Wie smart ist die Konvergenz? - Markt und Nutzung von Connected TV

Die Seite wird erstellt Stefan Hartmann
 
WEITER LESEN
Wie smart ist die Konvergenz? - Markt und Nutzung von Connected TV
Wie smart
ist die Konvergenz?
Markt und Nutzung von Connected TV

          Favorite   Channel            Source          Browser      Video

          Next       Manager            Share           Musik        Photo

                               Logout            Edit      Sorting   Setting
Wie smart ist die Konvergenz? - Markt und Nutzung von Connected TV
Impressum

Herausgeber
die medienanstalten – ALM GbR
Friedrichstraße 60
10117 Berlin
Tel: +49 30 206 46 90 0
Fax: +49 30 206 46 90 99
E-Mail: digitalisierung@die-medienanstalten.de
Website: www.die-medienanstalten.de

Verantwortlich
Dr. Hans Hege
Andreas Hamann

Redaktion
Dr. Kristian Kunow

Lektorat
Lisa Keimburg

Copyright © 2013 by
die medienanstalten – ALM GbR

Gestaltung
Buero Herold, Berlin

Stand: Januar 2014
Wie smart ist die Konvergenz? - Markt und Nutzung von Connected TV
Vorwort

                           Dr. Hans Hege
                           Mitglied der Direktorenkonferenz
                           der Landesmedienanstalten (DLM)
                           und des Fachausschusses Netze,
                           Technik, Konvergenz der Medien-
                           anstalten.

Kaum ein Begriff hält die Fernsehwelt derzeit so in           Die vorliegende Studie knüpft daran an. Im Herbst
Atem wie Connected TV. Die konvergierende Medien-             vergangenen Jahres haben Michael Wörmann und
und Netzwelt trifft sich auf dem Fernseher in den             sein Team von Facit Digital im Auftrag der Medien-
Wohnzimmern und die Geräteindustrie hat längst                anstalten „early adopter“ vernetzter Fernsehgeräte
die nächste Revolution ausgerufen. Nach Smartpho-             in ihren Wohnzimmern besucht und systematisch
nes und Tablets sollen nun die Smart TVs ungeahnte            deren Nutzungsverhalten beobachtet. Parallel dazu
neue Möglichkeiten eröffnen und aus dem Fernseh-              hat Dr. Ralf Kaumanns für die Medienanstalten den
zuschauer auf dem Sofa den Nutzer einer Vielzahl              sich entwickelnden Smart TV-Markt analysiert, die
von Diensten und Medienangeboten machen.                      wesentlichen Akteure, Geschäftsmodelle und Stra-
                                                              tegien identifiziert und gegenüber gestellt.
Doch wie smart ist die Konvergenz in den Wohnzim-
mern wirklich? Neue Möglichkeiten bringen oftmals             Beide Beiträge zur Gesamtstudie repräsentieren
auch Risiken mit sich. Als Medienanstalten begrü-             zwei Seiten derselben Medaille. Sowohl die Strate-
ßen wir die Chance, die Vielfalt des Internets auch           gien der Akteure, als auch das konkrete Nutzungs-
auf den großen Bildschirm zu bringen. Jedoch nicht,           verhalten werden entscheidenden Einfluss darauf
ohne auch die Herausforderungen im Auge zu be-                nehmen, wie sich der Smart TV-Markt entwickelt.
halten, die eine solche Entwicklung mit sich bringen
kann. In der digitalen Vielfalt ist die Aufmerksamkeit        Im Bereich der Smartphones hat sich zuletzt eine ra-
des Nutzers für einen Dienst oder Inhalt das knappe           sante Marktentwicklung gezeigt - und auch, dass die
Gut. Neue Gatekeeper können entstehen, die nicht              Sorge um die sich formierende Macht einzelner Ga-
länger zwingend das Netz, sondern vielmehr die Be-            tekeeper nicht unbegründet ist. Auf Smartphones
nutzeroberfläche kontrollieren. Sie entscheiden dar-          führt kein Weg mehr an Apple und Google vorbei
über, welcher Dienst präsent ist und welcher Inhalt           – weder für die Dienste- und Inhalteanbieter, noch
vom Nutzer gefunden wird.                                     für die Nutzer. Es bleibt abzuwarten, ob der Smart
                                                              TV-Markt den gleichen Pfad beschreitet und sich die
Vor fünf Jahren gaben die Medienanstalten eine Stu-           Hersteller bzw. Betreiber der integrierten Portale zu
die heraus, die den Markt und die Nutzung elektro-            neuen mächtigen Gatekeepern mit eigenen Interes-
nischer Programmführer untersuchte, wohlwissend,              sen aufschwingen, oder ob Dienste- und Inhaltean-
dass die Nutzung von EPGs damals noch nicht sehr              bietern zukünftig eine Vielzahl neuer Möglichkeiten
weit verbreitet war. Die zukünftige Bedeutung der             ohne Einschränkung offen stehen werden.
EPGs war jedoch bereits absehbar und heute prägen
diese den Fernsehalltag vieler Zuschauer.

3
Wie smart ist die Konvergenz? - Markt und Nutzung von Connected TV
Noch nehmen sich die Zahlen im Vergleich zum
Smartphone-Markt etwas bescheidener aus, aber
das Potential ist groß. Es stehen bereits eine ganze
Menge internetfähiger Fernseher in den Wohnzim-
mern – Tendenz stark steigend. Die Nutzung dieses
großen Potentials beschränkt sich zwar derzeit auf
10 Prozent der deutschen Haushalte, der Trend zeigt
jedoch auch hier eindeutig nach oben. Die meisten
Besitzer eines potentiell smarten Fernsehers haben
diesen noch nicht mit dem Internet verbunden. Vie-
le sind sich vermutlich dieser Möglichkeit noch nicht
bewusst, geschweige denn, dass sie sich aufgrund
der smarten Funktionalitäten für das Modell eines
bestimmten Herstellers entschieden haben.

Die interessierten Marktakteure werden entspre-
chend weiter daran arbeiten, dass die Revolution ge-
lingt. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie bele-
gen, dass die Relevanz der Benutzeroberfläche eines
smarten Fernsehers für den diskriminierungsfreien
und chancengleichen Zugang der Inhalteanbieter
zum Nutzer und vice versa bereits jetzt kaum zu un-
terschätzen ist. Deshalb gilt es schon heute Vorkeh-
rungen zu treffen.

4
Wie smart ist die Konvergenz? - Markt und Nutzung von Connected TV
Inhalt

Wie smart ist die Konvergenz? Markt und Nutzung von Connected TV

Der Smart TV-Markt: Akteure, Strategien, Geschäftsmodelle            7
Dr. Ralf Kaufmanns
   Verbreitung von Smart TVs                                        10
   Strukturen im Smart TV-Markt                                      11
   Smart TV-Anbieter streben nach umfassender Kontrolle              11
   Ökosysteme durch proprietäre Standards                            12
   Akteure im Smart TV-Markt                                         12
   Hersteller von Fernsehgeräten & Set-Top-Boxen                     13
   Entwickler von Betriebssystemen                                  14
   Entwickler von Smart TV-Portalen                                  15
   Anbieter von TV-Programmen                                        15
   HbbTV in Konkurrenz zu Smart TV-Portalen                         16
   Anbieter von Diensten                                            16
   Entwickler von Apps                                               17
   Vielfältige Erlösquellen                                         18
   Geräteverkauf                                                    19
   Paid Content                                                     19
   Werbung                                                          20
   Umsätze App-Verkäufe und App-Nutzung                             20
   Fazit: Gatekeeper-Strategien stehen im Vordergrund                21

Verhaltensmuster vernetzter TV-Nutzer: Eine ethnografische Studie   24
Michael Wörmann
  Die Facit Digital-Studie                                          24
  Ein- und Mehrgerätephilosophie                                    26
  Lineares Fernsehen noch fest verankert                            27
  EPGs haben sich im Nutzungsverhalten etabliert                    28
  Listung noch immer relevant                                       28
  Empfehlungen vor allem von jüngeren Nutzern akzeptiert            29
  Gutes Verständnis für Video on Demand-Markt                       29
  Smart-TV-Apps vor allem für Bewegtbild relevant                    31
  Der Second Screen gehört dazu                                     32
  Klare Arbeitsteilung zwischen großem und kleinem Bildschirm       34
  HbbTV hat einen schweren Stand                                    36
  Serien und Blockbuster finden ihren Weg zum Konsumenten           37
  Lokale Inhalte werden kaum noch im Fernsehen gesucht              37
  Fazit: Smart sind aktuell vor allem die Heavy User                37

Autoren                                                             40

5
Wie smart ist die Konvergenz? - Markt und Nutzung von Connected TV
Wie smart ist die Konvergenz? - Markt und Nutzung von Connected TV
Der Smart TV-Markt | Akteure, Strategien, Geschäftsmodelle

Der Smart TV-Markt:
Akteure, Strategien,
Geschäftsmodelle
Dr. Ralf Kaumanns

Die Digitalisierung – die Anwendung digitaler Tech-                       Neben der reinen technischen Definition in Bezug
nologien und deren Vernetzung – hat in den letzten                        auf die Hardware steht der Begriff Smart TV aber
Jahren nicht nur zum Siegeszug von Smartphones                            vor allem für die neuen Nutzungsmöglichkeiten
und Tablets geführt. Auch in herkömmlichen Geräte-                        dieser Geräteklasse. Das Smart TV ist nicht mehr
klassen wie Fernseher wurden und werden digitale                          nur als bloßes Fernsehgerät, sondern als breite Un-
Technologien und die Vernetzung der Geräte einge-                         terhaltungs- und Informationsplattform im Wohn-
setzt und führen zu gänzlich neuen Möglichkeiten:                         zimmer zu verstehen. Wesentliche Grundlage der
Aus dem Fernseher ist längst das Smart TV gewor-                          neuen Möglichkeiten ist die „Entkoppelung“ der
den.                                                                      physischen Geräte von der Software.

