70 Jahre Verkehr in Baden-Württemberg

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70 Jahre Verkehr in Baden-Württemberg
Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 3/2022   Umwelt, Verkehr,
                                                                                                              Tourismus

70 Jahre Verkehr in Baden-Württemberg

Kevin Heinen

Seit dem Gründungstag Baden-Württem-              So veränderte sich das Aussehen verschie-
bergs am 25. April 1952 hat sich auf den Stra-    dener Straßenverkehrszeichen und neue
ßen des Landes einiges getan. So stieg die        kamen hinzu, um den sich wandelnden Ver-
Zahl der Kraftfahrzeuge (Kfz) seit 1952 auf       kehr möglichst effizient zu regulieren. Eben-
das 16-fache an. Zudem veränderte sich die        falls veränderte sich das Bild und die Menge
Struktur des Fahrzeugbestandes. Anfänglich        an Kraftfahrzeugen auf den Straßen Baden-
prägten überwiegend Krafträder das Bild auf       Württembergs. So lag 1950 in den ehemali-
den Straßen des neugegründeten Bundeslan­         gen Landesteilen des heutigen Südweststaats
des. In den vergangenen 70 Jahren eroberte        die Kfz-Dichte bei 50 Fahrzeugen auf 1 000
                                                                                                              Kevin Heinen M. Sc. ist
jedoch der Personenkraftwagen (Pkw) die           Einwohner, was einen Bestand von 323 171                    Referent im Referat
                                                                                                              „Unternehmensregister,
Straßen und stellt heute allein rund 81 %         zugelassenen Fahrzeugen entspricht. Im Jahr                 Gewerbeanzeigen, Verkehr“
des Fahrzeugbestandes. Die Ausweitung des         der Gründung Baden-Württembergs war der                     des Statistischen Landes-
                                                                                                              amtes Baden-Württemberg.
Handels mit gebrauchten Kfz begünstigte           Bestand schon auf insgesamt 529 947 Kfz
hierbei die stark gestiegene Verbreitung des      angewachsen, was einer Kfz-Dichte von
Pkw. Kam 1952 noch ungefähr eine Besitz­          80 Fahrzeugen je 1 000 Einwohner entsprach.
umschreibung auf eine Neuzulassung, sind          Als Hauptverkehrsmittel prägten vorerst die
es heute rund zwei Besitzumschreibungen.          Krafträder das Bild auf den Straßen des jun-
Die allgemeine Zunahme der Verkehrsdichte         gen Bundeslandes. Gerade im Gründungsjahr
führte gerade bis in die 1970er-Jahre zu          kamen auf 1 000 Einwohner rund 42 Kraft-
einer Erhöhung der Unfallgefährdung der           räder. Sie machten hiermit einen Anteil von
Verkehrsteilnehmer und Verkehrsteilnehme-         ungefähr 52 % am gesamten Kfz-Bestand aus.
rinnen. Sowohl die Verkehrssicherheitsarbeit      So ist es nicht verwunderlich, dass dem Kraft­
der vergangenen Jahrzehnte als auch der           rad in dieser Zeit eine besondere Rolle
technische Fortschritt im Fahrzeugbereich         für den Individualverkehr zugesprochen wer-
reduzierte dieses Risiko erheblich, sodass        den kann. Der Personenkraftwagen folgte hier
ein deutlicher Rückgang bei den Verkehrs­         an zweiter Stelle mit einem Anteil von
toten vorzuweisen ist. Die Corona-Pandemie        ca. 28 % am Fahrzeugbestand.
verstärkte diese positive Entwicklung und
sorgte für einen historischen Tiefstand bei       In den folgenden Jahren verlor das Kraft-
den Verkehrstoten.                                rad merklich an Bedeutung und die Verbrei-
                                                  tung des Pkw als Verkehrsmittel des Indivi­
                                                  dualverkehrs nahm zu. Bereits 1958 waren
Straßenbild im Wandel: Immer mehr Pkw             mehr Pkw als Krafträder im Südweststaat zu­
auf den Straßen Baden-Württembergs                gelassen. Durch den allgemeinen wirtschaft­
                                                  lichen Aufschwung stieg die Nachfrage nach
Das Straßenbild im neugegründeten Bun-            Pkw weiter an, sodass sich deren Anteil am
desland Baden-Württemberg war zu Beginn           Fahrzeugbestand in den folgenden Jahrzehn-
seiner Geschichte ein völlig anderes als heute.   ten weiter erhöhte. Im Jahr 2021 befanden
                                                  sich mit beinahe 7 Millionen (Mill.) Pkw in
                                                  Baden-Württemberg rund 46-mal mehr Pkws
                                                  auf den Straßen des Landes als im Vergleich
                                                  zum Gründungsjahr. Im Gegenzug hierzu
                                                  sank der Anteil der Krafträder auf unter 9 %,
                                                  obwohl sich deren Bestand inzwischen mehr
                                                  als verdoppelt hat. Deutlich weniger dyna-
                                                  misch entwickelte sich der Bestand an Last­
                                                  kraftwagen (Lkw). So dominierten weitest-
                                                  gehend die Binnenschifffahrt oder die Eisen­
                                                  bahn bis Mitte der 1960er-Jahre den Güter­
                                                  transport. Erst in den folgenden Jahren
Fotos: pixabay.com                                konnte sich der Straßengüterverkehr als

