
                                                                                               tigungsgrundlage unter Bezugnahme auf den Standsi-
Bauteile besteht.7 Für die einzelne Windenergieanlage maß-
                                                                                               cherheitsnachweis weitere Prüfintervalle, Auflagen oder
geblich sind wiederum die jeweiligen Typen-  /Einzelprüfung
                                                                                               Anordnungen beschieden werden. Eine umfassende »(Neu-)
mit den dazugehörigen Lastannahmen. Ist diese Zeitspan-
                                                                                               Bescheidung« ist hingegen mit Blick auf die bestehende
ne abgelaufen, ist der Nachweis der bestehenden Stand-
                                                                                               Genehmigung nicht angezeigt.
sicherheit erforderlich.
                                                                                               Bestehen objektive Hinweise auf weitere sicherheitsrele-
Die Frage, ob hieraus unmittelbar die Pflicht zur Erbrin-
                                                                                               vante Umstände oder werden angeordnete bzw. geltende
gung eines neuen Standsicherheitsnachweises folgt 8 oder
                                                                                               wiederkehrende Prüfungen eingestellt, ist auch denkbar,
ob zunächst eine Inspektionspflicht der Behörde entsteht,
                                                                                               dass die Bauaufsichtsbehörde zur Gefahrerforschung Un-
an deren Ende in der Regel die Anordnung eines solches
                                                                                               tersuchungspflichten zulässigerweise zu Lasten eines Betrei-
Nachweises stehen wird,9 wird nicht einheitlich beantwor-
                                                                                               bers anordnet. Hierbei handelt es sich allerdings um nicht
tet. Um die bauordnungsrechtlichen Vorgaben in jedem
                                                                                               allgemein bewertbare Einzelfallaspekte.
Fall zu erfüllen, empfiehlt sich ein solcher Nachweis jedoch
unabhängig von einer behördlichen Anordnung. Gestützt
wird dies durch das eigene Interesse des Betreibers an der
Einhaltung der Standsicherheit – auch im Hinblick auf das
eigene Haftpflichtrisiko.

5	Deutsches Institut für Bautechnik (DIBt), Richtlinie für Windenergieanlagen, Einwirkungen und Standsicherheitsnachweise für Turm und Gründung, Stand Oktober 2012 –
   ­Korrigierte Fassung März 2015.
6	Vgl. bspw. für Niedersachsen RdErl. des Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz v. 30.7.2020 – 63  /  65-24 012  /  6-1.
7   BWE, Grundsätze für die Durchführung einer Bewertung und Prüfung über den Weiterbetrieb von Windenergieanlagen (BPW) an Land, 2. Aufl. 2017, S. 5.
8   In diese Richtung BWE, Grundsätze für die Durchführung einer Bewertung und Prüfung über den Weiterbetrieb von Windenergieanlagen (BPW) an Land, 2. Aufl. 2017, S. 6.
9   So wohl Agatz, Windenergie-Handbuch, 16. Aufl. 2019, S. 267.
10	Germanischer Lloyd Industrial Services GmbH, Richtlinie für den Weiterbetrieb von Windenergieanlagen, in: IV Vorschriften und Richtlinien Industriedienste, 1 Windenergie,
    Ausgabe 2009, Germanischer Lloyd, Hamburg; vgl. auch BWE, Grundsätze zum Weiterbetrieb von Windenergieanlagen, Berlin 2017.
6   |   Weiterbetrieb von Windenergieanlagen – Was gilt es zu beachten?

2.4 Keine Überprüfung der Nebenbestimmungen
Der Weiterbetrieb von Windenergieanlagen oder die Zulas-           Aspekte, wie beispielsweise Regelungen zu Schall, S­ chatten
sung des Weiterbetriebs erfordert keine Überprüfung der            oder Artenschutz, unterliegen keiner neuen oder erstma-
Nebenbestimmungen. Die Forderung von Überprüfungs-                 ligen Prüfung aufgrund des Weiterbetriebes, da das Fort-
verpflichtungen folgt alleine aus dem Bausicherheitsrecht          bestehen der Genehmigung diese Auflagen unverändert
(Landesbauordnungen). Andere genehmigungsrechtliche                vorschreibt.

2.5 Mögliche Folgen einer Betriebseinstellung
Wird eine Windenergieanlage zeitweise stillgelegt, bei-            zwölf Monaten die Betriebsgenehmigung erlischt. Ge-
spielsweise um umfangreichere Wartungen oder Repara-               setzlich ist in § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG geregelt, dass ein
turen vorzunehmen, ist zu beachten, dass die bestehende            Erlöschen der Genehmigung erst nach drei Jahren Betriebs-
Genehmigung eine Regelung dazu enthalten kann, dass                unterbrechung ohne zwischenzeitlicher Wiederaufnahme
ab einem Zeitraum der Betriebseinstellung von sechs oder           des ­Betriebs eintritt.

Das Wichtigste in Kürze
• Eine Bau- bzw. immissionsschutzrechtliche Genehmi-             • Um die Anlage auch weiterhin nachweislich standsi-
  gung gilt – sofern nichts anderes in ihr geregelt ist –          cher zu betreiben, sollte – auch ohne eine entspre-
  unbefristet. Für den Weiterbetrieb ist deshalb eine              chende behördliche Anordnung – zum Ablauf der
  »Verlängerung« dieser Genehmigung oder eine ge-                  Entwurfslebensdauer der Windenergieanlage ein
  nehmigungsrechtliche »Zulassung des Weiterbetriebs«              Standsicherheitsnachweis (gegenüber der zuständi-
  nicht erforderlich.                                              gen Bauaufsichtsbehörde) geführt werden.

• Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung soll-               • Methoden zu Bewertungen des Fortbestehens der
  te auf mögliche Prüf- oder Beurteilungsverpflichtun-             Stand- und Betriebssicherheit der jeweiligen Wind-
  gen nach Ablauf einer bestimmten Betriebsdauer                   energieanlage finden sich in Ziffer 17 der DIBt-Richt-
  (z. B. 20 oder 25 Jahre) durchgesehen werden. Sol-               linie. Eine »(Neu-) Bescheidung« des Weiterbetriebs
  che Verpflichtungen sind in älteren Genehmigungen                durch die Bauaufsichtsbehörde nach Vorlage des
  nur vereinzelt zu finden. Enthält eine Genehmigung               Standsicherheitsnachweises erscheint nicht angezeigt.
  gleichwohl entsprechende Verpflichtungen, sind die-
                                                                 • Für den Weiterbetrieb ist eine Überprüfung der
  se umzusetzen.
                                                                   ­Nebenbestimmungen nicht erforderlich.
3. Überprüfung bestehender Verträge
  |   7

