Zeitschrift des Tiroler Jägerverbandes - Juni 2018 Jahrgang 70 www.tjv.at - Tiroler Jägerverband
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Mitgliederaktion ERSTE-HILFE-SET TASCHENMESSER „JAGD & FORST“ VICTORINOX „CLASSIC“ Vom Dreieckstuch über die Zeckenpinzette Klein, aber mit Klasse, ein treuer Begleiter bis zur Trillerpfeife, eine sinnvolle durch Geschäftsleben und Freizeit! Zusammenstellung für jeden Jagdrucksack! € 14,90 € 17,90 TASCHENMESSER VICTORINOX HUNTER XT ERSTE-HILFE-SET SONDERMODELL TJV JA GD & FO RS T mit Für furchtlose Abenteurer und Vom Weidklinge Dreieckstuch sowie überanderen nützlichen die Zeck enpinzette Funktionen bis zur Trilleein zuverlässiger rpfe ife, eine sinnBegleiter volle Zusammauf enstder Pirsch! ellun g für jeden Jagdrucksack! € 44,90 € 17,90 WEIDLOCHAUSLÖSER JAGDSCHERE „LÖWE“ „BUTT OUT 2“ Ideal für müheloses und einfaches Aufbrechen sowie für lautloses Zeitsparend, ideal von Reh bis Hirsch Freischneiden von Hochsitz und sowie zum schnellen und sauberen Schussbahn! Ringeln geeignet! € 32,90 € 14,90 HYGIENE-SET „GR. L-XXL“ beinhaltet: 2x Mundschutzmaske, 1x Händedesinfektionsmittel, 5 x 2 Untersuchungshandschuhe € 4,00 Geschenkideen für Mitglieder erhältlich beim Tiroler Jägerverband, Meinhardstraße 9, 6020 Innsbruck
ZUM GELEIT Leben am Land vs. Leben inmitten des Landes I mmer wieder wird das „Leben am Land“ als die Idealform des Wohnens in allerlei bunten und phantasievollen Blättern propagiert. Es wird über die „wilde Natur“ schwadroniert und es wird ein Bild des alpenländischen Raumes gemalt, das weit von der Realität entfernt ist. Leider aber haben sich Puzzleteile dieser bunten Phantasie- welt in die Köpfe allzu vieler urbaner Menschen und „Gruppierungen“ eingeprägt. Man hat oft den Eindruck, manch einer glaubt, er lebe in J.R.R. Tolkiens Mittelerde … Es soll ja selbst Politiker geben, die bisweilen Bäume umarmen. Nun, wir, die alpenländisch geprägte Jägerschaft, wissen, dass Hobbits, Elben und Mordor nur in gut gemachten Büchern und Filmen existieren. Das wahre Leben in den Alpen, in den Hochtälern und auf unseren Almen ist zweifellos interessant und spannend, aber zumeist von einem rauen und kargen Alltag geprägt. Einem Alltag, der seit Generationen aus harter Arbeit und nachhaltigem Umgang mit den zur Ver- fügung stehenden Ressourcen besteht. Und das alles in einer von Menschenhand geschaffenen und erhaltenen Kulturlandschaft. Das heißt in aller Klarheit: Es waren und sind wir, die Landwirte, die Forstwirte, die Jägerinnen und Jäger sowie alle wei- teren Nutzer, die auch zu Erhalt und Bestand der vorhandenen Biodiversität beitra- gen. Diese Mannigfaltigkeit gilt es zu schützen, zu bewahren und abzusichern. Diese Mannigfaltigkeit wäre allerdings, würde man die Kulturräume sich selbst überlassen, wie immer wieder von weltfremden Biologie-Träumern gefordert, massiv gefährdet. Almen würden noch rascher verwalden, Moore und Heidelandschaften würden zu- wachsen und zugewanderte Prädatoren würden die verbliebenen Räume samt der weniger werdenden Nutztiere gnadenlos plündern. Und wir, die Bewohner, die Er- ben der Schöpfer unseres Lebensraumes sollten dabei tatenlos zuschauen? Wir sa- gen dazu klar: Nein! Lasst uns Strategien andenken, wie es ein vernünftiges und ein nachhaltiges Miteinander geben kann. Immer jedoch unter der Prämisse, dass weder wir Menschen noch unsere Heim- und Haustiere im Zweifel jene sein sollen, die zu weichen haben. Daher sollen alle, die mit belehrendem Unterton vom Leben „am“ Land reden, mit jenen in Kontakt treten, die tagtäglich inmitten dieses indifferenten „Landes“ leben, arbeiten und überleben müssen. Und jenen, die meinen, Wolf und Bär seien schlaue oder gar scheue Kuscheltiere, die sich nur ab und zu ein Schaf holen, empfehle ich einen Ausflug ins benachbarte Südtirol sowie das Studium einschlägiger Fachliteratur, anstatt den wohlmeinenden Kopf in den Sand zu stecken. ❙ Weidmannsheil! Anton Larcher Landesjägermeister von Tirol Foto: Hain (1) JAGD IN TIROL 06 | 2018 2015 3
Murmeltier: Abwanderung und Ansiedlung von Murmeltieren 10 20 Kreuzotter: Der „Beißwurm“ – die Kreuzotter in Tirol 34 Rehwildjagd: Sicher sichtbar 3 ZUM GELEIT 18 Serie Wildtierkrankheiten: Dasselfliegen ■ JAGD & RECHT 20 Kreuzotter: Der „Beißwurm“ – 6 FOTO DES MONATS die Kreuzotter in Tirol (Vipera berus) 42 Wildfolge: Was ist zu beachten ■ FORSCHUNG & PRAXIS ■ WALD & LEBENSRAUM ■ JAGD & GESCHICHTE 08 Afrikanische Schweinepest 08 Bienen unentbehrlich für unser Ökosystem 44 Kunst: Radschlossgewehr 25 Pflanzenserie: Schwarze Tollkirsche 08 Spürhund für Wildkatzen (Atropa belladonna L.) 09 Der Borkenkäfer - eine kleine große Gefahr für den Wald im Bezirk Reutte ■ INFO & SERVICE 09 Reviere: Tierleid durch häufig unterlassene Unfallmeldungen ■ JÄGER & REVIER 46 Mitteilungen der Geschäftsstelle 49 Jubilare im Juni 2018 27 Leseprobe: Keine Angst vorm Winkel! 50 TJV-Akademie ■ WILD & ÖKOLOGIE 34 Rehwildjagd: Sicher sichtbar 53 Aus- und Weiterbildung 38 Reportage: Ein Bündnis aus Respekt 54 Trophäenschauen 10 Murmeltier: Abwanderung und Ansiedlung 40 Jägerwissen auf dem Prüfstand: 56 Aus den Bezirken von Murmeltieren Testen Sie Ihr Wissen 62 Veranstaltungen 4 JAGD IN TIROL 06 | 2018 Fotos: Hain (1), Meyer (1), Sabine Schmidt/shutterstock (1)
INHALT WILD| IMPRESSUM & ÖKOLOGIE 70 Jagdhunde: Vereine 38 Reportage: Ein Bündnis aus Respekt 42 Wildfolge: Was ist zu beachten IMPRESSUM Herausgeber Medieninhaber (Verleger): Tiroler Jägerverband, Meinhardstraße 9, 6020 Innsbruck, Tel.: 0512-57 10 93, 0800-244 177 Fax: 0512-57 10 93-15, E-Mail: info@tjv.at Schriftleitung: Mag. Martin Schwärzler (TJV) Layout: Evelyn Schreder (Bezirksblätter) 63 Vereine Hersteller und Anzeigenverwaltung: 64 Jäger in der Schule Bezirksblätter Tirol GmbH, Eduard-Bodem-Gasse 6, 65 Jägerinnen 6020 Innsbruck, Tel.: 0512-320 4111, Zeitschrift des Tiroler Jägerverbandes 66 Bücherecke Juni 2018 • Jahrgang 70 www.tjv.at Fax: 0512-320 720, E-Mail: jagd@jagdintirol.com 67 Kulinarium: Pasta, Hirschsteak, Spargel Redaktion: mit Pilzen, Karotten und Bärlauch TJV (Martin Schwärzler, Martina Just, 68 Autotest: Jeep Grand Cherokee Christine Lettl, Miriam Traube, Anja Waldburger), Bezirksblätter Tirol ■ JAGDHUNDE Produktion, Bildbearbeitung: Evelyn Schreder „Jagd in Tirol” wird an alle Mitglieder des Tiroler Jägerver- 70 Vereine bandes kostenfrei abgegeben. Sie ist eine Fachzeitschrift, welche die behördlichen Kundmachungen und Verlaut- barungen zu veröffentlichen hat und zusätzlich über grund- ■ HUMORVOLLES sätzliche Fragen und aktuelle Ereignisse auf dem Gebiet des Jagdwesens, des Naturschutzes usw. informiert. „Jagd in Tirol” erscheint am Monatsanfang. Redaktionsschluss ist 72 Klavinius der 10. des Vormonats. Für unverlangte Manuskripte und Bilder wird keine Verantwortung übernommen. Namentlich Das Titelbild dieser Ausgabe stammt oder mit Kürzel gezeichnete Beiträge geben nicht unbe- 73 JAGDMARKT-ANZEIGEN von Josef Kirchmair. dingt die Meinung von Redaktion und Herausgeber wieder. Fotos: Rattensberger/Bezirksblätter Tirol (1), Schwärzler (1), Vallaster (1) JAGD IN TIROL 06 | 2018 2015 5