Als Smart TV – auch Connected TV oder Hybrid TV                           Die Entkopplung ermöglicht es, Anwendungen
genannt – werden Fernsehgeräte bezeichnet, die                            wie beispielsweise Apps auf mehr als einem phy-
über eine Netzwerkverbindung auf das Internet vzu-                        sischen Gerät zu verwenden und neben dem line-
greifen können. Zudem besitzen Smart TV-Geräte                            aren Fernsehbouquet neue Produkte und Diens-
Festplatten, Chipsätze, Betriebssysteme und oftmals                       te anzubieten, die die technischen Fähigkeiten
Kameras und Mikrofone. In grundlegenden Aspek-                            nutzen (Abb. 1).
ten der technischen Architektur unterscheiden sie
                                                1
sich kaum von Desktop-PCs, Laptops oder Tablets .

1 Neben Smart TVs können nicht internetfähige TV-Geräte über Set-Top-
  Boxen „nachgerüstet“ werden, aber auch vernetzte Blu-ray-Player oder
  vernetzte Spielekonsolen ermöglichen mittlerweile die Nutzung von
  Smart TV-Portalen, ohne dass die eigentlichen TV-Geräte internetfähig
  sein müssen.

7
Wie smart ist die Konvergenz? - Markt und Nutzung von Connected TV
Der Smart TV-Markt | Akteure, Strategien, Geschäftsmodelle

Abb. 1

Grundstruktur einer Smart TV-Plattform

 Navigation

                                                         Smart TV-Portal (Apps)

                                                                                      Private Inhalte

 Lineares Fernsehen                         HbbTV        Video-on-Demand              Sonstige Dienste
                                                                                      und Inhalte

 Software-Plattform

 Betriebssystem

 Physische Hardware (Smart TV oder Set-Top-Box)

Quelle: Eigene Darstellung

Das lineare Fernsehprogramm ist zu einer Funktion                         Nutzungsmöglichkeiten von Smart TV stellen die
von mehreren geworden (Abb. 1), wenn auch nach                            App Stores dar. Im Mittelpunkt stehen hier Bewegt-
                      2
wie vor die wichtigste .                                                  bild-Apps. Hinzukommen Hunderte weiterer Apps,
                                                                          die entweder plattformübergreifend funktionieren
Smart TV erweitert das lineare Fernsehen um                               oder auf die Spezifikationen des Smart TV optimiert
nicht-lineare Bewegtbild-Inhalte auf Abruf wie Vi-                        wurden. Google bietet beispielsweise mit ‚YouTube
deo-on-Demand und Mediatheken beziehungswei-                              Leanback‘ eine für den Fernsehkonsum auf Smart
                                           3                                                              4
se Catch-Up TV oder den Zusatzdienst HbbTV .                              TV optimierte YouTube-App an , die sich in Bezug
                                                                          auf die Bedienoberfläche deutlich von der Webver-
Über Smart TV lassen sich private Inhalte wie Fotos                       sion unterscheidet.
oder Videos von Festplattformen oder aus Cloud-
Diensten nutzen. Den dritten großen Bereich der                           Ausgewählte Apps werden von den Anbietern der
                                                                          Smart TV-Portale vorinstalliert und sind bei der Inbe-
                                                                          triebnahme auf der Benutzeroberfläche bereits vor-
2 Die hohe Relevanz linearer Fernsehprogramme in der Nutzung von
  Smart TVs spiegelt sich auch in den Untersuchungsergebnissen wieder,
                                                                          handen. Alle anderen für die jeweiligen Portale ver-
  die im zweiten Teil dieser Studienpublikation zusammengefasst sind.     fügbaren Apps sind über App Stores zu finden und
3 Hybrid broadcast broadband TV (HbbTV): Ähnlich dem Videotext
                                                                          zu nutzen. Aus der Sicht des Nutzers ist die Orien-
  werden zusätzliche Informationen des Programmanbieters angezeigt,       tierung und Navigation in dem breiten Angebot ein
  wobei diese sowohl über das Fernsehsignal als auch über eine Inter-
  net-Verbindung bezogen werden. Über HbbTV werden umfassendere
  Möglichkeiten zur Informationsdarstellung und Navigation bereitge-      4 https://support.google.com/youtube/answer/3153576
  stellt.

8
Wie smart ist die Konvergenz? - Markt und Nutzung von Connected TV
Der Smart TV-Markt | Akteure, Strategien, Geschäftsmodelle

entscheidender Faktor. Die Navigation beeinflusst                        Smart TVs sind zudem als Teil einer geräteübergrei-
die Auffindbarkeit von Smart TV-Inhalten erheblich.                      fenden Nutzung zu betrachten. Inhalte und Apps
Vor allem die Tatsache, dass ein Smart TV-Angebot                        können vielfach über mehrere Geräte hinweg ge-
nochmals mehr Nutzungsmöglichkeiten bietet als                           nutzt werden. Schaut man beispielsweise einen
das heutige digitale, lineare Fernsehangebot ist für                     Film auf dem Smart TV, so kann dieser problemlos
viele Nutzer herausfordernd.                                             auf einem Tablet weitergeschaut werden. Als ‚Se-
                                                                         cond Screen‘ werden Smartphones oder Tablets
Navigation und Steuerung des Smart TV erfolgt                            über spezielle Apps mit Inhalten auf Smart TVs ver-
entweder über eine spezielle (Touchscreen-)Fernbe-                       bunden – wie beispielsweise sendungsbegleitende
dienung oder über eine App auf einem Smartphone                          Apps für Abstimmungen oder Gewinnspiele. Der Se-
oder Tablet-PC. Die technische Entwicklung schreitet                     cond Screen dient zusätzlich dem Austausch von Be-
rasch voran. Erste Geräte sind mit einer Sprach- und                     wegtbild-Inhalten über soziale Medien. Dabei steht
Gestensteuerung oder auch Gesichtserkennung                              eine Integration sozialer Netzwerke wie Facebook
ausgestattet.                                                            oder Twitter oder spezielle Social TV-Sender wie
                                                                         beispielsweise Joiz, bei dem Sendungen über Chat,
Die Navigation über interaktive Menü-Oberflächen                         Skype und Facebook von den Nutzern mitgestaltet
besitzt weitere Kernfunktionen wie beispielswei-                         werden können, im Mittelpunkt. Diese konvergen-
se festinstallierte Menü-Strukturen, elektronische                       te, geräteübergreifende Nutzung orientiert sich vor
Programmführer, spezielle Suchmaschinen oder                             allem an den beiden Dimensionen Mobilität und
Nutzerprofile mit Vorlieben, Sehgewohnheiten und                         Bildschirmgröße (Abb. 2). Diese beiden Dimensionen
Empfehlungen.                                                            beeinflussen maßgeblich die Inhalte, Art und Situa-
                                                                         tion der Nutzung einzelner Geräte.

Abb. 2

Smart TV als Teil des konvergenten Geräte Portfolios

                                                                                                 cm
                                                                                             101

Wearables        Smartphones      Tablets       Netbooks | Laptops | Desktops            Smart TV           Bildschirmgröße

                                                                                                            Mobilität
    Durchmesser in Zoll
     1   2   3    4   5   6   7   8   9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 ... 30 ... 40 41 42 43 45 46 ...

