Wenn ein zwangsweise eingeführter Familienname Ausdruck von Verfolgung und Unterdrückung ist

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Wenn ein zwangsweise eingeführter Familienname Ausdruck von Verfolgung und Unterdrückung ist
ÖLT 2014 Workshop Netzwerk SprachenRechte
           Gebührenfreie Namensänderung

wenn ein zwangsweise eingeführter
Familienname Ausdruck von Verfolgung und
Unterdrückung ist

Netzwerk Arbeitsgruppe: Katharina Brizic, Rudi de Cillia, Lo
Hufnagl, Angelika Hrubesch, Verena Krausneker
Wenn ein zwangsweise eingeführter Familienname Ausdruck von Verfolgung und Unterdrückung ist
 Namensgebung eine wichtige Fragestellung von Sprachenrecht und
  Sprachpolitik, z.B.
 Exonyme / Endonyme bei geografischen Bezeichnungen (z.B.
  Österreich Institut Bratislava/ Pressburg?; Italianisierung von
  Südtiroler Ortsnamen nach 1920)
 Germanisierung slawischer Namen, Slawisierung türkischer
  Namen, Turkisierung kurdischer, armenischer Namen etc.
 Extremfall Nationalsozialismus und Verfolgung von „Juden“:
  Die Zweite Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die
  Änderung von Familiennamen und Vornamen vom 17. August 1938
  (RGBl I, 1044) zielte darauf ab, „jüdische“ Menschen anhand ihrer
  Vornamen kenntlich zu machen. Sofern sie nicht ohnehin bereits
  einen „jüdischen“ Vornamen trugen, der „im deutschen Volk als
  typisch angesehen“ wurde, mussten sie vom Januar 1939 an
  zusätzlich den Vornamen Israel oder Sara annehmen.
Konkreter Fall

• N.N., in Wien lebender Kurde, tritt im Rahmen der 10 Jahre
  Feier von verbal an das Netzwerk mit dem Anliegen heran, ihn
  bei der Namensänderung auf den kurdischen Familiennamen
  zu unterstützen
Recherchen des Netzwerks ergeben,
• dass das ein wichtiges Anliegen für viele Menschen ist
• dass in der BRD im Februar 2014 eine eigene gesetzliche
  Regelung dafür beschlossen wurde:
„44a.
Ist ein zwangsweise eingeführter Familienname Ausdruck von Verfolgung und
Unterdrückung, so kann der ursprüngliche Familienname für den Betroffenen
sowie für seine Abkömmlinge durch eine Namensänderung wiederhergestellt
werden.“
Das österreichische Deutsch als
Unterrichts- und Bildungssprache
 Netzwerk schreibt Briefe an alle 23 Bezirks/ Standesämter in Wien
  (dort werden Namensänderungen behandelt, „Wir ersuchen höflich
  darum, bei Namensänderungsverfahren in Ihrem Wirkungsbereich
  in Zukunft in diesem Sinne zu verfahren“)
 und an die MenschenrechtssprecherInnen aller parl. Parteien („Wir
  ersuchen Sie, als Abgeordnete darauf hinzuwirken, dass auch in
  Österreich ehestmöglich eine derartige Änderung des
  Namensrechts durchgeführt wird.“)

 Keine Reaktion der MenschenrechtssprecherInnen, außer
  verspätet und auf Nachfrage aus dem Büro Korun (Grüne)
 Reaktion der MA 35 für alle Bezirksämter: zuständig sei das
  Innenministerium
 Netzwerk schreibt Anfrage an BMI, wer dort zuständig ist
 Antwort Karl-Heinz Grundböck BMI: Das Anliegen sei im
  österreichischen Namensrecht schon umgesetzt
Aktueller Stand

 Kontaktperson überlegt, ob er nach dem geltenden Namensrecht
  einen Antrag stellt
 Alternative: Rechtsauskunft von MA 35 erfragen
 Büro Korun teilt mit, dass die Grünen das Anliegen unterstützen
  und:

