Wie smart ist die Konvergenz? - Markt und Nutzung von Connected TV
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Impressum Herausgeber die medienanstalten – ALM GbR Friedrichstraße 60 10117 Berlin Tel: +49 30 206 46 90 0 Fax: +49 30 206 46 90 99 E-Mail: digitalisierung@die-medienanstalten.de Website: www.die-medienanstalten.de Verantwortlich Dr. Hans Hege Andreas Hamann Redaktion Dr. Kristian Kunow Lektorat Lisa Keimburg Copyright © 2013 by die medienanstalten – ALM GbR Gestaltung Buero Herold, Berlin Stand: Januar 2014
Vorwort Dr. Hans Hege Mitglied der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) und des Fachausschusses Netze, Technik, Konvergenz der Medien- anstalten. Kaum ein Begriff hält die Fernsehwelt derzeit so in Die vorliegende Studie knüpft daran an. Im Herbst Atem wie Connected TV. Die konvergierende Medien- vergangenen Jahres haben Michael Wörmann und und Netzwelt trifft sich auf dem Fernseher in den sein Team von Facit Digital im Auftrag der Medien- Wohnzimmern und die Geräteindustrie hat längst anstalten „early adopter“ vernetzter Fernsehgeräte die nächste Revolution ausgerufen. Nach Smartpho- in ihren Wohnzimmern besucht und systematisch nes und Tablets sollen nun die Smart TVs ungeahnte deren Nutzungsverhalten beobachtet. Parallel dazu neue Möglichkeiten eröffnen und aus dem Fernseh- hat Dr. Ralf Kaumanns für die Medienanstalten den zuschauer auf dem Sofa den Nutzer einer Vielzahl sich entwickelnden Smart TV-Markt analysiert, die von Diensten und Medienangeboten machen. wesentlichen Akteure, Geschäftsmodelle und Stra- tegien identifiziert und gegenüber gestellt. Doch wie smart ist die Konvergenz in den Wohnzim- mern wirklich? Neue Möglichkeiten bringen oftmals Beide Beiträge zur Gesamtstudie repräsentieren auch Risiken mit sich. Als Medienanstalten begrü- zwei Seiten derselben Medaille. Sowohl die Strate- ßen wir die Chance, die Vielfalt des Internets auch gien der Akteure, als auch das konkrete Nutzungs- auf den großen Bildschirm zu bringen. Jedoch nicht, verhalten werden entscheidenden Einfluss darauf ohne auch die Herausforderungen im Auge zu be- nehmen, wie sich der Smart TV-Markt entwickelt. halten, die eine solche Entwicklung mit sich bringen kann. In der digitalen Vielfalt ist die Aufmerksamkeit Im Bereich der Smartphones hat sich zuletzt eine ra- des Nutzers für einen Dienst oder Inhalt das knappe sante Marktentwicklung gezeigt - und auch, dass die Gut. Neue Gatekeeper können entstehen, die nicht Sorge um die sich formierende Macht einzelner Ga- länger zwingend das Netz, sondern vielmehr die Be- tekeeper nicht unbegründet ist. Auf Smartphones nutzeroberfläche kontrollieren. Sie entscheiden dar- führt kein Weg mehr an Apple und Google vorbei über, welcher Dienst präsent ist und welcher Inhalt – weder für die Dienste- und Inhalteanbieter, noch vom Nutzer gefunden wird. für die Nutzer. Es bleibt abzuwarten, ob der Smart TV-Markt den gleichen Pfad beschreitet und sich die Vor fünf Jahren gaben die Medienanstalten eine Stu- Hersteller bzw. Betreiber der integrierten Portale zu die heraus, die den Markt und die Nutzung elektro- neuen mächtigen Gatekeepern mit eigenen Interes- nischer Programmführer untersuchte, wohlwissend, sen aufschwingen, oder ob Dienste- und Inhaltean- dass die Nutzung von EPGs damals noch nicht sehr bietern zukünftig eine Vielzahl neuer Möglichkeiten weit verbreitet war. Die zukünftige Bedeutung der ohne Einschränkung offen stehen werden. EPGs war jedoch bereits absehbar und heute prägen diese den Fernsehalltag vieler Zuschauer. 3
Noch nehmen sich die Zahlen im Vergleich zum Smartphone-Markt etwas bescheidener aus, aber das Potential ist groß. Es stehen bereits eine ganze Menge internetfähiger Fernseher in den Wohnzim- mern – Tendenz stark steigend. Die Nutzung dieses großen Potentials beschränkt sich zwar derzeit auf 10 Prozent der deutschen Haushalte, der Trend zeigt jedoch auch hier eindeutig nach oben. Die meisten Besitzer eines potentiell smarten Fernsehers haben diesen noch nicht mit dem Internet verbunden. Vie- le sind sich vermutlich dieser Möglichkeit noch nicht bewusst, geschweige denn, dass sie sich aufgrund der smarten Funktionalitäten für das Modell eines bestimmten Herstellers entschieden haben. Die interessierten Marktakteure werden entspre- chend weiter daran arbeiten, dass die Revolution ge- lingt. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie bele- gen, dass die Relevanz der Benutzeroberfläche eines smarten Fernsehers für den diskriminierungsfreien und chancengleichen Zugang der Inhalteanbieter zum Nutzer und vice versa bereits jetzt kaum zu un- terschätzen ist. Deshalb gilt es schon heute Vorkeh- rungen zu treffen. 4
Inhalt Wie smart ist die Konvergenz? Markt und Nutzung von Connected TV Der Smart TV-Markt: Akteure, Strategien, Geschäftsmodelle 7 Dr. Ralf Kaufmanns Verbreitung von Smart TVs 10 Strukturen im Smart TV-Markt 11 Smart TV-Anbieter streben nach umfassender Kontrolle 11 Ökosysteme durch proprietäre Standards 12 Akteure im Smart TV-Markt 12 Hersteller von Fernsehgeräten & Set-Top-Boxen 13 Entwickler von Betriebssystemen 14 Entwickler von Smart TV-Portalen 15 Anbieter von TV-Programmen 15 HbbTV in Konkurrenz zu Smart TV-Portalen 16 Anbieter von Diensten 16 Entwickler von Apps 17 Vielfältige Erlösquellen 18 Geräteverkauf 19 Paid Content 19 Werbung 20 Umsätze App-Verkäufe und App-Nutzung 20 Fazit: Gatekeeper-Strategien stehen im Vordergrund 21 Verhaltensmuster vernetzter TV-Nutzer: Eine ethnografische Studie 24 Michael Wörmann Die Facit Digital-Studie 24 Ein- und Mehrgerätephilosophie 26 Lineares Fernsehen noch fest verankert 27 EPGs haben sich im Nutzungsverhalten etabliert 28 Listung noch immer relevant 28 Empfehlungen vor allem von jüngeren Nutzern akzeptiert 29 Gutes Verständnis für Video on Demand-Markt 29 Smart-TV-Apps vor allem für Bewegtbild relevant 31 Der Second Screen gehört dazu 32 Klare Arbeitsteilung zwischen großem und kleinem Bildschirm 34 HbbTV hat einen schweren Stand 36 Serien und Blockbuster finden ihren Weg zum Konsumenten 37 Lokale Inhalte werden kaum noch im Fernsehen gesucht 37 Fazit: Smart sind aktuell vor allem die Heavy User 37 Autoren 40 5
