Wörterbuch des Führens - Christoph Mandl
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Christoph Mandl Wörterbuch des Führens Im folgenden Beitrag werden - vordergründig - für dieses Buch we- sentliche Begriffe die nicht alltäglich sind, erläutert. Es wird aber auch verdeutlicht, dass die Bedeutung der Begriffe sehr unterschied- lich gesehen wird, je nachdem, von welcher Weltanschauung aus das Thema Führen betrachtet wird. Vor allem drei, recht unterschiedliche Weltanschauungen, von denen zwei erst im 20. Jahrhundert geschaffen wurden, prägen heute das Bild von Führen. Diese drei Weltanschau- ungen und das davon abgeleitete Bild von Führen sind der eigentliche Fokus dieses Beitrages. Abwehrroutinen Erstmals wurde Abwehrroutine von Chris Argyris (1985) beschriebe- nes. Sie bezeichnen das Verhalten von Personen in Organisationen, Irrtümer, welche auf Grund eigener Annahmen über effizientes Ver- halten geschehen (w Effizienz), zu verdecken und auch das Verdecken des Irrtums zu verdecken. Nach Argyris verhindern Abwehroutinen sehr erfolgreich Innovationen (w Innovationsfähigkeit) und Lernen. Nach Meinung der w CFs dürften vor allem w KFs für Abwehrrouti- nen anfällig sein. KFs messen dem beschriebenen Verhalten geringe bis gar keine Bedeutung zu. Abwehrroutinen sind ihrer Meinung nach bestenfalls geeignet, um von den wirklichen Zielen abzulenken. Christoph Mandl Wörterbuch des Führens 1
Beer Game J.W. Forrester hat das Beer Game als einfaches logistisches Spiel am MIT (Massachusetts Institute of Technology) entwickelt und 1961 erstmals in seinem Buch „Industrial Dynamics“ beschrieben. Wesent- liches Merkmal des Beer Game ist, dass es, genau wie das chaotische Wasserrad (w Wasserrad, chaotisch) trotz seiner Einfachheit ein kom- plexes System (w System, komplex) darstellt. Im Unterschied zum chaotischen Wasserrad sind aber die Spieler selbst Teil des Beer Game als komplexem System. Beim Beer Game können - quasi in einer La- borsituation - die typischen Aspekte komplexer Systeme, wie unbedeu- tende Ereignisse (w Ereignisse, unbedeutende), Irritation, Unbere- chenbarkeit, w Überreaktion und w Zeitverzögerung erlebt und beo- bachtet werden. Es wird berichtet, dass die Erfahrungen mit diesem Spiel, w KFs zu, w SFs konvertieren ließ. Auf Grund des großen Inte- resses am Beer Game, vor allem in Nordamerika und Europa, gibt es zahlreiche Publikationen zum Thema, wobei ein Teil der Publikationen von KFs der Frage nachgeht, wie die optimale w Steuerung im Beer Game aussieht. Berechenbar Ein System ist dann berechenbar, wenn sein Verhalten in Abhängig- keit vom Einfluss, der auf das System ausgeübt wird, vorhergesagt werden kann ohne das Verhalten des Systems selbst zu kenne (w Sys- tem, einfaches; w System, komplexes). Im Umgang mit einem System, das berechenbar ist, sind Überraschungen daher nicht möglich; es pas- siert nur das Erwartete. Seit Isaac Newton um 1685 die Gesetze der Mechanik entdeckte, waren w KFs der Meinung, dass die Natur bere- chenbar sei. Erst die w Komplexitätswissenschaft zeigte, dass es auch Naturphänomene gibt, die nicht berechenbar sind. Diese Erkenntnis hat das abendländische Denken schockartig getroffen. Die zwischen KFs, w SFs und w CFs schwelende Frage, ob Unternehmen berechen- bar sind oder nicht, ist bis dato nicht beantwortet. CF - chaotisches Genauer sind mit CFs die Anhänger des chaotischen Führens (w Füh- Führen ren, chaotisches) gemeint. CFs können sowohl Personen sein, die füh- ren, als auch Personen sein, die keine Führungsrolle einnehmen. Die ersten CF traten etwa 1965 auf, kurz nachdem die w Komplexitätswis- senschaft auch die Sozialwissenschaften infiltrierte. In der Folge nahm die Anzahl der CFs stetig zu, wobei mangels Daten der Zuwachs an CFs nicht bekannt ist. Eine Analyse der Zunahme entsprechender Webseiten steht noch aus. Chaos von griech. „cháos“ (leerer Raum, Luftraum, Kluft) – Chaos bedeutet seit 1963, dem Geburtsjahr der w Komplexitätswissenschaft, nicht die Abwesenheit von Regeln, also Regellosigkeit, sondern das unberech- Christoph Mandl Wörterbuch des Führens 2
enbare und somit unvorhersehbare Verhalten komplexer Systeme (w System, komplexes). „Wohin man schaut herrscht Chaos!“, gilt als Schreckensruf der w KFs, während derselbe Satz die w CFs in ihrer Weltanschauung bestätigt, welche manche von ihnen mit militanten Sprüchen wie „Wo das Chaos auf die Ordnung trifft, gewinnt meist das Chaos, weil es besser organisiert ist.“ verteidigen. Dialog von griech. dia- (durch-) und logos („Wort“ oder genauer: „die Be- deutung des Wo rtes“) – Dialog ist eine von David Bohm (1917-1992) wiederentdeckte Gesprächsform für Gruppen (vgl. Bohm 1998). Fokus dieser Gesprächsform ist es, miteinander zu denken, die Sichtweisen aller zu erkunden, ein gemeinsames Verständnis sowie neue Erkennt- nisse zu gewinnen. Dialog sollte prinzipiell ohne Gesprächsleiter und ohne Tagesordnung funktionieren, denn ein Dialog ist im wesentlichen ein Gespräch unter Gleichberechtigten. Jegliche w Kontrolle, gleich- gültig wie achtsam und sensibel, könnte den freien Fluss der Gedanken sowie subtile oder unangenehme Gefühle verhindern und deren Aus- druck hemmen. Das Potential des Dialogs als neue Arbeitsform von Teams und Gruppen wurde von Peter Senge in „Die fünfte Disziplin - Kunst und Praxis der lernenden Organisation“ (1996a, S. 293) sichtbar gemacht: „Beim Dialog erforscht eine Gruppe schwierige, komplexe Fragen unter vielen verschiedenen Blickwinkeln. Der einzelne legt sich nicht auf seine Meinung fest, aber er teilt seine Annahmen offen mit. Das führt dazu, dass die Beteiligten die ganze Fülle der Erfahrung und des Denkens ungehindert erforschen und an die Oberfläche brin- gen können, aber weit über individuelle Meinungen hinausgelangen.“ David Bohm (1998, S. 67f.) wiederum meinte zur Idee, dass die w KFs, w SFs und w CFs ihre unterschiedlichen Meinungen im Dialog bearbeiten: „Jemanden überzeugt haben bedeutet jemanden besiegt haben und ähnlich verhält es sich mit jemanden überreden wollen. Menschen versuchen manchmal mit süßer Rede zu überreden oder mit starker Rede zu überzeugen. Beides ist weder kohärent noch vernünf- tig, denn wenn etwas stimmt, muss man nicht überredet werden. Wenn jemand Sie überreden muss, dann ist die Sache schon zweifelhaft.“ Diskussion von lat. discussio (Schlag, Stoß, Erschütterung) – Die Diskussion dient dem Zerlegen von Dingen. Bei ihr steht die Idee von Analyse im Vor- dergrund. Viele Standpunkte werden vertreten, und jeder präsentiert einen anderen – analysierend und zerlegend. Der Zweck der Disskussi- on liegt häufig darin, zu gewinnen oder Punkte für sich selbst zu sam- meln. Oft werden aber auch die Ideen eines anderen aufgegriffen, um die eigenen zu untermauern. In größeren Gruppen die erforderliche Gesprächsdisziplin. w KFs bevorzugen oft die Diskussion sorgt meist Christoph Mandl Wörterbuch des Führens 3
