Zur möglich-unmöglichen Hintergrundphilosophie einer diskursiven Didaktik

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PR 2021, 75. Jahrgang, S. 351-362
                    © 2021 Roland Reichenbach - DOI https://doi.org/10.3726/PR032021.0031

                                        Roland Reichenbach

                      Zur möglich-unmöglichen
                     Hintergrundphilosophie einer
                         diskursiven Didaktik
                                                                     „Verstehen beginnt mit der Geburt-
                                                                               und endet mit dem Tod“
                                                                         Hannah Arendt (1994, S. 110)
                                                   “Agreement on things is the least important thing;
                                                               disagreement is not only profitable,
                                                                         but necessary to thinking”
                                                                            (Lin Yutang 1945, S. 1)

Vorbemerkungen                                              welche die Betrachtung der Möglichkeiten
                                                            und Grenzen sowie den Sinn und die Ziele
Die folgenden Erörterungen sind den dis-                    einer diskursiven Didaktik tangieren könn-
kurstheoretischen Grundlagen einer dis-                     ten. Im ersten Teil werden Konsenstypen,
kursiven Didaktik gewidmet, nicht einer                     Diskursvoraussetzungen und diskursive
diskursiven Didaktik selbst. Diese Grund-                   Tugenden angesprochen. Der zweite Teil
lagen scheinen sich in einer Dialektik von                  widmet sich dem Problem des Verstehens
Konsens und Dissens sowie des Mögli-                        und der pädagogisch allgemeinen über-
chen und des Unmöglichen zu bewegen.                        schätzten Wirksamkeit von Argumenten
Die momentanen, stark identitätspolitisch                   bzw. Argumentieren. Schliesslich werden
aufgeladenen Diskursmoden scheinen hin-                     im dritten Teil Fragen der pädagogisch
gegen wenig von Dialektik, Ambivalenz und                   bedeutsamen Diskursfähigkeit und der de-
Selbstkritik zu halten und bewegen sich                     mokratischen Tugend der Dissenstauglich-
eher zwischen den Polen der „Vereindeu-                     keit aufgeworfen.
tigung“ einerseits und der Gleichgültigkeit
andererseits.1 Beide Extreme entspre-
chen eher einer mehr oder weniger raffi-                    1. Diskursive Tugenden – Ein
nierten Diskursverweigerung. Hoffentlich                        vorbildlicher Briefwechsel
mögen die hier geäusserten Bemerkungen
wenigstens „diskursiv“ erscheinen; sie                      Sei sie universalpragmatisch2 oder aber
maßen sich nicht etwa an, „grundlegend“                     transzendentalpragmatisch3    begründet:
zu sein, sondern betreffen bloss m.E. be-                   Diskurstheorie ist von einem expliziten
deutsame Grundlagen von Diskursivität,                      oder auch stillschweigenden Telos des

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Konsenses geprägt. Das Argument einer                       in diesen Diskursen (bzw. Aushandlungen
kontrafaktischen, idealen Sprechsituation,                  oder Verhandlungen) nicht Argumente –
welche die Gesprächspartner sich wech-                      wiewohl sie immer in der einen oder ande-
selseitig unterstellen müssten (oder wür-                   ren Weise genutzt oder eingesetzt werden
den), trifft sicher einen wichtigen Punkt.                  –, sondern partikulare und gemeinsame
Argumentative Diskurse leben von einer                      Interessen.7 Gleichwohl haben Argumente
Art Als-ob-Praxis. Welchen Sinn würde es                    auch in diesen sehr häufigen Diskurssitua-
für Ego machen, mit Alter zu diskutieren,                   tionen mehr als eine bloss „ornamentale“
wenn von Anfang an klar wäre, dass Egos                     Funktion, bilden sie doch das wesentliche
Argumente keine Wirkung haben können,                       Kommunikationsmittel der Verständigungs-
wenn von vorneherein sicher stünde, dass                    bemühung, wiewohl ihre Wirkung am Ende
weder Ego noch Alter von ihrer Position                     nicht in der Diskursivität im engeren Sinn
abrücken werden, wenn keiner der Inter-                     bzw. der Überzeugungskraft des Argu-
lokatoren von der rationalen Motivation                     ments liegt. Eine dritte und für das Leben
des Gegenübers ausgeht bzw. ausgehen                        vielleicht bedeutendste Form des Konsen-
könnte, wenn also gewiss wäre, dass der                     ses kann im Hintergrundkonsens gesehen
eigentümlich „zwanglose Zwang des bes-                      werden. Dieser betrifft alle „selbstverständ-
seren Arguments“4 eine Chimäre ist und                      lichen Gegebenheiten, als welche sich die
bleibt? Offenbar diskutieren wir miteinan-                  Grundstrukturen der gemeinsamen Welt
der und argumentieren wir gegeneinander                     vergesellschafteter Individuen darstellen.
– denn Argumentieren kann man letztlich                     Er betrifft Erfahrungen, von denen wir mit
nur gegeneinander (d.h. für die eigene                      völliger Gewissheit annehmen, dass sie
und gegen eine andere Position) – auch                      von anderen geteilt werden, und die wir für
wenn von idealen, vielleicht sogar notwen-                  unrevidierbar halten. Erst auf dem Hinter-
digen Diskursbedingungen keine Rede                         grund dieser fraglos geltenden und inter-
sein kann. Tatsächlich scheinen wir hier                    subjektiv geteilten Überzeugungen können
die (wenn auch vielleicht unwahrschein-                     sich Dissense herausbilden“.8 Zielt nun das
liche) Möglichkeit eines Konsenses unter-                   Adjektiv und Attribut „diskursiv“ auf die Pra-
stellen zu müssen. Und in der Tat finden                    xis des Argumentierens, so wäre auch eine
Menschen immer wieder Einigungen, ohne                      „diskursive Didaktik“ als eine höchst ex-
welche soziales Leben gar nicht möglich                     klusive und voraussetzungsreiche Idee zu
wäre. Diese Einigungen oder Konsense                        betrachten. Die Überschätzung der Bedeu-
haben aber doch höchst selten die Quali-                    tung und Wirksamkeit des Argumentierens
tät eines Argumentationskonsenses. Ein                      scheint aber gerade in der deutschspra-
solcher liegt vor, wenn er sich „nicht nur                  chigen Bildungstradition virulent zu sein.
auf das Ergebnis, sondern auch auf die                      Giegel ist in seiner Skepsis m.E. zuzu-
Art der Begründung erstreckt, die zu die-                   stimmen: „Je mehr die Analyse in konkret
sem Ergebnis“ geführt hat.5 Viele Dissen-                   kommunikative Prozesse, vor allem solche,
se finden hingegen „Lösungen“ in Form                       die in den ausdifferenzierten Teilsystemen
von Ergebniskonsensen. Hierbei wird ein                     moderner Gesellschaften stattfinden, ein-
Ergebnis von den Beteiligten akzeptiert,                    dringt, umso schwieriger wird es, eine
„ohne dass dabei aber wechselseitig die                     zentrale Bedeutung von Konsensbildung
Argumentationsbasis übernommen wird,                        zu erkennen“.9 Die Einsicht in diesen plau-
mit der jeder seine Ansprüche oder Mei-                     sibel erscheinenden Sachverhalt läuft dar-
nungen vertritt“.6 Im Grunde genommen                       auf hinaus, zumindest analytisch genügend
handelt es sich dabei letztlich um Ver-                     strikt zwischen Begründungverfahren und
handlungseinigungen: koordiniert werden                     Einigungsverfahren zu unterscheiden.