Kinderstube eines Steinadlers Steinadler sind sich meist ein Leben lang treu, wobei sich auch beide Tiere aktiv an der Jungen- aufzucht beteiligen. Haben die Jungvögel erstmal ein Alter von ca. 7 Wochen erreicht, sind sie in der Lage, die von den Elterntieren herangebrachte Beu- te selbst zu zerteilen. Mit ca. 2,5 Monaten sind sie dann bereits so weit entwickelt, dass sie die ersten erfolgreichen kurzen Flüge absolvieren können. Das Foto des Monats wurde von Herbert Hammerl aus Zams aufgenommen. 6 JAGD IN TIROL 06 | 2018
JUNI 2018 FOTO WILDDES & ÖKOLOGIE MONATS Wir suchen: IHR FOTO DES MONATS Fotografiebegeisterte Leser der „JAGD IN TIROL“ sind eingeladen, ihr „Foto des Monats“ an die Redaktion (foto@tjv.at) einzusenden. Die Aufnahme sollte ein inte- ressantes Motiv aus Natur, Wald und Wild, Jagd, Forst oder Revierbetreuung abbilden. Eine kurze Erläuterung zur Person des Fotografen, dem Aufnahmeort und den näheren Umständen der Aufnahme wären wünschenswert. Als Gewinn winken die Veröffent- lichung als „Foto des Monats“ samt Erwähnung des Fotografen in der JAGD IN TIROL, die Aufnahme in die TJV-Bildergalerie sowie ein Victorinox HUNTER Taschenmesser mit TJV-Logo. Einsendeschluss: 07. des Vormonats an foto@tjv.at Die Bilder sollten eine Dateigröße von ca. 5 MB haben. Die Teilnahme erfolgt durch Übersendung eines oder mehrerer Fotos ausschließlich per E-Mail. Die Teilnahme ist kostenlos. Die Teilnehmer gewährleisten, dass sie an den übermittelten Fotos sämtliche Rechte un- eingeschränkt besitzen und keine Rechte Dritter berühren. Insbesondere bei der Dar- stellung von Personen versichern die Teil- nehmer, dass keine Persönlichkeitsrechte verletzt werden und die abgebildeten Personen mit einer Veröffentlichung ihres Bildes einverstanden sind. Die Teilnehmer räumen dem TJV mit der Einsendung und Teilnahme uneingeschränkt das Recht ein, übermittelte Fotos unentgeltlich und in sämtlichen Medien zu nutzen und zu ver- öffentlichen. JAGD IN TIROL 06 | 2018 7
FORSCHUNG & PRAXIS AKTUELLES Afrikanische Bienen unentbehrlich Schweinepest für unser Ökosystem B ienen gehören zu den wichtigsten Bestäu- bern in unserem Ökosystem. Dabei geht es nicht nur um die klassische Honigbiene, weltweit wird die Zahl der Bienenarten auf etwa 20.000 geschätzt. Davon sind in Euro- pa rund 700 Arten heimisch. Umweltgifte, Krankheitserreger und Parasiten haben den Bienenbeständen in den letzten Jahren jedoch stark zugesetzt, was vor allem durch das soge- nannte „Bienensterben“ bei Honigbienen be- kannt wurde. Inzwischen wurden von der EU drei Arten von Neonikotinoiden verboten, je- doch gibt es noch zahlreiche andere schädliche Pflanzenschutzmittel, welche den heimischen Nützlingen zusetzen. Die vereinten Nationen (UN) haben daher den 20. Mai 2018 zum ersten Weltbienentag ausge- Der Folder mit Informationen über die rufen, um auf die bedenkliche Situation der Bie- Afrikanische Schweinepest liegt beim Tiroler nen aufmerksam zu machen. Mit diesem Tag des Weltrats für Biologische Vielfalt sorgen Bie- Jägerverband zur freien Entnahme auf. soll unterstrichen werden, wie viele Pflanzen nen sowie weitere Insektenarten mit ihrer Be- auf die Bestäubung von Bienen angewiesen sind stäubung weltweit jährlich für Nahrungsmittel D er Erreger der Afrikanischen Schweinepest (ASP) ist ein Vi- rus und gehört zur Virusfamilie und wie wichtig Insekten für unser Ökosystem und die Landwirtschaft sind. Nach Angaben im Wert von bis zu 500 Milliarden Euro. ❙ TJV Asfarviridae. Für den Menschen ist das Virus ungefährlich; bei Schwei- nen und Wildschweinen hingegen verläuft die Krankheit, abhängig Spürhund für Wildkatzen von der Virulenz des Erregers, oft tödlich. Das Wirtsspektrum umfasst Schwei- D er Nationalpark Thayatal beschreitet neue Wege bei der Wildkatzenforschung, denn ab jetzt kommt ein speziell ausgebil- arten Österreichs sowie viele verschiedene Tierarten sind im grenzüberschreitenden Schutzgebiet an der Thaya zu finden. Ein he- ne aller Rassen und Altersstufen, deter Wildkatzen-Spürhund zum Einsatz. rausragender Vertreter der Artenvielfalt ist auch Wildschweine. Die Inkubati- Der Nationalpark Thayatal widmet sich im dabei die Wildkatze. Sie galt in Österreich als onszeit beträgt 3 bis 19 Tage. Nach Rahmen von Connecting Nature gemeinsam ausgestorben und wurde im Thayatal wieder- Eindringen des Erregers in den mit Partnern aus den tschechischen Kreisen entdeckt. Mit dem neuen Projekt kommen Wirt kommt es zuerst zu einer Virä- Vysočina und Südböhmen der Förderung der nun auch neue Forschungsmethoden zum mie mit Fieber. Die Tiere zeigen ty- Biodiversität. Fast die Hälfte aller Pflanzen- Einsatz, Nationalparkdirektor Christian Übl pische klinische Symptome, die ab- berichtet von ersten Erfolgen: „Unser Nati- hängig vom Virusstamm sind. Die onalparkförster Wolfgang Riener hat seinen klinische Diagnostik ist erschwert, Border Collie Cupper zum Wildkatzen- da die Afrikanische Schweinepest Spürhund ausgebildet. Er ist darauf trainiert, sich klinisch nicht von der Europä- den Duft von Wildkatzen-Kot aufzuspüren. ischen Schweinepest (= Klassischen Bei seinem Einsatz ist er tatsächlich fündig Schweinepest) unterscheidet. geworden. Wir warten nun gespannt auf das Die Österreichische Agentur für Ergebnis der genetischen Untersuchung!“ Gesundheit und Ernährungssicher- Mittels genetischer Untersuchungen lässt heit (AGES) hat einen kurzen Info- sich eindeutig bestimmen, ob es sich bei den folder herausgegeben, der zur freien gefundenen Proben um eine Wildkatze oder Entnahme in der Geschäftsstelle des um eine Hauskatze handelt, außerdem lässt Tiroler Jägerverbandes aufliegt. Nä- sich auch das Geschlecht und die Verwandt- here Informationen finden Sie auch schaft bestimmen. ❙ auf der Website der AGES (https:// Amt der NÖ Landesregierung www.ages.at/themen/krankheitser- reger/afrikanische-schweinepest). ❙ Ein Spürhund unterstützt in Zukunft das TJV Wildkatzen-Monitoring im Nationalpark Thayatal. 8 JAGD IN TIROL 06 | 2018 Fotos: AGES (1), Kamilia Smith/shuttertock (1), Hain (1)