                                                                                                               37
Umwelt, Verkehr,                    Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 3/2022
      Tourismus

                                      Hauptverkehrsträger durchsetzen. Die konti­                       gen und der Entwicklung dieses Verhältnis-
                                      nuierliche Ausweitung des Lkw-Bestandes                           ses darstellen. So kam durchschnittlich im
                                      verlief dennoch in deutlich kleineren Schrit-                     Jahr 1954 auf ein neuzugelassenes Kfz unge-
                                      ten; der Anteil am heutigen Fahrzeugbe-                           fähr eine Besitzumschreibung. Hieran lässt
                                      stand liegt knapp unter 5 %. Zusammen-                            sich erkennen, dass zu diesem Zeitpunkt der
                                      fassend lässt sich seit den 1950er-Jahren                         Fahrzeugbestand noch nicht ausreichend für
                                      ein erkennbarer Trend zu immer mehr Kfz                           einen starken Gebrauchtwagenmarkt war. Mit
                                      auf den Straßen Baden-Württembergs aus-                           einem steigenden Fahrzeugbestand nahm
                                      machen.1 Insgesamt kommen im Jahr 2021                            auch der Handel mit gebrauchten Kfz zu. So
                                      753 Kfz auf 1 000 Einwohner, was einem                            wechselte 1954 zunächst bei 120 112 Kfz
                                      Gesamtbestand von über 8 Mill. Fahrzeugen                         das Besitzverhältnis. Die Anzahl an Besitz­
                                      im Südweststaat entspricht (Schaubild 1).                         umschreibungen wuchs in den folgenden
                                      Dieses erhebliche Wachstum des Bestandes                          Jahren erheblich an, sodass zu Beginn der
                                      an Kfz seit der Gründung des Bundeslandes                         1960er-Jahre schon fast doppelt so viele Kfz
                                      hatte eine enorme Erhöhung der Verkehrs-                          den Be­sitzer oder die Besitzerin wechselten
                                      dichte und des Verkehrsaufkommens zur                             (Schaubild 2). Bereits im Jahr 1986 wurden
                                      Folge.                                                            das erste Mal über 1 Mill. Besitzumschreibun­
                                                                                                        gen registriert. Seitdem entwickelte sich der
                                                                                                        Gebrauchtwagenmarkt mehr oder weniger
                                      Hohe Bedeutung des Gebrauchtwagen­                                stabil. Die Zahl der Besitzumschreibungen
1 Seit dem 01.01.2008                 handels für die Verbreitung des Pkw                               bewegte sich von 1986 bis 2020 zwischen
  werden im Kfz-Bestand
  nur noch angemeldete                seit den 1970er-Jahren                                            905 909 und 1 128 290. Der bisherige Höchst­
  Fahrzeuge ohne vorüber-                                                                               wert von 1 128 290 Besitzumschreibungen
  gehende Stilllegungen
  berücksichtigt. Dadurch             Die Dimensionen des Gebrauchtwagenmark-                           konnte im Jahr 2016 ausgemacht werden.
  hat sich der nachgewie-
  sene Kfz-Bestand um
                                      tes in Baden-Württemberg lassen sich des                          Das Verhältnis gegenüber den Neuzulas-
  rund 10 % verringert.               Weiteren am Verhältnis zu den Neuzulassun-                        sungen entwickelte sich ebenfalls zuguns-