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Es darf als diskursive Tugend verstan-                  man schließen, dass w kein Prädicat ist.
den werden, wenn Ego bereit ist, sich                       Ebenso giebt es keine Klasse (als Ganzes)
durch rationale Argumente von Alter davon                   derjenigen Klassen die als Ganze sich sel-
überzeugen zu lassen und eine interessen-                   ber nicht angehören. Daraus schliesse ich
gebundene Position zu verlassen oder                        dass unter gewissen Umständen eine defi-
zu revidieren. Von solch edlen Haltungen                    nierbare Menge kein Ganzes bildet“.10
würde man idealiter vielleicht im philoso-                      Schon wenige Tage später, am 22. Juni
phischen, aber nicht etwa im politischen,                   1902, antwortet Frege brieflich: „Ihre Ent-
ethischen oder ästhetischen Diskurs aus-                    deckung des Widerspruchs hat mich auf‘s
gehen wollen. Doch auch in diesen Be-                       Höchste überrascht und, fast möchte ich
reichen sind möglicherweise weniger                         sagen, bestürzt, weil dadurch der Grund,
Beispiele bekannt als man vermuten möch-                    auf dem ich die Arithmetik sich aufzubauen
te. Ein solches Beispiel ist der brieflichen                dachte, in‘s Wanken geräth. Es scheint
Diskussion zwischen Bertrand Russell und                    danach, dass die Umwandlung der Allge-
Gottlob Frege zu entnehmen, die im Jahre                    meinheit einer Gleichheit in eine Werthver-
1902 stattgefunden hat. Russell entdeckte                   laufsgleichheit (§ 9 meiner Grundgesetze)
zusammen mit Ernst Zermelo das soge-                        nicht immer erlaubt ist, dass mein Gesetz
nannte Paradoxon der naiven Mengenleh-                      V (§ 20. S. 36) falsch ist und dass meine
re, das später als „Russellsche Antinomie“                  Ausführungen im § 31 nicht genügen, in
bekannt geworden ist. Dabei bezog sich                      allen Fällen meinen Zeichenverbindungen
Russell auf den ersten Band von Freges                      eine Bedeutung zu sichern. Ich muss noch
1893 erschienenen Grundgesetze der                          weiter über die Sache nachdenken. Sie ist
Arithmetik, in der dieser die Arithmetik auf                um so ernster, als mit dem Wegfall mei-
einem mengentheoretischen Axiomensys-                       nes Gesetzes V nicht nur die Grundlage
tem aufzubauen versuchte. Russell zeigte                    meiner Arithmetik, sondern die einzig mög-
Frege auf, dass sein Axiomensystem, zu                      liche Grundlage der Arithmetik überhaupt
welchem er über mehrere Jahre gearbeitet                    zu versinken scheint“.11
hatte, widersprüchlich sei. Im Brief vom                        Die rationale Motivation des Mathe-
16. Juni 1902 schreibt Russell an Frege:                    matik-Philosophen Gottlob Frege und
„In vielen einzelnen Fragen finde ich bei                   seine diskursive Integrität scheinen be-
Ihnen Discussionen, Unterscheidungen,                       achtlich, wenn nicht sogar vorbildlich
und Definitionen, die man vergebens bei                     zu sein. So schreibt er im Nachwort des
anderen Logikern sucht. Besonders über                      zweiten Bands seiner Grundgesetze der
die Funktion (§ 9 Ihrer Begriffsschrift) bin                Arithmetik (von 1903): „Einem wissen-
ich bis ins Einzelne selbständig zu den-                    schaftlichen Schriftsteller kann kaum
selben Ansichten geführt worden. Nur                        etwas Unerwünschteres begegnen, als
in einem Punkte ist mir eine Schwierig-                     daß ihm nach Vollendung einer Arbeit eine
keit begegnet. Sie behaupten (S. 17) es                     der Grundlagen seines Baues erschüttert
könne auch die Funktion das unbestimmte                     wird. In diese Lage wurde ich durch einen
Element bilden. Dies habe ich früher ge-                    Brief des Herrn Bertrand Russell versetzt,
glaubt, jedoch jetzt scheint mir diese An-                  als der Druck dieses Bandes sich seinem
sicht zweifelhaft, wegen des folgenden                      Ende näherte.“12
Widerspruchs: Sei w das Prädicat, ein                           Diskursive Tugenden sind auch episte-
Prädicat zu sein welches von sich selbst                    mologische Tugenden. Solche Tugenden
nicht prädicirt werden kann. Kann man w                     können diskursiv nicht hergestellt werden,
von sich selbst prädiciren? Aus jeder Ant-                  vielmehr sind sie Voraussetzungen des
wort folgt das Gegentheil. Deshalb muss                     (rationalen) Diskurses. Die Autorität des