3. Überprüfung bestehender Verträge
Sollen Windenergieanlagen über 20 Jahre hinaus betrieben      Wartungs- und Betriebsführungsverträge können weiter-
werden, sollten auch die entsprechenden Grundstücksnut-       geführt werden, müssen allerdings je nach getroffenen
zungs-, Wartungs- und gegebenenfalls Betriebsführungs-        Vereinbarungen in der Regel einer individuellen Prüfung
verträge auf Fortgeltung und Regelungsgehalt überprüft        unterzogen werden, insbesondere um zu klären, ob die
werden.                                                       Vergütungsvereinbarungen mit dem Betrieb der Windener-
                                                              gieanlage ohne Inanspruchnahme einer EEG-Förderung
Üblich sind wohl Grundstücksnutzungsverträge, die nach
                                                              noch wirtschaftlich darstellbar sind. Nachverhandlungen
dem Ablauf einer Grundlaufzeit von 20 Jahren, zwei einsei-
                                                              dürften hier in der Regel erforderlich sein. Inwieweit der
tig durch den Betreiber ausübbare oder automatisch grei-
                                                              Umfang der Wartungs- und Betriebsführungspflichten des
fende fünfjährige Verlängerungsoptionen vorsehen. Es ist
                                                              Auftragnehmers anzupassen ist oder angepasst werden
indes zu berücksichtigen, dass Grundstücksnutzungsverträ-
                                                              soll, ist eine Frage der Verhandlung und eigener Vorstellun-
ge maximal für eine feste Dauer von 30 Jahren abgeschlos-
                                                              gen des Betreibers, insbesondere dahingehend, inwieweit
sen werden können (§ 544 BGB). Über diesen Zeitraum
                                                              das Festhalten an einer »Vollwartung« auch im Weiter-
hinaus sind auch einseitige oder verpflichtende Verlänge-
                                                              betrieb wirtschaftlich ist. In jedem Fall sind aber die der
rungsoptionen nicht möglich und führen zur jederzeitigen
                                                              Typen­prüfung zugrundeliegenden Mindestanforderungen
ordentlichen Kündbarkeit des Grundstücksnutzungsver-
                                                              des ­Wartungspflichtenheftes auch weiterhin einzuhalten.
trages nach Ablauf von 30 Jahren. Es müssen also spätes-
tens ab dann neue vertragliche Vereinbarungen getroffen
werden.

Zu berücksichtigen ist nach Ablauf des Förderzeitraums,
dass gegebenenfalls die vereinbarte Höhe des zu zahlenden
                                                                   Das Wichtigste in Kürze
Nutzungsentgelts angepasst werden muss, da der förder-
                                                                   • Grundstücksnutzungsverträge, Wartungs- und
freie Betrieb unter Fortführung der ursprünglich vereinbar-
                                                                     gegebenenfalls Betriebsführungsverträge müs-
ten Zahlungen unter Umständen nicht mehr wirtschaftlich
                                                                     sen auf Fort­geltung und Regelungsgehalt über-
möglich ist. Hierfür ist eine gesonderte Vereinbarung mit
                                                                     prüft werden.
dem Grundsstückseigentümer erforderlich, wobei – im
Rahmen eines wirksamen Vertrages – in der Regel wohl               • Grundstücksnutzungsverträge können maximal
kein Anspruch gegen den Grundstückseigentümer auf Zu-                für eine feste Dauer von 30 Jahren abgeschlos-
stimmung besteht. Bei Verlängerungs- oder sonstigen An-              sen werden.
passungsvereinbarungen sollte zudem im Blick behalten
werden, dass der Nutzungsvertrag die jederzeitige Been-
digung durch den Betreiber zulässt, sollte dieser den Be-
trieb der Windenergieanlage einstellen.
8    |   Weiterbetrieb von Windenergieanlagen – Was gilt es zu beachten?

4. Rechte und Pflichten nach EEG
Die Rechtsbeziehungen zwischen Betreibern von Windener-                                   • auf Vergütung des in der Anlage erzeugten Stroms nach
gieanlagen (bzw. allen Betreibern von Erneuerbare-Energi-                                   den jeweils im Zeitpunkt der Inbetriebnahme maßgeb-
en-Anlagen) und Netzbetreibern sind im EEG umfassend                                        lichen Vergütungsvorschriften, allerdings nur für einen
als ein verhandlungsfestes gesetzliches Schuldverhältnis                                    zeitlich begrenzten Zeitraum.
ausgestaltet. Dabei begründet das EEG eine Reihe von An-
                                                                                          Mit Ausnahme des ursprünglichen Förderanspruchs, der
sprüchen zu Gunsten, aber auch Pflichten zu Lasten von
                                                                                          grundsätzlich für 20 Jahre zuzüglich des Inbetriebnahmejah-
Betreibern.11 Die Ansprüche zu Gunsten des Betreibers sind
                                                                                          res besteht, bleiben alle im EEG geregelten, vorstehenden
insbesondere gerichtet
                                                                                          Ansprüche bestehen, ohne dass hierfür vom Anlagenbe-
• auf unverzüglichen und vorrangigen Netzanschluss                                        treiber etwas getan werden muss. Vereinfacht gesagt: Eine
  am gesetzlich geschuldeten Netzverknüpfungspunkt                                        ausgeförderte Windenergieanlage bleibt weiterhin eine
  (§ 8 EEG 2014 12),                                                                      EEG-Anlage, die zwar nicht mehr wie bisher gefördert wird,
                                                                                          für die aber alle weiteren Rechte und Pflichten nach dem
• auf unverzügliche und vorrangige physikalische Abnah-
                                                                                          EEG uneingeschränkt weitergelten (siehe im Einzelnen zu
  me, Übertragung und Verteilung des Stroms aus erneu-
                                                                                          den Rechten Kap. 4.1 und zur Einspeisevergütung für aus-
  erbaren Energien (§ 11 EEG 2014 13),
                                                                                          geförderte Anlagen Kap. 5.3).
• auf Erweiterung der Netzkapazität (§ 12 EEG 2014 14),
                                                                                          Neben diesen Rechten bestehen aber auch einige der vom
• auf Entschädigung in Höhe der entgangenen Einnahmen                                     EEG formulierten Pflichten für ausgeförderte Anlagen fort
  im Falle einer Einspeisemanagement-Maßnahme (§§ 11,                                     (siehe im Einzelnen zu den Pflichten Kap. 4.2).
  12 EEG 2012 15) bzw. ab dem 1. Oktober 2021 im F­ alle
  einer Redispatch-Maßnahme (§§ 13 und 13a EnWG) zur
  Behebung eines Netzengpasses, und

4.1 Rechte nach dem EEG

4.1.1	Unverzüglicher und vorrangiger                                                     Im Zusammenhang mit ausgeförderten – und somit be-
       ­Netzanschluss                                                                     reits angeschlossenen – Windenergieanlagen bedeutet
                                                                                          dies, dass die Berechtigung auf Nutzung des bestehen-
Nach § 8 Abs. 1 EEG 2014 sind Netzbetreiber verpflichtet,
                                                                                          den Netzverknüpfungspunkts erhalten bleibt. Selbst bei ei-
Windenergieanlagen unverzüglich vorrangig am gesetzlich
                                                                                          ner Versetzung einer (ausgeförderten) Windenergieanlage
geschuldeten Netzverknüpfungspunkt anzuschließen. Es ist
                                                                                          durch Änderung des Standortes würden aber – im Hinblick
dabei nicht von Belang, ob für den eingespeisten Strom ein
                                                                                          auf den neuen Netzverknüpfungspunkt – alle Vorgaben
Vergütungsanspruch nach dem EEG besteht oder nicht.
                                                                                          des § 8 EEG 2014 zur Bestimmung des Netzverknüpfungs-
                                                                                          punktes, zur möglichen Wahl eines abweichenden Netzver-
                                                                                          knüpfungspunktes, zur Kostentragung etc. (erneut) gelten.

