Werkstoffkunde für Praktiker - Catrin Kammer Volker Läpple

Die Seite wird erstellt Justin Krauß
 
WEITER LESEN
Werkstoffkunde für Praktiker - Catrin Kammer Volker Läpple
EUROPA-FACHBUCHREIHE
                                             für Metallberufe

    Werkstoffkunde
      für
    Praktiker

    Catrin Kammer
    Volker Läpple

    6. Auflage

    VERLAG EUROPA-LEHRMITTEL · Nourney, Vollmer GmbH & Co. KG
    Düsselberger Straße 23 · 42781 Haan-Gruiten
    Europa-Nr.: 13217

.
Werkstoffkunde für Praktiker - Catrin Kammer Volker Läpple
Autoren:

Dr. Catrin Kammer                  Goslar
Prof. Dr. Volker Läpple            Schorndorf

Verlagslektorat:

Dr. Astrid Grote-Wolff

Bildbearbeitung:

Verlag Europa-Lehrmittel
Abt. Bildbearbeitung               Ostfildern

Das vorliegende Buch wurde auf der Grundlage der neuen amtlichen Rechtschreibregeln
erstellt.

6. Auflage 2009
Druck 5 4 3 2 1
Alle Drucke derselben Auflage sind parallel einsetzbar, da sie bis auf die Behebung von Druckfehlern
untereinander unverändert sind.

ISBN 978-3-8085-1326-2

Umschlaggestaltung unter Verwendung eines Fotos der Firma Thyssen Stahl AG, Duisburg

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der
gesetzlich geregelten Fälle muss vom Verlag schriftlich genehmigt werden.

© 2009 by Verlag Europa-Lehrmittel, Nourney, Vollmer GmbH & Co. KG, 42781 Haan-Gruiten
Satz und Grafik: rkt, 42799 Leichlingen
Druck: Tutte Druckerei GmbH, 94121 Salzweg/Passau

2
Vorwort

Werkstoffe hatten schon immer eine besondere Bedeutung für den Menschen. Das zeigt
sich daran, dass ganze Zeitepochen, wie die Stein-, Bronze- und Eisenzeit, nach den
hauptsächlich benutzten Werkstoffen benannt wurden.
Aufgrund der Verfügbarkeit leistungsfähiger Werkstoffe und der Fähigkeit, diese Werk-
stoffe zu bearbeiten, ist die Entwicklung technologisch hoch entwickelter Produkte im
Maschinen- und Anlagenbau, im Automobilbau, in der Luft- und Raumfahrtechnik sowie
in der Medizin und Biotechnologie erst möglich geworden.
Das vorliegende Lehrbuch „Werkstoffkunde für Praktiker“ behandelt in bewährter Weise
die Werkstoffkunde unter Berücksichtigung der für den Praktiker bedeutenden Fragestel-
lungen. Kurz, verständlich und anhand zahlreicher Beispiele werden die wichtigsten
Grundlagen über Aufbau, Eigenschaften, Normung, Verarbeitung, Prüfung und Einsatz-
fähigkeit der wichtigsten Werkstoffe zur Herstellung moderner Produkte erläutert.
Zahlreiche aussagekräftige Grafiken und Tabellen ergänzen die textlichen Erklärungen
und tragen zum besseren Verständnis bei. Ebenso wird stets besonderer Wert auf den
engen Bezug zur beruflichen Praxis gelegt.
Das Buch ist bestens zum Einsatz im Unterricht geeignet, es wurde inhaltlich auf die Vor-
gaben zur Ausbildung aller Berufe im Bereich Metalltechnik abgestimmt. Aber auch der
Praktiker kann das Buch im Selbststudium einsetzen und auf dieser Grundlage die werk-
stoffkundlichen Themen erschließen, die für ihn aufgrund betrieblicher Aufgabenstellun-
gen von besonderem Interesse sind.
Die wesentlichen thematischen Schwerpunkte des Buches sind:
● Metallische Werkstoffe (Stähle, Eisengusswerkstoffe, Nichteisenmetalle)
● Nichtmetallische Werkstoffe (Kunststoffe, Konstruktionsklebstoffe, keramische Werk-
  stoffe)
● Verbundwerkstoffe
● Hilfsstoffe
● Korrosion und Korrosionsschutz
● Werkstoffprüfverfahren
● Recycling
In der vorliegenden 6. Auflage wurde vorwiegend der Bereich Nichteisenwerkstoffen
aktualisiert. Die im Buch zu findenden Beispiele beziehen sich auf aktuelle europäische
Normen. Aufgrund der aktuellen Gesetzgebung zur Verwendung von Metallen, beispiels-
weise in den Bereichen Elektronik oder Sanitärtechnik, wurden aktuelle Beispiele zur Ent-
wicklung ökologisch unbedenklicher Werkstoffe in das Buch aufgenommen.
Unseren Lesern wünschen wir viel Freude und Erfolg beim Aufbau oder bei der Erweite-
rung ihrer für das Bestehen in der beruflichen Praxis so wichtigen Kenntnisse im Bereich
der Werkstoffkunde.
Hinweise und Anregungen, die zur Weiterentwicklung des Buches beitragen, nehmen
Autoren und Verlag gerne unter der Verlagsanschrift sowie per E-Mail unter
lektorat@europa-lehrmittel.de entgegen.

Sommer 2009                                                          Autoren und Verlag
                                                                                       3
1                                                                                                                                                                                      2
     H                                                                                                                                                                                     He
Wasser-
 stoff                                                                                                                                                                                 Helium

3           4                                                                                                           5           6            7           8            9            10
     Li         Be                                                                                                           B           C            N           O            F           Ne
            Beryl-                                                                                                                  Kohlen-      Stick-      Sauer-
Lithium     lium                                                                                                            Bor      stoff       stoff        stoff           Fluor        Neon

11          12                                                                                                          13          14           15          16           17           18
    Na          Mg                                                                                                          Al          Si            P           S           Cl           Ar
     Na-    Magne-                                                                                                      Alumi-          Sili-        Phos-   Schwe-
    trium    sium                                                                                                       nium            cium         phor      fel            Chlor     Argon

19          20         21        22        23        24        25       26       27        28        29        30       31          32           33          34           35           36
     K          Ca      Sc         Ti           V      Cr       Mn       Fe       Co        Ni        Cu        Zn          Ga          Ge           As          Se           Br           Kr
                Cal-    Scan-               Vana-                                                                           Gal-    Germa-
Kalium          cium    dium      Titan     dium      Chrom    Mangan    Eisen   Kobalt    Nickel     Kupfer    Zink        lium     nium        Arsen           Selen        Brom     Krypton

37          38         39        40        41        42        43       44       45        46        47        48       49          50           51          52           53           54
    Rb          Sr          Y      Zr       Nb        Mo        Tc       Ru       Rh        Pd        Ag        Cd          In          Sn           Sb           Te            I          Xe
    Rubi-   Stron-                Zirko-              Molyb-    Tech-   Ruthe-    Rho-      Palla-             Cad-                                  Anti-
    dium     tium      Yttrium    nium      Niob       dän     netium    nium     dium      dium      Silber   mium     Indium          Zinn         mon         Tellur        Iod     Xenon

55          56         57        72        73        74        75       76       77        78        79        80       81          82           83          84           85           86
    Cs          Ba      La         Hf       Ta         W        Re       Os           Ir     Pt       Au        Hg          Tl          Pb            Bi         Po           At           Rn
    Cae-                                              Wolf-     Rhe-      Os-      Iri-                        Queck-       Thal-                                Polo-
    sium    Barium     Lanthan   Hafnium   Tantal     ram       nium     nium     dium     Platin     Gold     silber       lium        Blei     Wismut          nium         Astat    Radon

87          88         89        90        91        92        93       94       95                                                                                                    105
    Fr          Ra      Ac        Th        Pa         U        Np       Pu      Am
    Fran-               Acti-              Protac-              Nep-    Pluto-    Ame-
    cium    Radium      nium     Thorium   tinium     Uran     tunium   nium      ricum

          Leichtmetalle                             Schwermetalle                           Nichtmetalle                                gasförmig                                     flüssig

                                                     Periodensystem der Elemente (gekürzt)

                                                                             Sauerstoff O2
                                                                                50,5%
übrige Elemente
ca. 1%
Titan Ti
0,9%
Wasserstoff H2
1%
Magnesium Mg                                                                                         Silicium Si
1,3%                                                                                                    27,5%
Natrium Na
2,1%
                                                                                                                                                Aluminium Al
Kalium K                                                                                                                                        7,3%
2,3%
Calcium Ca                                                                                                                                      Eisen Fe
2,7%                                                                                                                                            3,4%