AKTUELLES | REVIERE FORSCHUNG & PRAXIS Der Borkenkäfer - eine kleine große Gefahr für den Wald im Bezirk Reutte D ie BH Reutte setzt Maßnahmen zur Nach der Über- Forstschädlingsbekämpfung. Von 5.000 winterung des Borkenkäfers Festmetern im Jahr 2015 ist der Schadholz- oder der Puppe befall durch Borkenkäfer auf 8.000 Fest- in der Rinde meter im Jahr 2016 und zuletzt auf 18.000 von befallenen Bäumen oder Festmeter gestiegen. im Boden in der Aus forstfachlicher Sicht ist es daher drin- Nadelstreu kommt gend erforderlich, Maßnahmen zur Be- es zum 1. Käfer- kämpfung der Schädlinge durchzuführen Flug im April-Mai. und vor allem das befallene Holz rasch auf- zuarbeiten – bereits ein Viertel des gesam- ten Holzeinschlages im Jahr 2017 gilt als Borkenkäferschadholz. Das österreichische Forstgesetz verpflichtet alle Waldbesitze- rInnen bei Gefahr durch Borkenkäfer die in ihrem Wald notwendigen Bekämpfungs- die dabei entstehenden Kosten auf die Für die Bekämpfungsmaßnahmen stehen maßnahmen durchzuführen. Um die Forst- WaldeigentümerInnen oder Holzbezugs- öffentliche Mittel zur Verfügung. Un- schädlinge noch besser zu bekämpfen, rea- berechtigten umlegen.“ „Wir sind jedoch terstützt werden etwa das Auslegen von giert die Bezirkshauptmannschaft Reutte im Sinne des vorbildlichen Engagements Fangbäumen, die Entrindung von Holz in mit einer zusätzlichen, bereits in Kraft der Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer schwer zugänglichen Lagen sowie die Räu- getretenen Verordnung: „Waldbesitzen- sowie der Holzbezugsberechtigten über- mung von Schadflächen vor allem auch im den oder Bezugsberechtigten können zeugt, dass die Verordnung nur in Aus- Schutzwald. Die MitarbeiterInnen der Be- entsprechende Fristen zur Aufarbeitung nahmefällen zur Anwendung kommt“, zirksforstinspektion Reutte bieten Wald- von Schadholz aufgetragen werden. Bei sagt BH Rumpf. Das Land Tirol lässt die besitzerInnen und Holzbezugsberech- Nichteinhaltung der Fristen kann die Ge- WaldbesitzerInnen beim Kampf gegen tigten Informationen und Beratung an. ❙ meinde die Aufarbeitung veranlassen und den Borkenkäfer jedenfalls nicht alleine. Amt der Tiroler Landesregierung Tierleid durch häufig unterlassene Unfallmeldungen S eit einiger Zeit scheint es immer häufiger vorzukommen, dass Unfalllen- ker Kollisionen mit Wildtieren auf Tirols Straßen nicht melden. Entspre- chend verletzte und abgekommene Stücke, die teilweise erst nach Monaten von den verantwortlichen Revierbetreuern und Jagdpächtern erlöst werden, bestätigen dies. Über die Hintergründe für die Nichtmeldung von oftmals schweren Wildunfällen lassen sich nur Vermutungen anstellen; ob dies nun prinzipiell höheres Verkehrsaufkommen, überhöhte Geschwindigkeit, Un- wissenheit oder im schlimmsten Fall Alkoholisierung sein mag. Dem ver- letzten Wild jedoch kann nur durch eine sofortige Information des Revier- betreuers geholfen werden, der eine Nachsuche einleiten kann. Informationen, Bildmaterial oder Beschwerden aus den Revieren, die der Tiroler Jägerverband an die Behörden und u. U. an die Presse herantragen kann, können hilfreich sein, um dieses zunehmende Problem aufzuzeigen und zu einer notwendigen Verbesserung der Situation beizutragen. ❙ Nicht gemeldete Wildunfälle auf Straßen bestätigen ein zunehmend TJV rücksichtsloses Verhalten von Verkehrsteilnehmern. Fotos: D.Kucharski K. Kucharska/shutterstock (1), Reiter (1) JAGD IN TIROL 06 | 2018 9
Abwanderung und Ansiedlung von Murmeltieren Im ganzen Alpenbogen berichtet die lokale Presse alljährlich von scheinbar verirrten Murmeltieren, die sich weitab von ihrem angestammten Gebiet in Tallagen aufhalten. Im guten Glauben, das Richtige zu tun, wird der Murmel auf der nächstgelegenen Alm „wieder" freigelassen. Oder er wird an eine noch unbesetzte Stelle verfrachtet, wo die Bedingungen mutmaßlich ideal für Murmeltiere sind. Damit er gleich vor Ort eine Familie gründen kann, werden von anderen Almen weitere Tiere geholt und bei ihm ausgesetzt. Unter Umständen hätten diese Mankei in ihrem Gebiet eh nur Almhütten unterminiert und reichlich Schäden in den Wiesen verursacht. So bietet dieses Vorhaben für alle Beteiligten, also für Tier und Mensch, nur Vorteile. Leider wird oft bei solchen gut gemeinten Aktionen die Biologie von Murmeltieren zu wenig berücksichtigt. Deshalb misslingen häufig Versuche, Murmeltiere an bestimmten Orten anzusiedeln. Sie wandern wieder ab. Aber warum verlassen Mankei überhaupt ihr Gebiet und wie weit können sie wandern? Autor: Dr. Alfred Frey-Roos Foto: Hain (1) JAGD IN TIROL 06 | 2018 11
WILD & ÖKOLOGIE MURMELTIER Wie wandern Murmeltiere? Während einer Untersuchung im Natio- nalpark Berchtesgaden wurden die Routen von besenderten Murmeltieren, die ab- wanderten, erfasst. Murmeltiere wandern stets alleine und sehr häufig entlang von Wegen, Waldrändern oder Geländestruk- turen. Kaum eines durchquerte geschlos- sene Waldbereiche und wenn, wurden zumindest Wildwechsel benutzt. Ebenso wurde das Überschreiten von offenen Flä- chen ohne Strukturen vermieden. Bei Ne- bel, Regen oder Schneefall entfernten sie sich nur selten weiter als 100 m von ihrem letzten Übernachtungsort. Nur bei gutem Wetter werden Strecken länger als 500 m zurücklegt. Bei solchen teilweise sehr rasch verlaufenden Wanderungen wechselten die Murmeltiere in einen neuen „Basisbereich“, um von dort aus wiederholt Ausflüge in die nähere Umgebung zu machen. Die Wan- derungen verliefen folglich nicht kontinu- ierlich, sondern meistens schrittweise von einem Basisbereich zum anderen. Murmeltiere verteidigen geschlechts- In diesen Bereichen übernachteten die he- spezifisch z. T. sehr aggressiv ihr rumstreunenden Murmel hauptsächlich in Territorium. Rivalen werden sofort angegriffen und vertrieben. von außen nicht einsehbaren Löchern un- ter großen Felsblöcken, Felsbändern oder ein. Regionen mit geringem Nahrungsan- anderen Vertiefungen. Regelmäßig vor gebot durchquerten die Wanderer sehr Sonnenuntergang trugen abgewanderte schnell, um an geeigneteren Orten länger Grasbändern durchzogen waren. Auch Bä- Murmeltiere selbst nach mehrtägiger Nut- zu verweilen. Dabei konnten wandernde che werden gequert – wenn nötig durch- zung in ihre Übernachtungslöcher Gras Murmeltiere über 50 m hohe Felswände schwommen. überwinden, solange diese teilweise mit Auch abwandernde Murmeltiere polstern Schicksal von ihre Schlafstätte mit Gras aus. abgewanderten Tieren Die längste effektive Wanderstrecke von 27 km legte ein 3-jähriger Murmel-Bär zu- rück. Hierfür benötigte er von Mai bis Sep- tember 90 Tage. Auf der Suche nach einem neuen Territorium durchstreifte er meh- rere Täler und verschiedene Almflächen, vermied es aber, direkt in die dort vorhan- denen Territorien einzudringen. Das hat seinen Grund: Er würde als frem- der Eindringling sofort vom ältesten Bären angegriffen und vertrieben werden. Dassel- be würde die älteste Katze der Gruppe tun, wenn ein nicht ansässiges Weibchen ihr Territorium queren würde. Genau dieses Schicksal ereilte den 3-jährigen Bären Ende August. Verwickelt in einen heftigen, rund dreiminütigen Kampf mit dem Revierbesit- zer wurde er vertrieben. Darauf verkroch er sich am Rande seines vermeintlichen An- siedlungsortes unter einem riesigen Fels- brocken. Dieser lag 3,5 km Luftlinie vom Heimrevier entfernt. Anfang September traten sehr starke Schneefälle auf. Gezeich- net durch den Kampf und durch das Un- 12 JAGD IN TIROL 06 | 2018 Fotos: Kirchmair (1), Ondrej Prosicky/shutterstock (1)
