20 Jahre Österreich in der europäischen union
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Inhalt Vorwort Präsident Dr. Christoph Leitl 4–5 20 Jahre EU-Mitgliedschaft aus österreichischer Perspektive 6–15 20 Jahre EU-Mitgliedschaft aus Sicht der 7 Sparten Gewerbe und Handwerk 16–17 Industrie 18–19 Handel 20–21 Bank und Versicherung 22–23 Transport und Verkehr 24–25 Tourismus und Freizeitwirtschaft 26–27 Information und Consulting 28–29 Serviceangebot der Stabsabteilung EU-Koordination 30–31 2 20 Jahre Österreich in der Europäischen Union 3
Europa Die EU ist heute mehr als eine reine Wirtschaftsgemeinschaft. aktiv Ältere Generationen schätzen die Sicherheit, politische Stabili- mitgestalten tät und das Leben in Frieden und Freiheit. Jüngere Generationen können sich eine Europäische Union mit Grenzkontrollen, ohne Euro und ohne die Möglichkeit, in einem anderen Land 2015 ist ein Jahr großer Jubiläen für zu studieren oder zu arbeiten, kaum mehr vorstellen. Die Europa. Vor 70 Jahren endete der Zweite EU-Mitgliedschaft brachte unseren Bürgern Wohlstand, wirt- Weltkrieg, vor 60 Jahren dann die Besat- schaftlichen Aufschwung, mehr Wachstum, mehr Arbeitsplätze zungszeit und Leopold Figl sprach die und eine Internationalisierung der Wirtschaft. Österreichische berühmten Worte „Österreich ist frei“. Unternehmer haben von unserem Beitritt stark profitiert, leiste- ten aber auch in Mittel- und Osteuropa einen wesentlichen Die kommenden Jahrzehnte waren in Beitrag dazu, dass Europa so zusammenwachsen konnte. Österreich vom Wiederaufbau und Wirt- schaftswachstum geprägt. 1960 wurden wir Die vorliegende Broschüre gibt einen Kurzüberblick über die Mitglied der Europäischen Freihandelszone Effekte der nun 20-jährigen EU-Mitgliedschaft. Neben der volks- EFTA. Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs wirtschaftlichen Perspektive wird vor allem auf die wesentlichs- 1989 veränderte sich unsere Position im europäischen Gefüge ten Auswirkungen für die einzelnen Sparten eingegangen. erneut. Nahm Österreich bis dahin eine neutrale Vermittlerrolle zwischen dem kommunistischen Osten und dem demokrati- Europa ist ein sich ständig veränderndes Gebilde. Jeder von schen Westen ein, so war es nun unser Ziel, der Europäischen uns ist aufgerufen, daran mitzuwirken. Gestalten wir Europa Union beizutreten. aktiv mit! Vor 20 Jahren, am 1. Jänner 1995, war es so weit. Österreich wurde Mitglied der Europäischen Union. Zwei Drittel der Bevöl- kerung befürworteten diesen Schritt in einer Volksabstimmung. Und mit der EU-Erweiterung nach Mittel- und Osteuropa rückte Dr. Christoph Leitl unser Land ein Jahrzehnt später ins Zentrum Europas. WKÖ-Präsident 4 20 Jahre Österreich in der Europäischen Union 5
Können Sie sich noch erinnern …? Allein der Wegfall der Zollgrenzen und -formalitäten erspart der österreichischen Volkswirtschaft jährlich Vor 20 Jahren, am 1. Jänner 1995 , 1,7 bis 4,3 Milliarden Euro.3 trat Österreich der EU bei. Diesem Schritt ging eine Volksabstimmung voraus, bei der am 12. Juni 1994 Auch nicht-tarifäre Hemmnisse, wie unterschiedliche Vorschriften, zwei Drittel behindern heute wesentlich weniger den freien Handel. Trotz der österreichi- des Ärgers mancher Unternehmer über zu viele und zu kompli- schen Bevölkerung „Ja“ zum EU-Beitritt sagten. Auch zierte EU-Regelungen darf nicht vergessen werden: Es ist heute noch überwiegen für einen Großteil der Bürger die den harmonisierten EU-Vorschriften zu verdanken, dass der Vorteile – besonders Unternehmer können sich den Standort gemeinsame Markt gut funktioniert. Österreich ohne EU-Mitgliedschaft kaum mehr vorstellen. Durchschnittlich 71 Prozent der Bevölkerung befürworteten