ein Diskussionsleiter für gegenüber dem w Dialog, da ihrer Meinung nach in der Diskussion den Dingen auf den Grund gegangen wird. w CFs sehen in dieser Gesprächsform ein wirksames Instrument, um das Entstehen neuer Ideen zu verhindern, weswegen für CFs die Dis- kussion und w Abwehrroutinen die selbe Wirkung haben. Effizienz von lat. efficiens, (bewirkend, wirksam) – Effizienz ist ein vom w Taylorismus geprägter Begriff, der bei Maschinen seine Entspre- chung in dem Begriff „Wirkungsgrad“ hat. Der Wirkungsgrad einer Maschine ist dann hoch, wenn die eingesetzten Energie die erwünschte Wirkung möglichst vollumfänglich erzielt und nicht durch Reibungs- oder Wärmeverluste verloren geht. Aus den Gesetzen der Thermody- namik ist bekannt, dass es unmöglich ist, einen Wirkungsgrad von hundert Prozent zu erzielen - dies wäre nämlich ein Perpetuum mobile geschaffen. w KFs legen großen Wert auf Effizienz. Falls es ihnen nicht gelingt, die Effizienz eines Unternehmens zu steigern, sehen sie dies als persönlichen Misserfolg. Auf ganz anderem Weg suchen w SFs die Effizienzsteigerung. Da in ihrem Verständnis über komple- xe Systeme (w System, komplexes) auch kleine Ursachen große Wir- kungen haben können, suchen sie nach genau diesen kleinen Ursachen, um damit eine Effizienz von weit über hundert Prozent. Die für die kleine Ursache eingesetzte Energie mobilisiert dabei ein Vielfaches an vorhandener Energie und bündelt diese in Richtung erwünschter Wir- kung. Ein von SFs gerne zitierter Ausspruch lautet: „Gebt mir einen Hebel, der lang genug ist, und einhändig bewege ich die Welt.“ Für w CFs ist Effizienz kein passendes Thema für komplexe Systeme, son- dern nur anwendbar auf einfache Systeme (w System, einfaches). Bei CFs steht die Frage der w Innovationsfähigkeit im Vordergrund der Überlegungen. Ehrfurcht hohe Achtung empfindend – Ehrfurcht ist ein Gefühlszustand, der bei Menschen beobachtet werden kann, wenn sie vor einer klaren Manifes- tation ihrer eigenen Weltanschauung stehen. So wurden w KFs in Ehr- furcht verharrend vor den modernsten Maschinen, wie Flugzeuge, Ra- keten, usw., beobachtet. Aber auch vor hohen Führungspersonen, wie Generaldirektoren, Präsidenten, Päpsten, usw., konnten KFs in Ehr- furcht stehend beobachtet werden. w SFs hingegen verharren in Ehr- furcht vor natürlichen, biologischen Systemen mit ihren w Rückkopp- lungen, also Lebewesen aber auch ökologischen Systeme. (w System, einfaches; w System, komplexes). Über w CFs wird berichtet, dass sie in einem technischen Museum in Ehrfurcht lange Zeit ein chaotisches Wasserrad ( w Wasserrad, chaotisch) beobachtet haben. Christoph Mandl Wörterbuch des Führens 4
Ereignisse, „Ereignis“ aus dem ahd. ouga (Auge) und davon abgeleitet: unbedeutende irougnissa (das Zeigen, das Vor-Augen-Stellen) – Unbedeutende Er- eignisse sind mit der w Komplexitätswissenschaft in den Blickpunkt des Interesses gerückt. Bei einfachen Systemen (w System, einfaches) sind jene Ereignisse unbedeutend, die keine oder nur unbedeutende Wirkungen erzeugen. Vor allem aus der Mechanik ist die Regel be- kannt: „Kleine Ursache - kleine Wirkung“. Die w Komplexitätswis- senschaft brachte hingegen erstmals Beispiele für bedeutsame Phäno- mene, die aus scheinbar unbedeutenden Ereignissen entstehen. Be- rühmtes Beispiel dafür ist jener Schmetterling, dessen Flügelschlag die Entstehung eines Hurrikans auslöst. Eine wichtige Erkenntnis der Komplexitätswissenschaft ist, dass es bei komplexen Systemen (w System, komplexes) nicht möglich ist, zwischen unbedeutenden und bedeutenden Ereignissen zu differenzieren, da alle Ereignisse das Potential für beides haben und die Wirkungen der Ereignisse nicht w berechenbar sind. Für w KFs sind unbedeutende Ereignisse zu igno- rieren, da Unternehmen einfache Systeme (w System, einfaches) sind, in denen die Regel gilt, dass nur große Ursachen große Wirkung ha- ben. w SFs sind motiviert, nach unbedeutende Ereignisse zu suchen, da ein großes wirkungspotential in ihnen liegt. „Nichts ist effizienter“, sagen SFs, „als richtig gesetzte unbedeutende Ereignisse“ Die w CFs leiten aus den unbedeutende Ereignisse eine Handlungsmaxime ab, die folgendermaßen formuliert werden kann: „Wenn meine Handlungen nicht nach ihren Wirkungen beurteilt werden können, bleibt mir nur, diese achtsam zu setzen, immer im Bewusstsein, dass sie potentiell große Wirkung haben.“ Mit w Dialog und w Open Space Technology Arbeitende berichten von Erfahrungen von unbedeutenden Ereignis- sen. KFs beschreiben sie als sehr irritierend, während SFs über unter- schiedliche Erfolge mit unbedeutenden Ereignissen berichten. Für CFs sind die Erfahrungen Bestätigung ihrer Hypothese, wonach Dialog und Open Space Technology komplexe Systeme generieren. Fragen Die Naturwissenschafter lehren, dass Fragen der wichtigste Teil jeder Problemlösung sind. Hätte sich Albert Einstein nicht gefragt, was pas- siert, wenn zwei Raumfahrer jeweils mit Lichtgeschwindigkeit anein- ander vorbeirasen, wer weiß, ob die Relativitätstheorie entdeckt –, aber auch, ob die Atombombe entwickelt worden wäre ... Flugzeugbauer wissen, dass die tödlichsten Fragen jene sind, die beim Bau eines Flugzeuges nicht gestellt wurden; werden die Piloten im Flugzeug mit einer solchen konfrontiert, bleibt zu wenig Zeit, um sie zu beantwor- ten. „An ihren Fragen sollst Du sie erkennen“ sagt ein alter Spruch. Für w KFs stehen Fragen nach Ursachen im Vordergrund: Wer ist w schuld?; Warum ...? w SFs suchen Antworten auf Fragen wie Christoph Mandl Wörterbuch des Führens 5