                                                    Verteilung der Elemente in der Erdkruste

4
Inhaltsverzeichnis

        Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 003   3.5.6 Kennwerte und
                                                                   technologische Eigenschaften
1       Naturstoffe – Rohstoffe –                                  der Stähle sowie ihre
         Werkstoffe – Hilfsstoffe . . . . . 007                    Bestimmung . . . . . . . . . . . . . . .         044
                                                                  Die Zugfestigkeit . . . . . . . . . . . .         044
2       Einteilung der Werkstoffe . . . . 008                     Die Druckfestigkeit . . . . . . . . . .           048
                                                                  Der Einfluss des Gitteraufbaus
3       Metallische Werkstoffe . . . . . . . 009                   auf die Verformung . . . . . . . . .             049
                                                                  Die Dauerfestigkeit . . . . . . . . . .           052
3.1     Der Aufbau der Metalle . . . . . . 009
                                                                  Die Härte . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   053
3.2     Zustandsschaubilder . . . . . . . . 012                   Die Kerbschlagarbeit . . . . . . . . .            056
3.3     Die Gewinnung der Metalle . . . 017                       Die Härtbarkeit . . . . . . . . . . . . . .       057
                                                                  Die Tiefungsfähigkeit . . . . . . . .             059
3.3.1 Die Reduktion mit Kohlenstoff,
                                                                  Die Schweißbarkeit . . . . . . . . . .            060
       Kohlenstoffmonoxid und
                                                                  Die Zerspanbarkeit . . . . . . . . . .            060
       Wasserstoff . . . . . . . . . . . . . . .      018
                                                            3.5.7 Die Wärmebehandlung . . . . . .                   061
3.3.2 Die Reduktion mit anderen
                                                                  Das Abschreckhärten . . . . . . . .               061
       Elementen . . . . . . . . . . . . . . . .      019
                                                                  Das Flamm- und
3.3.3 Die Röstreduktion . . . . . . . . . . .         019
                                                                   Induktionshärten . . . . . . . . . . .           064
3.3.4 Die Reduktion durch
                                                                  Das Einsatzhärten . . . . . . . . . . .           065
       Elektrolyse einer
                                                                  Das Vergüten . . . . . . . . . . . . . . .        066
       Metallsalzlösung . . . . . . . . . . .         020
                                                                  Das Nitrieren . . . . . . . . . . . . . . .       067
3.3.5 Die Reduktion durch
                                                                  Das Normalglühen . . . . . . . . . .              068
       Elektrolyse im Schmelzfluss .                  020
                                                                  Die Alterung . . . . . . . . . . . . . . . .      070
3.3.6 Andere Verfahren . . . . . . . . . . .          021
                                                                  Das Rekristallisationsglühen . .                  071
3.4     Allgemeine Eigenschaften . . . .              021         Das Weichglühen . . . . . . . . . . .             072
3.4.1   Physikalische Eigenschaften . .               021         Das Hochglühen . . . . . . . . . . . .            073
3.4.2   Technologische Eigenschaften                  024         Das Spannungsarmglühen . . .                      073
3.4.3   Chemische Eigenschaften . . . .               025         Die Wärmebehandlung nach
3.5   Eisenwerkstoffe . . . . . . . . . . . . .       025          ZTU-Schaubildern . . . . . . . . . .             073
3.5.1 Gusseisen- und                                              Häufige Fehler bei der
       Stahlgewinnung . . . . . . . . . . .           025          Wärmebehandlung . . . . . . . . .                075
3.5.2 Die Benennung der Stähle                              3.5.8 Stähle für den Maschinenbau .                     077
       nach DIN (alt) . . . . . . . . . . . . . .     029         Unlegierte (allgemeine)
      Die Kurznamen nach                                           Baustähle nach DIN EN 10025                      078
       DIN 17006 (in der                                          Alterungsbeständige Stähle . .                    079
       zurückgezogenen Form) . . . . .                030         Schweißbare
      Die Werkstoffnummern nach                                    Feinkornbaustähle . . . . . . . . . .            079
       DIN 17 007 in der                                          Stähle für Feinbleche . . . . . . . .             079
       zurückgezogenen Form . . . . .                 032         Automatenstähle . . . . . . . . . . . .           080
3.5.3 Die Benennung der Stähle                                    Blanke Stähle . . . . . . . . . . . . . . .       081
       nach der                                                   Einsatzstähle . . . . . . . . . . . . . . .       081
       Europäischen Norm (neu) . . .                  033         Vergütungsstähle . . . . . . . . . . .            082
      Einteilungsmöglichkeiten                                    Nitrierstähle . . . . . . . . . . . . . . . .     082
       der Stähle . . . . . . . . . . . . . . . . .   034         Stähle für die Flamm- und
      Normenüberblick . . . . . . . . . . .           040          Induktionshärtung . . . . . . . . .              083
3.5.4 Handelsformen der Stähle . . . .                042         Stähle für Schrauben und
3.5.5 Der Einfluss von                                             Muttern . . . . . . . . . . . . . . . . . . .    083
       Legierungselementen . . . . . . .              043         Federstähle . . . . . . . . . . . . . . . . .     084
                                                                                                                      5
Verschleißfeste Stähle . . . . . . .              085           Plastomere . . . . . . . . . . . . . . . . . .116
         Warmfeste Stähle . . . . . . . . . . .            085           Polymerisate . . . . . . . . . . . . . . . 116
         Kaltzähe Stähle . . . . . . . . . . . . .         085           Polyaddukte . . . . . . . . . . . . . . . . 118
         Hochfeste Stähle . . . . . . . . . . . .          086   4.2     Konstruktionsklebstoffe . . . . . . 119
         Wälzlagerstähle . . . . . . . . . . . . .         086   4.2.1   Die Theorie des Klebens . . . . . . 119
         Ventilstähle . . . . . . . . . . . . . . . . .    087   4.2.2   Einteilungsmöglichkeiten von
         Unlegierte Werkzeugstähle . . .                   087            Konstruktionsklebstoffen . . . . 119
         Legierte Kaltarbeitsstähle . . . . .              087   4.2.3   Der Klebevorgang . . . . . . . . . . . 120
         Legierte Warmarbeitsstähle . . .                  088   4.2.4   Technisch bedeutsame
         Schnellarbeitsstähle . . . . . . . . .            088            Konstruktionsklebstoffe . . . . . 120
         Nichtrostende (rost- und säure-                         4.3     Keramiken . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
          beständige) Stähle . . . . . . . . .             089
         Stähle für Kunststoff-                                  5       Verbundwerkstoffe . . . . . . . . . . 123
          bearbeitung . . . . . . . . . . . . . . .        089
                                                                 6       Hilfsstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
3.6   Nichteisenwerkstoffe . . . . . . . .                 089
3.6.1 Aluminium und seine                                        6.1     Schleif- und Poliermittel . . . . . .        126
       Legierungen . . . . . . . . . . . . . . .           089   6.2     Abschreckmittel . . . . . . . . . . . .      127
3.6.2 Kupfer und seine Legierungen                         095   6.3     Schmierstoffe . . . . . . . . . . . . . .    128
3.6.3 Lote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   099
                                                                 6.4     Schneid- und Kühlmittelöle . . .             130
3.6.4 Weitere wichtige Metalle . . . . .                   100
3.7   Pulvermetallurgie . . . . . . . . . . .              102   7       Korrosion und
3.7.1 Die Herstellung der Pulver . . . .                   102            Korrosionsschutz . . . . . . . . . . 131
3.7.2 Die Formgebung der Pulver . . .                      103
                                                                 7.1     Arten der Korrosion . . . . . . . . . .131
3.7.3 Das Sintern . . . . . . . . . . . . . . . . .        104
3.7.4 Die Nachbehandlung                                         7.2     Erscheinungsformen der
       von Sinterteilen . . . . . . . . . . . .            104            Korrosion . . . . . . . . . . . . . . . . . .132
3.7.5 Die Kennzeichnung von                                      7.3     Korrosionsschutz . . . . . . . . . . . .133
       Sinterwerkstoffen . . . . . . . . . .               105
3.7.6 Verschiedene Sinterwerkstoffe                        106   8       Werkstoffprüfverfahren . . . . . . 136
                                                                 8.1     Metallografische
4        Nichtmetallische Werkstoffe . . 107                              Untersuchungen . . . . . . . . . . .        136
4.1   Kunststoffe . . . . . . . . . . . . . . . . .        107   8.2     Schleiffunkenprobe und
4.1.1 Allgemeine Eigenschaften . . . .                     107            Spektralanalyse . . . . . . . . . . . .     140
4.1.2 Einteilungsmöglichkeiten . . . . .                   108   8.3     Oberflächenprüfungen nach
4.1.3 Syntheseverfahren . . . . . . . . . .                109            dem Eindringverfahren . . . . . .           141
      Die Polymerisation . . . . . . . . . .               109   8.4     Röntgenprüfung . . . . . . . . . . . .       143
      Die Polykondensation . . . . . . . .                 110
                                                                 8.5     Gammastrahlenprüfung . . . . .               144
      Die Polyaddition . . . . . . . . . . . .             111
4.1.4 Eigenschaftsänderungen bei                                 8.6     Ultraschallprüfung . . . . . . . . . .       145
       Kunststoffen . . . . . . . . . . . . . . .          111   8.7     Magnetische Rissprüfung . . . .              146
      Der Einfluss der Monomeren . .                       111
                                                                 9       Recycling . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148
      Der Einfluss der
       Herstellungsverfahren . . . . . .                   112
                                                                         Sachwortverzeichnis . . . . . . . . 149
      Der Einfluss der Weichmacher                         112
      Der Einfluss von Zusatzstoffen                       112
      Der Einfluss des
       Polymerisationsgrades . . . . . .                   112
      Der Einfluss der Wärme . . . . . .                   112
4.1.5 Technisch bedeutsame
       Kunststoffe . . . . . . . . . . . . . . . .         113
      Polykondensate . . . . . . . . . . . . .             114
6
1 Naturstoffe – Rohstoffe – Werkstoffe – Hilfsstoffe