in Die Umstellung auf einen freien Markt bedeutete für manche den letzten Jahren eine Mitgliedschaft.1 Ein Zeichen, dass die Branchen auch Kosten und zusätzlichen administrativen Entscheidung von damals richtig war: Unser Land ist heute das Aufwand. Gerade Betriebe, die früher durch nationale Gesetze EU-Mitglied mit dem zweithöchsten Wohlstand und mit der geschützt waren, spürten die neue ausländische Konkurrenz. geringsten Arbeitslosenrate2. Diese Kosten haben sich aber mehr als amortisiert, denn sämtliche Integrationsschritte ermöglichten in den vergangenen 63 Der EU-Binnenmarkt war und ist dabei eine Riesenchance für die heimische Wirtschaft. Der freie Verkehr von Personen, 20 Jahren eine um Milliarden Euro höhere Wert- Waren, Dienstleistungen und Kapital ermöglicht es, EU-weit schöpfung4 für unser Land. wirtschaftlich tätig zu werden. Unternehmer können ihre Produkte und Dienste auf einem Markt mit 500 Millionen Konsumenten anbieten, ohne sich Gedanken über Zölle, Grenzwartezeiten, bürokratische Formalitäten an der Grenze oder Auslieferungslager zu machen. 1 Österreichische Gesellschaft für Europapolitik 3 Basis Cecchini-Bericht, Europäische Kommission 2 Stand bis August 2014; im September 2014 hatte Deutschland die niedrigste Arbeitslosenrate 4 Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung 6 20 Jahre Österreich in der Europäischen Union 7
Grenzüberschreitende Geschäfte EU als gröSSter Handelspartner Österreichs Betriebe sind heute gleichberechtigte Teilnehmer Insbesondere Exporte bekamen durch die EU-Mitgliedschaft am Binnenmarkt und können sich auf das Wesentliche konzen einen enormen Schub. Für ein kleines, offenes Land wie Öster- trieren – ihre Wettbewerbsfähigkeit. Der freie Marktzugang reich ist der Außenhandel der Motor für gesundes Wirtschafts- erhöht das Absatzpotenzial und die Betriebe können kosten wachstum, weshalb wir überdurchschnittlich vom Abbau der günstiger produzieren. Produktionsprozesse werden innerhalb Handelshemmnisse profitierten. Konkret findet 70 des Binnenmarktes optimiert und dank der grenzüberschreiten- den Mobilität von Arbeitskräften und Kapital werden Produktions- Prozent des österreichischen AuSSenhandels faktoren dort eingesetzt, wo sie die größte Wertschöpfung er- mit den EU-Mitgliedstaaten statt. Seit 1995 konnten die zeugen. Die verbesserte Wettbewerbssituation sorgt gleichzeitig heimischen Unternehmer ihre Exportquote von 34,8 auf für mehr Produktinnovation, mehr Export und damit auch mehr 57,4 Prozent (2013) steigern.6 Heute werden bereits 6 von Arbeitsplätze in Österreich. 10 Euro im Ausland erwirtschaftet, 5 davon in der EU. Entwicklung des Exports in die Länder der heutigen EU 1995–2013 Exporte 2013 weltweit nach Regionen in %7 (in Milliarden Euro gerundet)5 11 85 86 86 85 87 90 76 78 EU-27 80 67 71 68 70 53 56 58 60 8 60 44 46 Resteuropa 50 33 34 40 10 40 30 Asien 20 10 11 0 Amerika 69 19 19 19 19 19 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 Afrika Australien 6 Statistik Austria 5 Statistik Austria 7 Statistik Austria 8 20 Jahre Österreich in der Europäischen Union 9
Zusätzlicher Aufschwung Attraktiver Standort mit der EU-Erweiterung für Investitionen Die EU-Osterweiterung verhalf der österreichischen Wirtschaft Einen ähnlichen Boom gab es bei den Direktinvestitionen. Unser zu einem besonderen Aufschwung. Mit einem Schlag rückte Land wurde als Investitionsstandort attraktiver, seit 1995 inves- unser Land von der Randlage ins Zentrum Europas. Die un tierten ausländische Unternehmen 121 Milliarden Euro10 in mittelbare Nachbarschaft zu den neuen Mitgliedstaaten war unserem Land. Umgekehrt steigerten auch heimische Investo- für die