MURMELTIER WILD & ÖKOLOGIE Je größer die Gruppe, desto besser sind die Chancen, den Winter- schlaf zu überleben. wetter starb er noch vor Beginn des Win- ber herum den Winterbau. Darin überlebte rend der Winterzeit finden sich nur noch bei terschlafs. Ein ähnliches Unheil erlitt eine sie aber alleine überwinternd nicht. Gene- größeren Gruppen. Fehlende Ortskenntnis, abgewanderte Katze (Abb. 1). Diese schaffte rell gilt, dass die Sterblichkeitsrate von ein- Mangel an Unterschlupfen, Unübersicht- es jedoch, den Sommer als wanderndes Tier zeln überwinternden erwachsenen Tieren lichkeit des Geländes, vor allem aber die zu überleben und siedelte sich im Septem- bei ca. 50 % liegt. Die Wintersterblichkeit Einsamkeit machen die Wanderschaft für ber in einem verlassenen Territorium an. von Paaren ist hingegen deutlich geringer ein Alpenmurmeltier zu einem äußerst ge- Dort bezog sie wie üblich um den 1. Okto- (13 %). Höhere Überlebenschancen wäh- fährlichen Unterfangen. Haben sie sich von ihrer Heimatalm mehr als 500 m, d. h. aus dem vertrauten Bereich heraus entfernt, fal- len viele von ihnen Raubfeinden (Fuchs, Ad- Abb. 1: Abwanderung von zwei 3-jährigen Murmelkatzen ler, Hund) zum Opfer. Von 22 mit Sendern im Nationalpark Berchtesgaden versehenen Auswanderern starben 7 bis zum Beginn des nächsten Winterschlafes. – – Wanderstrecken Die jährliche Sterblichkeit von nicht abwan- Heimterritorium dernden Murmeln liegt bei den 2- bis 8-Jäh- Übernachtungsort rigen pro Jahr nur etwa bei 5 %. Erst gegen 61 Wanderrichtung mit Ende der maximalen Lebensspanne von 12 Angabe des Wandertages Jahren treten höhere Sterblichkeitsraten auf. Ansiedlungsort, dort territorial geworden Ansiedlungsort, Erfolg der Abwanderung bleibt Wanderer Die Wanderschaft birgt für Murmeltiere aber nicht nur Risiken, sondern eröffnet Territorien auch hohe Aussichten auf Erfolg. Wanderer –.–Staatsgrenze durchstreifen ein vergleichsweise großes Berg bzw. Punkt mit Gebiet. So konnte ein im Untersuchungs- 2210 Höhenangabe gebiet auf der Königsbachalm tätowierter Wald, Gebüsch Murmel-Bär im oberen Blühnbachtal erlegt See werden (Luftlinie ca. 10 km). Die Chan- ce eines herumstreifenden Mankei, auf ein verwaistes Gebiet zu treffen (im Un- tersuchungsgebiet waren pro Jahr durch- schnittlich 9 % der Murmeltierterritorien Foto: Mariusz Niedzwiedzki/shutterstock (1), Grafik: Frey-Roos (1) JAGD IN TIROL 06 | 2018 13
WILD & ÖKOLOGIE MURMELTIER unbewohnt) oder eine Gruppe zu finden, deren dominantes Tier so schwach ist, dass es vertrieben werden kann, ist relativ hoch. Die Telemetrieuntersuchungen ergaben ei- ne Erfolgsrate von etwa 50 %. Nicht abwan- Anteil der Altersklassen (%) dernde Tiere haben dagegen deutlich gerin- gere Chancen, zum Territoriumsbesitzer zu werden. Ihnen bleibt nur die Möglichkeit, das Geburtsgebiet oder ein angrenzendes Territorium zu übernehmen, was pro Jahr lediglich etwa 8 % schaffen. Warum abwandern? Alpenmurmeltiere werden nach der zwei- ten Überwinterung geschlechtsreif. In der Regel verlassen sie nach Erreichen der Ge- schlechtsreife nicht sofort ihre Familien- gruppe, sondern wandern erst in späteren Jahren ab. Die teilweise bis zu sechs Jahren im Geburtsgebiet verbleibenden Nach- Altersklassen der Abwanderer kommen nehmen gegenüber dem ältesten und zugleich ranghöchsten Bären bzw. der Abb. 2: Verteilung der Altersklassen abwandernder geschlechtsreifer Murmeltiere. Die prozentualen Anteile jeder Katze einen untergeordneten Rang ein. Klasse errechnen sich aus der Gesamtzahl aller rangniedrigen Abwanderer desselben Geschlechts. Über den Balken ist die Anzahl der Abwanderer des entsprechenden Alters angegeben. Rangniedrige Bären verlassen Diese beiden bilden das dominante Paar ihr Geburtsgebiet im Vergleich zu den Katzen später. der Gruppe. Sie verteidigen das gemein- sam genutzte, 2 bis 3 ha große Wohngebiet gegen gruppenfremde Tiere. Üblicherwei- der rangniedrigen Tiere. Auf Grund der (Weitergabe sehr hoher genetischer Ähn- se sind die dominanten Tiere die Eltern engen Verwandtschaft können sich rang- lichkeit), indem sie helfen, ihre jüngeren niedrige Mankei durch ihre Hilfe bei der Geschwister durchzubringen. Das ist ins- Aufzucht der Affen indirekt fortpflanzen besondere während des Winterschlafs Es pflanzt sich ausschließlich das dominante Weibchen fort, wobei die subdominanten Tiere bei der Jungtieraufzucht helfen. 14 JAGD IN TIROL 06 | 2018 Fotos: Mächler (2); Grafik: Frey-Roos (1)
MURMELTIER WILD & ÖKOLOGIE Die Zusammensetzung der Gruppe bzw. das Vorhan- densein jüngerer Geschwister beeinflusst das Abwan- derungsverhalten der älteren subdominanten Tiere. minante Status einen eigenen hohen Fort- pflanzungserfolg. Daher sollten rangnied- rige Murmeltiere bestrebt sein, ein eigenes Territorium zu übernehmen. Wann abwandern? Erwachsene rangniedrige Murmeltiere ver- lassen ihre Geburtsgruppe hauptsächlich im Mai. Katzen wandern signifikant in jün- geren Jahren als Bären ab, obwohl sie nicht schneller erwachsen werden. Das mittlere Abwanderungsalter beträgt bei den Kat- zen 2,8 Jahre und bei den Bären 3,2 Jahre. Zusammen mit der Überproduktion von Männchen führt dieser Geschlechtsunter- schied in der Abwanderungstendenz zu einem deutlichen Überhang der Bären. Im wichtig, wenn die Affen gewärmt werden minante Bär es zu, dass auch rangniedrige Mittel lebten in den beobachteten Alpen- müssen. Von den Katzen einer Murmel- Bären sich mit der ranghöchsten Katze murmeltiergruppen 1,2 rangtiefe Bären, tiergruppe pflanzt sich ausschließlich die paaren. Das allerdings nur in geringerem aber nur 0,7 rangniedere Katzen (Abb. 2). dominante fort. Dahingegen lässt der do- Umfang. Somit gewährleistet nur der do- Neben dem Alter und dem Geschlecht be- E I N FAC H E R G O N OM I S C H Z U V E R L ÄSS I G NEU HELIA Rangefinder 8 x 42, 10 x 42 Das führige HELIA RF vereint brillante Optik mit zuverlässiger Distanz- Geräuschloser Lodenschutz messung (1.500 m) und besticht durch einfache Bedienung und jagdlich und Lederriemen relevante Funktionen wie Scan Modus und Winkelkorrektur. von Waldkauz ® kahles.at