Quelle: Eigene Darstellung

9
Wie smart ist die Konvergenz? - Markt und Nutzung von Connected TV
Der Smart TV-Markt | Akteure, Strategien, Geschäftsmodelle

Die „Durchlässigkeit“ im Sinne einer geräteübergrei-                  Prozent der Haushalte verfügen über ein vernetztes
fenden Nutzung spielt in den Strategien und Takti-                    Smart TV – entweder als Fernseher oder als zusätzli-
ken der verschiedenen Marktteilnehmer eine wich-                      ches Peripheriegerät.
tige Rolle. Smart TVs bilden dabei eine „Abrundung“
des Marktes nach oben, wobei neuartige „Wearable                      Der auffällige Unterschied zwischen Besitz und Nut-
Devices“ wie Smart Watches, bspw. die Samsung                         zung eines Smart TV-Fernsehgeräts ist der Tatsache
Galaxy Gear oder Smart Glasses wie Google Glass                       geschuldet, dass Gerätehersteller Smart TVs massiv
das Geräte-Portfolio „nach unten“ abrunden. Im                        in den Markt drücken und eine hohe Innovationsge-
Wettbewerb geht es nicht mehr nur um eine ein-                        schwindigkeit halten. Die Preise sinken im Wettbe-
zelne Geräteklasse. Die wichtigsten Wettbewerber                      werb signifikant und schnell. Smart TVs werden ger-
zielen darauf ab, ganze Ökosysteme aufzubauen,                        ne vom Fachhandel empfohlen – mit Unterstützung
bei denen das Gerät als „Zugangspunkt“ für die Nut-                   entsprechender Vertriebsprovisionen. Viele Käufer
zung, den Konsum und die Interaktion verwendet                        eines Smart TV suchen dabei nicht gezielt nach ei-
wird. Inhalte, aber auch Nutzerprofile, Kundendaten                   nem solchen Gerät. Sie kaufen gerne das „neueste“
und Bezahlbeziehungen werden auf einer geräteun-                      Gerät und diese sind eben oftmals Smart TVs. Dies-
abhängigen abstrakten Ebene vorgehalten. Den                          bezüglich ist die Situation anders als bei Smartpho-
Kern bilden dabei Smart TV-Software-Plattformen,                      nes oder Tablets. Hier wird der Kauf eines Geräts in
die entweder direkt in ein Betriebssystem integriert                  einem viel größeren Maße durch eine aktive und
sind oder oberhalb eines Betriebssystems positio-                     dezidierte Nachfrage nach der „smarten Funktiona-
niert sind. (Abb.2)                                                   lität“ induziert.

Verbreitung von Smart TVs                                             Die Verfügbarkeit von Smart TVs im Haushalt ist
Die Verfügbarkeit einer neuen Technologie bedeutet                    die Grundvoraussetzung für die Nutzung und da-
nicht automatisch deren breite Adaption. Der Markt                    her ist das Potenzial vorhanden und nimmt weiter
für Smart TV entwickelt sich langsam. Verschiede-                     zu. Zunächst ist das Gerät verfügbar und nach und
ne Studien haben dies untersucht und kommen zu                        nach „entdecken“ viele Besitzer die neuen Möglich-
ähnlichen Ergebnissen. Die Verbreitung von Smart                      keiten. Viel schwieriger wäre der umgekehrte Weg,
TV-Geräten nimmt beständig zu, aber die Nutzung                       potenzielle Nutzer über Marketing und Kommuni-
der Smart TV-Funktionen hinkt der Verbreitung                         kation auf neue Möglichkeiten hinzuweisen und
deutlich hinterher. So konnte beispielsweise im Di-                   sie dadurch zum Kauf eines Smart TV zu bewegen.
                           5
gitalisierungsbericht 2013 der Medienanstalten                        Neue Fernsehgeräte werden deutlich seltener ange-
nachgewiesen werden, dass rund 11 Prozent der                         schafft als ein neues Handy. Die so genannte ‚Repla-
TV-Haushalte wissentlich ein Smart TV-Fernsehge-                      cement Rate‘ für Fernsehgeräte – also der Zyklus
rät besitzen und von diesen nur rund 50 Prozent ihr                   für den Kauf eines neuen Geräts – ist weltweit von
                                                                                                    6
Smart TV tatsächlich mit dem Internet verbunden                       8,4 auf 6,9 Jahre gesunken . Deutschland liegt bei
haben. Dazu kommen 4,5 Prozent TV-Haushalte, die                      einem Wert zwischen 5 und 6 Jahre. Smartphones
ein vernetztes Peripherie-Gerät wie eine Set-Top-                     hingegen werden über subventionierte Mobilfunk-
Box oder Spielekonsole mit Smart TV-Fähigkeiten                       verträge alle zwei bis drei Jahre ausgetauscht. Prog-
nutzen. Mit anderen Worten: Nur etwas mehr als 10                     nosen schätzen, dass durch die massive Präsenz von

5 http://www.die-medienanstalten.de/fileadmin/Download/Publikatio-
  nen/Digitalisierungsbericht/2013/Digitalisierungsbericht_2013.pdf   6 NPD DisplaySearch, Global TV Replacement Study, Mai 2012

10
Der Smart TV-Markt | Akteure, Strategien, Geschäftsmodelle

Smart TVs im Fachhandel die Zahl der Haushalte mit           produzieren und erfolgreich im Markt zu positionie-
einem vernetzten Smart TV bis zum Jahr 2016 auf              ren. Andere Wettbewerber wie Apple, Google oder
                                       7
rund 17 bis 20 Millionen ansteigen wird – bei schät-         Netzbetreiber wie die Deutsche Telekom und Uni-
zungsweise 38 Millionen TV-Haushalten in Deutsch-            tymedia versuchen über andere Wege in den Markt
land wäre dies eine Verfügbarkeit von Smart TVs von          vorzudringen – hauptsächlich über internetfähige
etwa 50 Prozent. Bei einem Durchschnitt von zwei             Set-Top-Boxen. Set-Top-Boxen setzen allerdings eine
                       8
Personen im Haushalt wären es somit rund 34 Milli-           „bewusste“ Kaufentscheidung voraus, während
onen potenzielle Smart TV-Nutzer hierzulande.                Smart TVs als „Fernseher auf dem neuesten Stand“
                                                             verkauft werden.
Funktionen des Smart TV sind durch die Abstrahie-
rung von Software und Hardware auch über die                 Smart TV-Anbieter streben nach umfassender
Anbindung von Zusatzgeräten nutzbar, welche in               Kontrolle
diesem Beitrag generell als Set-Top-Boxen subsum-            Die grundsätzlichen Strategien der Smart TV-An-
miert sind. Bei den Zusatzgeräten zeigt sich eine            bieter ähneln sich. Alle Wettbewerber versuchen
breite Vielfalt, dazu gehören die eigentlichen Set-          Smart TV-Portale im Markt zu etablieren, mit denen
Top-Boxen, internetfähige Blu-ray-Player oder inter-         sie Kontrolle über die Kundenbeziehung, die Bezahl-
netfähige Spielekonsolen. Im Falle der beiden letzte-        beziehung, die Inhalte und Dienste sowie über das
ren ist die Integration von Smart TV-Funktionen als          Nutzerinterface auf die Navigation ausüben können
Zusatznutzen zur eigentlichen Kernfunktion zu ver-           – entweder integriert in das Gerät selbst oder über
stehen. Das Angebot an Set-Top-Boxen ist wiederum            ein Peripherie-Gerät. Die Hoheit über die Plattform
breitgefächert. Es reicht von Produkten von Netzbe-          ist das Kernelement der gesamten Wettbewerbs-
treibern (wie Entertain der Deutschen Telekom oder           und Marktstrategie. Die entscheidenden Elemen-
Horizon von Unitymedia) über Gerätehersteller (z.            te sind dabei die Kontrolle der Software-Plattform
B. Apple TV) oder nativen Internetunternehmen (z.            (oberhalb des Betriebssystems) und des Nutzerin-
B. eine kolportierte Amazon TV-Box) bis zu Strea-            terface (Abb. 1). Die Navigation auf der Benutzer-
ming-Media-Playern (wie Google Chromecast), bei              oberfläche und im Menü ist wesentlich für die ge-
denen es sich zwar nicht um Set-Top-Boxen im ei-             samte Nutzung und die Auffindbarkeit einzelner
gentlichen Sinne handelt, die aber wichtige Funktio-         Angebote und Programme. So haben beispielsweise
nen von Smart TVs ebenfalls ermöglichen.                     vorinstallierte Apps einen entscheidenden Wettbe-
                                                             werbsvorteil gegenüber Apps, die sich Nutzer aus
Strukturen im Smart TV-Markt                                 einem App Store herunterladen müssen. Sie sind
Anders als im Markt für Smartphones und Tablets ist          prominent platziert und oftmals nicht zu löschen –
der Wettbewerb um Smart TVs deutlich intensiver.             ein Prinzip, welches von den integrierten Apps auf
Die Marktstrukturen bilden sich erst heraus. Domi-           Smartphones und Tablets hinlänglich bekannt ist.
niert wird der Markt derzeit von Geräteherstellern           Über die Kontrolle der Software-Plattform besitzt
wie Samsung oder LG. Nur sie verfügen bislang über           der Anbieter die Kontrolle über die Kunden- und
die Erfahrung, die Fähigkeiten und Produktionska-            Bezahlbeziehung; hierüber lassen sich wiederum
pazitäten neue Geräteklassen wettbewerbsfähig zu             Geschäftsmodelle aufbauen und Erlöse generieren.
                                                             Zudem ermöglicht die Kontrolle der Software-Platt-
7 Goldmedia 2013, Gartner 2012
                                                             form die Öffnung für externe Entwickler und deren
                                                             Smart TV-Apps.
8 Bundeszentrale für politische Bildung, 2012