11 Vgl. für einen umfassenden Überblick zu den Rechten und Pflichten nach dem EEG auch BWE, Ansprüche für Windenergieanlagen ohne Förderanspruch, Berlin 2017.
12	Für Strom aus Windenergieanlagen, die unter Geltung des EEG 2000 oder zuvor in Betrieb genommen wurden, sind nach § 100 Abs. 1 S. 1 Halbs. 1 EEG 2021 i. V. m. § 100
    Abs. 2 Halbs. 1 EEG 2017 grundsätzlich die Vorschriften des EEG 2014 anzuwenden.
13	Für Strom aus Windenergieanlagen, die unter Geltung des EEG 2000 oder zuvor in Betrieb genommen wurden, sind nach § 100 Abs. 1 S. 1 Halbs. 1 EEG 2021 i. V. m. § 100
    Abs. 2 Halbs. 1 EEG 2017 grundsätzlich die Vorschriften des EEG 2014 anzuwenden.
14	Für Strom aus Windenergieanlagen, die unter Geltung des EEG 2000 oder zuvor in Betrieb genommen wurden, sind nach § 100 Abs. 1 S. 1 Halbs. 1 EEG 2021 i. V. m. § 100
    Abs. 2 Halbs. 1 EEG 2017 grundsätzlich die Vorschriften des EEG 2014 anzuwenden.
15	Für Strom aus Windenergieanlagen, die unter Geltung des EEG 2000 oder zuvor in Betrieb genommen wurden, sind nach § 100 Abs. 1 S. 1 Halbs. 1 EEG 2021 i. V. m. § 100
    Abs. 2 S. 1 Nr. 10 EEG 2017 und § 66 Abs. 1 Nr. 5 und 5a EEG 2012 die §§ 11, 12 EEG 2012 zum Einspeisemanagement anzuwenden.
4.  Rechte und Pflichten nach EEG
  |   9

4.1.2	Vorrangige physikalische Abnahme,                     Anschlussförderung und für Windenergieanlagen in der
       Übertragung und Verteilung des Stroms                 sonstigen Direktvermarktung der tatsächliche Erlös, den
                                                             sie aus der Vermarktung des Stroms erzielt hätten, sein.
Ferner müssen Netzbetreiber nach § 11 EEG 2014 den
                                                             In beiden Fällen wird aber eine vollumfängliche Entschä-
gesamten erzeugten Strom unverzüglich vorrangig phy-
                                                             digung in Höhe von 100 % der entgangenen Einnahmen
sikalisch abnehmen, übertragen und verteilen. Dabei ist
                                                             zuzüglich der zusätzlichen Aufwendungen und abzüglich
allerdings lediglich die physikalische Abnahme durch den
                                                             der ersparten Aufwendungen erfolgen.
Netzbetreiber abgesichert. Soweit also nach Ablauf des
Förderzeitraums der in den Windenergieanlagen erzeugte       Die Vorschriften des EEG zum Einspeisemanagement wer-
Strom nicht im Rahmen der neuen Einspeisevergütung für       den allerdings zum 1. Oktober 2021 entfallen und durch
ausgeförderte Anlagen veräußert wird, bleibt es Aufgabe      die neuen Redispatch-Regelungen in §§ 13, 13a EnWG (in
des Anlagenbetreibers, die kaufmännische Abnahme sei-        seiner neuen Fassung) ersetzt. Danach werden Netzbetrei-
nes Stroms sicherzustellen, etwa durch den Abschluss ei-     ber sogenannte Redispatch-Maßnahmen ergreifen dürfen,
nes Power Purchase Agreement (PPA) mit einem Abnehmer        wenn die Sicherheit oder Zuverlässigkeit des Elektrizitäts-
(siehe hierzu Kap. 5.1).                                     versorgungssystems in der jeweiligen Regelzone gefährdet
                                                             oder gestört ist (z. B. wenn örtliche Ausfälle des Übertra-
Ferner muss gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 EEG 2014 eine Zu-
                                                             gungsnetzes oder kurzfristige Netzengpässe zu besorgen
ordnung des eingespeisten Stroms zu einer der Veräuße-
                                                             sind oder zu besorgen ist, dass die Haltung von Frequenz,
rungsformen des § 20 Abs. 1 EEG 2014 bzw. des neuen
                                                             Spannung oder Stabilität durch die Betreiber von Übertra-
§ 21b Abs. 1 EEG 2021 erfolgen. Für Windenergieanlagen
                                                             gungsnetzen nicht im erforderlichen Maße gewährleistet
ohne Förderanspruch kommen dabei die Veräußerungsfor-
                                                             werden kann).
men der neuen Einspeisevergütung für ausgeförderte An-
lagen sowie die sogenannte sonstige Direktvermarktung        Anders als bisher ist dann im Falle von Redispatch-Maß-
in Betracht. In der ersten wird der eingespeiste Strom vom   nahmen anstatt einer finanziellen Entschädigung des An-
Netzbetreiber abgenommen und vergütet, während in der        lagenbetreibers vorrangig ein bilanzieller Ausgleich des
zweiten der Strom an einen Dritten veräußert wird, ohne      Bilanzkreisverantwortlichen, in der Regel also des Vermark-
dass eine Zahlung vom Netzbetreiber in Anspruch genom-       ters, vorgesehen. Zwar behält auch der Anlagenbetrei-
men wird (siehe hierzu im Einzelnen Kap. 5).                 ber nach Maßgabe von § 13a Abs. 2 i. V. m. Abs. 1a EnWG
                                                             (neu) im Redispatch einen Entschädigungsanspruch. Im
Dabei besteht grundsätzlich die Pflicht des Netzbetreibers
                                                             Rahmen desselben wird allerdings dieser bilanzielle Aus-
aus § 12 EEG 2014 fort, zum Zwecke der Abnahme, Über-
                                                             gleich angerechnet. Deswegen bedarf es, damit der Anla-
tragung und Verteilung des angebotenen Stroms das Netz
                                                             genbetreiber auch umfassend finanziell entschädigt wird,
auf eigene Kosten zu erweitern und zu optimieren, soweit
                                                             entsprechender vertraglicher Vereinbarungen mit dem Ver-
wirtschaftlich zumutbar.
                                                             markter – hierauf ist im Rahmen der Vertragsverhandlun-
                                                             gen unbedingt zu achten.
4.1.3 Einspeisemanagement und Redispatch
Auch §§ 11, 12 EEG 2012, wonach der Netzbetreiber bei
einer Abregelung einer Anlage aufgrund eines (zu befürch-
tenden) Netzengpasses zur Entschädigung des Anlagenbe-
treibers für seine entgangenen Einnahmen im Rahmen des
sogenannten Härtefallausgleichs verpflichtet ist, behalten
für ausgeförderte Anlagen ihre Geltung. Lediglich die Höhe
bzw. die Berechnung der entgangenen Einnahmen ändert
sich. Für ausgeförderte Windenergieanlagen wird dies der
gesetzlich festgelegte anzulegende Wert nach der neuen
10 |      Weiterbetrieb von Windenergieanlagen – Was gilt es zu beachten?