österreichischen Unternehmen ein großer Wettbewerbs- ren ihren Bestand an Direktinvestitionen im Ausland auf 171 Mil- vorteil. Allein die Exporte nach Ungarn, Slowenien, Tschechien, liarden Euro11. Österreich wurde zum Top-Investor in vielen süd- Slowakei und Polen haben sich mehr als vervierfacht. Öster- osteuropäischen Ländern. Knapp 50 Prozent der gesamten reich profitiert von der EU-Erweiterung mit einem zusätzlichen Direktinvestitionen im Ausland entfallen auf diese Region.12 Wachstumsimpuls von 610 Millionen Euro pro Jahr.8 Bestand der österreichischen Direktinvestitionen im Ausland Österreichs Handelsbilanzüberschuss 2003–2013 nach Zielregionen in Millionen Euro13 mit den neuen Mitgliedstaaten in Milliarden Euro9 180.000 7 6,17 6,19 160.000 6 4,45 140.000 5 3,98 4 3,03 2,9 2,43 2,5 120.000 3 1,91 2,1 1,8 100.000 Sonst. Länder 2 EU-13 1 80.000 EU-15 0 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 60.000 Dieser dynamischen Entwicklung ist es zu verdanken, dass 40.000 2006 das weltweite Exportvolumen Österreichs erstmals die 20.000 100-Milliarden-Euro-Marke durchbrach. 0 1994 1995 2000 2004 2005 2010 2011 2012 2013 10 OeNB, 8/2014 11 OeNB, 2013 8 WIFO 2012 12 OeNB 9 Statistik Austria 13 OeNB 10 20 Jahre Österreich in der Europäischen Union 11
Vorteile bei Förderungen Vorteile im Zahlungsverkehr Der Nutzen im Förderbereich ist für unsere Unternehmen groß: Als Mitglied des Euroraums genießen Österreichs Unternehmer einerseits mittelbar durch EU-Bildungsprogramme und damit auch die Vorteile einer gemeinsamen Währung. Währungs mobilere und besser ausgebildete Fachkräfte – andererseits spekulationen werden abgefedert, Wechselspesen und Wech- direkt durch Regionalbeihilfen oder Forschungsförderungen. selkursrisiken entfallen, massive Kostensenkungen im Mit einer Rückflussquote von 125 Prozent im Forschungs europäischen Zahlungsverkehr sind die Folge. Seit der Euro- bereich14 wird deutlich, dass wir viel weniger in den EU- Einführung sind Preise stabiler, die Inflation geringer und der Forschungstopf einzahlen, als österreichische Projektteil- Preisvergleich leichter als zu Schilling-Zeiten. nehmer ausbezahlt bekommen. Wird der Euro langfristig als gemeinsame Währung Bestand haben?16 15 Förderungen aus dem 7. Forschungsrahmenprogramm (Österreich) Großunternehmen 7 % Kleine und mittlere Unternehmen 16 % Restliche Kategorien 9 %* Universitäten und Hochschulen 43 % Außeruniversitäre Forschungs- einrichtungen 25 % *Restliche Kategorien: u. a. Museen, internationale Organisationen, EU-Institutionen, Vereine, Consulter, öffentlicher Sektor Über Regionalbeihilfen werden in ausgewiesenen Fördergebie- 0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % ten Investitionen und Neugründungen unterstützt. Je nach Un- n Ja, auf jeden Fall ternehmensgröße sind bis zu 30 Prozent der Investitionssumme n Ja, eher schon n Nein, eher nicht förderbar. n Nein, sicher nicht n Weiß nicht 14 Proviso, 11/2013 15 FFG Fokus, August 2014 16 Österreichische Gesellschaft für Europapolitik, April 2013 12 20 Jahre Österreich in der Europäischen Union 13
Vorurteile abbauen Das hat uns die EU bis heute konkret gebracht17 Obwohl das Positive überwiegt, haben viele Unternehmer ein zwiespältiges Verhältnis zur EU-Mitgliedschaft. Überregulierung, > Anstieg des realen BIP in Österreich um 0,9 % pro Jahr 63 komplizierte Rechtsvorschriften und eine übereifrige Um setzung (Gold Plating) durch den österreichischen Gesetzgeber kumuliert 28,5 % oder Milliarden Euro (seit 1989) machen den heimischen Betrieben zu schaffen. Auch werden die fehlende Harmonisierung und der erschwerte Marktzugang > Schaffung von rund 18.500 Arbeitsplätzen in Österreich 480.000 