Naturstoffe bietet die Natur an. An ihnen ist noch keine menschliche Arbeit verrichtet
worden. Dazu zählen z.B. Vorkommen an Erdöl, Erzen, Holz, Kohle und Mineralien.

Naturstoffe entstehen ohne menschlichen Einfluss in der Natur.

Rohstoffe liegen vor, wenn Menschen Naturstoffe gewonnen haben um sie anschließend
nutzbar zu machen. Gefördertes Erdöl, geförderte Erze, gefällte Bäume, geförderte Kohle
und gebrochene Mineralstoffe gehören als sogenannte Primärrohstoffe dazu. Ebenso
sind es jedoch auch Sekundärrohstoffe, z.B. Schrott, Metallspäne, Altpapier und Alttex-
tilien, die dem Produktionsprozess wieder zugeführt werden sollen.

Primärrohstoffe werden durch menschliche Arbeit aus Naturstoffen gewonnen.

Werkstoffe entstehen durch Verarbeitung der Rohstoffe zu solchen Produkten, die unmit-
telbar vor ihrer Endverarbeitung zu einem Fertigprodukt stehen. Aus Erdöl können z.B. die
Kunststoffe Polyethen und Polypropen, aus Erzen können die verschiedensten Stähle, aus
gefällten Bäumen können Bretter und Balken, aus Kohle können Rohteer und Koks und
aus bestimmten Mineralien können Baustoffe hergestellt werden.

Werkstoffe werden aus Rohstoffen hergestellt und zu Fertigprodukten verarbeitet.

Hilfsstoffe sind erforderlich, um Werkstoffe und Fertigprodukte aus Roh- und Naturstoffen
zu gewinnen. Hilfsstoffe ermöglichen den Prozess der Herstellung von Fertigprodukten
aus Rohstoffen (z.B. die Formgebung eines Metalls mit Hilfe von Schleifmitteln) sie gehen
aber in das Fertigprodukt nicht ein.

Hilfsstoffe werden zur Herstellung von Werkstoffen und von Fertigprodukten benötigt.

Die Entscheidung, ob ein Material Werkstoff oder Hilfsstoff ist, hängt von seiner Stellung
zum Fertigprodukt ab. So ist Ethin (früher Acetylen) beim Gasschmelzschweißen als
Wärmelieferant ein Hilfsstoff, bei der Gewinnung von Chlorethen (umgangssprachlich
Vinylchlorid) dagegen ein Werkstoff. Ebenso ist Benzin beim Antrieb von Verbrennungs-
motoren ein Hilfsstoff, als Ausgangsprodukt für die Herstellung von Kunststoffen jedoch
ein Werkstoff.

                Menschliche oder                 Produktions-                     Fertigungs-
                maschinelle Arbeit                 prozesse                        prozesse

                                                                                                  Fertig-
  Naturstoffe                        Rohstoffe                       Werkstoffe
                                                                                                  produkt
 Beispiele:                  Beispiele:                           Beispiele:
 • Erdölvorkommen            • gefördertes Erdöl                  • Stahlblech
 • Erzlagerstätten           • gebrochene Mineralstoffe           • Epoxidharz
 • Kohleflöze                • geförderte Kohle                   • Kunststoffgranulat

                                                    Hilfsstoffe
                                                                    Beispiele: • Betriebsstoffe
                                                                               • Schmierstoffe
                                                                               • Schleifstoffe

Bild 1: Veranschaulichung der Begriffe „Naturstoff“, „Rohstoff“, „Werkstoff“ und „Hilfsstoff“

                                                                                                            7
2 Einteilung der Werkstoffe

Werkstoffe sind für die Konstruktion nützliche feste Stoffe. Damit ein Stoff als Werkstoff
verwendet wird, muss er eine günstige Kombination aus physikalischen Eigenschaften
(z.B. Dichte und Festigkeit) aufweisen, gut zu verarbeiten, wirtschaftlich zu beschaffen
und gut zu entsorgen sein.
Bild 1 zeigt die heute übliche Einteilung der Werkstoffe. Die größte technische Bedeutung
haben hierbei die Metalle, insbesondere aufgrund ihrer in der Regel hohen Festigkeit und
ihres plastischen Verformungsvermögens. Aufgrund ihrer technischen Bedeutung unter-
teilt man die Metalle üblicherweise weiter in die Eisenmetalle und Nichteisenmetalle.
Die Nichtmetalle werden eingeteilt in die organisch-nichtmetallischen und die anorga-
nisch-nichtmetallischen Werkstoffe. Die größte Bedeutung in der Gruppe der organisch-
nichtmetallischen Werkstoffe haben die Kunststoffe und in der Gruppe der anorganisch-
nichtmetallischen Werkstoffe die Keramiken.
Verbundwerkstoffe entstehen durch eine Kombination von mindestens zwei Werkstoffen
aus gleichen oder unterschiedlichen Gruppen. Ein bekanntes Beispiel stellen die glas-
faserverstärkten Kunststoffe dar.

                                                                                 Werkstoffe

                                                Metalle                                                            Nichtmetalle

                       Eisenmetalle                            Nichteisenmetalle                   Anorganisch                       Organisch3)

                                   Eisen-               Leichtmetalle     Schwermetalle Natürlich Synthetisch                 Natürlich     Synthetisch
             Stahl
                                   Gusswerkstoffe        und deren          und deren
                                                                                        z.B. Glimmer
                                                        Legierungen        Legierungen       Graphit Keramik                                Kunststoffe
                                                        z.B. Magnesium     z.B. Nickel        Talkum                                        (Polymere)
                                                             Aluminium          Chrom         Asbest
                                                             Titan              Mangan
          Bau- und Kon-            Stahlguss                                                                                   Pflanzlich
                                                                                Wolfram
          struktionsstähle
                                                                                Kupfer                        Silicat-      z.B. Holz
                                   Weißes Gusseisen                                                           keramik            Harze       Thermoplaste
            Unleg. Baustähle                                                                                                     Kork
                                     Hartguss                                                                z.B. Techn.         Baum-      z.B. Polyethylen
            Feinkornbaustähle                                                                                     Porzellan      wolle           Polyamid
                                                                            Edelmetalle                           Cordierit
                                     Temperguss
            Vergütungsstähle                                                                                      Steatit                    Thermoplast.
                                                                           z.B. Gold                                         T ierisch       Elastomere
                                   Graues Gusseisen                             Silber
            Einsatzstähle                                                       Platin                        Oxid-           z.B. Leder    z.B. thermopl.
                                     mit Lamellengraphit                                                      keramik              Wolle         Polyurethan
            Nitrierstähle                                                   Buntmetalle1)                    z.B. Al2O3
                                     mit Kugelgraphit                                                             ZrO2                       Duroplaste
            Federstähle                                                    z.B. Messing
                                                                                Bronze                            Al2TiO5                   z.B. Epoxidharz
                                   Sondergusseisen                              Rotguss                           MgO                            Phenolharz
            Warmfeste Stähle
                                                                            Weißmetalle2)                     Nichtoxid-                     Elastomere
            Kaltzähe Stähle
                                                                                                              keramik
                                                                                                                                            z.B. Butadien-
            Nichtrost. Stähle                                                                                z.B. SiC                            kautschuk
                                                                                                                  Si3N4
            Automatenstähle                                                                                                                  Umgewandel.
                                                                                                                                             Naturstoffe
                                                                                                                Gläser                      z.B. Cellulose

          Werkzeugstähle                                                                                    Anorganische
                                                                                                            Bindemittel
            Kaltarbeitsstähle                                                                              z.B. Kalk, Gips,
                                                                                                                Zement
            Warmarbeitsstähle

            Schnellarbeitsstähle

    1)                                                                                        3)
         Legierungen auf Cu-Basis                                                                  Verbindungen des Kohlenstoffs mit Ausnahme der
    2)
         Legierungen auf Sn- oder Pb-Basis                               Verbundwerkstoffe         Kohlenstoffoxide, Carbonate, Carbide und Metallcyanide.