Was wäre/wohin führt das/was würde passieren, wenn ...? Was hat wie Einfluss auf ...? Welche Aktionen müssen gesetzt werden, um ...? w CFs befassen sich eher mit folgenden Fragen: Welches Führungs- verständnis kann ich entwickeln, wenn ich die Menschen, die Organi- sation oder das Unternehmen für die/das ich arbeite, nicht zielgerichtet steuern (w Steuerung) kann? Was heißt persönlicher Erfolg in einem Unternehmen als komplexem System (w System, komplexes)? Welche Fähigkeiten müssen Menschen mitbringen, um in komplexen Syste- men zu agieren? Wie kann ich mein bewusstes Nichtreagieren den KFs und den SFs verständlich machen? Führen, „Führen“ von ahd. fuoren (Tragen, Fahren, Herbeibringen) – Chaoti- chaotisches sches Führen ist ein mentales Modell (w Modell, mentales), das bei Per- sonen (w CFs) anzutreffen ist, die überzeugt sind, in einem komplexen System (w System komplex) zu handeln, in dem chaotisches Verhalten überwiegt. Das mentale Modell des chaotischen Führens bezieht sich vor allem auf die Erkenntnisse der w Komplexitätswissenschaft. Ent- standen ist das chaotische Führen. etwa 1965. Wesentliche und hand- lungsbestimmende Begriffe sind w Chaos, w Dialog, w Innovationsfä- higkeit, w Sein und w Selbstorganisation. Führen, kausales Das mentale Modell (w Modell, mentales) des kausalen Führens ist bei Personen (w KFs) anzutreffen, die überzeugt sind, in einem einfa- chem System (w System, einfaches) mit Ursache-Wirkung-Beziehun- gen (w Kausalität) zuagieren. Das mentale Modell des kausalen Füh- rens bezieht sich mittelbar auf die Erkenntnisse der Mechanik und un- mittelbar auf den w Taylorismus. Es ist sehr alt. Gesichert nachgewie- sen kann es bereits in den Schriften der christlichen Religionen. Durch die Erfolge der Mechanik (beim Bau von Maschinen) und des Taylo- rismus (beim Führen von Unternehmen) blieb kausales Führen in den industrialisierten Ländern bis in die erste Hälfte des zwanzigsten Jahr- hunderts das einzige mentale Modell von Führen. Seine wesentlichen und handlungsbestimmenden Begriffe sind w Berechenbarkeit, w Dis- kussion, w Effizienz, w Kausalität, w Kontrolle, Ordnung, w Schuld, Ursache und w Verantwortung. Führen, Das mentale Modell (w Modell, mentales) des systemischen Führens, systemisches ist bei Personen (SFs) anzutreffen, die überzeugt sind in einem kom- plexen System (w System, komplex) mit vielen w Rückkopplungen zu agieren. Das mentale Modell des systemischen Führens bezieht sich auf die Erkenntnisse der w Kybernetik und der w Systemtheorie. Ent- standen ist systemischen Führens um etwa 1950 basierend auf den Er- gebnissen der w Macy Conferences on Cybernetics. Seine wesentliche Christoph Mandl Wörterbuch des Führens 6
und handlungsbestimmende Begriffe sind w Abwehrroutinen, unbe- deutende Ereignisse (w Ereignisse, unbedeutende), w Rückkopplung, w Steuerung, Strategie, w Überreaktion, Vision, w Zeitverzögerung und Ziel. Gefangenendilemma Der Begriff Gefangenendilemma kennzeichnet eine Situation, in der ein auf individuelle Nutzensmaximierung zielendes Verhalten der ein- zelnen Gruppenmitglieder zu einem für jedes Gruppenmitglied schlechten Ergebnis führt. Der Mathematiker Albert W. Tucker kreier- te und analysierte 1950 in einem Vortrag an der Stanford Universitity erstmals folgendes Beispiel zu einer solchen Situation: Mehrere Ge- fangene werden unabhängig voneinander verhört, wobei die Kronzeu- genregelung gilt. Wenn kein Gefangener gesteht und damit kein Ge- fangener überführt werden kann, gehen alle straffrei aus. Die durch Geständnisse ihrer Komplizen Belasteten unterliegen hingegen einer verschärften Bestrafung. Gesteht jedoch ein Gefangener, so wird dieser (und alle weiteren Geständigen) einer gemilderten Strafe unterworfen. Von Sozialwissenschaftern wird das Gefangenendilemma als das fun- damentale Dilemma sozialen Verhaltens gesehen – etwa im Umgang mit ökologischen Problemen oder bei jeder Art von Kooperation –, weswegen es in der experimentellen Sozialwissenschaft detailliert un- tersucht wurde. Es wurde festgestellt, dass sich w KFs, w SFs und w CFs beim wiederholten Durchspielen des Gefangenendilemmas in ihrem Verhalten signifikant unterscheiden. KFs analysieren sehr genau die Frage, wer die w Schuld am schlechten Ergebnis trägt. Nachdem KFs meistens zu der Auffassung gelangen, dass die Gegenpartei schuld ist und dass es deshalb unmöglich sei, im Gefangendilemma zu einem guten Ergebnis zu kommen, wird die Gegenpartei bestraft, d.h. es wird stets entschieden zu gestehen. Die SFs versuchen hingegen, die Ge- genpartei dazu zu bewegen, nicht zu gestehen. Beim ersten Durchgang des Gefangenendilemmas gestehen sie nicht. Nachher machen sie je- weils das, was die Gegenpartei davor gemacht hat. Mit diesem Verhal- ten gehen die SFs viel häufiger straffrei aus als die KFs. Über die CFs liegen bezüglich des Gefangenendilemmas keine gesicherten Ergebnis- se vor, da diese die Mitwirkung an den Experimenten bislang stets mit dem Hinweis verweigert haben, dass die Realität komplexer sei als die geschilderte Situation und sie sich lieber mit komplexen Systemen (w System, komplexes) als mit dem Gefangenendilemma. befassen. Innovationsfähigkeit Innovationsfähigkeit ist die Fähigkeit von Menschen oder von Unter- nehmen bzw. Organisationen in Wirtschaft und Gesellschaft Neuerun- gen hervorzubringen, zu adoptieren und erfolgreich zu nutzen. Nach Auffassung der Europäischen Kommission im „Grünbuch zur Innova- Christoph Mandl Wörterbuch des Führens 7
