VBVH-Sondernewsletter - zum EEG 2021 - von Bredow ...
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vBVH-Sondernewsletter zum EEG 2021 Hinweis zu diesem Sondernewsletter Bitte beachten Sie, dass der Inhalt dieses Newsletters ausschließlich dazu dient, Sie allgemein über rechtliche Entwicklungen zu informieren. Eine verbindliche Rechtsberatung, bei der die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls Berücksichtigung finden, kann hierdurch nicht ersetzt werden. Wir übernehmen keine Haftung für die Richtigkeit der Inhalte der in diesem Newsletter enthaltenen Informationen oder Links. Unsere Hinweise zur Datenverarbeitung und zum Datenschutz durch unsere Kanzlei finden Sie hier bzw. im Impressum auf unserer Website unter www.vbvh.de.
Liebe Leserinnen und Leser, nun ist es also so weit: Neben dem neuen Jahr haben wir am 1. Januar auch das EEG 2021 begrüßt. Das Gesetzgebungsverfahren fand bis zuletzt unter hohem Zeitdruck statt, was natürlich auch diesem höchst außergewöhnlichen Jahr geschuldet gewesen sein dürfte: Waren erst Mitte September 2020 die – in der Branche schon deutlich früher erwarteten – Gesetzesentwürfe durchgesickert und nach einer denkbar knappen Verbände“anhörung“ (für diese wurden lediglich drei Tage gewährt) dann in das offizielle Gesetzgebungsverfahren eingebracht worden, verstrichen noch zwei weitere Monate bis das Gesetz dann am 18. Dezember final den Bundesrat passierte. Am 28. Dezember 2020 wurde das Gesetz dann im Bundesgesetzblatt veröffentlicht, so dass es gerade noch rechtzeitig zum 1. Januar 2021 in Kraft treten konnte. Einen Überblick über das Gesetzgebungsverfahren finden Sie etwa hier. Dass Gesetzgebungsverfahren zum EEG unter großem Zeitdruck und getrieben von externen, nicht selten europarechtlichen, Einflüssen stattfinden, ist für die Begleiter dieses Gesetzes nichts Neues. Die Hektik, die in der diesjährigen Gesetzesnovellierung herrschte, war allerdings beispiellos. So wurden buchstäblich „auf den allerletzten Drücker“ noch weitreichende Änderungen an dem Gesetzesentwurf vorgenommen, insbesondere im Bundestagsausschuss für Wirtschaft und Energie. Hierbei handelte es sich um zahlreiche kleinere Änderungen gegenüber dem ersten Gesetzesentwurf, teilweise wurden aber auch ganze Regelungsblöcke neu eingefügt (z.B. hinsichtlich der EEG-Umlage für Wasserstoffprojekte) oder auch weitreichende Änderungen vorgenommen (z.B. im Rahmen der Förderung für Solaranlagen oder bei der Eigenversorgung). Kritische Stimmen merken hierzu an, dass dieses Vorgehen, durch das ja für einige wesentliche Gesetzesteile immerhin wichtige Schritte des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens „ausgelassen“ wurden, durchaus verfassungsrechtliche Fragen aufwirft. Jedenfalls liegt auf der Hand, dass ein solch hektisches Gesetzgebungsverfahren mit vielfachen Eingriffen in ein ohnehin schon hochkomplexes Gebilde wie das EEG mit zahlreichen Hin- und Rückänderungen und systematischen Neuordnungen der handwerklichen Qualität des Gesetzes mit großer Wahrscheinlichkeit nicht eben zuträglich sind. Dies zeigt sich bereits jetzt auch schon an einigen Stellen im neuen Gesetz, die durchaus Fragen aufwerfen. Wie so oft bleibt es nun der Praxis überlassen, hiermit einen Umgang zu finden und die Energiewende mit den neuen Regelungen weiter voran zu bringen. Einige durchaus positive Ansätze hierfür enthält das EEG 2021 allemal… In diesem Sinne freuen wir uns, Ihnen das EEG 2021 – nun in seiner finalen Fassung – in diesem Sondernewsletter vorzustellen und Sie in Ihren nächsten Projekten zu unterstützen! Ihre Anwältinnen und Anwälte der Kanzlei von Bredow Valentin Herz 2 / 81
Über vBVH von Bredow Valentin Herz Rechtsanwälte (vBVH) aus Berlin ist eine auf Energiethemen spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei mit Sitz in Berlin-Mitte. Mit einem hochqualifizierten Team von derzeit zehn Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten beraten wir Unternehmen deutschlandweit und darüber hinaus zu Rechtsfragen rund um die Erzeugung, Speicherung, Lieferung und den Verbrauch von Strom, Wärme und Gas. Am liebsten aus erneuerbaren Energien. Den Beratungsschwerpunkt bilden dabei energierechtlich-regulatorische Fragen, die Gestaltung und Prüfung aller für die Umsetzung von Energieprojekten, den Energiehandel oder die Energielieferung erforderlicher Verträge sowie das Genehmigungs- und Planungsrecht. Selbstverständlich vertreten wir dabei alle Anliegen unserer Mandant*innen auch vor Gerichten und Behörden. von Bredow Valentin Herz Partnerschaft von Rechtsanwälten mit beschränkter Berufshaftung Littenstraße 105 10179 Berlin Telefon +49 30 8092482-20 Fax +49 30 8092482-30 E-Mail info@vbvh.de www.vbvh.de www.twitter.com/EE_Recht 3 / 81
Inhalt A. Vorbemerkung: Ein Ausblick nach Europa – Wie setzt das E-EEG 2021 die europarechtlichen Vorgaben um? ....................................................................................................................................... 6 I. Umsetzung des Clean Energy Package der EU ............................................................................ 6 II. Beihilferechtlicher Genehmigungsvorbehalt im EEG 2021 ........................................................... 8 B. Allgemeine Änderungen mit Auswirkungen für alle Energieträger ................................................ 9 I. Übergangsvorschriften: Für wen gilt das EEG 2021?.................................................................... 9 II. Mengengerüst und Ausbaupfad ............................................................................................... 10 III. Klausel zu öffentlicher Sicherheit und Interesse (§ 1 Absatz 5 E-EEG 2021) .................................. 13 IV. Anschlussförderung für ausgeförderte Anlagen ....................................................................... 13 V. Smart Meter und Anlagensteuerung: Intelligente Messsysteme und stufenlose Fernsteuerung für alle? ............................................................................................................................................. 17 1. Hintergrund und Ziel der geplanten Änderungen .................................................................. 17 2. Neue technische Ausstattungspflichten nach § 9 EEG 2021: Was gilt für wen? ........................ 18 3. Neue Vorgaben für die Fernsteuerung in der Direktvermarktung (§ 10b EEG 2021) ................. 23 VI. Änderungen an der Marktprämie: Vom Monats- zum Jahresmarktwert .................................... 27 VII. Abschied von der 6-Stunden-Regelung: Förderstopp schon ab vier Stunden negativer Preise . 28 VIII. Was gibt’s Neues bei den Mess- und Meldepflichten? ............................................................... 