Bild 1: Einteilung der Werkstoffe

8
3 Metallische Werkstoffe

Um die Eigenschaften der zu verarbeitenden Werkstoffe zu verstehen, sind chemische
und physikalische Grundkenntnisse erforderlich. Soweit es nötig ist, soll darum zunächst
das Basiswissen vermittelt werden, das später am konkreten Fall zu erweitern ist.

3.1 Der Aufbau der Metalle
Alle Stoffe bauen sich aus Atomen auf. Atome bestehen aus
                                                                                          –
einem Kern und einer Hülle. Der Kern wiederum setzt sich zu-
                                                                                 –        –        –
sammen aus positiv geladenen Protonen und neutralen
Neutronen. In der Hülle umkreisen elektrisch negativ geladene
                                                                                         8+
Elektronen den Kern. Die Anzahl der Protonen und der Elektro-
nen ist in jedem Atom eines Elementes gleich groß. Darum ist
                                                                                 –        –        –
jedes Atom elektrisch neutral.
                                                                                          –
Metallatome und Nichtmetallatome unterscheiden sich unter
anderem durch die Anzahl der Elektronen auf den äußeren Bah-               Bild 1: Modell eines
nen: Metallatome haben immer weniger als vier, Nichtmetall-                        Sauerstoffatoms
atome immer mehr als vier Außenelektronen.
                                                                                          –
Charakteristisch für Metallatome ist, dass sie Außenelektronen                            –
abgeben, wenn sie sich verbinden. Magnesiumatome z.B. ver-                        –            –
fügen über zwei Außenelektronen, die sie als freie Elektronen
abgeben: Mg ¡ Mg2+ + 2e–. Dadurch entstehen positive Ionen,                     – –      12+   – –
die auch als Atomrümpfe bezeichnet werden, sowie ungebun-
dene, bewegliche freie Elektronen (sog. Elektronengas).                              –         –
                                                                                          –
Die Bindung von positiv geladenen Atomrümpfen und den                                     –
negativ geladenen, freien Elektronen durch elektrostatische
                                                                           Bild 2: Modell eines
Kräfte bezeichnet man als Metallbindung.                                           Magnesiumatoms

Nachfolgend wird zur Vereinfachung von Atomen anstelle von Atomrümpfen gespro-
chen. Es ist zulässig, in Modellen die Atome vereinfacht als Kugeln darzustellen.
In einer Metallschmelze können sich die Atome frei bewegen. Beim Abkühlen werden bei
Erreichen der Erstarrungstemperatur stärkere Bindungskräfte wirksam, die dazu führen,
dass sich die Atome in einem regelmäßigen Kristallgitter anordnen.

       –       –

   –       –       –

           –

Bild 3: 3 Atomrümpfe       Schmelze ungeordnet   Kristall geordnet
        des Magnesiums
        mit 6 „freien“   Bild 4: Die Entstehung eines Metall-        Bild 5: Kubisch-flächenzen-
        Elektronen               gitters aus der Schmelze                    trierte Elementarzelle

Die kleinsten Einheiten dieses Kristallgitters sind die Elementarzellen, die bei Metallen auf
unterschiedliche Grundformen zurückgeführt werden können. Die meisten Metalle
weisen ein kubisches Kristallgitter auf, bei dem die Eckpunkte des Würfels mit Atomen
                                                                                                       9
besetzt sind. Im Fall des kubisch-raumzentrierten Git-
ters findet sich ein zusätzliches Atom in der Mitte des
Würfels, bei kubisch-flächenzentrierten (kfz) Metallen
finden sich neben den Eckatomen weitere Atome auf
den Flächenmitten. Weitere Gitterformen sind das he-
                                                                   kfz                krz
xagonale und das tetragonale Gitter.
Kubisch flächenzentrierte Gitter (kfz) besitzen Alumini-
um, Blei, Gold, Kupfer und Silber.
Kubisch raumzentrierte Gitter (krz) gibt es bei Chrom,
Molybdän, Vanadin und Wolfram.
Hexagonale Gitter (hex) weisen Beryllium, Cadmium,                 hex             tetragonal
Magnesium und Zink auf.
Tetragonale Gitter findet man im β-Zinn und im γ-Man-       Bild 1: Verschiedene Formen von
                                                                    Elementarzellen
gan.
Einige Metalle, z.B. Eisen und Zinn, haben in betsimmten Temperaturbereichen unter-
schiedlich aufgebaute Elementarzellen. Diese Erscheinung bezeichnet man als allotrope
Modifikation (gr. állos = ein anderer; trépein = wechseln; lat. modus = Art und Weise; fictus
= entstanden). Die verschiedenen Modifikationen eines Metalls werden durch kleine grie-
chische Buchstaben gekennzeichnet, die man zusammen mit einem Bindestrich dem
Namen oder dem chemischen Symbol voranstellt, z.B. α-Eisen (α-Fe, krz) oder γ-Eisen
(γ-Fe, kfz).
Ein Einkristall liegt vor, wenn ein Kristall allseitig über freie Oberflächen verfügt und keine
Korngrenzen besitzt. Einkristalle finden z.B. in der Mikroelektronik als Siliciumkristalle
Anwendung. Weitere technisch wichtige Einkristalle sind sog. Whisker (engl. = Barthaar),
die etwa 3 mm lang sind. Ihr Durchmesser liegt im μm-Bereich. Im Aufbau von Einkristal-
len sind immer Fehler nachzuweisen, z.B. können unbesetzte Gitterplätze oder Fremdato-
me auftreten.
In der Regel erstarren Metalle jedoch als Vielkristall. Das bedeutet, dass in der Schmelze
viele einzelne Kristalle gleichzeitig von sog. Keimen ausgehend zu wachsen beginnen, bis
sie aufeinander treffen. Schließlich ist auf diese Weise das
gesamte Metall erstarrt, es besteht aus vielen Kristallen,
die als Kristallite oder Körner bezeichnet werden und den
Stoßstellen, den sog. Korngrenzen. Diese Anordnung wird
Gefüge genannt. Jedes Korn ist dabei für sich gesehen ein
einzelner Kristall, in dem die Atome in einer bestimmten
Richtung ausgerichtet sind. Der Korndurchmesser beträgt
im Durchschnitt 3 μm bis 3 mm. Die Erstarrungsbedin-                    Idealkristall
gungen sowie Umformungen und Wärmebehandlungen
beeinflussen die Korngröße und Kornformen.
Alle Kristalle mit Fehlern werden als Realkristalle bezeich-
net. Damit sind alle in einem metallischen Werkstück vor-
kommenden Kristallite Realkristalle, aber auch alle tech-
nisch hergestellten Einkristalle.
Idealkristalle sind gegenwärtig nur theoretisch vorstellbar.               Realkristall
Es gibt sie in der Praxis nicht. Als Modelle sind sie jedoch
geeignet, den Feinaufbau der Metalle und ihre physika-
                                                                Bild 2: Schematische Darstel-
lischen Eigenschaften verständlich zu machen. So haben                  lung eines Ideal- und
Physiker die theoretische Zugfestigkeit eines Idealkristalls            eines Realkristalles
aus Eisen mit 40000 N/mm2 berechnet.                                    (Momentaufnahme)

