Übersicht: Urlaub des Arbeitnehmers
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Übersicht: Urlaub des Arbeitnehmers Grundsatz: Für die Dauer des Urlaubs ist die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers suspendiert. Eine Freistellung der Arbeitnehmer von ihrer Arbeitspflicht kommt nicht nur zum Zwecke der Erholung (Erholungsurlaub) in Betracht; auf Grund spezieller gesetzlicher Regelungen sind Arbeitnehmer auch zu anderen Zwecken von ihrer Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung vorübergehend freigestellt (z.B. zu Bildungs-, Erziehungs-, Kinderpflege- und Wehrpflichtzwecken) I. Erholungsurlaub 1. Gesetzlicher Mindesturlaub • Die Regelungen im Bundesurlaubsgesetz sind Mindestbedingungen für den Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Daneben bestehen häufig günstigere tarifliche Regelungen, die eine wesentlich längere Urlaubsdauer als die in § 3 BUrlG genannten 24 Werktage (nicht Arbeitstage!) sowie außerdem die Zahlung eines besonderen Urlaubsgeldes vorsehen. Die Tarifvertragsparteien können aber nach § 13 BUrlG von an sich zwingenden Regelungen des BUrlG auch zum Nachteil der Arbeitnehmer abweichen (tarifdispositives Gesetzesrecht). • Der volle Urlaubsanspruch von 24 Werktagen (§ 3 BUrlG) entsteht erstmals nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses (Wartezeit - § 4 BUrlG) und danach jeweils zu Beginn des neuen Kalenderjahres. Arbeitnehmer, die wegen nicht erfüllter Wartezeit in dem Jahr ihrer Einstellung keinen vollen Urlaubsanspruch erwerben oder im Jahr des Ausscheidens in den ersten sechs Monaten wieder einbüßen, haben Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat der Beschäftigung (§ 5 BUrlG). Daher erwerben z.B. auch teilzeitbeschäftigte studentische Aushilfskräfte in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis einen Urlaubsanspruch, dessen Dauer sich nach dem Umfang der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung richtet. Hat ein Arbeitnehmer, der nach Ablauf der Wartezeit ausscheidet, bereits mehr als den ihm zustehenden anteiligen Urlaub erhaben, so kann das dafür gezahlte Urlaubsentgelt nicht zurückgefordert werden (§ 5 Abs. 3 BUrlG). In einem neuen Arbeitsverhältnis entsteht dann aber nach § 6 Abs. l BUrlG insoweit kein Urlaubsanspruch, als dem Arbeitnehmer für das laufende Kalenderjahr bereits von dem früheren Arbeitgeber Urlaub gewährt worden ist. 2. Urlaubsentgelt • Während des Erholungsurlaubs ist das Arbeitsentgelt als Urlaubsentgelt fortzuzahlen. Es darf nicht mit einem besonderen Urlaubsgeld verwechselt werden, das häufig kraft tarifvertraglicher Regelungen oder einzelvertraglicher Vereinbarungen zusätzlich gewährt wird. Das Urlaubsentgelt ist nach § 11 Abs. 2 BUrlG vor Antritt des Urlaubs auszuzahlen. Für seine Berechnung gilt das vergangenheitsbezogene Referenzsystem. Das Urlaubsentgelt wird nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst der letzten 13 Wochen vor Beginn des Urlaubs errechnet, wobei Überstunden- entgelte nach der gesetzlichen Neuregelung nicht mehr berücksichtigt werden (§ 11 Abs. l BUrlG). Tarifvertragliche Vereinbarungen über die Berücksichtigung von Überstundenentgelten bei der Berechnung des Urlaubsentgelts gelten jedoch fort. Bei monatlicher Abrechnung ist von den letzten drei Monaten vor Urlaubsantritt auszugehen.