 S1       Kfz-Dichte und Kraftfahrzeuge nach Fahrzeugart in Baden-Württemberg 1950 bis 2021

   Kfz in Mill.                                                                                                                             Kfz je 1 000 Einwohner
   9                                                                                                                                                           900

                       Personenkraftwagen                    Krafträder
   8                   Lastkraftwagen                        Sonstige Kraftfahrzeuge                                                                              800
                       Kfz je 1 000 Einwohner

   7                                                                                                                                                              700

   6                                                                                                                                                              600

   5                                                                                                                                                              500

   4                                                                                                                                                              400

   3                                                                                                                                                              300

   2                                                                                                                                                              200

   1                                                                                                                                                              100

   0                                                                                                                                                                  0
       1950        1955        1960         1965   1970     1975      1980     1985       1990      1995       2000      2005       2010      2015       2020

   Hinweis: Seit dem 01.01.2008 werden im Kfz-Bestand nur noch angemeldete Fahrzeuge ohne vorübergehende Stilllegungen berücksichtigt. Dadurch hat sich der nachge-
   wiesene Kfz-Bestand um rund 10 % verringert.
   Datenquelle: Kraftfahrt-Bundesamt.

Statistisches Landesamt Baden-Württemberg                                                                                                                             148 22

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Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 3/2022      Umwelt, Verkehr,
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 S2         Besitzumschreibungen und Neuzulassungen in Baden-Württemberg 1954 bis 2020

   1954 = 100
   1 000

      900
                                                      Besitzumschreibungen

      800

      700

      600

      500

      400

                                                                       Neuzulassungen
      300

      200

      100

         0
         1954         1959          1964    1969   1974     1979     1984      1989      1994       1999       2004        2009        2014    2019

   Datenquelle: Kraftfahrt-Bundesamt.

Statistisches Landesamt Baden-Württemberg                                                                                                         149 22

ten der Besitzumschreibungen, sodass heute                   werden. Im Gegensatz hierzu waren die Be-
auf ein neuzugelassenes Kfz im Schnitt mehr                  sitzumschreibungen bei den Krafträdern bis
als doppelt so viele Besitzumschreibungen                    Mitte der 1970er-Jahre stark rückläufig. Seit-
kommen.                                                      dem wuchsen zwar die Besitzwechsel absolut
                                                             wieder an, jedoch nahm ihre Bedeutung inner-
Bei der Betrachtung der Verteilung der Fahr-                 halb des Gebrauchtwagenhandels im his­
zeugkategorien finden sich vergleichbare                     torischen Vergleich mit einem Anteil von rund
Entwicklungen wie beim Fahrzeugbestand.                      7 % im Jahr 2020 deutlich ab. Eine ähnliche
Anfänglich dominierte innerhalb des Ge-                      Entwicklung vollzog sich bei den Lkw. So
brauchtwagenmarktes ebenfalls das Kraft-                     versechsfachte sich zwar von 1954 bis 2020
rad. Dessen Anteil an allen Besitzumschrei-                  die Zahl an Besitzumschreibungen von 7 598
bungen lag 1954 bei rund 49 % und im Ver-                    auf 44 588, jedoch nahm deren Anteil eben-
gleich hierzu kamen die Pkw auf einen Anteil                 falls von 6 % auf 4 % ab.
von ungefähr 42 %. Dies änderte sich in den
folgenden Jahrzenten, sodass dem Pkw
eine immer größere Rolle zugesprochen                        Seit 1950 verloren über 100 000 Menschen
werden konnte. So lag der Anteil des Pkw                     ihr Leben im Straßenverkehr
an den Besitzumschreibungen 1960 schon
bei knapp 71 % und 2020 bei rund 87 %.                       Einhergehend mit der dynamischen Entwick­
                                                             lung des Kraftfahrzeugbestands nahm die
Der stetig wachsende Bestand an Pkw ermög-                   Anzahl der Straßenverkehrsunfälle in den bis-
lichte es zudem, dass immer mehr Fahrzeuge                   herigen 70 Jahren Baden-Württembergs deut­
im Gebrauchtwagenmarkt angeboten werden                      lich zu.2 Kam es 1950 erst zu 42 636 Unfällen
konnten. Dies sorgte dafür, dass die An-                     auf den Straßen der ehemaligen Landesteile,
schaffung eines Pkw insbesondere für Privat-                 waren es schon Ende der 1950er-Jahre an-
personen deutlich erschwinglicher wurde                      nähernd dreimal so viele. Im Jahr 2019 wur-                      2 Das Jahr 2020 wird auf-
und begünstigte somit nochmals deren Ver­                    den 327 894 Unfälle polizeilich erfasst, was                       grund der Corona-Pan-
                                                                                                                                demie mit ihren Aus­
breitung. Dementsprechend kann dem Ge-                       den bisherigen Höchstwert markiert. Anzu-                          wirkungen auf das Ver-
                                                                                                                                kehrs- und Unfallge-
brauchtwagenhandel für die Verbreitung des                   merken ist, dass die hohe Steigerung der                           schehen gesondert be-
Pkw eine besondere Bedeutung zugesprochen                    Unfallzahlen vor allem aus dem Anstieg der                         trachtet.