10
In der Praxis erreicht man mit großem Arbeitsaufwand
an Hochfestigkeitsstählen Zugfestigkeiten von etwa
                                                                                   Korn
1500 N/mm2.
Der strukturelle Aufbau der Elementarzellen erklärt physi-
kalische Eigenschaften der Metalle. Die Zugfestigkeit der
                                                                                         Korn-
metallischen Bindung spürt der Praktiker sehr schnell bei                                grenze
der Arbeit mit Säge und Feile. Die elektrische Leitfähigkeit
ist mit der Beweglichkeit insbesondere der freien Elektro-
nen zu begründen. Die Wärmeleitfähigkeit hat ihre Ursa-
che darin, dass die Atome des Gitters in weiten Tempera- Bild 1: Unterschiedliche
turbereichen um ihre Ruhelage schwingen können. Weite-                     Orientierung der Körner
re Eigenschaften z.B. Verformungsmöglichkeiten, werden                     im Metallgefüge
ebenfalls verständlich.
Weil die Entstehung der Körner der Schmelze so schnell
erfolgt, dass sich nicht alle Atome einheitlich ausrichten
können, bilden sich viele kleine Körner mit systemlos an-
geordneten Achsen. Es zeigt sich ein Metallgefüge mit un-
terschiedlicher Orientierung der Körner.
Wird in einem Einkristall eine bestimmte physikalische
Größe erst in einer und dann in einer anderen Richtung
gemessen, ergeben sich unterschiedliche Werte. Diese
Richtungsabhängigkeit der Eingenschaften wird als An-
isotropie bezeichnet. Auch jeder Kristallit des vielkristalli-
                                                                   Bild 2: Ähnliche Orientierung
nen Gefüges verhält sich anisotrop. Werden jedoch Eigen-                   der Körner im
schaften im Vielkristall bestimmt, ergeben sich in jeder                   Metallgefüge (Textur)
Richtung dieselben Werte. Dies wird durch die Verkippung
der einzelnen Körper gegeneinander verursacht. Durch das Messen über alle Körner hin-
weg („Mittelung“) heben sich die einzelnen Anisotropien auf – die Probe verhält sich
quasi-isotrop („wie isotrop“, d.h. keine Richtungsabhängigkeit der Eigenschaften).
Sind alle Kristallite gleich orientiert, besitzt der Werkstoff eine Textur. Er verhält sich dann
wieder anisotrop. Die Achsen der Körner sind z.B. durch eine Verformung so ausgerichtet,
dass sie nahezu parallel verlaufen und dabei bevorzugte Gleitebenen entstehen, über die
beim Tiefziehen der Werkstoff besonders stark fließt und wodurch die gerade Zipfel-
bildung erklärt wird.
Fehlstellen im Gitter (sog. Gitterbaufehler) beeinflussen mehr oder weniger die physikali-
schen Eigenschaften des Metalls. Eine Fehlstelle kann ein nicht mit einem Atomrumpf be-
setzter Gitterplatz oder ein eingelagertes Fremdatom sein. Aufgrund des Durchmesser-
unterschiedes von Fremd- und Matrixatomen ergibt sich gewisse Verfestigung durch die
Verspannung des Metallgitters.
Legierungen sind Werkstoffe mit Metallcharakter aus
wenigstens zwei Elementen, von denen mindestens eines
ein Metall ist. Sie können pulver- oder schmelzmetallur-
gisch hergestellt werden.
Austauschmischkristalle (Substitutionsmischkristalle) ent-
stehen, wenn Fremdatome auf Gitterplätzen des Matrixgit-
ters untergebracht sind. Dazu ist Voraussetzung, dass die
Atome beider Metalle annähernd gleiche Durchmesser be-
sitzen und in gleicher Grundform (Modifikation) auskristalli-
sieren. Die Anordnung der Fremdatome ist unregelmäßig.
Mischkristalle der beschriebenen Art bilden z.B. Kupfer und Bild 3: Fehlstellen in einem
Nickel.                                                                     Metallgitter

                                                                                               11
Bei Einlagerungsmischkris-
tallen befinden sich Fremd-
atome auf Zwischengitter-
plätzen des Wirtsgitters.
Solche Kristalle können sich
nur bilden, wenn die Fremd-
atome wesentlich kleiner
sind als die Atome des Ma-
trixgitters. Das ist z.B. der
Fall bei der Einlagerung von
Kohlenstoffatomen in ein
Eisengitter (Stahl). So löst Bild 1: Austauschmischkristall     Bild 2: Kristallgemenge
z.B. das kubisch raumzen-
trierte α-Eisen maximal 0,02
Prozent Kohlenstoff.
Ein Kristallgemisch entsteht, wenn die Legierungsele-
mente im festen Zustand nicht ineinander löslich sind. Es
stellt sich ein, wenn zwei Metalle nach verschiedenen
Systemen auskristallisieren, z.B. in Zinn-Blei-Legierungen.
Zinn bildet tetragonale, Blei kubisch-flächenzentrierte
Gitter. Beide Kristallarten liegen dann getrennt neben-         Bild 3: Einlagerungsmisch-
einander vor.                                                           kristall

3.2 Zustandsschaubilder
Jedes reine Metall zeigt beim Schmelzen einen in den Diagrammen mit Ac und beim
Erstarren einen mit Ar bezeichneten Haltepunkt (A von frz. arrêt = Halt; r von refroidisse-
ment = Abkühlung; c von chauffage =
Erwärmung).
Am Schmelzpunkt verharrt die Tempe-
raturanzeige eines Thermoelementes,
weil die zugeführte Wärmeenergie eine
gewisse Zeit benötigt, um die chemi-
schen Bindungskräfte zwischen freien
                                                                 Schmelze
Elektronen und Atomrümpfen zu über-                               (flüssig)
winden. Erst nach dem Schmelzen des                        Ac                    Ar
                                              Temperatur

letzten festen Metallstückes steigt die
Temperatur wieder an.
Auch am Erstarrungspunkt bleibt die
Anzeige eines Thermoelementes beim                                Kristall
Abkühlen der Schmelze eine Zeit kons-                              (fest)
tant. Bei dieser Temperatur bilden sich
Keime, an die sich ständig weitere
Atomrümpfe anlagern.
So formieren sich, von vielen Stellen                       Zeit
ausgehend, die Körner (Kristallite) des
Metalls. Die dabei frei werdende Bild 4: Haltepunkte eines reinen Metalls
Kristallisationswärme wird an die Um-
gebung abgegeben, sodass das Thermoelement keine Temperaturabnahme anzeigt. Erst
wenn die ganze Schmelze fest geworden ist, sinkt die Temperatur weiter.
12
Die Erwärmung und Abkühlung von reinen Metallen oder Legierungen und die
  Aufzeichnung der Temperatur in Abhängigkeit von der Zeit wird als thermische Analyse
  bezeichnet. Das Ergebnis sind sog. Abkühl- bzw. Aufheizkurven.

Bei der Abkühlung von reinem Eisen
sind mehrere Haltepunkte nachzuwei-                           Abkühlung          Erwärmung
sen. Beim Übergang vom flüssigen in
den festen Aggregatzustand, entsteht                                          TS
                                                                Schmelze
zunächst kubisch-raumzentriertes δ-Ei-           1536
sen. Sein Gitterparameter beträgt 0,296
                                                                        d-krz
nm. Die dabei auftretende Kristallisati-

                                                        Temperatur in °C
                                                              Ar4             A4        Ac4
onswärme ist am Haltepunkt Ar5 = 1536            1392
°C erkennbar.
Bei einer Temperatur von 1392 °C fin-
det eine Umgitterung (Modifikations-                                    g-kfz
wechsel) statt. Aus dem kubisch-raum-                            Ar3          A3      Ac3
zentriertem δ-Eisen bildet sich nun               911 paramag-
                                                      netisch
                                                                        a-krz
kubisch-flächenzentriertes γ-Eisen mit                              Ar2       A2    Ac2
einem Gitterparameter von 0,356 nm.               769 ferromag-                         Curie-Punkt
                                                      netisch
Die dabei entstehende Wärme macht                                       Zeit
sich als Haltepunkt Ar4 bemerkbar. Das
γ-Eisen kann als Einlagerungsmisch- Bild 1: Haltepunkte des reinen Eisens
kristall bis zu 2,06 Prozent Kohlenstoff
lösen. Dieser Mischkristall wird nach dem englischen Forscher Roberts-Austen Austenit
genannt.
Ein dritter Haltepunkt Ar3 ergibt sich schließlich bei 911 °C. Jetzt wird das flächenzentrier-
te γ-Eisen in das kubisch-raumzentrierte α-Eisen mit einer Gitterkonstante von 0,286 nm
umgewandelt. Das α-Eisen löst höchstens 0,02 Prozent Kohlenstoff, ebenfalls als Einlage-
rungsmischkristall. Dieser wird Ferrit genannt (nach ferrum = lat. für Eisen).
Am Haltepunkt Ar2 = 769 °C (Curietemperatur) wird das unmagnetische Eisen magnetisch.
Die hier frei werdende Energie hat ihren Grund in Veränderungen innerhalb der Elektro-
nenhülle. Bei der Erwärmung des Eisens stellen sich die gleichen Haltepunkte ebenfalls
ein. Sie werden jeweils mit Ac benannt (auf Grund der geringen Temperaturunterschiede
zwischen den Ac- und Ar-Punkten werden wie in den Bildern 1 und 2 oft nur A-Punkte ver-
merkt).