11
Der Smart TV-Markt | Akteure, Strategien, Geschäftsmodelle

Ökosysteme durch proprietäre Standards                                    dards im Markt zu etablieren. Standardisierungsbe-
Die Kontrolle über die sich entwickelnden Ökosys-                         mühungen im Smart TV gehen allerdings auch von
teme hat nicht nur Nachteile. Sie muss differenziert                      Seiten der Programmanbieter über den HbbTV-Stan-
betrachtet werden. Die Vorteile liegen auf der Hand.                      dard aus. Derzeit kann nicht abschließend beurteilt
Kontrolliert ein Hersteller sein Ökosystem, so beein-                     werden, welche Standards sich wie durchsetzen
flusst und steuert er alle wesentliche Elemente rund                      werden. Vergleichbar zum Markt der Smartphones
um seine Smart TV-Plattform. Die Nutzung wird                             und Tablets hängt viel vom wirtschaftlichen Erfolg
nicht durch Brüche zwischen verschiedenen Unter-                          der einzelnen Akteure im Markt und deren Strategi-
nehmen negativ beeinflusst. Für die Nutzer und ihr                        en ab.
Nutzungserlebnis ist dies ein wichtiger Faktor. Die
Marktdurchdringung kann durch Ökosystem-Stra-                             Akteure im Smart TV-Markt
tegien beschleunigt und positiv beeinflusst werden.                       Die Situation im Smart TV-Markt wie in der gesam-
Anbieter sind in der Lage verschiedene Elemente ei-                       ten Unterhaltungsindustrie ist in Bezug auf die Ak-
nes Ökosystems quer zu finanzieren. Geräte können                         teure, deren Rollen und Strategien komplex. Es beste-
preisgünstiger vermarktet werden und notwendige                           hen aufseiten der verschiedenen Marktteilnehmer
Gewinne über andere Erlösquellen wie Provisionen                          einerseits sehr unterschiedliche Interessen, aber
und Gebühren als Quersubventionierung erzielt                             andererseits starke Abhängigkeiten zwischen ihnen.
werden.                                                                   Die wichtigsten Akteure im Smart TV-Markt (Abb. 3)
                                                                          sind die verschiedenen Hersteller physischer Ge-
Erfolgreiche Ökosysteme haben nachgewiesener-                             räte wie Fernsehgeräte, Set-Top-Boxen oder Strea-
maßen einen erheblichen Einfluss auf die Stan-                            ming Media Player. Hinzukommen die Anbieter von
             9
dardisierung in einem Marktsegment. Standards                             Smart TV-Software-Plattformen. Diese sind oft mit
sichern Kontrolle und Einfluss auf künftige Entwick-                      den Geräteherstellern identisch. Es existieren aber
lungsrichtungen. Aus einer Wettbewerbssicht ist                           auch unabhängige Plattformen, die mit kleineren
sicherlich die kritische Frage zu prüfen, wie offen                       Geräteherstellern kooperieren. Weitere Akteure
oder geschlossen die jeweiligen Ökosystem und ihre                        sind TV-Programmanbieter, Anbieter verschiedener
Standardisierungsbemühungen sind. Im Bereich der                          Dienste und die vielen unabhängigen Entwickler
Smart TVs ist der Kampf um die Standards in vollem                        von Apps, welche auf Smart TVs genutzt werden
Gange. Einerseits verfolgen Anbieter wie Samsung                          können (Abb. 3).
ihre eigene, geschlossene Ökosystem-Strategie mit
den dazugehörigen Standardisierungskonzepten.
Andererseits haben sich verschiedene kleinere Her-
steller und Zulieferunternehmen in der ‚Smart TV
         10
Alliance‘ zusammengeschlossen, um auf den ver-
schiedenen technologischen Ebenen gültige Stan-

9 Eine bedeutende Standardisierungen über einen Ökosystem-Ansatz ist
  beispielsweise „Wintel“ (die enge Kooperation von Microsoft und Intel
  bei den PCs in den 1990er Jahren). Erste Versuche zur Bildung eines
  Ökosystems über eine Standardisierung mittels Receiver hatte bereits
  Kirch Media (Premiere) unternommen.

10 http://www.smarttv-alliance.org

12
Der Smart TV-Markt | Akteure, Strategien, Geschäftsmodelle

Abb. 3

Überblick über wichtige Akteure im TV-Markt

                                                                                                  1 | Geräte-Hersteller
 Navigation
                                                                                                      (Fernsehgeräte & Set-Top-Boxen)
                                                  Smart TV-Portal (Apps)                      3   2 | Entwickler Betriebssystem
                                                                                                      (Proprietär oder Open Source)
                                  4           5                            Private Inhalte        3 | Portal-Betreiber
                                                                                              6   4 | TV-Programmanbieter
 Lineares Fernsehen                   HbbTV       Video-on-Demand          Sonstige Dienste       5 | Dienste-Anbieter
                                                                           und Inhalte            6 | App- Entwickler

 Software-Plattform                                                                           3

 Betriebssystem                                                                               2

 Physische Hardware (Smart TV oder Set-Top-Box)                                               1

Quelle: Eigene Darstellung

Hersteller von Fernsehgeräten & Set-Top-Boxen                               konsole Xbox mit einem hauseigenen Smart TV-Por-
Der Markt für Smart TV in Deutschland wird derzeit                          tal ausrüstet, setzt Sony bei der Playstation auf eine
von einigen wenigen Herstellern dominiert. Markt-                           einheitliche Smart TV-Lösung für Fernsehgeräte und
führer ist der koreanische Konzern Samsung mit ei-                          Spielekonsolen. Nintendo positioniert mit Nintendo
                                         11
nem Marktanteil von rund 40 Prozent , gefolgt von                           TVii wiederum eine eigene Smart TV-Lösung.
LG Electronics mit rund 17 Prozent und Philips mit
rund 10 Prozent. Während Samsung als marktdomi-                             Ein Vordringen von Google in die Herstellung von
nierendes Unternehmen auf den Aufbau eines ge-                              Hardware erscheint derzeit unwahrscheinlich. Nach
schlossenen Ökosystems setzt, haben LG Electronics                          der Akquisition von Motorola hat man den Ge-
und Philips ihre Strategien grundlegend geändert.                           schäftsbereich Motorola Home, der Set-Top-Boxen
Sie sind die treibenden Kräfte bei der Gründung der                         herstellt, an den Telekommunikationsausrüster Ar-
‚Smart TV Alliance‘, der auch Hersteller wie beispiels-                     ris Group verkauft. Zudem hat Google in den USA
weise Toshiba und Panasonic beigetreten sind. Klei-                         mit ‚Nexus Q‘ bereits eine eigenentwickelte Set-Top-
nere Hersteller setzen aus wirtschaftlichen Gründen                         Box auf den Markt gebracht, die sich als Fehlschlag
auf sogenannte White Label-Lösungen, um ihre Ge-                            erwies. Google fokussiert sich derzeit im Bereich
räte mit einem Smart TV-Portal ausstatten zu kön-                           der Hardware einzig auf den Streaming-Media-HD-
nen. Anbieter von Set-Top-Boxen und Spielekonsolen                          MI-Stick ‚Chromecast‘, der als „technische Brücke“
gehen ähnliche Wege; entweder sie lizensieren eine                          zwischen den TV-Geräten und den Google-Diensten
externe Smart TV-Portal-Lösung oder sie entwickeln                          fungiert und eine Reihe von Partnerdiensten an-
eine eigene Lösung. Während Microsoft seine Spiele-                         bietet.