                                                                                                                                  39
Umwelt, Verkehr,                    Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 3/2022
      Tourismus

                                      Sachschadensunfälle resultiert. Insbesondere                   2019 im Straßenverkehr 437 Menschen ihr
                                      die leichten Sachschadensunfälle machen                        Leben. Die Gründe für diese positive Entwick-
                                      hierbei den Großteil der Unfälle aus. So lag                   lung sind vielfältig. So haben verkehrspoli-
                                      deren Anteil an allen Unfällen 2019 bei 85 %.                  tische Maßnahmen, wie zum Beispiel die An-
                                      Die hohen Unfallzahlen relativieren sich                       schnallpflicht 1976, oder der sicherheitstech-
                                      ebenfalls bei Betrachtung der Unfallquote,                     nische Fortschritt der Kfz maßgeblich zur Re-
                                      die die Anzahl der Unfälle ins Verhältnis mit                  duktion der Verkehrstoten beigetragen. Den-
                                      dem Fahrzeugbestand setzt. Trotz deutlich                      noch verloren von 1950 bis heute (2020) 100 398
                                      steigender Unfallzahlen lässt sich hier eine                   Menschen auf den Straßen Baden-Württem­
                                      deutlich rückläufige Entwicklung ausmachen.                    bergs ihr Leben infolge eines Verkehrsunfalls,
                                      So kamen im Jahr 1952 110 Unfälle und im                       was ungefähr der doppelten Bevölkerungszahl
                                      Jahr 2019 nur noch rund 40 Unfälle auf 1 000                   der Stadt Ravensburg entspricht.
                                      Kfz. Die Zahl der getöteten Personen im
                                      Straßenverkehr nahm in den ersten 20 Jah-
                                      ren neben den steigenden Unfallzahlen eben-                    Die Zahl der Verunglückten ist
                                      falls zu. Seinen traurigen Höhepunkt fand das                  seit den 1970er-Jahren stark rückläufig
                                      Unfallgeschehen im Jahr 1972, wo 2 919 Men-
                                      schen durch einen Verkehrsunfall ihr Leben                     Wichtig bei der Bewertung des Unfallge-
                                      verloren (Schaubild 3). Somit forderte der                     schehens ist neben der Zahl der Unfälle auch
                                      Straßenverkehr in Baden-Württemberg zu                         das Ausmaß der Unfallfolgen für die Betei-
                                      diesem Zeitpunkt täglich im Durchschnitt acht                  ligten. Hier zeigen sich bezüglich der Ver­
                                      Todesopfer. Seitdem zeichnet sich ein bis                      letzungsschwere große Unterschiede im Zeit-
                                      heute fortbestehender Trend mit einer sinken-                  verlauf. So stieg die Gesamtzahl der Verun­
                                      den Anzahl an Verkehrstoten ab, sodass es                      glückten auf den Straßen Baden-Württem-
                                      im Jahr 2019 zu durchschnittlich rund einem                    bergs in den ersten 20 Jahren seit der Neu­
                                      Todesopfer pro Tag kam. Insgesamt verloren                     gründung des Bundeslandes von 38 502 auf

