Wiedergewinnung von Vertrauen oder Rückkehr der Vertrau-ensillusion?

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Wiedergewinnung von Vertrauen oder Rückkehr der Vertrau-
      ensillusion? *
      Ein Plädoyer für gesundes Misstrauen gegenüber systematischen Tau-
      tologien

      CHRISTOPH WEBER-BERG**

      Regain of Trust or the Return of an Illusion? A Call for Sensible Mistrust in
      Face of Systemic Tautologies
      The loss of trust in the context of the actual crisis is widely deplored. But how deep were the roots of
      trust after all? This article argues that the financial system, even in times of well functioning, was
      affected by deep mistrust, masked by a mere illusion of trust, evolving from processes of self-reference.
      A self-referring rationale, lacking external normative reference, is at the root of individual, institu-
      tional and systemic failure. The call for more or better morals, often seen as means to overcome the
      crisis, will fall short of its desired effect. There is a need for sensible mistrust and ethical competence of
      responsible people. This might bring us a step further to more stable financial markets that serve,
      rather than threaten, the stability of societies on a global scale.
      Keywords: Trust, financial crisis, self reference, ethical competence

      1. Verlorenes Vertrauen oder demaskierte Vertrauensillusion?
      Å:HJHDXVGHU9HUWUDXHQVNULVH´LVWGHU7LWHOHLQHVLP-DKUHHUVFKLHQHQ%uches, in
      GHPVLFKLOOXVWUH$XWRUHQQDFKGHP3ODW]HQGHUVRJHQDQQWHQÅ1HZ(FRQRP\%XEb-
      OH´ DXI GLH Å6XFKH QDFK HLQHP 1HXEHJLQQ´ PDFKWHQ vgl. Jakob/Naumann 2003).
      Dieses Buch steht exemplarisch für eine große Zahl von Veranstaltungen und Publi-
      kationen, die damals die Krise reflektierten und nach Auswegen suchten. Wie ein
      Echo aus der jungen Vergangenheit erscheint deshalb heute der allenthalben erschal-
      lende Ruf nach der Wiederherstellung des Vertrauens. 6RVWDQGHWZDGDVÅ,QWHUQa-
      tional Sustainability LeDGHUVKLS 6\PSRVLXP´ in Rüschlikon/Zürich unter dem Titel
      Å5HVWRULQJ 7UXVW LQ WKH )LQDQFLDO 0DUNHWV 7LPH WR 7KLQN 6XVWDLQDEO\´ Doch wie
      schon vor sieben Jahren bleibt auch diesmal der Begriff des Vertrauens verschwom-
      men. Wo das ökonomische Paradigma ratlos bleibt, werden oft Moral und Ethik ²
      auch diese Begriffe bleiben dabei verschwommen und werden mangels Klarheit häufig
      im gleichen Atemzug genannt ² implizit oder explizit zu Rettungsankern des wieder
      ________________________
      *       Beitrag eingereicht am 30.9.2009, nach doppelt verdecktem Gutachterverfahren überarbeitete
              Fassung angenommen am 11.01.2010
      **      Dr. theol. Christoph A. Weber-Berg, Center for Corporate Social Responsibility, HWZ Hoch-
              schule für Wirtschaft Zürich, Lagerstrasse 5, CH-8021 Zürich, Tel: +41 43 322 18 40, Fax: +41
              43 322 26 01, E-Mail: christoph.weber@fhhwz.ch, Forschungsschwerpunkte: CSR, Wirtschafts-
              und Unternehmensethik.

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zu gewinnenden Vertrauens stilisiert. Ulrich Thielemann hat schon in der genannten
    Publikation vor sechs Jahren differenzierte Skepsis gegenüber dem Versuch geäußert,
    Moral oder Ethik als Mittel des Auswegs aus der Vertrauenskrise zu propagieren
    (Thielemann 2003: 297 ff.). Er verwies u. a. auf die Doppelzüngigkeit vieler unter-
    nehmerischer Äußerungen zu Verantwortung und Legitimation gegenüber An-
    spruchsgruppen. Was sich mit ethisch gehaltvollen Begriffen schmückt, dient offen-
    sichtlich oft eher der Akzeptanz-Sicherung als der Herstellung und Aufrechterhaltung
    Å9HUGLHQWHU 5HSXWDWLRQ´ ZHOFKH DOV $QNHU GHV 9HUWUDXHQV JHOWHQ N|QQWH
    Thielemanns Zweifel, ob sich eine ² wie von der UBS in ihrem Handbuch der Ausga-
    be 2002 propagierte ² ÅbQGHUXQJLQQHUHU(LQVWHOOXQJHQ´LQ5LFKWXQJHWKLVFKHU9Hr-
    antwortung einstellen würde (Thielemann 2003: 313), erscheinen aus heutiger Sicht
    mehr als berechtigt.
    Mit Blick auf die nachfolgenden Gedanken soll an dieser Stelle eine Definition von
    Vertrauen herangezogen werden, die sich aus Arbeiten von Wissenschaftlern ver-
    schiedener DisziplLQHQ LQ HLQHU 6RQGHUDXVJDEH GHU Å$FDGHP\ RI 0DQDJHPHQW 5e-
    YLHZ´zum Thema Vertrauen im Jahre 1998 herauskristallisierte:
    Å7UXVWLVDSV\FKRORJLFDOVWDWHFRPSULVLQJWKHLQWHQWLRQWRDFFHSWYXOQHUDELOLW\EDVHG
    XSRQ SRVLWLYH H[SHFWDWLRQV RI WKH LQWHQWLRQV RU EHKDYLRU RI DQRWKHU´ RGHU LQ GHU
    .XU]IRUP Å7UXVW LV WKH ZLOOLQJQHVV WR EH vulnerable under conditions of risk and
    interdependenceµ(Rousseau et al. 1998: 395).
    Es sind zwei Bedingungen, die für Vertrauen benötigt werden: Risiko und Interde-
    pendenz, wobei Risiko und Vertrauen reziprok aufeinander bezogen sind ÅRisk
    creates an opportunity for trust, which leads to risk takingµ 5RXVVHDX HW DO 
    395).
    Rainer Stöttner hat jüngst präzise dargelegt, dass der im Kontext der aktuellen Krise
    beklagte Vertrauensverlust nicht eben erst ausgelöst wurde, sondern die Folge einer
    tief sitzenden und lang anhaltenden Vertrauenskrise ist (vgl. Stöttner 2009). Die Theo-
    rie der transparenten Märkte mit vollständig informierten Akteuren steht seines Er-
    achtens schon lange in krassem Gegensatz zur Realität derjenigen Märkte, die auf
    Grund verlorener Vertrauensbasis enorme Transaktionskosten verursachen. Prinzipal-
    Agent Konflikte, Gerichtskosten oder (von Stöttner nicht erwähnt) die Kosten von
    Anreizsystemen können zu denjenigen Transaktionssicherungskosten gezählt werden,
    welche das Fehlen einer tragfähigen Vertrauensbasis kompensieren sollen (Stöttner
    2009: 8f.). Stöttner liegt damit auf der Linie derjenigen Autoren, welche Vertrauen als
    eine Möglichkeit sehen, Transaktionskosten zu reduzieren (Rousseau et al. 1998: 396).
    Tiefsitzendes Misstrauen in die Bonität von Geschäftspartnern, begründete Zweifel an
    der Rationalität der Preisbildung an Märkten, Glaubwürdigkeitsverlust gegenüber dem
    ÅOHLWHQGHQ3HUVRQDOGHU)LQDQ]EUDQFKH´ 6W|WWQHU  JHSDDUWPLWGHP3DUDGR[
    einer Risikoscheu, die Risiken vermeiden will und gleichzeitig immer mehr und neue
    5LVLNHQJHQHULHUWHUJHEHQGDVÅEULVDQWH*HPLVFK´ 6W|WWQHU GDVUFNVLFKWVOo-
    ses und unmoralisches Verhalten nicht nur hervorbrachte, sondern kurzfristig auch sehr
    gut belohnte: Wer mit Risiko-Absicherungsinstrumenten nicht tatsächlich bestehende
    Risiken absicherte, sondern in einer Weise spekulierte, dass nicht nur Gewinnmöglich-
    keiten, sondern auch neue Risiken entstanden, konnte damit viel Geld verdienen ² so-
    lange er die selbstgenerierten Risiken schnell genug als Anlagemöglichkeiten verkaufen