Der Smart TV-Markt | Akteure, Strategien, Geschäftsmodelle Der Smart TV-Markt: Akteure, Strategien, Geschäftsmodelle Dr. Ralf Kaumanns Die Digitalisierung – die Anwendung digitaler Tech- Neben der reinen technischen Definition in Bezug nologien und deren Vernetzung – hat in den letzten auf die Hardware steht der Begriff Smart TV aber Jahren nicht nur zum Siegeszug von Smartphones vor allem für die neuen Nutzungsmöglichkeiten und Tablets geführt. Auch in herkömmlichen Geräte- dieser Geräteklasse. Das Smart TV ist nicht mehr klassen wie Fernseher wurden und werden digitale nur als bloßes Fernsehgerät, sondern als breite Un- Technologien und die Vernetzung der Geräte einge- terhaltungs- und Informationsplattform im Wohn- setzt und führen zu gänzlich neuen Möglichkeiten: zimmer zu verstehen. Wesentliche Grundlage der Aus dem Fernseher ist längst das Smart TV gewor- neuen Möglichkeiten ist die „Entkoppelung“ der den. physischen Geräte von der Software. Als Smart TV – auch Connected TV oder Hybrid TV Die Entkopplung ermöglicht es, Anwendungen genannt – werden Fernsehgeräte bezeichnet, die wie beispielsweise Apps auf mehr als einem phy- über eine Netzwerkverbindung auf das Internet vzu- sischen Gerät zu verwenden und neben dem line- greifen können. Zudem besitzen Smart TV-Geräte aren Fernsehbouquet neue Produkte und Diens- Festplatten, Chipsätze, Betriebssysteme und oftmals te anzubieten, die die technischen Fähigkeiten Kameras und Mikrofone. In grundlegenden Aspek- nutzen (Abb. 1). ten der technischen Architektur unterscheiden sie 1 sich kaum von Desktop-PCs, Laptops oder Tablets . 1 Neben Smart TVs können nicht internetfähige TV-Geräte über Set-Top- Boxen „nachgerüstet“ werden, aber auch vernetzte Blu-ray-Player oder vernetzte Spielekonsolen ermöglichen mittlerweile die Nutzung von Smart TV-Portalen, ohne dass die eigentlichen TV-Geräte internetfähig sein müssen. 7
Der Smart TV-Markt | Akteure, Strategien, Geschäftsmodelle Abb. 1 Grundstruktur einer Smart TV-Plattform Navigation Smart TV-Portal (Apps) Private Inhalte Lineares Fernsehen HbbTV Video-on-Demand Sonstige Dienste und Inhalte Software-Plattform Betriebssystem Physische Hardware (Smart TV oder Set-Top-Box) Quelle: Eigene Darstellung Das lineare Fernsehprogramm ist zu einer Funktion Nutzungsmöglichkeiten von Smart TV stellen die von mehreren geworden (Abb. 1), wenn auch nach App Stores dar. Im Mittelpunkt stehen hier Bewegt- 2 wie vor die wichtigste . bild-Apps. Hinzukommen Hunderte weiterer Apps, die entweder plattformübergreifend funktionieren Smart TV erweitert das lineare Fernsehen um oder auf die Spezifikationen des Smart TV optimiert nicht-lineare Bewegtbild-Inhalte auf Abruf wie Vi- wurden. Google bietet beispielsweise mit ‚YouTube deo-on-Demand und Mediatheken beziehungswei- Leanback‘ eine für den Fernsehkonsum auf Smart 3 4 se Catch-Up TV oder den Zusatzdienst HbbTV . TV optimierte YouTube-App an , die sich in Bezug auf die Bedienoberfläche deutlich von der Webver- Über Smart TV lassen sich private Inhalte wie Fotos sion unterscheidet. oder Videos von Festplattformen oder aus Cloud- Diensten nutzen. Den dritten großen Bereich der Ausgewählte Apps werden von den Anbietern der Smart TV-Portale vorinstalliert und sind bei der Inbe- triebnahme auf der Benutzeroberfläche bereits vor- 2 Die hohe Relevanz linearer Fernsehprogramme in der Nutzung von Smart TVs spiegelt sich auch in den Untersuchungsergebnissen wieder, handen. Alle anderen für die jeweiligen Portale ver- die im zweiten Teil dieser Studienpublikation zusammengefasst sind. fügbaren Apps sind über App Stores zu finden und 3 Hybrid broadcast broadband TV (HbbTV): Ähnlich dem Videotext zu nutzen. Aus der Sicht des Nutzers ist die Orien- werden zusätzliche Informationen des Programmanbieters angezeigt, tierung und Navigation in dem breiten Angebot ein wobei diese sowohl über das Fernsehsignal als auch über eine Inter- net-Verbindung bezogen werden. Über HbbTV werden umfassendere Möglichkeiten zur Informationsdarstellung und Navigation bereitge- 4 https://support.google.com/youtube/answer/3153576 stellt. 8
Der Smart TV-Markt | Akteure, Strategien, Geschäftsmodelle entscheidender Faktor. Die Navigation beeinflusst Smart TVs sind zudem als Teil einer geräteübergrei- die Auffindbarkeit von Smart TV-Inhalten erheblich. fenden Nutzung zu betrachten. Inhalte und Apps Vor allem die Tatsache, dass ein Smart TV-Angebot können vielfach über mehrere Geräte hinweg ge- nochmals mehr Nutzungsmöglichkeiten bietet als nutzt werden. Schaut man beispielsweise einen das heutige digitale, lineare Fernsehangebot ist für Film auf dem Smart TV, so kann dieser problemlos viele Nutzer herausfordernd. auf einem Tablet weitergeschaut werden. Als ‚Se- cond Screen‘ werden Smartphones oder Tablets Navigation und Steuerung des Smart TV erfolgt über spezielle Apps mit Inhalten auf Smart TVs ver- entweder über eine spezielle (Touchscreen-)Fernbe- bunden – wie beispielsweise sendungsbegleitende dienung oder über eine App auf einem Smartphone Apps für Abstimmungen oder Gewinnspiele. Der Se- oder Tablet-PC. Die technische Entwicklung schreitet cond Screen dient zusätzlich dem Austausch von Be- rasch voran. Erste Geräte sind mit einer Sprach- und wegtbild-Inhalten über soziale Medien. Dabei steht Gestensteuerung oder auch Gesichtserkennung eine Integration sozialer Netzwerke wie Facebook ausgestattet. oder Twitter oder spezielle Social TV-Sender wie beispielsweise Joiz, bei dem Sendungen über Chat, Die Navigation über interaktive Menü-Oberflächen Skype und Facebook von den Nutzern mitgestaltet besitzt weitere Kernfunktionen wie beispielswei- werden können, im Mittelpunkt. Diese konvergen- se festinstallierte Menü-Strukturen, elektronische te, geräteübergreifende Nutzung orientiert sich vor Programmführer, spezielle Suchmaschinen oder allem an den beiden Dimensionen Mobilität und Nutzerprofile mit Vorlieben, Sehgewohnheiten und Bildschirmgröße (Abb. 2). Diese beiden Dimensionen Empfehlungen. beeinflussen maßgeblich die Inhalte, Art und Situa- tion der Nutzung einzelner Geräte. Abb. 2 Smart TV als Teil des konvergenten Geräte Portfolios cm 101 Wearables Smartphones Tablets Netbooks | Laptops | Desktops Smart TV Bildschirmgröße Mobilität Durchmesser in Zoll 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 ... 30 ... 40 41 42 43 45 46 ... Quelle: Eigene Darstellung 9
