8.1.04. Krankheits- und behinderungsbedingte Spezialauslagen - Folgekosten

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Sicherheitsdirektion Kanton Zürich
Kantonales Sozialamt

8.1.04. Krankheits- und behinderungsbedingte Spezialauslagen -
Folgekosten

Rechtsgrundlagen

§ 15 SHG
§ 17 SHV
SKOS-Richtlinien, Kapitel C.6.5

Erläuterungen

1.       Allgemeines
Nach den SKOS-Richtlinien, Kapitel C.6.5, sind krankheits- und behinderungsbedingte Spe-
zialauslagen, welche über die medizinische Grundversorgung hinausgehen, aber im Einzel-
fall nützlich und sinnvoll sind, durch die Sozialhilfe zu übernehmen. Massgebend ist, dass sie
den Zielen der Sozialhilfe dienen, d.h. ob die Selbständigkeit und soziale Einbettung einer
unterstützten Person erhalten bzw. gefördert wird, oder ob grösserer Schaden abgewendet
werden kann.
Bei der Klärung eines Anspruches auf krankheits- oder behinderungsbedingte Spezialausla-
gen kann sich die Sozialbehörde in vielen Fällen auf die Regelungen im Bereich der Ergän-
zungsleistungen abstützen (früher: Verordnung über die Vergütung von Krankheits- und Be-
hinderungskosten bei den Ergänzungsleistungen, ELKV; heute §§ 3 ff. Zusatzleistungsver-
ordnung, ZLV, LS 831.31). Sind keine einschlägigen Empfehlungen zu finden, muss der Be-
darf, der Umfang und die Art der Hilfe im Einzelfall geprüft werden. Im Zweifelsfall sind dazu
Fachpersonen oder Fachstellen beizuziehen (vgl. Zeitschrift für Sozialhilfe [ZeSo] 2001
S. 137 f.). Die Übernahme von krankheits- und behinderungsbedingten Folgekosten steht im
weitgehenden Ermessen der Sozialbehörde. Es steht ihr auch frei, bei einem ausgewiesenen
Bedarf nach geeigneten, kostengünstigeren Lösungen zu suchen.
Wer einen Anspruch auf krankheits- oder behinderungsbedingte Spezialauslagen geltend
machen will, hat grundsätzlich vorgängig bei der Sozialbehörde um Kostengutsprache zu er-
suchen (vgl. dazu Kapitel 10).

2.       Hilflosenentschädigung
Erhält die unterstützte Person eine Hilflosenentschädigung, ist zu prüfen, ob die Finanzie-
rung der beantragten Leistung aus diesen Mitteln erfolgen kann. Massgebend ist dabei ei-
nerseits die Zweckbindung der Hilflosenentschädigung. Sie wird ausgerichtet, um einer in
der Gesundheit beeinträchtigten Person die für alltägliche Lebensverrichtungen oder für die
persönliche Überwachung notwendige Hilfe zu finanzieren (vgl. dazu auch Kapitel 11.1.03,

8 Situationsbedingte Leistungen (WSH)
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Ziff. 3 lit. h). Handelt es sich im konkreten Fall um eine Leistung, welche einem solchen
Zweck dient, kann die unterstützte Person angehalten werden, die Kosten aus der Hilflo-
senentschädigung zu tragen. Dies allerdings nur, wenn die Hilflosenentschädigung im Unter-
stützungsbudget nicht als Einkommen angerechnet wird (vgl. dazu Kapitel 9.1.01, Ziff. 1.6)
und die Kosten der notwendigen Leistung den Betrag der Hilflosenentschädigung nicht über-
steigen. Anderenfalls sind die Kosten bzw. im letzteren Fall die Mehrkosten zu übernehmen,
wenn die Voraussetzungen für eine Übernahme erfüllt sind.

3.       Leistungsarten
Als krankheits- oder behinderungsbedingte Folgekosten kommen insbesondere folgende
Leistungen in Betracht:

3.1.     Erholungs- und Badekuren
Erholungskuren können übernommen werden, wenn sie ärztlich verordnet sind und in einem
Heim oder Spital durchgeführt werden. Badekuren können finanziert werden, wenn sie ärzt-
lich verordnet wurden und die unterstützte Person während der Kur unter ärztlicher Kontrolle
stand (vgl. § 10 ZLV).