11 GfK Retail & Technology 2013

13
Der Smart TV-Markt | Akteure, Strategien, Geschäftsmodelle

                                                                                                                                         13
Apple scheint die Entwicklungsrichtungen im Be-                          Januar 2013 einen Strategiewechsel angekündigt .
reich der Smart TV und Set-Top-Boxen derzeit zu be-                      Samsung setzt nun auf die Entwicklung eines freien
obachten. Mit Apple TV bietet man eine Set-Top-Box                       Betriebssystems namens Tizen. Tizen soll nicht nur
an, die voll in das Apple-Ökosystem integriert ist und                   auf Smart TVs, sondern auch für Samsung Smart-
viele interessante Funktionen bietet. Bis Mitte 2013                     phones oder Tablets genutzt werden. Man verfolgt
hat Apple rund 13 Millionen Apple TV-Boxen ausge-                        eine ähnliche Strategie wie Google mit Android als
liefert, davon rund die Hälfte in 2012. Ob Apple auf                     ein semi-offenes Betriebssystem, welches durch
absehbare Zeit ein eigenes Smart TV-Fernsehgerät                         die Überlassung von Patenten und Festlegung von
auf den Markt bringen wird, bleibt offen.                                Lizenzbedingungen de facto kontrolliert werden
                                                                         kann. Vergleichbar der Open Handset Alliance für
Neben der allgemeinen Marktentwicklung spielt                            die Entwicklung von Android hat Samsung die Tizen
                                                                                    14
hier sicherlich der Erfolg von Samsung mit dem Fo-                       Association ins Leben gerufen; hierüber sollen die
kus auf das neue (eigene) Betriebssystem Tizen eine                      verschiedenen Partner die Entwicklung und Stan-
wichtige Rolle. Die abwartende Haltung von Apple                         dardisierung vorantreiben.
ist nachvollziehbar. Weltweit wurden bislang 100 bis
                                  12
110 Millionen Smart TVs verkauft ; wohingegen bis                        Google reagiert auf den Vorstoß von Samsung und
Ende 2013 mehr als eine Milliarde Smartphones ab-                        versucht sich mit Android immer stärker im Bereich
gesetzt wurden. Ein Großteil der Apple-Geräte wird                       der Smart TVs zu positionieren. Die neue, grundle-
zudem über Partnerschaften mit Mobilfunkunter-                           gend überarbeitete Version von Android namens 4.4
nehmen in den Markt gebracht. Dieser Ansatz eig-                         KitKat besitzt ein für Großbildfernseher angepasstes
net sich für Smart TV tendenziell nicht.                                 User Interface. Entwickler optimierter TV-Apps pro-
                                                                         fitieren von einer neuen Programmierumgebung.
Entwickler von Betriebssystemen                                          Zudem unterstützt Android 4.4 KitKat die Strea-
In technischer Hinsicht spielen Betriebssysteme                          ming-Technologie Miracast, ein Peer-to-Peer-Funk-
eine wichtige Rolle, aus Nutzersicht allerdings we-                      Screencast-Standard, der Bildschirminhalte des
niger. Aufgrund der Marktanteile ist die Situation                       Smartphones auf diesen Standard unterstützen-
bei den Betriebssystemen eine andere als bei den                         den Fernsehern anzeigen kann (Stichwort Second
Smartphones – weder Apple mit iOS noch Google                            Screen-Integration). Auffälligstes Zeichen für ein zu-
mit Android haben bislang eine herausragende Stel-                       nehmendes Augenmerk von Google auf die Smart
lung bei Smart TVs. Die großen Hersteller entwickeln                     TVs ist die technische Integration entsprechender
ihre eigenen Betriebssysteme oder nutzen Open                            Funktionalitäten in Android. Dies spiegelt sich auch
Source-Betriebssysteme. So hat LG Electronics bei-                       in der Zusammenführung der wenig erfolgreichen
spielsweise das Betriebssystem WebOS erworben.                           Smart TV-Plattform ‚Google TV‘ mit Android unter
                                                                         dem Namen ‚Android TV‘ wider.
Marktführer Samsung verfolgte lange Zeit keine
einheitliche Betriebssystem-Strategie; man setzte
parallel auf das eigene Betriebssystem Bada, nutzt
bei eigenen Geräten aber auch eine angepasste
Version von Android. Samsung hat allerdings im
                                                                         13 http://bgr.com/2013/01/03/samsung-tizen-phones-confirmed-280492
12 StrategyAnalytics, Global Smart TV Sales Forecast for 88 Countries:
   2007 to 2017                                                          14 http://www.tizenassociation.org

14
Der Smart TV-Markt | Akteure, Strategien, Geschäftsmodelle

Entwickler von Smart TV-Portalen                             Kleinere Hersteller von Smart TV und Set-Top-Bo-
Oberhalb der Betriebssysteme sitzen die eigentli-            xen setzen vielmehr auf die Integration so genann-
chen Smart TV-Portale. Die Funktionalität ist dabei          ter ‚White Label Smart TV-Portal‘-Lösungen – von
zwischen Betriebssystem und Smart TV-Software                Anbietern wie NetRange oder Xstream. White La-
geteilt. Grundsätzlich liegen alle Basisfunktionen           bel-Anbieter stellen Herstellern Smart TV-Portale
auf der Ebene des Betriebssystems und alle speziel-          entweder gegen eine Lizenz oder gegen eine Um-
len Funktionen des Smart TV auf der Smart TV-Soft-           satzbeteiligung zur Verfügung. NetRange beispiels-
ware-Ebene, wobei die Grenzen hier von Hersteller            weise geht mit seinem Konzept relativ weit, indem
zu Hersteller sehr unterschiedlich sind. Marktführer         man versucht, Inhalte für das eigene Smart TV-Por-
Samsung setzt bei seiner Smart TV-Plattform künf-            tal mit Partnern zu entwickeln oder sogar exklusiv
tig auf eine enge Integration mit Tizen und installiert      zu lizensieren.
ein geschlossenes System ausschließlich für seine
Geräte, welches um einen eigenen App Store ‚Sam-             Anbieter von TV-Programmen
             15
sung Apps‘ und eine Entwicklerplattform ergänzt              Trotz aller Möglichkeiten der Interaktivität ist das
wird. Andere Hersteller können diese Smart TV-Platt-         lineare Fernsehprogramm nach wie vor und wahr-
form – bislang – nicht zur Nutzung lizensieren.              scheinlich auch auf absehbare Zeit die wichtigste
                                                             Nutzungsart eines Smart TV. Im Vergleich zu her-
Vor allem kleinere Fernsehhersteller und Hersteller          kömmlichen Fernsehgeräten spielen Smart TV ihre
von Set-Top-Boxen verfügen nur sehr eingeschränkt            Stärke bei zusätzlichen Funktionalitäten rund um
über die notwendigen finanziellen Mittel für die In-         das lineare TV-Programm aus. Etliche Smart TV-Ge-
vestitionen in eigene Smart TV-Portale. Zudem sind           räte verfügen über Funktionen wie eine Aufnahme-
proprietäre Portale kleinerer Hersteller für Entwick-        funktion für Sendungen, Stoppen von Sendungen
ler von Apps nicht interessant genug, da Program-            oder das Überspringen von Werbung (Ad Skipping);
mieraufwand und Umsatzpotenziale in einem un-                zudem unterstützen sie Zuschauer mit elektroni-
günstigen Verhältnis stehen. Google hat versucht,            schen Programmführern (EPG). Obwohl das linea-
mit seiner Smart TV-Plattform ‚Google TV‘ genau              re Fernsehprogramm die Hauptnutzung darstellt,
an diesem Punkt anzusetzen. Google stellte Her-              haben die Programmveranstalter in den heutigen
stellern wie Vizio, Asus, Hisense oder TCL die Google        Ökosystemen auf den ersten Blick eine nachgela-
TV-Plattform kostenlos zur Verfügung. Im Gegenzug            gerte Position. Die Zusatzfunktionen stammen von
machten die Hersteller umfassende Zugeständnisse             Smart TV-Herstellern, sind geräteimmanent und
in Bezug auf die Navigation, Benutzerführung, vor-           durch Programmanbieter nicht direkt beeinflussbar.
installierte Apps (YouTube, Google Suche, etc.), Aus-        Smart TV ist dennoch für Programmanbieter interes-
wertung des Nutzungsverhaltens und die Hoheit                sant, da Nutzer durch die digitale Verbreitung bezie-
über die Kunden- und Bezahlbeziehung für Inhalte             hungsweise den digitalen Empfang der Programme
und Apps. Bislang konnte sich Google mit diesem              einen viel breiteren Zugang zu Nischenprogrammen
Ansatz nicht durchsetzen und revidierte die Strate-          und Special-Interest-Angeboten bekommen.
gie zugunsten von ‚Android TV‘ und somit der Integ-
ration von Smart TV-Funktionalitäten auf der Ebene
des Betriebssystems.