4.2 Pflichten nach dem EEG
Unabhängig davon, ob ein Vergütungsanspruch nach dem                                      steuerung und die Messdatenübermittlung über ein intel-
EEG besteht, muss jede ausgeförderte Windenergieanlage                                    ligentes Messsystem erst ab Einbau dieses intelligenten
nach wie vor mit technischen Einrichtungen ausgestattet                                   Messsystems erfolgen. Bis dann reicht es aus, wenn die
sein, mit denen der Netzbetreiber bei Netzüberlastung je-                                 Anlagenbetreiber Übertragungstechniken und Übertra-
derzeit die Einspeiseleistung bei Netzüberlastung fernge-                                 gungswege zur Abrufung der Ist-Einspeisung und zur fern-
steuert reduzieren kann und die Ist-Einspeisung abrufen                                   gesteuerten Regelung der Einspeiseleistung verwenden, die
kann, § 6 EEG 2009.16                                                                     dem Stand der Technik bei Inbetriebnahme der Anlage ent-
                                                                                          sprechen und wirtschaftlich vertretbar sind. Fraglich ist da-
Bezüglich der Fernsteuerbarkeit durch den Netzbetreiber
                                                                                          bei, wie ein Verstoß gegen die in § 10b geregelten Pflichten
besteht dabei nach dem neuen § 100 Abs. 4 EEG 2021
                                                                                          sanktioniert werden soll, da die in § 52 Abs. 1 S. 1 Nr. 2a EEG
für alle ausgeförderten Windenergieanlagen zunächst kei-
                                                                                          2021 vorgesehene Verringerung des anzulegenden Wertes
ne Nachrüstpflicht. Sobald allerdings eine ausgeförderte
                                                                                          auf den Monatsmarktwert Anlagen, die die Marktprämie
Windenergieanlage nach dem Messstellenbetriebsgesetz
                                                                                          nicht in Anspruch nehmen, ohnehin nicht nachteilig trifft.
(MsbG) 17 mit einem intelligenten Messsystem ausgestat-
tet wird, ist § 9 Abs. und 1b EEG 2021 entsprechend anzu-                                 Ferner bleiben die allgemeinen Pflichten nach der Markt-
wenden. Somit werden ab diesem Zeitpunkt die Abrufung                                     stammdatenregisterverordnung (MaStRV)18 und die entspre-
der Ist-Einspeisung sowie die stufenweise oder, sobald die                                chenden Fristen auch für ausgeförderte Anlagen relevant.
technische Möglichkeit besteht, stufenlose Fernsteuerung                                  Betreiber von ausgeförderten Windenergieanlagen haben
der Einspeiseleistung durch den Netzbetreiber über das                                    u.a. vorläufige und endgültige Stilllegungen ihrer Anlagen
intelligente Messsystem erfolgen müssen. Bis zum Einbau                                   sowie Änderungen, die die im Marktstammdatenregister
des intelligenten Messsystems nach dem MsbG reicht es                                     eingetragenen Daten betreffen, innerhalb eines Monats
bei fernsteuerpflichtigen Anlagen aus, wenn die vorhan-                                   nach ihrem Eintritt zu registrieren. Die Nichtbeachtung die-
denen technischen Einrichtungen nur dazu geeignet sind,                                   ser Pflichten stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit ei-
die Einspeiseleistung bei Netzüberlastung stufenweise oder                                ner Geldbuße geahndet werden kann, § 21 MaStRV i. V. m.
auch vollständig (On  /  Off) ferngesteuert zu reduzieren oder                            § 95 Abs. 1 Nr. 5 lit. d) EnWG.
wenn die Anforderungen erfüllt sind, die der Netzbetreiber
                                                                                          Die Pflicht zur Ausstattung der Windenergieanlagen mit
dem Anlagenbetreiber zur Erfüllung der Pflicht vor der In-
                                                                                          einer Einrichtung zur bedarfsgesteuerten Nachtkennzeich-
betriebnahme der Anlage übermittelt hat. Angesichts der
                                                                                          nung von Luftfahrthindernissen (sogenannte »BNK-Pflicht«)
erwarteten Entwicklungen sollen die Betreiber das Thema
                                                                                          betrifft nach § 100 Abs. 1 EEG 2021 i. V. m. § 100 Abs. 2 S. 1
auch zukünftig im Blick behalten.
                                                                                          Nr. 13 EEG 2017 zwar grundsätzlich auch Bestandsanlagen.
Zudem müssen Windenergieanlagen in der sonstigen Di-                                      Allerdings sind nach aktuellem Stand alle ausgeförderten
rektvermarktung nach dem neuen § 10b EEG 2021, der                                        Windenergieanlagen von der BNK-Pflicht befreit, da bei
auch auf Bestandsanlagen anwendbar sein soll, eine stu-                                   diesen Anlagen ausweislich einer Festlegung der Bundes-
fenweise und, sobald die technische Möglichkeit besteht,                                  netzagentur die Ausnahmeregelung der »wirtschaftlichen
eine stufenlose Fernsteuerung durch den Direktvermarkter                                  Unzumutbarkeit« greift.19
ermöglichen. Bei ausgeförderten Windenergieanlagen müs-
sen nach der entsprechenden Markterklärung des Bundes-
amtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) nach
§ 30 des MsbG und § 84a Nummer 3 EEG 2021 die Fern­