WILD & ÖKOLOGIE MURMELTIER Noch nicht entwöhnte Jungtiere werden bei Territoriumsübernahme sowohl von dem neuen Bären wie auch von einer neuen Katze getötet, um keinerlei Energie in fremde Nachkommen zu stecken. einflusst auch die Zusammensetzung einer ein weiteres Jahr bleiben. Dieser Befund Gruppe die Abwanderungstendenz der legt nahe, dass die älteren Geschwister bei schon erwachsenen Nachkommen. Die An- der Aufzucht der Affen tatsächlich helfen stoßen werden, können Stauden und Ge- wesenheit jüngerer Geschwister (Affen des und besonders dann noch weiter bleiben, hölze einen Bereich zu stark überwuchern. Jahres oder Jährlinge) in einer Gruppe führt wenn sie gebraucht werden. Neben dem Verlust der abwechslungs- dazu, dass die dort lebenden rangtiefen, reichen Äsung (Kräuter und Gräser) fehlt aber schon erwachsenen Tiere eher noch den Mankei der notwendige Überblick, um Auswirkungen einer Adler oder Fuchs frühzeitig erkennen zu Territorienübernahme können. Dementsprechend finden sich auf Wenn es einem Bären gelingt, den Besit- derartigen Flächen nur noch sporadisch zer eines Territoriums zu vertreiben, wer- Murmeltiere. Es könnte jedoch auch sein, den daraufhin nach und nach die übrigen dass das Gebiet grundsätzlich von anderen gleichgeschlechtlichen erwachsenen Grup- besetzten Regionen sehr schwierig zu er- penmitglieder verstoßen. Findet er noch reichen ist. Erschwerend könnte noch da- nicht entwöhnte Junge (bis Anfang Juli zukommen, wenn der Bereich nur gerade möglich), tötet er diese, weil sie nicht von für zwei bis drei Territorien Platz bietet. Be- ihm stammen. Die dominante Katze soll sonders die vorgängig beschriebene soziale damit keine weiteren Kräfte verlieren. Re- Organisation der Murmeltiere verlangt eine serven, die aus seiner Sicht besser seinen möglichst gute Anbindung zu benachbarten zukünftigen Affen ab dem darauffolgenden Kerngebieten mit vielen Territorien. Nur Jahr zustehen sollen. Zudem müsste die dadurch kann gewährleistet werden, dass ganze Gruppe für die derzeitigen Jungtiere keine Überalterung der Tiere stattfindet. im Winterschlaf bedeutende Fettmengen Andernfalls zeichnet sich das allmähliche opfern, um diese durchzubringen. Diese Aussterben ohne gelegentliche Einwande- aus der Evolution entwickelten Strategien rer ab. Also muss bei einer künstlich ge- machen vor den Weibchen natürlich nicht planten Wiederbesiedlung durch eingefan- halt. Dem Murmel-Bären ganz gleich ver- gene Murmeltiere eingeschätzt werden, ob treiben auch erobernde Katzen nicht min- es Tieren aus den nächstgelegenen Gebieten der heftig ihre möglichen Konkurrentinnen mit guten Beständen gelingen kann, diesen und töten nicht eigene Jungtiere. Ort zu erreichen. Zudem sollte sich grund- sätzlich gefragt werden, warum an diesem Ort keine Murmel mehr vorkommen. Wiederbesiedelung Auch wildlebende Murmeltiere können Gebiete wieder besiedeln, die einstmals Neubesiedelung längere Zeit besetzt waren. Gerade in der Sehr vieles muss beachtet werden, wenn heutigen Zeit, wenn abgelegene, ehemalige eine künstliche Neubesiedelung von Mur- Almweiden nicht mehr durch das Vieh be- meltieren an einem Ort geplant wird. Das 16 JAGD IN TIROL 06 | 2018 Fotos: Kirchmair (1), Rudigier (1)
MURMELTIER WILD & ÖKOLOGIE Einen sehr entscheidenden Faktor für das Überleben der Tiere im Winter stellt der Winterbau dar. Der Kessel darf nie in Temperaturbereiche des Gefrierpunktes kommen. den Boden eintritt, sind die besten Lagen für einen Winterbau gute, grasreiche Stel- len oder Hügel, auch Mulden oder selbst Taschen sind für Baue geeignet. Nur darf hier das Wasser nicht anstehen. Im Winter sollte eine mächtige, isolierende Schneede- cke darüberliegen, auch wenn sie mehrere Meter aufweist. Murmeltiere sind Nahrungsspezialisten! Sie benötigen bestimmte Pflanzen, die reich an essentiellen Fettsäuren sind. Nur mit diesen sind die Tiere in der Lage, einen ordent- lichen Winterschlaf durchzuführen. Wie aus den Ausführungen über die Bio- logie von Murmeltieren zu entnehmen ist, sollte bei der Auswahl der auszusetzenden wichtigste Requisit eines Mankei-Territo- Dabei ist ein tonreicher, aber auf keinen Fall Tiere nicht leichtfertig vorgegangen wer- riums ist der Winterbau. Der muss vor der lehmiger Boden von großem Vorteil. Im den. Zu bedenken ist, dass für die Murmel Auswilderung neu angelegt werden. Dort tonreichen Boden halten die Röhren ohne die Gründungsphase einer Familie am ge- darf es im Kessel nie gefrieren. Außerdem einzubrechen, bei lehmigem Boden ist der fährlichsten ist: Winterschlafgruppen, die muss er trocken sein. Dieser sollte mindes- Luftaustausch nicht gewährleistet. In kalk- nur aus Eltern und ihrem ersten Wurf be- tens 150 cm unter der Oberfläche liegen. reichem Gebiet, wo Wasser relativ leicht in stehen, sterben häufig ganz aus. ❙ FÜR ALLES, WAS DIE JAGD AUF LAGER HAT! im Exklusivus! L a ger ha ALLE PRODUKTE ERHALTEN SIE IM LAGERHAUS: Kirchdorf, Innsbruckerstraße 49 • Kitzbühel, Gundhabing 104 • Reutte, Dr. Machenschalkstraße 10 www.unser-lagerhaus.at
WILD & ÖKOLOGIE WILDTIERKRANKHEITEN Serie Wildtierkrankheiten: Dasselfliegen Dasselfliegen sind hummelähnliche Insekten, deren Jugendstadien in verschiedenen Haus- und Wildtieren parasitieren. Sie sind sehr wirtsspezifisch, jedoch kann in tropischen Gebieten sowie im hohen Norden in seltenen Fällen auch der Mensch als Fehlwirt Larvenstadien abbekommen. Autor: Mag. Christian Messner, Sprengeltierarzt Schwaz Befall mit Rachendasseln (Schleuderkrankheit) Bereits der altgriechische Philosoph Aris- toteles berichtet im zweiten Buch seiner Historia animalium von Hirschen mit le- benden Larven in ihrem Kopfe. Durch die Vorverlegung der Schusszeiten werden auch heutzutage und hierzulande gebietsweise vermehrt Rachendasseln aufgefunden. Es handelt sich dabei um im Nasen-Rachen- Raum von Reh- und Rotwild parasitieren- de Jugendstadien der Rachendasselfliege, wohingegen diese bei Gams- und Steinwild nicht vorkommen. Rachendasselfliegen weisen eine Länge von 12 mm bis 15 mm und eine Breite von 5 mm bis 7 mm auf. Zur Abschreckung von Feinden ähneln sie kleinen Hummeln. Ih- re Mundwerkzeuge sind zurückgebildet. Wahrscheinlich nehmen sie während ihres kurzen Lebens kaum Nahrung auf. Nach dem Schlupf aus in oberflächlichen Erd- schichten verborgenen Puppen schwärmen die Imagines von Juni bis August bevorzugt an erhöhten Stellen (Gipfelbalz), wo sich männliche und weibliche Insekten verpaa- ren. Nach der abgeschlossenen Eientwick- lung und Heranreifung der Larven im Kör- per der Weibchen suchen diese im Lager ruhende oder wiederkäuende Wirtstiere auf. Sie umkreisen den Äserbereich und spritzen in einem günstigen Augenblick aus nächster Nähe eine winzige Menge larven- haltiger Flüssigkeit aus der Legeröhre in ein Nasenloch. Das so belästigte Wirtstier versucht durch starkes Ausschnauben, durch Reiben des Windfanges an den Vorderläufen oder am Brustkorb sowie durch Kratzen der Nasen- öffnungen mit den Schalen der Hinterläufe 18 JAGD IN TIROL 06 | 2018 Foto: Kirchmair (1)
