44 Das Coronavirus hat gravierende Folgen für die Schweizer - Walder Wyss
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März 2020 44 Employment News Nr. Das Coronavirus hat gravierende Folgen für die Schweizer Wirtschaft. Die Tourismus- und Eventbranche leiden und es ist damit zu rechnen, dass auch Produktions- betriebe bald betroffen sein werden. Kurzarbeit kann Abhilfe schaffen und die wirtschaftlichen Konsequenzen des Coronavirus für Arbeitgeber und Arbeitnehmende mindern.
Employment News Nr. 44 März 2020 In den vergangenen Tagen haben verschiedene Schweizer Betriebe, die unter den Folgen der Corona-Epidemie leiden, Gesuche um Kurzarbeitsentschädigung eingereicht. Die Gesuche sind von den kantonalen Behörden zum Teil bereits bewilligt worden. Der vorlie- gende Artikel beleuchtet die Frage, unter welchen Umständen betroffene Betriebe Kurzar- beitsentschädigungen beantragen und welche Stolpersteine diesen entgegenstehen kön- nen. Anspruch auf Kurzarbeitsentschädi- das Auftreten des Coronavirus und des- Von Irène Suter-Sieber gung aufgrund von Coronavirus-beding- sen Auswirkungen nicht als normales Dr. iur., Rechtsanwältin ten Arbeitsausfällen Betriebsrisiko betrachtet. Einige Beispiele Partnerin dazu hat das SECO in einem FAQ «Pande- Telefon +41 58 658 56 60 Kurzarbeit ist die vorübergehende mie und Betriebe» vom 28. Februar 2020 irene.suter@walderwyss.com Reduktion oder Einstellung der Arbeit in konkretisiert. Folglich ist davon auszuge- einem Betrieb. Der Arbeitsvertrag bleibt hen, dass Arbeitsausfälle, die aufgrund aber bestehen. Zweck der Kurzarbeit ist von behördlichen Massnahmen entstan- es also, vorübergehende Beschäftigungs- den sind, einen Anspruch auf KAE einbrüche auszugleichen und letztendlich begründen – so beispielsweise das bis Arbeitsplätze zu erhalten. Mit der Kurzar- mindestens am 15. März 2020 geltende beitsentschädigung («KAE») bietet der Verbot des Bundesrates von Grossveran- Staat dem Arbeitgeber eine Alternative staltungen mit mehr als 1'000 Personen zu drohenden Entlassungen, indem er (die Kantone haben zum Teil tiefere Zah- einen Teil des Arbeitsausfalls entschä- len festgelegt), behördliche Transportbe- digt. Für die Arbeitnehmenden bietet die schränkungen, welche den Zugang zum KAE den Vorteil, dass Arbeitslosigkeit Arbeitsort erschweren, die Abriegelung vermieden wird, ihnen der umfassende von Städten (Quarantäne) oder ein vom und Christoph Stutz Schutz des Arbeitsrechts erhalten bleibt Arbeitgeber nicht zu vertretendes MLaw, Rechtsanwalt und in der beruflichen Vorsorge keine Betriebsverbot. Ebenso können Arbeits- Konsulent Beitragslücken entstehen. ausfälle, die auf wirtschaftliche (d.h. Telefon +41 58 658 53 03 Die kantonalen Behörden dürfen KAE nur sowohl konjunkturelle als auch struktu- christoph.stutz@walderwyss.com unter strengen Voraussetzungen zuspre- relle) Ursachen zurückgehen, einen chen. Vorausgesetzt ist insbesondere, Anspruch auf KAE begründen. Dies kann dass ein Arbeitsausfall auf einen der fol- beispielsweise für Arbeitsausfälle zufol- genden beiden Gründe zurückzuführen ge Nachfragrückgangs wegen Infizie- ist: rungsängsten (z.B. ausbleibende Lauf- kundschaft) oder zufolge Produktions-/ i. wirtschaftliche Gründe, die unver- Absatzrückgangs wegen Lieferschwierig- meidbar sind, oder keiten gelten. Solche Umstände sind i.d.R. ii. behördliche Massnahmen, die der nicht vom Arbeitgeber zu vertreten und Arbeitgeber nicht vermeiden und für können deshalb Anlass für eine KAE bil- deren Schaden er keinen Dritten den. (insb. keine Versicherung) haftbar Nicht abschliessend geklärt ist die machen kann. Abgrenzung zwischen Arbeitsausfällen, Fraglich ist, ob die derzeit grassierende, die dem normalen Betriebsrisiko des durch das Coronavirus ausgelöste Epide- Arbeitgebers zuzuordnen und deshalb mie als anspruchsbegründender Tatbe- von diesem zu tragen sind (Arbeitgeber- stand betrachtet werden kann. Das SECO verzug nach Art. 324 OR), einerseits und hat am 2. März 2020 mitgeteilt, dass es den unvermeidbaren wirtschaftlichen 1