16	Für Strom aus Windenergieanlagen, die unter Geltung des EEG 2000 oder zuvor in Betrieb genommen wurden, ist nach § 100 Abs. 1 S. 1 Halbs. 1 EEG 2021 i. V. m. § 100 Abs. 2
    S. 1 Nr. 10 lit. b) EEG 2017 zu den technischen Vorgaben bei Anlagen statt der EEG 2014-Regelung die entsprechende Regelung in § 6 EEG 2009 anzuwenden.
17	Gesetz über den Messstellenbetrieb und die Datenkommunikation in intelligenten Energienetzen (Messstellenbetriebsgesetz – MsbG) v. 29.8.2016.
18	Verordnung über das zentrale elektronische Verzeichnis energiewirtschaftlicher Daten (Marktstammdatenregisterverordnung – MaStRV) v. 10.4.2017.
19	Die Bundesnetzagentur legte bereits in ihrem Beschluss BK6-19-142 v. 22.10.2019 unter anderem fest, dass Bestandsanlagen, deren Zahlungsanspruch nach dem
    EEG ­innerhalb von drei Jahren ab Beginn der Pflicht zur bedarfsgesteuerten Nachkennzeichnung endet, aufgrund einer wirtschaftlichen Unverhältnismäßigkeit von der
    Nachrüstungs­pflicht befreit werden. Da die BNK-Frist nach dem neuen Beschluss BK6-20-207 der Bundesnetzagentur v. 5.11.2020 auf den 1.1.2023 verschoben wurde, sind
    alle Windenergieanlagen mit Inbetriebnahme bis einschließlich des Jahres 2005 – und somit auch alle ausgeförderten Windenergieanlagen – von der BNK-Pflicht befreit.
4. Rechte und Pflichten nach EEG
  |                11

Auch die Anforderungen der Systemdienstleistungsverord-                                  der EEG-Umlage und Stromsteuer bei Eigenversorgung und
nung (SDLWindV) 20 sind von den ausgeförderten Wind-                                     Stromlieferungen innerhalb eines Windparks, insbesonde-
energieanlagen nicht einzuhalten. Anlagen, die vor dem                                   re wenn über denselben Netzverknüpfungspunkt verschie-
1. Januar 2002 in Betrieb genommen worden sind, wa-                                      dene Betreibergesellschaften einspeisen. Zwar kann eine
ren nie vom Anwendungsbereich der SDLWindV erfasst                                       Eigenversorgung mit Strom aus Windenergieanlagen nach
und müssen daher auch nicht die Anforderungen nach § 9                                   §§ 61 ff. EEG 2021 auch nach Ablauf des Förderanspruchs
Abs. 6 EEG 2014 erfüllen.21 Dasselbe gilt auch für die Re-                               privilegiert sein. Auf Querlieferungen zwischen Windener-
gelungen der Elektrotechnische-Eigenschaften-Nachweis-                                   gieanlagen unterschiedlicher juristischer Personen fällt in-
Verordnung (NELEV) 22, die grundsätzlich aufgrund von § 1                                des die volle EEG-Umlage und gegebenenfalls auch die
Abs. 3 NELEV nicht auf bereits an das Netz angeschlosse-                                 Stromsteuer an. Die damit einhergehenden Meldepflich-
ne Bestandsanlagen anwendbar ist.                                                        ten sowie die Pflicht zur Abgrenzung und der Erfassung
                                                                                         der Strommengen mittels mess- und eichrechtskonformer
Weiterhin relevant und höchst komplex bleiben die Mess-,
                                                                                         Messeinrichtungen sind zu erfüllen.23
Abgrenzungs- und Meldepflichten im Zusammenhang mit

       Das Wichtigste in Kürze
       • Ausgeförderte Windenergieanlagen bleiben »EEG-An-                                     – Abrufung der Ist-Einspeisung und der – zukünf-
         lagen«, auf die das EEG weiterhin Anwendung findet.                                     tig stufenlosen – Fernsteuerbarkeit ihrer Anlagen
                                                                                                 durch den Netzbetreiber im Falle einer Netzüber-
       • Unabhängig vom Bestehen eines Vergütungsan-
                                                                                                 lastung,
         spruchs bleiben insbesondere die grundsätzlichen
         Rechte auf                                                                            – Abrufung der Ist-Einspeisung und der – zukünf-
                                                                                                 tig stufenlosen – Fernsteuerbarkeit ihrer Anlagen
          – vorrangigen Netzanschluss,
                                                                                                 durch den Direktvermarkter bei Direktvermarktung
          – vorrangige Stromabnahme,                                                             des Stroms,

          – Netzkapazitätserweiterung,                                                         – Installation von intelligenten Messsystemen unter
                                                                                                 Beachtung der maßgeblichen Fristen,
          – Entschädigung im Falle von Einspeisemanagement  /
            Redispatch                                                                         – Meldepflichten nach der MaStRV und

           bestehen.                                                                           – Mess-, Abgrenzungs- und Meldepflichten bei EEG-
                                                                                                 Umlage relevanten Letztverbräuchen.
       • Weiterhin erfüllen müssen Betreiber von ausgeför-
         derten Windenergieanlagen die folgenden Pflichten:

          – Zuordnung des Stroms aus ihren Anlagen zu ei-
            ner Veräußerungsform (sonstige Direktvermark-
            tung oder Einspeisevergütung für ausgeförderte
            Anlagen),

20	Verordnung zu Systemdienstleistungen durch Windenergieanlagen (Systemdienstleistungsverordnung – SDLWindV) v. 3.7.2009.
21	Für Windenergieanlagen, die in den Jahren 2002 bis 2008 in Betrieb genommen wurden, gab es nach § 66 Abs. 1 Nr. 8 EEG 2012 einen Anspruch auf den Systemdienstleis-
    tungs-Bonus bei Einhaltung der Anforderungen der SDLWindV infolge einer Nachrüstung in den Jahren 2012 bis 2015.
22	Verordnung zum Nachweis von elektrotechnischen Eigenschaften von Energieanlagen (Elektrotechnische-Eigenschaften-Nachweis-Verordnung – NELEV) v. 12.6.2017.
23	Siehe hierzu Kap. 5.2 sowie BWE, EEG 2017 – Meldepflichten zu Stromsteuerbefreiung und EEG-Umlage, Berlin 2018.
12 |      Weiterbetrieb von Windenergieanlagen – Was gilt es zu beachten?