beklagt. Hauptgrund der EU-kritischen Einstellung ist eine fehlende sachliche und faire EU-Kommunikation. pro Jahr; kumuliert zusätzliche Arbeitsplätze Viele Vorurteile und Missverständnisse können nur im Dialog mit der Bevölkerung abgebaut werden. Mit der Aktion Europa- > geringere Arbeitslosenquote um 0,7 % pro Jahr; das bedeutet 3.600 schirm steht die WKÖ seit vielen Jahren Rede und Antwort. Mit dem Enterprise Europe Network – die WKÖ ist der weniger Arbeitslose jedes Jahr 0,2 % Österreich-Koordinator dieses europäischen Netzwerks – haben heimische Unternehmer einen kompetenten Service- > niedrigere Inflationsrate um pro Jahr 7.000 Ansprechpartner für Fragen zu EU-Recht und Förderungen, Hilfestellungen im Binnenmarkt sowie internationale Unter > u m Euro höheres Einkommensniveau nehmenskooperationen und erhalten Unterstützung beim für jeden Österreicher als ohne EU-Integration internationalen Technologie- und Forschungstransfer. > ohne EU-Integration wären Preise um 4,5 % höher > W achstumsvorsprung Österreichs gegenüber Deutschland um 0,9 % und gegenüber der Schweiz um 0,8 % 17 WIFO Working Paper, 2014 14 20 Jahre Österreich in der Europäischen Union 15
Gewerbe und Handwerk Das österreichische Gewerbe und Handwerk profitierte „ Die einfachere innergemeinschaftliche seit dem Beitritt von zusätzlichem Wachstum und Geschäftsabwicklung ermöglicht einen © Arno Laminger ZUSÄTZLICHER Beschäftigung sowie von der höheren raschen, unbürokratischen Zugang zu Kaufkraft der Konsumenten. Das neue Wettbewerbsumfeld internationalen Forschungs- und Entwick- ermöglichte über die Grenzen hinweg einen Wissens-, Kapital- lungsprojekten mit begleitenden Förder- und Auftragsaustausch, was zu einem deutlichen Produktivi- maßnahmen. Österreich nimmt heute den idealen Innovations tätsschub führte. standort im Herzen Europas ein, um an künftigen Megatrends Offene Märkte benötigen jedoch gemeinsame Spielregeln. So “ partizipieren zu können. Thomas Stottan, AUDIO MOBIL Elektronik GmbH, müssen Entsende- und Entlohnungsregeln besser eingehalten Braunau am Inn und kontrolliert werden. Branchen wie das Baugewerbe spüren „ das niedrigere Preisniveau in den Nachbarstaaten sowie Lohn- und Sozialdumping. Eine wesentliche Erleichterung für unseren Betrieb war der Wegfall der Zoll- Das Gewerbe und Handwerk positioniert sich daher nicht im formalitäten und des damit verbundenen © Christian Schneider Preis-, sondern im Qualitätsbereich. Um auch in Zukunft großen zeitlichen sowie administrativen mit Qualität punkten zu können, sind Maßnahmen zur Ausbil- Aufwands. Auf der anderen Seite er- dung und Facharbeitergewinnung sowie die Aufrechterhaltung schweren heute die vielen, nicht immer der Meisterprüfung notwendig. Immerhin bildet die Branche praxisnahen EU-Regelungen unseren jeden zweiten Lehrling in Österreich aus. “ Alltag. Hermine Meissl, Meissl GmbH, Trotz der Vorteile eines einheitlichen EU-Regelwerks werden Pfarrwerfen Rechtsvorschriften und deren innerstaatliche Umsetzung als bürokratisch aufwendig kritisiert, etwa die CE-Kennzeichnung für Tischler, die Eco-Designrichtlinie für Metall- und Haus techniker oder die Umsetzung der Verbraucherrechte-Richtlinie. 16 20 Jahre Österreich in der Europäischen Union 17