Employment News Nr. 44 März 2020 Gründen, die einen Anspruch auf KAE zum obersten betrieblichen Entschei- Prozessuales und Pflichten des Arbeit- begründen, andererseits. Nach hier ver- dungsgremium gehören. Eine wichtige gebers tretener Auffassung muss der Arbeitge- Ausnahme gilt schliesslich für Temporär- Will ein Betrieb KAE beantragen, hat er ber jedenfalls dann zu einer KAE berech- Arbeitnehmende: Weder der Verleih- die geplante Kurzarbeit mindestens zehn tigt sein, wenn er sich gezwungen sieht, noch der Einsatzbetreib kann für diese Tage vor deren Beginn der kantonalen den Betrieb ganz oder teilweise zu schlie- Arbeitnehmenden eine KAE erwirken. Behörde schriftlich mittels Formulars zu ssen, weil er zufolge krankheitsbedingter Die Arbeitnehmenden müssen ausser- melden. Die Anmeldefrist beträgt nur drei Absenzen eines Teils der Belegschaft die dem mit der Kurzarbeit einverstanden Tage, wenn der Arbeitgeber nachweist, Sicherheit oder ordnungsgemässe Pro- sein. Die Zustimmung muss schriftlich dass die Kurzarbeit wegen plötzlich ein- duktion im Betrieb nicht mehr gewähr- auf einem vorgesehenen Formular abge- getretener, nicht voraussehbarer leisten kann. Der Arbeitgeber ist demge- geben und bei der Voranmeldung der Umstände eingeführt werden muss. genüber im Verzug und kann das Lohnri- zuständigen Behörde eingereicht werden. Während der Meldefrist besteht kein siko nicht auf den Staat abwälzen, wenn Sind die Arbeitnehmenden nicht einver- Anspruch auf KAE. Die Voranmeldefor- er seinen Betrieb nur vorsichtshalber standen, haben sie grundsätzlich weiter- mulare können bei der zuständigen kan- schliesst um weitere Ansteckungen zu hin Anspruch auf Entlöhnung gemäss tonalen Behörde bezogen werden. verhindern. Arbeitsvertrag. Die KAE beträgt demge- Der Arbeitgeber hat sodann die folgenden genüber nur 80% des anrechenbaren Keine KAE bei unverschuldeter Arbeits- Pflichten: Verdienstausfalls, wobei der versicherte unfähigkeit infolge Krankheit oder Verdienst in der Höhe begrenzt ist (der- – den betroffenen Arbeitnehmenden selbstauferlegter Quarantäne zeit CHF 12'350 pro Monat). die KAE in Höhe von 80% des anre- Kein Anspruch auf KAE besteht, wenn der chenbaren Verdienstausfalles auszu- Weiter setzt eine KAE voraus, dass der Arbeitgeber nach Art. 324a OR (Krankheit richten (Vorschusspflicht); Arbeitsausfall mindestens 10% der des Arbeitnehmenden etc.) lohnfortzah- Arbeitsstunden ausmacht, die normaler- – die vollen Lohnkosten für zwei res- lungspflichtig ist. Dies gilt insbesondere weise geleistet werden. Als Vergleichsba- pektive drei Karenztage (Selbstbe- für jene Fälle, in denen Arbeitnehmende sis dient die vertraglich vereinbarte, halt des Arbeitgebers) pro Halbjahr aus persönlichen Gründen, aber ohne ihr maximal aber die orts- und branchenüb- zu übernehmen; Verschulden, arbeitsunfähig sind, so liche Arbeitszeit. Der Arbeitgeber muss wenn Arbeitnehmende selbst an – während der Kurzarbeit die vollen also für die Dauer des Anspruchs auf COVID-19 erkranken oder (für eine (d.h. auf Basis des 100%-Lohnes) KAE den konkreten Arbeitsausfall der beschränkte Zeit) kranke Familienmit- gesetzlichen und vertraglich verein- betroffenen Arbeitnehmenden nachwei- glieder betreuen müssen. barten Sozialversicherungsbeiträge sen und belegen – ein blosser Einsatz- (AHV, IV, PK etc.) abzuführen. Der Wenn Arbeitnehmende aus Angst vor plan reicht nicht. Das bedeutet, dass Arbeitgeber darf allerdings die vollen Erkrankung zu Hause bleiben, ohne Betriebe, welche die Arbeitszeit ihrer Arbeitnehmerbeiträge vom Lohn der unverschuldet arbeitsunfähig zu sein und Arbeitnehmenden gar nicht erfassen Arbeitnehmenden abziehen. Ausser- ohne dabei Home-Office-Arbeit zu leis- oder deren Arbeitnehmende