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konnte. Nach Stöttner herrschte also vor der Krise kein Zustand des Vertrauens, son-
      dern des hektischen, von Unmoral geprägten Misstrauens. Die Definition der Wirtschaft
      als wertfreien Raum IKUWHLQHLQHÅ:HUWHNULVH´ (Stöttner 2009: 17).
      Die aktuelle Krise zeigt deutlicher als je zuvor: in einer zur amoralischen Sphäre er-
      klärten Wirtschaft ist die Unmoral systematisch im Vorteil. Moralisches Verhalten
      verursacht für den entsprechenden Akteur Zusatz- oder zumindest Opportunitätskos-
      WHQ(ULVWGDGXUFKLP1DFKWHLOJHJHQEHUGHQHQGLHVLFKLQGHUÅDPRUDOLVFKHQ´6SKä-
      re ungehindert unmoralisch verhalten. Der Versuch, diesen Effekt zu begrenzen und
      die Unmoral über Gesetze, Regelungen, Überwachungs-, Sanktions- und Anreizsys-
      teme einzudämmen, generiert systemweit enorme Transaktionskosten. Zugespitzt
      kann gesagt werden: Die Entwicklungen, die zur aktuellen Krise geführt haben, sind
      der Output eines ineffizienten, die Unmoral begünstigenden Systems, das ² Bezug
      nehmend auf die obige Definition von Vertrauen ² zwar die beiden Voraussetzungen
      für Vertrauen, Risiko und Interdependenz, bereithält, das aber auf Grund tief sitzen-
      den Misstrauens nicht nur hohe Transaktionskosten generiert, sondern auch kaum
      Raum lässt für die positiven Erwartungen bezüglich der Absichten und des Verhaltens
      anderer Akteure. Die reziproke Beziehung zwischen Risiko und Vertrauen (Rousseau
      et al. 1998: 395) erweist sich ohne die Bestätigung der positiven Erwartungen als leere
      Autoreferenz.
      Paul H. Dembinski hat in seinem jüngst HUVFKLHQHQHQ %XFK Å)LQDQFH 6HUYDQW RU
      'HFHLYHU"´(Dembinski 2009) mit Bezug auf Georg Simmel aufgezeigt, dass zwei An-
      ker das Vertrauen in das Funktionieren eines Geldsystems sicherstellen: Die Form des
      Geldes (Objekt oder Symbol: etwa Gold, Silber, Münzgeld oder Papier) sowie die
      soziale Institution (eine nationalstaatlich gefasste Volkswirtschaft), innerhalb derer das
      Geld zirkuliert (Dembinski 2009: 28). Je obsoleter ² bedingt durch die immer komple-
      xeren elektronischen Transaktionssysteme ² die Frage nach der Form des Geldes ist,
      desto wichtiger wird die Frage nach der sozialen Institution. Traditionell war es der
      Staat, bzw. die Notenbank, welche den Anker dieses Vertrauens darstellten. Je formlo-
      ser das Geld jedoch global elektronisch zirkulieren kann, desto mehr löst es sich von
      der Kontrolle des Staates und wird Teil des privaten Finanzsystems, welches im virtu-
      ellen Raum Geld schöpfen kann'LHVH(QWZLFNOXQJGLHÅ)XVLRQYRQ*HOGXQG*HOd-
      V\VWHP´ (Dembinski 2009: 31) trägt zu einer enormen Komplexitätssteigerung bei und
      kann dadurch das Vertrauen in den zweiten Anker des Funktionierens von Geld und
      Geldsystemen, die soziale Institution, unterminieren: Die Bereitschaft, sich im inter-
      dependenten System Risiken bezüglich von Erwartungen auszusetzen nimmt auf der
      einen Seite ab und muss auf der anderen Seite mit der Aussicht auf immer größere
      *HZLQQFKDQFHQDXIUHFKWHUKDOWHQZHUGHQ'DPLWZLUGGLH6SLUDOHHLQHUÅVHOI-fulfilling
      SURSKHF\´ 0HUWRQf.) in Gang gesetzt, die sich noch schneller nach unten
      drehen kann als QDFKREHQÅ'LHWUJHULVFKH5LFKWLJNHLWGHUÅVHOI-fulfilling propKHF\´
      YHUHZLJWGLH+HUUVFKDIWGHV,UUWXPV´ 0HUWRQ 
      Wenn also von der Wiederherstellung von Vertrauen die Rede sein soll, dann ist da-
      rauf zu achten, dass die oberflächliche Kaschierung der tief sitzenden, von den oben
      skizzierten Entwicklungen verursachten, Vertrauenskrise nicht mit der Wiedergewin-
      nung von Vertrauen verwechselt wird. Wie aber könnte es zu dieser Kaschierung
      kommen? Den folgenden Überlegungen liegt die ² auf der oben beschriebenen, auto-