Der Smart TV-Markt | Akteure, Strategien, Geschäftsmodelle Die „Durchlässigkeit“ im Sinne einer geräteübergrei- Prozent der Haushalte verfügen über ein vernetztes fenden Nutzung spielt in den Strategien und Takti- Smart TV – entweder als Fernseher oder als zusätzli- ken der verschiedenen Marktteilnehmer eine wich- ches Peripheriegerät. tige Rolle. Smart TVs bilden dabei eine „Abrundung“ des Marktes nach oben, wobei neuartige „Wearable Der auffällige Unterschied zwischen Besitz und Nut- Devices“ wie Smart Watches, bspw. die Samsung zung eines Smart TV-Fernsehgeräts ist der Tatsache Galaxy Gear oder Smart Glasses wie Google Glass geschuldet, dass Gerätehersteller Smart TVs massiv das Geräte-Portfolio „nach unten“ abrunden. Im in den Markt drücken und eine hohe Innovationsge- Wettbewerb geht es nicht mehr nur um eine ein- schwindigkeit halten. Die Preise sinken im Wettbe- zelne Geräteklasse. Die wichtigsten Wettbewerber werb signifikant und schnell. Smart TVs werden ger- zielen darauf ab, ganze Ökosysteme aufzubauen, ne vom Fachhandel empfohlen – mit Unterstützung bei denen das Gerät als „Zugangspunkt“ für die Nut- entsprechender Vertriebsprovisionen. Viele Käufer zung, den Konsum und die Interaktion verwendet eines Smart TV suchen dabei nicht gezielt nach ei- wird. Inhalte, aber auch Nutzerprofile, Kundendaten nem solchen Gerät. Sie kaufen gerne das „neueste“ und Bezahlbeziehungen werden auf einer geräteun- Gerät und diese sind eben oftmals Smart TVs. Dies- abhängigen abstrakten Ebene vorgehalten. Den bezüglich ist die Situation anders als bei Smartpho- Kern bilden dabei Smart TV-Software-Plattformen, nes oder Tablets. Hier wird der Kauf eines Geräts in die entweder direkt in ein Betriebssystem integriert einem viel größeren Maße durch eine aktive und sind oder oberhalb eines Betriebssystems positio- dezidierte Nachfrage nach der „smarten Funktiona- niert sind. (Abb.2) lität“ induziert. Verbreitung von Smart TVs Die Verfügbarkeit von Smart TVs im Haushalt ist Die Verfügbarkeit einer neuen Technologie bedeutet die Grundvoraussetzung für die Nutzung und da- nicht automatisch deren breite Adaption. Der Markt her ist das Potenzial vorhanden und nimmt weiter für Smart TV entwickelt sich langsam. Verschiede- zu. Zunächst ist das Gerät verfügbar und nach und ne Studien haben dies untersucht und kommen zu nach „entdecken“ viele Besitzer die neuen Möglich- ähnlichen Ergebnissen. Die Verbreitung von Smart keiten. Viel schwieriger wäre der umgekehrte Weg, TV-Geräten nimmt beständig zu, aber die Nutzung potenzielle Nutzer über Marketing und Kommuni- der Smart TV-Funktionen hinkt der Verbreitung kation auf neue Möglichkeiten hinzuweisen und deutlich hinterher. So konnte beispielsweise im Di- sie dadurch zum Kauf eines Smart TV zu bewegen. 5 gitalisierungsbericht 2013 der Medienanstalten Neue Fernsehgeräte werden deutlich seltener ange- nachgewiesen werden, dass rund 11 Prozent der schafft als ein neues Handy. Die so genannte ‚Repla- TV-Haushalte wissentlich ein Smart TV-Fernsehge- cement Rate‘ für Fernsehgeräte – also der Zyklus rät besitzen und von diesen nur rund 50 Prozent ihr für den Kauf eines neuen Geräts – ist weltweit von 6 Smart TV tatsächlich mit dem Internet verbunden 8,4 auf 6,9 Jahre gesunken . Deutschland liegt bei haben. Dazu kommen 4,5 Prozent TV-Haushalte, die einem Wert zwischen 5 und 6 Jahre. Smartphones ein vernetztes Peripherie-Gerät wie eine Set-Top- hingegen werden über subventionierte Mobilfunk- Box oder Spielekonsole mit Smart TV-Fähigkeiten verträge alle zwei bis drei Jahre ausgetauscht. Prog- nutzen. Mit anderen Worten: Nur etwas mehr als 10 nosen schätzen, dass durch die massive Präsenz von 5 http://www.die-medienanstalten.de/fileadmin/Download/Publikatio- nen/Digitalisierungsbericht/2013/Digitalisierungsbericht_2013.pdf 6 NPD DisplaySearch, Global TV Replacement Study, Mai 2012 10
Der Smart TV-Markt | Akteure, Strategien, Geschäftsmodelle Smart TVs im Fachhandel die Zahl der Haushalte mit produzieren und erfolgreich im Markt zu positionie- einem vernetzten Smart TV bis zum Jahr 2016 auf ren. Andere Wettbewerber wie Apple, Google oder 7 rund 17 bis 20 Millionen ansteigen wird – bei schät- Netzbetreiber wie die Deutsche Telekom und Uni- zungsweise 38 Millionen TV-Haushalten in Deutsch- tymedia versuchen über andere Wege in den Markt land wäre dies eine Verfügbarkeit von Smart TVs von vorzudringen – hauptsächlich über internetfähige etwa 50 Prozent. Bei einem Durchschnitt von zwei Set-Top-Boxen. Set-Top-Boxen setzen allerdings eine 8 Personen im Haushalt wären es somit rund 34 Milli- „bewusste“ Kaufentscheidung voraus, während onen potenzielle Smart TV-Nutzer hierzulande. Smart TVs als „Fernseher auf dem neuesten Stand“ verkauft werden. Funktionen des Smart TV sind durch die Abstrahie- rung von Software und Hardware auch über die Smart TV-Anbieter streben nach umfassender Anbindung von Zusatzgeräten nutzbar, welche in Kontrolle diesem Beitrag generell als Set-Top-Boxen subsum- Die grundsätzlichen Strategien der Smart TV-An- miert sind. Bei den Zusatzgeräten zeigt sich eine bieter ähneln sich. Alle Wettbewerber versuchen breite Vielfalt, dazu gehören die eigentlichen Set- Smart TV-Portale im Markt zu etablieren, mit denen Top-Boxen, internetfähige Blu-ray-Player oder inter- sie Kontrolle über die Kundenbeziehung, die Bezahl- netfähige Spielekonsolen. Im Falle der beiden letzte- beziehung, die Inhalte und Dienste sowie über das ren ist die Integration von Smart TV-Funktionen als Nutzerinterface auf die Navigation ausüben können Zusatznutzen zur eigentlichen Kernfunktion zu ver- – entweder integriert in das Gerät selbst oder über stehen. Das Angebot an Set-Top-Boxen ist wiederum ein Peripherie-Gerät. Die Hoheit über die Plattform breitgefächert. Es reicht von Produkten von Netzbe- ist das Kernelement der gesamten Wettbewerbs- treibern (wie Entertain der Deutschen Telekom oder und Marktstrategie. Die entscheidenden Elemen- Horizon von Unitymedia) über Gerätehersteller (z. te sind dabei die Kontrolle der Software-Plattform B. Apple TV) oder nativen Internetunternehmen (z. (oberhalb des Betriebssystems) und des Nutzerin- B. eine kolportierte Amazon TV-Box) bis zu Strea- terface (Abb. 1). Die Navigation auf der Benutzer- ming-Media-Playern (wie Google Chromecast), bei oberfläche und im Menü ist wesentlich für die ge- denen es sich zwar nicht um Set-Top-Boxen im ei- samte Nutzung und die Auffindbarkeit einzelner gentlichen Sinne handelt, die aber wichtige Funktio- Angebote und Programme. So haben beispielsweise nen von Smart TVs ebenfalls ermöglichen. vorinstallierte Apps einen entscheidenden Wettbe- werbsvorteil gegenüber Apps, die sich Nutzer aus Strukturen im Smart TV-Markt einem App Store herunterladen müssen. Sie sind Anders als im Markt für Smartphones und Tablets ist prominent platziert und oftmals nicht zu löschen – der Wettbewerb um Smart TVs deutlich intensiver. ein Prinzip, welches von den integrierten Apps auf Die Marktstrukturen bilden sich erst heraus. Domi- Smartphones und Tablets hinlänglich bekannt ist. niert wird der Markt derzeit von Geräteherstellern Über die Kontrolle der Software-Plattform besitzt wie Samsung oder LG. Nur sie verfügen bislang über der Anbieter die Kontrolle über die Kunden- und die Erfahrung, die Fähigkeiten und Produktionska- Bezahlbeziehung; hierüber lassen sich wiederum pazitäten neue Geräteklassen wettbewerbsfähig zu Geschäftsmodelle aufbauen und Erlöse generieren. Zudem ermöglicht die Kontrolle der Software-Platt- 7 Goldmedia 2013, Gartner 2012 form die Öffnung für externe Entwickler und deren Smart TV-Apps. 8 Bundeszentrale für politische Bildung, 2012 11
