05/06 2022 DSO-Nachrichten Abonnements ab sofort erhältlich - Deutsches Symphonie-Orchester Berlin

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05/06 2022 DSO-Nachrichten Abonnements ab sofort erhältlich - Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Ein Jubiläum
Peter Ruzicka im Gespräch

Meisterwerke
Truls Mørk und Tugan Sokhiev

Die Saison 22/23
Abonnements ab sofort erhältlich

DSO-Nachrichten
05/06 2022
05/06 2022 DSO-Nachrichten Abonnements ab sofort erhältlich - Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
2   Inhalt                                                                                Editorial   3

                                               Liebe Leserin,
                                               lieber Leser,
                                               mit spannenden Konzertprogrammen und Gästen strebt
                                               die Saison ihrem Finale zu. Tugan Sokhiev, unser ehemali-
                                               ger Chefdirigent, kehrt mit Tschaikowsky und Schostako-
                                               witsch zum DSO zurück, Truls Mørk hat er für Saint-Saëns’
                                               Erstes Cellokonzert eingeladen. Manfred Honeck widmet
3   Editorial
                                               sich Mahlers Fünfter, James Ehnes kommt mit Mozarts
4   Peter Ruzicka im Gespräch                  Drittem Violinkonzert. Sir George Benjamin präsentiert
                                               ein farbenreiches Programm von Janáček bis Ligeti und
10 Seiji Ozawa
                                               den Pianisten Cédric Tiberghien als Messiaen-Solisten.
12 Abonnements und Programme 22/23             Mit Raritäten von Berg bis Williams feiert Peter Ruzicka
                                               sein 50-jähriges Dirigierjubiläum, das Oboenkonzert aus
20 Tugan Sokhiev und Truls Mørk
                                               seiner Feder interpretiert François Leleux. Den Abschluss
24 rbbKultur-Kinderkonzerte                    der Spielzeit gestalten David Robertson und der Geiger
                                               Gil Shaham mit wunderbaren Werken von Chopin, Tschai-
26 Konzertkalender                             kowsky und Strawinsky.
31 Kammerkonzert der Akademie
                                               Einen Vorgeschmack auf die Programme, Themen und
32 Sir George Benjamin und Cédric Tiberghien   Gäste der kommenden Saison können wir Ihnen eben-
36 Debüt im Deutschlandfunk Kultur             falls schon bieten → S. 12 ff. Abonnements sind ab sofort
                                               bestellbar, ausführliche Informationen finden Sie unter
38 Impressum                                   → dso-berlin.de/saison22-23 und in der neuen Saisonbro-
39 Ihr Konzertbesuch im Mai und Juni           schüre, die wir Ihnen gerne kostenfrei zusenden.

40 James Robertson und Gil Shaham              Dies und vieles mehr finden Sie in der aktuellen Ausgabe.
44 Herbert Blomstedt                           Wir schätzen uns glücklich, bei sinkenden Zahlen und all-
                                               gemeinen Lockerungen mit Ihnen den Abschluss unserer
46 Manfred Honeck und James Ehnes              Jubiläumssaison zu feiern. Wir freuen uns auf Sie!
48 Christian Schumann
                                               Herzliche Grüße
50 Das DSO im ICC                              Ihr Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
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Im Gespräch      5

Mi 15.6.   Peter Ruzicka

Ein besonderes
Jubiläum
Peter Ruzicka ist Dirigent, vielfach ausgezeichneter Kom-
ponist, Schüler von Hans-Werner Henze und promovierter
Jurist. Von 1979 bis 1987 war er Intendant des DSO, das da-
mals noch Radio-Symphonie-Orchester Berlin hieß, später
leitete er die Staatsoper Hamburg, die Salzburger Festspiele
und die Osterfestspiele Salzburg. Am 15. Juni kehrt er mit
einem beziehungsreichen Programm ans Pult des Orches-
ters zurück.

Herr Ruzicka, wenn Sie im Juni das vorletzte Konzert der
Jubiläumssaison dirigieren, können Sie selbst mit dem
Orchester ein denkwürdiges Jubiläum begehen: Vor fünf-
zig Jahren standen Sie erstmals am Pult des DSO. Was
haben Sie damals dirigiert?
Ich dirigierte kein Konzert, sondern eine Rundfunkaufnahme
für den RIAS Berlin. Es war ein warmer Sommertag Mitte
Juni, ich erinnere mich genau, das Orchester hatte seinen
letzten Dienst vor den Ferien in der Siemensvilla in Lank-
witz, in der man seit Jahrzehnten regelmäßig aufgenom-
men hatte. Wir spielten damals mein erstes Cellokonzert ›In
processo di tempo‹ mit Claus Kanngiesser als Solist ein. Die
Aufnahme erschien zunächst als LP, später auch als CD, sie
ist noch heute beim Label Wergo erhältlich. Vielleicht noch
ein Wort zum Hintergrund: Meine erste Begegnung mit dem
Orchester fand bereits 1971 statt. Damals dirigierte Michael
Gielen die Uraufführung meines Orchesterwerks ›Metastro-
fe‹. Vier Wochen vor dem Konzert wurde es aufgenommen,
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ebenfalls in der Siemensvilla. ›Metastrofe‹ erhielt dann den   einem Orchester abläuft. Ich will also nicht ausschließen,
Preis des ›Rostrum of Composers‹ der UNESCO. Das war für       dass die künstlerischen Begegnungen für die Entscheidung
Wolfgang Geiseler, den damaligen Musikchef des RIAS (und       des Orchesters maßgeblich waren. Das Kuratorium des da-
des SFB), der Anlass, mir einen Auftrag für das Cellokonzert   maligen RSO machte dann eine Anhörung und entschied
zu geben, das dann im Juni 1972 produziert wurde.              sich für mich. Mit dem Orchester zusammenzuarbeiten, war
                                                               von Anfang ein großes Vergnügen.
Sie dirigierten dann im August 1975
Ihr erstes, ein gutes Jahr später
ihr zweites Konzert mit dem DSO.                               »Ich bin mir sicher, dass Varèses kühne Komposition
Die Werke, die Sie damals zusam-                               durch den stilistischen Kontrast mit ›Star Wars‹
menstellten, wirken im Rück-                                   an Überzeugungskraft gewinnt.«
blick wie eine Vorschau auf die                                Peter Ruzicka
Programmlinien, die Sie ab 1979
als Intendant mit dem Orches-
ter verwirklichten: 1975 Gustav Mahlers Ergänzung von          Mit ihrer Programmgestaltung, mit der Einführung von
Carl Maria von Webers Oper ›Die drei Pintos‹ und ein           Kammerkonzerten, mit den Saisonschwerpunkten, die
neues Werk von Maurice Weddington – also eine Rarität          Sie setzten, prägten Sie die Entwicklung des Orchesters
von Mahler, dessen Renaissance sich damals noch in den         bis über Ihre Amtszeit hinaus …
Anfängen befand, und ein zeitgenössisches Werk. 1976           Das Kuratorium hatte mir als oberste Aufgabe zunächst
dann Musik von Ligeti, Feldman, dem jungen Wolfgang            mitgegeben: Finden Sie einen Chefdirigenten, und das
Rihm, eine Bach-Bearbeitung von Fritz Stiedry und eine         möglichst gleich. Das Orchester war ja seit 1975, seit Lorin
philharmonische Exkursion der Rockgruppe ›Tangerine            Maazels Abschied, ohne künstlerische Leitung, und dieser
Dream‹. Gaben diese künstlerische Zusammenarbeit und           Zustand sollte möglichst schnell beendet werden, auch im
diese Programmatik den Ausschlag für Ihre Berufung zum         Interesse der musikalischen Entwicklung.
Intendanten des Orchesters?
Die Mitglieder des Orchesters haben sich damals für mich       Sie konnten dann keinen Geringeren als Riccardo Chailly
eingesetzt. Sie erinnerten sich an unsere künstlerische Zu-    gewinnen, der damals noch sehr jung war. Wie kamen Sie
sammenarbeit. Eberhard Wangemann, auch heute mit 102           auf ihn, kannten sie ihn?
Jahren noch ein kenntnisreicher Begleiter des Orchesters,      In den Gesprächen, die wir führten, fiel Chaillys Name, und
rief mich eines Tages an und fragte mich, ob mich die Ar-      etliche Kollegen meinten, ihn müsse man sich anschauen.
beit als Intendant interessieren könnte. Ich hatte damals in   So begab es sich, dass Chailly eine Europatournee mit dem
Berlin über das Urheberrecht promoviert, Herr Wangemann        London Symphony Orchestra machte. Jeden Abend begeg-
wusste das, es gab eine Verbindung des Orchesters zu mei-      neten sich hinter der Bühne diejenigen, die damals auf der
nem Doktorvater Wilhelm Nordemann. Er meinte, es wäre          Suche nach einem neuen Chefdirigenten waren. Ich sprach
ideal, wenn jemand in musikalischen und rechtlichen Fragen     Riccardo Chailly an, und wir konnten innerhalb von Wochen
sachkundig sei und Erfahrungen mit dem mitbringe, was in       mit ihm ein Sonderkonzert in Berlin arrangieren. Wir haben
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damals die Plakate noch selbst geklebt, das werde ich nicht
vergessen. Er dirigierte ein Programm nach Maß: Verdi,
Strawinsky und Tschaikowsky. Die Stimmung war schon
nach den Proben so gut, dass ich sofort nach dem Kennen-
lernkonzert eine Abstimmung verlangte, die dann äußerst
positiv ausfiel. Am nächsten Tag begann ich, mit Riccardo
Chailly über eine erste Amtszeit in Berlin zu verhandeln.
1982 wurde er dann Chefdirigent des Orchesters.