31 IX. Innovationsausschreibungen.................................................................................................... 33 X. Änderungen bei der Clearingstellen-„Einrede“, § 57 ................................................................. 35 C. Die wichtigsten Änderungen für die einzelnen Energieträger und die Ausschreibungen .............. 36 I. Solaranlagen und Mieterstrom – Überblick .............................................................................. 36 1. Neues bei den Ausschreibungen für Solaranlagen ................................................................. 37 2. Neues beim Mieterstrom ........................................................................................................ 41 3. Weitere Änderungen für Solaranlagen ................................................................................... 42 II. Biomasse, Biogas, Biomethan .................................................................................................... 45 1. Förderung außerhalb von Ausschreibungen ......................................................................... 46 2. Ausschreibungen .................................................................................................................. 46 3. Änderungen für Bestandsanlagen und Anlagen in der Anschlussförderung ......................... 49 4. Sonderausschreibungen für Biomethananlagen ................................................................... 50 5. Neugestaltung der Flexibilitätsprämie .................................................................................. 50 6. Änderungen beim Flexibilitätszuschlag ................................................................................. 51 III. Windenergie ............................................................................................................................. 54 1. Änderungen an den Ausschreibungsregeln ........................................................................... 54 2. Kommunenbeteiligungsmodell (§ 36k EEG 2021) .................................................................... 59 3. Windenergieanlagen außerhalb der Ausschreibungen .......................................................... 61 IV. Wasserkraft ............................................................................................................................... 65 D. Speicher und Sektorenkopplung im EEG 2021 ................................................................................ 65 4 / 81
I. Stromspeicher im EEG 2021 ........................................................................................................ 65 II. Sektorenkopplung: Wasserstoff im EEG 2021 ............................................................................. 67 1. § 64a EEG 2021: Ergänzung der Besonderen Ausgleichsregelung ............................................ 67 2. § 69b EEG 2021: Herstellung von grünem Wasserstoff ............................................................ 68 3. § 93 EEG 2021: Verordnungsermächtigung zu Anforderungen an grünen Wasserstoff .......... 69 E. Prosumer und Eigenversorgung im EEG 2021 ................................................................................. 73 F. Besondere Ausgleichsregelung: Neuerungen in den §§ 63 ff. EEG 2021 .......................................... 75 G. Entschließungsantrag ................................................................................................................... 78 5 / 81
A. Vorbemerkung: Ein Ausblick nach Europa – Wie setzt das E-EEG 2021 die europarechtlichen Vorgaben um? I. Umsetzung des Clean Energy Package der EU Die Novelle zum EEG 2021 dient ausweislich einer Fußnote zu ihrem Titel sowie verschiedener Stellen in der Gesetzesbegründung unter anderem auch der Umsetzung der EU-Richtlinie 2018/2001 vom 11. Dezember 2018, also der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (im Folgenden: EE-RL). Ob und inwieweit das EEG 2021 tatsächlich bereits die europarechtlichen Vorgaben umsetzt, ist allerdings umstritten. Um die diesbezüglichen Diskussionen etwas einzuordnen, geben wir Ihnen nachfolgend einen kurzen Überblick über die wichtigsten Eckpunkte der aktuellen europarechtlichen Einflüsse auf das EEG 2021. Die EE-RL, auch Renewable Energy Directive II (RED II) genannt, ist Teil des sogenannten Paketes „Saubere Energie für alle Europäer“ (auch: „Clean Energy Package“, kurz: CEP). Bei dem Clean Energy Package handelt es sich um ein Maßnahmenpaket der EU, bestehend aus mehreren Richtlinien und Verordnungen in den Bereichen Elektrizitätsbinnenmarktordnung, Erneuerbare Energien und Energieeffizienz. Die EE-RL ersetzt dabei die Vorgängerrichtlinie 2009/28/EG. Sie verfolgt das Ziel, den Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen am Bruttoendenergieverbrauch der Union im Jahr 2030 auf mindestens 32 Prozent zu erhöhen. Gegenstand der EE-RL ist ausweislich ihres Artikel 1 die Schaffung eines gemeinsamen Rahmens für die Förderung von Energie aus erneuerbaren Quellen. Sie enthält zahlreiche Regeln für die finanzielle Förderung von Elektrizität aus erneuerbaren Quellen und die Eigenversorgung mit solcher Elektrizität, für die Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen im Wärme- und Kältesektor und im Verkehrssektor, für die regionale Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten sowie zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern, für Herkunftsnachweise, administrative Verfahren sowie Informationen und Ausbildung aufgestellt. Ferner werden Kriterien für die Nachhaltigkeit und für Treibhausgaseinsparungen für Biokraftstoffe, flüssige Biobrennstoffe und Biomasse-Brennstoffe vorgeschrieben. Im Hinblick auf das EEG 2021 sind dabei unter anderem die Artikel 3 (Verbindliches Gesamtziel der Union für 2030), 4 (Förderregelungen für Energie aus erneuerbaren Quellen), 19 (Herkunftsnachweise für Energie aus erneuerbaren Quellen), 20 (Netzzugang und -betrieb), 21 (Eigenversorger im Bereich erneuerbare Elektrizität) und 22 (Erneuerbare-Energie- Gemeinschaften) der EE-RL besonders interessant. Die Vorgaben der EE-RL sind dabei in den Mitgliedstaaten nicht unmittelbar wirksam, sondern müssen zuerst in nationales Recht umgesetzt werden. Eben hierzu soll auch das EEG 2021 dienen. Die Umsetzungsfrist der EE-RL läuft allerdings noch bis zum 30. Juni 2021. Erst nach diesem Zeitpunkt kann Mitgliedstaaten also ein Verstoß gegen die Richtlinie vorgeworfen werden oder die Richtlinie sogar bei mangelnder Umsetzung in bestimmten Grenzen unmittelbare Wirkung entfalten. Allerdings sind die Diskussionen bereits jetzt im vollen Gange, ob und inwieweit die Regelungen des EEG 2021 6 / 81