15 http://www.samsung.com/us/appstore

15
Der Smart TV-Markt | Akteure, Strategien, Geschäftsmodelle

HbbTV in Konkurrenz zu Smart TV-Portalen                     lern unterschiedlich. Wenige Hardware-Hersteller
Das eigentliche Potenzial besteht für Programman-            positionieren ihren eigenen VoD-Dienst auf ihrer
bieter in HbbTV-Diensten. HbbTV – auch als „Video-           Plattform. Das Gros der Hersteller schließt hinge-
text 2.0“ bezeichnet – eröffnet für TV-Programman-           gen exklusive Partnerschaften für die prominente
bieter auf dem Smart TV interessante Möglichkeiten.          Vorinstallation einzelner Dienste, verbundenen mit
Über die Verknüpfung mit dem linearen TV-Pro-                Zahlungsströmen – entweder eine Provisionen pro
gramm kann der Nutzer sowohl zu Zusatzdiensten               verkauftem Gerät oder Umsatzbeteiligungen. Kon-
als auch zu neuen Anwendungen geführt werden.                kurrierende VoD-Dienste sind jeweils nur in den
So bietet beispielsweise die ProSiebenSat.1 Media            jeweiligen App Stores verfügbar. Abgerundet wird
AG über HbbTV kostenlose Video-Clips zu vielen               das Angebot durch kostenlose Mediatheken sowie
Sendungen an. Darüber hinaus bieten Programme                durch kostenlose Video-Portale wie Vimeo oder You-
wie ProSieben, Sat.1 und kabel Eins auch HbbTV-Ap-           Tube, wo man einzelne Videos oder auch sogenann-
plikationen mit einem elektronischen Programm-               te Channels anschauen kann. Die breite Auswahl an
führer, der Vorschau-Trailer zu den Primetime-High-          VoD-Diensten soll primär das Smart TV-Angebot at-
lights enthält, sowie einen HD-Text für jedes der            traktiv machen und Nutzung induzieren.
Programmangebote an. Zusätzlich werden über das
HbbTV-Portal speziell auf Sendungen zugeschnit-              Der Aufbau eines erfolgreichen VoD-Angebots ist
tene Anwendungen, Wettervorhersagen, Geschick-               eine Herausforderung. Einen direkten Umsatz aus
lichkeitsspiele oder auch eine kundenindividuelle            diesen Diensten zu erzielen, steht für Smart TV-An-
Werbeintegration angeboten. Die Entwicklung geht             bieter wie Samsung hierbei weniger im Mittelpunkt.
allerdings noch weiter. Mit speziellen HbbTV-Brow-           Allerdings kann sich dies künftig ändern. Wenn
sern soll es künftig möglich sein, die volle Bandbrei-       Smart TVs breit im Markt etabliert sind und Dienste
te des Internets am Fernsehbildschirm über HbbTV             wie VoD auch stärker genutzt werden, könnten die
auszunutzen und über spezielle App Stores auch               Plattform-Betreiber deutlicher als bisher eine Um-
„HbbTV-Apps“ zu nutzen. Der Zahlungsdienstleister            satzbeteiligung einfordern. Hersteller von Set-Top-
PayPal hat bereits ein eigenes In-Device-Payment             Boxen gehen in Bezug auf VoD einen anderen Weg
System für HbbTV entwickelt. Es ermöglicht das               und setzen auf eigene Videoangebote. So verfügen
Bezahlen kostenpflichtiger digitaler Inhalte direkt          beispielsweise Horizon von Unitymedia, Apple mit
per Fernbedienung. Interessanterweise existieren             Apple TV oder Entertain der Deutschen Telekom –
die Smart TV-Portale der Gerätehersteller und die            mit dem eigenen Produkt ,Videoload’ – über eine
HbbTV-Portale der Programmanbieter parallel auf              eigene Online-Videothek und lassen konkurrierende
einem Gerät und in einem direkten Wettbewerb                 Produkte auf ihren Portalen nicht oder nur einge-
zueinander. Die entscheidende strategische Frage-            schränkt zu.
stellung ist: Wer erringt durch die Gunst der Nutzer
künftig die Portalhoheit auf dem Fernseher?                  Verschiedene Smart TV-Hersteller bieten in ihren
                                                             Angeboten die Integration privater Inhalte wie Fotos
Anbieter von Diensten                                        oder Videos an. Hier sind drei Ansätze erkennbar. Ers-
Neben dem linearen Fernsehen ist Video-on-De-                tens: Anbieter nutzen eigene Dienste wie Apple mit
mand (VoD) die zweitwichtigste Anwendung auf                 einer engen Integration der iCloud in Apple TV. Zwei-
dem Smart TV. Die Integration von VoD in Smart TVs           tens: Anbieter kooperieren eng mit Cloud – Speicher-
gestaltet sich bei den verschiedenen Geräteherstel-          diensten wie beispielsweise Samsung mit Dropbox

16
Der Smart TV-Markt | Akteure, Strategien, Geschäftsmodelle

                                                                                             17
über eine tiefe Verankerung direkt in der Plattform.            Entwickler von Apps
Drittens: Private Speicherdienste sind als Apps über            Anders als bei Smartphones oder Tablets besitzt
die App Stores nutzbar.                                         die Nutzung von Apps auf dem Smart TV bislang
                                                                eine untergeordnete Bedeutung. Die Nutzung wird
Interessante Potenziale werden für das Online-Ga-               durch das lineare Fernsehen und VoD dominiert. In
ming als Smart TV-Dienst gesehen. Immer mehr                    Ranglisten der Smart TV-App Stores liegen meist ein-
Spielekonsolen-Anbieter ergänzen ihr Angebot um                 fache und vor allem kostenlose Online-Spiele vorne.
Smart TV-Portale. Smart TV-Hersteller verfolgen eine            Der Umsatz mit kostenpflichtigen Smart TV-Apps
entgegengesetzte Strategie und dringen ihrerseits               scheint den Erwartungen der Portal-Betreiber nicht
in das Segment der Online-Spiele vor. Hierbei geht              zu entsprechen. Eine Indikation ist eine Anpassung
es nicht nur um einfache Browsergames. Spiele auf               des Modells der Umsatzbeteiligung beim Marktfüh-
der Qualitätsstufe von Spielekonsolen sollen über               rer Samsung. Bislang setzte man auf das von Apple
Smart TV gespielt werden können. Hierzu müssen                  etablierte Modell: eine Umsatzbeteiligung von 30
die entsprechenden Smart TVs mit einer leistungs-               Prozent für den Store-Betreiber und 70 Prozent für
fähigen Hardware ausgestattet sein. Vorreiter in                den App-Entwickler. Im Februar 2013 führte Sam-
dieser Strategie ist Samsung. Mitte 2012 startete               sung ein neues, gestaffeltes Umsatzmodell namens
das Unternehmen in einer Partnerschaft mit Gai-                 ,100 Percent Indie’ ein. Unabhängige App-Entwick-
kai mit dem ,Samsung Cloud Gaming’ ein Angebot                  ler erhalten dabei in den ersten sechs Monaten 100
für Spiele auf Konsolen-Niveau. Die Idee hinter dem             Prozent vom Umsatz, für weitere sechs Monate eine
Angebot ist, Spiele ohne einen Download direkt aus              Umsatzbeteiligung von 90 Prozent, im zweiten Jahr
der Cloud heraus spielen zu können. Bei einer guten             von 80 Prozent und ab dem dritten Jahr von 70 Pro-
Internetverbindung soll es keinen wahrnehmbaren                 zent. Dieses Programm betrifft allerdings nicht nur
Qualitätsunterschied zu Konsolen geben. Der Erfolg              die Apps im ‚Samsung Smart Hub‘, sondern gilt auch
mit Gaming hängt jedoch stark vom Angebot an                    für ‚Samsung Apps‘ für Smartphones und Tablets.
Spielen ab. Die großen Konsolenhersteller verfügen              Derzeit scheint die Entwicklung für Smartphones
über eigene Spielestudios oder haben strategische               und Tablets für unabhängige Entwickler interessan-
Partnerschaften mit unabhängigen Studios, um                    ter und lukrativer zu sein als für Smart TV. Dies dürfte
Spiele exklusiv für die jeweilige Konsole entwickeln            zum einen an der signifikant geringeren Verbreitung
zu können. Das bislang erfolgreichste Konsolenspiel             von Smart TVs liegen und zum anderen an einer ge-
‚Grand Theft Auto 5‘ hat am ersten Verkaufswochen-              ringeren Nutzungs- und Zahlungsbereitschaft, ob-
ende mehr als eine Milliarde US-Dollar umgesetzt –              wohl die Datenlage aus wissenschaftlichen Studien
                                  16
deutlich mehr als jeder Kinofilm . GTA 5 ist derzeit            und Untersuchungen hierzu dürftig ist.
allerdings ausschließlich für die Xbox und Playstati-
on verfügbar und auf keinem Smart TV-Portal nutz-
bar.