Sie dirigierten zu Ihrem Einstand beim DSO ein eigenes
Werk. In die Programme, die Sie heute mit dem DSO und
andernorts aufführen, beziehen Sie eigene Werke mit ein.
Während Ihrer Amtszeit als Intendant aber stand Ruzicka
als Komponist nicht auf dem Spielzettel.
Ich halte es immer für einen Fehler, wenn Kollegen sich
selbst engagieren. Sich selbst zu bedenken heißt ja eigent-
lich, die Unbefangenheit gegenüber anderen zu verlieren.
Man könnte nie mehr ein Stück eines Kollegen ablehnen,
wenn man ein eigenes Werk programmiert. Dies tat ich prin-
zipiell nicht, auch später nicht bei meinen Intendanzen in                                                    François Leleux
Hamburg, München und Salzburg.
                                                                sei, dann werden sie wohl eher John Williams als Edgard
Hätten Sie damals, in den frühen 1970er-Jahren, ein             Varèse nennen. Ich bin mir außerdem ziemlich sicher, dass
ähnliches Programm wie am 15. Juni dirigiert, mit großer        Varèses kühne Komposition durch den stilistischen Kont-
Filmmusik aus Hollywood als Abschluss?                          rast an Überzeugungskraft gewinnt, viel mehr, als wenn ich
John Williams’ Musik zu ›Star Wars‹ gab es damals noch          ihr ein ähnlicheres Stück zur Seite stellte. Im Übrigen freue
nicht. Der erste Film der Reihe kam erst in den späten          ich mich sehr auf die Zusammenarbeit mit François Leleux,
1970er-Jahren in die Kinos, und die ersten konzertanten         einem der größten Oboisten unserer Zeit, der im ersten Kon-
Aufführungen von Auszügen fanden erst später statt. Auf die     zertteil mein Oboenkonzert ›Aulodie‹ interpretieren wird.
Idee, eine Suite aus der ›Star Wars‹-Musik zusammenzustel-
len und in ein Programm aufzunehmen, kam ich über Edgard        Das Gespräch führte HABAKUK TRABER.
Varèses ›Arcana‹. In diesem Werk geht es eigentlich um den
letzten aller Sterne. Und ich wollte es mit einer Komposition
kontrapunktieren, die programmatisch eine Brücke schlägt,
wenngleich die Musik denkbar unterschiedlich ist. Wenn Sie
heute junge Leute fragen, was aus ihrer Sicht neue Musik                                              Konzertkalender S. 28
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10                                                             Seiji Ozawa   11

21.5.1967   Seiji Ozawa beim DSO

            Ein junger Japaner stand im Mai 1967 am Pult
              des DSO, das damals noch Radio-Sympho-
              nie-Orchester Berlin (RSO) hieß. Nach seinem
              Studium in Tokio hatte Seiji Ozawa mehrere
             Dirgierwettbewerbe gewonnen und seine Aus-
          bildung als Schüler Herbert von Karajans in Berlin
und dann als Assistent Leonard Bernsteins in New York
fortgesetzt. 1967 war er Chefdirigent des Ravinia Festivals
des Chicago Symphony Orchestra, bald darauf wurde er
als Musikdirektor des Boston Symphony Orchestra zum
Star. Bei seinem einzigen DSO-Gastspiel dirigierte Ozawa
die Dritte Symphonie des Amerikaners William Schuman
und Modest Mussorgskys ›Bilder einer Ausstellung‹ – und
verewigte sich in den Autogrammbüchern des Orchesters.
Im Zentrum seines Programms stand das Cellokonzert von
Robert Schumann, vor allem aber dessen Solistin: Die Jahr-
hundertcellistin Jacqueline du Pré, die vier Jahre zuvor bei
einem legendären Konzert der Reihe ›RIAS stellt vor‹ mit
gerade einmal 18 Jahren für Furore gesorgt hatte.
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Die Saison    Festlegen lohnt sich!
             Abonnements für die neue Saison

22/23
             sind ab sofort bestellbar.
             → dso-berlin.de/saison22-23
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Vorzüge eines                                         Höhepunkte
Abonnements                                           der Saison
Beste Plätze
• Auswahl unter den besten freien Plätzen
                                                      2022/2023
  vor Beginn des regulären Verkaufs
                                                      Mit spannenden und abwechslungsreichen Konzertprojek-
• Ihr persönlicher Platz von Saison zu Saison
                                                      ten gehen das DSO und Robin Ticciati ab September 2022
   bei Beibehaltung der Serie
                                                      in die sechste gemeinsame Saison. Dabei spürt der Chefdi-
                                                      rigent einem großen Thema nach: dem Verhältnis von Mu-
Guter Service
                                                      sik und Spiritualität. Im Zentrum der Auseinandersetzung
• Kostenfreie Zusendung Ihrer Konzertkarten
                                                      steht dabei das Festival ›Music and Healing‹ im März, das
• Kostenfreier Tausch von Karten zweier
                                                      sich mit dem Einfluss von Musik auf Körper, Geist und See-
   Konzerttermine Ihrer Serie
                                                      le beschäftigt. Es streift alte Mythen und Traditionen, vom
                                                      zentralasiatischen Obertongesang bis zu Strawinskys ›Le
Günstige Preise
                                                      sacre du Printemps‹, widmet sich der Meditation mit Wer-
• Ersparnis von bis zu 50 % für Ihre im Abonnement
                                                      ken von Bingen und Bach bis Pärt und Vasks, berührt die
   gekauften Karten
                                                      Grenze zwischen Leben und Jenseits, zwischen religiösem
• Zusätzliche Karten für alle Konzerte des DSO
                                                      Erleben bei Messiaen und Skrjabins ›Poème de l’extase‹,
   und der weiteren ROC-Ensembles zum um
                                                      und schließt mit der Verklärungserzählung von Wagners
   15 % ermäßigten AboPlus-Preis
                                                      ›Tristan und Isolde‹. Alle vier Konzerte sind gebündelt als
                                                      Festival-Paket buchbar.
Attraktive Extras
• Exklusive Vorstellung der neuen Konzertsaison
                                                      Das thematische Anliegen ist auch im Eröffnungskonzert
   mit dem Chefdirigenten
                                                      mit den letzten Werken von Feldman und Sibelius und
• Einladung zu Sonderveranstaltungen, etwa
                                                      Strawinskys Violinkonzert präsent. Bruckners Fünfte, die
   Kammerkonzerten an besonderen Orten
                                                      Kathedrale unter seinen Symphonien, und Mark Simpsons
   (im Rahmen verfügbarer Kontingente)
                                                      Orchesterfantasie über einen legendären Engel beleuchten
                                                      das Thema von einer weiteren Seite, ebenso Mahlers Dritte
                                                      Symphonie oder die Begegnung von Schöpfung und komödi-
                                                      antisch aufbereiteter Apokalypse in Werken von Haydn und
                                                      Ligeti im Rahmen der Biennale der Berliner Philharmoniker
                                                      im Februar. Ehrendirigent Kent Nagano ist gleich zweimal
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bei seinem Berliner Orchester zu Gast – im April mit Bou-
lez’ ›Répons‹ und Faurés Requiem, zum Saisonausklang mit
Mahlers Sechster Symphonie.