Industrie Gerade im Forschungsbereich profitierte die Industrie von Europa: Die EU als „Innovationsmotor“ ermöglichte Forschungskoope- Speziell die heimische Industrie war ein besonders groSSer rationen zwischen wissenschaftlichen Einrichtungen und indus- NutznieSSer des Zugangs zu einem größer gewordenen triellen Partnern, was die Innovationskraft der Unternehmen EU-Binnenmarkt durch den EU-Beitritt. Der freie Waren-, erhöhte. Österreichs Forschungsquote hat sich von 1,53 Prozent Personen- und Zahlungsverkehr vereinfachte viele Prozesse – des BIP (1995) auf geschätzte 2,81 Prozent (2013) enorm ge vor allem für international tätige Konzerne mit Standorten steigert.19 Während sich Österreichs nominelles BIP im Durch- in mehreren EU-Ländern. Auch wurden Aktivitäten aus der schnitt um jährlich 3,4 Prozent erhöhte, stiegen die heimischen Schweiz nach Österreich und damit in die EU verlagert. Neben Bruttoinlandsausgaben für Forschung und experimentelle Ent- dem erleichterten Import von Vormaterialien war eine Steige- wicklung jährlich um durchschnittlich 7,0 Prozent an. rung des Angebots an Produkten und Dienstleistungen die „ Folge. Standardisierungen und Typisierungen zusammen mit dem Abbau von Zöllen vereinfachen den Export. Viele Unternehmen hätten sich ohne österreichische EU-Mitgliedschaft nicht Der Industrie gelang es, ihre durchschnittliche Exportquote so entfalten können, wie sie es für sich © Dietmar Mathis von 45 Prozent (1995) auf und ihre Mitarbeiter geschafft haben. “ 60,3 Ing. Hubert Bertsch, Bertsch-Holding, Prozent (2013) deutlich zu erhöhen. Damit 18 Bludenz „ trug sie dazu bei, dass Österreich im Export und in den Auslandsinvestments Spitzenränge einnimmt. Die einheitliche Die einheitliche Währung in der Währung brachte buchhalterische Vereinfachungen und Kosten- Eurozone brachte eine Vereinfachung einsparungen – Unsicherheiten durch Wechselkursrisiken des Zahlungsverkehrs und der Verrech- © Lindner Traktorenwerk verschwanden und Projektabwicklungen wurden wesentlich nungspreise sowie eine Planbarkeit der einfacher. Zahlungsströme. Mag. Hermann Lindner, “ Traktorenwerk Lindner, Kundl 18 Statistik Austria, Konjunkturstatistik 19 Statistik Austria, erstellt 9/2014 18 20 Jahre Österreich in der Europäischen Union 19
Handel Meilenstein und gleichzeitig Herausforderung war die Einführung des Euro: Die neue Währung erspart Um- Der Absatzmarkt hat sich für den Handel stark ver tauschkosten, bringt Sicherheit und macht Preise besser gröSSert: Der Wegfall von Grenzkontrollen, Grenzwartezeiten, vergleichbar. Allerdings war die Umstellung mit einem großen Kontingenten im Agraraußenhandel und die einfachere Be- administrativen und monetären Aufwand verbunden. Der durch schaffung von Waren am Binnenmarkt bedeuten eine enorme die Erweiterung befürchtete Kaufkraftabfluss in Grenzregionen Erleichterung. Im Obst- und Gemüsehandel bewirkte der neue blieb hingegen aus. Ganz im Gegenteil: Oft war der Kaufkraft Wettbewerb allerdings auch, dass ganze Branchen vom Markt zufluss aus dem Osten größer als der Abfluss. verschwanden. Spürbar ist die ausländische Konkurrenz ebenso „ für den Textil-, Elektro- und Buchhandel durch den Verkauf im Internet. Hier machen sich ungleiche Wettbewerbsbedingungen Mit der Marktöffnung haben sich die bei sozialen-, arbeitsrechtlichen- und Umweltstandards sowie Absatzmärkte deutlich vergrößert, aber Steuern deutlich bemerkbar. auch der Wettbewerb hat sich dadurch verschärft. Der österreichische Handel Einheitliche Standards statt nationaler Sonder darf durch höhere Abgaben und Steuern regelungen brachten Erleichterungen. Das betraf die nicht mehr belastet werden als die © Wilke Handelsagenten-Richtlinie genauso wie die Typengenehmigung im Kfz-Handel, die Kennzeichnungsverordnung im Textilhandel Konkurrenz aus dem Ausland. “ Bettina Lorentschitsch, MSc, MBA, Optimus Beteiligungs- oder die CE-Kennzeichnung im Elektro- und Maschinenhandel. Ges. m.b.H., Neumarkt „ In den letzten 2 Jahren haben sich die Rechtsvorschriften aller- dings potenziert und wurden in Österreich strikter umgesetzt Gerade für den österreichischen als in anderen Mitgliedstaaten, was Wettbewerbsnachteile nach Außenhandel sind offene Märkte und sich zog. offene Grenzen von enormer Bedeutung. Die EU hat dazu beigetragen, die Export- © Foto Weinwurm sowie Importmöglichkeiten auf den Weltmärkten zu verbessern. KommR Karl Pisec, MBA, “ Pisec Gruppe, Wien 20 20 Jahre Österreich in der Europäischen Union 21