tion“ ist jede Innovation ein sozialer Prozess, die in der Zusammenar- beit von Menschen oder Organisationen sowie in der Abfolge sich auf- einander beziehender menschlicher Entscheidungen und Handlungen entsteht. Synonym zur Innovationsfähigkeit ist der Begriff Organisati- onslernen zu sehen. Peter Senge (1996a) versteht darunter die kontinu- ierliche Ausweitung der Fähigkeit, als Organisation die eigene Zukunft schöpferisch zu gestalten. Die Bedeutung und notwendige Stärkung der Innovationsfähigkeit ist bei den w KFs, den w SFs und den w CFs gleichermaßen unbestritten. KFs setzen Werkzeuge wie etwa Bench- marking, Business Process Reengineering, Technologie - und Mitbe- werberbeobachtung und Wertanalyse zur Erhöhung der Innovationsfä- higkeit ein. SFs sind eher von den Konzepten der schlanken Produkti- on und von Qualitätsmanagementsystemen überzeugt. CFs hingegen glauben, dass die Erhöhung der Innovationsfähigkeit nicht als Wirkung einer oder mehrerer Ursachen eintritt sondern - wenn überhaupt - aus der Reduktion von Kontrolle, Ordnung und w Steuerung erwächst. So plädieren CFs für mehr Sein, mehr Vertrauen und mehr w Selbstorga- nisation. Kausalität Der gesetzmäßige Zusammenhang zwischen zwei Erscheinungen, nach dem die eine als Ursache notwendigerweise die andere als Wirkung hervorbringt, wird Kausalität genannt. Der Ausdruck, eine schon in der Antike erörterte, wichtige philosophische Kategorie, ist im Deut- schen seit Ende des 18. Jahrhunderts bezeugt. KF – kausales Genauer sind mit KFs die Anhänger des kausalen Führens (w Führen, Führen kausales) gemeint. KFs können sowohl Personen sein, die führen, als auch solche die selbst keine Führungsrolle einnehmen. In den Indust- rieländern dürften die KFs im Vergleich zu den w CFs und w SFs zah- lenmäßig die am deutlich größte Gruppe sein. Komplexitäts- Die Komplexitätswissenschaft befasst sich mit all denjenigen in der wissenschaft Natur beobachtbaren Phänomenen, die sich zwar durch deterministi- sche (d.h. ohne zufällige Faktoren) mathematische Modelle beschrei- ben lassen, deren Dynamik aber ohne Regelmäßigkeit, also chaotisch, verlaufen kann. Sie ist somit die Wissenschaft der komplexen Systeme (w System, komplexes). Als Geburtsstunde der Komplexitätswissen- schaft gilt das Jahr 1963, in dem Edward Lorenz ein solches Phänomen in „Deterministic Nonperiodic Flow“ erstmals analysierte und be- schrieb. Für die w CFs ist die Komplexitätswissenschaft der Bezugs- punkt ihres Denkens und Handelns. Christoph Mandl Wörterbuch des Führens 8
Kontrolle von mfrz. contrerolle (eigentlich „Gegenregister zur Prüfung von An- gaben eines Originalregisters“) – Kontrolle ist nach Meinung der w KFs ein wichtiger Teil der Arbeit einer Führungskraft. Das sich aus der Kontrolle in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts ent- wickelnde Controlling betont stärker den Steuerungsaspekt (w Steue- rung) bzw. das Einhalten vorgegebener Messwerte. Für w SFs berück- sichtigt Kontrolle und auch Controlling die Zeitverzögerung in kom- plexen Systemen (w System, komplexes) zuwenig. Ein nicht unbe- kannter Unternehmer, spezialisiert auf Unternehmenskauf, habe laut SFs einmal gesagt: „Wenn ich den Wert eines Unternehmens ermitteln will, sehe ich mir weder die Bilanzen an noch befrage ich die Control- ling-Leute, sondern ich setze mich eine Woche in das Unternehmen, höre zu, worüber und wie die Leute dort miteinander reden, und lese Dokumente, die innerhalb des Unternehmens herumgeschickt werden. Nach dieser Woche weiß ich, ob ich das Unternehmen kaufen will und zu welchem Preis.“ Für w CFs ist Kontrolle und Controlling reine Illu- sion und deshalb nicht das Geld wert, das dafür ausgegeben wird. Kybernetik von griech. kybernetikós (zum Steuern gehörig, zum Steuern geeignet) – Kybernetik ist die Wissenschaft der w Steuerung, Regelung und In- formation, gleichgültig, ob es sich bei ihrem Gegenstand um lebende Wesen oder um Maschinen handelt. So formulierte es Norbert Wiener 1948 in seinem Buch „Kybernetik“. Der Gebrauch des Begriffes Ky- bernetik wurde graduell durch den Begriff Systemtheorie verdrängt. Macy Conferences Eine Folge von zehn Konferenzen, welche zwischen 1946 und 1953 in on Cybernetics den USA stattfanden, werden unter dem Titel Macy Conferences on Cybernetics zusammengefasst. Bemerkenswert ist allein schon die Teilnehmerliste dieser Konferenzenreihe, sie enthält nämlich die Na- men von Gregory Bateson (Anthropologe und Biologe), Heinz von Foerster (Physiker), Kurt Lewin (Psychologe), Margaret Mead (Anth- ropologin), Warren McCulloch (Neurophysiologe), Oskar Morgenstern (Ökonom), John von Neumann (Mathematiker), Norbert Wiener (Ma- thematiker), und von anderen Personen. Bemerkenswert ist aber auch die Wirkung, welche die Konferenz auf ihre TeilnehmerInnen hatten. Gregory Bateson (1994 S.11) schrieb etwa: „So hatte ich zufällig das Privileg, Teilnehmer an den berühmten Macy Conferences on Cyber- netics zu werden. Was ich den Teilnehmern dieser Kolloquien verdan- ke, ist deutlich in allem ersichtlich, was ich nach dem Zweiten Welt- krieg geschrieben habe.“ Die Macy Conferences on Cybernetics gelten als die Geburtsstunde der w Kybernetik bzw. der w Systemtheorie. Ihre TeilnehmerInnen sorgten dafür, dass die Ideen der Systemtheorie in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts in fast alle Diszip- Christoph Mandl Wörterbuch des Führens 9
linen der Natur- und Sozialwissenschaften Eingang fanden. Das Wis- sen, das bei den Macy Conferences on Cybernetics erarbeitet wurde, ist Basis der mentalen Modelle (w Modell, mentales) der w CFs und der w SFs. Metalog Gregory Bateson prägte diesen Begriff in seinem 1972 erstmals er- schienen Werk „Ökologie des Geistes“. Nach Bateson ist ein Metalog ein Gespräch über ein problematisches Thema. In diesem Gespräch sollten die Teilnehmer nicht nur das Problem diskutieren, sondern die Gesprächsstruktur als Ganzes sollte für das Thema ebenso relevant sein. Laut Bateson ist insbesondere die Geschichte der Evolutionstheo- rie zwangsläufig ein Metalog zwischen Mensch und Natur, in dem die Entstehung und Wechselwirkung von Ideen notwendig den Evoluti- onsprozess exemplifizieren muss. Die Frage, wie das Design eines Metalogs zum Thema Führen auszusehen hat, wurde lange Zeit nicht gestellt. Erst Ende des 20. Jahrhunderts initiierten einige w CFs einen experimentellen Metalog über „Führen - Zwischen Hierarchie und ...