Die Spielzeit 2022/2023 öffnet sich auch hin zum The-
ater, zu den vielfältigen Formen des Ineinanderwirkens
von Ton-, Wort- und Bühnenkunst. Den Anfang bildet ein
konzertantes DSO-Debüt der britischen Komponistin und
Elgar-Zeitgenossin Ethel Smyth. Ihre Oper ›The Wreckers‹
(Les Naufrageurs) ist im September in der französischen
Urfassung des Librettos als Deutsche Erstaufführung zu
hören. Im Februar bringt Ticciati dann Händels prachtvol-
les Oratorium ›Solomon‹ in einer szenisch eingerichteten
Fassung in die Philharmonie. Giovanni Antonini erkundet
mit Gaetano Pugnanis ›Werther‹ nach Goethe die Gattung
des Melodrams, das zu Haydns und Mozarts Zeiten als ex-
perimentelle Form des Musiktheaters geschätzt wurde.

Begegnungen mit zahlreichen alten und neuen Freunden
finden sich ebenfalls im Programm der neuen Spielzeit.
Ingo Metzmacher, Chefdirigent zwischen 2007 und 2010,
kombiniert John Adams’ Klassiker ›Harmonielehre‹ mit dem
großartigen, exorbitant schweren Klavierkonzert von Max
Reger. Manfred Honeck konfrontiert Beethovens lyrischen
mit dem dramatischem Wagemut von Richard Strauss’
›Elektra‹. Tomáš Hanus greift die Bruckner-Linie mit dessen
Sechster auf, und Yutaka Sado wird einmal mehr sein mu-
sikantisches Temperament mit Bernstein und Tschaikow-
sky beweisen. Stéphane Denève, Fabien Gabel und Marie
Jacquot kehren mit französischen, Elim Chan, Giancarlo
Guerrero und Andris Poga mit russischen Meisterwerken
ans Pult des DSO zurück. John Wilson übernimmt erneut
zu Silvester und Neujahr das zirzensisch-musikalische Kom-
mando und gestaltet die Konzerte im Tempodrom mit dem
Circus Roncalli. Kerem Hasan, Patrick Hahn und Oksana
Lyniv stehen zum ersten Mal vor dem Orchester.
05/06 2022 DSO-Nachrichten Abonnements ab sofort erhältlich - Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
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Exzellente Solistinnen und Solisten
Die Abonnementkonzerte der Saison 2022/2023 können
mit zahlreichen großartigen Sängerinnen und Sängern auf-
warten, darunter etwa Louise Alder, Karen Cargill, Dorothea
Röschmann und Michael Weinius. Als Meister der Tasten
sind Pierre-Laurent Aimard, Markus Becker, Martin Helm-
chen, die Jussen-Brüder, Nikolai Lugansky, Thomas Ospital,
Jean Rondeau und Fazıl Say zu erleben. An der Violine zeigen
Nicola Benedetti, Veronika Eberle, Vilde Frang, Leonidas
Kavakos, Josef Špaček und Hugo Ticciati ihr Können, am
Violoncello Nicolas Altstaedt, Séverine Ballon, Sol Gabet-
ta, Marie-Elisabeth Hecker und Steven Isserlis. Jess Gillam
brilliert am Saxophon, der Schlagzeuger Martin Grubinger
gibt seinen Berliner Bühnenabschied beim DSO, und aus
den eigenen Reihen sind Solo-Hornist Paolo Mendes und
Solo-Oboistin Viola Wilmsen solistisch zu erleben.

Abonnementserien und Konzertpakete
Neben den vier großen Abonnementserien des DSO in der
Philharmonie bietet das Abo Classic NOW mit drei Sym-
phoniekonzerten, einem Casual Concert und einem Kam-
merkonzert einen spannenden Einstieg in die Welt der klas-
sischen Musik. Das Abo Casual Concerts präsentiert drei        Saisonbroschüre
                                                               bestellen
moderierte Konzerte mit Robin Ticciati, Ingo Metzmacher
und Manfred Honeck. Sechs Termine in der Villa Elisabeth
und erstmals im Kühlhaus offeriert die Kammermusikserie,
das Abo ›Notturno‹ wird mit drei Konzerten in Räumen der
Stiftung Preußischer Kulturbesitz fortgeführt, und ganz        Ausführliche Informationen zu den Konzerten der
neue Perspektiven vermittelt das Kabarett-Paket, in dessen     Saison 2022/2023 und zur Abonnementbestellung
vier Konzerten der Reihe ›Die Kunst der UnFuge‹ sich die       finden Sie unter → dso-berlin.de/saison22-23 und in
besten Spötter der Republik auf Kammermusik einlassen.         unserer druckfrischen Saisonbroschüre, die wir Ihnen
                                                               gerne kostenfrei zusenden.
Mehr unter → dso-berlin.de/saison22-23
                                                               Bitte bestellen Sie unter
                                                               → dso-berlin.de/medienbestellung
Sokhiev / Mørk    21

Mi 11.5.   Tugan Sokhiev

Künstlerische
Partnerschaft
Camille Saint-Saëns war das, was man heute wohl als
Universalgenie bezeichnen würde: Philosoph und Logiker,
Mathematiker und anerkannter Astronom, Maler und viel
gelesener Dichter – und, als wäre all dies nicht genug, auch
ein begnadeter Pianist, überragender Organist, gefragter
Dirigent und einer der prägendsten Komponisten seiner Zeit.
In der Art eines französischen Mozarts schrieb Saint-Saëns
schon als sechsjähriges Wunderkind seine ersten Stücke,
gab mit elf am Kavier öffentliche Konzerte, brachte mit 15
Jahren seine erste Symphonie zu Papier. Insgesamt hinter-
ließ Camille Saint-Saëns über 700 Werke.

Eine Institution am Cello
Saint-Saëns’ besonderer Liebe zum Violoncello verdanken
wir einige der beliebtesten Werke des Repertoires. Und
damit sind nicht nur die unsterblich gewordenen roman-
tisch-melodiösen Kantilenen des ›Schwans‹ aus seinem
berühmten ›Karneval der Tiere‹ gemeint. Auch sein Erstes
Cellokonzert aus dem Jahr 1872 gehört zu den Paradestü-
cken der Literatur. Schon Rachmaninoff und Schostako-
witsch zählten es zu den besten seiner Gattung, und Hö-
rer wie Interpreten unterschreiben bis heute gern Hans
von Bülows Urteil, es sei voller »Technik und Eleganz, bon
sens und Originalität, Logik und Anmut«. Eröffnet nur mit
einem kurzen Akkord des Orchesters, stürzt sich das Cel-
lo sofort in den leidenschaftlichen Fluss und die fiebrige
Atmosphäre dieses einsätzigen Konzerts. Spielerisch ver-
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bindet Saint-Saëns träumerisch-lyrische Passagen mit den
brillant perlenden Läufen und virtuosen Tonkaskaden des
Cellos. Als einer der renommiertesten Solisten seines Fachs
interpretiert der norwegische Cellist Truls Mørk am 11. Mai
dieses Meisterwerk gemeinsam mit dem DSO. Mørk, den
SZ-Redakteur Harald Eggebrecht einmal als »Institution am
Cello« bezeichnete, verbindet mit dem Orchester eine lange
künstlerische Partnerschaft: Schon 2012 begeisterte er un-
ter Tugan Sokhievs Leitung mit Brahms’ Doppelkonzert, fünf
Jahre später war er mit Nikolai Mjaskowskis Konzert unter
Vladimir Ashkenazy zu Gast. Nachdem sein letzter geplanter
Auftritt mit Edward Elgars spätromantischem Cellokonzert
im März 2020 durch die Pandemie vereitelt wurde, kehrt er
nun wieder zurück an die Seite des DSO.