Der Smart TV-Markt | Akteure, Strategien, Geschäftsmodelle Ökosysteme durch proprietäre Standards dards im Markt zu etablieren. Standardisierungsbe- Die Kontrolle über die sich entwickelnden Ökosys- mühungen im Smart TV gehen allerdings auch von teme hat nicht nur Nachteile. Sie muss differenziert Seiten der Programmanbieter über den HbbTV-Stan- betrachtet werden. Die Vorteile liegen auf der Hand. dard aus. Derzeit kann nicht abschließend beurteilt Kontrolliert ein Hersteller sein Ökosystem, so beein- werden, welche Standards sich wie durchsetzen flusst und steuert er alle wesentliche Elemente rund werden. Vergleichbar zum Markt der Smartphones um seine Smart TV-Plattform. Die Nutzung wird und Tablets hängt viel vom wirtschaftlichen Erfolg nicht durch Brüche zwischen verschiedenen Unter- der einzelnen Akteure im Markt und deren Strategi- nehmen negativ beeinflusst. Für die Nutzer und ihr en ab. Nutzungserlebnis ist dies ein wichtiger Faktor. Die Marktdurchdringung kann durch Ökosystem-Stra- Akteure im Smart TV-Markt tegien beschleunigt und positiv beeinflusst werden. Die Situation im Smart TV-Markt wie in der gesam- Anbieter sind in der Lage verschiedene Elemente ei- ten Unterhaltungsindustrie ist in Bezug auf die Ak- nes Ökosystems quer zu finanzieren. Geräte können teure, deren Rollen und Strategien komplex. Es beste- preisgünstiger vermarktet werden und notwendige hen aufseiten der verschiedenen Marktteilnehmer Gewinne über andere Erlösquellen wie Provisionen einerseits sehr unterschiedliche Interessen, aber und Gebühren als Quersubventionierung erzielt andererseits starke Abhängigkeiten zwischen ihnen. werden. Die wichtigsten Akteure im Smart TV-Markt (Abb. 3) sind die verschiedenen Hersteller physischer Ge- Erfolgreiche Ökosysteme haben nachgewiesener- räte wie Fernsehgeräte, Set-Top-Boxen oder Strea- maßen einen erheblichen Einfluss auf die Stan- ming Media Player. Hinzukommen die Anbieter von 9 dardisierung in einem Marktsegment. Standards Smart TV-Software-Plattformen. Diese sind oft mit sichern Kontrolle und Einfluss auf künftige Entwick- den Geräteherstellern identisch. Es existieren aber lungsrichtungen. Aus einer Wettbewerbssicht ist auch unabhängige Plattformen, die mit kleineren sicherlich die kritische Frage zu prüfen, wie offen Geräteherstellern kooperieren. Weitere Akteure oder geschlossen die jeweiligen Ökosystem und ihre sind TV-Programmanbieter, Anbieter verschiedener Standardisierungsbemühungen sind. Im Bereich der Dienste und die vielen unabhängigen Entwickler Smart TVs ist der Kampf um die Standards in vollem von Apps, welche auf Smart TVs genutzt werden Gange. Einerseits verfolgen Anbieter wie Samsung können (Abb. 3). ihre eigene, geschlossene Ökosystem-Strategie mit den dazugehörigen Standardisierungskonzepten. Andererseits haben sich verschiedene kleinere Her- steller und Zulieferunternehmen in der ‚Smart TV 10 Alliance‘ zusammengeschlossen, um auf den ver- schiedenen technologischen Ebenen gültige Stan- 9 Eine bedeutende Standardisierungen über einen Ökosystem-Ansatz ist beispielsweise „Wintel“ (die enge Kooperation von Microsoft und Intel bei den PCs in den 1990er Jahren). Erste Versuche zur Bildung eines Ökosystems über eine Standardisierung mittels Receiver hatte bereits Kirch Media (Premiere) unternommen. 10 http://www.smarttv-alliance.org 12
Der Smart TV-Markt | Akteure, Strategien, Geschäftsmodelle Abb. 3 Überblick über wichtige Akteure im TV-Markt 1 | Geräte-Hersteller Navigation (Fernsehgeräte & Set-Top-Boxen) Smart TV-Portal (Apps) 3 2 | Entwickler Betriebssystem (Proprietär oder Open Source) 4 5 Private Inhalte 3 | Portal-Betreiber 6 4 | TV-Programmanbieter Lineares Fernsehen HbbTV Video-on-Demand Sonstige Dienste 5 | Dienste-Anbieter und Inhalte 6 | App- Entwickler Software-Plattform 3 Betriebssystem 2 Physische Hardware (Smart TV oder Set-Top-Box) 1 Quelle: Eigene Darstellung Hersteller von Fernsehgeräten & Set-Top-Boxen konsole Xbox mit einem hauseigenen Smart TV-Por- Der Markt für Smart TV in Deutschland wird derzeit tal ausrüstet, setzt Sony bei der Playstation auf eine von einigen wenigen Herstellern dominiert. Markt- einheitliche Smart TV-Lösung für Fernsehgeräte und führer ist der koreanische Konzern Samsung mit ei- Spielekonsolen. Nintendo positioniert mit Nintendo 11 nem Marktanteil von rund 40 Prozent , gefolgt von TVii wiederum eine eigene Smart TV-Lösung. LG Electronics mit rund 17 Prozent und Philips mit rund 10 Prozent. Während Samsung als marktdomi- Ein Vordringen von Google in die Herstellung von nierendes Unternehmen auf den Aufbau eines ge- Hardware erscheint derzeit unwahrscheinlich. Nach schlossenen Ökosystems setzt, haben LG Electronics der Akquisition von Motorola hat man den Ge- und Philips ihre Strategien grundlegend geändert. schäftsbereich Motorola Home, der Set-Top-Boxen Sie sind die treibenden Kräfte bei der Gründung der herstellt, an den Telekommunikationsausrüster Ar- ‚Smart TV Alliance‘, der auch Hersteller wie beispiels- ris Group verkauft. Zudem hat Google in den USA weise Toshiba und Panasonic beigetreten sind. Klei- mit ‚Nexus Q‘ bereits eine eigenentwickelte Set-Top- nere Hersteller setzen aus wirtschaftlichen Gründen Box auf den Markt gebracht, die sich als Fehlschlag auf sogenannte White Label-Lösungen, um ihre Ge- erwies. Google fokussiert sich derzeit im Bereich räte mit einem Smart TV-Portal ausstatten zu kön- der Hardware einzig auf den Streaming-Media-HD- nen. Anbieter von Set-Top-Boxen und Spielekonsolen MI-Stick ‚Chromecast‘, der als „technische Brücke“ gehen ähnliche Wege; entweder sie lizensieren eine zwischen den TV-Geräten und den Google-Diensten externe Smart TV-Portal-Lösung oder sie entwickeln fungiert und eine Reihe von Partnerdiensten an- eine eigene Lösung. Während Microsoft seine Spiele- bietet. 11 GfK Retail & Technology 2013 13
Der Smart TV-Markt | Akteure, Strategien, Geschäftsmodelle 13 Apple scheint die Entwicklungsrichtungen im Be- Januar 2013 einen Strategiewechsel angekündigt . reich der Smart TV und Set-Top-Boxen derzeit zu be- Samsung setzt nun auf die Entwicklung eines freien obachten. Mit Apple TV bietet man eine Set-Top-Box Betriebssystems namens Tizen. Tizen soll nicht nur an, die voll in das Apple-Ökosystem integriert ist und auf Smart TVs, sondern auch für Samsung Smart- viele interessante Funktionen bietet. Bis Mitte 2013 phones oder Tablets genutzt werden. Man verfolgt hat Apple rund 13 Millionen Apple TV-Boxen ausge- eine ähnliche Strategie wie Google mit Android als liefert, davon rund die Hälfte in 2012. Ob Apple auf ein semi-offenes Betriebssystem, welches durch absehbare Zeit ein eigenes Smart TV-Fernsehgerät die Überlassung von Patenten und Festlegung von auf den Markt bringen wird, bleibt offen. Lizenzbedingungen de facto kontrolliert werden kann. Vergleichbar der Open Handset Alliance für Neben der