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besseren oder überzeugenderen Argu-                         Überredende noch der Überredete haben
mentes zu akzeptieren, obwohl es gegen                      die objektive Wahrheit von einem Sachver-
die inhaltliche Position und vielleicht auch                halt vor ihren Augen, – beide stehen in der
persönlichen Interessen von Ego spricht,                    gemeinsamen Notlage, die es durch einen
ist in der zu erwartenden Diskurssituation                  besonnenen und gut erwogenen Willens-
wahrscheinlich selten. Jedoch gibt es in                    entschluss zu wenden gilt“.15 Das heißt
Gesprächs- und Entscheidungssituationen                     nun für die Überredensproblematik: „Wer
auch eine andere kommunikative Autorität,                   überredet wird, wird – streng genommen
die von Bedeutung sein kann, jene der                       – nicht getäuscht; denn der Überredende
praktischen Entschlossenheit. Diese fällt                   weiß ja genau so wenig, wie die Zukunft
nicht dem zu, „der am vernünftigsten ar-                    entscheiden wird; auch er wagt und spielt
gumentiert, sondern dem, der angesichts                     mit dem Einsatz seiner Existenz, aber er
der Unberechenbarkeit der Situation den                     will und will wirklich; die Entschlossenheit
glaubwürdigsten Mut zum Wagnis zeigt                        seines Willens bewirkt im co-existenten
und dadurch die Unentschlossenen und                        Willen des schwächeren Mitmenschen die
Unentschiedenen mitreißt“.13 In den Wor-                    Gefolgschaft“.16 Diese Bestimmungen der
ten Eugen Finks (auf den sich Meyer-Wol-                    Beratungsgemeinschaft lassen dieselbe in
ters bezieht): „Was eine solche ‘Autorität’                 einem gewissen Sinne wesentlich „poli-
als Mut zur praktischen Entschlossenheit                    tischer“ erscheinen als die hoffnungslos
von der Autorität eines Sachverständigen,                   überhöhten Beschreibungen des idealen
dessen Sachverstand auf theoretischer                       Diskurses, auch wenn letztere nur als Re-
Erkenntnis beruht, stark unterscheidet,                     gulative fungieren sollen.17
ist, kurz formuliert, dies: die Autorität des
Täters, der führend seinen Gefolgsleuten
vorangeht, schließt die Betroffenheit durch                 2. Verstehen und Argumentieren
die gemeinsame Notlage nicht aus, son-
dern gerade ein, während die Autorität                      Kommunizieren als einem durch „Mitteilen
des Sachverständigen ein Überhobensein                      gemeinsam machen“ stellt Verbindung
über die Notlage besagt.“14 Ein weiterer                    her und zielt auf eine Art von Konsens.
Unterschied zwischen solchen „Bera-                         Kommunikation mag auf mehr als nur Ver-
tungsgemeinschaften“ und diskursiven                        ständnis zielen, nämlich auf wechselseiti-
Kommunikationsgemeinschaften erscheint                      ges Verständnis. Lin Yutang meinte: „Ich
noch bedeutsamer zu sein. Aus der dis-                      finde, ‚Verständnis’ ist ein wichtiges Wort.
kurstheoretischen und vor allem diskurs-                    Es bringt die Verwandtschaft der gesam-
ethischen Perspektive könnte geargwöhnt                     ten Menschheit zum Ausdruck, Verwandt-
werden, dass in der Beratungsgemein-                        schaft in ihrer Liebe zur Wahrheit und
schaft schließlich nicht Überzeugungs-,                     Schönheit ebenso wie in ihren Torheiten
sondern Überredungsprozesse ausschlag-                      und Schwächen“.18 Hiermit wird angedeu-
gebend sind. Obwohl die diskursethische                     tet, dass Kommunikation und Verständ-
Diskussion sensu Habermas nur in An-                        nis nicht das gleiche sind oder bedeuten.
sätzen angesprungen war, als Fink seine                     Nach Hans-Georg Gadamer vollzieht sich
Lebenslehre und Erziehungswissenschaft                      im Verstehen eine „wirkliche Horizont-
abgeschlossen hatte, benützt er eine Ar-                    verschmelzung, die mit dem Entwurf des
gumentation, welche die ganze Diskussion                    historischen Horizontes zugleich dessen
um die Unterscheidung zwischen „wah-                        Aufhebung“ vollbringe.19 Die schöne Idee
rem“ und „falschem“ Konsens schon da-                       der Horizontverschmelzung hat natürlich
mals hätte befruchten können: „Weder der                    etwas Bombastisches oder Pathetisches

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an sich. Das lässt aufhorchen. Jochen                       zwei und vielen eins werden und also zu-
Hörisch schrieb in seiner quasi anti-her-                   grunde gehen“.25
meneutischen Kritik: „Wer Horizonte ver-                         Im Diskurs geht es um Argumente und
schmilzt, lässt eben an der Stelle vieler                   Gegenargumente, ihm ist ein agonales Mo-
Perspektiven eine einzige übrig. Wer einen                  ment eigen. Man argumentiert, wie schon
Universalitätsanspruch erhebt, integriert                   gesagt, nicht miteinander, sondern gegen-
zumindest und subsumiert zumeist alter-                     einander: Ego vertritt eine Position und
native Ansprüche. Wer hermeneutisch auf                     versucht diese mit Argumenten zu stützen,
der Metaebene spricht, dem stellen sich                     gleichzeitig zielt Ego gegen die Position
unübersichtliche Verhältnisse als recht                     von Alter, mit Gegenargumenten sollen Al-
überschaubar dar. Wer eine Hermeneutik                      ters Position angegriffen bzw. geschwächt
des Geistes betreibt, kann die Vielheit der                 werden. Argumentieren heißt, eine Posi-
Geister und Buchstaben souverän verges-                     tion zu vertreten, Stellung zu nehmen. Das
sen. Wer werkimmanent liest, bleibt vor                     verstehende Moment kommt sicher auch
dem Bewusstsein bewahrt, draußen und                        in vielen Argumentationssituationen zum
also an einem anderen Schauplatz zu sein                    Tragen, ist sogar ein bedeutsames Qua-
als der gedeutete Text“.20 Wer interpre-                    litätsmerkmal der Auseinandersetzung,
tiere, wolle Herr zumindest über den Text                   aber es macht nicht den Kern des Argu-
werden.21 „Verstehen“ erhält bei Hörisch                    mentierens aus. Vielmehr lassen Argu-
eine durchaus ambivalente Note, denn                        mente in gewisser Weise „Takt vermissen“
„der Versuch, andere zu verstehen und                       (so Hörisch mit Adorno).26 „Argumentieren
mit ihnen Einverständnis herzustellen“,                     ist Krieg“, meinten Lakoff und Johnson in
meint er, „ist eine kluge Herrschaftspra-                   ihrer bekannten und radikalen Metaphert-
xis. Sympathischer als brachiale Gewalt                     heorie: wir verstehen, was Argumentieren
und Unterdrückung ist die Herrschafts-                      ist, weil wir wissen, was physische Aus-
praxis gewiss. Kein vernünftiger Mensch                     einandersetzung ist. Worte statt Fäuste
wird ernsthaft wollen, dass die Fäuste und                  sozusagen. Über das Argumentieren wird
nicht etwa die Münder sprechen sollen.                      im Alltag nahezu ausschließlich in „martia-
Kurzum: Es ist teuflisch schwer, Argumen-                   lischen“ Metaphern gesprochen: „Du hast
te gegen ‚Verstehen’ und ‚Verständigung’                    Argumente? Schieße los!“, „Seine Argu-
zu finden. Aber wir sollen es versuchen“.22                 mente trafen ins Schwarze“, „“Der Chef
Mit Schleiermacher meint Hörisch, dass                      hat seine Leute heute wieder richtig fer-
Verstehen auch als „eine Verkennungen                       tiggemacht“, „Ich fühle mich ganz nieder-
produzierende Pazifizierungsstrategie“ be-                  geschlagen nach dieser Debatte“ usw.27
trachtet werden könne.23 Im Unterschied                     Das Miteinander beim Argumentieren zu
zum verstehenden Interpretieren – als                       betonen, wirkt sehr oft nicht aufrichtig, Ar-
einer um Eindeutigkeit bemühten Praxis –                    gumentieren gleicht denn auch eher einem
scheint ihm das Deuten offener zu sein.24                   Boxkampf (Schlagabtausch) als einem
Gegen Hermeneutik und Kommunikations-                       Wiener Walzer, das kann man drehen,
theorie setzt Hörisch auf „Diskursanalyse“,                 wie man will. Im agonalen Moment kommt
denn wer Dis-kurse analysiere, „analy-                      der Begegnungscharakter zwischen den
siert differenzbetont, wie zwei und mehr                    „Kontrahenten“ zum Ausdruck. Begegnen
dis-currieren = auseinanderlaufen und                       kann sich nur, was einander entgegen-
ebendeshalb aneinandergeraten. Wer hin-                     kommt. Im Argumentieren begegnen sich
gegen auf Kommunikation und Verstehen                       Subjekte. Die Teilnehmer merken, dass sie
setzt, analysiert vermittlungsselig, wie aus                gegen Positionen ankämpfen und dabei
                                                            stoßen sie immer auch auf die Grenzen