Von der widerständigen Kraft der Musik
Auch am Pult gibt es ein Wiedersehen – mit Tugan Sokhiev,                                                 Tugan Sokhiev
der nach Kent Nagano und Ingo Metzmacher der dritte ehe-
malige Chefdirigent ist, der sich anlässlich der DSO-Jubi-     sächlich erwartete Stalin nach Schostakowitschs Siebter,
läumssaison zum 75. Geburtstag des Orchesters die Ehre         der ›Leningrader‹ Symphonie, die unter den Eindrücken
gibt. Schon in seiner Amtszeit von 2012 bis 2016 verschrieb    des Zweiten Weltkriegs als patriotisches Fanal gegen
sich Sokhiev besonders dem französischen und dem russi-        den Faschismus entstand, und seiner finsteren Achten
schen Repertoire. Und so bettet er auch Saint-Saëns’ Cello-    aus dem Jahre 1943, nun nach dem Sieg der Sowjetunion
konzert in zwei Werke der russischen Orchesterliteratur ein:   eine Hymne auf ihren Anführer. Doch Pathos und Hul-
Eröffnet wird der Abend mit Tschaikowskys Symphonischer        digungschöre sucht man vergebens in diesem antiheroi-
Dichtung ›Francesca da Rimini‹, die klanggewaltig Dantes       schen, fast schon verspielten Werk. Mit Witz und Schärfe
›Inferno‹ entfesselt. In einem mitreißenden Tableau von poe-   persifliert Schostakowitsch, der als Künstler immer wie-
tischer Zartheit bis hin zu wilden Höllenstürmen spiegelt      der die Ungnade des stalinistischen Machtapparats zu
Tschaikowsky die ehebrecherische Liebe Francescas zum          spüren bekam, jegliche Art von Triumphklängen und gibt
Bruder ihres Mannes, die im grausamen Doppelmord der           Zeugnis von der widerständigen Kraft der Musik, die sich
Liebenden und schließlich in ewiger Verdammnis endet.          politischen Plattitüden verweigert.

Den Abschluss des Konzerts bildet Dmitri Schostakowitschs      ELISABETH KÜHNE
Neunte Symphonie – eine Nummerierung, die aufhorchen
lässt, erinnert sie doch unmittelbar an Beethovens Letzte,
jene weltumarmende Apotheose der Brüderlichkeit. Tat-                                             Konzertkalender S. 26
24                                                                                                      Kinderkonzerte     25

So 15.5. / So 29.5. / So 19.6.   rbbKultur-Kinderkonzerte        darf natürlich die Hummel nicht fehlen. Der Russe Nikolai
                                                                 Rimski-Korsakow hat mit seinem schnellen ›Hummelflug‹

Fliegende Tiere
                                                                 wahrscheinlich das bekannteste Musikstück über ein Flug-
                                                                 insekt komponiert.

und mehr                                                         Lichtmusik
                                                                 Wie der Schall die Luft braucht, so brauchen Bilder das
                                                                 Licht, damit wir sie sehen können. Zum Beispiel im Kino.
                                                                 Und im Kino seht Ihr nicht nur die Bilder zu spannenden,
                           Luftmusik, Lichtmusik und Was-        aufregenden und lustigen Geschichten, Ihr hört auch immer
                            sermusik – die gibt es in den drei   Musik dazu. Und manchmal wird aus solcher Filmmusik ein
                             rbbKultur-Kinderkonzerten bis       echter Ohrwurm. Schon bei den ersten Tönen erkennt Ihr
                              zum Sommer. Aber was kann          sie, die ›Harry Potter‹-Musik von John Williams zum Beispiel.
                               man sich darunter vorstellen?     Kein Filmkomponist ist bekannter als Williams. Er hat auch
                                                                 die Musiken zu den ›Star Wars‹-Filmen komponiert. Und das
                              Luftmusik                          Tolle ist: Wenn Ihr diese Musik im Konzert hört, zaubert sie
                              Natürlich braucht jede Musik       Euch die Filmbilder in die Köpfe – am 29. Mai im Konzert
                             Luft. Denn nur wo Luft ist, kön-    ›Das Orchester geht ins Kino‹.
                            nen sich Töne ausbreiten, können
                          die Schallwellen aus Musikinstru-      Wassermusik
                       menten unsere Ohren erreichen. So         Tropfen, Plätschern, Prasseln – Wasser ist ein Element, das
                  gesehen ist jede Musik Luftmusik. Doch         Töne hervorbringt. Ihr dürft selber mal ausprobieren, wie
am 15. Mai aber heißt es: ›Das Orchester fliegt‹. Es geht um     ihr mit Wasser Klänge erzeugt, Klänge, mit denen ihr dann
Tiere in der Luft, fliegende Tiere. Manche von denen sind        sogar Geschichten erzählen könnt. Der tschechische Kom-
richtige Musiker: die Vögel. Endlich singen sie wieder, zwit-    ponist Bedřich Smetana hat das auch gemacht. In seinem
schern und erfreuen uns. Die Rufe von Vögeln tauchen oft         Orchesterstück ›Die Moldau‹ tropft, plätschert und fließt
in Musikstücken auf – besonders gern der Kuckucksruf. Der        es. Die Moldau ist ein Fluss, sie ist für die Tschechen das,
italienische Komponist Ottorino Respighi hat nach solchen        was für die Deutschen der Rhein ist. Die Moldau fließt durch
Stücken gesucht. Gefunden hat er sie in jahrhundertealten        das ganz Land, an ihren Ufern leben Menschen, wachsen
Noten. Aus denen hat er ein Orchesterstück gemacht: ›Gli         Wälder, stehen alte Burgen. Smetana malt mit seinen Tö-
uccelli‹. Das ist Italienisch und heißt: ›Die Vögel‹. Welche     nen nicht nur den Fluss, sondern auch Geschichten und
Vögel vorkommen? Das werdet Ihr im Konzert garantiert            Geschichte – am 19. Juni heißt es: ›Das Orchester malt‹.
erraten. Durch die Luft fliegen aber auch noch andere Tie-
re: Insekten. Und auch die kommen im Konzert vor. ›Die           CHRISTIAN SCHRUFF
Wespen‹ vom Engländer Ralph Vaughan Williams summen
und brummen und nerven mit ihren Stacheln. Und dann                                                Konzertkalender S. 26–28
26                                                                                   Konzertkalender   27

     Mai
                                                   So 22.5. / 20 Uhr / Philharmonie
                                                   Ligeti ›Lontano‹
                                                   Dukas ›Der Zauberlehrling‹
                                                   Messiaen ›Oiseaux exotiques‹ für Klavier
     So 8.5. / 20 Uhr / Philharmonie               und Orchester
     Krása Ouvertüre für kleines Orchester         Benjamin ›Duet‹ für Klavier und Orchester
     Mozart Violinkonzert Nr. 3 G-Dur              Janáček Sinfonietta
     Mahler Symphonie Nr. 5                        SIR GEORGE BENJAMIN
     MANFRED HONECK                                Cédric Tiberghien – Klavier
     James Ehnes – Violine
                                                   So 29.5. / 12 Uhr / Haus des Rundfunks
     Mi 11.5. / 20 Uhr / Philharmonie              Kinderkonzert ›Das Orchester geht ins Kino‹
     Tschaikowsky ›Francesca da Rimini‹            Badelt, Williams
     Saint-Saëns Violoncellokonzert Nr. 1 a-Moll   CHRISTIAN SCHUMANN
     Schostakowitsch Symphonie Nr. 9 Es-Dur        Christian Schruff – Moderation
     TUGAN SOKHIEV
     Truls Mørk – Violoncello
                                                   So 29.5. / 20 Uhr / Haus des Rundfunks
                                                   Filmmusikkonzert
     Fr 13.5. / 22 Uhr / Neue Nationalgalerie      Williams ›Imperial March‹ aus ›Star Wars‹
     Kammerkonzert ›Notturno‹                      Williams ›Hedwig’s Theme‹ aus ›Harry Potter‹
     Fibich, Mamlok, Schreker, Yun                 Badelt Suite aus ›Fluch der Karibik‹
     ENSEMBLE DES DSO                              Steiner Konzertouvertüre aus ›Gone with the Wind‹
     Einlass ab 20.45 Uhr, Kurzführung 21 Uhr      Korngold Suite aus ›The Sea Hawk‹
                                                   Waxman Auszüge aus ›Rebecca‹
     So 15.5. / 12 Uhr / Haus des Rundfunks        Herrmann ›Scene d’amour‹ aus ›Vertigo‹
     Kinderkonzert ›Das Orchester fliegt‹          Rota Suite aus ›La Strada‹
     Respighi, Rimski-Korsakow, Vaughan Williams   CHRISTIAN SCHUMANN
     VILMANTAS KALIŪNAS                            Knut Elstermann – Moderation
     Christian Schruff – Moderation
28                                                                                            Konzertkalender     29