allgemeinen Marktentwicklung spielt die Entwicklung von Android hat Samsung die Tizen 14 hier sicherlich der Erfolg von Samsung mit dem Fo- Association ins Leben gerufen; hierüber sollen die kus auf das neue (eigene) Betriebssystem Tizen eine verschiedenen Partner die Entwicklung und Stan- wichtige Rolle. Die abwartende Haltung von Apple dardisierung vorantreiben. ist nachvollziehbar. Weltweit wurden bislang 100 bis 12 110 Millionen Smart TVs verkauft ; wohingegen bis Google reagiert auf den Vorstoß von Samsung und Ende 2013 mehr als eine Milliarde Smartphones ab- versucht sich mit Android immer stärker im Bereich gesetzt wurden. Ein Großteil der Apple-Geräte wird der Smart TVs zu positionieren. Die neue, grundle- zudem über Partnerschaften mit Mobilfunkunter- gend überarbeitete Version von Android namens 4.4 nehmen in den Markt gebracht. Dieser Ansatz eig- KitKat besitzt ein für Großbildfernseher angepasstes net sich für Smart TV tendenziell nicht. User Interface. Entwickler optimierter TV-Apps pro- fitieren von einer neuen Programmierumgebung. Entwickler von Betriebssystemen Zudem unterstützt Android 4.4 KitKat die Strea- In technischer Hinsicht spielen Betriebssysteme ming-Technologie Miracast, ein Peer-to-Peer-Funk- eine wichtige Rolle, aus Nutzersicht allerdings we- Screencast-Standard, der Bildschirminhalte des niger. Aufgrund der Marktanteile ist die Situation Smartphones auf diesen Standard unterstützen- bei den Betriebssystemen eine andere als bei den den Fernsehern anzeigen kann (Stichwort Second Smartphones – weder Apple mit iOS noch Google Screen-Integration). Auffälligstes Zeichen für ein zu- mit Android haben bislang eine herausragende Stel- nehmendes Augenmerk von Google auf die Smart lung bei Smart TVs. Die großen Hersteller entwickeln TVs ist die technische Integration entsprechender ihre eigenen Betriebssysteme oder nutzen Open Funktionalitäten in Android. Dies spiegelt sich auch Source-Betriebssysteme. So hat LG Electronics bei- in der Zusammenführung der wenig erfolgreichen spielsweise das Betriebssystem WebOS erworben. Smart TV-Plattform ‚Google TV‘ mit Android unter dem Namen ‚Android TV‘ wider. Marktführer Samsung verfolgte lange Zeit keine einheitliche Betriebssystem-Strategie; man setzte parallel auf das eigene Betriebssystem Bada, nutzt bei eigenen Geräten aber auch eine angepasste Version von Android. Samsung hat allerdings im 13 http://bgr.com/2013/01/03/samsung-tizen-phones-confirmed-280492 12 StrategyAnalytics, Global Smart TV Sales Forecast for 88 Countries: 2007 to 2017 14 http://www.tizenassociation.org 14
Der Smart TV-Markt | Akteure, Strategien, Geschäftsmodelle Entwickler von Smart TV-Portalen Kleinere Hersteller von Smart TV und Set-Top-Bo- Oberhalb der Betriebssysteme sitzen die eigentli- xen setzen vielmehr auf die Integration so genann- chen Smart TV-Portale. Die Funktionalität ist dabei ter ‚White Label Smart TV-Portal‘-Lösungen – von zwischen Betriebssystem und Smart TV-Software Anbietern wie NetRange oder Xstream. White La- geteilt. Grundsätzlich liegen alle Basisfunktionen bel-Anbieter stellen Herstellern Smart TV-Portale auf der Ebene des Betriebssystems und alle speziel- entweder gegen eine Lizenz oder gegen eine Um- len Funktionen des Smart TV auf der Smart TV-Soft- satzbeteiligung zur Verfügung. NetRange beispiels- ware-Ebene, wobei die Grenzen hier von Hersteller weise geht mit seinem Konzept relativ weit, indem zu Hersteller sehr unterschiedlich sind. Marktführer man versucht, Inhalte für das eigene Smart TV-Por- Samsung setzt bei seiner Smart TV-Plattform künf- tal mit Partnern zu entwickeln oder sogar exklusiv tig auf eine enge Integration mit Tizen und installiert zu lizensieren. ein geschlossenes System ausschließlich für seine Geräte, welches um einen eigenen App Store ‚Sam- Anbieter von TV-Programmen 15 sung Apps‘ und eine Entwicklerplattform ergänzt Trotz aller Möglichkeiten der Interaktivität ist das wird. Andere Hersteller können diese Smart TV-Platt- lineare Fernsehprogramm nach wie vor und wahr- form – bislang – nicht zur Nutzung lizensieren. scheinlich auch auf absehbare Zeit die wichtigste Nutzungsart eines Smart TV. Im Vergleich zu her- Vor allem kleinere Fernsehhersteller und Hersteller kömmlichen Fernsehgeräten spielen Smart TV ihre von Set-Top-Boxen verfügen nur sehr eingeschränkt Stärke bei zusätzlichen Funktionalitäten rund um über die notwendigen finanziellen Mittel für die In- das lineare TV-Programm aus. Etliche Smart TV-Ge- vestitionen in eigene Smart TV-Portale. Zudem sind räte verfügen über Funktionen wie eine Aufnahme- proprietäre Portale kleinerer Hersteller für Entwick- funktion für Sendungen, Stoppen von Sendungen ler von Apps nicht interessant genug, da Program- oder das Überspringen von Werbung (Ad Skipping); mieraufwand und Umsatzpotenziale in einem un- zudem unterstützen sie Zuschauer mit elektroni- günstigen Verhältnis stehen. Google hat versucht, schen Programmführern (EPG). Obwohl das linea- mit seiner Smart TV-Plattform ‚Google TV‘ genau re Fernsehprogramm die Hauptnutzung darstellt, an diesem Punkt anzusetzen. Google stellte Her- haben die Programmveranstalter in den heutigen stellern wie Vizio, Asus, Hisense oder TCL die Google Ökosystemen auf den ersten Blick eine nachgela- TV-Plattform kostenlos zur Verfügung. Im Gegenzug gerte Position. Die Zusatzfunktionen stammen von machten die Hersteller umfassende Zugeständnisse Smart TV-Herstellern, sind geräteimmanent und in Bezug auf die Navigation, Benutzerführung, vor- durch Programmanbieter nicht direkt beeinflussbar. installierte Apps (YouTube, Google Suche, etc.), Aus- Smart TV ist dennoch für Programmanbieter interes- wertung des Nutzungsverhaltens und die Hoheit sant, da Nutzer durch die digitale Verbreitung bezie- über die Kunden- und Bezahlbeziehung für Inhalte hungsweise den digitalen Empfang der Programme und Apps. Bislang konnte sich Google mit diesem einen viel breiteren Zugang zu Nischenprogrammen Ansatz nicht durchsetzen und revidierte die Strate- und Special-Interest-Angeboten bekommen. gie zugunsten von ‚Android TV‘ und somit der Integ- ration von Smart TV-Funktionalitäten auf der Ebene des Betriebssystems. 15 http://www.samsung.com/us/appstore 15