tatsächlich die Vorgaben der EE-RL vollständig und richtig umsetzen oder ob hier noch weiterer Nachbesserungsbedarf besteht. Besonders relevant sind dabei aus Sicht der Erneuerbaren-Branche wohl die konkrete Umsetzung der Artikel 4, 21 und 22 der EE-RL: Artikel 4 EE-RL legt unter anderem fest, dass nationale Förderregelungen zur maximalen Integration von Elektrizität aus erneuerbaren Quellen in den Elektrizitätsmarkt Anreize für eine „marktbasierte und marktorientierte Integration von Elektrizität aus erneuerbaren Quellen in den Elektrizitätsmarkt“ setzen sollen. Diese sollen auch dazu führen, dass die Produzenten erneuerbarer Energie „auf die Preissignale des Marktes reagieren und ihre Einnahmen maximieren“. Als mögliche Instrumente finden dabei gleitende oder feste Prämien Erwähnung. Elektrizität aus erneuerbaren Quellen soll ferner „auf offene, transparente, wettbewerbsfördernde, nichtdiskriminierende und kosteneffiziente Weise gefördert“ werden. Artikel 4 schreibt dafür zwar nicht abschließend zwingend die Durchführung von Ausschreibungen vor. Ausschreibungsverfahren finden jedoch sowohl in den Erwägungsgründen als auch in Artikel 4 mehrfach als Standardfall der Umsetzung Erwähnung. Für Kleinanlagen (wobei unklar bleibt, was damit ganz genau gemeint ist) und Demonstrationsprojekte dürfen allerdings weiterhin Ausnahmen vorgesehen werden. Wendet man den Maßstab von Artikel 4 EE-RL auf das EEG 2021 an, so kann man feststellen, dass nationale Spielräume im Hinblick auf mögliche Ausnahmen von Ausschreibungen weiter nicht genutzt werden. Ein Verstoß gegen die Richtlinie liegt darin jedoch natürlich nicht. Nach unserer aktuellen Einschätzung steht das EEG 2021 vielmehr im Einklang mit Artikel 4 EE-RL. Anders ist dies jedoch im Hinblick auf Artikel 21 EE-RL, der erstmals explizite europarechtliche Vorgaben im Hinblick auf die Regelungen der Mitgliedstaaten zur Eigenversorgung macht und hierbei eine bemerkenswert prosumerfreundliche Grundausrichtung erkennen lässt. So sollen die Mitgliedstaaten nach Artikel 21 EE-RL grundsätzlich dafür sorgen, dass Verbraucher einen Anspruch darauf haben, Eigenversorger mit erneuerbarer Elektrizität zu werden. Im Einzelnen enthält Artikel 21 dazu eine lange Liste von Rechten für Eigenversorger und Vorgaben an die Mitgliedstaaten, wie der Rechtsrahmen für Eigenversorger aussehen soll. Dies betrifft zum Beispiel auch die Befreiung von Abgaben und Umlagen, die bei Eigenversorgern nur in eng beschriebenen Ausnahmefällen überhaupt noch zulässig sein sollen. Auch eine gemeinschaftliche Eigenversorgung soll grundsätzlich möglich sein. Wendet man Artikel 21 EE- RL konsequent auf das EEG 2021 an, so zeigen sich aus unserer Sicht verschiedene Verstöße gegen die EE-RL, die auch nach dem Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens weiterhin heftig diskutiert werden dürften (siehe hierzu im Einzelnen unten D.). Allerdings wurde ein Hauptstreitpunkt, die Belastung der Eigenversorgung aus kleinen EEG-Anlagen mit der EEG- Umlage, durch die Ausweitung der sogenannten De-Minimis-Regelung auf Anlagen mit einer Leistung von bis zu 30 kW deutlich entschärft. 7 / 81
Besonders interessant aus der Perspektive des Europarechts ist im Zuge der Diskussionen rund ums EEG 2021 ferner Artikel 22 EE-RL, der ausdrücklich vorsieht, dass Erneuerbare-Energien- Gemeinschaften von Endkunden möglich sein sollen und diese bestimmte Rechte haben sollen, um gemeinsam grünen Strom zu erzeugen, zu beziehen und zu nutzen. Im EEG 2021 findet dieser Ansatz der Erneuerbare-Energien-Gemeinschaften jedoch bislang ebenso wenig Erwähnung wie die in Artikel 21 EE-RL vorgesehene gemeinschaftliche Eigenversorgung. In engem Zusammenhang mit Artikel 21 EE-RL stehen zudem die Regelungen in Bezug auf Speicher und aktive Kunden (Prosumer) in der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie (im Folgenden: „EBM-RL“, auch Market Design Directive oder MDD genannt). So sieht die EBM-RL unter anderem in Artikel 2 Nummer 59 eine Definition der Energiespeicherung vor und formuliert in Artikel 15 klare Vorgaben an den nationalen Rechtsrahmen für Prosumer und Betreiber von Speichern. Auch hier ist aktuell hoch umstritten, ob und inwieweit diese Regelungen bislang ausreichend im EEG 2021 adressiert sind (siehe hierzu unten D.). II. Beihilferechtlicher Genehmigungsvorbehalt im EEG 2021 Eine interessante neue Vorschrift im EEG 2021, die ebenfalls im engen Zusammenhang mit europarechtlichen Vorgaben steht, ist § 105 EEG 2021. Die Regelung trägt den Titel „Beihilferechtlicher Genehmigungsvorbehalt“. Hiernach dürfen die Bestimmungen des EEG 2021 für Strom aus Anlagen, für den nach dem 31. Dezember 2020 ein Anspruch nach diesem Gesetz begründet wird, erst nach der beihilferechtlichen Genehmigung durch die Europäische Kommission und nach Maßgabe dieser Genehmigung angewendet werden. Manch einer dürfte nun irritiert aufhorchen – war doch zuletzt vom EuGH höchstrichterlich entschieden worden, dass der Fördermechanismus des EEG gerade keine typische Subvention darstellt und daher nicht dem strengen Beihilferecht unterliegt (wir berichteten). Wesentliche Begründung hierfür war, dass der EEG-Ausgleichsmechanismus letztlich ausschließlich zwischen privaten Akteuren abgewickelt wird (Netzbetreiber, Letztverbraucher, Anlagenbetreiber) und nicht durch den Staatshaushalt finanziert oder von öffentlichen Stellen direkt kontrolliert wird. Die Aufnahme eines solchen Vorbehaltes war nunmehr jedoch in Folge der Entscheidung der Bundesregierung im Rahmen des Klimaschutzpaketes, die EEG-Umlage zu deckeln und die hierfür erforderlichen Mittel aus dem Staatshaushalt bereitzustellen, erforderlich geworden. In Folge dieser (geplanten) Einzahlung staatlicher Mittel auf das EEG-Umlage-Konto ist nunmehr davon auszugehen, dass das EEG als Beihilfe im Sinne der europarechtlichen Restriktionen anzusehen ist, weswegen ein entsprechender Genehmigungsvorbehalt aufgenommen wurde. Der Vorbehalt hat sich – wie bereits vorab befürchtet – bereits unmittelbar auf die Praxis ausgewirkt. Aufgrund der Kurzfristigkeit des Gesetzgebungsverfahrens liegt die Genehmigung der Kommission 8 / 81