     Juni
                                                            Fr 24.6., Sa 25.6. / 20 Uhr / Philharmonie
                                                            Chopin Nocturne As-Dur op. 32 Nr. 2, bearbeitet für
                                                            Orchester von Igor Strawinsky
                                                            Tschaikowsky Violinkonzert D-Dur
     Mi 1.6. / 20 Uhr / Philharmonie                        Strawinsky ›Petruschka‹ – vollständige
     ›Debüt im Deutschlandfunk Kultur‹                      Ballettmusik (Fassung 1947)
     Mozart Ouvertüre zur Oper ›Le nozze di Figaro‹         DAVID ROBERTSON
     Mozart Oboenkonzert C-Dur                              Gil Shaham – Violine
     Sibelius Violinkonzert d-Moll
     Poulenc Suite aus dem Ballett ›Les biches‹
     FELIX MILDENBERGER
     Mariano Esteban Barco – Oboe
     Timothy Chooi – Violine                                Gastspiele
     So 12.6. / 17 Uhr / Villa Elisabeth                    Mi 8.6. / 20 Uhr / CSO Concert Hall Ankara
     Kammerkonzert der Orchesterakademie                    Do 9.6. / 20 Uhr / Atatürk Cultural Centre
     Beethoven, Bruch, Prokofjew                            Istanbul / Istanbul Music Festival
     AKADEMIST*INNEN UND                                    Beethoven Ouvertüre zu ›Die Geschöpfe des
     MITGLIEDER DES DSO                                     Prometheus‹
                                                            Mozart Rezitativ ›Ecco il punto, oh Vitellia‹ und
     Mi 15.6. / 20 Uhr / Philharmonie                       Rondo ›Non più di fiori‹ für Sopran und Orchester
     Berg Sonate für Klavier h-Moll op. 1, bearbeitet für   aus ›La clemenza di Tito‹
     Orchester von Theo Verbey                              Haydn Ouvertüre zu ›L’isola disabitata‹
     Ruzicka ›Aulodie‹ für Oboe und Kammerorchester         Haydn ›Scena di Berenice‹ für Sopran und Orchester
     Varèse ›Arcana‹                                        Beethoven Symphonie Nr. 2 D-Dur
     Williams Suite aus der Filmmusik zu ›Star Wars‹        GIOVANNI ANTONINI
     PETER RUZICKA                                          Anna Prohaska – Sopran
     François Leleux – Oboe
                                                            So 3.7. / 19.30 Uhr / Regentenbau
     So 19.6. / 12 Uhr / Haus des Rundfunks                 Bad Kissingen / Kissinger Sommer
     Kinderkonzert ›Das Orchester malt‹                     Schubert Symphonie Nr. 5 B-Dur
     Smetana ›Die Moldau‹                                   Brahms Klavierkonzert Nr. 2 B-Dur
     AURÉLIEN BELLO                                         KENT NAGANO
     Christian Schruff – Moderation                         Nikolai Lugansky – Klavier
Kammerkonzert       31

                                                                  So 12.6.   Kammerkonzert der Orchesterakademie

                                                                  1992 hat das DSO die Ferenc-Fricsay-Akademie ins Leben
                                                                  gerufen. Ihre Mitglieder, die sich nach ihrem Instrumental-
                                                                  studium in Probespielen bewährten, haben zwei Jahre lang
                                                                  Gelegenheit, die Arbeit eines professionellen Orchesters von
                                                                  innen kennenzulernen: bei Rundfunk- und CD-Aufnahmen,
                                                                  in Symphonie- und Kammerkonzerten. Zudem stehen ihnen
                                                                  DSO-Mitglieder mit Rat und Tat, Unterrichts- und Workshop-
                                                                  angeboten zur Seite. Mit seiner Talentschmiede im eigenen
                                                                  Haus hat das DSO bei der Auswahl der Akademist*innen oft
                                                                  den richtigen Riecher bewiesen – regelmäßig konnten sich
                                                                  aktuelle oder ehemalige Mitglieder bei Probespielen durch-
                                                                  setzen und sind heute Teil des DSO. Die jungen Musiker*innen
         Der Perfekte Ein- oder Ausklang                          gestalten traditionell auch das letzte Kammerkonzert der
 ist 3 Minuten von der Philharmonie Entfernt.                     Saison. Gemeinsam mit vier DSO-Kolleginnen spielen sie
                                                                  am 12. Juni in der Villa Elisabeth Beethovens frühes Streich-
                                                                  quartett G-Dur op. 18 Nr. 2, die Sonate für zwei Violinen
                                                                  von Prokofjew und das erst 1996 posthum veröffentlichte
                                                                  Streichoktett in B-Dur von Max Bruch.
    QIU Lounge im the Mandala Hotel am Potsdamer Platz                                                  Konzertkalender S. 28
Potsdamer Strasse 3 | Berlin | 030 / 59 00 5 00 00 | www.qiu.de
32                                                       Benjamin / Tiberghien   33

So 22.5.   Sir George Benjamin

Vögel, die
großen Meister
Kennen Sie den Baltimore-Trupial, der leuchtend oran-
ge und schwarz gefiedert ist und so herrlich singt?
Oder den indischen Maina aus der Familie der Stare,
schwarz mit gelbem Hals, dessen Schreie aufzucken
lassen, weil sie so menschlich klingen? Der französi-
sche Komponist Olivier Messiaen kannte sie alle. Mehr
als 700 Vogelarten soll er im Laufe seines Lebens be-
lauscht haben. Akribisch notierte er ihre Gesänge, um
dann mit dem »Material aus der Natur« schöpferisch
zu arbeiten und geeignete Akkorde zu finden, die die
originalen Klangfarben umsetzen und verstärken. In
seinem Werk ›Oiseaux exotiques‹ für Klavier und klei-
nes Orchester, entstanden 1955/56, kommen insge-
samt 18 Arten zum Einsatz, aus China, Malaysia und
Amerika – eine Sammlung, die gleichwohl niemals in
der Natur zusammen existieren könnte. ›Oiseaux exo-
tiques‹ ist notierte Musik, die neue Räume und Wirk-
lichkeiten schafft. Es gibt keine Zuspielung vom Band,
auch wenn Messiaen darauf hätte zurückgreifen kön-
nen: Neben seinem Notizblock hatte er oft ein Aufnah-
megerät dabei. Seine seltsame Leidenschaft geht auf
Paul Dukas zurück, bei dem Messiaen studiert hatte.
Dukas inspirierte ihn mit einer vordergründig naiven
Aussage: »Hören Sie den Vögeln zu! Das sind große
Meister.« Bei vielen Werken war das Klavier das geeig-
nete Instrument, um die Klangpracht und rhythmische
Komplexität der Gesänge umzusetzen.
34                                                                                              Benjamin / Tiberghien    35