                          30 % 70 %    100 % Ni
                   1500                                                                                                A2
                                                                Schmelze
                   1400
                                                                                         nie
                                                                                  u   sli
                                                                              uid
                                                                           Liq        Rest-
Temperatur in °C

                   1300                                                               schmelze
                                                                                 +                        ie
                                                                            Kristall                   lin
                                                                                                   dus
                   1200
                                                                                            S  oli
                                                                                                         Kristall
                   1100
                                                  A1
                          100 % 70 %    30 % Cu
                   1000
                               Zeit                 0       20                   40             60             80   100 Masse-% Ni
                                                  100       80                   60             40             20     0 Masse-% Cu

Bild 2: Zustandsschaubild Kupfer (Cu) – Nickel (Ni)

                                                                                                                                 13
Die Haltepunkte Ar1 und Ac1 finden sich bei Stahl mit einem Kohlenstoffgehalt von 0,8%
bei 723 °C am Punkt S (vergleiche Seite 15).
Hinweis: In den meisten Fällen wird heute auf die c- bzw. r-Kennzeichnung verzichtet.
Vollkommene Löslichkeit im flüssigen und im festen Zustand
Wenn zwei Metalle vollkommen ineinander löslich sind, d.h. ohne Einschränkung Aus-
tauschmischkristalle bilden, ergeben sich die Abkühlungskurven in Bild 2 der vorigen
Seite, aus denen dann das Zustandsschaubild gezeichnet werden kann (z.B. Cu–Ni). Es ist
deutlich erkennbar, dass die reinen Metalle feste Erstarrungstemperaturen (gekennzeich-
net durch Haltepunkte), die Legierungen jedoch Erstarrungsintervalle aufweisen. Dieses
Intervall ergibt sich aus der Lage zweier Knickpunkte, dem sogenannten Solidus- bzw.
dem Liquiduspunkt (lat.: liquidus = flüssig, solidus = fest).

Bei der thermischen Analyse zeigen reine Metalle Haltepunkte. Legierungen erstarren –
von bestimmten Ausnahmen abgesehen – in einem Temperaturbereich.

Die obere Linie im Schaubild heißt Liquiduslinie, die untere heißt Soliduslinie. Oberhalb
der Liquiduslinie sind alle Legierungselemente flüssig, unterhalb der Soliduslinie sind sie
fest. Das feste Metall besteht dann aus Austauschmischkristallen (vergleiche Seite 12).
Innerhalb des linsenförmigen Feldes existieren neben der Schmelze Mischkristalle (Zwei-
phasenfeld). Ein ähnliches Zustandsschaubild ergibt sich bei einer Legierung aus Gold
und Silber.
Fehlende Löslichkeit im festen Zustand, vollkommene Löslichkeit im flüssigen Zustand
Wenn zwei Metalle im festen Zustand nicht ineinander löslich sind und darum aus zwei
Kristallen bestehen (Mischkristalle also nicht gebildet werden), stellen sich die im Bild
gezeigten Abkühlungskurven ein, aus denen dann ebenfalls das Zustandsdiagramm
gezeichnet wird (z.B. Bi–Cd). Es ist erkennbar, dass außer den reinen Metallen auch eine
bestimmte Legierung (60% Bi, 40% Cd) einen Haltepunkt aufweist. Alle anderen Legie-
rungen erstarren über einen Temperaturbereich.
Der Linienzug A-E-D ist die Liquiduslinie, der Linienzug P-E-K die Soliduslinie. Im Feld I
befinden sich in der Schmelze Körner aus reinem Cadmium, im Feld II sind in der
Schmelze Körner aus Wismut anzutreffen.

                   400
                          20 % 60 %   80 % 100 % Bi

                                                      A
                   300
                                                                                                         D
Temperatur in °C

                   200
                                                            Schmelze +                     Schmelze +
                                                            Kristall Cd                    Kristall Bi
                                                                                                         K
                                                      P                             E
                   100
                                                                   Kristall Bi + Kristall Cd

                         Cd 100 % 80 % 40 % 20 %
                     0
                              Zeit                      0     20          40       60          80   100 Masse-% Bi
                                                      100     80          60       40          20     0 Masse-% Cd

Bild 1: Zustandsschaubild Wismut (Bi) – Cadmium (Cd)

14
Am Punkt S und an der Soliduslinie gehen beide Legierungselemente gleichzeitig in den
kristallinen Zustand über. Sie bilden dabei ein eutektisches Gefüge, bestehend aus Wis-
mut- und Cadmiumkörnern, in der Regel in lamellarer Anordnung. Am Punkt E liegt ein
reines Eutektikum vor (gr.: eutektos = wohlgeformt, z.B. Pb–Sb, Al–Zn, Bi–Sn).

Zustandsschaubilder erlauben Aussagen über das Verhalten der Metalle beim Erwär-
men und beim Abkühlen sowie über Gefügearten und Gefügeumwandlungen.

Das System Eisen – Kohlenstoff
Kohlenstoff kann in unterschiedlichen Formen in Eisenwerkstoffen auftreten. Er ist
atomar gelöst in α- und γ-Mischkristallen (Ferrit oder Austenit), gebunden an Eisen als
Eisencarbid (Zementit) Fe3C und frei als Grafit anzutreffen.
Im metastabilen System (gr.: meta = veränderlich; lat. stabil = fest) kommt Kohlenstoff an
Eisen gebunden als Eisencarbid Fe3C vor. Das metastabile System trifft zu für reine Eisen-
Kohlenstoff-Legierungen sowie für weißes Roheisen.
Im stabilen System liegt Kohlenstoff als Grafit vor. Es gilt für graues Roheisen und für gra-
fithaltiges Gusseisen.
In beiden Systemen tritt gelöster (atomarer) Kohlenstoff in α- und γ-Mischkristallen auf.
Das folgende, vereinfacht dargestellte Zustandsschaubild Eisen-Kohlenstoff umfasst
das metastabile System. Es gilt nur bei sehr langsamer Abkühlung und Erwärmung.

                          0   0,3 0,8 1,5   3   4,3 6,7% C
               1500
               1400                                                                                      S              D
               1300
               1200                                                   g           S+g                            S + Fe3C
               1100                                                               E               C                     F
 Temperatur in °C

               1000
                    900                                       G
                                                             a                            g + Fe3C
                    800
                    700
                                                                  P       S                                             K
                    600                                                                   a + Fe3C
                    500
                                 Zeit                         0         1                3       4           5      6   6,67
                                                                      0,8       2,03               4,3
                                                                              Kohlenstoffgehalt in %

Bild 1: Zustandsschaubild Eisen – Kohlenstoff

Werden einer Eisenschmelze bis zu 4,3% Kohlenstoff zulegiert, sinken die Temperaturen
des Erstarrungsbeginns stetig bis zum Punkt C. Hier bildet sich an einem Haltepunkt ein
besonders gleichmäßiges – eutektisches – Gefüge aus Zementit und γ-Mischkristallen, die
mit weiter sinkender Temperatur eutektoid umwandeln (vergleiche dazu weiter unten).
Nach dem Metallurgen Ledebur wird dieses Gefüge Ledeburit genannt.
Durch Erhöhung des Kohlenstoffgehalts über 4,3% hinaus steigen die Temperaturen des
Erstarrungsbeginns. Reines Eisencarbid hat einen Kohlenstoffgehalt von 6,67% und
würde am Punkt D erstarren. Es ist jedoch nicht beständig und zerfällt, so dass in reinen
Eisen-Kohlenstoff-Legierungen nur Grafit entsteht. Oberhalb der Linie G-S-E liegt eine
feste Lösung (Einlagerungsmischkristall) von Kohlenstoffatomen im γ-Eisen vor, der sog.
Austenit. – Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die sehr langsame Abkühlung.
                                                                                                                            15
Am Punkt G bildet sich aus reinem γ-Eisen α-Eisen (Ferrit). Bei Eisen-Kohlenstoff-
Legierungen wird die Temperatur dieser Umwandlung abgesenkt. Der Austenit eines
Stahles mit einem Kohlenstoffgehalt von 0,8% zerfällt am Punkt S bei 723 °C – einem Hal-
tepunkt – in Ferrit und Zementit. Diese Umwandlung im festen Zustand wird als eutektoid
bezeichnet. Sie findet bei allen Eisen-Kohlenstoff-Legierungen beim Unterschreiten der
Phasengrenze P-S-K bei 723 °C statt. Bei unendlich langsamer Abkühlung, aber auch un-
ter einigen technischen Abkühlungsbedingungen, z.B. beim Normalglühen, bilden Ferrit
und Zementit bei der eutektoiden Reaktion eine charakteristische lamellare Anordnung.
Diese wird als Perlit bezeichnet.
Untereutektoide Legierungen – sie besitzen weniger als 0,8% Kohlenstoff – scheiden nach
dem Unterschreiten der durch die Phasengrenzlinie G-S bestimmten Temperatur aus dem
Austenit zunächst Ferrit aus. Unterhalb von 723 °C zerfällt der restliche Austenit in Ferrit
und Zementit.
Übereutektoide Legierungen mit Kohlenstoffgehalten zwischen 0,8% und 2,06% scheiden
beim Passieren der durch die Phasengrenze S-E festgelegten Temperatur Zementit aus.
Unterhalb von 723 °C entstehen wieder Zementit und Ferrit. Bei der Erwärmung verlaufen
die beschriebenen Vorgänge sinnentsprechend in umgekehrter Reihenfolge.