WILDTIERKRANKHEITEN WILD & ÖKOLOGIE Cephenemyia stimulator – Rachendasselfliege des Rehwildes In den Monaten April, Mai und Juni wer- den die jetzt vollkommen entwickelten, auf 2 cm bis 4 cm Länge herangewach- senen Rachendasseln, die ihren Sitz nun lockern und auswandern, wiederum unter schleudernden Bewegungen des Hauptes ausgehustet. Sie dringen in oberflächliche Erdschichten ein und verpuppen sich dort. Nach 3 bis 6 Wochen Puppenruhe schlüp- fen in den Sommermonaten wieder die Ra- chendasselfliegen daraus und der Kreislauf beginnt von Neuem. Für gut genährte Tiere stellt ein Befall mit Rachendasseln nur dann ein ernsthaftes Problem dar, wenn sich größere Larven in die Luftröhre, in die Stimmritzen oder am Kehlkopf an ungünstigen Stellen festset- und oft auch durch eine schnelle, kurze schnelleres Wachstum ein und wenn sich zen. Bei massivem Parasitenbefall muss die Flucht, der Parasitenbrut zu entgehen. die Larven nach zwei Häutungen weiter Wilddichte abgesenkt werden, wenn es die Diejenigen Larven, die nicht abgeschüt- rachenwärts festgesetzt haben, treten bei Natur nicht schon von selbst erledigt hat. telt werden konnten, wandern entlang der stärkerem Befall Symptome auf, die sich Positiv auf eine Verringerung der Rachen- Nasengänge in den oberen Nasenraum, wo als stoßweise, krampfartige Hustenanfälle, bremsen dürfte sich eine Förderung insek- sie sich mit Hilfe ihrer Mundhaken sowie Niesen sowie als schleudernde Bewegungen tenfressender Vögel auswirken. ❙ feiner rückwärts gerichteter Körperdornen mit dem Haupt äußern. Schnarchende oder in der Schleimhaut verankern und langsam röchelnde Atemgeräusche können auf ei- wachsen. Aufgrund ihrer geringen Größe nige Entfernung wahrgenommen werden. von anfänglich weniger als 1 mm bis in die Weil die Nasen-Rachen-Region gut durch- Wintermonate hinein, wo sie auch nur we- blutet ist, kann es auch zu Schweißabsonde- Von den in Mitteleuropa nige Millimeter lang sind, verursachen sie rungen kommen. Bei stark abgekommenen vorkommenden Arten in diesem Stadium kaum klinische Symp- Stücken ist außer einem Befall mit Rachen- unterscheidet man: tome. Erst im März und April setzt ein dasseln sehr oft auch ein starker Magen- Darm-Wurmbefall sowie eine Infektion mit Rachendasseln: Lungenwürmern nachweisbar. ➠ Cephenemyia stimulator bei Rehwild Die begatteten Weibchen fliegen nach der abge- ➠Cephenemyia auribarbis schlossenen Eientwick- bei Rot- und Damwild lung der Larven ihren Wirt ➠Pharyngomyia picta direkt an und spritzen die bei Rot-, Reh- und Damwild sowie Larven in die Nasenlöcher. beim Mufflon Dort angekommen wan- dert ein Großteil in den Rachenraum und entwi- Hautdasseln: ckelt sich dort nach der ➠ Hypoderma diana Winterruhe weiter. bei Rot-, Reh-, Dam-, Gams-, und Muffelwild ➠ Hypoderma actaeon bei Rotwild Nasendasseln: ➠Oestrus ovis bei Schafen ➠ Rhinoestrus purpureus bei Pferd und Esel Magendasseln: ➠Gasterophilus-Arten bei Pferd und Esel Fotos: Messner (2) JAGD IN TIROL 06 | 2018 19
WILD & ÖKOLOGIE KREUZOTTER (Vipera berus) Der „Beißwurm“ – die Kreuzotter in Tirol Die Kreuzotter ist neben der Hornotter (Vipera ammodytes) und der ausgestorbenen Wiesenotter (Vipera ursinii) die häufigste Giftschlange in Österreich. Kreuzottern sind wechselwarme Tiere, sie können ihre Körpertemperatur nicht selbständig regulieren und sind daher auf Sonnenenergie angewiesen. Trotz harscher Klimabedingungen überleben Kreuzottern auch in hohen Gebirgslagen. Um die scheue Schlange beobachten zu können, braucht es ein wenig Glück und das richtige Wetter! Autoren: Dr. Florian Glaser, Andreas Meyer, Dr. Silke Schweiger 20 JAGD IN TIROL 06 | 2018
KREUZOTTER WILD & ÖKOLOGIE D ie Kreuzotter weist ein riesiges Ver- breitungsgebiet auf. Es erstreckt sich von Nord- und Westeuropa über Sibirien und China bis an die rus- sische Pazifikküste. Sie kommt sogar nörd- lich des Polarkreises vor, nur die Waldei- dechse (Zootoca vivipara) dringt ebenfalls so weit nach Norden vor. In Österreich ist die Kreuzotter in fast allen Bundesländern verbreitet. In Kärnten, Salzburg und Tirol ist sie häufig anzutreffen, regional kommt sie auch in Nieder- und Oberösterreich, in der Steiermark und in Vorarlberg vor. In den östlichen Bundesländern, in Wien und im Burgenland, fehlt sie. Kreuzottermel- dungen aus diesen Bundesländern sind auf Verwechslung mit der ungiftigen Schling- natter (Coronella austriaca) zurückzufüh- ren. Kerngebiete ihrer Verbreitung sind Verbreitungskarte: Die Verbreitung der Alpenraum und das nördliche Granit- der Kreuzotter in Tirol. Verbrei- tungslücken sind großteils auf Kartierungsdefizite zurückzuführen. hochland. Insbesondere in den Zentralal- Schwarze Punkte zeigen Funde vor 2000, rote Punkte Funde ab 2000. pen bestehen regionale Nachweislücken, Aus vielen Gebieten fehlen aktuelle die größtenteils auf Kartierungsdefizite Beobachtungen. Daten: HFDÖ, zurückzuführen sind. Der Schwerpunkt Naturhistorisches Museum Wien, ihrer Höhenverbreitung liegt in Österreich Kartengrundlage: OpenStreetMap im subalpinen bis alpinen Bereich. Gesi- cherte Meldungen liegen bis auf eine Höhe von 2.500 m ü. M. vor. lagen findet man sie an Waldrändern und -lichtungen sowie in Moorlandschaften. Die Kreuzotter ist streng geschützt und Lebensraumansprüche wird in den Roten Listen gefährdeter Tiere In alpinen Lagen lebt die Kreuzotter in Österreichs in der Kategorie gefährdet Zwergstrauchheiden, die im Idealfall mit (VU) geführt. In Tirol sind Populationen Felsen und Blockhalden durchsetzt sind, in den Talböden und niedrigen Hang- in lichten Wäldern, entlang von Lawinen- lagen vor allem durch Vernichtung von korridoren und auf Alpweiden mit Lese- Feuchtgebieten, landwirtschaftliche Inten- steinhaufen und Trockenmauern. In Tal- Typischer Lebensraum der Kreuzot- ter auf der subalpinen Höhenstufe Fotos: Meyer (2), Karte: OpenStreetMap (1) JAGD IN TIROL 06 | 2018 21