Größtmögliche Lebhaftigkeit
Den Solopart übernimmt am 22. Mai der französische Pianist
Cédric Tiberghien, der sein überzeugendes DSO-Debüt mit
Messiaens ›Trois petites liturgies de la présence divine‹ gab.
Am Pult steht Sir George Benjamin. Der britische Komponist,
Dirigent und Hochschullehrer hat bei Messiaen am Pariser
Conservatoire studiert. Er relativiert das verschrobene Bild,
das man eventuell von Messiaen haben könnte, der sich auf
seiner Visitenkarte als »Komponist, Ornithologe und Rhyth-
miker« auswies: »Messiaen war sehr fröhlich im Unterricht,
und seine Fröhlichkeit war ansteckend. Er sagte immer zu
mir, er unterrichte, um zu lernen. Das empfinde ich selbst
genauso, denn auch ich lerne viel durch die Arbeit mit den
Studenten. Sie bereichern mich als Komponist.« Das Schaffen
von Musik sei eine höchst subjektive Angelegenheit, die nicht
darauf abziele, so viele Menschen wie möglich zu erreichen.                                                Cédric Tiberghien
»Ich versuche, mir einen Klang und eine Form auszudenken
mit der größtmöglichen Lebhaftigkeit. Das Komponieren ist        Ausgezeichnet
eine sehr private, intime Angelegenheit, man macht es allein,    Das Wirken des 1960 geborenen Komponisten war auch
in Stille, über Jahre. Und am Ende, denke ich, wird der Hörer    dem DSO eine Würdigung wert. 2001 erhielt Benjamin den
nicht wollen, dass ich ihn unterfordere.«                        erstmals verliehenen Arnold-Schönberg-Preis, der auf Initi-
                                                                 ative des damaligen Chefdirigenten Kent Nagano ins Leben
Im Konzert mit dem DSO dirigiert der Komponist sein Werk         gerufen und gemeinsam von Deutschlandradio Kultur, dem
›Duet‹ für Klavier und Orchester. Komplexe Strukturen for-       Arnold Schönberg Center in Wien und dem DSO ausgelobt
dern den Hörer, überfordern ihn aber nicht, da Benjamin mit      wurde. Den Konzertwerken aus eigener und Messiaen’scher
großer Instrumentierungskunst eine Plastizität schafft, die      Feder stellt Benjamin am 22. Mai Kompositionen von Ligeti
den Fortgang der musikalischen Ereignisse nahezu greifbar        und Janáček zur Seite, zudem erklingt mit dem ›Zauber-
macht. Sein Augenmerk richtet er auf Strukturen, »die er-        lehrling‹ von Dukas ein Werk, das eine bedeutende Rolle in
zählend und spannend sind, unvorhersehbar, aber logisch«.        der Orchestergeschichte spielt: Es stand 1948 bei der ers-
So räumt er dem Klavier zu Beginn des ›Duets‹ einen aus-         ten und 1961 bei der letzten Zusammenarbeit mit Ferenc
giebigen Solopart ein, der Zeit lässt, um in das Geschehen       Fricsay, dem legendären erste Chefdirigenten des DSO, auf
einzutauchen. Erst nach etwa einer Minute tritt das Orches-      dem Programm.
ter hinzu, metallisch klingend mit den Blechbläsern. Eine
besondere Bedeutung kommt den nächsten Verwandten                HELGE BIRKELBACH
des Klaviers – Schlagzeug und Harfe – zu, mit denen der
Solist unmittelbar danach kommuniziert.                                                               Konzertkalender S. 27
36                                                                                                             Debüt    37

Mi 1.6.   Felix Mildenberger

Debüt im Deutsch-
landfunk Kultur
Seit 1959 feiern junge Talente ihr Debüt mit dem Deutschen
Symphonie-Orchester Berlin in der gleichnamigen Reihe von
Deutschlandfunk Kultur. Am 1. Juni präsentieren sich drei
preisgekrönte Musiker mit Interpretationen von Werken
Mozarts und Sibelius’ – der spanische Oboist Mariano Es-
teban Barco und der kanadische Geiger Timothy Chooi spie-
len unter der Leitung von Felix Mildenberger. Der Auftritt                                                   Timothy Chooi
beider Solisten ist besonders lang ersehnt, denn ihr Debüt
war bereits für Dezember 2020 geplant und musste pande-         Preis beim Internationalen Oboenwettbewerb ›Giusep-
miebedingt ausfallen.                                           pe Tomassini‹. Auf seine Darbietung, gekennzeichnet von
                                                                außerordentlicher Leichtigkeit und Klangintensität sowie
Felix Mildenberger hat die Leidenschaft fürs Dirigieren wäh-    einem außergewöhnlichen Sinn fürs Detail, darf man im
rend seiner Ausbildung in den Fächern Violine, Viola und Kla-   Oboenkonzert von Mozart überaus gespannt sein.
vier entdeckt. 2018 gewann er die renommierte Donatella
Flick LSO Conducting Competition und war Assistant Con-         Timothy Chooi gab im Alter von sieben Jahren mit dem
ductor des London Symphony Orchestra. Neben zahlreichen         Victoria Symphony Orchestra sein Orchesterdebüt und er-
Auftritten mit namhaften Orchestern leitet der Gewinner         oberte dabei das Publikum im Sturm. 2019 gewann er den
des ›Prix Young Artist of the Year‹ des Festivals der Nati-     Zweiten Preis des renommierten Königin-Elisabeth-Wett-
onen das von ihm 2014 mitbegründete Sinfonieorchester           bewerbs, im Jahr zuvor den Ersten Preis des Internationalen
Crescendo in Freiburg. Für sein Debüt mit dem DSO hat er        Joseph-Joachim-Violinwettbewerbs. Seine virtuose Technik
die Ouvertüre aus Wolfgang Amadeus Mozarts ›Le nozze            und seinen durchdringenden, zugleich seidigen Ton demons-
di Figaro‹ und eine Suite aus dem einaktigen Ballet ›Les bi-    triert Chooi in einem der bedeutendsten Violinkonzerte
ches‹ von Francis Poulenc gewählt.                              überhaupt – dem einzigen Solokonzert von Jean Sibelius.

Mariano Esteban Barco begann seine musikalische Lauf-           LIUBOV LEVKINA
bahn mit sechs Jahren. Nach ersten Preisen bei spanischen
Jugendwettbewerben folgten das Semifinale des 66. Inter-
nationalen Musikwettbewerbs der ARD und der Zweite                                                   Konzertkalender S. 28
38     Impressum                                                                                                                          Corona    39

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                                                                                                 Ihr Konzertbesuch
                                                                                                 im Mai und Juni
                                                                                                 Wir freuen uns sehr, Sie, unser Publikum, auch in den Mo-
                                                                                                 naten Mai und Juni wieder bei unseren Konzerten begrüßen
                                                                                                 zu dürfen. Aufgrund der geänderten Infektionsschutzver-
                                                                                                 ordnung des Berliner Senats entfällt seit dem 1. April 2022
                                                                                                 für Kulturveranstaltungen die bislang geltende 3G-Regel,
                                                                                                 der Zutritt zu den Veranstaltungsorten ist also wieder ohne
                                                                                                 den Nachweis einer Impfung, einer Genesung oder eines
                                                                                                 Testergebnisses möglich.