S3        Unfälle und Verkehrstote in Baden-Württemberg 1950 bis 2020

   Unfälle in 1 000                                                                                                                            Anzahl Getötete
   350                                                                                                                                                   3 500

                                                1972:
                               Höchstgeschwindigkeit        1973: 0,8
                            100 km/h auf Landstraßen        Promillegrenze
   300                                                                                                                                                    3 000
                                                            1976:
                                                            Anschnallpflicht auf
                                                            Vordersitzen in Pkw                            1998:
                                                                                                           0,5 Promille-
                                                                                                           grenze
   250                                                                                                                                                    2 500
             1957:
             Höchstgeschwindigkeit
             50 km/h innerorts

   200                                                                                                                                                    2 000

                                                                                                                            2008:
   150                                                                                                                      begleitetes Fahren mit 17     1 500
                                                                                                                            in Baden-Württemberg
                                                                     1980:
                                                                     Helmtrage-
                                                                     pflicht

   100                                                                                                                                                    1 000
                                                      1974:
                                       Richtgeschwindigkeit                   1984:
                                   130 km/h auf Autobahnen                    Anschnallpflicht wird mit
                                                                              Verwarngeld verbunden
     50                                                                                                                                                    500

      0                                                                                                                                                        0
      1950        1955         1960         1965   1970       1975     1980        1985   1990      1995        2000       2005    2010      2015       2020

   Datenquelle: Straßenverkehrsunfallstatistik.

Statistisches Landesamt Baden-Württemberg                                                                                                                      150 22

                         40
Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 3/2022    Umwelt, Verkehr,
                                                                                                                                   Tourismus

78 185 an. Seitdem zeichnet sich auch hier                         ten. Das Jahr 1980 stellte hierbei den Nega­
eine rückläufige Tendenz auf den Straßen                           tivrekord auf. Im Schnitt war hier mehr als
des Landes ab. 2019 verunglückten insgesamt                        jede zweite verunglückte Person jünger als
47 240 Menschen. Somit lag die Zahl der Ver-                       25 Jahre. Die Gruppe der jungen Erwachsenen
unglückten um rund 40 % unterhalb des                              im Alter zwischen 18 und 24 Jahren war hier-
Rekordwertes aus dem Jahr 1972. Eben-                              bei die gefährdetste Altersgruppe. Deren
falls nahm die Schwere der Verletzungen                            Anteil allein an allen Verunglückten fand 1985
grundlegend ab. Bei 47 240 verunglückten                           mit 31,1 % ihren Höhepunkt. Seitdem ist
Personen im Jahr 2019, verletzten sich 38 699                      dieser Wert tendenziell rückläufig und be-
leicht, 8 104 schwer und 437 starben infolge                       trug im Jahr 2019 noch 16,5 %. Hier scheinen
eines Straßenverkehrsunfalls. Somit kamen                          politische Maßnahmen wie zum Beispiel die
auf 1 000 Verunglückte rund neun Getötete,                         Einführung des begleiteten Fahrens mit 17
172 Schwer- und 819 Leichtverletzte. In den                        im Jahr 2008 diese positive Entwicklung
Anfängen des neugegründeten Bundeslan-                             weiter begünstigt zu haben. Dem entgegen
des sah dies noch anders aus. So kamen 1953                        steht die Entwicklung bei den Senioren und
auf 1 000 Verunglückten 37 Getötete, 402                           Seniorinnen. Hier steigt der Anteil der über
Schwer- und 561 Leichtverletzte (Schaubild 4).                     65-Jährigen an allen Verunglückten seit den
In der langfristigen Betrachtung nahmen                            1970er-Jahren an und beläuft sich auf 12,8 %
somit die Anteile der Schwerverletzten schon                       im Jahr 2019. Zur Einordnung dieser Ent-
seit den 1960er-Jahren erkennbar ab, während                       wicklung gilt es zu beachten, dass durch den
der Rückgang der Verkehrstoten erst in den                         demo­  grafischen Wandel der Anteil dieser
1970er-Jahren begann.                                              Bevölkerungsgruppe an der Gesamtbevölke­
                                                                   rung ebenfalls stark zugenommen hat. Dies
Auch bei Betrachtung der Altersstruktur                            wird deutlich bei der Betrachtung des be-
der Verunglückten zeigen sich Veränderun-                          völkerungsbezogenen Unfallrisikos, wo die
gen im Zeitablauf. So zeigt sich, dass von                         Zahl der Verunglückten einer Altersgruppe
den 1950er- bis in die 1980er-Jahre gerade                         ins Verhältnis zu ihrer jeweiligen Bevölke­
die jüngeren Menschen als Bevölkerungs-                            rungszahl gesetzt wird. In Baden-Württem-
gruppe überproportional häufig verunglück-                         berg verunglückten 2019 im Durchschnitt