Der Smart TV-Markt | Akteure, Strategien, Geschäftsmodelle HbbTV in Konkurrenz zu Smart TV-Portalen lern unterschiedlich. Wenige Hardware-Hersteller Das eigentliche Potenzial besteht für Programman- positionieren ihren eigenen VoD-Dienst auf ihrer bieter in HbbTV-Diensten. HbbTV – auch als „Video- Plattform. Das Gros der Hersteller schließt hinge- text 2.0“ bezeichnet – eröffnet für TV-Programman- gen exklusive Partnerschaften für die prominente bieter auf dem Smart TV interessante Möglichkeiten. Vorinstallation einzelner Dienste, verbundenen mit Über die Verknüpfung mit dem linearen TV-Pro- Zahlungsströmen – entweder eine Provisionen pro gramm kann der Nutzer sowohl zu Zusatzdiensten verkauftem Gerät oder Umsatzbeteiligungen. Kon- als auch zu neuen Anwendungen geführt werden. kurrierende VoD-Dienste sind jeweils nur in den So bietet beispielsweise die ProSiebenSat.1 Media jeweiligen App Stores verfügbar. Abgerundet wird AG über HbbTV kostenlose Video-Clips zu vielen das Angebot durch kostenlose Mediatheken sowie Sendungen an. Darüber hinaus bieten Programme durch kostenlose Video-Portale wie Vimeo oder You- wie ProSieben, Sat.1 und kabel Eins auch HbbTV-Ap- Tube, wo man einzelne Videos oder auch sogenann- plikationen mit einem elektronischen Programm- te Channels anschauen kann. Die breite Auswahl an führer, der Vorschau-Trailer zu den Primetime-High- VoD-Diensten soll primär das Smart TV-Angebot at- lights enthält, sowie einen HD-Text für jedes der traktiv machen und Nutzung induzieren. Programmangebote an. Zusätzlich werden über das HbbTV-Portal speziell auf Sendungen zugeschnit- Der Aufbau eines erfolgreichen VoD-Angebots ist tene Anwendungen, Wettervorhersagen, Geschick- eine Herausforderung. Einen direkten Umsatz aus lichkeitsspiele oder auch eine kundenindividuelle diesen Diensten zu erzielen, steht für Smart TV-An- Werbeintegration angeboten. Die Entwicklung geht bieter wie Samsung hierbei weniger im Mittelpunkt. allerdings noch weiter. Mit speziellen HbbTV-Brow- Allerdings kann sich dies künftig ändern. Wenn sern soll es künftig möglich sein, die volle Bandbrei- Smart TVs breit im Markt etabliert sind und Dienste te des Internets am Fernsehbildschirm über HbbTV wie VoD auch stärker genutzt werden, könnten die auszunutzen und über spezielle App Stores auch Plattform-Betreiber deutlicher als bisher eine Um- „HbbTV-Apps“ zu nutzen. Der Zahlungsdienstleister satzbeteiligung einfordern. Hersteller von Set-Top- PayPal hat bereits ein eigenes In-Device-Payment Boxen gehen in Bezug auf VoD einen anderen Weg System für HbbTV entwickelt. Es ermöglicht das und setzen auf eigene Videoangebote. So verfügen Bezahlen kostenpflichtiger digitaler Inhalte direkt beispielsweise Horizon von Unitymedia, Apple mit per Fernbedienung. Interessanterweise existieren Apple TV oder Entertain der Deutschen Telekom – die Smart TV-Portale der Gerätehersteller und die mit dem eigenen Produkt ,Videoload’ – über eine HbbTV-Portale der Programmanbieter parallel auf eigene Online-Videothek und lassen konkurrierende einem Gerät und in einem direkten Wettbewerb Produkte auf ihren Portalen nicht oder nur einge- zueinander. Die entscheidende strategische Frage- schränkt zu. stellung ist: Wer erringt durch die Gunst der Nutzer künftig die Portalhoheit auf dem Fernseher? Verschiedene Smart TV-Hersteller bieten in ihren Angeboten die Integration privater Inhalte wie Fotos Anbieter von Diensten oder Videos an. Hier sind drei Ansätze erkennbar. Ers- Neben dem linearen Fernsehen ist Video-on-De- tens: Anbieter nutzen eigene Dienste wie Apple mit mand (VoD) die zweitwichtigste Anwendung auf einer engen Integration der iCloud in Apple TV. Zwei- dem Smart TV. Die Integration von VoD in Smart TVs tens: Anbieter kooperieren eng mit Cloud – Speicher- gestaltet sich bei den verschiedenen Geräteherstel- diensten wie beispielsweise Samsung mit Dropbox 16
Der Smart TV-Markt | Akteure, Strategien, Geschäftsmodelle 17 über eine tiefe Verankerung direkt in der Plattform. Entwickler von Apps Drittens: Private Speicherdienste sind als Apps über Anders als bei Smartphones oder Tablets besitzt die App Stores nutzbar. die Nutzung von Apps auf dem Smart TV bislang eine untergeordnete Bedeutung. Die Nutzung wird Interessante Potenziale werden für das Online-Ga- durch das lineare Fernsehen und VoD dominiert. In ming als Smart TV-Dienst gesehen. Immer mehr Ranglisten der Smart TV-App Stores liegen meist ein- Spielekonsolen-Anbieter ergänzen ihr Angebot um fache und vor allem kostenlose Online-Spiele vorne. Smart TV-Portale. Smart TV-Hersteller verfolgen eine Der Umsatz mit kostenpflichtigen Smart TV-Apps entgegengesetzte Strategie und dringen ihrerseits scheint den Erwartungen der Portal-Betreiber nicht in das Segment der Online-Spiele vor. Hierbei geht zu entsprechen. Eine Indikation ist eine Anpassung es nicht nur um einfache Browsergames. Spiele auf des Modells der Umsatzbeteiligung beim Marktfüh- der Qualitätsstufe von Spielekonsolen sollen über rer Samsung. Bislang setzte man auf das von Apple Smart TV gespielt werden können. Hierzu müssen etablierte Modell: eine Umsatzbeteiligung von 30 die entsprechenden Smart TVs mit einer leistungs- Prozent für den Store-Betreiber und 70 Prozent für fähigen Hardware ausgestattet sein. Vorreiter in den App-Entwickler. Im Februar 2013 führte Sam- dieser Strategie ist Samsung. Mitte 2012 startete sung ein neues, gestaffeltes Umsatzmodell namens das Unternehmen in einer Partnerschaft mit Gai- ,100 Percent Indie’ ein. Unabhängige App-Entwick- kai mit dem ,Samsung Cloud Gaming’ ein Angebot ler erhalten dabei in den ersten sechs Monaten 100 für Spiele auf Konsolen-Niveau. Die Idee hinter dem Prozent vom Umsatz, für weitere sechs Monate eine Angebot ist, Spiele ohne einen Download direkt aus Umsatzbeteiligung von 90 Prozent, im zweiten Jahr der Cloud heraus spielen zu können. Bei einer guten von 80 Prozent und ab dem dritten Jahr von 70 Pro- Internetverbindung soll es keinen wahrnehmbaren zent. Dieses Programm betrifft allerdings nicht nur Qualitätsunterschied zu Konsolen geben. Der Erfolg die Apps im ‚Samsung Smart Hub‘, sondern gilt auch mit Gaming hängt jedoch stark vom Angebot an für ‚Samsung Apps‘ für Smartphones und Tablets. Spielen ab. Die großen Konsolenhersteller verfügen Derzeit scheint die Entwicklung für Smartphones über eigene Spielestudios oder haben strategische und Tablets für unabhängige Entwickler interessan- Partnerschaften mit unabhängigen Studios, um ter und lukrativer zu sein als für Smart TV. Dies dürfte Spiele exklusiv für die jeweilige Konsole entwickeln zum einen an der signifikant geringeren Verbreitung zu können. Das bislang erfolgreichste Konsolenspiel von Smart TVs liegen und zum anderen an einer ge- ‚Grand Theft Auto 5‘ hat am ersten Verkaufswochen- ringeren Nutzungs- und Zahlungsbereitschaft, ob- ende mehr als eine Milliarde US-Dollar umgesetzt – wohl die Datenlage aus wissenschaftlichen Studien 16 deutlich mehr als jeder Kinofilm . GTA 5 ist derzeit und Untersuchungen hierzu dürftig ist. allerdings ausschließlich für die Xbox und Playstati- on verfügbar und auf keinem Smart TV-Portal nutz- bar. 17 Als ‚Entwickler von Apps‘ sollen vor allem kleine Unternehmen und un- abhängige Entwickler von Apps verstanden werden. Zwar entwickeln auch große Unternehmen wie beispielsweise Fernsehkonzerne ihre Apps, diese sind aber oftmals Teil einer umfassenderen Angebotsstra- 16 http://www.golem.de/news/take-2-fast-29-millionen-exempla- tegie und daher mit den Bedürfnissen und Anforderungen unabhängi- re-von-gta-5-ausgeliefert-1310-102437.html ger App-Entwickler nicht vergleichbar. 17