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ihrer Wirksamkeit. Mit der „Bisubjekvität“                  3. Diskursfähigkeit und
verschwindet die Souveränität.                                  Dissenstauglichkeit
    Dieser Sachverhalt der „Begegnungs-
thematik“ ist u. a. von Otto Friedrich Boll-                „Es gibt Dinge, über die man sich einigen
now aufgenommen worden, der an die                          kann, und wichtige Dinge“, soll Max Planck
existentialistischen Arbeiten von Martin                    formuliert haben. Man muss der zeitge-
Buber, aber auch von Romano Guardini                        nössischen Gewohnheit, Partizipation,
anknüpft.28 In der Begegnung in diesem                      Mitbestimmung und Diskurs (auch im Be-
starken Sinne fallen die Menschen „aus der                  reich der Bildung) für wünschenswert zu
Rolle“, sie werden gezwungen, sich und/                     halten, nicht widersprechen, um die These
oder die anderen – je nach Art und Gegen-                   zu vertreten, wonach es weniger der ge-
stand der Begegnung – neu zu verstehen                      lingende, in einer Konsenslösung endende
bzw. zu deuten.29 Der Mensch stoße „auf                     Diskurs ist, der – politisch, psychologisch,
eine Wirklichkeit, die ihm nicht nachgibt,                  pädagogisch, betriebswirtschaftlich oder
sondern die seinem Angriff standhält“.30                    in welcher Hinsicht auch immer – bedeut-
Die „eigentümliche Härte“, eine „Unerbitt-                  sam ist, als vielmehr der gescheiterte oder
lichkeit und Unausweichlichkeit“, das sind                  der teilweise gescheiterte Diskurs, an
die Attribute der Begegnung. „Die Be-                       dessen Ende die Teilnehmer und Teilneh-
gegnung fällt zunächst bedrängend über                      merinnen in wesentlichen Fragen im Dis-
den Menschen her und verschlägt ihm                         sens verbleiben. Diese These könnte trivial
den Atem“.31 Er hat ein Problem, aber er                    ausgelegt werden, wenn sie bloß besagen
ist mit einer Wirklichkeit, vielleicht einer                sollte, dass Menschen ja vor allem durch
Wahrheit in Kontakt gekommen. Ohne                          gescheiterte Bemühungen lernen würden,
dieses (unfreiwillige) Gegeneinander ver-                   dass solches Scheitern im Einigungspro-
passen sich die Menschen in ihren sozia-                    zess dazu stimulieren würde, sich selbst
len Beziehungen. Martin Buber spricht in                    und die Positionen, die man vertritt, zu
seinen autobiographischen Fragmenten                        überdenken. Abgesehen davon, dass eine
davon, dass er seiner Mutter „vergegnet“                    solche Argumentation empirisch kaum
sei. Er habe sich „das Wort ‚Vergegnung’                    eindeutig ist, weil wir wissen, dass Men-
zurechtgemacht, womit etwa das Verfeh-                      schen durchaus nicht notwendigerweise
len einer wirklichen Begegnung zwischen                     aus Fehlern und gescheiterten Projekten
Menschen bezeichnet war“.32 Den Ande-                       lernen, kann die These in einem anderen,
ren zu verstehen, heißt nicht, mit ihm glei-                gleichzeitig aber stärkeren Sinne vertreten
cher Meinung zu sein – und die Meinung                      werden. Sie würde dann besagen, dass
mit dem anderen zu teilen, heißt nicht, ihn                 Menschen durch Erfahrungen geschei-
auch zu verstehen. Einigung wird oft an-                    terter Konsensbemühungen (und damit
gestrebt, aber ihre soziale Bedeutung wird                  impliziert: durch Erfahrungen fehlender
überschätzt. Konsense werden angestrebt                     Argumente bzw. fehlender Überzeugungs-
und meist nicht gefunden, die bedeut-                       kraft der Argumentation) sozusagen ins
same Frage ist nicht, wie dies zu ändern                    große Reich der menschlichen Inkompe-
wäre, sondern wie im und mit Dissens                        tenz und Unverbesserlichkeit hineinwach-
gelebt werden kann. Der so witzige, wie                     sen, um es belletristisch zu formulieren,
auch eigenwillige und oft im behaupten-                     d. h., dass sie so zunehmend lernen,
den Modus verharrende Autor Lin Yutang                      sich damit abgeben zu müssen, dass es
meinte: “Agreement on things is the least                   „Dinge“ gibt, über welche man sich – zu-
important thing; disagreement is not only                   mindest vorläufig – nicht einigen kann.
profitable, but necessary to thinking”.33