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referenziellen Interdependenz von Risiko und Vertrauen sowie auf Mertons Theorem
    GHUÅVHOI-IXOILOOLQJSURSKHF\´JUQGHQGH² Annahme zugrunde, dass dies im Rahmen
    eines autoreferenziellen Prozesses geschehen kann, der eine bloße Vertrauensillusion,
    anstatt echtem Vertrauen erzeugt. In der Sphäre dieser Illusion ist es effizient und
    rational, an die Tragfähigkeit des Vertrauens zu glauben. Das Vertrauen darauf, dass
    Vertrauen sich auszahlen wird, erzeugt im Bewährungsfall gestärktes Vertrauen: Wenn
    eine kritische Masse von Akteuren darauf vertraut, dass Märkte grundsätzlich funktio-
    nieren, oder gar, dass sie sich aufwärts bewegen werden, wird sich dieses Vertrauen
    bestätigen.
    Das Vertrauen, dessen Verlust heute beklagt wird, ist in dieser Sichtweise eine autore-
    ferenziell entstandene, und gleichermaßen wieder verlorene Vertrauensillusion, deren
    Wiedergewinnung oder Wiederherstellung alles andere als erwünscht sein kann. Ganz
    im Gegenteil ist die Schaffung und Erhaltung eines kritischen Misstrauens gefordert,
    welches in der Lage ist, die autoreferenzielle Logik derjenigen Prozesse zu erkennen,
    die am Ursprung der gegenwärtigen Krise liegen.
    Im Gegensatz zur autoreferenziell entstandenen Vertrauensillusion bezieht sich ² im
    besten Wortsinne ² begründetes Vertrauen auf ein jenseits seiner selbst und seines
    unmittelbaren Bezugssystems liegenden Tertium GDV GLH ÅSRVLWLYHQ (UZDUWXQJHQ
    bezüglich der Absichten und des Verhaltens GHUDQGHUHQ´(Rousseau et al. 1998: 395)
    QDFKKDOWLJEHVWlWLJWXQGGLH$NWHXUHQLFKWZLHGHUKROWDXILKUHÅ9HUOHW]OLFKNHLW´(Rous-
    seau et al. 1998: 395) zurückwirft. Vertrauen im Bezugssystem der Finanzwirtschaft
    und der Finanzmärkte darf nicht mit oberflächlicher, von Analysten und Kommunika-
    tionsabteilungen unter Mithilfe der Medien instrumentell hergestellter Akzeptanz ver-
    wechselt werden. Begründetes Vertrauen braucht einen Bezug zum Tertium der
    ÅQRUPDWLYHQ 3UlPLVVHQ HLQHU JXW RGHU EHVVHU IXQNWLRQLHUHQGHQ :LUWVFKDIW´ 8OULFK
    2009: 3), die nicht von Opportunismus und Schlaumeierei in einer als amoralisch defi-
    nierten Sphäre geprägt ist, sondern von der gegenseitigen Respektierung der jeweiligen
    Akteure als freie und gleichberechtigte (Wirtschafts-)Bürger (Ulrich 2009: 14).

    2. Systematische Selbstbezogenheit als Krisenursache
    Autoreferenz, die Inexistenz oder der Verlust des Bezuges zu externen Referenzpunk-
    ten, wurde in vielen Kontexten als Ursache des Versagens erkannt und beschrieben.
    Im Kontext religiöser Anthropologie etwa wird die Selbstbezogenheit als Grundstruk-
    tur verfehlten menschlichen Lebens beschrieben. So bezeichnete Martin Luther den
    0HQVFKHQ LP =XVWDQG GHU 6QGH DOV ÅKRPR LQFXUYDWXV LQ VH LSVXP´ /XWKHU 
    356), als in sich selbst gekrümmten oder gebeugten Menschen. Dabei geht es nicht
    primär um den moralisch sündigen Menschen, der zum Beispiel selbstsüchtig nichts
    als seinen eigenen Vorteil sucht, es geht in moderneren Begriffen um den Menschen
    im Zustand existenzieller Sünde: Um den Menschen, der die Referenzpunkte, die
    ÅQRUPDWLYHQ3UlPLVVHQ´ 8OULFK 2009: 3) seines Lebens aus den Augen verloren hat
    und dadurch sein Leben als Mensch grundsätzlich verfehlt. Die Lösung aus der
    Selbstfixiertheit und die Öffnung für die Beziehung zu Gott (Rechtfertigung durch
    Gott) und zu anderen Menschen macht im Rahmen dieser, nicht nur im protestanti-
    schen Christentum vorkommenden, Denkfigur den Menschen zum Menschen und
    befreit ihn zu einem gelingenden Leben. Der jüdische Religionsphilosoph Martin Bu-

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ber bracKWHGHQ8PVWDQGGHU,GHQWLWlWVILQGXQJGHUÅ0HQVFKZHUGXQJ´GXUFK%H]Le-
      KXQJLQHLQHUSUlJQDQWHQ)RUPXOLHUXQJDXIGHQ3XQNWÅ,FKZHUGHDP'X,FKZHr-
      GHQGVSUHFKHLFK'X´ %XEHU (UVWLP(UNHQQHQGHV$QGHUHQLP*HJHn-
      über, erst in der Ansprache dieses Anderen findet der Mensch seine Identität, über-
      windet er seine Selbstbezogenheit.
      Auch technische, rückkoppelnde Systeme brauchen jederzeit mindestens einen Be-
      zugspunkt außerhalb ihrer selbst, um stabil zu funktionieren. Komplett autoreferen-
      zielle Systeme sind inhärent instabil und geraten irgendwann außer Kontrolle ² genau-
      er gesagt: Äaußer sich¶. Sie kommen gewissermaßen in eine existenzielle Krise, die ihr
      eigenes Funktionieren letztlich ad absurdum führt oder verunmöglicht. Ein Bild dafür
      kann der Rückkopplungseffekt an einem System von Mikrofon, Verstärker und Laut-
      sprecher sein: in der Phase, in welcher ein Rückkopplungspfeifen sich erst aufbaut
      und langsam anschwillt, funktionieren im Grunde sowohl Mikrofon, als auch Verstär-
      ker und Lautsprecher ausgezeichnet. Die Selbstbezogenheit und das gute Funktionie-
      ren des Systems bewirken jedoch im schlimmsten Fall seinen Totalausfall: Der Ver-
      stärker, der Lautsprecher oder sogar das Mikrofon können zerstört werden.
      Im Kontext der Finanzkrise lässt sich das Phänomen der Autoreferenz am Beispiel
      einer Aussage des ehemaligen CEO der US-amerikanischen Citigroup, Charles
      Å&KXFNµ 3ULQFH LP ,QWHUYLHZ PLW GHU )LQDQFLDO 7LPHV LOOXVWULHUHQ. Am 9. Juli 2007
      äußerte er sich folgendermaßen: Å:KHQWKHPXVLFVWRSVLQWHUPVof liquidity, things
      ZLOO EH FRPSOLFDWHG %XW DV ORQJ DV WKH PXVLF LV SOD\LQJ \RX·YH JRW WR JHW XS and
      dance. :H·UHVWLOOGDQFLQJ´ (vgl. Financial Times 2009). Tanzen hieß damals aus über-
      schüssiger Liquidität, aus billig verfügbarem Geld, noch mehr Geld, also noch mehr
      überschüssige Liquidität zu machen. War das, was die Akteure, Institutionen und Re-
      gulatoren der Finanzmärkte für Tanzmusik hielten, nur ein Rückkopplungspfeifen?
      Vieles spricht dafür. Zum Beispiel im Falle der Citigroup: Der Aktienkurs des Unter-
      nehmens stand zum Zeitpunkt des Interviews auf gut 52 US Dollar. Chuck Prince
      verließ die Citigroup vier Monate später, am 5. November 2007, bei einem Stand von
      33.10 US $. Nach einem Tiefststand von 1.78 US $ im März 2009 steht der Aktienkurs
      im September 2009 bei 4.20 US $. Der amerikanische Staat rettete die Bank mit insge-
      samt 301 Milliarden US-Dollar vor dem Kollaps.
      In den folgenden Abschnitten soll der Frage der Selbstbezogenheit, beziehungsweise
      der Autoreferenz, als Krisenursache vertieft nachgegangen werden, bevor am Schluss
      die Frage nach der Überwindung der Vertrauensillusion noch einmal aufgenommen
      werden kann.