5.	Vergütungsmöglichkeiten im Anschluss
    an die Förderung
Grundsätzlich eröffnen sich für den mit ausgeförderten                                   Dabei gilt als Grundsatz, dass der Betreiber einer oder meh-
Windenergieanlagen erzeugten Strom drei verschiedene                                     rerer ausgeförderter Anlagen immer selbst eine kaufmän-
Vermarktungspfade:                                                                       nische Abnahme des erzeugten Stroms sicherstellen, also
                                                                                         einen entsprechenden Abnehmer oder Vermarktungspart-
• Vermarktung über das Stromnetz im Rahmen eines, auch
                                                                                         ner suchen, muss – abgesehen von der zeitlich bis zum
  als Off-Site-PPA bezeichneten, Stromliefer- bzw. Strom-
                                                                                         31. Dezember 2021 befristeten Möglichkeit der Inanspruch-
  vermarktungsvertrages (siehe dazu Kap. 5.1),
                                                                                         nahme einer vom Netzbetreiber ausgezahlten Übergangs-
• Verbrauch vor Ort ohne Nutzung des öffentlichen Strom-                                 vergütung nach dem EEG 2021.
  netzes (im Rahmen einer Eigenversorgung oder Strom-
                                                                                         Entscheidend dürfte dabei immer sein, dass die erzielten Er-
  lieferung, auch als On-Site-PPA bezeichnet, über eine
                                                                                         löse ausreichend sind, um zumindest die Kosten zu decken
  Direktleitung) 24 (siehe dazu Kap. 5.2) oder
                                                                                         und einen gewissen Gewinn zu erwirtschaften.25
• Vermarktung über das Stromnetz im Rahmen der – zeit-
  lich begrenzten – »Auffangvergütung« nach EEG ­(siehe
  dazu Kap. 5.3).

5.1 (Off-Site)-PPAs
Grundsätzlich kann der erzeugte Strom über das Stromnetz                                 in aller Regel an den energiewirtschaftlichen Voraussetzun-
außerhalb des Förderregimes des EEG auf verschiedenen                                    gen fehlen wird, insbesondere am Vorhandensein eines ei-
Vermarktungspfaden veräußert werden: an Stromhänd-                                       genen Bilanzkreises, über den der »Stromtransport« zum
ler oder Energieversorgungsunternehmen, die den Strom                                    Kunden abgewickelt werden kann.
ihrerseits weiterveräußern (sogenannte Utility-PPAs), an
                                                                                         Die Abwicklung der Vermarktung und selbst die Verträge
der Strombörse oder unmittelbar an Letztverbraucher wie
                                                                                         gleichen bei einem solchen Verkauf des Stroms an einen
z. B. energieintensive Unternehmen (sogenannte Corpo-
                                                                                         Stromhändler oder ein Energieversorgungsunternehmen
rate-PPAs).
                                                                                         in einigen Punkten der aus dem EEG bekannten geför-
Das EEG fasst alle oben genannten Vermarktungspfade                                      derten Direktvermarktung, weisen aber in anderen ent-
unter dem Begriff der sonstigen Direktvermarktung nach                                   scheidenden Punkten Unterschiede auf. Darüber hinaus
§ 21a EEG 2021 zusammen (siehe zu den damit einher-                                      existieren am Markt verschiedene Vermarktungsmodelle.
gehenden Pflichten und Fristen Kap. 5.4). Im Markt wer-                                  Bei der Vertragsgestaltung sind insbesondere die folgen-
den die entsprechenden Verträge in der Regel als Power                                   den Punkte zu beachten:
Purchase Agreements (PPAs) bezeichnet.
                                                                                         • Preisgestaltung: Für Off-Site-PPAs eröffnet sich eine
Praxisrelevant ist – gerade für einzelne Windparks oder so-                                Vielzahl von Möglichkeiten der Preisgestaltung. Die für
gar einzelne Windenergieanlagen – allerdings wohl nur die                                  den Betreiber sicherste Variante ist wohl ein über die ge-
Vermarktung des Stroms über einen Stromhändler oder ein                                    samte Vertragslaufzeit geltender Festpreis. Oftmals wird
Energieversorgungsunternehmen, da es für einen Verkauf                                     ein solcher aber von den Vermarktern nicht angeboten.
an der Strombörse oder direkt an einen Letztverbraucher                                    Stattdessen finden sich am Markt vor allem Modelle, in

24	Vgl. für einen umfassenden Überblick zu den verschiedenen (dezentralen) Vermarktungsoptionen auch BWE, Erlösoptionen außerhalb des EEG: Eigenversorgung – Direkt­
    lieferung – Power-to-X und Regelleistung, Berlin 2018.
25	Vgl. für einen Überblick zu den Kosten- und Erlösstrukturen im Zusammenhang mit dem Weiterbetrieb Deutsche WindGuard, Weiterbetrieb von Windenergieanlagen
    nach 2020, Varel 2016.
5. Vergütungsmöglichkeiten im Anschluss an die Förderung                       |   13

    denen abhängig von den Börsenpreisen für sogenannte                                      auf Nutzung der Grünstromeigenschaft verbriefen.26 Da-
    Strom-Futures tagesaktuelle Preise angeboten werden                                      für ist eine vorherige Anmeldung des Anlagenbetreibers
    und der Betreiber den für sich besten Tag selbst wählen                                  bei dem Herkunftsnachweisregister erforderlich
    muss (wird teilweise als Click-Preis bezeichnet). Alternativ
                                                                                         • Vertragslaufzeit: Bereits bei Vertragsschluss sollte un-
    hierzu kann der erzeugte Strom – ähnlich der geförder-
                                                                                           bedingt bedacht werden, dass der Vermarktungspartner
    ten Direktvermarktung – auch zu den jeweils aktuellen
                                                                                           den erzeugten bzw. prognostizierten Strom – zumindest
    Börsenpreisen am Spotmarkt vermarktet ­werden. In al-
                                                                                           sofern keine Börsenvermarktung vereinbart wird – seiner-
    ler Regel wird dies für den Betreiber die wirtschaftlich
                                                                                           seits in aller Regel bereits im Vorhinein weiterveräußert
    weniger attraktive Variante darstellen, kann jedoch mit
                                                                                           und deswegen auf eine (volle) Vertragserfüllung beste-
    Blick auf kürzere Laufzeiten oder einen unterjährigen
                                                                                           hen wird. Der Vertrag sollte somit immer nur über den
    Vermarktungsbeginn kurzfristig sinnvoll sein. Insgesamt
                                                                                           Zeitraum geschlossen werden, in dem die Windener-
    gilt dabei: Je mehr Verantwortung der Betreiber für ei-
                                                                                           gieanlagen auch aller Voraussicht nach betriebsbereit
    nen konstanten Anlagenbetrieb und eine gut prognos-
                                                                                           sind. Beispielsweise anstehende Repowering-Maßnah-
    tizierbare Liefermenge übernimmt – gegebenenfalls bis
                                                                                           men oder längere Stillstandzeiten sollten deshalb unbe-
    hin zu festen Mengenverpflichtungen – umso attrakti-
                                                                                           dingt mitbedacht werden.
    ver wird der für den gelieferten Strom gebotene Preis.
    Damit steigt aber auch das Haftungsrisiko, da die Ein-                               • Zeitpunkt des Vertragsschlusses: Gerade wenn der
    haltung von Mengenverpflichtungen in aller ­Regel über                                 Preis erst nach Vertragsschluss auf Grundlage der No-
    entsprechende Sanktionen abgesichert wird.                                             tierungen für sogenannte Strom-Futures fixiert werden
                                                                                           soll, empfiehlt sich ein frühzeitiger Vertragsschluss, um
• Grünstromeigenschaft: Zusätzliche Erlöse können
                                                                                           ausreichend Zeit für die Preisfixierung zu haben. Aber
  durch die Vermarktung der Grünstromeigenschaft des
                                                                                           auch ansonsten gilt: Der Abschluss eines Off-Site-PPA
  erzeugten Stroms generiert werden. Diese wird in aller
                                                                                           sollte in jedem Fall mit großzügig Zeit vor Förderende
  Regel mittels sogenannter Herkunftsnachweise über das
                                                                                           angegangen werden.
  Herkunftsnachweisregister weitergegeben, die das Recht