WILD & ÖKOLOGIE KREUZOTTER Variables Erscheinungsbild Das auffälligste Zeichnungsmerkmal der Kreuzotter ist ein dunkles, über dem Rü- cken verlaufendes Zickzack-Band. Die Grundfärbung kann sehr variabel sein, von Silbergrau über Gelb und Orange bis hin zu Rottönen. Die Geschlechter lassen sich meist anhand der Färbung unterschei- den. Männchen sind grau gefärbt, Weib- chen meist bräunlich. In vielen Populationen finden sich ein- farbig schwarze Tiere, die im Volksmund auch Höllenottern genannt werden. Durch die dunkle Färbung wird die Aufnahme der Sonnenstrahlung optimiert. Allerdings kommen die Tiere nicht schwarz auf die Welt, sie färben sich in den ersten Lebens- Kreuzottermännchen. Die aus- jahren um. Der aufmerksame Leser wird geprägte Zickzack-Zeichnung ist sich fragen: „Weshalb sind dann nicht alle typisch für diese kleine Schlangen- art. Das schwarz gefärbte Band Kreuzottern schwarz?“ Untersuchungen auf silbrig-grauem Grund ist ein mit schwarzen und normal gefärbten Merkmal für Männchen. Kreuzotterattrappen haben gezeigt, dass Sonnenbaden die schwarzen Tiere weniger gut getarnt fürs Wohlbefinden sind als normalfärbige Tiere; sie werden sivierung und Fragmentierung inzwischen Kreuzottern sind an heißen, trockenen Ta- häufiger von Greifvögeln attackiert. Die großteils verschwunden. Lokal spielt die gen seltener zu beobachten als bei kühler, Schwarzfärbung bringt also nicht nur Vor- illegale und nicht zu rechtfertigende Tö- feuchter Witterung. Ihre bevorzugte Kör- teile mit sich und entsprechend etabliert tung aufgrund von Schlangenfurcht nach pertemperatur liegt bei etwa 30 Grad, an sich je nach Population ein bestimmtes wie vor eine Rolle als Gefährdungsfaktor. heißen Tagen ist diese Temperatur schnell Verhältnis von „Schwärzlingen“ und nor- erreicht und die Tiere ziehen sich wieder in mal gefärbten Tieren. In einigen Regionen den Schatten zurück. Anders ist die Situation fehlen die „Höllenottern“ ganz, während bei kühlem Wetter oder bewölktem Himmel. sie anderswo einen Großteil des Bestandes Die Vipern sind gezwungen, sich längere ausmachen können. Zeit zu sonnen. Kreuzottern können ihren Körper zusätzlich stark abflachen, in einen steilen Winkel zur einfallenden Strahlung Fortpflanzungsstrategie stellen und damit die Absorptionsfläche ver- Kreuzotterweibchen pflanzen sich un- Das neue Schießzentrum größern. Für ihr Sonnenbad suchen sie sich ter den alpinen, harschen Umweltbe- zwischen München und Rosenheim zudem gut isolierende Stellen wie dunklen Schießkino • Video-Simulator • Café Bar Torfboden oder trockenes Gras aus. In vielen Populationen finden sich einfarbig schwarze Tiere, die im Volksmund auch Höllen- ottern genannt werden. Salzhub 17 • D-83737 Irschenberg +49 8062 80 96 106 • info@aimcenter.de www.aimcenter.de • 22 JAGD IN TIROL 06 | 2018 Fotos: Meyer (3)
KREUZOTTER WILD & ÖKOLOGIE Kreuzotterweibchen. Im Gegensatz zum Männchen ziert den Rücken ein dunkelbraunes Zickzack-Band auf hellbraunem Grund. 5 Jahren geschlechtsreif. Individuenreiche Populationen von Bergeidechsen (Zootoca vivipara) und Amphibien, insbesondere Grasfröschen (Rana temporaria) sind eine wichtige Nahrungsbasis für den Kreuzot- ternachwuchs. Hauptnahrung erwachse- ner Kreuzottern bilden Kleinsäuger. Ist der Sommer kühl und regnerisch oder bricht der Winter besonders früh in die Bergwelt ein, können Kreuzotterweibchen die Ge- burt auf das folgende Frühjahr verschie- ben, um dadurch die Überlebenschance für die Jungtiere zu erhöhen. Schlangenarten in Tirol Neben der Kreuzotter kommen in Tirol dingungen nicht alljährlich fort, da der Juni erfolgt die Paarung. Kreuzottern le- auch drei ungiftige Schlangenarten vor: Energieverlust für die Weibchen enorm gen keine Eier, sondern sind lebendgebä- Ringelnatter (Natrix natrix), Schlingnatter groß ist. Für die Männchen dagegen ist rend (ovovivipar). Das Bebrüten der Eier (Coronella austriaca), und die nur in Ostti- die Fortpflanzung mit kleineren Energie- wird nicht der Sonne überlassen, sondern rol und dem vorderen Zillertal nachgewie- verlusten verbunden, sie sind jedes Jahr erfolgt im Mutterleib. Trächtige Weibchen sene Äskulapnatter (Zamenis longissimus). paarungsbereit. Kreuzottermännchen ver- jagen nicht und bleiben meist am selben Im benachbarten Südtirol sind neben der lassen ihre frostgeschützten Winterquar- Standort. Wenn man Glück hat, kann man Kreuzotter noch zwei weitere Giftschlan- tiere etwas früher als die Weibchen, kurz Tiere oft über mehrere Jahre an der glei- genarten verbreitet: die Europäische Horn- nach der Schneeschmelze. Daher fin- chen Stelle beobachten. Im Spätsommer viper (Vipera ammodytes) und die Aspisvi- det man im Frühjahr nicht selten son- oder Herbst werden meist 4 bis 10 Jung- per (Vipera aspis). Die Aspisviper kommt nende Kreuzottermännchen auf kleinsten tiere in einer transparenten Eihülle ab- im nördlichen Südtirol nicht weit von der schneefreien Flächen. Mit der ersten Häu- gesetzt. Sie sind nach ihrer Geburt sofort Staatsgrenze vor, sodass ein Vorkommen tung des Jahres, wenige Wochen nach der sich selbst überlassen. Die jungen Schlan- der Art in Nord- oder Osttirol nicht ganz Winterruhe, setzt bei den Männchen die gen ernähren sich von Eidechsen und Frö- auszuschließen ist. Von der Europäischen Fortpflanzungsaktivität ein. Im Mai oder schen und werden erst im Alter von 4 bis Hornviper liegt auch ein alter Nachweis aus NEU *alle Varianten ab Lager erhältlich solange Vorrat reicht mit Zfr. Zeiss V4 mit Zfr. Zeiss Victory HT 3 –12 x 56, LA 3 –12 x 56, Abs. 60 oder Sattelmontage Ring 2,5 –10 x 50, Abs. 60 Blaser R8 Professional Success (montiert + eingeschossen) (montiert + eingeschossen) Repetierbüchse Standardkaliber A K T I O N S A N G E B O T * Büchsenmachermeisterwerkstatt mit hauseigenem 100 m-Schießstand JAKELE Jagd + Natur GmbH & Co. KG · Am Werkhaus 8 · D-87480 Weitnau-Hofen · www.jakele.de · Tel. +49 (0) 83 75 / 20 60 200
WILD & ÖKOLOGIE KREUZOTTER Kreuzottern in der Nähe ihres frostgeschützten Winterquartiers dem südwestlichen Osttirol vor, der aber mit dem Handy oder durch Fangversuche. Viele Jäger sind auch um ihre Jagdhunde be- bisher nicht mehr bestätigt werden konnte. Ein Kreuzotterbiss darf nicht verharmlost sorgt. Sicher nachgewiesene Bissunfälle von Regelmäßig wird die ungiftige Schlingnat- werden und bedarf einer korrekten medi- Jagdhunden sind ebenfalls selten, wie die ter, die aufgrund ihrer Beschuppung auch zinischen Behandlung. Lebensgefährlich Tierärztin Tanja Meister aus ihrer Praxis be- als Glattnatter bezeichnet wird, mit der ist er jedoch selten. Wertvolle Informatio- richtet. Als Erste-Hilfe-Maßnahme sollte bei Kreuzotter verwechselt. nen rund um das Thema Giftschlangen und Bissen in die Pfote diese mit einem Tuch oder Schlangenbisse vermittelt das Merkblatt Gürtel abgebunden werden. Danach ist um- „Schlangen – was tun?“ der Koordinations- gehend ein Tierarzt aufzusuchen. Bei Bissen Verhalten bei Schlangenbissen stelle für Amphibien- und Reptilienschutz in den Kopfbereich sind keine Erste-Hilfe- Kreuzottern sind scheu, zu Bissunfällen in der Schweiz (karch), welches zusam- Maßnahmen vor Ort möglich. Hier sollte kommt es daher sehr selten. In den mei- men mit dem Toxikologischen Informa- ebenfalls möglichst rasch eine tierärztliche sten Fällen erfolgen Bissunfälle durch ei- tionszentrum in Zürich publiziert wurde. Behandlung durchgeführt werden. Insbeson- genes Verschulden, beim Fotografieren Es ist kostenlos bei der karch erhältlich: dere für größere und mittelgroße Hunde ist www.karch.ch, andreas.meyer@unine.ch. der Krankheitsverlauf meist glimpflich. ❙ Oft wird die Kreuzotter mit der ungif- tigen Schlingnatter verwechselt. GESUCHT: Fundmeldungen von Kreuzottern Die Verbreitung der Kreuzotter in Tirol und Österreich ist zwar in groben Zügen bekannt. Hinweise auf lokale Vorkommen sind aber für uns von großem Interesse. Bitte melden Sie deshalb alle Kreuzotterbeobachtungen, aber auch Beobachtungen von anderen Reptilien und Amphibienarten. Kontakt: Naturhistorisches Museum Wien Dr. Silke Schweiger, Tel. +43 (0)1 52177/619 E-Mail: silke.schweiger@nhm-wien.ac.at Technisches Büro für Biologie Walderstraße 32, A-6067 Absam Dr. Florian Glaser, E-Mail: florian.glaser@aon.at Tel. +43 80 650 5762100 24 JAGD IN TIROL 06 | 2018 Fotos: Meyer (2)