 S4       Leicht- und Schwerverletzte sowie Getötete in Baden-Württemberg 1953 bis 2019

   Auf 1 000 Verunglückte entfielen ...
                                     Leichtverletzte        Schwerverletzte          Getötete
         37                 31              36         27              20             14             11             9

                                                                                                    187            172
                                                                                     201
                                                                       239
                           296              295        299
        402

        561                673              669        675            741            785            802            819

       1953               1960              1970       1980           1990          2000            2010           2019

   Abweichungen in den Summen durch Runden der Zahlen.
   Datenquelle: Straßenverkehrsunfallstatistik.

Statistisches Landesamt Baden-Württemberg                                                                                 151 22

                                                                                                                                   41
Umwelt, Verkehr,           Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 3/2022
      Tourismus

                             aller Altersjahre 426 Personen je 100 000 Ein-      für dürfte das unter anderem mit der Aus-
                             wohner bzw. Einwohnerinnen. Mit 267 Ver­            weitung des Homeoffice verringerte Pendler-
                             unglückten je 100 000 im Straßenverkehr             aufkommen sein. Auf der anderen Seite nahm
                             lag das Unfallrisiko der Senioren und Senio-        die Beliebtheit des Fahrrades in der Pandemie
                             rinnen deutlich darunter und mit 858 Ver­           augenscheinlich weiter zu, was zu einer Er-
                             unglückten je 100 000 bei den jungen Er­            höhung der Verunglückten dieser Verkehrs­
                             wachsenen deutlich darüber.                         beteiligung führte. So stieg die Zahl der ver-
                                                                                 unglückten Radfahrer und Radfahrerinnen von
                                                                                 9 901 auf 11 058 an, wodurch sich deren An-
                             Deutliche Auswirkungen der                          teil an den Verunglückten von 21 % auf
                             Corona-Pandemie auf die Zahl                        27,7 % erheblich steigerte. Es gilt abzuwarten,
                             der Verkehrstoten und Verunglückten                 wie sich das 2. Pandemiejahr auf das Ver-
                                                                                 kehrs- und Unfallgeschehen ausgewirkt hat,
                             Die Corona-Pandemie beeinflusste im Jahr            jedoch geht das Statistische Bundesamt
                             2020 das gesellschaftlichen Leben in ver­           davon aus, dass es erneut zu einem Tiefst-
                             schiedenen Bereichen. Insbesondere das mit          stand der Anzahl an Verunglückten kommen
                             der Pandemie verbundene Herunterfahren              wird.3
                             des öffentlichen Lebens bzw. die Reduktion
                             der sozialen Kontakte hatte maßgeblichen
                             Einfluss und führte auch zu deutlichen Aus­         Verkehrssicherheitsarbeit im Zeichen
                             wirkungen auf das Verkehrs- und Unfallge­           der Zeit
                             schehen in Baden-Württemberg. Bei Betrach-
                             tung der Jahresfahrleistung im 1. Pandemie-         In den vergangenen 70 Jahren veränderte
                             jahr lässt sich eine deutliche Reduktion im         sich das Verkehrsaufkommen und das Un­
                             Vergleich zum Vorjahr 2019 ausmachen, was           fallgeschehen in Baden-Württemberg maß­