3.2.     Pflege- und Betreuungsleistungen
Pflege- und Betreuungskosten sind zu übernehmen, wenn eine unterstützte Person wegen
Alter, Invalidität, Unfall oder Krankheit Hilfe, Pflege oder Betreuung braucht. Dies gilt nicht
nur für die Leistungen, die zuhause, sondern auch für Leistungen, die in einem Tagesheim,
Tagesspital oder Ambulatorium erbracht werden (vgl. § 11 Abs. 1 ZLV). Für die Pflege in ei-
nem Heim und die ambulante Pflege zu Hause vgl. Kapitel 11.1.12.
Zu prüfen ist dabei, ob und in welchem Umfang die unterstützte Person auf Pflege und/oder
Betreuung angewiesen ist, ob es sich bei der in Frage stehenden Leistung um eine sinnvolle
und kostengünstige Lösung handelt und ob die Kosten nicht über die Krankenversicherung,
allfällige Zusatzversicherungen, andere Sozialversicherungsleistungen oder aus weiteren
Mitteln gedeckt werden können. Die ungedeckten Kosten sind als krankheits- oder behinde-
rungsbedingte Folgekosten zu übernehmen. Die in § 11 Abs. 2 bis 4 ZLV statuierten Ein-
schränkungen betreffend Kostenübernahme gelten im Bereich der Sozialhilfe nicht.
Beantragt eine unterstützte Person die Übernahme von Kosten einer bei ihr angestellten
Pflegeperson (vgl. § 13 ZLV), ist Folgendes zu beachten:
      Bezieht die unterstützte Person eine Hilflosenentschädigung für schwere oder mittel-
       schwere Hilflosigkeit, ist die Notwendigkeit einer Betreuung oder Pflege ausgewiesen.
      Zu prüfen bleibt diesfalls, ob die notwendige Pflege und Betreuung nicht durch Familien-
       gehörige, anerkannte Spitex-Organisationen oder ähnliche Leistungserbringende ge-
       währleistet werden kann.

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      Ist dies nicht der Fall oder genügen diese Leistungen nicht, ist festzulegen, welcher Be-
       darf im konkreten Einzelfall benötigt wird und welchen Anforderungen die Pflegekraft zu
       genügen hat.
      Ist die Pflege und/oder Betreuung durch die angestellte (oder anzustellende) Person
       notwendig und angemessen und stellt sie eine sinnvolle Lösung dar, können die ent-
       sprechenden, nicht anderweitig gedeckten Kosten übernommen werden (vgl. dazu auch
       Kapitel 11.1.12).

3.3.     Tagesstrukturen
Kosten für Tagesstrukturen können beispielsweise anfallen, wenn ein behindertes Kind auf-
grund der familiären Situation während des Tages oder während einigen Stunden pro Tag
einer Fremdbetreuung bedarf. Aber auch bei erwachsenen Menschen mit einer gesundheitli-
chen Beeinträchtigung kann die Nutzung einer Tagesstruktur sinnvoll sein. Auch hier sind
Bedarf und Umfang der in Anspruch zu nehmenden Hilfe zu prüfen. Gegebenenfalls ist zur
Finanzierung eine allfällige Hilflosenentschädigung beizuziehen. Sind Bedarf, Umfang und
Nutzen des Besuchs einer Tagesstruktur ausgewiesen, können die ungedeckten Kosten als
krankheits- und behinderungsbedingte Folgekosten übernommen werden. Besucht jedoch
eine invalide Person eine nach dem Bundesgesetz über die Institutionen zur Förderung der
Eingliederung von invaliden Personen (IFEG, SR 831.26) anerkannte Tagesstruktur, fällt ei-
ne Finanzierung des Aufenthalts aus Mitteln der öffentlichen Sozialhilfe ausser Betracht.
Denn das IFEG bestimmt, dass sich die Kantone soweit an den Kosten des Aufenthalts in
einer anerkannten Institution zu beteiligen haben, dass keine invalide Person wegen dieses
Aufenthaltes Sozialhilfe benötigt. Vermögen invalide Personen den Aufenthalt nicht aus ei-
genen Mitteln zu bezahlen, erhalten sie im Kanton Zürich Zuschüsse nach § 19a ZLG in
Verbindung mit § 20 ZLV (vgl. dazu auch Kapitel 12.1.01).

3.4.     Transporte
Nach § 15 ZLV werden vergütet die Kosten für
a.     Notfalltransporte und notwendige Verlegungen in der Schweiz,
b. Transporte zum nächstgelegenen geeigneten medizinischen Behandlungsort,
c. Transporte zu Einrichtungen, die Tagesstrukturen anbieten.
Ist die Person wegen ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung auf die Benützung eines ande-
ren Transportmittels als den öffentlichen Verkehr angewiesen, so werden diese Kosten ver-
gütet.
Analog hierzu kann die Sozialbehörde Transportkosten übernehmen, welche z.B. aufgrund
einer Krankheit notwendig sind. Dabei ist aber zu beachten, dass im Grundbedarf für den
Lebensunterhalt ein Anteil für die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs enthalten ist (vgl.
Kapitel 7.1.01). Zu übernehmen sind deshalb nur die Mehrkosten.

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3.5.      Hilfsmittel
Die Anschaffungs- oder Mietkosten für Hilfsmittel können übernommen werden, sofern ein
entsprechender Bedarf besteht und deren Ausführung einfach und zweckmässig ist (vgl.
§ 16 ZLV). Ist unklar, ob ein Hilfsmittel notwendig oder dessen Ausführung einfach und
zweckmässig ist, kann eine entsprechende Bescheinigung von einer Ärztin oder einem Arzt,
einer Spezialstelle für Invalidenhilfe oder einer Beschäftigungstherapiestelle verlangt werden.
Bei Hörapparaten ist die Bescheinigung von einer Fachperson auszustellen, die von der In-
validenversicherung für die Begutachtung von Hörmitteln anerkannt ist (vgl. § 17 ZLV). Mög-
liche Hilfsmittel sind beispielsweise
      Prothesen,
      spezielles Schuhwerk,
      Spezialkleider bei Allergien,
      Hilfsmittel für Blinde und hochgradig Sehschwache (Blindenstöcke, Punktschriftschreib-
       maschinen, Tonbandgeräte etc.),
      Hörgeräte,
      Pflegehilfsgeräte und Behandlungsgeräte.
Vor der Übernahme ist insbesondere zu prüfen, ob die Invalidenversicherung oder gegebe-
nenfalls die Altersversicherung die Kosten übernimmt oder zumindest einen Anteil leistet.

