Zu Besuch in der Gommercial Secondary School in lambi/Tansania
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Zu Besuch in der Gommercial Secondary School in lambi/Tansania Wilf ried Reimer, Studienreferendar am Hainberg-Gymnasium in Göttingen, hat im vergan- genen Winter eine Forschungsreise nach Tansania unternommen und während des Aufenthaftes im Lande auch unsere Partnerschule in lambi besucht lm folgenden veröffenttichen wir seinen Bericht, der tnteressante und aufschlußreiche Eindrücke ln das Leben im Lande und vor allem an unserer Partnerschule vermittelt. Als ich im vergangenen Winter meine For- Entwicklung von den städtischen Ballungszen- schungsreise im Auftrage des religionswissen- tren weg auf das Land zu verlagern, um die schaftlichen Lehrstuhls der Universität Bayreuth Entstehung von Slums und das für Dritte-Welt- vorbereitete, dte u. a. in die Region Singida führen Länder §pische StadlLand-Gefälle zu ver- sollte, erfuhr ich von der bestehenden Partner- meiden. schaft zwischen dem Scharnhorstgymnasium und der lambi Secondary School. Sofort an die- Da es in Tansania viel zu wenige Secondary sem Projekt interessiert, setzte ich mich mit Herrn Schools gibt - nur etwa fünf Prozent eines Schü- Kersten in Verbindung und erhielt so die Ge- lerjahrgangs können auf eine Secondary School legenheit, sozusagen als Botschafter des gehen - sind die wenigen Plätze sehr begehrt. Scharnhorstgymnasiums, die Partnerschaft So kommen die Schüler oft von weit her aus durch einen persönlichen Besuch in lambi zu ganz Tansania, da die Eltern froh sind, über- erneuern. haupt für ihr Kind einen Platz bekommen zu haben. Das für deutsche Verhältnisse kata- Bei meiner Ankunft in lambi wurde ich von dem strophale Verkehrssystem Tansanias, das so neuen Direktor der Schule, Herrn Gyunda, freund- groß ist wie Frankreich, die Benelux-Staaten und lich aufgenommen. Der zögernde Wechsel in die Bundesrepublik, läßt den Weg zur Schule der Schulleitung im vergangenen Jahr und an- für viele Schüler zum ersten großen Problem dere administrative und personale Schwierig- werden. Es gibt nur ca. 5000 km asphaltierte keiten hatten dazu geführt, daß der Kontakt von Straßen, der Rest sind festgefahrene Erdwege, tansanischer Seite nur spärlich fortgeführt wer- die sich in der Regenzeit in zum Teil unpassier- den konnte. Doch nun, so versicherte man mir, bare Schlammpisten venruandeln. Schüler, die seien diese Probleme gelöst, und man werde aus größerer Entfernung nach lambi kommen, sich mit neuem Schwung der Partnerschaft wid- sind daher oft elne Woche untenrvegs. Da Busse men. Die Lehrer ließen ihren Dank ausrichten oder Eisenbahn zudem sehr teuer sind, können für die gerade eingetroffenen gespendeten Lexi- viele es sich nicht leisten, öfter als einmal im ka für Englisch-Swahili und die sechs Fahrräder, Jahr nach Hause zu fahren, und sind oft ganz deren Ankunft bald enrrrartet wurden. Einige der auf ihre Schule angewiesen. Lehrer und der älteren Schüler erinnerten sich noch gut an den Besuch des ,,mwalimu mkuu", Die Unterbringung der Schüler ist noch ein gro- des großen Lehrers aus Hildesheim, Herrn Ker- ßes Problem für die junge Schule. Die 24O sten, und ließen ihn und die Schüler des Scharn- Schüler, davon ca. 130 Mädchen, schlafen auf horstgymnasiums herzlich grüßen ! engstem Raum in zwei Schlafgebäuden in Räu- men mit je 20 bis 30 Betten. Ein Enrueiterungs- Obwohl ich nur paar Tage in lambi, hatte ich bau ist allerdings durch Eigenarbeit und Spenden doch Gelegenheit durch Gespräche mit Lehrern der Elternvereinigung und der Kirche im Rohbau und Schülern, durch Teilnahme am Unterricht, fertiggestellt, es muß nur noch der Fußboden am Essen und der Freizeit der Schüler einen gegossen werden. Hier wird der vom Scharn- Einblick darin zu gewinnen, was es heißt, Schüler horstgymnasium gespendete Zement dazu bei- bzw. Lehrer in lambi zu sein. lambi ist eine für tragen, die Lage spürbar zu verbessern und so- Tansania §pische ländliche Secondary School, mit den Schülern direkt zu gute kommen. Drin- die bewußt nicht in einem städtischen Zentrum gend nötig wären auch weitere Klassenräume. liegt, sondern 80 km von der nächsten Stadt lm Moment sind vier vorhanden, die noch aus entfernt. Diese Lage entspricht der Dezentra- der einer Grundschule der deutschen Kolonial- lisierungspolitik der tansanischen Regierung, die zeit stammen. Aus derselben Zeit stammen auch 14
tu& W Landschaft in Tansania #::r ..:lL;,:r*i:i,:i' Schüler unserer Partnerschule in lambi/Tansania Fotos (2): H. Kersten 15