                             gleich­bedeutend mit einem Bruch des bis-           geblich. Erwähnenswert hierbei ist, dass trotz
                             herigen grundsätzlichen Wachstumstrends ist.        des stark gestiegenen Verkehrsaufkommens
                                                                                 das Unfallgeschehen sich stark rückläufig
                             So lag die Fahrleistung 2020 mit 80 263 Mill. km    entwickelt hat. So führten neben sicherheits-
                             16 % unterhalb des Vorkrisenwertes 2019             technischen Neuerungen an den Fahrzeu-
                             von 95 270 Mill. km und sank zudem auf den          gen ebenfalls Aufklärung sowie gesetzliche
                             niedrigsten Stand seit 1993. Infolge des ver­       Regelungen mitunter dazu, dass sich der
                             ringerten Verkehrsaufkommens nahm die               Schweregrad von Unfallfolgen deutlich ver­
                             Zahl der Unfälle rapide ab, wodurch hier            ringerte und die Verkehrssicherheit erhöhte.
                             ebenfalls eine gegenläufige Entwicklung im          Insbesondere sind die rückläufigen Zahlen
                             Vergleich zum langfristigen Trend erkenn-           bei der besonders vulnerablen Bevölkerungs-
                             bar wurde. Im Jahr 2020 wurden insgesamt            gruppe der jungen Erwachsenen erfreulich.
                             269 267 Straßenverkehrsunfälle polizeilich er-      Hier bleibt es abzuwarten, wie sich beispiels-
                             fasst, was gut 18 % weniger waren als im            weise die Pläne der Bundesregierung hin-
                             Vorjahr. Ebenfalls förderte diese Ausnahme­         sichtlich der Ermöglichung des begleiteten
                             situation in hohem Ausmaß den Rückgang              Fahrens ab 16 Jahren auf die Verkehrssicher-
                             der Verunglückten von 47 240 auf 39 950             heit weiter auswirkt.4 Mit der Corona-Pan-
                             im Straßenverkehr. Besonders auffällig war          demie folgten mehrere Auswirkungen auf
                             hierbei der Rückgang der Verkehrstoten. Ins­        das Geschehen auf den Straßen Baden-Würt­
                             gesamt verloren im 1. Jahr der Pandemie             tembergs. Insbesondere das Rekordtief an
                             330 Menschen ihr Leben aufgrund eines               Verkehrstoten ist hierbei hervorzuheben. Zu-
                             Straßenverkehrsunfalls, was mit weniger             dem ist davon auszugehen, dass das 2. Pan­
3 Pressemitteilung Nr. 571
  des Statistischen Bun-     als einen Verkehrstoten pro Tag einen his­          demiejahr 2021 an den bisherigen Entwick-
  desamtes vom 14. De-       torischen Tiefstand markiert.                       lungen anknüpfen wird.
  zember 2021, https://
  www.destatis.de/DE/
  Presse/Pressemitteilun     Durch die Pandemie veränderte sich darüber
  gen/2021/12/PD21_
  571_46241.html             hinaus die Art, wie am Verkehr teilgenommen
  (Abruf: 14.01.2022).       wurde. Dies wird deutlich bei der Betrachtung
4 Koalitionsvertrag 2021–    der Struktur der Unfallbeteiligten. So verrin-      Weitere Auskünfte erteilt
  2025 zwischen SPD,
  BÜNDNIS 90/DIEGRÜ-         gerte sich zum einen der Anteil der Pkw-            Kevin Heinen, Telefon 0711/641-27 32,
  NEN und FDP, https://      Insassen an allen Verunglückten von 54,5 %          Kevin.Heinen@stala.bwl.de
  www.bundesregierung.
  de/resource/blob/          im Jahr 2019 auf 47,3 % im 1. Pandemiejahr
  974430/1990812/04221       und lag erstmalig seit den 1960er-Jahren unter-
  173eef9a6720059cc353
  d759a2b/2021-12-10-        halb der 50 % Marke. Insgesamt verunglück-             www.statistik-bw.de/Verkehr/
  koav2021-data.pdf?
  download=1
                             ten 2020 somit 6 884 bzw. 26,7 % weniger                Umwelt und Verkehr
  (Abruf: 14.01.2022).       Pkw-Insassen als im Vorjahr. Ein Grund hier-             Verkehr

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