3. Urlaubserteilung • Urlaub ist grundsätzlich während des laufenden Kalenderjahres zu gewähren und zu nehmen. Der Anspruch auf den gesetzlichen Erholungsurlaub erlischt, wenn er nicht während des Urlaubsjahres bzw. – wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies erfordern – während des Übertragungszeitraums, der am 31.3. des darauf folgenden Jahres endet (§ 7 Abs. 3 S. 3 BUrlG), gewährt worden ist. Das „Horten“ von Urlaub soll verhindert werden, damit der Urlaubszweck – regelmäßige Erholung – erreicht wird. • Einerseits entsteht der volle Urlaubsanspruch auch dann, wenn der Arbeitnehmer praktisch ununterbrochen krank war. Urlaub braucht also nicht verdient zu werden. Andererseits erlischt der Urlaubsanspruch, wenn die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers bis zum Jahresende bzw. bis zum Ablauf des Übertragungszeitraums z.B. wegen einer Krankheit ohnehin suspendiert war. • Arbeitnehmer, die sich an einem Arbeitskampf beteiligen, können Urlaubsansprüche nur wirksam geltend machen, wenn sie bereit sind, die streikbedingt suspendierte Arbeitspflicht wieder zu erfüllen und sich für die Dauer des beanspruchten Urlaubs nicht an Kampfmaßnahmen zu beteiligen. • Den Zeitpunkt des Urlaubs legt der Arbeitgeber fest; dabei hat er auf die Wünsche und Bedürfnisse der Arbeitnehmer Rücksicht zu nehmen, soweit nicht betriebliche Erfordernisse oder die Wünsche anderer Arbeitnehmer unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen (§ 7 Abs. l BUrlG). Ein Recht des Arbeitnehmers zur Selbstbeurlaubung und zum eigenmächtigen Urlaubsantritt besteht nicht. Werden Betriebsferien für den gesamten Betrieb eingeführt, so müssen demgegenüber die Belange der einzelnen Arbeitnehmer nach anderweitigen Urlaubsterminen zurücktreten. • In Betrieben mit Betriebsrat hat dieser ein Mitbestimmungsrecht bei der Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des generellen Urlaubsplans sowie immer dann, wenn im Einzelfall kein Einverständnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern über den Zeitpunkt des Urlaubs erzielt wird (§ 87 Abs. l Nr. 5 BetrVG). • Erkrankt ein Arbeitnehmer während des Urlaubs, so werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Krankheitstage nicht auf den Urlaub angerechnet. Der Arbeitnehmer darf dann aber nicht etwa seinen Urlaub um diese Tage verlängern – die Festlegung des neuen Urlaubstermins ist wiederum Sache des Arbeitgebers. • Wegen des Erholungszwecks soll eine Teilung des Urlaubs nur ausnahmsweise vorgenommen werden (§ 7 Abs. 2 BUrlG). Beispiel: Urlaubsanspruch einer Schwangeren Unternehmer U teilt der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmerin A am Jahresanfang mit, dass sie wunschgemäß im Monat Juli in Urlaub gehen kann. Im Februar informiert die A den U unter Vorlage eines ärztlichen Attests, dass sie schwanger ist und bittet wegen ihrer am 15. Juni beginnenden sechswöchigen Schutzfrist (§ 3 Abs. 2 MuSchG) um Verschiebung des ihr gewährten Urlaubs auf den Monat Dezember. Als U ihr diese Bitte abschlägt und sie auf den Juli-Termin verweist, fragt A, ob sie Urlaub nach Ablauf ihrer im September endenden Mutterschutzfrist verlangen kann.