die Schulbänfte;so sitzen 15 - 20jährige Schüler Beitrag, den die Schüler so zum Unterhalt ihrer auf Bänken für Erstklässler - 40 pro Klasse! Schule leisten, wird in diesem Jahr, in dem die Doch Lehrer und Schüler sind sich bewußt, daß Ernte gut war, mit ca. 120000 tansanischen nur langsam, Schritt für Schritt etwas verbessert Shilling ganz bekächtlich sein und die Mühe werden kann - wichtig ist nur, daß etwas ge- lohnen. Zusammen mit dem Schulgeld - 7000 schieht! Shilling pro Schüler (ca.230 DM) - und Spenden sind dies die Einnahmen der Schule. Bei 40 Schülern pro Klasse und fast ohne Schul- bücher ist es kaum venruunderlich, daß fast aus- Viele Eltern sparen sich das Schulgeld buchstäb- schließlich Frontalunterricht stattfindet und sehr lich vom Mund ab, oft kann nur ein Kind auf stark auf Disziplin geachtet wird; für einen Lehrer, eine Secondary School geschickt werden, wäh- der sich durchsetzen kann, ein bequemer Unter- rend die anderen früh mitarbeiten müssen, um richt. Eine Schwierigkeit ist auch, daß der Unter- die Ausbildung des einen zu finanzieren. Da- richt großenteils in Englisch abgehalten wird, durch lastet ein großer Enruartungsdruck auf das gleichzeitig noch als Fremdsprache erlernt vielen, und es steigt die Angst zu versagen. Von wird. Der Tag in lambi beginnt früh um sechs Uhr mit dem Sonnenaufgang. Die Schüler gehen einem normalen Gehalt allein - ern leitender Bankangestellter verdient ca. 45000 Shilling im hinunter zum Bach zum Waschen, da die Pum- pe für den Brunnen kaputt ist und momentan - Jahr (1500 DM) ist so etwas nicht bezahlbar, und man versteht, daß beinahe jeder darauf an- keine Ersa2teile zu bekommen sind. Dann gibt gewiesen ist, zusätzlich Geld - zuweilen haupt- es Frühstück: eine Tasse Tee und ,,uji", einen Maisbrei. Der Unterrlcht beginnt um acht Uhr. - sächlich durch Nebengeschäfte zu verdienen und dabei seine eigentliche Arbeit zu vernach- Nach vier Stunden mit nur kurzen Pausen, gibt lässigen. Was wir sehr schnell als Korruption es eine große, danach weitere vier Stunden bis oder Schlendrian verurteilen, ist eine Lebens- zum Mittagessen. Laut Stundenplan haben die notwendigkeit. Andererseits fehlt der Regierung vier Klassen je 39 Stunden pro Woche, wovon das Geld, höhere Löhne zu bezahlen - ein Teu- durch den Lehrermangel allerdings einige aus- felskreis, aus dem schwer auszubrechen ist. fallen. Beiden älteren Schülern stehen die Fächer Buchführung, \Mrtschaft und Mathematik im Vor- dergrund. Alles in allem ist lambi für einen Deutschen eine neue, fremde Erfahrung, in die man sich Der Nachmittag ist frei für Schulaufgaben, die erst hineinleben muß. Einerseits die sehr ein- Pflege der eigenen Sachen, für Sonderaufgaben, fachen Lebensbedingungen - doch für jeman- den, der dort aufgewachsen ist, sind diese nor- z. B. daswenig beliebte Sauberhalten des Schul- geländes, für Freizeit oder Sport, bei den Mäd- mal. Wichtig ist für ihn, daß die Situation sich Schritt für Schritt bessert. Andererseits ist dort chen vor allem Netball (ähnlich Volleyball), bei für unsere Verhältnisse ,,nichts los". Es gibt keine den Jungen Fußball. Hin und wieder finden Disco, keine Zeitschriften, die wenigsten haben Turniere gegen andere Secondary Schools statt - jeweils ein besonderer Höhepunkt im Schul- Radio oder Cassettenrecorder - Fernsehen gibt es sowieso noch nicht in Tansania -, dafür ist leben. Das Abendessen besteht wie das Mittag- der Kontakt unter den Klassenkameraden umso essen aus ,,ugali", einem Maisteig, oder Reis und Bohnen oder getrocknetem FisCh in einer enger, es entwickeln sich Freundschaften, die ein Leben lang halten. Und wenn man weniger Soße, an besonderen Tagen zum Nachtisch eine vorgesetzt bekommt, entwickelt sich automa- Banane oder Papaya. Fleisch gibt es wegen der tisch mehr die Phantasie. Oft sind wlr gegenseitig mangelnden hygienischen Voraussetzungen geblendet: die tansanischen Schüler von dem und des hohen Preises nicht. Da es keine Elek- Reichtum in Deutschland, wirvon der materiellen trizität in lambi gibt, henscht bald nach dem Armut dort. Doch es kommt darauf an, hinter Dunkelwerden Ruhe in lambi. die Fassaden zu sehen! Dazu kann Partner- schaft dienen. Zum festen Bestandteil der Schule gehört auch das Schulfeld in einer Größe von 60 acres (ca. 25 ha), das von den Schülern selbst bearbeitet werden muß. Sie sollen dabei lernen,für ihr Leben selbst mit aufkommen zu können. Au8erdem soll die Ausbildung einer Elite, die keine Ver- bindung mehrzu den Lebensumständen der nor- malen Bevölkerung hat, verhindert werden. Der 16
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