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Diese These folgt einer Intuition, nach                suchen. In Anlehnung an Charles Taylors
welcher sich Menschen in einem minima-                      Abhandlung Das Unbehagen an der Mo-
len Sinne respektieren und achten lernen,                   derne ließe sich formulieren, dass die
nicht obwohl, sondern weil ihre differenten                 Etablierung des Ideals der symmetrischen
Selbst- und Weltauslegungen das Faktum                      Kommunikation – sei dies in der „romanti-
der Pluralität der Menschenwelt bezeugen                    schen“ Form (Authentizität) oder in der auf-
und die eigenen Interpretationen sowohl                     klärerischen Version (Autonomie) – mit der
bereichern als immer auch irritieren, stö-                  Vorstellung subjektiver Freiheit überhaupt
ren und manchmal bedrohen. Der Dissens                      erst möglich wird.35
gibt sozusagen Kunde über die vielfälti-                         Es lässt sich kaum übersehen, dass das
gen Möglichkeiten und Mittel, das eige-                     in zeitgenössischen Diskursen allgemein
ne Leben zu sehen und zu führen; diese                      verbreitete Postulat nach vermehrter Par-
„Lebens-Mittel“, wie sich Eugen Fink aus-                   tizipation – sprich: Mitbestimmung – meist
drückte, werden mit dem Dissens in ihrer                    wenig komplex dargeboten wird und dass
Vielfalt, Relativität und Stärke überhaupt                  regelmäßig unklar bleibt, was nun ge-
erst erfahrbar.34 Der Vorrang des Dissens                   meint ist: Handelt es sich um Partizipation
vor dem Konsens erhält seine Bedeutung                      als Gemeinschaftsleben und -denken, als
also vorwiegend im Lichte einer ange-                       symmetrische Umgangsform in Projekt
strebten Pluralismustauglichkeit, welche                    und Spiel, d. h. auch als Citoyenität, oder
in demokratischen Lebensformen sowohl                       handelt es sich um die Polis-Partizipation,
moralisch als auch politisch als ein begrü-                 d. h. um den diskursiven Kampf um Ent-
ßenswertes, vielleicht sogar notwendiges                    scheidung und Einfluss. Da Menschen
Bildungs- und Erziehungsziel betrachtet                     von Geburt auf unter Menschen leben,
werden kann.                                                und zwar zum allergrößten Teil in „unfrei-
     Schon der oberflächliche Blick über die                willigen Assoziationen“, wie Michael Wal-
Geschichte der Kindheit zeigt, dass der                     zer sagen würde, besagt das bloße Wort
Umgang mit den „Neuankömmlingen in der                      „Partizipation“ zunächst herzlich wenig.36
Welt der Menschen“ höchst unterschied-                           Die theoretischen Quellen des Partizipa-
liche Formen und Qualitäten aufweisen                       tionspostulats im Sinne diskursiver Mitent-
kann. Was das erzieherische Verhältnis seit                 scheidung sind in demokratietheoretischen
dem 20. Jahrhundert in unseren Breiten-                     Ansätzen, sozialistischen Theorieansätzen,
graden zunehmend zu bestimmen begann,                       Theorien der Persönlichkeitsentwicklung,
könnte als die Etablierung des Ideals der                   Theorien der Produktivitätssteigerung,
symmetrischen Kommunikation bezeichnet                      aber auch in pädagogischen Ansätzen ins-
werden. Dieses Ideal zeigt sich in zwei sehr                besondere der moralischen Erziehung und
unterschiedlichen, mitunter sogar inkompa-                  politischen Bildung zu finden.37 Wiewohl
tiblen Ausgestaltungen, nämlich einerseits                  es keineswegs gleichgültig ist, in welchem
als „Emotionalisierung“ und „Psychologi-                    Bereich menschlicher Praxis welches tat-
sierung“ des erzieherischen Verhältnisses,                  sächliche oder vorgegebene Motiv für
andererseits als dessen „Diskursivierung“.                  die mehr oder weniger gleichberechtigte
Während die Wurzeln der ersten Tendenz                      Partizipation an Entscheidungsprozessen
– Psychologisierung – im modernen Ideal                     präferiert wird, kann für (fast) alle Ansätze
der Authentizität gesehen werden können,                    festgehalten werden, dass sie eine proze-
sind die Ursprünge der Diskursivierung                      durale Antwort auf ein gesellschaftliches
des Erziehungsprozesses im Emanzipati-                      Problem zu formulieren versuchen, das
ons- und Autonomieideal – kurz: in moder-                   darin besteht, dass das Ideal der symme-
ner Autonomiepädagogik sensu Kant – zu                      trischen Kommunikation einen erhöhten

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Rechtfertigungsdruck erzeugt, damit einen                   Konsenssuche kann aus diesem und ande-
erhöhten Konsensdruck und insgesamt                         ren Gründen in Fragen des Erziehungsan-
eine erhöhte Diskursivität.                                 spruches nicht als Kriterium dienen.
    Das Habermas’sche Ideal des rationa-                        Dass aber Menschen immer wieder
len Konsenses setzt bekanntlich ein hohes                   Einigungen finden, dass das Leben vol-
Vertrauen in die sogenannte „Kraft des                      ler Einigungsprozesse und -produkte ist,
besseren Arguments“ und eine von den                        ist zugleich eine Binsenwahrheit und ein
Diskursteilnehmern geteilte „rationale Moti-                bedeutsames Faktum für die Diskussion.
vation“ voraus.38 Damit der Konsens in Fra-                 Es scheint, dass Argumentationskonsense
gen der Wahrheit und der Moral von einem                    nur exklusiven Charakter haben und päd-
„common non-sense“ zumindest analytisch                     agogisch deshalb eher Einigungskonsen-
unterschieden werden kann, formulierten                     se41 interessieren müssen, durch welche
Konsenstheoretiker seit den 70er Jahren                     Menschen zeigen, dass sie sich in konkre-
des 20. Jahrhunderts ideale, nach Meinung                   ten Fragen arrangieren können, wiewohl
einiger Vertreter notwendige und zugleich                   sie in „wichtigen Dingen“ im Dissens ver-
kontrafaktisch präsupponierte Kommuni-                      bleiben. Das Ideal des „rationalen“ oder
kationsbedingungen, welche die Hoffnung                     „wahren“ Konsens sensu Habermas hat
erlauben sollten, einen „wahren“ von einem                  pädagogisch kaum Bedeutung; dies än-
„falschen“ Konsens unterscheidbar zu ma-                    dert nichts an der diskurs-ethischen Ein-
chen. Diese Bedingungen betreffen u. a.                     sicht, dass Argumentation ohne das Telos
die Diskursfähigkeit der Diskursteilnehmer                  des Konsenses im Grunde sinnlos wäre
und setzten – meist „stillschweigend“, wie                  (bzw. ein rein expressives Unterfangen).
sich Höffe ausdrückte – eine Diskursbereit-                     Aus ethischer und pädagogischer Per-
schaft voraus, von welcher diskurstheore-                   spektive kommt es vielleicht darauf an,
tisch nicht klar sein kann, woher sie nun                   Diskursfähigkeit kontrafaktisch zu unter-
kommt, da die Diskursbereitschaft nur in                    stellen: wie man Sprechen nur durch
Begriffen der Tugend, nicht aber der Kom-                   Sprechen lernt und Skifahren nur durch
petenz diskutiert werden kann.39 Vertreter                  Skifahren, so erwirbt man diskursive Fä-
der kritischen Erziehungstheorie übernah-                   higkeiten nur im Diskurs. Daher ist es
men zum Teil ein soziologisches Vokabular                   problematisch, die Diskursfähigkeit als le-
und vertraten etwa die Ansicht, dass der                    gitimes Berechtigungskriterium für die Teil-
Erziehungsanspruch gegenüber einem                          nahme an Diskursen bzw. den Ausschluss
Menschen nur so lange aufrechterhalten                      davon zu betrachten. Dies entspräche
bzw. legitimiert werden könne, bis dieser                   einem Denken, das der demokratischen
seine Diskursfähigkeit, nämlich die Fähig-                  Staats- und Lebensform widerstrebt. Auf
keit, autonom zu entscheiden, erworben                      der anderen Seite sind demokratische
habe.40 Subsumiert man, wie etwa bei Ha-                    Staats- und Lebensformen realistisch
bermas, postkonventionelle Urteils- und Ar-                 genug, eben genau nicht auf rationalen
gumentationsfähigkeiten sensu Kohlberg                      Konsens – oder überhaupt Konsens – zu
unter die geforderten Kompetenzen für die                   bauen. Sie sind, wie Welsch aufzeigt, viel-
Teilnahme an rationalen Diskursen, so ließe                 mehr den Dissensrechten verpflichtet.42
sich mit empirischen Indizien leicht argu-                  Das können sie aber nur, indem sie sich
mentieren, dass auch die große Mehrheit                     keiner Konsensustheorie der Wahrheit
der Erwachsenen sich gegen den benann-                      oder der Richtigkeit verschreiben und
ten Erziehungsanspruch nicht emanzi-                        sich zum Zeitpunkt des Entschlusses in
pieren kann. Die Fähigkeit zu rationaler                    Bezug auf Wahrheitsansprüche abstinent