Bank und Versicherung Stabilitätsgarant hat sich dabei der Euro erwiesen. Für noch raschere und einfachere Bankzahlungen über unsere Grenzen Das gemeinsame Europa eröffnete große Chancen für die heimische Wirtschaft. Österreich als exportorientierte hinweg sorgt das EU-Produkt SEPA. “ Dr. Walter Rothensteiner, Raiffeisen Zentralbank Österreich AG Volkswirtschaft hat sich vom Einzelspieler zu einem gleich „ berechtigten EU-Mitglied entwickelt. In den letzten Jahren diskutiert die Seit 2008 sehen sich die österreichischen Banken und Versiche- ganze Welt, was beim Euro schiefgelaufen rungen mit besonderen Herausforderungen konfrontiert. Aus ist. Dabei ist ein viel wichtigerer Aspekt den krisenhaften Entwicklungen zog die Kreditwirtschaft ihre der EU völlig aus dem Blickfeld ver- © Christof Wagner Lehren und schuf etwa mit der Bankenunion und einer damit schwunden: Europa ist eine einzigartige völlig neuen Aufsichtsarchitektur regulatorische Maßnahmen – gesellschaftspolitische Idee. Europa muss gerade auch auf europäischer Ebene. Mit den 3 Säulen der sich wieder der gemeinsamen Werte Bankenunion hat Europa nachhaltig Handlungsfähigkeit bewie- sen und den Grundstein für Stabilität, Investitionen, Wachstum besinnen, die uns geeint haben und Europa lebenswert machen. Mag. Andreas Treichl, Erste Group Bank AG “ und neue Arbeitsplätze gelegt. So gelang es, das für den „ Finanzmarkt wichtige Vertrauen wieder herzustellen und eine Basis für die notwendige Stabilität in Europa zu schaffen. Der Beitritt Österreichs zur Europäi- schen Union war eine Win-win-Situation für alle Österreicher und die heimische Wirtschaft. Der praktische Mehrwert der „ EU ist unbestreitbar: zusätzliches Wirt- © Ian Ehm Gute Beziehungen zu anderen Mitglied- schaftswachstum, zusätzliche Arbeits- staaten sind gerade den Banken bestens plätze und ein hohes Ausmaß an Direkt “ © Peter Rigaud gelungen: Österreichische Banken zählen investitionen in Österreich. zu den erfolgreichsten in Zentral- und Ost- Dr. Günter Geyer, europa. Als gemeinsame Währung und Wiener Städtische Wechselseitiger Versicherungsverein 22 20 Jahre Österreich in der Europäischen Union 23
Transport und Verkehr klarere Regelungen und eine einheitliche Anwendung durch die Mitgliedstaaten gelegt wird. Nur so ist Wettbewerbsgleichheit Österreichs Verkehrswirtschaft zieht große Vorteile aus der für die Unternehmen möglich. EU-Mitgliedschaft: So kurbelt der Binnenmarkt den Güter- und Personenverkehr an. 4 Korridore der Transeuropäischen Verkehrsnetze verlaufen durch Österreich, deren „ Ausbau von der EU finanziell gefördert wird. Mit Sicherheits- standards für alle Verkehrsträger und EU-weit geltenden Vom Wegfall umständlicher und vor Spielregeln sorgt die EU für Wettbewerbsgleichheit. allem zeitraubender Pass- und Zoll kontrollen an den europäischen Grenzen © Iris Milisits Was zählt, ist der gesamteuropäische Gedanke: Heraus profitieren wir als Busunternehmen sowie forderungen im Umwelt- und Klimaschutz können nur auf unsere Kunden. Überfällig ist jedoch der europäischer Ebene angegangen werden. Intelligente Abbau von bürokratischen Hürden, um Fahrgäste wohlbehalten Verkehrssysteme mit dem Ziel, den Verkehr flüssiger, um- weltfreundlicher, sicherer und effizienter zu gestalten, werden und umweltschonend an ihr Ziel zu bringen. Martin