Lösung: Mit der Festlegung des Urlaubszeitraums entsprechend den Wünschen der Arbeitnehmerin hat der Arbeitgeber als Schuldner des Urlaubsanspruchs das seinerseits Erforderliche i. S. von § 7 Abs. 1 BUrlG getan und die ihm obliegende Leistungshandlung vorgenommen. Wird die Freistellung nachträglich aus einem Grunde unmöglich, den der Arbeitgeber nicht zu vertreten hat, so wird er nach § 275 BGB von der Verpflichtung zur Freistellung frei, obwohl der Leistungserfolg i. S. von §362 Abs. 1 BGB nicht eingetreten ist. Eine Verpflichtung zur Neufestsetzung besteht nicht (gesetzlich geregelte Ausnahme: die Unmöglichkeit beruht auf krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit, § 9 BUrlG). Da U zu Beginn des Urlaubsjahres den Erholungsurlaub zeitlich festgelegt hat, besteht keine Verpflichtung zur anderweitigen Neufestsetzung, wenn die A danach schwanger wird und für die vorgesehene Urlaubszeit ihre Beschäftigung verboten ist. 4. Erwerbsverbot Erwerbstätigkeiten, die dem Urlaubszweck (Erholung) zuwiderlaufen, darf der Arbeitnehmer während des Urlaubs nicht ausüben (§ 8 BUrlG). Der Arbeitnehmer muss seinen Urlaub zwar nicht zur Erholung nutzen sondern darf auch anstrengende Arbeiten, wie etwa die Renovierung des eigenen Hauses, ausführen. Die Übernahme einer Tätigkeit gegen Entgelt ist ihm aber nach § 8 BUrlG untersagt: er würde damit eine Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag verletzen. 5. Urlaubsabgeltung • Eine Urlaubsabgeltung ist grundsätzlich unzulässig und nur ausnahmsweise statthaft, wenn wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Urlaubsgewährung nicht mehr möglich ist (§ 7 Abs. 3 und 4 BUrlG). Ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung entsteht aber auch dann, wenn der Arbeitgeber keinen Urlaub gewährt, obwohl der Arbeitnehmer seine Urlaubsansprüche geltend gemacht hat. Der Arbeitgeber gerät dann in Verzug und schuldet Urlaub bzw. Urlaubsabgeltung als Schadensersatz aus §§ 280, 286, 287 BGB. • Tarifvertraglich kann ein genereller Urlaubsabgeltungsanspruch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorgesehen werden. Ansprüche auf Urlaubsabgeltung werden durch das Entstehen von Urlaubsansprüchen in einem nachfolgenden Arbeitsverhältnis nicht beeinträchtigt. Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung ist aber ebenso befristet wie der Urlaubsanspruch und erlischt daher grundsätzlich am Ende des Urlaubsjahres. II. Bildungsurlaub Vom Erholungsurlaub i. S. des BUrlG ist der Bildungsurlaub zu unterscheiden. Eine bundeseinheitliche Regelung besteht nur für Betriebsratsmitglieder in § 37 Abs. 6 und 7 BetrVG sowie für Jugendvertreter (§ 65 Abs. l i.V.m. § 37 Abs. 6 und 7 BetrVG). Daneben bestehen landesrechtliche Regelungen.
III. Elternzeit • Arbeitnehmer, denen die Personensorge für ein Kind zusteht, haben vom Tage der Geburt des Kindes bis zur Vollendung seines 3. Lebensjahres Anspruch auf Elternzeit, eine teilweise Übertragung bis zur Vollendung des 8. Lebensjahres ist möglich (§ 15 Abs. 2 BEGG). Den Anspruch kann jede personensorgeberechtigte Person (z.B. einer der beiden personensorge- berechtigten Ehegatten, aber auch ein Stiefvater oder Adoptivvater) geltend machen (§ 15 Abs. 1 BEEG). • Die Elternzeit muss i.d.R. spätestens sieben Wochen vor dem Zeitpunkt der geplanten Inanspruchnahme geltend gemacht werden (§ 16 BEEG). Anders als beim Erholungsurlaub entsteht der Anspruch auf Elternzeit mit seiner Geltendmachung; eine Urlaubsgewährung durch den Arbeitgeber ist also nicht erforderlich. • Während der Elternzeit besteht Anspruch auf Elterngeld, zum Umfang vgl. §§ 2 ff BEEG. • Eine Teilzeiterwerbstätigkeit