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verhalten. Demokratie ist die Antwort und                   so wichtig er ist, garantiert im Alltags-
vielleicht das Heilmittel für gescheiterte                  leben überhaupt nichts. Diese Fähigkeit
Konsenssuche. Doch der Umstand, dass                        muss vielmehr immer wieder neu aktiviert
die Suche nach rationalen Argumenta-                        werden, und das wird sie vornehmlich
tionskonsensen meistens erfolglos bleibt,                   dadurch, dass alter präsent ist und Ego
macht Argumentation keineswegs über-                        in seiner moralischen Selbstgewissheit
flüssig. Vielmehr ist es der vorausgehende                  und routinierten Gedankenlosigkeit be-
Diskurs, der den Schnitt zwischen Mehr-                     einträchtigt. Diskurse stören das Meinen
heit und Minderheit auch für relevante mo-                  – ihre herausragende Funktion ist nicht
ralische Fragen verantwortbar macht.                        die konsensuelle Lösung eines Problems,
     Reale Diskurse gleichen Verhand-                       sondern die Artikulation der Differenzen
lungen, in welchen die Bedeutung des                        zwischen den Menschen. So also wird am
verallgemeinerbaren Arguments massiv                        ehesten an den Anderen gedacht, wenn
überschätzt wird.43 Wiewohl die morali-                     dieser sich selbst einmischt. Was danach
sche Argumentation in realen Diskursen                      geschieht, kann nie und von niemandem
benützt und benötigt wird, um eine be-                      vorausgesagt werden, weil dieses Sich-
stimmte Position zur Lösung eines konkre-                   Einmischen einer „Praxis der Freiheit“ ent-
ten Problems zu stützen, kommt es letztlich                 spricht, um es mit Arendt zu sagen.45 Wie
darauf an, dass die Interessen und Be-                      auch immer wünschenswert es sein mag,
dürfnisse der Betroffenen berücksichtigt                    in Konsensverfahren einzuführen und Kon-
werden. Reale Diskurse sind deshalb in                      senskompetenzen zu fördern, so ist doch
der Mehrzahl keine Normenbegründungs-                       gerade für demokratische Lebensformen
diskurse, keine Normenanwendungsdis-                        entscheidend, dass mit Dissens gelebt
kurse, sondern Diskurse um vertretbare                      werden kann, wenigstens „halbwegs ge-
Interessenkoordinationen. Ihre funktionale                  sittet“, d. h. gewaltfrei.
Bedeutung besteht nicht unbedingt in ers-                        Wer meint, die Gesellschaft finde
ter Linie darin, dass eine Lösung gefunden                  ihren Zusammenhalt vor allen Dingen
wird, sondern dass die Interessen, Bedürf-                  durch argumentative Kommunikation, der
nisse und Sichtweisen der Anderen, die in                   muss auch glauben, dass man sich auf
der Gedankenlosigkeit und Egozentrizität                    dem Boden der „wichtigen Dinge“ argu-
des Handelns Einzelner übergangen wer-                      mentativ einigen kann. Dennoch könnte
den, störend Eingang finden. Diskurse                       es sich erweisen, dass der Gebrauch
korrigieren, nicht unbedingt, weil sie dem                  dieser architektonischen Metaphern –
Einzelnen ermöglichen, einen Perspekti-                     „Grundwerte“ und „Fundamente“ – in die
venwechsel vorzunehmen, sondern weil                        Irre führt. Ganz abgesehen davon, dass
der Einzelne durch die pure Anwesenheit                     Grundwertedebatten schon aus infrastruk-
der Anderen in seiner Entschlusskraft und                   turellen Gründen kaum wirklich gesamt-
Urteilssicherheit gestört und irritiert wird.               gesellschaftlich geführt werden können,
Seyla Benhabib schreibt passend: „The                       kann die Ansicht vertreten werden, dass
cultivation of one’s moral imagination flou-                es letztlich nur darum gehen kann, dass
rishes in (…) a culture in which the self-                  sich die Einzelmenschen in ihrer Urteils-
centered perspective of the individual is                   fähigkeit entwickeln und zu reifen Perso-
constantly challenged by the multiplicity                   nen werden, d.h. Menschen, die sich zu
and diversity of perspectives that constitu-                sich selbst und zur Welt in ein reflektiertes
te public life“.44 Der Erwerb der Fähigkeit,                Verhältnis setzen können. Im Sinne Harry
sich in die Schuhe des anderen zu setzen,                   Frankfurts ließe sich argumentieren, dass