Horvath, Komet Reisen, Pinkafeld “ zunehmend grenzüberschreitend abgestimmt. EU-Harmonisierungsschritte sind für den Verkehrssektor daher „ Die EU-Mitgliedschaft hat im Verkehr grundsätzlich sinnvoll und verhindern nationale Alleingänge. neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit Dies gilt für die Vereinfachung von Sozialvorschriften im eröffnet. EU-weite Qualitätssicherungs © Wolfgang Jannach Straßenverkehr und einheitliche Rahmenbedingungen für Maut- regeln bei der Ausbildung erhöhen die gebühren ebenso wie für eine einheitliche Abgasklassenkenn- Verkehrssicherheit auf unseren Straßen. zeichnung für Umweltzonen sowie die Anpassung der Gut ausgebildete Lenker sind individuell Abmessungen und Gewichte von Lkw und Autobussen. Allerdings ist es gerade bei mobilen Arbeitsverhältnissen “ und beruflich sicher unterwegs. Ing. Mag. Elisabeth Rothmüller-Jannach, wichtig, dass im Arbeits- und Sozialversicherungsrecht sowie Fahrschule Alpenland, Klagenfurt im Gewerberecht der Schwerpunkt auf mehr Transparenz, 24 20 Jahre Österreich in der Europäischen Union 25
Tourismus und Freizeitwirtschaft Herausforderungen für die Hotellerie gab es einige, etwa die neue Verbraucherrechte-Richtlinie, die damit einhergehende Für den Tourismus brachte der europäische verstärkte Informationspflicht vor Vertragsabschlüssen, Integrationsprozess erhebliche Vorteile: Sonderregelungen für Außergeschäftsraum- und Fernabsatz- > Vereinheitlichung beim Schengenvisum verträge, die Lebensmittelinformationsverordnung für die > Einführung von EU-Reisepässen Gastronomie und die Versicherungsvermittler-Richtlinie. > Abschluss von Visa-Abkommen > Einführung des Euro „ > Entfall von Währungsschwankungen Durch die EU-Erweiterung haben sich Besonders unter den anderen EU-Mitgliedstaaten ist bei uns in den Tourismusregionen die Österreich eine beliebte Urlaubsdestination. Rund 85 Prozent Übernachtungen von Gästen aus Mittel- unserer ausländischen Gäste stammen aus der EU. So konnten die Übernachtungen zwischen 1995 und 2013 um “ und Osteuropa vervielfacht. Martha Schultz, Schultz Gruppe, © WKÖ 15,5 Zillertal Millionen gesteigert werden. Ohne die Unterstützung von Arbeitskräften aus dem EU- „ Mit dem EU-Beitritt hat sich für die Ausland wäre dieses Wachstum nicht machbar gewesen. Hotellerie vieles positiv verändert: Gäste Allein in den Jahren 2010–2012 wurden können uns besser erreichen und wir 18.000 können unsere Gäste leichter ansprechen. © Foto Weinwurm neue Arbeitsplätze geschaffen, Mitarbeiter können innerhalb der EU 14.300 davon aus dem EU-Raum. Es ist den Erleichterungen der leichter beschäftigt werden und Einkäufe Arbeitnehmerfreizügigkeit zu verdanken, dass ausländische sind durch den Binnenmarkt nun einfach Schlüsselkräfte für die heimische Tourismuswirtschaft gewonnen werden konnten. und mit gutem Preisvergleich möglich. KommR Mag. Susanne Kraus Winkler, “ Loisium Wine & Spa Resorts, Langenlois 26 20 Jahre Österreich in der Europäischen Union 27
Information und Consulting Unsere Unternehmen konnten sich mit ihren innovativen Nischenprodukten im EU–weiten Wettbewerb gut Für die Sparte Information und Consulting ergaben sich durch behaupten und sind am Binnenmarkt – und ebenso weltweit – die EU-Mitgliedschaft viele Vorteile: So wurde und wird im höchst erfolgreich. europäischen Binnenmarkt die Wissensbasis der Wirtschaft mit „ Hilfe von Informatisierung und Innovation vorangetrieben. Entscheidenden Impuls zur Entwicklung einer europäischen Wir exportieren unsere IT-Dienst Wissensgesellschaft gaben die Lissabonner Beschlüsse, die leistungen in die ganze Welt – die EU auf die große Bedeutung von Forschung & Entwicklung und mit