5.2 Vermarktungsoptionen vor Ort
Ergänzend oder alternativ zu einer Vermarktung des er-                                   der Letztverbrauch von Strom belastet ist, nur die Strom-
zeugten Stroms über das Stromnetz kann dieser auch im                                    steuer in Höhe von 2,05 ct/kWh und die EEG-Umlage (2021:
Rahmen eines sogenannten dezentralen Energiekonzeptes                                    6,50 ct / kWh) grundsätzlich anfallen können, wobei auch
ohne Nutzung des Netzes vor Ort vermarktet werden. Al-                                   diesbezüglich verschiedene – jeweils im konkreten Einzelfall
lerdings eröffnet sich diese Option nur, wenn sich ein Letzt-                            zu prüfende – Privilegierungen bestehen können.
verbraucher mit einem ausreichenden Energiebedarf, wie
                                                                                         Für ein solches dezentrales Energiekonzept eröffnen sich
z. B. ein Industrieunternehmen, in einer räumlichen Entfer-
                                                                                         grundsätzlich zwei Möglichkeiten: eine Eigenversorgung
nung zu dem Windpark befindet, die wirtschaftlich sinnvoll
                                                                                         oder eine Direktlieferung (sogenanntes On-Site-PPA).
mittels einer Direktleitung überbrückt werden kann. Dane-
ben können auch sogenannte Power-to-X-Lösungen (z. B.                                    • Eigenversorgung 27: Eine Eigenversorgung ist grund-
Power-to-Heat oder Power-to-Gas) als dezentrales Energie-                                  sätzlich dadurch gekennzeichnet, dass der Anlagen-
konzept umgesetzt werden.                                                                  betreiber den erzeugten Strom im unmittelbaren
                                                                                           räumlichen Zusammenhang zu seiner Windenergie-
Der wirtschaftliche Vorteil eines solchen dezentralen Ener-
                                                                                           anlage selbst verbraucht. Der maßgebliche Vorteil ei-
giekonzeptes liegt auf Basis der aktuellen energiewirtschaft-
                                                                                           ner Eigenversorgung ist, dass die EEG-Umlage nur zu
lichen Rahmenbedingungen darin, dass von den gesetzlich
                                                                                           40 % anfällt bzw. unter bestimmten Voraussetzungen
induzierten Abgaben, Umlagen und Entgelten, mit denen
                                                                                           auch ganz entfällt (§§ 61e ff. EEG 2021). Zwar muss

26 Nähere Informationen zur Nutzung des Herkunftsnachweisregisters und von Herkunftsnachweisen finden sich auf der Website des UBA sowie des Herkunftsnachweisregisters.
27	Ausführlich zu den Voraussetzungen und den Rechtsfolgen einer Eigenversorgung Bundesnetzagentur, Leitfaden Eigenversorgung, Stand Juli 2016.
14 |      Weiterbetrieb von Windenergieanlagen – Was gilt es zu beachten?

    der ­Anlagenbetreiber für eine Eigenversorgung nicht                               Wird in einem dezentralen Energiekonzept nicht der ge-
    Eigentümer der Windenergieanlage sein; es kommen                                   samte Strom vor Ort verbraucht, sondern überschüssiger
    auch sogenannte Pachtmodelle mit Industriekunden                                   Strom in das Netz eingespeist, ist dieser seinerseits sepa-
    o.ä. grundsätzlich in Betracht. Insgesamt kommt Eigen-                             rat zu vermarkten, in der Regel über einen Off-Site-PPA
    versorgungsmodellen mit Windenergieanlagen – anders                                ­(siehe hierzu Kap. 5.1).
    als z. B. mit Solaranlagen – aber nur eine sehr unterge-
                                                                                       Bei einer Eigenversorgung wie auch bei der Direktlieferung
    ordnete Praxisrelevanz zu.
                                                                                       bestehen verschiedene gesetzliche Pflichten. Insbesondere
• Direktlieferung / On-Site-PPA: Eine Direktlieferung ist                              müssen Eigenversorger und Elektrizitätsversorgungsunterneh-
  die Lieferung von Strom an einen Letztverbraucher ohne                               men spezielle Meldepflichten beachten.28 Bei der Belieferung
  Nutzung des Stromnetzes – beispielsweise an ein in der                               von Letztverbrauchern sind weiterhin spezifische Pflichten
  Nähe gelegenes Industrieunternehmen über eine Direkt-                                im Hinblick auf die Gestaltung von Stromlieferverträgen und
  leitung. Auf eine solche Lieferung fällt die EEG-Umlage                              Abrechnungen zu beachten. Zudem ist unbedingt zu prüfen,
  in voller Höhe an. Bei der Direktlieferung wird der An-                              ob im Zusammenhang mit der Stromlieferung oder der Ei-
  lagenbetreiber allerdings zum Stromversorger mit zahl-                               genversorgung die Pflicht zur Abführung der Stromsteuer an
  reichen gesetzlichen Pflichten. Letztlich wird er wie ein                            das zuständige Hauptzollamt, einschließlich der korrespon-
  »normales« Elektrizitäts- bzw. Energieversorgungsun-                                 dierenden Meldepflichten, besteht. Nicht zuletzt ist – gera-
  ternehmen (EVU) behandelt, was gerade für ­kleinere                                  de wenn vor Ort sowohl eine Eigenversorgung als auch eine
  Windparks eine nicht unerhebliche administrative ­Hürde                              Lieferung erfolgt – darauf zu achten, dass die unterschied-
  bedeuten kann.                                                                       lich mit der EEG-Umlage b  ­ elasteten Strommengen mess-
                                                                                       und eichrechtskonform voneinander abgegrenzt werden.29