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sich diese Bildung auf die Entwicklung                      würden (oder könnten).49 Aber auch in die-
von Wünschen zweiter Ordnung bezieht.46                     sen Fällen geht es am Ende immer darum,
Wünsche zweiter Ordnung betreffen die                       dass und wie sich die Beteiligten und Be-
Fähigkeit der Person, die Wünschens-                        troffenen in ihrem Zusammenleben arran-
wertigkeit der eigenen Wünsche (erster                      gieren; diese Arrangements können nicht
Ordnung) zu befragen; Wünsche zweiter                       auf Argumentationskonsensen ruhen, son-
Ordnung sind – Charles Taylor zufolge –                     dern erzielen höchstens die Ebene des
immer in einem kontrastiven Vokabular                       Ergebniskonsenses.
verfasst (feige-mutig, gläubig-ungläubig,                       Die damit verbundene und immer wie-
schön-hässlich, gut-böse etc.).47 Auf die-                  der erforderliche Dissenstauglichkeit, also
ser Ebene geht es immer um den Streit                       die Bereitschaft und Fähigkeit, mit Dissens
der (Selbst-)Interpretationen (Bin ich feige,               leben zu können, erscheint wie andere be-
wenn ich meinem Freund nicht sage, dass                     deutsame Haltungen und Einstellungen mit
ich ihn in der Sache x belogen habe?). Die-                 zunehmenden Dissenserfahrungen zwar
ser „Streit“ ist von fundamentaler Bedeut-                  lernbar, aber nur sehr begrenzt lehrbar zu
samkeit für die Bildung des Menschen. Es                    sein. Im Unterschied zu Konsenskompe-
ist mitunter die Zumutung des Erzogen-                      tenzen ist die Dissenstauglichkeit primär
werdens, es sind diese „Angriffe“48 auf die                 als eine Tugend zu begreifen, also als eine
eigenen Welt- und Selbstinterpretationen,                   Art Willensstärke oder persönliches Ethos
die dazu zwingen oder auffordern, dass                      der diskursiven Auseinandersetzung. Dis-
Ego die Welt und sich selbst bzw. seine                     senstauglichkeit ist eine Anstrengung, eine
Handlungen anders zu sehen und deuten                       Leistung, die im sozialen Raum immer wie-
lernt. Doch auch der erwachsene Mensch                      der neu Achtung verdient.
wird durch das Leben selbst, d.h. die zu
bewältigenden Probleme in Selbstver-
ständlichkeit, Selbstgewissheit und viel-
leicht sogar Selbstgerechtigkeit – kurz in                  Anmerkungen
seiner Selbstbeschreibungsfreiheit – mehr
                                                            1     Vgl. Bauer, Thomas (2018). Die Vereindeuti-
oder weniger produktiv gestört und einge-
                                                                  gung der Welt. Über den Verlust an Mehrdeu-
schränkt. Der Streit um die richtige Inter-                       tigkeit und Vielfalt. Stuttgart: Reclam.
pretation könnte in Anlehnung an Lyotard                    2     Habermas, Jürgen (1981). Theorie des kom-
in seiner Form entweder als „Rechtsstreit“                        munikativen Handelns (Bd. 1: Handlungsrati-
(le litige) oder aber als „Widerstreit“ (la                       onalität und gesellschaftliche Rationalisierung;
différence) gedeutet werden: Im ersteren                          Bd. 2: Zur Kritik der funktionalistischen Ver-
teilen die Beteiligten einen gemeinsamen                          nunft) Frankfurt/M.: Suhrkamp; Habermas,
                                                                  Jürgen (1983). Moralbewusstsein und kommu-
Verstehenshorizont, ein gemeinsames
                                                                  nikatives Handeln. Frankfurt/M.: Suhrkamp.
Sprachspiel, und die „guten“ Argumente                      3     Apel, Karl-Otto (1988). Diskurs und Verant-
erweisen hier ihre Kraft als „überzeugende“                       wortung. Das Problem des Übergangs zur
Argumente bzw. haben das Potential dazu.                          postkonventionellen Moral. Frankfurt a.M:
Doch häufig befinden sich Menschen und                            Suhrkamp.
Menschengruppen in der Situation des                        4     Habermas, Jürgen (1991). Erläuterungen zur
„Widerstreits“, wo es keine argumentative                         Diskursethik. Frankfurt/M, Suhrkamp. In J.
                                                                  Habermas, Erläuterungen zur Diskursethik.
Lösung geben kann und die Beteiligten in
                                                                  Frankfurt/M.: Suhrkamp, S. 119-226, hier:
ihren (heterogenen) Interpretationswelten                         S. 132.
verbleiben, weil diese ihnen (für ihr Selbst-               5     Giegel, Hans-Joachim (1992) Einleitung. Kom-
verständnis) zu wichtig sind, als dass sie                        munikation und Konsens in modernen Gesell-
sie durch Gegenargumente aufgegeben                               schaften. In ders. (Hrsg.), Kommunikation und

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Konsens in modernen Gesellschaften. Frank-             20    Hörisch, Jochen (1998). Die Wut des Ver-
     furt a.M.: Suhrkamp, S. 7-17, hier: S. 9.                    stehens. Frankfurt a.M.: Suhrkamp (Original
6    Ebd.                                                         1988), S. 76.
7    Vgl. Reichenbach, Roland (1994). Moral, Dis-           21    Hörisch, Jochen (1998). Die Wut des Ver-
     kurs und Einigung. Bern u.a.: Lang.                          stehens. Frankfurt a.M.: Suhrkamp (Original
8    Giegel, Hans-Joachim (1992) Einleitung. Kom-                 1988), S. 80.
     munikation und Konsens in modernen Gesell-             22    Hörisch, Jochen (1998). Die Wut des Ver-
     schaften. In ders. (Hrsg.), Kommunikation und                stehens. Frankfurt a.M.: Suhrkamp (Original
     Konsens in modernen Gesellschaften. Frank-                   1988), S. 103.
     furt a.M.: Suhrkamp, S. 7-17, hier: S. 9).             23    Hörisch, Jochen (1998). Die Wut des Ver-
9    Giegel, Hans-Joachim (1992) Einleitung. Kom-                 stehens. Frankfurt a.M.: Suhrkamp (Original
     munikation und Konsens in modernen Gesell-                   1988), S. 80.
     schaften. In ders. (Hrsg.), Kommunikation und          24    „Denn anders als im ‚interpretieren’ schwingt
     Konsens in modernen Gesellschaften. Frank-                   im ‚deuten’ ein okkasionalistisches, ein will-
     furt a.M.: Suhrkamp, S. 7-17, hier: S. 16).                  kürliches, ein autochtones Moment mit. Meint
10   https://www.hs-augsburg.de/~harsch/                          ‚deuten’ doch nicht die ausdrückliche Expli-
     germanica/Chronologie/19Jh/Frege/fre_brif.                   kation des immer schon (Vor-)Verstandenen,
     html (15.2.2021).                                            sondern die Strukturierung des ansonsten
11   https://www.hs-augsburg.de/~harsch/                          Unverständlichen. ‚Deutung’ versteht sich –
     germanica/Chronologie/19Jh/Frege/fre_brif.                   und das unterscheidet sie von der Interpre-
     html (15.2.2021).                                            tation – nicht mimetisch, sondern arbiträr.“
12   Frege, Gottlob (1903). Grundlagen der Arith-                 Hörisch, Jochen (1998). Die Wut des Ver-
     metik, II, 1903, Anhang S. 253-261 (1988                     stehens. Frankfurt a.M.: Suhrkamp (Original
     im Felix Mei-ner Verlag, Hamburg). Vgl. auch                 1988), S. 83.
     https://deacademic.com/dic.nsf/dewiki/                 25    Hörisch, Jochen (1998). Die Wut des Ver-
     1209415 (15.2.2021).                                         stehens. Frankfurt a.M.: Suhrkamp (Original
13   Meyer-Wolters, Hartmud (1997). Selbst-                       1988), S. 105 (Hervorhebung R. R.).
     bestimmung als Notlösung. Zur Aktualität               26    vgl. Hörisch, Jochen (1998). Die Wut des Ver-
     des anthropologischen und bildungstheore-                    stehens. Frankfurt a.M.: Suhrkamp (Original
     tischen Denkens von Eugen Fink. Vierteljah-                  1988), S. 107. „Argumente sind immer auch
     resschrift für wissenschaftliche Pädagogik,                  unfein. Sie lassen Takt vermissen. Nötigen
     73(2), 206-225, hier: S. 218).                               sie doch den, an den sie adressiert sind, zur
14   Fink, Eugen (1970). Erziehungswissenschaft                   Zustimmung. Kunstwerke hingegen verzich-
     und Lebenslehre. Freiburg i. Br.: Rombach,                   ten, wie man spätestens seit Kants Kritik der
     S. 186.                                                      Urteilskraft weiss, auf Zustimmungsgewalt.
15   Fink, Eugen (1970). Erziehungswissenschaft                   Ihr Grundgestus ist ‚desinvolture’ (der Unge-
     und Lebenslehre. Freiburg i. Br.: Rombach,                   zwungenheit – ein Lieblingswort Adornos).“
     S. 191.                                                      Hörisch, Jochen (1998). Die Wut des Ver-
16   Fink, Eugen (1970). Erziehungswissenschaft                   stehens. Frankfurt a.M.: Suhrkamp (Original
     und Lebenslehre. Freiburg i. Br.: Rombach,                   1988), S. 107f. Argumente sind weiter, „weil
     S. 191f.                                                     sie auf Akzeptanz hin organisiert sein müssen,
17   Vgl. Reichenbach, Roland (2001). Demokra-                    automatisch dümmer als etwa idiosynkrati-
     tisches Selbst und dilettantisches Subjekt.                  sche ästhetische Urteile, die sich, da sie ja
     Münster: Waxmann, S. 104.                                    nicht stimmen, wohl aber in sich stimmig sein
18   Lin Yutang (1966). Glück des Verstehens.                     müssen, Ignoranz auch gegenüber höheren
     Weisheit und Lebenskunst der Chinesen.                       Banalitäten (…) leisten können.“ Hörisch,
     Stuttgart: Klett (amerikanisches Original „The               Jochen (1998). Die Wut des Verstehens.
     Importance of Understanding“. Cleveland &                    Frankfurt a.M.: Suhrkamp (Original 1988),
     New York: The World Publishing Company,                      S. 108.
     1960), S. 17.                                          27    Lakoff, George & Johnson, Mark (2000).
19   Gadamer, Hans-Georg (1990). Wahrheit und                     Leben in Metaphern. Konstruktion und Ge-
     Methode. Grundzüge einer philosophischen                     brauch von Sprachbildern (2., korr. Aufl.).
     Hermeneutik. Tübingen: Mohr (Original                        Heidelberg: Carl-Auer-Systeme (amerikani-
     1960), S. 383.                                               sches Original 1980).