                                                                17 Als ‚Entwickler von Apps‘ sollen vor allem kleine Unternehmen und un-
                                                                   abhängige Entwickler von Apps verstanden werden. Zwar entwickeln
                                                                   auch große Unternehmen wie beispielsweise Fernsehkonzerne ihre
                                                                   Apps, diese sind aber oftmals Teil einer umfassenderen Angebotsstra-
16 http://www.golem.de/news/take-2-fast-29-millionen-exempla-      tegie und daher mit den Bedürfnissen und Anforderungen unabhängi-
   re-von-gta-5-ausgeliefert-1310-102437.html                      ger App-Entwickler nicht vergleichbar.

17
Der Smart TV-Markt | Akteure, Strategien, Geschäftsmodelle

Vielfältige Erlösquellen                                                      Grundsätzlich erkennt man im Markt für Smart
Der Smart TV-Markt ist noch in einer frühen Ent-                              TVs direkte Erlöse und indirekte Erlöse. Die direkten
wicklungsphase. Die verschiedenen Akteure arbei-                              Erlöse gruppieren sich hauptsächlich um den Ver-
ten intensiv an ihrer Wettbewerbspositionierung,                              kauf von Smart TV-Geräten und Smart TV-fähigen
dem Kampf um Marktanteile und der Erschließung                                Set-Top-Boxen. Indirekte Erlöse entstehen durch
der unterschiedlichsten Erlösquellen. Bislang sind                            Provisionen für den Verkauf von Apps, Vergabe von
alle erkennbaren Erlösmodelle im Smart TV-Umfeld                              Lizenzen oder Provisionen für sonstige Transaktions-
bereits aus der Unterhaltungselektronik und Me-                               erlöse. In der Realität wird mit einer ganzen Reihe
dienindustrie bekannt. Die Umsetzung erfolgt in                               von Erlösquellen experimentiert und einige Akteure
diesem Segment jedoch nicht Eins-zu-Eins. So sind                             im Markt verlassen sich nicht nur auf eine, sondern
beispielsweise die Erlöse aus dem Verkauf kosten-                             versuchen, unterschiedliche Erlösquellen als hybri-
pflichtiger Apps, die in der Welt der Smartphones                             des Modell für sich zu erschließen. (Abb. 4)
und Tablets gut funktionieren, nicht ohne weiteres
in die Welt der Smart TVs übertragbar.

Abb. 4

Überblick über Akteure und ihre Erlösquellen

Akteure                                 Erlösquelle

                                           Geräteverkauf       Paid Contend        Werbung        Umsätze aus Apps*

Gerätehersteller (Smart TV)

Gerätehersteller (Set-Top-Boxen)

Entwickler Betriebssystem

Betreiber Smart TV-Portale

Anbieter TV-Programme

Anbieter Dienste

Unabhängige App Entwickler

                                       * dazu zählen auch: Provisionen aus Payments, E-Commerce oder In-App Advertising

Ausprägung          keine          schwach            mittel         stark         dominant

Quelle: Eigene Darstellung, qualitative Bewertung

18
Der Smart TV-Markt | Akteure, Strategien, Geschäftsmodelle

Geräteverkauf                                                einzelnen Geräten, sondern auf den ‚Customer Value‘
Für die Hardware-Hersteller ist auch im Smart-               über einen längeren Zeitraum.
TV-Markt die wichtigste Erlösquelle nach wie vor der
Umsatz aus dem direkten Geräteverkauf. Allerdings            Paid Content
ist der Wettbewerbsdruck vor allem bei Flachbild-            Die VoD-Anbieter profitieren im Bereich Paid Content
schirmen mit Smart TV-Funktionen enorm hoch. Die             derzeit am meisten vom Umsatzanstieg durch Smart
wichtigsten Hersteller kämpfen verbissen um Markt-           TVs. Laut einer Studie von PricewaterhouseCoopers
anteile. Dieser Wettbewerb wird einerseits über den          (PwC) soll der Umsatz durch den Verleih und Verkauf
Preis ausgetragen und führt zu geringen Margen. An-          von digitalen Videoinhalten bis zum Jahr 2017 auf
dererseits setzen vor allem dominierende Hersteller          511 Millionen Euro steigen. Für 2013 wurde ein Um-
wie Samsung auf ein sehr hohes Innovationstempo,             satz von 175 Millionen Euro erwartet. Im Vergleich
welches einen schnellen Preisverfall für Smart TV-Ge-        zu heute kommt dabei dem Smart TV eine immer
räte zur Folge hat. Kleinere und mittelgroße Hersteller      größere Bedeutung zu. So soll 2017 mehr als jeder
zollen dieser aggressiven Strategie Tribut. Sie werden       Dritte VoD-Abruf direkt über ein Smart TV getätigt
                                                                      18
insolvent oder setzen auf extern zugelieferte Smart          werden . Allerdings ist der Markt für Video auf Abruf
TV-Portale, die aber wiederum Marge zugunsten der            hart umkämpft. Die Herausforderung der meisten
Anbieter wegnehmen.                                          VoD-Anbieter liegt in einer mangelnden Exklusivität
                                                             und der einfachen Möglichkeit eines Preisvergleichs.
Auch bei den Smart TV-fähigen Set-Top-Boxen, egal            Filmstudios und Produzenten lizenzieren ihre Vi-
ob als originäre oder als Boxen mit Smart TV als Zu-         deo-Inhalte meist an mehrere VoD-Anbieter parallel,
satzfunktion, ist der Wettbewerbs- und Preisdruck            so dass das Angebot austauschbar wird. Verschiede-
enorm. Smarte Set-Top-Boxen werden derzeit für               ne Anbieter haben oftmals die gleichen Filme und Se-
unter 100 Euro angeboten; Streaming Media-Sticks             rien im Portfolio. Verfügt ein Anbieter über exklusive
wie Google Chromecast für deutlich unter 50 Euro.            und zugleich populäre Inhalte, so werden diese in der
Im Fall von Apple (Apple TV) oder Google setzen die          Kundengewinnung prominent hervorgehoben.
Hersteller ihre Hoffnung weniger auf Gewinn aus
dem Geräteverkauf als vielmehr auf Umsätze über di-          Insbesondere Amazon verfolgt mit Amazon Instant
gitale Inhalte. Sollte Amazon – wie gemutmaßt – eine         Video (in den USA) und LoveFilm (in Europa) eine ag-
Smart TV-Box als Teil der Kindle-Familie auf den Markt       gressive Exklusivitätsstrategie – vor allem für Block-
bringen, dürfte sich der Wettbewerbs- und Preisdruck         buster und populäre Serien. Über Lizenzverträge ver-
nochmals weiter verschärfen. Bereits heute setzt             sucht man sich gegen hohe Garantiezahlungen eine
Amazon mit dem Kindle Fire auf ein sehr günstiges,           umfassende oder zumeist temporäre Exklusivität im
aber gut ausgestattetes Gerät, welches über die Ver-         Angebot zu sichern, um diese dann wiederum mit
käufe digitaler Inhalte und Dienste Gewinne erzielen         hohem Marketingaufwand im Wettbewerb zu posi-
soll. Eine Set-Top-Box könnte für Kindle Fire-Nutzer         tionieren. Sowohl die Austauschbarkeit im Angebot
als Zusatzangebot kostenlos oder extrem günstig              wie auch im Preis, aggressive Angebote als Flatrates
angeboten werden. Auch eine kostenlose oder sehr             für 6,99 Euro oder 7,99 Euro pro Monat, als auch die
günstige Abgabe einer Set-Top-Box für Neukunden              Exklusivitätsstrategie beeinflussen die Entwicklung
des Kundenbindungsprogramms ‚Amazon Prime‘                   von VoD-Produkten auf Smart TVs erheblich.
wird immer wieder kolportiert. Amazon konzentriert
sich in seinen Strategien nicht auf den Gewinn mit           18 PwC-Studie: Studie „Smart-TV: Mehrwert für den Konsumenten, mehr
                                                                Umsatz für die Medienbranche“, November 2013