“. Dabei nutzten sie w Dialog und w Open Space Technology als für das Thema relevant Gesprächsstrukturen. Gemäss diesen CFs ist ein Meta- log wesentlich effizienter (w Effizienz) als etwa eine w Diskussion, da das Wachstum an Wissen beim Metalog größer ist. Für w KFs ist diese Wirkung nicht bewiesen. Ob es möglich ist zu jedem problematischen Thema einen Metalog zu führen, ist sowohl unter CFs als auch unter w SFs umstritten. KFs haben sich zu dieser Frage bislang nicht geäu- ßert. Metapher bildlicher Ausdruck, Übertragung – Eine Metapher wird verwendet wenn Erkenntnissen aus einem ersten Bereich auf einen zweiten Be- reich übertragen werden. Das kann mit der Absicht geschehen, etwas bildhaft zu verdeutlichen oder auch Erkenntnisse für den zweiten Be- reich zu gewinnen bzw. zu untermauern. Besonders Metaphern aus dem naturwissenschaftlichen Erkenntnisbereich werden gerne heran- gezogen, um soziale oder sozialwissenschaftliche Aspekte zu beleuch- ten. So hilfreich diese Bilder oftmals sind, zeigt es sich doch immer wieder, dass Metaphern in die Irre führen können. Die klassische Phy- sik genutzt als Metapher zur Erhellung von Phänomenen der Quan- tenmechanik aber auch der Astrophysik, hat lange Zeit die Interpretati- onen gewisser mikro- aber auch makrophysikalischer Phänomene eher erschwert als gefördert. w KFs nutzen Erkenntnisse aus der klassi- schen, d.h. Isaac Newton’schen Mechanik, w SFs nutzen Erkenntnisse aus der w Kybernetik und w CFs nutzen Erkenntnisse aus der w Kom- plexitätswissenschaft, um Unternehmens- und Führungsaspekte zu verdeutlichen bzw. zu untermauern. Christoph Mandl Wörterbuch des Führens 10
Modell, mentales Die Fähigkeit aller Menschen, aus der Datenfülle, die permanent von unseren Sinnesorgane aufgenommen wird, eine bearbeitbare Menge herauszufiltern und diese in Form von Information in das bewusste Denken einfließen zu lassen, wir mit dem Begriff mentales Modell beschrieben. Das mentales Modell, also die Regeln und Kriterien, nach denen dieser Filterungsprozess abläuft, ist uns Menschen nur teilweise bewusst. Gregory Bateson erläutert dies in der „Ökologie des Geistes“ (1994, S. 556f.) folgendermaßen: „Wir haben uns daher mit einem sehr eingeschränkten Bewusstsein abzufinden, und es stellt sich die Frage: Wie geht die Selektion vor sich? Nach welchen Prinzipien selektiert Ihr Geist das, worüber Sie sich bewusst sein werden? (...) Vor allem ist wichtig, dass viel von dem, was eingeht, bewusst abgetastet wird; dies geschieht aber erst, nachdem es durch den vollkommen unbewussten Prozess der Wahrnehmung gegangen ist. (...) Ich, das bewusste Ich, sehe eine unbewusst zusammengestellte Version eines kleinen Pro- zentsatzes dessen, was meine Retina affiziert.“ Da angenommen wird, dass mentale Modelle nicht unwesentlich von den eigenen Meinungen geprägt werden, besteht eine gewisse Möglichkeit, dass sie um so fes- ter verankert sind, je stärker sie filtern. Bohm et al. (2000, S.4) be- schreibt dies so: „Wenn wir das, was wir im allgemeinen für die Reali- tät halten, genau betrachten, dann beginnen wir zu sehen, dass sie eine Ansammlung von Konzepten, Erinnerungen und Reflexen ist, die ih- rerseits von unseren persönlichen Bedürfnissen, Ängsten und Wün- schen gefärbt sind. Diese wiederum werden vom Umfang unserer Sprache, unseren historischen, geschlechtsbezogenen und kulturellen Gewohnheiten eingeschränkt und verzerrt. Es ist sehr schwierig, dieses Durcheinander zu analysieren oder jemals sicher zu sein, ob unsere Wahrnehmung - oder das, was wir über diese Wahrnehmung denken - überhaupt stimmt. Was diese Situation so ernst macht ist, dass unser Denken diese Probleme im allgemeinen vor unserem unmittelbaren Bewusstsein verbirgt und uns erfolgreich vorgaukelt, die Methode mit- tels derer jeder einzelne die Welt interpretiert, sei die einzig vernünfti- ge.“ In verkürzter Form bedeutet die Existenz von mentales Modellen, dass w KFs, wo immer sie hinschauen, Ursache-Wirkung-Beziehun- gen sehen, dass w SFs w Rückkopplungen sowie w Zeitverzögerungen sehen und dass w CFs w Chaos bzw. chaotisches Verhalten sehen, wobei alle drei Gruppen in entsprechendem Verhalten nach dem Wahrgenommenen handeln. Open Space Open Space Technology ist eine um 1985 von Harrison Owen kreierte Technology Konferenz- und Arbeitsform (vgl. Owen 1997). Ähnlich wie w Dialog funktioniert sie ohne Leiter und ohne Tagesordnung. Nach Auffassung des w Taylorismus müsste Open Space Technology eine höchst ineffi- Christoph Mandl Wörterbuch des Führens 11
ziente Arbeitsform sein, weswegen ihr w KFs skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen. Für w CFs wiederum ist sie zusammen mit dem w Dialog die einzige effiziente Arbeitsform (w Effizienz), zur Steige- rung der w Innovationsfähigkeit. Zur Erreichung eines vorher festge- legten Ziels die Open Space Technology zu nutzen, wird von CFs als ineffizient und kontraproduktiv abgelehnt. Für w SFs ist der Stand- punkt von CFs unrichtig; sie verweisen darauf mit Open Space Tech- nology bei der Erreichung eines vordefinierten Zieles positive Erfah- rungen gemacht zu habenzu. Organisationslernen Siehe w Innovationsfähigkeit. Rückkopplung Es wird in einer Situation von Rückkoppelung gesprochen, in der das Ergebnis einer Aktivität zukünftige Aktivitäten desselben Akteurs be- einflusst. So etwa benötigen Maschinen Rückkopplung, um bestimmte vorgegebene messbare Werte, wie Temperatur, Geschwindigkeit, usw., einzuhalten. Lernen, vor allem das Erlernen von Fertigkeiten und Fä- higkeiten, ist ohne Rückkopplung schwer bis gar nicht möglich. Aus der w Systemtheorie ist bekannt, dass ein komplexes System (w Sys- tem, komplexes) um so leichter zu steuern ist, je schneller die Rück- kopplung erfolgt. Dies, so schränken w CFs die Aussage der w SFs ein, gilt jedoch nicht, wenn das komplexe System chaotisches Verhal- ten (w Chaos) zeigt. Schuld von ahd. sculd, (Verpflichtung, Vergehen, Buße, Verdienst, Ursache) – Schuld ist eng mit dem Begriff Ursache verwandt. Für w KFs ist es wichtig, herauszufinden, wer oder was Schuld an einer bestimmten Wirkung hat, um so unerwünschte Wirkungen zu verhindern. Für w SFs und w CFs ist eine solche Überlegung bedeutungslos, da es zu keiner Wirkung eine eindeutige Ursache gibt. Sein Sein im Sinne von Dasein wird von w SFs und w CFs als Gegenpol zur w Überreaktion gesehen. In komplexen Systemen (wSystem, komple- xes), so argumentieren SFs und CFs, besteht mitunter die beste und effizienteste (w Effizienz) w Steuerung darin nichts zu tun und nur da- zusein. Von SFs wird dies damit begründet, dass es in komplexen Sys- temen notwendig ist, zunächst die – möglicherweise stark zeitverzö- gerte (w Zeitverzögerung) – Auswirkung einer Aktion zu sehen, bevor die nächste Aktion initiiert wird. Sonst, so argumentieren sie, könnte es leicht passieren, dass durch zuviel Aktionen über das Ziel hinaus geschossen wird oder dass weitere Aktionen die ursprünglich gesetzte Aktion konterkariert. Die CFs hingegen begründen das Sein damit, dass komplexe Systeme ein Verhalten zeigen, das w Selbstorganisation Christoph Mandl Wörterbuch des Führens 12