                                                                                                 Für alle Konzerte des DSO – in der Philharmonie, aber auch
                                                                                                 an allen anderen Spielstätten – gilt aber weiterhin die Ver-
84x67_AZ_MDSOB.indd 1                                                      01.04.2022 10:58:41
                                                                                                 pflichtung zum Tragen einer FFP2-Maske, vom Betreten des
      Impressum                                                                                  Veranstaltungsorts bis zum Verlassen. Für Kinder ab 6 bis
      Deutsches Symphonie-Orchester Berlin                    Das Deutsche Symphonie-
      Orchesterdirektor Dr. Thomas Schmidt-Ott
                                                                                                 14 Jahren ist eine medizinische Gesichtsmaske ausreichend.
                                                              Orchester Berlin ist ein
      Leitung Kommunikation und Marketing                     Ensemble der Rundfunk              Zur Durchführung eines Tests vor Vorstellungsbesuch wird
      Benjamin Dries (V.i.S.d.P.)                             Orchester und Chöre                generell als Schutzmaßnahme geraten. Für die rbbKultur-
      Marketing Henriette Kupke                               GmbH Berlin.
      Presse- und Öffentlichkeitsarbeit                                                          Kinderkonzerte können gesonderte Regeln gelten, die wir
      Daniel Knaack                                           Geschäftsführer                    baldmöglichst bekannt geben.
      Redaktion Maximilian Rauscher, Benjamin Dries           Anselm Rose
      Redaktionelle Mitarbeit Daniel Knaack,                  Gesellschafter
      Pia Johanna Syrbe                                       Deutschlandradio,                  Da sich die Vorgaben und Regularien aufgrund des Infekti-
      Art- und Fotodirektion Stan Hema                        Bundesrepublik
      Layout und Satz peick kommunikationsdesign              Deutschland,
                                                                                                 onsgeschehens kurzfristig ändern können, empfehlen wir
      Redaktionsschluss 5.4.2022,                             Land Berlin, Rundfunk              Ihnen in den Tagen vor dem Konzert einen Besuch auf unse-
      Änderungen vorbehalten                                  Berlin-Brandenburg                 rer Website unter → dso-berlin.de/update. An dieser Stelle
      © Deutsches Symphonie-Orchester Berlin 2022
                                                                                                 finden Sie stets die neuesten Informationen. Wir freuen uns
      Abbildungen / Fotos
      Jörg Brüggemann / Ostkreuz (S. 1, 12, 17, 19, 51), Wilfried Beege (S. 5), Jean-            auf Ihren Besuch!
      Baptiste Millot (S. 9, 35), Archiv DSO (S. 11, 45), Johs Boe (S. 20), Erik Weiss
      (S. 23), Dorothee Mahnkopf (Grafik S. 25), Peter Adamik (S. 31), Matthew
      Lloyd (S. 32), Den Sweeney (S. 37), janis – stock.adobe.com (S. 39), Chris
      Lee (S. 40, 43), Felix Broede (S. 47), Jorge Cueto (S. 48)
Robertson / Shaham       41

Fr 24.6. / Sa 25.6.   David Robertson

Der Sprung in die
Moderne
Eine ätzende, ja schon diffamierende Kritik lässt der für seine
extrem zugespitzten, polemischen Urteile berühmt-berüch-
tigte Kritiker Eduard Hanslick auf das Violinkonzert von Pjotr
Tschaikowsky niedergehen. Nach der Uraufführung im Wie-
ner Musikverein 1881 kommt Hanslick zum bizarren Fazit,
dies sei Musik, die »man stinken hört«. Vor allem am Final-
satz mit seinen temperamentvollen, von Folklore geprägten
Themen lässt der Kritiker kein gutes Haar: Er attestiert »die
brutale, traurige Lustigkeit eines russischen Kirchweihfes-
tes«, meint darin »lauter wüste und gemeine Gesichter« zu
erkennen und »rohe Flüche« herauszuhören, man rieche den
»Fusel« in dieser Musik, so Hanslick. Dieser Veriss konnte
Tschaikowskys Violinkonzert jedoch nichts anhaben, es wur-
de bald international erfolgreich aufgeführt. Bis heute ist es
einer der beliebtesten Gattungsbeiträge, gerade wegen sei-
ner ansprechenden, plastischen Melodien, seines intensiven
Gefühlsgehalts und seiner packenden rhythmischen Energie.
In der Einbeziehung von musikalischen Idiomen, die damals
nicht an Akademien gelehrt wurden, nimmt das Violinkon-
zert in Ansätzen sogar bereits eine moderne Musikauffas-
sung vorweg, nämlich das Bestreben, mit Musik nicht bloß
das Hehre und Schöne, sondern alle Empfindungen und alle
Bereiche des Lebens zum Klingen zu bringen.

Innovationen im Repertoire
Als 1911, drei Jahrzehnte später, Igor Strawinskys Ballettmu-
sik ›Petruschka‹ in Paris uraufgeführt wurde, nahmen dort
sowohl die Kritik als auch das Publikum gerade die Fol-
42                                                                                               Robertson / Shaham       43

kloreelemente als reizvolle Farbe mit offenen Armen und
Ohren auf. In Paris war man neugierig auf Unbekanntes.
Folkloristisch geprägte Musik aus dem Zarenreich, die in
Westeuropa nur selten zu hören war, wurde als originel-
ler Exotismus aufgefasst und als Innovation im Repertoire
begrüßt – wie vorher schon andalusischer Flamenco und
Gamelan aus Java, Musiktraditionen, die man in Paris
bereits während der Weltausstellungen 1889 und 1900
präsentiert hatte. Doch Strawinsky bringt in ›Petruschka‹
nicht bloß Volksmusikalisches, sondern auch Anklänge an
Gassenhauer, Chansons, derbe Walzer, Zirkusmusik sowie
Drehorgelweisen und mischt dies alles zu einem prallen,
farbgesättigten Tongemälde. Diese Gleichwertigkeit un-                                                       David Robertson
terschiedlicher musikalischer Idiome, die mitunter wie bei
einer Collage zusammengefügt werden, macht die Moder-          Nr. 2 gab Strawinsky seine Visitenkarte für eine ganze Rei-
nität von ›Petruschka‹ aus.                                    he zukünftiger Projekte mit Diaghilew ab, die zu Schlüssel-
                                                               werken der Moderne für Ballett und Musiktheater werden
                                                               sollten: Von ›L’oiseau de feu‹ über ›Petruschka‹, ›Le sacre du
»Sie werden weitergehen als Petruschka, das ist                printemps‹ und ›Le rossignol‹ bis zu ›Pulcinella‹, ›Renard‹,
gewiss, aber Sie können bereits stolz sein auf das             ›Les noces‹ und ›Oedipus Rex‹.
in diesem Werk Geleistete.«
Claude Debussy an Igor Strawinsky                              Der Dirigent dieses DSO-Konzerts zum Saisonausklang,
                                                               David Robertson, hat im Laufe seiner Karriere neben dem
                                                               Kernrepertoire der Konzertliteratur auch eine Menge Erfah-
Schlüsselwerke der Moderne                                     rung mit zeitgenössischer Musik gesammelt und zahlreiche
Die Uraufführung des Balletts über Puppentheaterfiguren        Werke uraufgeführt. Diese Perspektive dürfte für die mo-
auf einem Jahrmarkt war ein früher Meilenstein der Ballets     dernen Aspekte bei Tschaikowsky und Strawinsky auf je-
russes. Deren Leiter Sergei Diaghilew brachte seit 1907        den Fall förderlich sein. Und bei Stargeiger Gil Shaham sind
regelmäßig Opern- und Ballettgastspiele mit Kräften aus        sowohl die spieltechnischen Herausforderungen als auch
Russland nach Paris. Mit den Ballets russes gründete er eine   die direkte Sinnlichkeit in Tschaikowskys Violinkonzert in
eigens für die jährlich stattfindende Pariser »saison russe«   besten Händen.
zusammengestellte neue Compagnie. Für eine frühe Bal-
lettproduktion mit dem Titel ›Les Sylphides‹ kam Diaghilew     ECKHARD WEBER
schon 1909 auf Strawinsky zu. Deren Musik besteht aus Or-
chesterarrangements von Klavierstücken Frédéric Chopins.
Mit seiner Bearbeitung von Chopins Nocturne As-Dur op. 32                                             Konzertkalender S. 29
44                                                        Herbert Blomstedt   45

2.5.2015    Herbert Blomstedt beim DSO

            »Wie kann es sein, dass dieser 87-jährige
             Dirigent immer noch wie ein Jungbrunnen
             sprudelt«, wunderte sich der Rezensent
             der Morgenpost, und ein Kollege bekann-
            te, die Interpretation wäre die beste gewe-
         sen, die er je gehört hätte. Vor dem Orchester
stand Herbert Blomstedt, auf dem Programm Bruck-
ners Siebte. Der unprätentiöse Tonkünstler und der
große Symphoniker – diese Paarung sorgte beim DSO
für euphorisch gefeierte Konzerte. 1991 stand der 1927
in den USA geborene Schwede erstmals am Pult des
Orchesters – und verewigte sich mit dem Bass-Auf-
takt aus Bruckners Achter in den Autogrammbänden
Heinrich Köhlers. Damals war Blomstedt gerade Chef-
dirigent in San Francisco, später leitete er das NDR
Sinfonieorchester und das Gewandhausorchester.