Der Smart TV-Markt | Akteure, Strategien, Geschäftsmodelle Vielfältige Erlösquellen Grundsätzlich erkennt man im Markt für Smart Der Smart TV-Markt ist noch in einer frühen Ent- TVs direkte Erlöse und indirekte Erlöse. Die direkten wicklungsphase. Die verschiedenen Akteure arbei- Erlöse gruppieren sich hauptsächlich um den Ver- ten intensiv an ihrer Wettbewerbspositionierung, kauf von Smart TV-Geräten und Smart TV-fähigen dem Kampf um Marktanteile und der Erschließung Set-Top-Boxen. Indirekte Erlöse entstehen durch der unterschiedlichsten Erlösquellen. Bislang sind Provisionen für den Verkauf von Apps, Vergabe von alle erkennbaren Erlösmodelle im Smart TV-Umfeld Lizenzen oder Provisionen für sonstige Transaktions- bereits aus der Unterhaltungselektronik und Me- erlöse. In der Realität wird mit einer ganzen Reihe dienindustrie bekannt. Die Umsetzung erfolgt in von Erlösquellen experimentiert und einige Akteure diesem Segment jedoch nicht Eins-zu-Eins. So sind im Markt verlassen sich nicht nur auf eine, sondern beispielsweise die Erlöse aus dem Verkauf kosten- versuchen, unterschiedliche Erlösquellen als hybri- pflichtiger Apps, die in der Welt der Smartphones des Modell für sich zu erschließen. (Abb. 4) und Tablets gut funktionieren, nicht ohne weiteres in die Welt der Smart TVs übertragbar. Abb. 4 Überblick über Akteure und ihre Erlösquellen Akteure Erlösquelle Geräteverkauf Paid Contend Werbung Umsätze aus Apps* Gerätehersteller (Smart TV) Gerätehersteller (Set-Top-Boxen) Entwickler Betriebssystem Betreiber Smart TV-Portale Anbieter TV-Programme Anbieter Dienste Unabhängige App Entwickler * dazu zählen auch: Provisionen aus Payments, E-Commerce oder In-App Advertising Ausprägung keine schwach mittel stark dominant Quelle: Eigene Darstellung, qualitative Bewertung 18
Der Smart TV-Markt | Akteure, Strategien, Geschäftsmodelle Geräteverkauf einzelnen Geräten, sondern auf den ‚Customer Value‘ Für die Hardware-Hersteller ist auch im Smart- über einen längeren Zeitraum. TV-Markt die wichtigste Erlösquelle nach wie vor der Umsatz aus dem direkten Geräteverkauf. Allerdings Paid Content ist der Wettbewerbsdruck vor allem bei Flachbild- Die VoD-Anbieter profitieren im Bereich Paid Content schirmen mit Smart TV-Funktionen enorm hoch. Die derzeit am meisten vom Umsatzanstieg durch Smart wichtigsten Hersteller kämpfen verbissen um Markt- TVs. Laut einer Studie von PricewaterhouseCoopers anteile. Dieser Wettbewerb wird einerseits über den (PwC) soll der Umsatz durch den Verleih und Verkauf Preis ausgetragen und führt zu geringen Margen. An- von digitalen Videoinhalten bis zum Jahr 2017 auf dererseits setzen vor allem dominierende Hersteller 511 Millionen Euro steigen. Für 2013 wurde ein Um- wie Samsung auf ein sehr hohes Innovationstempo, satz von 175 Millionen Euro erwartet. Im Vergleich welches einen schnellen Preisverfall für Smart TV-Ge- zu heute kommt dabei dem Smart TV eine immer räte zur Folge hat. Kleinere und mittelgroße Hersteller größere Bedeutung zu. So soll 2017 mehr als jeder zollen dieser aggressiven Strategie Tribut. Sie werden Dritte VoD-Abruf direkt über ein Smart TV getätigt 18 insolvent oder setzen auf extern zugelieferte Smart werden . Allerdings ist der Markt für Video auf Abruf TV-Portale, die aber wiederum Marge zugunsten der hart umkämpft. Die Herausforderung der meisten Anbieter wegnehmen. VoD-Anbieter liegt in einer mangelnden Exklusivität und der einfachen Möglichkeit eines Preisvergleichs. Auch bei den Smart TV-fähigen Set-Top-Boxen, egal Filmstudios und Produzenten lizenzieren ihre Vi- ob als originäre oder als Boxen mit Smart TV als Zu- deo-Inhalte meist an mehrere VoD-Anbieter parallel, satzfunktion, ist der Wettbewerbs- und Preisdruck so dass das Angebot austauschbar wird. Verschiede- enorm. Smarte Set-Top-Boxen werden derzeit für ne Anbieter haben oftmals die gleichen Filme und Se- unter 100 Euro angeboten; Streaming Media-Sticks rien im Portfolio. Verfügt ein Anbieter über exklusive wie Google Chromecast für deutlich unter 50 Euro. und zugleich populäre Inhalte, so werden diese in der Im Fall von Apple (Apple TV) oder Google setzen die Kundengewinnung prominent hervorgehoben. Hersteller ihre Hoffnung weniger auf Gewinn aus dem Geräteverkauf als vielmehr auf Umsätze über di- Insbesondere Amazon verfolgt mit Amazon Instant gitale Inhalte. Sollte Amazon – wie gemutmaßt – eine Video (in den USA) und LoveFilm (in Europa) eine ag- Smart TV-Box als Teil der Kindle-Familie auf den Markt gressive Exklusivitätsstrategie – vor allem für Block- bringen, dürfte sich der Wettbewerbs- und Preisdruck buster und populäre Serien. Über Lizenzverträge ver- nochmals weiter verschärfen. Bereits heute setzt sucht man sich gegen hohe Garantiezahlungen eine Amazon mit dem Kindle Fire auf ein sehr günstiges, umfassende oder zumeist temporäre Exklusivität im aber gut ausgestattetes Gerät, welches über die Ver- Angebot zu sichern, um diese dann wiederum mit käufe digitaler Inhalte und Dienste Gewinne erzielen hohem Marketingaufwand im Wettbewerb zu posi- soll. Eine Set-Top-Box könnte für Kindle Fire-Nutzer tionieren. Sowohl die Austauschbarkeit im Angebot als Zusatzangebot kostenlos oder extrem günstig wie auch im Preis, aggressive Angebote als Flatrates angeboten werden. Auch eine kostenlose oder sehr für 6,99 Euro oder 7,99 Euro pro Monat, als auch die günstige Abgabe einer Set-Top-Box für Neukunden Exklusivitätsstrategie beeinflussen die Entwicklung des Kundenbindungsprogramms ‚Amazon Prime‘ von VoD-Produkten auf Smart TVs erheblich. wird immer wieder kolportiert. Amazon konzentriert sich in seinen Strategien nicht auf den Gewinn mit 18 PwC-Studie: Studie „Smart-TV: Mehrwert für den Konsumenten, mehr Umsatz für die Medienbranche“, November 2013 19