Im Zustandsschaubild Eisen-Kohlenstoff werden die Umwandlungen des bei niedrigen
Temperaturen beständigen α-Eisens und des bei hohen Temperaturen beständigen
γ-Eisens dargestellt.

In den einzelnen Feldern des metastabilen Zustandsschaubildes sind folgende Gefüge-
anteile zu finden. Feld I: Schmelze; Feld II: Schmelze und γ-Mischkristalle; Feld III:
Schmelze und Fe3C; Feld IV: γ-Mischkristalle (Austenit); Feld V: γ- und α-Mischkristalle; Feld
VI: γ-Mischkristalle und Fe3C; Feld VII: α-Mischkristalle (Ferrit) und Fe3C.
Die Gefügebestandteile der Eisen-Kohlenstoff-Legierungen haben charakteristische
Eigenschaften. Unter dem Mikroskop lassen sich die Bestandteile, wie auf S. 17 gezeigt,
deutlich erkennen. Im Gleichgewichtszustand liegen vor:
Ferrit: Er baut sich aus kubisch-raumzentriertem α-Eisen auf und kann bei 723 °C maximal
0,02% Kohlenstoff lösen (s.a. S. 13).
Austenit: Diese Phase ist ein Einlagerungsmischkristall von kubisch-flächenzentriertem
γ-Eisen mit maximal 2,06% gelöstem Kohlenstoff bei 1147 °C (s.a. S. 13). Austenit ist rela-
tiv weich, gut verformbar und unmagnetisch.
Zementit: Bei diesem Namen handelt es sich um eine metallografische Bezeichnung.
Chemisch gesehen handelt es sich um Eisencarbid Fe3C. Er bildet komplizierte Kristalle
und ist mit etwa 800 HV der härteste Gefügebestandteil des Stahles.
Unter technischen Bedingungen entstehen besondere Gefügeanordnungen. Davon sol-
len hier nur zwei erwähnt werden.
Perlit: Er ist ein lamellares Gemenge aus Ferrit und Zementit. Je nach Entstehungsbedin-
gungen hat er eine Härte von 180 HB bis 370 HB.
Ledeburit: Er bildet sich in reiner Form bei einem Kohlenstoffgehalt von 4,3%. Bei Raum-
temperatur setzt er sich aus Zementit und Perlit zusammen. Ledeburit ist spröde und hat
von allen Eisen-Kohlenstoff-Legierungen den niedrigsten Schmelzpunkt (s.a. S. 15).
Weitere Gefügearten, z.B. Bainit und Martensit, treten vor allem in legierten Stählen nach
beschleunigter Abkühlung auf (s. S. 62ff.).
16
Ferritisches Gefüge                                       Perlitkörner
 Kohlenstoffgehalt: bis 0,02 Prozent                       Kohlenstoffgehalt: 0,8 Prozent
 V = 200 : 1                                               V = 1000 : 1
                                                           Lamellare Anordnung von Zementit (dunkle Streifen)
                                                           und von Ferrit (helle Bezirke)

 Gefüge mit je etwa 50 Prozent Ferrit (weiße Bezirke)      Austenitisches Gefüge
 und 50 Prozent Perlit, dessen Lamellenabstand so          V = 100 : 1
 klein ist, dass man die Struktur nicht immer erkennen
 kann.
 Kohlenstoffgehalt: 0,4 Prozent
 V = 200 : 1

                                                           Ledeburit
                                                           Kohlenstoffgehalt: 4,3 Prozent
                                                           Die schwarzen Bereiche sind Perlit, die weißen
 Die Gefügeaufnahmen stellte freundlicherweise das
 Max-Plank-Institut für Eisenforschung GmbH, Düsseldorf,   Zementit
 zur Verfügung                                             V = 500 : 1

3.3 Die Gewinnung der Metalle
Nur wenige Metalle, z.B. Gold, Platin, Silber und auch Kupfer, kommen in der Natur ge-
diegen, d.h. in freiem, nicht gebundenem Zustand vor. Meistens treten Metalle in chemi-
schen Verbindungen auf.
Gesteine, in denen nutzbares Metall oder nutzbare Metallverbindungen enthalten sind,
bezeichnet man als Erze.
Oxidische Erze enthalten Metall-Sauerstoffverbindungen (MeO), sulfidische Erze Metall-
Schwefel-Verbindungen (MeS) und carbonatische Erze (MeCO3, Me steht für Metall) an
die CO3-Gruppe gebundene Metalle.
                                                                                                            17
Die Verbindungen entstehen dadurch, dass die Metalle an die jeweiligen Reaktionspartner
Elektronen abgeben. Dadurch bilden sich positiv geladene Metallionen und negativ gela-
dene Nichtmetallionen, die sich gegenseitig anziehen, z.B.:

       Fe → Fe2+ + 2e
       O + 2e → O2–
                           冧   Fe2+O2–     oder einfach FeO

Aus Fe2+ und O2– baut sich das verhältnismäßig stabile Eisenoxid FeO auf.
                               Formel der        Chemischer Name der     mineralogischer
          Erzart
                           Metallverbindungen     Metallverbindungen     Name des Erzes
                               Al2O3 · 2 H2O       Aluminiumoxid         Bauxit
      Oxidische
                               Fe3O4               Eisen(II, III)-oxid   Magneteisenstein
      Erze
                               SnO2                Zinn(IV)-oxid         Zinnstein
                               FeS2                Eisen(II)-sulfid      Pyrit
      Sulfidische
                               ZnS                 Zinksulfid            Zinkblende
      Erze
                               PbS                 Bleisulfid            Bleiglanz
                               FeCO3               Eisencarbonat         Spateisenstein
      Carbonatische
                               MnCO3               Mangancarbonat        Manganspat
      Erze
                               PbCO3               Bleicarbonat          Weißbleierz

Um Metalle für den praktischen Gebrauch nutzbar zu machen, müssen sie aus den Erzen
und aus ihren chemischen Verbindungen isoliert werden. Dazu sind verschiedene Tech-
nologien üblich.
Ihnen allen ist gemeinsam, dass den Metallionen unter mehr oder weniger großem Ener-
gieaufwand ihre Elektronen zurückgegeben werden, die sie bei der Reaktion an ihre Re-
aktionspartner abgegeben haben.
Diese Rückgabe der Elektronen kann z.B. mit dem Entzug von Sauerstoff oder Schwefel
verbunden sein:
Fe2+ + 2e ¡ Fe      Reduktion (Elektronenaufnahme)
O2–   ¡ O + 2e      Oxidation (Elektronenabgabe)

Jede Aufnahme von Elektronen wird als Reduktion bezeichnet. Die Gewinnung der Ge-
brauchsmetalle erfolgt somit durch Reduktion.

Wenn ein Element Elektronen aufnimmt, muss ein anderes dafür Elektronen abgeben.
Jede Elektronenabgabe wird Oxidation genannt. Reduktion und Oxidation verlaufen par-
allel. Man spricht darum auch von Redox-Reaktionen, die bei der Metallgewinnung erfol-
gen.