genannt wird und dass ein solches Verhalten durch Sein eher begüns- tigt wird. Selbstorganisation Selbstorganisation ist das beobachtbare Phänomen, dass komplexe Systeme (w System, komplexes) spontan (ohne äußere Einflüsse) von einem Zustand höherer Entropie - d.h. geringerer Ordnung - zu einem Zustand niedrigerer Entropie - d.h. höherer Ordnung - wechseln. Die- ses Phänomen widerspricht scheinbar den Gesetzen der Thermodyna- mik, wonach die Entropie im Universum stetig zunimmt, erklärt aber dafür, wie es möglich sein kann, dass Leben (ein System niedriger Entropie) aus chemischen Bausteinen (Systeme höherer Entropie) entsteht. Die Selbstorganisation in chemischen Systemen scheint min- destens an drei notwendige Bedingungen geknüpft zu sein: n Der Aufbau und die Erhaltung der Ordnung in einem chemischen System erfordert eine ständige Zufuhr von Energie. n Das chemische System muss sich fern von einem Gleichgewichts- zustand befinden. n In dem chemischen System muss eine Rückkoppelung existieren, d.h. ein Stoff in der Reaktionsfolge muss seine eigene Bildungsge- schwindigkeit beeinflussen können. Anders ausgedrückt: Die Ge- schwindigkeit mit der ein Stoff gebildet wird, nimmt mit seiner ei- genen Konzentration zu (oder ab). Für die w CFs bedeutet vor allem die zweite Bedingung, dass sich Menschengruppen (analog zu einem chemischen System) für die Selbstorganisation außerhalb jedes Gleichgewichtszustand befinden müssen. Eine w Steuerung, so argumentieren CFs, die versucht, das Unternehmen in ein Gleichgewicht zu bringen, verhindert eine effi- ziente Veränderung des Unternehmens durch Selbstorganisation. SF- systemisches steht für systemisches Führen bzw. genauer werden mit SF die Anhän- Führen ger des systemischen Führens verstanden. SF können sowohl Personen sein, die selbst führen, können aber auch Personen sein, die selbst kei- ne Führungsrolle einnehmen. Die ersten SFs konnten ab etwa 1950 registriert werden, kurz nachdem die letzte der 10 Macy Conferences on Cybernetics zu Ende war. In der Folge nahm die Anzahl der SF stetig zu - exponentiell, so behaupten jedenfalls die SFs. Steuerung Steuerung ist ein zentrales Anliegen von w KFs und w SFs zur Errei- chung der Ziele. Für KFs sind Unternehmen im Sinne des w Tayloris- mus einfache Systeme (w System, einfaches), die wie Maschinen zu steuern sind. Das wichtigste Werkzeug ist für KFs dabei das Control- ling (w Kontrolle). Für SFs sind Unternehmen komplexe Systeme. Christoph Mandl Wörterbuch des Führens 13
(w System, komplexes). Deshalb sehen SFs ihre Steuerungsaufgabe vor allem darin, w Rückkopplungen zu schaffen, die geeignet sind, die erwünschte Steuerung zu bewerkstelligen, immer unter der Beachtung der Unternehmenseigenen w Zeitverzögerung. Für w CFs ist die Steue- rung von komplexe Systemen und also auch Unternehmen prinzipiell unmöglich. Sie sprechen von Beeinflussbarkeit und meinen damit Ak- tionen, die ein komplexes System in eine bestimmte Richtung zu brin- gen, ohne dass es ein Gewähr gäbe, dass die Beeinflussung die er- wünschte Wirkung erzielt. System, einfaches „System“ von griech. „sýstema“ (aus Einzelteilen zusammengefügtes und gegliedertes Ganzes, Vereinigung, Gruppe, Staatsverfassung“) – Ein einfaches System ist etwas, dessen Verhalten – symbolisiert durch y – in einem unmittelbaren Zusammenhang zu den Einflüssen – sym- bolisiert durch x und z – steht. Ein solcher Zusammenhang wird auch Ursache-Wirkung-Beziehung oder Kausalität genannt. •Einfaches System Die wesentlichen Merkmale des einfachen Systems bestehen: n In dessen Determiniertheit (das heißt, das Verhalten wird eindeutig durch die Einflüsse determiniert), n In seiner analytische Bestimmbarkeit (das heißt Zusammenhang zwischen Einflüssen und dem Verhalten kann durch Analyse ermit- telt werden) und n In seiner w Berechenbarkeit (das heißt, wenn man die Einflüsse kennt so kann sein Verhaltne ermittelt werden, ohne das einfache System zu beobachten) Die klassische Physik analysiert und beschreibt einfache System, ins- besondere die Mechanik und die Elektrodynamik. Alle Maschinen und Geräte sind einfache System. Die w KFs, die w SFs und die w CFs schätzen an einfachen Systemen, dass diese w berechenbar, verlässlich, steuerbar (w Steuerung) und somit kontrollierbar (w Kontrolle) sind. Bei einem einfachen System ist darüber hinaus die Ursache eines Ver- Christoph Mandl Wörterbuch des Führens 14
haltens immer eindeutig ermittelbar. Inwieweit ein Unternehmen ein einfache System ist und damit dessen Eigenschaften aufweist, ist ein permanenter Konfliktstoff zwischen KFs einerseits und SFs sowie CFs andererseits. Bislang konnte keine der beiden Parteien die andere von ihrem mentalen Modell (w Modell, mentales) überzeugen. Für KFs sind einfache System. eine, wenn nicht sogar die wesentliche Errun- genschaft des Abendlandes. System, komplexes Ein komplexes System ist etwas, dessen Verhalten – symbolisiert durch y – in keinem unmittelbaren Zusammenhang zu dem Einfluss – sym- bolisiert durch x – steht, da auch der interne Zustand des komplexen Systems Einfluss auf dessen Verhalten hat und darüber hinaus eine w Rückkopplung im komplexen System dafür sorgt, dass sich der interne Zustand selbst permanent verändert. • Komplexes System Die wesentlichen Eigenschaften eines komplexen Systems sind, n dass es deterministisch ist (hierbei unterscheidet es sich nicht von einem einfachen System [w System, einfaches]), n dass es geschichtsabhängig ist (dass heißt, sein Verhalten hängt von seiner Geschichte ab ), n dass es analytisch nicht prognostizierbar ist (dass heißt, das zukünftige Verhalten ist nicht w berechenbar) n und dass es analytisch unbestimmbar ist (dass heißt, der Zusam- menhang zwischen dem Einfluss und dem Verhalten kann durch Analyse nicht ermittelt werden). Als Folge dieser Eigenschaften sind komplexe Systeme nur sehr be- dingt steuerbar (w Steuerung) und auch nur dann, wenn sie kein chao- tisches Verhalten zeigen. Dabei ist für jede Form der Steuerung er- schwerend, dass sie – aufgrund der Geschichtsabhängigkeit des kom- plexen Systems – nur zeitverzögert (w Zeitverzögerung) wirkt. Eine weitere Folge der Eigenschaften des komplexen Systems ist, dass es zu Christoph Mandl Wörterbuch des Führens 15