   – „Dazu habe ich u.a. auch mit den Grünen im Bundestag Kontakt
     aufgenommen, um konkret herauszufinden, welche Lösung sich für die
     oft schwierige Beweisbarkeit der vorherigen Namensführung
     gefunden hat. Denn, wenn - wie sicherlich bei vielen betroffenen
     KurdInnen - die Ursprungsnamen nirgends in Dokumenten zu finden
     und damit nachweisbar sind ist das eine gewisse Beweisbarkeitslücke.
     Leider hat sich dies die deutsche Regierung (trotz Gesetzesentwurf)
     auch noch nicht hinreichend überlegt, ergab eine grüne Anfrage ans
     deutsche Innenministerium.“
Betrifft: Namensrecht/Namensänderung
Sehr geehrte Damen und Herren,
an das Netzwerk SprachenRechte wurde ein Anliegen herangetragen, das die
Namensänderungen von österreichischen StaatsbürgerInnen betrifft: Vormals
türkische StaatsbürgerInnen, denen im Zuge der ethnischen Verfolgung in der
Türkei ihre ursprünglichen Namen verboten und „türkische" Namen
aufgezwungen wurden, möchten gerne ihre ursprünglichen Namen wieder
führen. Konkret handelt es sich um ein Thema, dass viele Kurdinnen und Kurden,
aber auch ArmenierInnen und AramäerInnen, betrifft – und das ebenso wie in
Österreich auch in der Bundesrepublik Deutschland aktuell ist.
Historischer / Politischer Hintergrund:
Auf die Gründung der türkischen Republik 1923 folgten die Schließung aller
Schulen der Minderheiten, das Verbot der Verwendung aller Sprachen der
Minderheiten, sowohl in mündlicher als auch schriftlicher Form, das
Verschwinden dieser vielen Sprachen aus Bildung, Politik und Medienlandschaft
und schließlich auch die „Türkisierung” von Orts- und Personennamen. Sowohl
Vor- als auch Familiennamen waren seither bei Angehörigen von Minderheiten in
der Türkei fremdbestimmt und aufgezwungen. (Wir liefern bei Bedarf gerne
detaillierte historische Fakten nach und verweisen auf „A modern history of the
Kurds“ von David McDowall, 2003).
Als Reaktion auf dieses Problem und dieser Argumentation folgend wurde 2014 durch
das deutsche Innenministerium die „Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Gesetz
über die Änderung von Familiennamen und Vornamen" geändert und folgendes
beschlossen:
[ Zitat Gesetzestext aus Bundesanzeiger vom 18. Februar 2014, siehe beiliegendes
Dokument]
Die erwünschte Namensänderung bzw. Wiedererlangung ihres Namens durch
österreichische StaatsbürgerInnen zurück zu ihrem eigentlichen, kurdischen,
armenischen, aramäischen etc. Familiennamen, den sie bzw. ihre Eltern ursprünglich
zu Recht führten, sollte unserer Meinung nach auch in Österreich als wichtiger Grund
anerkannt und ohne anfallende Gebühren abgewickelt werden.
Wir ersuchen höflich darum, bei Namensänderungsverfahren in Ihrem
Wirkungsbereich in Zukunft in diesem Sinne zu verfahren.
In Erwartung Ihrer Antwort.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr.phil. Verena Krausneker
stv. für die Mitglieder des Netzwerk SprachenRechte
Anfrage an KARL-HEINZ GRUNDBÖCK, MA
SPRECHER DES BUNDESMINISTERIUMS FÜR INNERES

[…..]
Das Netzwerk Sprachenrechte möchte in Österreich eine ähnliche
Bestimmung der Namensrechtsänderung initiieren, wie sie in der BRD
seit Februar 2014 existiert. Diese macht eine Änderung von
Familiennamen und Vornamen möglich, wenn "ein zwangsweise
eingeführter Familienname Ausdruck von Verfolgung und
Unterdrückung" ist. (siehe Beilage) Die MA 35 in Wien hat uns an das
Innenministerium verwiesen. Könnten Sie uns bitte sagen, wer im
Innenministerium für derartige Agenden zuständig ist und an wen
wir uns (neben den im Parlament vertretenen Parteien) wenden
könnten?

Mit Dank im Voraus und herzlichem Gruß
Rudolf de Cillia
Sehr geehrter Herr de Cillia,

das angesprochene Anliegen ist im österreichischen Namensrecht
tatsächlich schon umgesetzt. Eine Änderung des Familiennamens kann
gemäß § 2 Abs. 1 Z 5 Namensänderungsgesetz (NÄG) nämlich dann
durchgeführt werden, wenn "der Antragsteller einen Familiennamen
erhalten will, den er früher zu Recht geführt hat". Diese
Namensänderung ist gemäß § 6 NÄG gebührenfrei. Sollte ein Name
gewünscht werden, der vom Antragsteller selbst nie geführt worden ist,
so ist das gemäß § 2 Abs. 1 Z 11 NÄG ebenfalls möglich, unterliegt aber
der Gebührenpflicht.

Mit besten Grüßen,

KARL-HEINZ GRUNDBÖCK, MA
SPRECHER DES BUNDESMINISTERIUMS FÜR INNERES
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