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28    Vgl. Bollnow, Otto F. (1977). Existenzphiloso-             Suhrkamp; Habermas, Jürgen (1991). Er-
      phie und Pädagogik. Stuttgart: Kohlhammer                  läuterungen zur Diskursethik. Frankfurt/M,
      (Original 1959), S. 87-131; Bollnow, Otto                  Suhrkamp. In J. Habermas, Erläuterungen
      F. (1983). Anthropologische Pädagogik (3.                  zur Diskursethik. Frankfurt/M.: Suhrkamp,
      Aufl.). Bern: Haupt (Original 1971), S. 60-64.             S. 119-226.
29    Bollnow, Otto F. (1983). Anthropologische            39    Höffe, Otfried (1979). Ethik und Politik.
      Pädagogik (3. Aufl.). Bern: Haupt (Original                Grundmodelle und -probleme der praktischen
      1971), S. 63, vgl. Loch, Werner (1969). Die                Philosophie. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
      Struktur der Begegnung im Horizont der Er-           40    Vgl. Hoffmann, Dieter (1978). Kritische Erzie-
      ziehung. In B. Gerner (Hrsg.), Begegnung.                  hungswissenschaft. Stuttgart: Kohlhammer.
      Ein anthropologisch-pädagogisches Grunde-            41    Vgl. Giegel, Hans-Joachim (1992) Einleitung.
      reignis. Darmstadt: Wissenschaftliche Buch-                Kommunikation und Konsens in modernen
      gesellschaft, S. 295-405, hier: S. 404.                    Gesellschaften. In ders. (Hrsg.), Kommunika-
30    Bollnow, Otto F. (1977). Existenzphiloso-                  tion und Konsens in modernen Gesellschaf-
      phie und Pädagogik. Stuttgart: Kohlhammer                  ten. Frankfurt a.M.: Suhrkamp.
      (Original 1959), S. 99.                              42    Welsch, Wolfgang (1992). Topoi der Post-
31    Bollnow, Otto F. (1977). Existenzphiloso-                  moderne. In H. R. Fischer, A. Retzer, &
      phie und Pädagogik. Stuttgart: Kohlhammer                  J. Schweitzer (Hrsg.), Das Ende der gro-
      (Original 1959), S. 101.                                   ßen Entwürfe. Frankfurt a. M.: Suhrkamp,
32    Buber, Martin (1986). Begegnung. Autobio-                  S. 35-55.
      graphische Fragmente. Heidelberg: Lambert            43    Reichenbach, Roland (1994). Moral, Diskurs
      Schneider (Original 1960), S. 10f.                         und Einigung. Bern u.a.: Lang.
33    Lin Yutang (1945). Between Tears and                 44    Benhabib, Seyla (1992). Situating the self.
      Laughter. Garden City, New York: Blue                      Gender, community and postmodernism in
      Ribbon Books, S. 1.                                        contemporary ethics. New York: Routledge,
34    Fink, Eugen (1970). Erziehungswissenschaft                 S. 424.
      und Lebenslehre. Freiburg i. Br.: Rombach.           45    Arendt, Hannah (1994). Zwischen Vergan-
35    Taylor, Charles (1995). Das Unbehagen an                   genheit und Zukunft. Übungen im politischen
      der Moderne. Frankfurt a. M.: Suhrkamp                     Denken I. München & Zürich: Piper (Original:
      (Original: “The malaise of modernity”, 1991;               "Between past and future" 1968); Arendt,
      vgl. Menke, Christoph (1996). Tragödie im                  Hannah (1996). Vita Activa oder Vom tätigen
      Sittlichen. Gerechtigkeit und Freiheit nach                Leben. München & Zürich: Piper (Original:
      Hegel. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.                          “The human condition” 1958).
36    Walzer, Michael (1999). Vernunft, Politik            46    Frankfurt, Harry (1971). Freedom of the will
      und Leidenschaft. Defizite liberaler Theorie.              and the concept of a person. Journal of Philo-
      Frankfurt a. M.: Fischer.                                  sophy, 67, 1, 5-20.
37    Vgl. dazu Gerhardt, Volker (2007). Partizipa-        47    Taylor, Charles (1992). Negative Freiheit?
      tion. Das Prinzip der Demokratie. München:                 Zur Kritik des neuzeitlichen Individuums.
      Beck.                                                      Frankfurt a. M.: Suhrkamp (aus den „Philo-
38    Habermas, Jürgen (1981). Theorie des kom-                  sophical papers“, 1985, ausgewählte und
      munikativen Handelns (Bd. 1: Handlungsratio-               übersetzte Aufsätze).
      nalität und gesellschaftliche Rationalisierung;      48    Thiemann, Friedrich (1993). Angriffe – Kinder
      Bd. 2: Zur Kritik der funktionalistischen                  erleben Erziehung. Reinbek bei Hamburg:
      Vernunft) Frank-furt/M.: Suhrkamp; Haber-                  Rowohlt.
      mas, Jürgen (1983). Moralbewusstsein und             49    Lyotard, Jean-François (1989). Der Wider-
      kommunikatives      Handeln.     Frankfurt/M.:             streit. München: Fink (Original 1983).

362                                     Pädagogische Rundschau                                           3 / 2021

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                            wiederverwendbar. http://creativecommons.org/licenses/by/4.0
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