bis zum Versand dieses Newsletters nicht vor, so dass Netzbetreiber derzeit mit der Frage konfrontiert sind, ob sie Zahlungen auf der Grundlage des EEG 2021 überhaupt vornehmen dürfen und Anlagenbetreiber aufgrund der Einbehaltung von Zahlungen vor Liquiditätsengpässen stehen. Für die Übergangszeit hat das Bundeswirtschaftsministerium auf seiner Website Antworten auf einige der derzeit dringlichsten praktischen Fragen in diesem Zusammenhang veröffentlicht (abrufbar hier): Insbesondere für die Anschlussförderung für Ü20-Windenergieanlagen gelten hier aktuell noch Einschränkungen, weil die Förderung ohne Genehmigung nicht ausgezahlt werden kann. Daher soll hier erst einmal nur der Marktwert durchgereicht werden, wie auch bei kleineren Altanlagen. Die Förderung kann erst nach Erhalt der beihilferechtlichen Genehmigung ausgezahlt werden. Gleiches gilt für die im EEG 2021 für Neuanlagen vorgesehene gesetzliche „Festvergütung“ außerhalb der Ausschreibungen. Auch diese kann erst nach der Genehmigung ausgezahlt werden. Bis diese vorliegt, sollen die Anlagenbetreiber die im EEG 2017 vorgesehene Vergütung erhalten. Für Neuanlagen in der Ausschreibung sollen Zuschläge zwar nach den Regelungen des EEG 2021, aber unter der aufschiebenden Bedingung der erteilten Genehmigung erfolgen. Sobald die Genehmigung vorliegt, soll die Förderung dann ausgezahlt werden. Wird das EEG 2021, oder auch nur einzelne seiner Teile und Vorschriften, nicht von der Kommission genehmigt, dürfen diese Regelungen auch nicht angewendet werden. Das Bundeswirtschaftsministerium räumt diese Möglichkeit auf der oben verlinkten Website auch ausdrücklich ein. Es bleibt daher zu hoffen, dass die Genehmigung der Kommission so bald wie möglich vorliegt und diese Phase der Unsicherheit damit beenden wird. B. Allgemeine Änderungen mit Auswirkungen für alle Energieträger I. Übergangsvorschriften: Für wen gilt das EEG 2021? Wenn ein neues EEG in Kraft tritt, ist stets die erste Frage, für wen es gelten soll: Nur für Neuanlagen? Auch für den gesamten Bestand? Oder nur in Teilen? Hiervon wiederum hängt ab, wie kompliziert die Übergangsvorschriften ausfallen. Waren diese gerade im EEG 2014 und EEG 2017 von geradezu erschreckender Unübersichtlichkeit und Komplexität, atmet der Leser des EEG 2021 fast schon erleichtert auf. So wirken die Übergangsvorschriften im EEG 2021 (jedenfalls für EEG-Verhältnisse) erst einmal relativ schlank. Dies liegt auch an der Übergangssystematik an sich: Das EEG 2021 gilt unmittelbar nur für Neuanlagen, also für solche, die ab dem 1. Januar 2021 in Betrieb genommen werden oder deren anzulegender Wert in einer Ausschreibung ab dem 1. Januar 2021 ermittelt worden ist. Für alle älteren Anlagen sowie für Forschungs-Pilotwindenergieanlagen, deren Statuts bereits vor dem 1. Januar 2021 festgestellt wurde, bleibt das EEG 2017 anwendbar (und nach dessen Übergangssystematik wiederum für Anlagen mit Inbetriebnahme vor dem 1. August 2014 das EEG 2014 – künftig gelten also letztlich drei verschiedene EEG-Fassungen „nebeneinander“). Hervorzuheben ist dabei: Die Übergangsvorschriften des EEG 2021 stellen – anders als im EEG 2017 – nicht nur auf das 9 / 81
Inbetriebnahmedatum der Anlagen ab, wie bisher, sondern auch auf den Gebotstermin, in dem gegebenenfalls ein Zuschlag erlangt wurde. Für Betreiber, die mit ihren Anlagen noch vor Januar 2021 erfolgreich an einer Ausschreibung teilgenommen haben, gilt also grundsätzlich weiterhin das EEG 2017. Zusätzlich enthält das EEG allerdings eine ganze Reihe von Regelungen, deren Wirkung auch auf Bestandsanlagen erstreckt werden soll. Dies ordnen die Übergangsbestimmungen dann aber explizit an (vgl. § 100 Absatz 2 ff. EEG 2021). Ganz so einfach ist es daher also leider doch nicht, im Einzelfall die richtigen Regelungen für die eigene Anlage zu identifizieren. Man wird künftig also stets – zusätzlich zu den fortgeltenden Regelungen im EEG 2017 bzw. EEG 2014 (je nach Inbetriebnahme der eigenen Anlage) – schauen müssen, ob das EEG 2021 eine Neuregelung enthält, deren Wirkung auf die eigene Anlage erstreckt wird. Letztlich bleibt es also dabei, was beim EEG immer gilt: Betreiber von Bestandsanlagen sind gut beraten, den Novellierungsprozess genau zu beobachten und sich nach dessen Abschluss einmal gründlich zu informieren, welche der Neuregelungen sich wie auf ihre Anlagen auswirken. Sofern besonders relevant, gehen wir nachfolgend auf Regelungen für Bestandsanlagen ein, wenn die Geltung von Neuregelungen für diese angeordnet wird. II. Mengengerüst und Ausbaupfad Das bis zum Jahr 2030 zu erreichende Ziel wurde bereits mit dem EEG 2017 festgeschrieben und wird unverändert im EEG 2021 übernommen: In den nächsten zehn Jahren soll der Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Bruttostromverbrauch auf 65 Prozent steigen. Neu ist allerdings das ausdrückliche Langfristziel der Treibhausgasneutralität bis „vor dem“ Jahr 2050. In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu ausdrücklich, dass dieses Ziel im Strombereich bereits im Laufe der 2040er Jahre erreicht werden solle. Vielfach kritisiert wird dabei, dass laut Gesetzesbegründung für die Erreichung des 65-Prozent-Ziels ein Bruttostromverbrauch im Jahr 2030 in Höhe von 580 TWh angenommen wurde. Daraus wurde eine erforderliche Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien von 377 TWh abgeleitet. Hierzu wird vielfach angemerkt, dass der prognostizierte zukünftige Stromverbrauch jedenfalls dann deutlich zu gering sein dürfte, wenn die Erfordernisse einer zunehmenden Sektorenkopplung zur schnellen Dekarbonisierung des gesamten Energiesystems sowie der Industrie mitgedacht werden. Spätestens dann also, wenn erhebliche Stromanteile auch dafür genutzt werden müssen, um Elektromobilität, grüne Wasserstofferzeugung und andere Power-to-X-Anwendungen im großen Maßstab möglich zu machen, dürfte fraglich sein, ob der den gesetzlichen Ausbauzielen zu Grunde liegende Strombedarf im EEG 2021 nicht zu knapp bemessen ist. Hier soll allerdings laut Gesetzesgründung auch fortlaufend 10 / 81
eine Überprüfung stattfinden und die Ausbauziele gegebenenfalls angepasst werden – gerade auch im Hinblick auf die Entwicklung der Sektorenkopplung. Um die Erreichbarkeit dieses Gesamtziels überprüfen zu können, hat der Gesetzgeber im neuen § 4a EEG 2021 nunmehr auch konkrete strommengenbezogene jährliche Zwischenziele für die nächsten neun Jahre vorgegeben. So soll anhand der konkreten erzeugten Strommengen aus erneuerbaren Energien konstant geprüft werden, ob man insgesamt auf Zielerreichungskurs ist (dass das Gesamtziel dabei durchaus umstritten ist bzw. künftig durchaus noch einmal nachjustiert werden könnte, kam ja soeben bereits zur Sprache). Im Jahr 2021 sollen insgesamt 259 TWh Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt werden. Diese Menge soll sich dann jährlich kontinuierlich in vorgegebenen Schritten steigern. Bis zum Jahr 2029 sollen so dann die angezielten 376 TWh aus erneuerbaren Energien erreicht werden. Zur Erreichung der gesetzlichen Zielvorgaben schreibt § 4 EEG 2021 neue Ausbaupfade für einzelne Energieträger vor. Für Windenergieanlagen an Land ist dabei folgende Steigerung der installierten Leistung vorgesehen: auf 57 Gigawatt im Jahr 2022, auf 62 Gigawatt im Jahr 2024, auf 65 Gigawatt im Jahr 2026, auf 68 Gigawatt im Jahr 2028 und auf 71 Gigawatt im Jahr 2030. Der Zubau für Windenergieanlagen an See richtet sich weiterhin nach dem Windenergie-auf-See- Gesetz. Dieses sieht vor, bis zum Jahr 2030 insgesamt 15 Gigawatt installierte Leistung ans Netz anzuschließen. Für Solaranlagen ist folgender Ausbaupfad vorgesehen: auf 63 Gigawatt im Jahr 2022, auf 73 Gigawatt im Jahr 2024, auf 83 Gigawatt im Jahr 2026, auf 95 Gigawatt im Jahr 2028 und auf 100 Gigawatt im Jahr 2030. Für Biomasseanlagen ist eine installierte Leistung von 8.400 Megawatt im Jahr 2030 vorgesehen. 11 / 81