bis zu höchsten 30 Wochenstunden während der Elternzeit ist zulässig; sie darf aber nur mit Zustimmung des Arbeitgebers, der den Erziehungsurlaub gewährt hat, bei einem anderen Arbeitgeber ausgeübt werden (§ 15 Abs. 4 BEEG). Beantragt der Arbeitnehmer beim Arbeitgeber ordnungsgemäß die Zustimmung zur Aufnahme einer Teilzeitarbeit bei einem anderen Arbeitgeber, so kann der Arbeitgeber die Zustimmung nur binnen vier Wochen unter Angabe entgegenstehender betrieblicher Interessen schriftlich ablehnen. Erklärt er sich nicht frist- und formgerecht, so entfällt das Zustimmungserfordernis mit Ablauf der Vierwochenfrist. • Die Elternzeit kann auch in Abschnitten genommen werden. Auch ein Wechsel unter den Berechtigten ist zulässig (§§ 15 Abs. 3, 16 Abs. l BEEG). Der Arbeitgeber kann den Erholungsurlaub für jeden Monat Erziehungsurlaub um 1/12 kürzen (§ 17 BEEG). Er kann das Arbeitsverhältnis während des Erziehungsurlaubs nur mit Zustimmung der für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde kündigen (§ 18 BEEG). Bei einer Kündigung zum Ende der Elternzeit muss eine Kündigungsfrist von 3 Monaten eingehalten werden (§ 19 BEEG). IV. Unbezahlter Urlaub Eine Suspendierung der von dem Arbeitnehmer geschuldeten Arbeitspflicht ohne Anspruch auf Entgeltfortzahlung ist in zahlreichen Spezialgesetzen vorgesehen und kann überdies vertraglich vereinbart werden. 1. Suspendierung der Arbeitspflicht wegen Pflichtenkollision • Arbeitnehmer mit Anspruch auf Kinderkrankengeld i. S. von § 45 Abs. 2 S. 2 SGB V haben gem. § 45 Abs. 3 SGB V einen arbeitsrechtlichen Anspruch auf unbezahlte Freistellung von der Arbeitsleistung zur Betreuung eines erkrankten Kindes, der im Höchstfall bis zu 50 Arbeitstagen pro Jahr ausmacht. Vorrangig ist allerdings der Anspruch auf bezahlte Freistellung i.S. von § 616 BGB.
• Zu einer Suspendierung der Arbeitspflicht und (unbezahlten) Freistellung können auch unverschuldete Zwangslagen rühren, die ein Leistungsverweigerungsrecht des betroffenen Arbeitnehmers (§§ 273, 320 BGB) begründen, wenn ihm wegen einer nicht zurechenbaren Pflichtenkollision die Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung subjektiv unmöglich oder unzumutbar ist, etwa wenn ein ausländischer Arbeitnehmer seinen Wehrdienst in seinem Heimatland ableisten muss. Beispiel: Kinderbetreuungsfall Arbeitnehmerin A teilt ihrem Chef C mit, dass sie für unabsehbare Zeit der Arbeit fernbleiben müsse, weil sie für ihr noch nicht schulpflichtiges Kind keinen Tagesheimplatz gefunden habe. Sie werde ihre Arbeit wieder aufnehmen, sobald die Betreuung wieder gesichert sei. C kündigt das Arbeitsverhältnis wegen rechtswidriger und schuldhafter Verletzung der Pflichten aus dem Arbeitsvertrag. Lösung: Die (verhaltensbedingte) Kündigung ist sozialwidrig und damit unwirksam, wenn die A nachweisen kann, dass sie sich trotz rechtzeitiger Vorsorge in einer unverschuldeten und unvermeidbaren Zwangslage befand - ihre Arbeitspflicht wäre dann für den fraglichen Zeitraum suspendiert gewesen. 2. Wehrpflichtige, Ersatzdienstleistende Für deutsche und aus EU-Ländern stammende Arbeitnehmer, die ihren Wehr- oder Ersatzdienst leisten oder an einer Eignungsübung teilnehmen, besteht das Arbeitsverhältnis als ruhendes kraft Gesetzes fort (§§ 1 Abs. 1 ArbPlSchG, 78 Abs. 1 ZDG). Die beiderseitigen Hauptpflichten der Arbeitsvertragsparteien werden suspendiert. 3. Suspendierung kraft Vereinbarung Im Rahmen der Vertragsfreiheit ist es möglich, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer die beiderseitigen Hauptpflichten für einen begrenzten Zeitraum suspendieren.
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