      2.1 Autoreferenzielle Funktionslogik des Geldes
      Die Rede von Autoreferenz als mögliche Krisenursache, beziehungsweise als Ursache
      unbegründeten Vertrauens im wirtschaftlichen Kontext, führt an die Frage nach dem
      Geld heran. In den folgenden Abschnitten soll ² in einem kulturphilosophischen Sei-
      tenblick auf Georg Simmel ² dargelegt werden, inwiefern die Funktionslogik des Gel-
      des am UrsprunJGHU7DWVDFKHOLHJHQN|QQWHGDVVGHU%OLFNIUGLHÅQRUPDWLYHQ3Uä-
      PLVVHQ HLQHU JXWRGHU EHVVHU IXQNWLRQLHUHQGHQ :LUWVFKDIW´ 8OULFK    YHUORUHQ
      gehen kann.

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Die autoreferenzielle Logik des Geldes hat die Tendenz, einerseits die Subjekte mone-
    tär bemessener Transaktionen aus ihren unmittelbaren Beziehungen und andererseits
    sich selbst aus ihren Entstehensbedingungen zu lösen. Georg Simmel hat sich in sei-
    QHUÅ3KLORVRSKLHGHV*HOGHV´umfassend mit diesem Umstand und mit seiner Bedeu-
    tung für die Integration moderner Gesellschaft auseinandergesetzt.
    Simmel hat GHQ 7DXVFK DOV ÅUHLQVWH XQG JHVWHLJHUWVWH :HFKVHOZLUNXQJ´ GDUJHVWHOOW
    ÅGLHLKUHUVHLWVGDVPHQVFKOLFKH/HEHQDXVPDFKWVREDOGHVHLQHQ6WRIIXQG,QKDOWJe-
    ZLQQHQ ZLOO´ 6LPPHO    %H]LHKXQJ qualifiziert nach Simmel menschliches
    Leben als solches, und der Tausch ist deren reinste Form. Simmel spricht allerdings
    QLFKWYRQÅ%H]LHKXQJ´VRQGHUQYRQÅ:HFKVHOZLUNXQJ´XQGEULQJWGDPLWGLH'LVWDn-
    ziertheit zum Ausdruck, die den Beziehungen einer auf Individualität und Unverbind-
    lichkeit bedachten modernen Gesellschaft innewohnt. Geldvermittelte Beziehungen
    ermöglichen laut Simmel individuelle Freiheit, indem sie personale Bindungen auflö-
    VHQ XQG GXUFK HLQH 9LHO]DKO DQRQ\PHU :HFKVHOZLUNXQJHQ HUVHW]HQ Å'ie allgemeine
    Tendenz aber geht zweifellos dahin, das Subjekt zwar von den Leistungen immer
    mehrerer Menschen abhängig, von den dahinterstehenden Persönlichkeiten als sol-
    FKHQDEHULPPHUXQDEKlQJLJHU]XPDFKHQ«'LHPRGHUQH$UEHLWVWHLOXQJOlVVWHEHn-
    so die Zahl der Abhängigkeiten wachsen, wie sie die Persönlichkeiten hinter ihren
    )XQNWLRQHQ ]XP 9HUVFKZLQGHQ EULQJW «´ 6LPPHO    (V LVW OHW]WOLFK GDV
    *HOG GDV GLHVH /HEHQVIRUP HUP|JOLFKW Å'DV *HOG LVW GHU DEVROXW JHHLJQHWH 7UlJHU
    eines derartigen Verhältnisses;; denn es schafft zwar Beziehungen zwischen Menschen,
    aber es lässt die Menschen außHUKDOEGHUVHOEHQ«´ 6LPPHO 
    Bedeutsam ist die Ambivalenz, die durch Simmels Formulierungen hindurch scheint:
    Der Preis individueller Freiheit ist die geldvermittelte Abhängigkeit von einer Vielzahl
    von anonymen Menschen. Im Zustand individueller Freiheit verschwindet die Person
    KLQWHUGHP*HOGGHPÅ7UlJHUHLQHVGHUDUWLJHQ9HUKlOWQLVVHV´(VYHUVFKZLQGHWDEHU
    nicht nur die Person hinter dem Geld, sondern auch die Ware oder die Dienstleistung,
    die im Tausch äquivalenter Güter gegen Geld in Anspruch genommen wird. Der im
    Tausch realisierte Wert hat seinen Ursprung nicht etwa im Substanzwert von Gütern,
    sondern im Tausch selbst. Seltenheit und Begehrtheit sind die Angebots- bzw. die
    Nachfragebedingungen des im Tausch realisierten wirtschaftlichen Wertes (Flotow
    1995: 51 ff.).
    Wirtschaftliche Wertschöpfung geschieht demnach in geldvermittelten Tauschbezie-
    hungen zwischen einer potenziell unbeschränkten Vielzahl von Menschen, wobei
    sowohl die Menschen, als auch die getauschten Güter für den Wert als solchen im
    Grunde irrelevant sind. Das Getauschte nimmt im Tausch selber Geldform an. Philo-
    sophisch gesprochen stehen Wert und Wirklichkeit fast unverbunden nebeneinander:
    der Wert hat seinen Ursprung nicht im Sein, sondern in einer Funktion des Seins,
    nämlich der Tauschbeziehung (Flotow 1995: 30 ff.;; Simmel 1989: 24). Das Geld, als
    $XVGUXFN ZLUWVFKDIWOLFKHQ :HUWHV VWHKW GHPQDFK HLQHUVHLWV IU GLH Å5HODWLYLWlW GHU
    'LQJH´ 6LPPHO XQGO|VWVLFK² genau weil es die Relativität repräsentiert ²
    aus der Sphäre der Wirklichkeit der Dinge. Als von der Wirklichkeit Losgelöstes wird
    HV]XP$EVROXWHQÅGDVNHLQHQDQGHUHQ,QKDOWKDWDOVGHQ$OOJHPHLQEHJULIIGHV6HLQV
    überhaupt, [es] schließWGHPQDFKLQVHLQH(LQKHLWDOOHVHLQZDVEHUKDXSWLVW´ 6LPPHO
    1989: 120).