19
Der Smart TV-Markt | Akteure, Strategien, Geschäftsmodelle

Werbung                                                      oder von Sonderwerbeformen bei Videos. Herstel-
Werbung ist nach Paid-Content die zweitwichtigste            ler experimentieren mit Werbeformen, die über
Erlösquelle in Bezug auf das Angebot von Inhalten            das normale TV-Programm eingeblendet werden,
direkt über Smart TVs. Zunächst sind hier die Wer-           sogenannte ,Overlay Ads’. Panasonic beispielsweise
beerlöse der TV-Programmanbieter zu nennen, die              testet eine Werbeform namens ‚Power Up Ad‘, die
durch die Verbreitung der Programme über Smart               unterhalb des eigentlichen TV-Programms – aber
TV erzielt werden. Diese Erlöse können jedoch nicht          immer noch im Fernsehbild – eingeblendet wird.
als originäre Smart TV-Umsätze betrachtet werden.            Der Test umfasst sowohl die Akzeptanz bei Zuschau-
                                                             ern und Werbetreibenden als auch Technologie, die
Smart TV selbst eröffnet neue Möglichkeiten der              die Inhalte des laufenden Programms erkennt und
Werbevermarktung. Die Nutzung von HbbTV-An-                  passende Werbung einblendet. Durch diese Art
                                                                           21
geboten und die Nutzung von Smart TV-Portalen                von Werbung geht ein Teil der Kontrolle über Ein-
bieten einen neuen, zusätzlichen Raum für Wer-               spielung von Werbung von den TV-Programmver-
bung. Die derzeit vorherrschende Werbeform ist               anstaltern auf die Smart TV-Portalbetreiber über.
Banner-Werbung in den jeweiligen Portalen, hier              Programmanbieter betrachten dies als wirtschaft-
sind auch interaktive Werbeformate möglich. Auch             liches Risiko für ihr Geschäftsmodell, da Umsätze
in den Inhalten kann direkt und personalisiert ge-           zum Smart TV-Portal-Betreiber verlagert und das
worben werden. Hier kommen die Werbeformen                   feinabgestimmte Konzept einzelner Werbeblöcke
Pre-Roll oder Splitscreen zum Einsatz. Die heutigen          untergraben würde.
Fernsehvermarkter konzentrieren sich vornehmlich
auf die Möglichkeiten von HbbTV, während Smart               Umsätze App-Verkäufe und App-Nutzung
TV-Portale (meist die Gerätehersteller) die Vermark-         Während sich der Markt und die Umsätze aus Apps
tung an externe Vermarktungsdienstleister über-              für Smartphones und Tablets in den letzten Jahren
geben haben. Im Falle von Samsung hat das Unter-             dynamisch entwickelt haben, hinken die direkten Er-
                                       19
nehmen selbst den ‚Samsung AdHub‘ gegründet,                 löse aus den Apps für Smart TV – mit Ausnahme von
über den Werbung für Smart TV, aber auch Mobile              VoD-Apps – deutlich hinterher. Dies hat verschiede-
und Tablet Ads gebucht werden kann. Der Samsung              ne Gründe. Smart TVs sind nicht so weit verbreitet
                                          20
AdHub basiert auf der OpenX-Plattform und wird               wie Smartphones oder Tablets. Die Auswahl an Apps
über eine strategische Partnerschaft mit dem Wer-            für Smart TV ist derzeit vergleichsweise gering. Au-
bevermarkter Smartclip abgewickelt. Smartclip wie-           ßerdem scheint die Zahlungsbereitschaft für kos-
derum besitzt ähnliche Vereinbarungen mit ande-              tenpflichtige Apps auf dem Smart TV deutlich ge-
ren Smart TV-Herstellern wie beispielsweise Philips          ringer ausgeprägt zu sein als im mobilen Segment
oder LG Electronics. Werbetreibende können daher             – allerdings existieren zu diesem Aspekt faktisch
Werbung über verschiedene Smart TV-Portale hin-              keine belastbaren Studien.
weg buchen.
                                                             Anbieter setzen derzeit auf indirekte Umsätze über
Werbung im Smart TV zielt nicht nur auf die Ver-             Smart TV-Apps. Zunächst steht wie auch im mobi-
marktung von Werbeflächen im Smart TV-Portal                 len Segment In-App-Werbung im Mittelpunkt. Die
                                                             Vermarktung von Werbung in Apps erfolgt weitest-
19 http://www.samsungadhub.com

20 http://openx.com                                          21 Rechtliche Aspekte werden im Rahmen dieses Beitrags nicht erörtert.

20
Der Smart TV-Markt | Akteure, Strategien, Geschäftsmodelle

gehend analog zur Werbevermarktung auf Smart                 bestimmen, ist offen. Smart TV-Hersteller versuchen
TV-Portalen. Anbieter wie Smartclip bieten hier ent-         ihre Position über die Kontrolle der Hardware- und
sprechende Produkte und Buchungsmöglichkeiten                Software-Ebene zu erreichen. Programmanbieter
an. Diese unterscheiden sich im Prinzip nicht von der        über die Nutzung ihrer linearen TV-Programme, der
In-App-Werbung im mobilen Bereich.                           HbbTV-Angebote sowie VoD-Angebote (Abb. 5).

Interessantes Potenzial als Erlösquelle bei den Smart        Der Smart TV-Markt steht als junger Markt am Be-
TV-Apps wird der Monetisierung des Second Screen             ginn seiner Entwicklung. Im Wettbewerb rund um
zugesprochen. Umsätze werden vor allem in sen-               das Smart TV steht die Gewinnmaximierung der-
dungsbegleitenden Apps auf Smartphones und                   zeit nicht an oberster Stelle. Die strategischen Ziele
Tablets generiert, die in das Nutzungserlebnis einer         sind vielmehr auf die Durchsetzung von Standards,
Sendung eingebunden sind. Programmveranstalter               die beste Wettbewerbspositionierung und die Ma-
experimentieren mit der Einbeziehung der Nutzer              ximierung von Marktanteilen ausgerichtet. Hohe
vor allem durch Votings und Kommentare. Aufbau-              Marktanteile bedeuten, einen großen Einfluss auf
end auf dieser Interaktion sollen verschiedene Pro-          die Standards und Marktentwicklungen zu haben.
dukte und Dienste angeboten werden. Einerseits               Daher stehen bei den wichtigsten Akteuren so ge-
die begleitende Einblendung von Werbung auf dem              nannte Gatekeeper-Strategien im Mittelpunkt.
Second Screen. Andererseits E-Commerce-Angebote
wie beispielsweise Kleidung, die ein Prominenter ge-         Betrachtet man den Markt für Smartphones und
rade trägt oder Musik, die in der Sendung läuft. Die-        Tablets, so herrschen dort derzeit de facto oligopole
se Konzepte stehen allerdings noch ganz am Anfang            Strukturen vor. Wenige Unternehmen dominieren
und die Umsätze sind überschaubar.                           den Markt. Das „Apple-Ökosystem“ und das „Goo-
                                                             gle/Android-Ökosystem“ kämpfen – mit sehr un-
Fazit: Gatekeeper-Strategien stehen im                       terschiedlichen Strategien – um die Vorherrschaft.
Vordergrund                                                  Die Marktstrukturen im Smart TV sind andere. Hier
Die dominierenden Akteure im Smart TV-Markt                  konnte sich Samsung zwar bereits eine dominieren-
sind die Gerätehersteller mit ihren eigenen Smart            de Stellung erarbeiten. Allerdings kann davon aus-
TV-Portalen sowie die Programmanbieter, die über             gegangen werden, dass auf absehbare Zeit die in der
das lineare Fernsehen, VoD und HbbTV in den Markt            Smart TV Alliance kooperierenden Unternehmen so-
drängen. In diesen Bereichen liegen die Hauptwett-           wie die Hersteller von Set-Top-Boxen und Spielekon-
bewerbsfelder (Abb. 5) im Kampf um Standards, Kun-           solen ein Gegengewicht bilden können. Die künftige
den und Marktanteile. Im Wesentlichen geht es um             Position von Konzernen wie Google oder Apple ist
die Frage, wer letztendlich die direkte Kunden- und          derzeit schwer zu prognostizieren. Die Programm-
Bezahlbeziehung zu den Endnutzern bekommen                   anbieter mit ihren Bemühungen zur Etablierung
kann und wird. Diese Beziehung ist die wesentliche           von HbbTV und mit ihrem Einfluss auf die attrakti-
Grundlage für eine umfassende Kontrolle über den             ven Inhalte haben ebenfalls erheblichen Einfluss auf
Aufbau und die Weiterentwicklung von Erlösquel-              die Entwicklungen im Smart TV-Markt. Ausgehend
len. Der Navigationsebene kommt durch die hier               von ihren Kernsegmenten stoßen die verschiedenen
definierte Auffindbarkeit von Diensten und Inhalten          Akteure in die verschiedenen Segmete des Marktes
eine wichtige Bedeutung zu. Die Frage, ob Smart              vor. So treten beispielsweise Gerätehersteller als
TV-Portale oder HbbTV-Portale die künftige Nutzung           Werbevermarkter auf.

21
Sie können auch lesen