3.3.1 Die Reduktion mit Kohlenstoff, Kohlenstoffmonoxid und Wasserstoff

Dieses Verfahren findet bei der Verarbeitung oxidischer Erze Anwendung. Die Gewinnung
von Roheisen aus Magneteisenstein Fe3O4 ist dafür ein praktisches Beispiel. Als Reduk-
tionsmittel – das sind sauerstoffentziehende Mittel – werden Kohlenstoff und Kohlen-
stoffmonoxid sowie Wasserstoff eingesetzt. Sie stammen aus dem Koks bzw. bilden sie
sich beim Zerfall der bei der Verhüttung zugesetzten Erdölprodukte.
18
Vorgänge im Hochofen
                        Kohlenstoff
        Metalloxid + Kohlenstoffmonoxid ¡ Metall + Kohlenstoffdioxid + Wasser
                        Wasserstoff
a) Erzeugung von Kohlenstoffmonoxid CO:
   aus dem durch Verbrennung des Kokses                                      Eisenerz
                                                                             Koks
   entstehenden Kohlenstoffdioxid bildet sich                                Zuschläge
   Kohlenstoffmonoxid CO2 + C ¡ 2 CO.
b) Reduktion des Eisenerzes:
   Fe3O4 + 2 C ¡ 3 Fe + 2 CO2 sowie Fe3O4 + CO        Gicht-
                                                                                   200 °C
                                                      gas
   ¡ 3 FeO + CO2 und FeO + CO ¡ Fe + CO2.

                                                                                                            Vorwärm-
                                                                    Gicht
   Ferner Fe3O4 + 4 H2 ¡ 3 Fe + 4 H2O. Bei die-

                                                                                                              zone
   sen Reaktionen entsteht festes Eisen.                                           600 °C
                                                                                   700 °C

                                                                                              Reduktions-
c) Aufkohlung des Eisens:                                          Schacht

                                                                                                 zone
   Eisen nimmt Kohlenstoff auf. Dadurch sinkt                                      1 000 °C
                                                                   Kohlen-

                                                                                                            Kohlungs-
   der Schmelzpunkt von 1536 °C auf etwa                            sack           1 200 °C

                                                                                                              zone
                                                                    Rast
   1150 °C.

                                                                                              Schmelz-
                                                     Heißluft                      1 400 °C

                                                                                                zone
                                                     ≈ 700°
d) Schmelzen des Roheisens und des Gesteins
                                                     Gestell                       1 700 °C
   (Gangart):
   durch weitere Wärmezufuhr schmelzen
   Roheisen und Gestein. Danach erfolgt der                     Roh- Schlacke
   Abstich von Schlacke und Roheisen.              Roheisen
                                                                eisen
                                                                                Schlacke
                                                      zum                          zur
Durch Reduktion mit Kohlenstoff, Kohlenstoff-      Stahlwerk                  Verarbeitung
monoxid und Wasserstoff lassen sich aus
Metalloxiden, die in manchen Fällen noch in Bild 1: Hochofen
besonderen Arbeitsverfahren aus den Erzen
isoliert werden müssen, die folgenden Metalle gewinnen: Cobalt aus CoO, Nickel aus NiO,
Kupfer aus Cu2O, Zink aus ZnO, Zinn aus SnO2, Blei aus PbO und Wismut aus Bi2O3.
3.3.2 Die Reduktion mit anderen Elementen (Metallothermie)
Nicht alle Metalloxide lassen sich mit Kohlenstoff reduzieren. Hauptgrund dafür ist die im
Vergleich zu den jeweiligen Metallen nicht ausreichende Bindungskraft zwischen Kohlen-
stoff und Sauerstoff. An Stelle von Kohlenstoff wird daher z.B. Aluminium als Redukt-
ionsmittel verwendet, weil es sich leichter mit Sauerstoff verbindet als Kohlenstoff. Diese
Art der Metallgewinnung bezeichnet man als aluminothermische Verfahren.
Die Erzeugung von reinem Vanadin z.B. verläuft nach folgender
Reaktionsgleichung: 3 V2O5 + 10 Al ¡ 6 V + 5 Al2O3
oder allgemein:          Metalloxid + Aluminium ¡ Metall + Aluminiumoxid.
Auf die gleiche Weise lassen sich Chrom aus Cr2O3 und Mangan aus Mn3O4 gewinnen. –
Außer Aluminium können Natrium, Calcium, Magnesium, Wasserstoff und Silicium als
Reduktionsmittel eingesetzt werden. Technische Bedeutung besitzt in diesem Zusam-
menhang das Thermitschweißen, bei dem Eisenoxid durch Aluminium zu Eisen und
Aluminiumoxid reduziert wird.
3.3.3 Die Röstreduktion
Unter Rösten versteht man die Umwandlung von sulfidischen und carbonatischen Erzen
in oxidische Erze durch Erhitzen unter Luftzufuhr. Die entstehenden Metalloxide können
anschließend mit Kohlenstoff reduziert werden. Sulfidische Erze liefern außerdem
Schwefeldioxid, das zu Schwefelsäure weiterverarbeitet wird. Die carbonatischen Erze
geben Kohlenstoffdioxid ab.
                                                                                                                  19
Geröstet werden z.B. Bleisulfid PbS, Zinksulfid ZnS, Molybdänsulfid MoS und Eisensulfid
FeS sowie Bleicarbonat PbCO3, Mangancarbonat MnCO3 und Eisencarbonat FeCO3:
                            4 FeCO3 + O2 ¡ 2 Fe2O3 + 4 CO2.

3.3.4 Die Reduktion durch Elektrolyse einer Metallsalzlösung
Unter einer Elektrolyse versteht man die Zerlegung von Elektrolyten durch Gleichstrom in
ihre Bestandteile. Elektrolyte sind elektrisch leitende Lösungen oder Salzschmelzen.
Beispielsweise ist bei der Elektrolytkupfergewinnung der Elektrolyt eine mit Schwefel-
säure angesäuerte Kupfersulfatlösung. Die Katode besteht meist aus Reinstkupfer, die An-
ode aus Rohkupfer mit Verunreinigungen verschiedener Metalle, u.a. Gold und Silber. Es
laufen die folgenden Reaktionen ab:
Anode: das Rohkupfer wird aufgelöst                                   =
                                                                   –    +
a) Die Gleichstromquelle entzieht den Kupfer-
   atomen je zwei Elektronen: Cu – 2e ¡ Cu2+
   (Oxidation).
b) die entstehenden Kupferionen wandern zur                       Cu2+SO42–
   Katode.
Katode: es scheidet sich Elektrolytkupfer ab                                      Cu2+
a) Kupferionen Cu2+ werden angezogen.
b) Kupferionen nehmen pro Ion zwei Elektro-             Katode –                    Anode +
                                                       Abscheidung                  Auflösung
   nen auf: Cu2+ + 2e ¡ Cu (Reduktion).
                                                     Bild 1: Elektrolytkupfergewinnung
Das durch Reduktion entstandene Elektrolyt-
kupfer hat einen Reinheitsgrad von etwa 99,9 Prozent. Es wird umgeschmolzen und zu
Fertigprodukten weiterverarbeitet. Der an der Anode zurückbleibende Schlamm enthält
u.a. Gold und Silber. Die Edelmetalle werden in einem besonderen Arbeitsschritt gewon-
nen.
Durch Elektrolyse ihrer wässrigen Metallsalzlösungen lassen sich außer Kupfer noch ge-
winnen: Gold, Silber, Platin, Chrom, Zink und Zinn.

3.3.5 Die Reduktion durch Elektrolyse im Schmelzfluss
Die der Aluminiumgewinnung ist aus einer wässrigen Lösung nicht möglich, da Alumi-
nium sehr unedel ist. Daher besteht der Elektrolyt aus einer geschmolzenen Mischung
von Aluminiumoxid Al2O3 und Kryolyth. Durch die Mischung wird der Schmelzpunkt des
Aluminiumoxides von ca. 2000 °C auf etwa
900 °C gesenkt (Eutektikum, s. Bild 1, S. 14). In der Katode    Anode
                                                         –        +
Schmelze bewegen sich Aluminiumionen Al            3+
                                                           –
                                                             = +
und Sauerstoffionen O2–. Die Katode besteht aus
einem grafithaltigen Schmelztiegel (Boden der
Zelle), die Anode aus Kohleelektroden. Im Einzel-
                                                                         Elektrolyt
nen laufen nach der Gleichung 2 Al2O3 ¡ 4 Al + 3
O2 die folgenden Reaktionen ab:                                       +
                                                                   Al3+           O2–
Anode: es bildet sich Kohlenstoffdioxid
                                                                           Al
a) die Stromquelle entzieht den Sauerstoffionen
                                                                           –
   Elektronen: 6 O2– – 12e ¡ 6 O bzw. 3 O2 (Oxida-
   tion)
b) der Sauerstoff reagiert mit dem Kohlenstoff         Bild 2: Aluminiumgewinnung
   der Elektrode 3 C + 3 O2 ¡ 3 CO2.                           (Elektrolysezelle)

20
Sie können auch lesen