zfwu 11/2 (2010), 126-138                                                                              131
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Als von der Lebenswirklichkeit losgelöster Wert wird das Geld zum Absoluten, po-
      tenziell zur Gesamtheit der möglichen Tauschrelationen und damit zum Wertmaßstab
      MHGHUHLQ]HOQHQNRQNUHWHQ7DXVFKKDQGOXQJÅ'LH'RSSHOUROOHGHV*HOGHVLVWGDVVHV
      einerseits die Wertverhältnisse der austauschenden Waren untereinander misst, ande-
      rerseits aber selbst in den Austausch mit ihnen eintritt und so selbst eine zu messende
      GrößH GDUVWHOOW«'DV *HOG JHK|UW DOVR ]X GHQMHQLJHQ QRUPLHUHQGHQ 9RUVWHOOXQJHQ
      GLHVLFKVHOEVWXQWHUGLH1RUPEHXJHQGLHVLHVHOEVWVLQG´ 6LPPHO .1
      Georg Simmel bringt die autoreferenzielle Funktionslogik des Geldes nicht nur poin-
      tiert zum Ausdruck, er deutet ² ohne die tatsächlichen Entwicklungen des 20. Jahr-
      hunderts und unserer Gegenwart nur erahnen zu können ² schon an, welche Ambiva-
      OHQ]VLFKDXVGHU'RPLQDQ]GLHVHU/RJLNHUJLEWSKLORVRSKLVFKJHVSURFKHQDOVÅ*UHLf-
      barkeit des Abstraktesten, das Einzelgebilde, das am meisten seinen Sinn in der
      Übereinzeltheit hat´ 6LPPHO . 3UDJPDWLVFKHUÅ'DV:HVHQWOLFKHDEHULVWGLH
      DOOJHPHLQH « 7DWVDFKH GDVV GDV *HOG DOOHQWKDOEHQ DOV=ZHFN HPSIXQGHQ ZLUG XQG
      damit außerordentlich viele Dinge, die eigentlich den Charakter des Selbstzwecks ha-
      ben, zu bloßen Mitteln herabdrückt´ 6LPPHO .
      Das Geld, von seinem Begriff her reine Funktion, löst sich aus seinem funktionalen
      Kontext der subjektiven Wahrnehmung von Werten unter den Bedingungen von
      1DFKIUDJH Å%HJHKUHQ´Flotow 1995: 52 f.) XQG$QJHERW Å6HOWHQKHLW´Flotow 1995:
      54 f.) und gewinnt paradoxerweise eine Art Objektivität als Endzweck jenseits aller
      austauschbaren und in Substanz und Wesen irrelevanten Dinge und Menschen. Die
      Objektivierung subjektiver Wertungen versteht Simmel als grundlegenden Kulturpro-
      zess der Moderne. Das in diesem Verständnis angelegte Paradoxon, dessen stärkster
      Ausdruck das Geld ist, steht in Analogie zur von Simmel in Anlehnung an Nikolaus
      von Kues formulierter 9RUVWHOOXQJ *RWWHV DOV ÅFRLQFLGHQWLD RSSRVLWRUXP´ (vgl. Sim-
      PHO ,QWKHRORJLVFKHQ%HJULIIVDQOHLKHQVSULFKW6LPPHOLQGHUÅ3Kilosophie
      GHV *HOGHV´ JDU YRQ GHU Å'RSSHOQDWXU´ GHV *HOGHV LQ HLQHU Å+\SRVWDVLHUXQJ GHV
      7DXVFKHV´XQGHLQHUÅ)OHLVFKZHUGXQJHLQHUUHLQHQ)XQNWLRQ´ 6LPPHO 2
      Ohne jeden Hang zum Moralisieren zeigt Simmel auf, welcher Zündstoff im Grunde
      in der autoreferenziellen Logik des Geldes liegt. Sie unterläuft den Kontext ihrer eige-
      nen Entstehensbedingungen und hat die fundamentale Krise schon immer in sich
      angelegt. Sie ist gefangen in systematischer und von der Wirklichkeit losgelöster
      Selbstbezogenheit und damit in ihrer Struktur tautologisch. In religiösen Kategorien
      gesprochen kann sie geradezu blasphemische Züge annehmen, indem sie dem Men-
      schen die Möglichkeit anbietet, sich zur Gesamtheit des Seins in Relation zu bringen,
      ihn gleichzeitig aber in die prekäre Lage versetzt, sich einem Modus der Wahrneh-

      ________________________
      1     3DVFKHQYRQ)ORWRZKDWLQVHLQHPVFKRQ]LWLHUWHQ%XFKGLH%HGHXWXQJGHV%HJULIIVGHUÅ'RSSHl-
            UROOH GHV *HOGHV´ IU GDV 9HUVWlQGQLV YRQ 6LPPHOV 3KLORVRSKLH GHV *HOGHV DOV HUVWHU GHXWOLFK
            herausgearbeitet (Flotow 1995: 93 ff.).
      2     Das Zusammenfallen der Gegensätze erinnert auch an das opus magnum des Alchimisten: die
            Vereinigung der gegensätzlichen Elemente im höchsten Moment, der zugleich Augenblick und
            Ewigkeit ist. Hans Christoph Binswangers 1985 erstmals erschienene Interpretation von Goethes
            Faust hat diesen Zusammenhang ² nicht zuletzt mit Bezug auf das moderne Geld- und Wirt-
            schaftssystem ² aufschlussreich und unterhaltsam zugleich aufgearbeitet (Binswanger 2005).