Wie auch bereits im EEG 2017 enthält § 5 EEG 2021 die Möglichkeit der Bezuschlagung von im Ausland errichteten Anlagen. War bisher vorgesehen, dass 5 Prozent der gesamten jährlich zu installierenden Leistung auch im einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union bezuschlagt werden können, sieht die Regelung in § 5 EEG 2021 vor, dass ein Überschreiten des Umfangs durch den grenzüberschreitenden Ausbau von Windenergieanlagen auf See erfolgen kann. Damit sollen künftig insbesondere Kooperationen mit Nachbarstaaten zum grenzüberschreitenden Ausbau von Windenergie auf See gefördert werden. Zudem erfolgt keine Anrechnung auf die Ausbauziele bei Anlagen, bei denen die Erzeugung des Stroms im Bundesgebiet erfolgt, sofern Zahlungen nach dem Fördersystem eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union geleistet werden und eine völkerrechtliche Vereinbarung nicht etwas Gegenteiliges regelt. Bewertung: Wie die letzten Jahre gezeigt haben, sind die im Gesetz niedergeschriebenen Ausbauziele und die daraus abgeleiteten Ausschreibungsvolumen allein allerdings noch kein Garant dafür, dass der entsprechende Zubau auch wirklich in der erforderlichen Geschwindigkeit voranschreitet. So liegt der „Flaschenhals“ für viele Projekte – gerade im Windbereich, zunehmend aber auch für große Freiflächensolarprojekte – eher im Bereich der Flächenknappheit und der schwierigen genehmigungsrechtlichen Situation begründet. So waren seit Inkrafttreten des EEG 2017 bekanntlich gerade die für Windenergieanlagen an Land durchgeführten Ausschreibungen durchgehend weit unterzeichnet. Teilweise deckten die eingereichten Gebote dabei weniger als 50 Prozent des Ausschreibungsvolumens ab. Um den Ausbau für Windenergieanlagen an Land tatsächlich voranzutreiben, sind also weiterhin dringend flankierende Maßnahmen notwendig, welche die planerisch herbeigeführte Flächenknappheit und die lange Dauer der Genehmigungsverfahren adressieren. Auch bleibt mit dem prognostizierten künftigen Strombedarf die Grundlage für die weitere Ausbauplanung hoch umstritten. Insgesamt ist dem Gesetz aber durchaus der politische Wille zu entnehmen, die Energiewende im Stromsektor wieder energischer voranzutreiben. Es bleibt zu hoffen, dass die nunmehr im EEG 2021 vorgesehen Maßnahmen hierzu einen Beitrag leisten können – reichen werden sie aber sicherlich nicht. 12 / 81
III. Klausel zu öffentlicher Sicherheit und Interesse (§ 1 Absatz 5 E-EEG 2021) Die noch im ersten Entwurf des EEG 2021 vorgesehene Regelung des § 1 Absatz 5 wurde im Gesetzgebungsverfahren gestrichen und findet sich nicht mehr im letztlich in Kraft getretenen EEG 2021. In dieser war die gesetzgeberische Feststellung vorgesehen, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien im öffentlichen Interesse liege und der öffentlichen Sicherheit diene. Im letzten Ausschussbericht (BT-Drs. 19/25326, S. 11) wird dazu festgestellt, dass diese Wertung bereits in ausreichender Weise gesetzlich ausgestaltet und daher im EEG 2021 nicht nötig sei. Insbesondere aufgrund der Vorgaben im Klimaschutzgesetz (KSG) mag dies zutreffen, trotzdem wäre die Regelung im EEG 2021 – zur Vermeidung von Rechtsunsicherheiten – wünschenswert gewesen. Praktische Konsequenzen wird die Streichung allerdings nicht haben können, da die vorgesehene Regelung in der Tat lediglich klarstellende Bedeutung zu entwickeln geeignet war. IV. Anschlussförderung für ausgeförderte Anlagen Eines der aus Sicht des Gesetzgebers wohl drängendsten Themen der aktuellen EEG-Novelle war die Zukunft der sogenannten Ü20-Anlagen. So war mit großer Spannung erwartet worden, wie der Gesetzgeber künftig solche Anlagen zu behandeln gedenkt, deren 20jähriger Förderzeitraum abgelaufen ist, also alle im Jahr 2000 oder davor in Betrieb genommenen Anlagen. Nach der im EEG 2017 geltenden Rechtslage bestand für diese Anlagen eine Weiterbetriebsmöglichkeit nur über eine Veräußerung des erzeugten Stroms in der nicht geförderten sonstigen Direktvermarktung (also über sogenannte PPA). Eindeutig klar war aber auch: Die weiteren im EEG vorgesehenen Privilegien, insbesondere der Einspeisevorrang, die Entschädigung für die entgangenen Einnahmen bei EinsMan- Maßnahmen etc., bleiben für diese Anlagen allerdings grundsätzlich weiterhin erhalten. Insbesondere für kleine Alt-Anlagen, die unter den aktuellen Marktbedingungen vielfach keine Chance auf sinnvolle Direktvermarktungsverträge haben, stand dennoch mit Ablauf des Jahres 2020 die Abschaltung bzw. Netztrennung im Raum, wenn nicht zügig Anschlussregelungen getroffen werden. Denn „wild“ ins Netz hätten sie ab dem 1. Januar 2021 – wenn der Netzbetreiber ihnen den Strom nicht mehr gegen die Einspeisevergütung abnehmen muss – auch nicht einspeisen dürfen. Aber auch größere Alt-Anlagen hatten mitunter schlechte (Weiterbetriebs-)Perspektiven für die Post-EEG- Phase, da im Zusammenhang mit der Corona-Krise die „freien“ Vermarktungsoptionen wirtschaftlich schlichtweg schwierig waren. Wohl nicht zuletzt aus diesem Grund änderte der Gesetzgeber die Regelungen zur sogenannten Anschlussförderung buchstäblich in letzter Sekunde noch einmal grundlegend und das EEG 2021 eröffnet nunmehr die Möglichkeit, mit bestimmten ausgeförderten Anlagen eine (zunächst auskömmliche) Anschlussförderung in Anspruch nehmen zu können und schafft damit eine 13 / 81
wirtschaftliche Grundlage für den Weiterbetrieb vieler Anlagen. Für ausgeförderte Windenergieanlagen an Land wurde zudem „im letzten Moment“, also kurz vor der Verabschiedung des EEG 2021, noch geregelt, dass im ersten Halbjahr 2021 ein besonderes Ausschreibungssystem eingeführt werden soll. Die neuen Regelungen des EEG 2021 unterscheiden dabei im Hinblick auf die Anschlussförderung zwischen Windenergieanlagen an Land und allen weiteren Anlagen. So werden im EEG 2021 für alle ausgeförderte Anlagen mit Ausnahme von Windenergieanlagen an Land folgende – zeitlich befristete – Sonderregelungen eingeführt: Betreiber ausgeförderter Anlagen mit einer installierten Leistung bis 100 Kilowatt können nach Ablauf des Förderzeitraums den in ihren Anlagen erzeugten Strom im Rahmen der neuen Einspeisevergütung für ausgeförderte Anlagen veräußern. Dies erfolgte – sofern die Anlagen zuvor in der Einspeisevergütung vermarktet worden waren – sogar automatisch, wenn die Anlagenbetreiber nicht rechtzeitig (also bis zum 18. Dezember 2020, vgl. § 100 Absatz 5 Satz 2 