Vierzehn Mal, in 28 Konzerten, dirigierte er das DSO,
nur dreimal wurde er Bruckner »untreu«. 2001, auf
dem Höhepunkt einer bemerkenswerten Alterskarrie-
re, die bis heute anhält, begann sein Bruckner-Zyklus,
der die enormen Klanggebäude des Komponisten auf
phänomenale Weise auslotete. Er dirigierte die Zweite
und die Dritte in ihrer Urfassung, die Vierte und die
Achte sogar zweimal und endete im Mai 2015 mit
der Siebten. Manchmal vergingen drei Jahre bis zum
nächsten Konzert. Doch für Bruckner braucht man
Ruhe, »um die Musik mit dem Ohr ›zu betrachten‹«,
wie er 2014 den DSO-Nachrichten erzählte. »Kein
anderer Komponist hat es geschafft, die Erhabenheit
so mit Sinn und durchgehender Schönheit zu füllen«.
Manche einer mag das gar von Blomstedt behaupten –
er selbst würde das freundlich zurückweisen.
46                                                                                                      Honeck / Ehnes     47

So 8.5.   Manfred Honeck

Entdeckung in
der Zeit
Die Jubiläumssaison bietet die willkommene Gelegenheit,
Themen aufzugreifen, die in der Geschichte des Orchesters
eine prägende Rolle spielten – darunter Musik, die von den
Nationalsozialisten als »jüdisch«, »dekadent« oder »entar-
tet« verboten, deren Schöpfer vertrieben, ermordet und ver-
gessen wurden. Nur langsam fanden Sie ihren Weg zurück
                                                                                                              Manfred Honeck
ins Repertoire, nicht zuletzt durch die DECCA-Reihe ›Entar-
tete Musik‹, zu der das DSO zahlreiche Beiträge lieferte. Zu
ihnen zählt auch der Prager Komponist Hans Krása.                1943 entstand dort die Ouvertüre für kleines Orchester, die
                                                                 am 8. Mai zu hören sein wird. Ein wunderbar geschwindes,
Der Schüler von Alexander Zemlinsky hatte eine glänzende         farbenreich hingetupftes und rhythmisch prägnantes Mu-
Zukunft vor sich. 1927 lobte der Kritiker Max Brod im Streich-   sikstück für vier Bläser, Streicher und konzertantes Klavier,
quartett des Komponisten die Wechsel von Gefühlsschwel-          das Teil eines nicht vollendeten Klavierkonzerts gewesen
gen und frecher Zurückweisung als »romantische Ironie«,          sein könnte. Hans Krása selbst hat es wohl nie gehört. Im
mit der Krása »gleichsam das Erbe der hohen Kunst Gustav         Oktober 1944 wurde er in Auschwitz ermordet.
Mahlers« angetreten habe. Die Oper ›Verlobung im Traum‹,
1933 von George Szell in Prag uraufgeführt, hätte wohl           Der Dirigent Manfred Honeck stellt die Ouvertüre an den
seinen Durchbruch bedeutet, wurde aber mit der Macht-            Anfang eines Programms, das deren tänzerischen Charak-
übernahme der Nationalsozialisten nicht mehr andern-             ter mit Mozarts Drittem Violinkonzert in der Interpretation
orts gespielt – und erst mit der CD-Aufnahme, die das            des kanadischen Geigers James Ehnes aufgreift und bis in
DSO 1996 unter Lothar Zagrosek vorlegte, wieder zugäng-          Mahlers Fünfte Symphonie auf ganz eigene Weise weiter-
lich. Zum kleinen Œuvre Krásas zählt auch die Kinderoper         führt. Die ist »hohe Kunst«, ganz ohne Frage, und nicht nur
›Brundibár‹, die im Konzentrationslager Theresienstadt, in       im berückenden Adagietto ein absolutes Meisterwerk.
dem der Komponist seit 1942 interniert war, mehr als 50
Mal aufgeführt wurde. Das produktive, aber von den Natio-        MAXIMILIAN RAUSCHER
nalsozialisten zu Propagandazwecken missbrauchte Kul-
turleben in Terezín beflügelte auch Krásas Schaffenskraft.                                             Konzertkalender S. 26
Christian Schumann       49

Sa 29.5.    Christian Schumann

Klänge aus
Hollywood
Erst vor wenigen Wochen ist Christian Schumann kurzfris-
tig für den erkrankten Robin Ticciati eingesprungen und hat
sich dabei als überaus vielseitiger Dirigent erwiesen, der mit
Bartóks ›Blaubart‹, einem Werk von Peter Eötvös und Hans
Zimmers ›Batman‹-Musik gleichermaßen überzeugte. Ne-
ben der Oper und der zeitgenössischen Musik widmet sich
der 39-Jährige intensiv der Filmmusik. Am 29. Mai steht er
gleich zweimal am Pult des DSO: Mittags um 12 erweckt er
für die »Kleinen« beim Kinderkonzert ›Harry Potter‹ akus-
tisch zum Leben → S. 24, abends um 20 Uhr gibt er auf Ein-
ladung von rbbKultur und radioeins ein Filmkonzert für die
»Großen«. Auf dem Programm stehen mit John Williams’
›Imperial March‹ und Klaus Badelts Suite aus ›Fluch der Ka-
ribik‹ nicht nur populäre Highlights der vergangenen Jahre.
Schumann nimmt sein Publikum auch mit in die Vergangen-
heit, mit Auszügen aus ›Vertigo‹ von Bernard Herrmann und
›La Strada‹ von Nino Rota aus den 50er-Jahren, vor allem
aber mit Musik aus dem Goldenen Zeitalter Hollywoods: Max
Steiner Konzertouvertüre aus ›Gone with the Wind‹, Franz
Waxmans Musik zu Hitchcocks ›Rebecca‹ und einer Suite zu
›The Sea Hawk‹ aus der Feder von Erich Wolfgang Korngold,
dem Urvater der klassischen Filmmusik. Durch den Abend
führt der Filmkritiker und Kino-Experte Knut Elstermann.

Eine Veranstaltung von

                                      Konzertkalender S. 27
50   ICC

Ab Februar 2022     Neuer Probenort

Das DSO im ICC
Viele Jahre lang war der Ferenc-Fricsay-Saal im rbb-Fern-
sehzentrum, benannt nach dem ersten Chefdirigenten des
Orchesters, die Probenstätte des DSO. Eine ehemalige Ku-
lissenwerkstatt, eigentlich zu klein und akustisch eine He-
rausforderung, vor allem im Vergleich mit dem Konzertort,
der Berliner Philharmonie. Das Fernsehzentrum weicht nun
einem Digitalen Medienhaus, in dem das DSO in einigen Jah-
ren eine neue Heimat finden wird. Ein Übergangsquartier
ist schon bezogen: seit Februar 2022 sind Orchester und
Verwaltung mit Proberäumen, Lagern und Büros ins Inter-
nationale Congress Centrum gewechselt, ein futuristisches
Riesengebäude der späten 1970er-Jahre, das wie ein notge-
landetes Raumschiff über den Verkehrsfluten der Stadtau-
tobahn thront. Dabei ist das DSO übrigens nicht zum ersten
Mal im ICC zu Gast: Im April 1979 gestaltete das Orches-
ter eines des Eröffnungskonzerte im monumentalen, 5000
Plätze fassenden Saal 1 – mit italienischen Opernarien und
Startenor Luciano Pavarotti.

Seit 2014 stand das ICC mehr oder weniger leer, galt oft
als »Millionengrab ohne Zukunftsvision«. Doch die Zeiten
haben sich geändert. Die Diskussion um die zukünftige Nut-
zung des ikonischen Bauwerks hat gerade erst mit neuer
Energie an Fahrt aufgenommen, und das DSO freut sich,
in dieser spannenden Zeit an diesem Ort arbeiten und da-
bei ein wenig die Zukunft mitträumen zu dürfen. Akustisch
gesehen ist der neue Probenort, der ehemalige Ballsaal des
Hauses, durchaus eine Verbesserung, was gewiss auch bei
den Konzerten zu hören sein wird. Kommen Sie zu uns in die
Philharmonie und überzeugen Sie sich davon!
Tickets
Besucherservice des DSO
Charlottenstraße 56, 2. OG
10117 Berlin, am Gendarmenmarkt

Mo bis Fr 9–18 Uhr

T 030 20 29 87 11
→ tickets@dso-berlin.de

→ dso-berlin.de

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