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                             Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig.
mung und des Lebens auszuliefern, der die existenzielle Krise prinzipiell in sich ange-
    OHJWKDW'HUÅKRPRLQFXUYDWXVLQVHLSVXP´SURML]LHUWYHUIHKOWHV/HEHQLQGDVKLQDXV
    was er für Wert hält und bleibt gerade dadurch in Selbstfixiertheit gefangen.
    Das Verfängliche daran ist die hohe Evidenz des Faktischen, hinter der sich Tautolo-
    gien verbergen können. Chuck Prince musste tanzen, solange die Musik spielte. Wenn
    er misstrauisch geworden wäre und den Tanzboden rechtzeitig verlassen hätte, wäre er
    bis ganz kurz vor der Krise für unvernünftig, gar für verrückt gehalten worden. Doch
    im Nachhinein wird überdeutlich: Geldwerte, die sich ² im Sinne der schon von Sim-
    mel erkannten Trennung zwischen Wert und Wirklichkeit ² von den realwirtschaftli-
    chen Zusammenhängen gelöst und eine eigene Sphäre der Schein-Objektivität gebildet
    hatten, bestanden nur als reine Funktion der absoluten (losgelösten) und systemati-
    schen Selbstbezogenheit. Risiken, die bis zur Unkenntlichkeit umstrukturiert und mit
    Å/HYHUDJH´DXIJHEODVHQZLH,UUOLFKWHUGXUFKGLH)LQDQ]ZHOWJHLVWHUWHQHU]HXJWHQGHQ
    Resonanzraum eines sich aufschaukelnden Systemrisikos, das zusammengenommen
    den Charakter einer hoch komplexen und daher nur schwer erkennbaren Rückkopp-
    lung trug.
    Mit Blick auf die Leitfrage dieses Beitrages kann deshalb festgehalten werden, dass die
    vom Geld ausgehende Tendenz zur eigendynamischen Autoreferenz mit zu den Vo-
    raussetzungen gehört, welche das scheinbare Vertrauen von vor der Krise mindestens
    temporär als ÅYHUHZLJWH+HUUVFKDIWGHV,UUWXPV´ 0HUWRQ HUVFKHLQHQ ließ.
    'DVKLHUYHUWUHWHQH$UJXPHQWJHKWDOOHUGLQJVGDKLQGDVVGLHÅ+HUUVFKDIWGHV,UUWXPV´
    rekurrierende, krisenhafte Einbrüche erleidet. Diese Einbrüche entstehen, weil die
    DXWRUHIHUHQ]LHOOH Å,QWHUGHSHQGHQ] ]ZLVFKHQ 5LVLNR XQG 9HUWUDXHQ´ (Rousseau et al.
    1998: 395) durch zur Unkenntlichkeit vernebelte Risiken unterlaufen wird und die
    Subjekte des Vertrauens auf ihre Verletzlichkeit zurückwirft.

    2.2 Autoreferenzielle Institutionen
    Der Verlust des Bezuges zur Lebenswelt, die Wirtschaft außer Rand und Band (Ulrich
    2009: 1), der Verlust der Rückbindung der Finanzwirtschaft an die Realwirtschaft,
    finden ihre Fortsetzung auf der Ebene von Institutionen. Die harte Shareholder-
    Value-Doktrin hat sich vielerorts nur vordergründig mit den Begrifflichkeiten von
    Nachhaltigkeit, Corporate Social Responsibility und Corporate Citizenship kaschiert
    und damit zur Aufrechterhaltung der Vertrauensillusion beigetragen. Insbesondere im
    Bereich der Finanzwirtschaft war dieser Umstand in vielfältiger Weise an den Ursa-
    chen der gegenwärtigen Krise beteiligt. Die Jagd nach Eigenkapitalrendite, kombiniert
    mit der unerschöpflich scheinenden Verfügbarkeit billiger Liquidität, führte nicht nur
    zu unternehmerischer Risikofreudigkeit, sondern geradezu zu törichter Risikoblind-
    heit. Die Kombination von Selbstfixierung bezüglich Eigenkapitalrendite und der
    0|JOLFKNHLW5LVLNHQ]XYHUEULHIHQXQGDOVÅ$VVHWV´PLWHLQHU3UlPLHZHLWHU]XYHUNDu-
    fen führte dazu, dass z. B. einige amerikanische Hypothekenbanken zu eigentlichen
    Risikogeneratoren wurden.
    Anlehnend an die oben in Auseinandersetzung mit Georg Simmel entwickelten Ge-
    danken könnte gesagt werden, dass ein Hypothekenvertrag ein Tausch von Risiko
    gegen Geld ist. Der Wert dieser Transaktion liegt ² nehmen wir Simmel ernst ² nicht
    in der Substanz der beliehenen Immobilie, sondern im Tausch selbst, unter der Ange-
zfwu 11/2 (2010), 126-138                                                                              133
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ERWVEHGLQJXQJGHUÅ6HOWHQKHLW´XQGGHU1DFKIUDJHEHGLQJXQJGHUÅ%HJHKUWKHLW´'LH
      von ihrer Grundidee her legitime Möglichkeit, Hypothekenverträge gegen das Ausfall-
      risiko abzusichern und als verbriefte Wertpapiere zu verkaufen, verkehrte sich in ihr
      Gegenteil: Sie senkte nicht das Risiko, sondern eröffnete Möglichkeiten, neue ² undin
      zunehmenden Maße- so genannt schlechte Risiken (Subprime-Risiken) überhaupt erst
      einzugehen. Das Eingehen schlechter Kreditverträge wurde für die Bank zum Ge-
      schäft, mit dem sich Gewinn erzielen ließ. Schlechte Risiken wurden zu attraktiven
      Anlagemöglichkeiten mit hoher Prämie. Die Hypothekenverträge nahmen selber
      Geldform an und lösten sich von ihrem realwirtschaftlichen Ursprung: Wert und
      Wirklichkeit ² in Simmels Begriffen ² klafften zunehmend weiter auseinander und die
      große Zahl der Einzelrisiken schaffte sich den oben erwähnten Resonanzraum des
      Systemrisikos, das ² in Geldwerten ² um ein Vielfaches höher war als die zugrunde
      liegenden Hypothekenrisiken: der Zürcher Finanztheoretiker Marc Chesney schätzt
      um den Faktor 20 (Chesney 2009: 507). Die auf Grund der Verbriefung eingeführte
      Möglichkeit, Risiko und Gewinnchance systematisch zu trennen, nennt Chesney einen
      Å9HUrat am KapitalismuV´ &KHVQH\ ]XGHVVHQ*UXQGODJHQVHLQHV(UDFh-
      tens der Umstand gehören würde, dass Gewinnchancen durch die Übernahme real-
      wirtschaftlicher Risiken entstehen.
      9RQ6LPPHOKHUJHGDFKWLVWGLHVHUÅ9HUUDW´GLH0|JOLFKNHLWGLHWDXWRlogische Struk-
      turlogik des Geldes voll zum Tragen kommen zu lassen, indem geldwerte Risiken in
      die systematisch autoreferenzielle Sphäre reiner Spekulation entlassen werden: Wenn
      viele Marktteilnehmer erwarten, dass die Preise für solche Risiken weiter steigen wer-
      den, dann werden sie weiter steigen. Und wenn sie weiter steigen, dann werden Hypo-
      thekenbanken weiter gewillt sein, noch schlechtere Risiken zu finanzieren und sie an
      Sekundärmärkten zu platzieren. Und weil sie das tun, bleibt die Nachfrage nach Häu-
      sern hoch. Und weil die Nachfrage hoch bleibt, finden sich die Marktteilnehmer an
      den spekulativen Märkten in ihren Erwartungen bestätigt. Dass dieser Trend auf
      Grund beliebiger Impulse schlagartig umkehren kann ist selbstredend und bestätigt
      nicht etwa die Gültigkeit der reinen Markttheorien, sondern das autoreferenzielle
      Funktionieren der Vertrauensillusion: Zur Unkenntlichkeit vernebelte Risiken unter-
      laufen die spannungsreiche Interdependenz zwischen Risiko und Vertrauen und wer-
      fen die Subjekte des Vertrauens auf ihre Verletzlichkeit zurück (Rousseau et al. 1998:
      395). Inhärent instabil und orientierungslos taumeln spekulativ überhitzte Märkte in
      die Krise, die ² wie wir in den Jahren 2007/2008 nicht das erste Mal erfahren haben ²
      durchaus systemgefährdende Dimensionen annehmen kann.
      Finanzinstitutionen als Akteure an Märkten agieren im Grunde wie die Menschen in
      individueller Freiheit, wie Simmel sie im Kontext der historischen Moderne beschrie-
      ben hat. Sie ersetzen wenige verbindliche Beziehungen (zum Beispiel einen Hypothe-
      kenvertrag) gegen eine Vielzahl relativ unverbindlicher, liquide handelbarer Verträge,
      indem sie Einzelrisiken in verschiedene Risikotranchen schneiden, neu bündeln und
      weiter verkaufen. Da die nächsten und übernächsten Käufer dieser Bündel dasselbe
      ständig wiederholen können, entsteht ein weltweites Netz von relativ unverbindlichen
      Beziehungen, von liquiden Risiken, die jederzeit gekauft und verkauft werden können.
      Dieses hohe Maß an individueller Freiheit ² der Möglichkeit, Risiken als Anlagemög-
      lichkeiten handelbar zu machen ² hinterlässt die wirtschaftlichen Institutionen in einer