EEG 2021) eine andere zulässige Zuordnung des erzeugten Stroms (etwa zur sonstigen Direktvermarktung) getroffen haben. Im Rahmen der neuen Einspeisevergütung für ausgeförderte Anlagen wird der Strom weiterhin vom Netzbetreiber abgenommen und vergütet. Der Anspruch auf die oben skizzierte Anschlussförderung besteht bis zum 31. Dezember 2027. Als anzulegender Wert gilt für diese Anlagen der (energieträgerspezifische) Jahresmarktwert, wobei davon im Jahr 2021 jeweils die vom Gesetzgeber angenommenen Stromvermarktungskosten des Netzbetreibers in Höhe von 0,4 ct/kWh abzuziehen sind. Ab dem Jahr 2022 wird als abzuziehende Vermarktungskosten der Wert angesetzt, den die Übertragungsnetzbetreiber als Kosten für die Vermarktung des Stroms aus ausgeförderten Anlagen nach Maßgabe der Erneuerbare-Energien-Verordnung ermittelt und auf ihrer Internetseite veröffentlicht haben. Soweit die ausgeförderten Anlagen mit intelligenten Messsystemen ausgestattet sind, reduziert sich der Abzug vom anzulegenden Wert in beiden Fällen indes um die Hälfte. Entgegen den noch in den ersten Gesetzesentwürfen zum EEG 2021 enthaltenen Regelungen müssen die Betreiber ausgeförderter Anlagen nicht den gesamten in der Anlage erzeugten Strom dem Netzbetreiber zur Verfügung stellen. Damit ist auch eine Eigenversorgung oder eine Drittbelieferung vor Ort aus diesen Anlagen erlaubt, ohne dass die Inanspruchnahme der Anschlussförderung gefährdet wird. 14 / 81
Betreiber ausgeförderter Anlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 100 Kilowatt erhalten keine Anschlussförderung. Für diese Anlagen bleibt weiterhin nur die Möglichkeit der Stromveräußerung in der sonstigen Direktvermarktung (PPA). Für ausgeförderte Windenergieanlagen an Land gelten folgende – ebenfalls zeitlich befristeten – Sonderregelungen: Der Anspruch auf die Anschlussförderung besteht für alle ausgeförderten Windenergieanlagen an Land jedenfalls bis zum 31. Dezember 2021. Als anzulegender Wert gilt für diese Anlagen der (energieträgerspezifische) Monatsmarktwert, also der Monatsdurchschnittspreis für Strom aus Windenergie an Land an der Strombörse, zuzüglich • 1,0 ct/kWh für Strom, der vor dem 1. Juli 2021 erzeugt worden ist, • 0,5 ct/kWh für Strom, der nach dem 30. Juni 2021 und vor dem 1. Oktober 2021 erzeugt worden ist, und • 0,25 ct/kWh für Strom, der nach dem 30. September 2021 und vor dem 1. Januar 2022 erzeugt worden ist Von diesem anzulegenden Wert werden auch bei Windenergieanlagen an Land pauschal 0,4 ct/kWh für die Stromvermarktungskosten des Netzbetreibers abgezogen (§ 53 Absatz 1 Nummer 2 EEG 2021). Anders als bei der Anschlussförderung für alle (sonstigen) Anlagen bis 100 kW erfolgt hier keine Reduzierung, wenn ein intelligentes Messsystem installiert ist. Darüber hinaus soll im ersten Halbjahr 2021 ein Ausschreibungssystem für ausgeförderte Windenergieanlagen eingeführt werden. Betreiber ausgeförderter Anlagen werden dann eine Förderung in Form eines Zuschlags aus Ausschreibungen erhalten können. Die Höhe der Förderung wird sich dabei – wie bei Neuanlagen – nach dem gebotenen und bezuschlagten Preis bemessen. Das Ausschreibungssystem ist in seinen Einzelheiten noch nicht im EEG 2021 geregelt. In § 95 Nummer 3a EEG 2021 findet sich lediglich eine Verordnungsermächtigung, wonach die Bundesregierung die Details des Ausschreibungssystems für ausgeförderte Windenergieanlagen in einer Verordnung bestimmen soll. Die Verordnung soll nach dem Wunsch des Gesetzgebers aber so schnell wie möglich, spätestens zum 30. Juni 2021 erlassen werden. Bezüglich der genauen Ausgestaltung der Verordnung sieht das EEG 2021 insbesondere die folgenden Eckpunkte vor: • Teilnahmeberechtigt sollen nur ausgeförderte Windenergieanlagen auf Flächen sein, auf denen planungsrechtlich kein Repowering zulässig ist 15 / 81
• Die Ausschreibungsvolumina sollen 1.500 MW im Jahr 2021 und 1.000 MW im Jahr 2022 betragen • Der Höchstwert soll zwischen 3 und 3,8 ct/kWh liegen • Es soll eine Begrenzung der Zuschläge auf 80% des Gebotsvolumens im Falle einer Unterzeichnung einer Ausschreibungsrunde erfolgen. Der Anspruch auf die Anschlussförderung wird für ausgeförderte Windenergieanlagen an Land mit Zuschlag aus einer Ausschreibung bis zum 31. Dezember 2022 bestehen. Vor der (erfolgreichen) Teilnahme an einer solchen Ausschreibung können Windenergieanlagen die allgemeine Anschlussförderung für Windenergieanlagen in Anspruch nehmen. Der in der Ausschreibung bezuschlagte anzulegende Wert gilt dann ab dem Beginn des zweiten auf den Gebotstermin der Ausschreibung folgenden Kalendermonats. Bewertung: Für ausgeförderte kleine Solaranlagen stellen die neuen Regelungen zur Anschlussförderung eine minimale Absicherung von Erlösen für den eingespeisten Strom dar und sichern die bilanzielle Abnahme des Überschussstroms. Gerade für Anlagen mit einer hohen Eigenverbrauchsquote ist so wohl eine tragfähige Lösung gefunden. Die „im letzten Moment“ vor der Verabschiedung des EEG 2021 eingeführte höhere Anschlussförderung für Windenergieanlagen ist gerade aus Sicht von Betreibern kleinerer Windparks oder Einzelanlagen sicherlich zu begrüßen. An dieser Stelle muss aber darauf hingewiesen werden, dass es sich dabei genau um die Regelungen handelt (Anschlussausschreibungen und Erhöhung des anzulegenden Wertes über den Monatsmarktwert), die in den letzten Jahren vom Gesetzgeber trotz entsprechender Forderung durch die Marktakteure stets abgelehnt wurden. Auch vor diesem Hintergrund hatten viele Betreiber in dem Zeitpunkt, in dem die Anschlussförderung für Windenergieanlagen in dieser Form erstmalig bekannt wurde, längst sich im Nachhinein nun als wirtschaftlich weniger attraktiv erweisende, aber verbindliche PPA-Verträge abgeschlossen. Ergebnis der Kehrtwende des Gesetzgebers ist deshalb, dass gerade die Betreiber, die sich rechtzeitig um den Weiterbetrieb gekümmert hatten, nun wirtschaftlich bestraft werden. Dies hätte durch ein transparenteres Herangehen an die Novelle und mit mehr zeitlichem Vorlauf sicherlich verhindert werden können. (Fortsetzung auf der nächsten Seite) 16 / 81