Der Smart TV-Markt | Akteure, Strategien, Geschäftsmodelle Werbung oder von Sonderwerbeformen bei Videos. Herstel- Werbung ist nach Paid-Content die zweitwichtigste ler experimentieren mit Werbeformen, die über Erlösquelle in Bezug auf das Angebot von Inhalten das normale TV-Programm eingeblendet werden, direkt über Smart TVs. Zunächst sind hier die Wer- sogenannte ,Overlay Ads’. Panasonic beispielsweise beerlöse der TV-Programmanbieter zu nennen, die testet eine Werbeform namens ‚Power Up Ad‘, die durch die Verbreitung der Programme über Smart unterhalb des eigentlichen TV-Programms – aber TV erzielt werden. Diese Erlöse können jedoch nicht immer noch im Fernsehbild – eingeblendet wird. als originäre Smart TV-Umsätze betrachtet werden. Der Test umfasst sowohl die Akzeptanz bei Zuschau- ern und Werbetreibenden als auch Technologie, die Smart TV selbst eröffnet neue Möglichkeiten der die Inhalte des laufenden Programms erkennt und Werbevermarktung. Die Nutzung von HbbTV-An- passende Werbung einblendet. Durch diese Art 21 geboten und die Nutzung von Smart TV-Portalen von Werbung geht ein Teil der Kontrolle über Ein- bieten einen neuen, zusätzlichen Raum für Wer- spielung von Werbung von den TV-Programmver- bung. Die derzeit vorherrschende Werbeform ist anstaltern auf die Smart TV-Portalbetreiber über. Banner-Werbung in den jeweiligen Portalen, hier Programmanbieter betrachten dies als wirtschaft- sind auch interaktive Werbeformate möglich. Auch liches Risiko für ihr Geschäftsmodell, da Umsätze in den Inhalten kann direkt und personalisiert ge- zum Smart TV-Portal-Betreiber verlagert und das worben werden. Hier kommen die Werbeformen feinabgestimmte Konzept einzelner Werbeblöcke Pre-Roll oder Splitscreen zum Einsatz. Die heutigen untergraben würde. Fernsehvermarkter konzentrieren sich vornehmlich auf die Möglichkeiten von HbbTV, während Smart Umsätze App-Verkäufe und App-Nutzung TV-Portale (meist die Gerätehersteller) die Vermark- Während sich der Markt und die Umsätze aus Apps tung an externe Vermarktungsdienstleister über- für Smartphones und Tablets in den letzten Jahren geben haben. Im Falle von Samsung hat das Unter- dynamisch entwickelt haben, hinken die direkten Er- 19 nehmen selbst den ‚Samsung AdHub‘ gegründet, löse aus den Apps für Smart TV – mit Ausnahme von über den Werbung für Smart TV, aber auch Mobile VoD-Apps – deutlich hinterher. Dies hat verschiede- und Tablet Ads gebucht werden kann. Der Samsung ne Gründe. Smart TVs sind nicht so weit verbreitet 20 AdHub basiert auf der OpenX-Plattform und wird wie Smartphones oder Tablets. Die Auswahl an Apps über eine strategische Partnerschaft mit dem Wer- für Smart TV ist derzeit vergleichsweise gering. Au- bevermarkter Smartclip abgewickelt. Smartclip wie- ßerdem scheint die Zahlungsbereitschaft für kos- derum besitzt ähnliche Vereinbarungen mit ande- tenpflichtige Apps auf dem Smart TV deutlich ge- ren Smart TV-Herstellern wie beispielsweise Philips ringer ausgeprägt zu sein als im mobilen Segment oder LG Electronics. Werbetreibende können daher – allerdings existieren zu diesem Aspekt faktisch Werbung über verschiedene Smart TV-Portale hin- keine belastbaren Studien. weg buchen. Anbieter setzen derzeit auf indirekte Umsätze über Werbung im Smart TV zielt nicht nur auf die Ver- Smart TV-Apps. Zunächst steht wie auch im mobi- marktung von Werbeflächen im Smart TV-Portal len Segment In-App-Werbung im Mittelpunkt. Die Vermarktung von Werbung in Apps erfolgt weitest- 19 http://www.samsungadhub.com 20 http://openx.com 21 Rechtliche Aspekte werden im Rahmen dieses Beitrags nicht erörtert. 20
Der Smart TV-Markt | Akteure, Strategien, Geschäftsmodelle gehend analog zur Werbevermarktung auf Smart bestimmen, ist offen. Smart TV-Hersteller versuchen TV-Portalen. Anbieter wie Smartclip bieten hier ent- ihre Position über die Kontrolle der Hardware- und sprechende Produkte und Buchungsmöglichkeiten Software-Ebene zu erreichen. Programmanbieter an. Diese unterscheiden sich im Prinzip nicht von der über die Nutzung ihrer linearen TV-Programme, der In-App-Werbung im mobilen Bereich. HbbTV-Angebote sowie VoD-Angebote (Abb. 5). Interessantes Potenzial als Erlösquelle bei den Smart Der Smart TV-Markt steht als junger Markt am Be- TV-Apps wird der Monetisierung des Second Screen ginn seiner Entwicklung. Im Wettbewerb rund um zugesprochen. Umsätze werden vor allem in sen- das Smart TV steht die Gewinnmaximierung der- dungsbegleitenden Apps auf Smartphones und zeit nicht an oberster Stelle. Die strategischen Ziele Tablets generiert, die in das Nutzungserlebnis einer sind vielmehr auf die Durchsetzung von Standards, Sendung eingebunden sind. Programmveranstalter die beste Wettbewerbspositionierung und die Ma- experimentieren mit der Einbeziehung der Nutzer ximierung von Marktanteilen ausgerichtet. Hohe vor allem durch Votings und Kommentare. Aufbau- Marktanteile bedeuten, einen großen Einfluss auf end auf dieser Interaktion sollen verschiedene Pro- die Standards und Marktentwicklungen zu haben. dukte und Dienste angeboten werden. Einerseits Daher stehen bei den wichtigsten Akteuren so ge- die begleitende Einblendung von Werbung auf dem nannte Gatekeeper-Strategien im Mittelpunkt. Second Screen. Andererseits E-Commerce-Angebote wie beispielsweise Kleidung, die ein Prominenter ge- Betrachtet man den Markt für Smartphones und rade trägt oder Musik, die in der Sendung läuft. Die- Tablets, so herrschen dort derzeit de facto oligopole se Konzepte stehen allerdings noch ganz am Anfang Strukturen vor. Wenige Unternehmen dominieren und die Umsätze sind überschaubar. den Markt. Das „Apple-Ökosystem“ und das „Goo- gle/Android-Ökosystem“ kämpfen – mit sehr un- Fazit: Gatekeeper-Strategien stehen im terschiedlichen Strategien – um die Vorherrschaft. Vordergrund Die Marktstrukturen im Smart TV sind andere. Hier Die dominierenden Akteure im Smart TV-Markt konnte sich Samsung zwar bereits eine dominieren- sind die Gerätehersteller mit ihren eigenen Smart de Stellung erarbeiten. Allerdings kann davon aus- TV-Portalen sowie die Programmanbieter, die über gegangen werden, dass auf absehbare Zeit die in der das lineare Fernsehen, VoD und HbbTV in den Markt Smart TV Alliance kooperierenden Unternehmen so- drängen. In diesen Bereichen liegen die Hauptwett- wie die Hersteller von Set-Top-Boxen und Spielekon- bewerbsfelder (Abb. 5) im Kampf um Standards, Kun- solen ein Gegengewicht bilden können. Die künftige den und Marktanteile. Im Wesentlichen geht es um Position von Konzernen wie Google oder Apple ist die Frage, wer letztendlich die direkte Kunden- und derzeit schwer zu prognostizieren. Die Programm- Bezahlbeziehung zu den Endnutzern bekommen anbieter mit ihren Bemühungen zur Etablierung kann und wird. Diese Beziehung ist die wesentliche von HbbTV und mit ihrem Einfluss auf die attrakti- Grundlage für eine umfassende Kontrolle über den ven Inhalte haben ebenfalls erheblichen Einfluss auf Aufbau und die Weiterentwicklung von Erlösquel- die Entwicklungen im Smart TV-Markt. Ausgehend len. Der Navigationsebene kommt durch die hier von ihren Kernsegmenten stoßen die verschiedenen definierte Auffindbarkeit von Diensten und Inhalten Akteure in die verschiedenen Segmete des Marktes eine wichtige Bedeutung zu. Die Frage, ob Smart vor. So treten beispielsweise Gerätehersteller als TV-Portale oder HbbTV-Portale die künftige Nutzung Werbevermarkter auf. 21
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