einer bestimmten Wirkung keine bestimmte Ursache gibt. Jedes Ver- halten des komplexen Systems ist vielmehr die Folge seiner gesamten Geschichte. Seitdem Edward Lorenz (1963) mit dem Wetter erstmals ein komplexes System in der Natur identifiziert hat und auch ein ma- schinelles komplexes System, das chaotische Wasserrad (w Wasserrad, chaotisch), gebaut hat, wurden viele natürlicher Phänomene als kom- plexe Systeme identifiziert, so etwa strömungsphysikalische, chemi- sche aber auch biologische Phänomene. Man erkannte, dass nicht nur alle Lebewesen komplexe Systeme sind, sondern gleichermaßen die Interaktionen zwischen den Lebewesen und damit auch die Evolution. Nicht alle komplexen Systems zeigen stets chaotisches Verhalten; bei vielen können Phasen beobachtet werden, die analytisch prognostizier- bar sind. In solchen Phasen ähneln komplexen Systems den einfachen. Für w KFs stellen sich komplexe Systeme bedrohliche dar. Insbesonde- re sind die KFs durch ihre Unberechenbarkeit und ihre Unsteuerbarkeit irritiert. Deswegen meiden es KFs, sich komplexen Systemen zu nä- hern, und da, wo es sich doch nicht vermeiden lässt, trachten sie da- nach, sie in einfache Systeme umzuwandeln. Für w SFs sind Unter- nehmen eine Form von komplexen Systemen. Sie interessieren sich vor allem für deren nicht-chaotisches Verhalten. Sie leiten daraus ab, dass Unternehmen beeinflussbar, aber nicht steuerbar sind und dass nur aus diesem chaotischen Verhalten die w I nnovationsfähigkeit entsteht. Systemtheorie Siehe w Kybernetik. Taylorismus nach Frederick Taylor 1856-1915 – Die Schule des Taylorismus be- zeichnet die Prinzipien einer von Taylor so genannten „wissenschaftli- chen Betriebsführung“ (vgl. Taylor 1913; 1995). Im Taylorismus wird ein Unternehmen als Maschine betrachtet und daraus abgeleitet, wie es möglichst effizient (w Effizienz) geführt werden kann. Dazu gehören n die systematische Durchführung von Zeit- und Bewegungsstudien zur Ermittlung von Planvorgaben (z.B. für Akkordlohn) und zur optimalen Standardisierung von Arbeitsabläufen, n eine möglichst weitgehende betriebliche Arbeitsteilung mit dem Ziel der Minimierung des Arbeitsinputs, der erforderlichen Quali- fikationen und der Lohnkosten, n die Trennung von Planung, Entscheidung und Ausführung sowie n der zentralen Kontrolle der Arbeitsprozesse durch das Management und der direkten Kontrolle durch den Vorgesetzten. Christoph Mandl Wörterbuch des Führens 16
Überreaktion Bei Menschen, die versuchen ein komplexes System (w System kom- plexes) zu steuern (w Steuerung), das auf Einflüsse nur mit deutlicher w Zeitverzögerung reagiert, ist Überreaktion ein typisches Verhalten. So können etwa Anfänger im Steuern größerer Segelschiffe auf dem Meer daran erkannt werden, dass sich das Schiff in Schlangenlinien fortbewegt. In ihrer extremsten Ausprägung führt die Überreaktion dazu, dass sich das so gesteuerte komplexe System nicht vorwärtsbe- wegt, sondern sich ständig auf dem gleichen Fleck dreht. Es entsteht dabei die bemerkenswerte Situation, dass keine w Effizienz beim Er- reichen eines Zieles festgestellt werden kann. Vor allem bei w KFs sind Überreaktionen zu beobachten - das behaupten jedenfalls w SFs und w CFs. Die KFs werfen umgekehrt den CFs vor, dass diese zwar in schadenfroher Passivität zusähen, wie andere Steuerungsfehler ma- chen, aber dann doch gerne davon profitieren, wenn Steuerungen zur Zielerreichung führen. Verantwortung Bei w KFs ist der Begriff Verantwortung juristisch klar geregelt. Im Sinne der KFs baut Verantwortung auf dem mentalen Modell (w Mo- dell, mentales) der w Kausalität auf. Verantwortung heißt für KFs, die Wirkungen bestimmter Ursachen zu erkennen und dafür zu sorgen, dass nur jene Aktionen gesetzt werden, die zu erwünschten Wirkungen führen, während alle anderen Aktionen unterbunden werden. Für die w SFs greift dieses KF-Konzept zu kurz. Für sie bedeutet Verantwor- tung die Grenzen der Machbarkeit zu erkennen und danach zu handeln. Vorhandene w Rückkopplungen und w Zeitverzögerungen begrenzen nach Ansicht der SFs die Möglichkeiten einer Organisation. Verant- wortung bedeutet für SFs deshalb, diese Rückkopplungen und Zeitver- zögerungen zu respektieren und entsprechend zu agieren. Das daraus resultierende Problem beschrieb ein Top-Manager einmal so: „Ich werde für die Fehlhandlungen meines Vorgängers von meinem Auf- sichtsrat zur Rechenschaft gezogen und für die nicht intendierten Er- folge meines Vorgängers, die jetzt sichtbar werden, gelobt. Meine ei- genen Handlungen wird dann mein Nachfolger zu verantworten ha- ben.“ Besonders schwer tun sich die w CFs mit der Verantwortung. Einerseits halten sie auf Grund ihres mentalen Modells über komplexe Systeme (w System, komplexes) Verantwortung für einen Begriff, der nicht passt, da er auf Kausalität beruht. Andererseits ist für die CFs die Verantwortungslosigkeit keine Alternative zur Verantwortung. Von einem CF wird folgende Aussage zur Verantwortung berichtet: „Wofür ich mich wirklich verantwortlich fühle ist, in der Gegenwart achtsam mit der Organisation und den Menschen, die in dieser Organisation arbeiten, umzugehen und mir stets bewusst zu sein, dass, was immer ich sage und tue bzw. nicht sage und nicht tue, Einfluss auf die Zu- Christoph Mandl Wörterbuch des Führens 17