Bewertung (Fortsetzung): Die „Verlierer“ aus dieser Änderung am 17. Dezember sind wiederum alle sonstigen Anlagen mit einer installierten Leistung von über 100 kW, für die trotz der durch die COVID-19-Pandemie bedingten niedrigen Strompreisen keine Anschlussförderung geben wird. Somit bleibt die grundsätzliche Frage der Sicherstellung eines Weiterbetriebs für diese Anlagen durch die Entwicklung entsprechender Vermarktungsmodelle weiterhin offen. V. Smart Meter und Anlagensteuerung: Intelligente Messsysteme und stufenlose Fernsteuerung für alle? 1. Hintergrund und Ziel der geplanten Änderungen Durch den neuen § 9 EEG 2021 wird die Digitalisierung des Energiesystems auch im Erneuerbare- Energien-Segment weiter vorangetrieben, indem grundsätzlich die schrittweise Einführung von intelligenten Messsystemen, den sogenannten Smart-Meter-Gateways, bei Neuanlagen sowie bei allen Altanlagen nach Vorliegen der entsprechenden Markterklärung des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) geregelt wird. Bei den intelligenten Messsystemen handelt es sich um digitale Stromzähler, die über ein Kommunikationsmodul in ein intelligentes Energienetz eingebunden werden. Durch die Verbindung mit dem Smart-Meter-Gateway kann der digitale Zähler über ein Kommunikationsnetz die erhobenen Messdaten und ggf. auch andere Informationen oder Steuerungsbefehle mit Dritten, unter anderem mit dem Netzbetreiber und dem Direktvermarkter, austauschen. Das gesetzliche Ziel ist dabei, dass möglichst viele Erneuerbare-Energien- und KWK-Anlagen ausschließlich über zertifizierte Smart- Meter-Gateways interoperabel und sicher ferngesteuert werden. 17 / 81
Hinweis: Die Regelungen im EEG stehen dabei gewissermaßen „neben“ den ohnehin schon geltenden Vorgaben des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG). Maßgeblich für eine Ausstattungspflicht nach dem EEG bleiben grundsätzlich die Vorgaben zu Ausstattungspflichten mit intelligenten Zählern nach dem MsbG. Im MsbG richten sich diese Ausstattungspflichten aber im Wesentlichen an die Netzbetreiber als grundzuständige Messstellenbetreiber. Der wesentliche Unterschied zu den Neuregelungen im EEG 2021 ist, dass es sich bei den Neuregelungen um klare Vorgaben an die Anlagenbetreiber handelt, die auch sanktionsbewehrt sein können. Aus diesem Grund war auch eine Anlehnung des EEG an das MsbG erforderlich, um ein widersprüchliches „Nebeneinander“ von EEG 2021 und MsbG zu vermeiden. Dies hat der Gesetzgeber grundsätzlich mit den letzten Anpassungen kurz vor Inkrafttreten des EEG 2021 auch noch beachtet und zuletzt – zumindest stärker als in den zunächst im Regierungsentwurf enthaltenen Regelungsentwürfen – umgesetzt. Da die Ausstattungspflichten auch Bestandsanlagen betreffen, ist allen Anlagenbetreibern zu empfehlen, das Thema gut im Blick zu behalten und sich darüber informiert zu halten, wer hier wann was nachrüsten muss. 2. Neue technische Ausstattungspflichten nach § 9 EEG 2021: Was gilt für wen? Maßgeblich für die Pflicht zur Ausstattung von Erneuerbare-Energien-Anlagen mit einem intelligenten Messsystem ist auch nach dem EEG 2021 das Datum der Bekanntgabe des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), wonach die technische Möglichkeit für die Ausstattung mit einem intelligenten Messsystem nach dem Messstellenbetriebsgesetz für die entsprechende Einbaugruppe besteht. Dabei handelt es sich um die sogenannte Markterklärung (oder etwas salopp formuliert: um den Startschuss für die Einbaupflicht für die jeweils betroffene Anlagengruppe). Neben der reinen Messung ist zudem künftig vorgesehen, dass auch – jedenfalls bei bestimmten Anlagen – die Steuerung der Anlagen über das Smart-Meter-Gateway erfolgen soll. Daher enthalten die Neuregelungen auch hierzu differenzierte Vorgaben. 18 / 81
Hinweis: Aus der Zusammenschau der Neuregelungen in § 9 EEG 2021 für Neuanlagen und der dazugehörigen Übergangsvorschrift in § 100 Absatz 4 und 4a EEG 2021 für den Anlagenbestand ergibt sich ein relativ komplexes Gesamtbild zu der Frage, wer denn nun wann was genau tun muss. Zudem finden sich weitere die Messung und Steuerung betreffende Vorgaben auch noch in anderen Regelungszusammenhängen (z.B. hinsichtlich der Direktvermarktung, der Eigenversorgung oder den ausgeförderten Anlagen). Nachfolgend geben wir einen ersten Überblick über die wichtigsten Rahmenbedingungen. Im Einzelfall muss man hier aber stets ganz genau hinschauen! So ist stets danach zu unterscheiden, wie groß die jeweilige Anlage ist und wann sie in Betrieb genommen wurde. Zusammenfassend gilt hier künftig für Neuanlagen (Inbetriebnahme oder Ausschreibungsteilnahme seit dem 1. Januar 2021) Folgendes: Betreiber von Anlagen (einschließlich KWK-Anlagen) mit installierter Leistung über 25 kW mit Inbetriebnahmedatum vor der Markterklärung des BSI müssen ihre Anlagen bis zum Einbau eines intelligenten Messsystems mit technischen Einrichtungen ausstatten, mit denen der Netzbetreiber jederzeit die Einspeiseleistung ganz oder teilweise zumindest bei Netzüberlastung ferngesteuert reduzieren kann. Die ausdrückliche Pflicht zur Aussttattung mit einer Messeinrichtung zur Abrufung der Ist- Einspeisung wird für dieses Anlagensegment nicht ausdrücklich gefordert, wie es im EEG 2017 zumindest für Anlagen über 100 kW vorgesehen war. Ob es sich hier um eine bewusste Änderung oder ein redaktionelles Versehen des Gesetzgebers handelt, bleibt unklar. In der Gesetzesbegründung wird jedenfalls an dieser Stelle von einer Fortschreibung des Rechtsrahmens aus dem EEG 2017 ausgegangen. Betreiber von Solaranlagen mit installierter Leistung von höchstens 25 kW mit Inbetriebnahmedatum vor der Markterklärung des BSI müssen ihre Anlagen bis zum Einbau eines intelligenten Messsystems • mit technischen Einrichtungen ausstatten, mit denen der Netzbetreiber jederzeit die Einspeiseleistung ganz oder teilweise zumindest bei Netzüberlastung ferngesteuert reduzieren kann 19 / 81
• oder am Verknüpfungspunkt der Anlage mit dem Netz die maximale Wirkleistungseinspeisung auf 70 Prozent der installierten Leistung begrenzen Was für die vorstehenden Anlagen nach Einbau eines intelligenten Messsystems gilt, geht nach unserem Verständnis aus den gesetzlichen Regelungen nicht eindeutig hervor. Nach unserem Verständnis entspricht allerdings dem gesetzgeberischen Willen, diese Anlagen ab Einbau eines intelligenten Messsystems denselben Anforderungen zu unterwerfen, wie Anlagen mit Inbetriebnahme nach der Markterklärung sowie Bestandsanlagen mit Inbetriebnahme vor Inkrafttreten des EEG 2021 (siehe unten). Für alle Anlagen mit installierter Leistung über 25 kW mit Inbetriebnahmedatum nach der Markterklärung des BSI gilt die Pflicht zur Ausstattung mit einem Smart-Meter-Gateway • zur Abrufung der Ist-Einspeisung und • zur stufenweisen bzw. (sobald technisch möglich) stufenlosen Fernsteuerung. Für alle Anlagen mit installierter Leistung über 7 kW und höchstens 25 kW mit Inbetriebnahmedatum nach der Markterklärung des BSI, die nicht hinter einem Netzanschluss betrieben werden, hinter dem auch mindestens eine steuerbare Verbrauchseinrichtung nach § 14a des Energiewirtschaftsgesetzes betrieben wird, gilt die Pflicht zur Ausstattung mit einem Smart-Meter-Gateway • zur Abrufung der Ist-Einspeisung. Anlagen (größenunabhängig) mit Inbetriebnahmedatum nach der Markterklärung des BSI, die hinter einem Netzanschluss betrieben werden, hinter dem auch mindestens eine steuerbare Verbrauchseinrichtung nach § 14a des Energiewirtschaftsgesetzes betrieben wird, gilt wiederum die Pflicht zur Ausstattung mit einem Smart-Meter-Gateway • zur Abrufung der Ist-Einspeisung und • zur stufenweisen bzw. (sobald technisch möglich) stufenlosen Fernsteuerung. Für Bestandsanlagen (Inbetriebnahme oder Ausschreibungsteilnahme vor dem 1. Januar 2021) gilt Folgendes: Für • Anlagen und KWK-Anlagen mit installierter Leistung von mehr als 25 kW, 20 / 81