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DQ /XWKHUV ÅKRPR LQFXUYDWXV´ HULQQHUQGHQ 6HOEVWIL[LHUWKHLW GLH VLH ]ZLQJW GHQ *e-
    winn unter Inkaufnahme immer neuer Risiken zu steigern. Alles andere wäre im Rah-
    men der Systemlogik des Geldes irrational.
    Bemerkenswert ist die Befangenheit einer eng verstandenen ökonomischen Rationali-
    tät innerhalb dieser Tautologie (Stöttner 2009: 11). Sie führt dazu, dass das rationale
    Einzelhandeln wirtschaftlicher Akteure ² Institutionen und Individuen ² zu Ergebnis-
    sen führt, die vernünftigerweise niemand wünschen kann: Im Extremfall zum Kollaps
    desjenigen Systems, in dessen Rahmen sie selber funktioniert.

    2.3 Individuelle Selbstbezogenheit
    Was die Selbstbezogenheit individuellen Handelns betrifft, so soll hier bloß auf die
    Anreizsysteme, wie sie am ausgeprägtesten in Finanzinstitutionen sowie auf der Stufe
    des obersten Managements in anderen Branchen etabliert worden sind, verwiesen
    werden. Die hohen Vergütungen, insbesondere deren Bonus-Anteile, sind vor dem
    Hintergrund der reinen Markttheorie, der Agency-Theorie und dem ² von der Heuris-
    tik zum Menschenbild mutierten ² Modell des homo oeconomicus zu verstehen. Weil
    sowohl Principal wie Agent ihren (finanziellen) Nutzen maximieren wollen, muss der
    Principal die Interessen des Agenten mittels finanzieller Anreize mit den eigenen Inte-
    ressen möglichst Äparallel¶ ausrichten. Weil aber ² unter der Annahme effizienter
    Märkte ² der Agent fast jederzeit zu einem Konkurrenten abspringen könnte, wird
    dies sehr schnell zu einem kostspieligen Unterfangen. In Anlehnung an Stöttner sind
    die so entstehenden Kosten zu den durch die Vertrauenskrise verursachten Transakti-
    onskosten des Systems zu zählen. Am Ursprung dieser, in den letzten Jahren immer
    weiter anschwellenden und die Vertrauenskrise gleichermaßen anzeigenden wie aus-
    weitenden, Kosten ist auch auf personaler Ebene eine autoreferenzielle Grundfigur zu
    finden: die durch Gier zu kompensierende Angst vor Knappheit (Lietaer 2000: 38 f.),
    die vollkommen unabhängig von tatsächlich bestehenden Vermögensverhältnissen
    Menschen dazu antreibt, ihr Einkommen zu maximieren. Die Steuerung menschlichen
    Verhaltens praktisch ausschliesslich über finanzielle Anreize kann deshalb den Charak-
    ter einer diese Feedbackschlaufe in Schwung haltenden Entmündigung annehmen. Es
    ist nicht auf Vertrauen gründendes, autonomes Denken und selbstverantwortetes
    Handeln verlangt, das in Bezug zu einer jenseits des wirtschaftlichen Systems wahrge-
    nommenen Lebenswelt steht, sondern die vorhersehbare und mehr oder weniger la-
    WHQWGXUFK$QJVWJHVWHXHUWH5HDNWLRQDXIPRQHWlUH$QUHL]HDXIGHQÅDEVROXWJHHLJQe-
    WHQ 7UlJHU HLQHV GHUDUWLJHQ 9HUKlOWQLVVHV´ 6LPPHO    :HU GLHVH $UW GHU
    Entmündigung verinnerlicht hat, wird sie paradoxerweise als Freiheit erleben. Er ge-
    nügt sich selber und kann sich seiner Umwelt instrumentell bedienen, ohne wirklich
    mit ihr in Beziehung zu treten. Er lebt geistig und materiell in einem solipsistischen
    Scheinparadies, das nicht von Vertrauen, sondern von dessen Absenz kompensieren-
    den monetären Beziehungen geprägt ist.
    Selbst dann, wenn ein sehr vermögender Mensch sich bewusst wird, dass er mehr als
    genug hat und sich ganz persönlich in seiner Lebensführung mäßigt, wird er sich mit
    hoher Wahrscheinlichkeit systematisch weiterhin so verhalten wie einer, der seine
    Angst vor Knappheit durch eifriges Zusammenraffen von Geld kompensieren muss.
    Ein Top-Verdiener wird schwerlich auf Millionenentschädigungen verzichten, die er

zfwu 11/2 (2010), 126-138                                                                              135
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zum Leben längst nicht mehr braucht. Ein Vermögen, das so groß ist, dass mehrere
      Generationen auf hohem Niveau vom Kapital (nicht von den Zinsen) leben könnten,
      wird weiterhin so verwaltet, dass es eine gute Rendite erzielt. Die selbstbezogene, von
      der Angst vor Knappheit angetriebene Raffgier kann sich gewissermaßen von ihrem
      6XEMHNWO|VHQXQGHLQÅ(LJHQOHEHQ´IKUHQ$XIHLQ]HOQH0HQVFKHQzielende morali-
      sche Urteile und Appelle greifen demnach systematisch zu kurz.
      Dieser Hinweis ist wichtig fU GDV 9HUVWlQGQLV GHU 7DWVDFKH GDVV /XWKHUV ÅKRPR
      LQFXUYDWXVLQVHLSVXP´WDWVlFKOLch nicht moralisch verkürzt missverstanden, sondern
      in seiner existenziellen Dimension wahrgenommen werden soll: Selbstbezogenheit
      kann sich sowohl individuell als auch institutionell von ihrem jeweiligen Subjekt lösen
      und mit unkontrollierbarer Eigendynamik ihren eigenen Ursprungszusammenhang
      unterlaufen und existenziell bedrohen.