kunft der Organisation und seiner Menschen hat.“ Wasserrad, Das chaotische Wasserrad wurde von Edward Lorenz gebaut (vgl. chaotisches Gleick 1988, S. 27). Seine hervorstechende Eigenschaft ist, ein kom- plexes System (w System, komplexes) zu sein, also chaotisches Ver- halten (w Chaos) zu zeigen. Ein chaotisches Wasserrad unterscheidet sich von einem gewöhnlichen Wasserrad dadurch, dass jeder Behälter, in den Wasser hineinfließt, undicht ist, dass heißt stetig Wasser verliert und dass das Wasser nicht am tiefsten Punkt des Wasserrades ausge- leert wird. • Chaotisches Wasserrad Die w CFs sind vom chaotischen Wasserrad so fasziniert, weil sein Verhalten nicht prognostizierbar ist und es – durch die Veränderung des Wasserzuflusses – weder kontrolliert noch gesteuert werden kann. Für die CFs repräsentiert das chaotische Wasserrad daher eine gute w Metapher für ein Unternehmen und der Möglichkeit, dieses zu steuern bzw. nicht zu steuern. Wörterbuch Das Wörterbuch des Führens ist ein Wörterbuch, das Beschreibungen, des Führens Definitionen, Kommentare, mentale Modelle (w Modell, mentales), w Metaphern und Zitate enthält, die in irgendeiner Form auf das Füh- ren Bezug nehmen. Kritiker des Wörterbuchs könnten darauf hinwei- sen, dass diese komplexen Zusammenhänge, anstatt in einer sequen- tiellen Abfolge, in Wörterbuchform darlegen und dass es sich dabei um die Fortführung einer nicht sehr leserfreundlichen osteuropäischen Tradition handelt. Milorad Pavic (1988) aus Belgrad etwa schrieb über das Volk der Chasaren das „Chasarische Wörterbuch“. Die Fragmen- tierung der Sichtweisen wurde dadurch transparent, als es insgesamt drei Chasarische Wörterbücher gab, eines aus christlicher, eines aus islamischer und eines aus hebräischer Sicht. Schon weniger fragmen- tiert präsentierte sich die Darstellung der Anemophilen und der Chro- nisten von Ivetta Gerasimchuk (1999) aus Moskau im „Wörterbuch der Christoph Mandl Wörterbuch des Führens 18
Winde“, welches als nur ein Wörterbuch sowohl auf die Anemophilen als auch auf die Chronisten Bezug nimmt. Auch im vorliegenden Wör- terbuch werden die unterschiedlichen Gruppen, die w KFs, w SFs und w CFs gemeinsam behandelt, da diese drei Gruppen auch die physi- sche Welt gemeinsam bevölkern und miteinander teilen. Es ist anzu- nehmen, dass die KFs, SFs und CFs unabhängig voneinander der Auf- fassung sein werden, dass es sich beim Autor des vorliegenden Wör- terbuchs um einen Dissidenten aus den jeweils eigenen Reihen han- deln müsse. Einigkeit wird bei den KFs, SFs und CFs auch darin be- stehen, dass die Beschränktheiten der jeweils anderen beiden Gruppen sehr treffend dargestellt sei, dass aber die eigene Gruppe äußerst ver- zerrt und unrichtig dargestellt wird. So etwa könnte sich ein KF- Kritiker in der Fachzeitschrift äußern: „Es muss festgestellt werden, dass es sich beim Wörterbuch des Führens um eine unwissenschaftli- che Auseinandersetzung mit dem Thema Führen handelt. Das Thema Controlling etwa ist dem Autor nur eine Anmerkung unter dem Begriff Kontrolle wert. Mangels entsprechender Literaturhinweise muss be- zweifelt werde, ob dem Autor des Wörterbuch des Führens überhaupt die wissenschaftliche Literatur zum Thema Führen bekannt ist.“ Ein anderer Kritiker könnte folgendes schreiben: „Man kann dem Autor des Wörterbuch des Führens das ehrliche Bemühen nicht absprechen, eine differenzierte Darstellung zum Thema Führen zu versuchen. Trotz einiger, durchaus sinnstiftender Strukturangebote trägt das Wörterbuch des Führens dem systemischen Führungsansatz in seinem Facetten- reichtum nicht wirklich Rechnung. Die Querbezüge zwischen der so- ziologischen Systemtheorie von Niklas Luhmann und dem systemi- schen Führungsansatz werden ebenso wenig erwähnt wie diejenigen zur systemischen Familientherapie. Hätte der Autor den von ihm so benannten kausalen Führungsansatz, der seit Frederick Taylor ohnehin ausführlichst beschrieben und dokumentiert wurde, weggelassen und stattdessen die systemischen Konzepte detailliert, so könnte man der Idee des Wörterbuchs durchaus einiges abgewinnen.“ In einer Zeit- schrift mit dem möglichen Titel „Chaos & Spirit“ schließlich könnte folgender Kommentar anzutreffen sein: „Die im Wörterbuch des Füh- rens aufgestellte Behauptung, wonach die Chaostheorie lediglich als Metapher für Fragen der Unternehmensführung dient, ist zweifelsohne nicht gerechtfertigt. Viele erfolgreiche Beispiele von Selbstorganisati- onsprozessen belegen dies. Auch die Gleichsetzung der mentalen Mo- delle jener Führungspersonen, die sich mit der Chaostheorie wirklich auseinandergesetzt haben, mit denen all jener, die über ein mechanisti- sches Weltbild nicht hinausgekommen sind, erscheint im Lichte der ideengeschichtlichen Evolutionstheorie nicht haltbar.“ Christoph Mandl Wörterbuch des Führens 19
Zeitverzögerung „Zeit“ von altindisch dyáti (schneidet ab, teilt, mäht) - Zeitverzöge- rung ist das bei komplexen Systemen (w System, komplexes) beob- achtbare Phänomen, dass eine bestimmte Ursache erst nach einiger Zeit eine bestimmte Wirkung hervorruft. Je größer diese Zeitverzöge- rung ist, desto länger dauert es, die w Steuerung dieses komplexen Systems zu erlernen. Bei Zeitverzögerung, die länger dauern als ein Menschenleben, wie etwa ökologische Ursache-Wirkung-Beziehung- en, ist zweifelhaft, ob Menschen überhaupt die Steuerung solch kom- plexer Systeme erlernen können. Wegen der Zeitverzögerung steuern w KFs lieber Autos als Segelschiffe. Bei den w SFs verhält es sich genau umgekehrt. Für KFs stellt die Zeitverzögerung ein Hindernis für mehr w Effizienz dar. Deswegen arbeiten sie daran, diese zu reduzie- ren. Wenn ihnen das nicht gelingt, suchen sie nach Schuldigen (w Schuld) für die Zeitverzögerung. Die SFs akzeptieren die Zeitver- zögerung als eine Eigenschaft eines komplexen Systems. Selbst wenn sie an der Reduktion der Zeitverzögerung arbeiten, erwarten sie, dass sich eine solche Reduktion erst mit der entsprechenden Zeitverzöge- rung einstellen wird. Für SFs bedeutet die Zeitverzögerung, entspre- chend frühzeitig Aktionen zu setzen, sodass nach ihr die Wirkungen der Aktionen zum Tragen kommen. Deshalb ist für SFs eine aktions- orientierte Strategie wichtiger als die Reaktion auf ein aktuelles Ereig- nis. Für w CFs ist die Zeitverzögerung kein Problem, da sie ohnehin der Auffassung sind, dass ein komplexes System nicht steuerbar ist und deshalb gar nicht erst versuchen, ein solches zu steuern. Ein For- mel-1-Rennfahrer outete sich mit dem Ausspruch als SF: „Wenn ich alles unter Kontrolle habe, bin ich zu langsam!“ Dieser Artikel erschien in R. Attems, M. Hauser, C. Mandl, H. Mandl, K. Sohm & J. Weber (Hrsg.), Führen - Zwischen Hierarchie und ... : Komplexität nutzen – Selbstorganisation wagen, Versus Verlag 2001 Christoph Mandl Wörterbuch des Führens 20
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