XXXXX JAGDHUNDE ✃ AUSS (Atropa belladonna L.) CHNE Schwarze UND IDEN SAM MELN ! Tollkirsche Familie: Nachtschattengewächse (Solanaceae) Wenn im späten Sommer die Früchte der Tollkirsche in unseren Wäldern reifen, werden auch in Tirol wieder Geschichten über merkwürdige Vergiftungserscheinungen die Runde machen. Von Menschen, die nach dem Verzehr von Tollkirschen laut hallu- zinierend und mit stark erweiterten Pupillen in Krankenhäuser eingeliefert werden. Von Ärzten, die mit der namensgebenden Schicksalsgöttin Atropos ringen, um die griechische Mythenge- stalt an ihrer „Aufgabe“ – der Durchtrennung des Lebensfadens – zu hindern. Autor: Thomas Gerl Merkmale Standort Die ausdauernden Tollkirschen sind krautige, sehr wuchskräftige Pflanzen, die Tollkirschen kommen in weiten Höhen von über 150 cm erreichen können. Die Verzweigung des stumpfkan- Teilen Europas bis auf die Bri- tigen, oft rötlich gefärbten Stängels verleiht der Pflanze ihre charakteristische tischen Inseln vor und sind eine Wuchsform mit drei markanten, oft waagrecht abstehenden Hauptästen, die Charakterart auf Schlagfluren, sich weiter verzweigen. d. h. in gestörten Waldteilen wie Die eiförmig-elliptischen, bis zu 15 cm langen Blätter sitzen mit einem kurzen z. B. Brachflächen, Rodungsinseln Stiel wechselständig an den Zweigen. Im oberen Teil der Pflanze nähern sich oder Wegrändern können sie z. T. die Blätter so stark, dass sie gegenständig wirken können. Unterhalb der Blü- sehr große Bestände bilden. ten findet sich die für Tollkirschen typische Nachbarschaft eines großen mit Ihr bevorzugter Standort befindet einem sehr kleinen Blatt. sich auf nährstoffreichen Böden Die meist einzeln in der Achsel eines Vorblattes entspringenden Blüten beste- über kalkhaltigen Gesteinen, so hen aus einem behaarten Kelch und einer schmutzigbraun-violett gefärbten dass die Vorkommen in den Zen- Glocke aus fünf verwachsenen Kronblättern. In einigen extrem seltenen Fällen tralalpen eher selten sind. Ihr Ver- findet man in Mitteleuropa auch gelbliche Blüten, die eine besondere Rarität breitungsschwerpunkt in Tirol liegt darstellen. Im Innern der Blüte finden sich fünf auffällig gebogene Staubblätter eher in der Mittelgebirgsregion, und ein Stempel aus zwei miteinander verwachsenen Fruchtblättern, auf deren wobei sie in Einzelfällen aber auch in Höhenlagen von knapp 1.800 m beobachtet werden können. MERKMALE DER SCHWARZEN TOLLKIRSCHE: Die Blüte besitzt einen glockigen Kelch mit fünf Kelchlappen. Das Blatt ist meist ganzrandig elliptisch geformt und besitzt eine grün-bräunliche Färbung. Fotos: Gerl (3) JAGD IN TIROL 06 | 2018 25
JAGDHUNDE XXXXXX ✃ Die Blütezeit der Tollkirsche dauert von Juni Die Frucht besitzt eine lackartige, Die Schwarze Tollkirsche gehört zu den bis August, dabei sind die Blüten meist waage- schwarze Oberfläche, ist im unreifen sommergrünen, ausdauernden, krautigen recht orientiert und wachsen einzeln aus den Zustand grün und reift von August bis Pflanzen. Sie kann eine Wuchshöhe von Blattachseln der Laubblätter. Oktober. bis zu 1,50 m erreichen. Grund zuckerhaltiger Nektar als Belohnung auf Bestäuber (v. a. Bienen und Hummeln) wartet. Ähnlich wie bei Tomaten, einem anderen Vertreter der Nachtschattengewächse, findet man an einer Pflanze zumeist alle Stadien der Blütenent- wicklung von der unreifen Knospe über voll entwickelte Blüten bis hin zu grünen und ausgereiften Früchten mit ihrer schwarz-glänzenden Oberfläche. Dabei handelt es sich aber nicht, wie der Name vermuten lässt, um Steinfrüchte, son- dern um Beeren, in denen eine Vielzahl von Samen im Fruchtfleisch verteilt ist. Ein gutes Kennzeichen, um die giftigen Beeren von anderen Früchten zu unterscheiden, ist der auffällige Kelch, der bis zur Fruchtreife erhalten bleibt und die Beeren wie ein fünfstrahliger Stern umgibt. Wissenswertes Statistisch stehen Giftpflanzen wie die Tollkirsche auf Platz drei der häufigsten Ursachen von Vergiftungsunfällen mit Kindern. Ein extrem giftiger Cocktail aus mehreren Alkalo- iden sorgt dafür, dass der Verzehr von nur drei bis fünf Bee- ren für Kinder und einem Dutzend Beeren für Erwachsene tödliche Folgen haben kann. Charakteristische Symptome einer Tollkirschenvergiftung sind stark erweiterte Pupillen, die mit Sehstörungen, Halluzinationen und Hitzegefühlen einhergehen. Im christlichen Mittelalter galt die Tollkirsche als magische Pflanze, die die heilige Hildegard von Bingen gar dem Teufel zuordnete. Doch wieso erhielt diese Pflanze – im Gegensatz zu anderen, ebenso giftigen Arten – überhaupt so große Aufmerksamkeit? Die Antwort ist so einfach wie kurios: Die Menschen dieser Zeit nutzten Tollkirschen trotz ihrer Giftigkeit recht ausgiebig, weil sie sich eine vermeintlich aphrodisierende Wirkung versprachen und ihre Attraktivität steigern wollten. Weite Pupillen galten (und gelten noch immer) als Zeichen großer weiblicher Schönheit und so träufelten sich die Damen von Welt sehenden Auges hochgiftige „Belladonna”-Tropfen in die Pupillen, um der Männerwelt zu gefallen. Die durch die Alkaloide ausgelösten Hitzewallungen brachten Frauen dazu, sich ihrer Kleider zu entledigen und wie „toll” zu kichern, was die Männer als einladendes Signal missdeuteten und so verwundert es kaum, dass für praktisch alle „Liebeszauber” ein Quantum Tollkirschen-Extrakt vonnöten war, den man der Angebeteten gerne einmal als mittelalterliche K.-o.-Tropfen in den Becher mischte. Doch schon bald merkten die Menschen, dass man den kurzen Liebesrausch allzu oft mit dem Tod bezahlen musste, so dass immer mehr Konsumenten auf neu entwickelte Salben und Tinkturen umstiegen, die äußerlich angewendet werden mussten. Dadurch verringerte sich das Risiko, aber auch die Wirkung wurde schwächer, so dass Kräuterkundige immer neue Mischungen erprobten. Durch die Kombination mit anderen pflanzlichen Drogen, wie Schierling und Co., hallu- zinierten die Anwender z. B. in ihren nächtlichen Träumen Erlebnisse, die einer Flugreise so ähnelten, dass sie tatsächlich glaubten, fliegen zu können. 26 JAGD IN TIROL 06 | 2018 Fotos: Gerl (3), vainillaychile/shutterstock Foto: (1)Thomas Kranabitl
Sie können auch lesen