5.3 Anschlussförderung nach EEG
Für einen Übergangszeitraum hat der Gesetzgeber im EEG                                 • Der für die Höhe der Vergütung relevante anzulegende
2021 einen Vergütungsanspruch für Anlagen vorgesehen,                                    Wert ist nach § 23b Abs. 2 S. 1 EEG 2021 der (energie-
deren 20-jähriger Vergütungszeitraum am 31. Dezem-                                       trägerspezifische) Monatsmarktwert, also der Monats-
ber 2020 abgelaufen ist. Für Anlagen mit einer installier-                               durchschnittspreis für Strom aus Windenergie an Land
ten Leistung von mehr als 100 kW – also für nahezu alle                                  an der Strombörse, zuzüglich eines Aufschlages von
Windenergieanlagen – besteht dieser Anspruch bis zum
                                                                                          – 1,0 ct/kWh für Strom, der vor dem 1. Juli 2021 er-
31. Dezember 2021 (§ 23b Abs. 2 EEG 2021). Für Anlagen
                                                                                            zeugt worden ist,
mit einer installierten Leistung von bis zu 100 kW besteht
der Anspruch bis zum 31. Dezember 2027.                                                   – 0,5 ct/kWh für Strom, der nach dem 30. Juni 2021
Die Rahmenbedingungen der (Übergangs-)Einspeisever-                                         und vor dem 1. Oktober 2021 erzeugt worden ist,
gütung für ausgeförderte Windenergieanlagen sind die                                      – 0,25 ct/kWh für Strom, der nach dem 30. September
folgenden:                                                                                  2021 und vor dem 1. Januar 2022 erzeugt worden ist,
• Dem Netzbetreiber muss grundsätzlich der gesamte er-
                                                                                       und abzüglich 0,4 ct/kWh (§ 53 Abs. 1 Nr. 2 EEG 2021).
  zeugte Strom zur Verfügung gestellt werden. Eine Eigen-
  versorgung oder eine Stromlieferung an Dritte vor Ort                                Der Anspruch auf den Aufschlag besteht nur, wenn der
  ist allerdings zulässig (§ 21 Abs. 2 EEG 2021).                                      Anlagenbetreiber und die mit ihm verbundenen Unterneh-
                                                                                       men in Form einer gemeinsamen Erklärung gegenüber dem
• Der gesamte erzeugte Strom wird vom Netzbetreiber
                                                                                       Netzbetreiber für jede ausgeförderte Anlage einen Höchst-
  abgenommen und vergütet (§ 21 Abs. 1 Nr. 3 lit. a)
                                                                                       betrag festlegt, bis zu dem Aufschläge in Anspruch genom-
  EEG 2021).
                                                                                       men werden. Die Summe aller festgelegten Höchstbeträge

28	Ausführlich dazu BWE, EEG 2017 – Meldepflichten zu Stromsteuerbefreiung und EEG-Umlage, Berlin 2018.
29	Vgl. zu den gesetzlichen Vorgaben an Messung und Abgrenzung von dezentral verbrauchtem Strom Bundesnetzagentur, Leitfaden zum Messen und Schätzen bei EEG-Umlage-
    pflichten v. 8.10.2018.
5. Vergütungsmöglichkeiten im Anschluss an die Förderung   | 15

darf den Betrag von 1,8 Mio. Euro – abzüglich eventuel-         Kleinbeihilfen 2020« gewährt wurden – nicht übersteigen
ler Beihilfen, die dem Betreiber oder einem mit ihm ver-        (§ 23b Abs. 3 EEG 2021).
bundenen Unternehmen im Rahmen der »Bundesregelung

5.4 Meldepflichten und Fristen
Für den Wechsel in die »sonstige Direktvermarktung«, also       Speisen über denselben Netzverknüpfungspunkt, über
eine Vermarktung über einen Off-Site-PPA, sind die Ver-         den die ausgeförderten Anlagen einspeisen, auch spä-
fahrensvorgaben der §§ 21b, 21c EEG 2021 zu beachten.           ter in Betrieb genommene Anlagen ein, für die noch ein
Insbesondere muss dem Netzbetreiber vor Beginn des ei-          Vergütungsanspruch nach dem EEG besteht, ist weiterhin
nem Wechsel vorausgehenden Kalendermonats mitgeteilt            grundsätzlich sicherzustellen, dass das Messkonzept eine
werden, dass der eingespeiste Strom künftig im Wege der         ­gesetzeskonforme Abgrenzung der förderfähigen und der
sonstigen Direktvermarktung veräußert werden soll. In der        nicht förderfähigen Strommengen bzw. Windenergieanla-
Regel wird aber der Vermarkter diese Meldung überneh-            gen erlaubt.30 Andernfalls droht ein Verlust der Förderung
men. Betreiber von ausgeförderten Windenergieanlagen,            für die eigentlich noch förderfähigen Anlagen. Ausweislich
deren ursprünglicher Zahlungsanspruch am 31. Dezember            eines Hinweises der Bundesnetzagentur vom 27. November
2020 endet, dürfen aber nur einmal zwischen den Veräu-           2020 soll dabei – zumindest als Übergangslösung – eine ge-
ßerungsformen der Einspeisevergütung und der sonstigen           meinsame Messung geförderter und ausgeförderter Anlagen
Direktvermarktung wechseln (§ 21b Abs. 1a EEG 2021). Da-         und eine Strommengenzuordnung nach Referenz- / Stand-
mit soll ein sogenanntes »Rosinenpicken« vermieden werden.       ortertrag bzw. installierter Leistung der jeweiligen Anlagen
                                                                 entsprechend § 24 Abs. 3 EEG 2017 / 2021 zulässig sein.
Erfolgt keine Zuordnung zur sonstigen Direktvermark-
tung und wurde die entsprechende Anlage vor Förderen-           Zudem muss gegebenenfalls sichergestellt werden, dass eine
de bereits in der Einspeisevergütung vermarktet, wird die       getrennte Fernsteuerung der geförderten und der ausgeför-
entsprechende Anlage automatisch der Einspeisevergü-            derten Windenergieanlagen durch den Vermarkter möglich
tung für ausgeförderte Anlagen zugeordnet, vgl. § 21c           ist, da für die Abregelung der verschiedenen Anlagen künf-
Abs. 1 S. 3 EEG 2021. Unklar ist, ob dies auch für Anla-        tig unterschiedliche Preisschwellen relevant sein werden.
gen gilt, die vor Förderende in der Direktvermarktung im
Marktprämienmodell vermarktet wurden. Hier sollte –
wenn nach Förderende die Einspeisevergütung für aus-
geförderte Anlagen in Anspruch genommen werden soll
– vorsorglich eine entsprechende Ummeldung erfolgen.

Ab dem Ende der Einspeisevergütung für ausge-
förderte Windenergieanlagen (am 1. Januar 2022) droht,
wenn eine kaufmännische Abnahme des in das Stromnetz
eingespeisten Stroms in einen sogenannten Bilanzkreis
über einen Off-Site-PPA nicht sichergestellt ist, eine
Unterbrechung des Netzanschlusses durch den
Netzbetreiber.

30	Hinweis abrufbar unter www.bundesnetzagentur.de.
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