      3. Die Überwindung der Vertrauensillusion
      Diese Überlegungen führen uns an Schlussfolgerung und Ansätze heran, welche mög-
      liche Wege zur Überwindung der Vertrauens-Illusion und zur Schaffung begründeten
      Vertrauens in das funktionieren freier Märkte skizzieren. Vorab kann festgehalten
      werden, dass der gegenwärtigen Krise tatsächlich nicht mit dem Ruf nach mehr Moral
      zu begegnen ist. Moral kann allenfalls dazu beitragen, Schuldgefühle zu wecken oder
      schlimmer noch: geeignete ÄSündenböcke¶ zu identifizieren, um sich selber von der
      moralischen Verantwortung zu entlasten. Damit soll ausdrücklich nicht gesagt sein,
      dass moralisches Fehlverhalten nicht auch zu Entstehung und Eskalation der aktuellen
      Krise beigetragen hat. Der Ruf nach Moral kann aber die tatsächliche Problemlage
      nicht durchdringen und trägt höchstens zur Wiederherstellung der Vertrauensillusion
      bei;; er akzeptiert implizit das Postulat einer amoralischen, an sich wertfreien Wirt-
      schaft. Er kann geradezu verhindern, dass sich gesellschaftliche Systeme, Institutionen
      und Menschen aus der inhärent instabilen und permanent krisengefährdeten Selbstbe-
      zogenheit lösen können. In der Perspektive des Eingangs eingeführten Vertrauensbe-
      griffes (Rousseau et al. 1998: 395) ist der Ruf nach Moral als Versuch zu interpretie-
      ren, den durch unterhöhltes Vertrauen auf ihre Verletzlichkeit zurück geworfenen
      wirtschaftlichen Akteuren eine Gehhilfe oder ein Wundpflaster zu beschaffen.
      Doch was es braucht, ist ein gesundes Misstrauen gegenüber einer allzu vorschnell
      gefeierten Rückkehr des Vertrauens. Gefragt ist ein erneuertes und reflektiertes Be-
      wusstsein für die normativen Prämissen des Wirtschaftens: für die Fragen nach Sinn
      und Gerechtigkeit im Kontext des Schaffens wirtschaftlicher Werte (vgl. Ulrich 2009:
      3). Was es braucht ist ethische Kompetenz auf allen Gestaltungsebenen des Wirtschaf-
      tens.
      Auf systematischer Ebene ist die Wirtschaft als Teilsystem der Gesellschaft zu fassen
      und nicht umgekehrt. Ulrich bezeichnet den Umstand HLQHUDOVÅ$QKlQJVHOGHU:LUt-
      VFKDIW´YHUVWDQGHQHQ*HVHOOVFKDIWmit Verweis auf Polanyi als ÅKonfusion von Mittel
      und Zweck´ (Ulrich 2009: 7). Bezug nehmend auf Simmel kann gesagt werden, dass
      diese Konfusion ihren Ursprung in der autoreferenziellen Logik des Geldes hat (Sim-
      mel 1989: 593) und die Konsequenz der herausragenden Bedeutung ist, welche dem
      Geld für die Integration nicht nur der globalen Wirtschaft, sondern der modernen
      Gesellschaft zukommt. Der Fortbestand dieser Konfusion DOV ÅYHUHZLJWH +HUUVFKDIW
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GHV,UUWXPV´ 0HUWRQ wird dazu führen, dass die autoreferenzielle Interde-
    pendenz zwischen Risiko und Vertrauen immer wieder unterlaufen und von den Men-
    schen nicht als verlässliche oder verbindliche Kategorie erfahren wird. Da sie Aus-
    druck der enormen Komplexität des Wirtschaftssystems ist, wirkt sie für viele zuneh-
    mend bedrohlich und lässt kaum mehr Raum für begründetes, durch positive Erfah-
    rungen gestärktes, Vertrauen. Ein begründetes Vertrauen aber bezieht seine Kraft aus
    der Erfahrung, dass die liberale Ordnung die Chancen und Rechte aller Akteure im
    Sinne eines politischen Liberalismus gewährleistet (vgl. Rawls 1998): Soziale Harmonie
    ist nicht die Folge, sondern die Voraussetzung einer funktionierenden Marktwirtschaft
    (Ulrich 2009: 10).
    Sowohl der regulative Rahmen, als auch die Institutionen der globalisierten Marktwirt-
    schaft sind am Leitbild guten Lebens und gerechten Zusammenlebens, auf der Basis
    der gegenseitigen Anerkennung, als gleichberechtigte und mit gleicher Würde ausge-
    stattete Personen auszurichten (Ulrich 2009: 13). Damit kommen nicht nur die Sinn-
    und die Gerechtigkeitsdimension des Wirtschaftens in den Blick, es kann auch die
    Gefahr reduziert werden, dass systematische Rückkopplungs-Effekte des seiner eige-
    nen Logik genügenden Geldes die humane Dimension des Wirtschaftens überblenden
    und damit vermeintliches Vertrauen als Illusion entlarven.
    Auf institutioneller Ebene sind normative Ansätze der Stakeholder-orientierten Un-
    ternehmensführung zu vertiefen, wie sie Bezug nehmend auf Edward Freeman
    (Freeman 1984;; 2004) und John Rawls zum Beispiel von Robert Philips (Philips 2003)
    entwickelt wurden. Die normativ begründete Stakeholder-Orientierung bietet Gewähr
    für eine gesellschaftlich eingebundene Unternehmenstätigkeit und verhindert schon
    im Ansatz, dass diese als eigendynamische Selbstreproduktion des Kapitals missver-
    standen werden kann.
    Auf der Ebene der einzelnen Menschen letztlich sind wir darauf angewiesen, dass
    immer mehr wirtschaftliche und wirtschaftspolitische Führungskräfte die Sinnzusam-
    menhänge menschlichen Lebens bewusst wahrnehmen und in ihre Entscheidungen
    einbeziehen. Sie lösen sich damit aus der Befangenheit der Selbstbezogenheit und
    schaffen so die Basis für ein auf positiven Erfahrungen gründendes Vertrauen, wel-
    ches Interdependenz nicht als diffuse Gefahr, sondern als wertvolle und wertschöp-
    fende Grundlage verstehen kann.

zfwu 11/2 (2010), 126-138                                                                              137
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