• für Anlagen (größenunabhängig), die nach der für sie maßgeblichen Vorgängerfassung des EEG mit einer technischen Einrichtung ausgestattet werden muss, mit der der Netzbetreiber jederzeit die Einspeiseleistung bei Netzüberlastung ferngesteuert reduzieren kann sowie • für Anlagen, die hinter demselben Netzanschluss betrieben wird wie eine steuerbare Verbrauchseinrichtung nach § 14a des Energiewirtschaftsgesetzes gilt nach dem Einbau eines intelligenten Messsystems die Pflicht zur Ausstattung mit einem Smart-Meter-Gateway • zur Abrufung der Ist-Einspeisung und • zur stufenweisen bzw. (sobald technisch möglich) stufenlosen Fernsteuerung. Für die ersten zwei vorstehend genannten Anlagenkategorien gilt dabei bis zum Einbau des intelligenten Messsystems die etwaige Ausstattungspflicht zur Fernsteuerung durch den Netzbetreiber nach der maßgeblichen Vorgängerfassung des EEG auch als erfüllt, wenn die technischen Einrichtungen nur dazu geeignet sind, • die Einspeiseleistung bei Netzüberlastung stufenweise ferngesteuert zu reduzieren, • die Anlage oder die KWK-Anlage vollständig ferngesteuert abzuschalten oder • die Anforderungen zu erfüllen, die der Netzbetreiber dem Anlagenbetreiber oder dem Betreiber der KWK-Anlage zur Erfüllung der Pflicht vor der Inbetriebnahme der Anlage übermittelt hat. Für Anlagen mit installierter Leistung über 7 kW und höchstens 25 kW, die nicht hinter einem Netzanschluss betrieben werden, hinter dem auch mindestens eine steuerbare Verbrauchseinrichtung nach § 14a des Energiewirtschaftsgesetzes betrieben wird, und KWK- Anlagen mit installierter Leistung über 7 kW und höchstens 25 kW gilt nach dem Einbau eines intelligenten Messsystems die Pflicht zur Ausstattung mit einem Smart-Meter-Gateway zur Abrufung der Ist-Einspeisung (nicht zur Fernsteuerung). Bis dahin gelten die bisher einzuhaltenden Pflichten fort. Wie gesagt: So kompliziert die Neuregelungen erst einmal scheinen, so wichtig ist es, sie genau zu kennen. Denn hier drohen scharfe Sanktionen: Pflichtverstöße gegen die in § 9 EEG 2021 geregelten Ausstattungspflichten werden – wie bereits in den Vorgängerfassungen des EEG – weiterhin mit einer Verringerung des anzulegenden Wertes auf den Marktwert sanktioniert. 21 / 81
Exkurs I: Korrektur der BGH-Rechtsprechung zur On-/Off-Steuerung? Bei den bereits steuerbaren Bestandsanlagen mit Inbetriebnahmedatum oder Zuschlag vor dem 1. Januar 2021 wird mit dem EEG 2021 eine Übergangsbestimmung geschaffen (vgl. § 100 Absatz 4 und 4a EEG 2021), die übergangsweise geringere technische Anforderungen an die technischen Einrichtungen zur Fernsteuerung zulässt, als die höchstrichterliche Rechtsprechung sie derzeit verlangt. Damit wird der Konflikt zwischen einem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 14. Januar 2020 (Az. XIII ZR 5/19) und dem Vertrauensschutz der Anlagenbetreiber hinsichtlich der Anforderungen bei der Fernsteuerung von Anlagen Rechnung getragen. Der BGH hat hier postuliert, dass die Fernsteuerung durch die Netzbetreiber, um den Anforderungen des EEG zu genügen, grundsätzlich nicht nur eine Ein- und Ausschaltung der Anlage ermöglichen muss, sondern zumindest eine stufenweise Regelung. Da dies in der Praxis in vielen Fällen technisch aber gar nicht möglich ist und die gesamte Praxis hier bislang von anderen Prämissen ausgegangen war, will der Gesetzgeber hier wieder einen rechtssichereren Zustand herstellen. So soll nach der geplanten Regelung übergangsweise die bloße Eignung der technischen Einrichtung zur stufenweisen Reduzierung oder zur vollständigen Abschaltung („ein“/„aus“) sowie die Erfüllung der Anforderung, die der Netzbetreiber dem Anlagenbetreiber zur Erfüllung der Pflicht vor der Inbetriebnahme der Anlage übermittelt hat, ausreichend sein. Künftig soll dann aber die stufenweise oder sogar stufenlose Regelung für alle Anlagen der Standard sein, sobald diese technisch möglich ist (siehe oben). 22 / 81
Exkurs II: Was heißt „stufenlose“ Fernsteuerung? Nicht abschließend geklärt ist nach wie vor, wie der im Gesetzesentwurf mehrfach verwendete Begriff „stufenlos“ zu verstehen ist, da grundsätzlich jede – auch dynamische – Steuerung mit minimalsten Stufen verbunden ist. Die ursprüngliche Angabe des Gesetzgebers im ersten bekannt gewordenen Referentenentwurf des EEG 2021, wonach die „ferngesteuerte Regelung unabhängig von vorbestimmten Größen bedarfsabhängig ermöglicht werden muss“, findet sich im nunmehr vorliegenden EEG 2021 nicht mehr. Überzeugend ist diesbezüglich aus unserer Sicht, dass die Fernsteuerung in 1-Prozent-Schritten zu erfolgen hat, wie auch gerade in den dazu maßgeblichen Technischen Anschlussregeln vorgesehen wird. Dabei ist allerdings zu beachten, dass es aus technischen Gründen bei der Einstellung des Sollwertes grundsätzlich zu Abweichungen von bis zu fünf Prozent kommen kann, die auch nach aktuellem Stand akzeptabel sind. 3. Neue Vorgaben für die Fernsteuerung in der Direktvermarktung (§ 10b EEG 2021) In § 10b EEG 2021 werden die in der Direktvermarktung zu erfüllenden technischen Anforderungen an die Fernsteuerung neu geregelt. Wichtig, und daher gleich vorab: Die neuen Vorgaben gelten dabei sowohl für Neu- als auch für Bestandsanlagen (vgl. § 100 Absatz 2 Nummer 3 EEG 2021)! Zudem wird die Regelung zur Fernsteuerung, die bisher in § 20 EEG 2017 verortet war und die spezifischen Voraussetzungen in der geförderten Direktvermarkung mit Inanspruchnahme der Marktprämie regelte, „vor die Klammer“ gezogen. Damit sollen die Fernsteuerungsvorgaben wohl künftig sowohl auf Anlagen in der geförderten als auch auf Anlagen in der sonstigen Direktvermarktung Anwendung finden. Damit soll wohl nunmehr klargestellt sein, dass auch solche Anlagen, die keine Förderung in Anspruch nehmen sondern über sogenannte PPAs vermarktet werden, den spezifischen Direktvermarktungs-Fernsteuererfordernissen des EEG unterworfen sein sollen. Konkret sehen die Neuregelungen folgendes vor: Grundsätzlich sind alle Anlagen in der Direktvermarktung mit einer technischen Einrichtung auszustatten, über die der Direktvermarkter (oder eine andere den Strom vermarktende Person) • die jeweilige Ist-Einspeisung abrufen kann und • die Einspeiseleistung stufenweise oder, sobald die technische Möglichkeit besteht, stufenlos ferngesteuert regeln kann. 23 / 81
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