ihren Grundfreiheiten garantiert Humankapitalinvestitionen für die wirtschaftliche Wettbewerbs- “ uns dafür ein ideales Umfeld. © THOMASTOPF fähigkeit hinwiesen und darauf aufbauten. Alexander Windbichler, ANEXIA Internetdienstleistungs GmbH, Heute durchdringen Informationstechnologie und Telekommuni- Klagenfurt kation alle Lebens- und Wirtschaftsbereiche. Die Unternehmen „ der Informations-, Beratungs- und Kommunikationsbranche erwirtschaften knapp 10 Prozent des österreichischen Brutto Als Engineering-Dienstleister im Spezialgebiet Thermo inlandsproduktes. In den letzten 10 Jahren konnten hier management kennen wir keine Grenzen – in der EU als Markt 40.000 ohne Grenzen können wir unseren Ideenreichtum überall mehr als werden. neue Arbeitsplätze geschaffen “ einsetzen, wo Wärmetechnik-Wissen gefragt ist. Robert Breinl und Hannes Scheiber, qpunkt GmbH, Graz Diese rasante Entwicklung seit Gründung der Sparte im Jahr 2002 wäre sicher nicht möglich gewesen, wenn sich Österreich nicht in das dynamische Wirtschaftsumfeld der Europäischen Union integriert hätte. Ohne den freien Verkehr von Dienst leistungen am EU-Binnenmarkt wäre auch nicht die konstant © Sissi Furgler hohe Exportquote von 15 Prozent erreicht worden. 28 20 Jahre Österreich in der Europäischen Union 29
Serviceangebot der > U nterstützung bei Suche und Verwertung von innovativen Stabsabteilung EU-Koordination Technologien und Ergebnissen aus Forschung & Entwicklung (Vermarktung, Newsletter, Technologietransferdatenbank, Ausschreibungen von F&E-Projekten) > Fachveranstaltungen zu aktuellen EU-Themen Ihr Ansprechpartner: Wirtschaftskammer Österreich – Enterprise Europe Network, Tel.: +43 (0)5 90 900-4342, Mail: een@wko.at, Web: http://wko.at/een Weitere Informationen unter: Enterprise Europe Network www.enterpriseeuropenetwork.at und www.een.at/marktplatz Das Enterprise Europe Network (EEN) ist eine EU-Initiative, die insbesondere KMU in allen EU-Angelegenheiten unterstützt. Die WKÖ ist Teil dieses Netzwerkes. Enterprise Europe Network steht mit Information und individu- eller EU-Beratung Unternehmern zur Seite. Es leistet Unter- Aktion Europaschirm stützungsmaßnahmen bei Internationalisierungsaktivitäten und „Wir bringen Europa in die Gemeinden!“ – das ist das Motto der bei der Suche nach Geschäftspartnern. Aktion Europaschirm, die seit 2008 durch Österreich tourt. Über 500.000 interessierte Bürgerinnen und Bürger haben sich bis- Das Leistungsangebot umfasst: her bei Europaschirm-Veranstaltungen informiert. Experten > EU-Rechtsauskünfte treten in direkten Kontakt mit der Bevölkerung und stellen sich > Suche von EU-Geschäftspartnern, Organisation von den Fragen von Bürgern und Unternehmern. Kooperationsbörsen > Unterstützung bei Binnenmarkthindernissen Ihr Ansprechpartner: Wirtschaftskammer Österreich – > Beratung zu EU-Förderungen und das Online-Tool Stabsabteilung EU-Koordination, Tel.: +43 (0)5 90 900-4202, EU-Förderguide (http://eufoerderguide.wko.at) Mail: eupr@wko.at, Web: http://wko.at/eu 30 20 Jahre Österreich in der Europäischen Union 31
Im Interesse der besseren Lesbarkeit des Textes wurde auf eine explizite geschlechtsspezifische Schreibweise verzichtet. Wir legen jedoch Wert darauf, dass mit dieser Broschüre weibliche wie männliche Benutzer gleichermaßen angesprochen sind. IMPRESSUM Medieninhaber & Herausgeber: Wirtschaftskammer Österreich, Wiedner Hauptstraße 63, 1045 Wien Redaktion: Christian Mandl und Lisa Rilasciati, WKÖ Stabsabteilung EU-Koordination Produktion: WKÖ Marketing & Kommunikation Bilder: Bildagenturen, WKÖ Grafik: Alice Gutlederer Druck: Druckerei Bösmüller November 2014
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