rechtsgültig dem erstattet die Arbeitslosenkasse ten, gilt für den Arbeitnehmenden der auf die Arbeitszeiterfassung verzichtet dem Arbeitgeber die Arbeitgeberbei- Grundsatz: «ohne Arbeit kein Lohn» und haben, Schwierigkeiten haben werden, träge zurück. es besteht auch kein Anspruch auf KAE. einen Anspruch auf KAE gegenüber der Arbeitslosenkasse durchzusetzen. Im Die Abrechnung über die Arbeitslosen- Weitere Anspruchsvoraussetzungen Falle unterlassener Arbeitszeiterfassung kasse erfolgt jeweils rückwirkend und der KAE ist dem betroffenen Arbeitgeber zu emp- der Arbeitgeber hat seinen Anspruch fehlen, seine Arbeitnehmenden zur innert Frist von drei Monaten nach Ablauf Die Arbeitsämter dürfen KAE ausserdem Arbeitszeiterfassung einseitig anzuwei- jeweils eines Monates (oder von vier nur dann gewähren, wenn ein Arbeits- sen. Der Verzicht auf Arbeitszeiterfas- Wochen) Kurzarbeit geltend zu machen. ausfall vorübergehend ist und erwartet sung kann vom Arbeitgeber demgegen- Verpasst der Arbeitgeber diese Fristen, werden darf, dass Arbeitsplätze dank über nur jährlich widerrufen werden. verwirkt sein Anspruch. Kurzarbeit erhalten bleiben. Daraus folgt, Deshalb muss der Arbeitgeber in solchen dass Arbeitnehmende im gekündigten Fällen die Einwilligung der betroffenen Arbeitsverhältnis und solche mit befriste- Arbeitnehmenden einholen, zumindest ten Arbeitsverträgen keinen Anspruch für die Zeit der KAE ihre Arbeitszeiten zu auf KAE haben. Ebenfalls keinen erfassen. Anspruch haben Arbeitnehmende, die 2
Employment News Nr. 44 März 2020 Employment News berichtet über neuere Entwicklungen Ausblick und Empfehlung und wichtige Themen im Bereich des schweizerischen Arbeitsrechts. Die darin enthaltenen Informationen und Es ist noch nicht absehbar, wie sich die Kommentare stellen keine rechtliche Beratung dar, und die Corona-Epidemie weiterentwickeln und erfolgten Ausführungen sollten nicht ohne spezifische wie hoch der wirtschaftliche Schaden rechtliche Beratung zum Anlass für Handlungen genom- men werden. ausfallen wird. Mit der KAE hat der Schweizer Gesetzgeber ein Instrument © Walder Wyss AG, Zürich, 2020 geschaffen, das Schweizer Betriebe unterstützen kann. Arbeitgeber sollten frühzeitig den Bedarf und die Vorausset- zungen für KAE prüfen, damit gegebe- nenfalls eine Voranmeldung an die zuständige Behörde rasch erfolgen kann. 3
Employment News Nr. 44 März 2020 Ansprechpartner Ueli Sommer Philippe Nordmann Daniel Staffelbach Davide Jermini Partner, Zürich Partner, Basel Partner, Zürich Partner, Lugano Telefon +41 58 658 55 16 Telefon +41 58 658 14 50 Telefon +41 58 658 56 50 Telefon +41 58 658 44 02 ueli.sommer@walderwyss.com philippe.nordmann@walderwyss.com daniel.staffelbach@walderwyss.com davide.jermini@walderwyss.com Olivier Sigg Irène Suter-Sieber Christoph Stutz Fabian Looser Partner, Genf Partnerin, Zürich Konsulent, Zürich Managing Associate, Basel Telefon +41 58 658 30 20 Telefon +41 58 658 56 60 Telefon +41 58 658 56 57 Telefon +41 58 658 14 61 olivier.sigg@walderwyss.com irene.suter@walderwyss.com christoph.stutz@walderwyss.com fabian.looser@walderwyss.com Simone Wetzstein Alex Domeniconi Nadine Mäder Laura Luongo Managing Associate, Zürich Associate, Lugano Associate, Zürich Associate, Genf Telefon +41 58 658 56 54 Telefon +41 58 658 44 06 Telefon +41 58 658 56 31 Telefon +41 58 658 30 21 simone.wetzstein@walderwyss.com alex.domeniconi@walderwyss.com nadine.maeder@walderwyss.com laura.luongo@walderwyss.com Jonas Knechtli Gaurav Bhagwanani Yannik A. Moser Nathalie Möri Associate, Basel Associate, Zürich Associate, Basel Associate, Zürich Telefon +41 58 658 14 82 Telefon +41 58 658 52 80 Telefon +41 58 658 14 85 Telefon +41 58 658 53 03 jonas.knechtli@walderwyss.com gaurav.bhagwanani@walderwyss.com yannik.moser@walderwyss.com nathalie.moeri@walderwyss.com 4
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