3.6.      Diätzuschlag
Zum Diätzuschlag vgl. Kapitel 8.1.05.

Rechtsprechung

VB.2018.00023: Die Hilflosenentschädigung ist bei jener Person als Einnahme anzurechnen,
die die Betreuungsleistung erbringt. Werden Betreuung und Pflege (teilweise) von Dritten
eingekauft, sind die dadurch entstandenen Kosten im Rahmen von krankheits- und behinde-
rungsbedingten Spezialauslagen angemessen zu berücksichtigen. Wird eine behinderte,
nicht von der Sozialhilfe unterstützte Person (z.B. ein volljähriges Kind) von einer Sozialhilfe
beziehenden Person (z.B. der Mutter) gepflegt, ist die Hilflosenentschädigung in jenem Um-
fang als Einnahme der Eltern anzurechnen, in dem sie nicht für den Einkauf von externen
Dienstleistungen verwendet wird (E. 6.1). Die Beschwerdeführenden erbringen die aufgrund
der Hilflosigkeit ihrer Tochter anfallenden Pflege- und Betreuungsarbeiten im Wesentlichen
selbst. Die Hilflosenentschädigung dient dazu, diesen Pflege- und Betreuungsaufwand ab-
zudecken. Demgegenüber ist der allgemeine Lebensbedarf der Tochter aus ihrer IV-Rente
sowie den Ergänzungsleistungen zu finanzieren. Die Hilflosenentschädigung ist deshalb im

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sozialhilferechtlichen Budget der Eltern vollumfänglich als Einnahme anzurechnen. Allfällige
extern eingekauften Leistungen für die Pflege und Betreuung der Tochter wären von der Be-
schwerdegegnerin als situationsbedingte Leistungen zu übernehmen (E. 6.2)
VB.2013.00459: Die Nachzahlung von Hilflosenentschädigung ist jedenfalls für die Deckung
von ausgewiesenen behinderungsbedingten Mehrkosten zu verwenden, weshalb die bereits
dafür bezahlte Sozialhilfe an die Unterstützungsbedürftige zurückgefordert werden darf (E.
3.3). Da die Beschwerdeführerin ihren hilfebedürftigen Sohn tatsächlich betreute ist ihr die
Hilflosenentschädigung als Einkommen anzurechnen (E.3.4) und ihr unter den gegebenen
Umständen eine monatliche Integrationszulage auszurichten (E.4.2).
VB.2010.00181: Anrechnung der Hilflosenentschädigung an die wirtschaftliche Hilfe. Rechts-
grundlagen der wirtschaftlichen Hilfe (E. 2.1-2.3) und der Hilflosenentschädigung (E. 2.4). Im
Einklang mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung kann die Hilflosenentschädigung im
vorliegenden Fall nach dem Grundsatz der Subsidiarität an die wirtschaftliche Hilfe ange-
rechnet werden, denn die Sozialbehörde bezahlte dem Beschwerdeführer die Kosten der
Fremdbetreuung seines behinderten Kinds zusätzlich zur wirtschaftlichen Hilfe vollständig.
Bei den Fremdbetreuungskosten handelt es sich vorliegend um situationsbedingte Leistun-
gen für behinderungsbedingte Mehrkosten (E. 4.1). Die Hilflosenentschädigung kann im vol-
len Betrag angerechnet werden, da die Fremdbetreuungskosten diese übersteigen (E. 4.2).
Abweisung der Beschwerde in der Sache (E. 4.3).
VB.2008.00409: Keine Kostenübernahme für Kuraufenthalt und Haushalthilfe. Die Ableh-
nung der nachträglichen Kostenübernahme für den Kuraufenthalt des Beschwerdeführers
nach einer Enddarmoperation ist nicht rechtsverletzend, denn dessen Allgemeinzustand war
gemäss Austrittsbericht des Spitals gut, das Kurhaus verrechnete keine ärztlichen Leistun-
gen und selbst bei Zusatzversicherten übernimmt die Krankenkasse nur einen Teil der Kos-
ten eines Kuraufenthalts; überdies steht der Sozialbehörde bei der Gewährung situationsbe-
dingter Leistungen weitgehendes Ermessen zu (E. 4.1). Auch bezüglich der Abweisung der
Kostenübernahme für die Haushalthilfe ist der Beschwerdegegnerin keine Rechtsverletzung
vorzuwerfen (E. 4.2). Eine Verletzung der Untersuchungspflicht durch die Sozialbehörde ist
nicht ersichtlich (E. 4.3).
VB.2007.00112: Krankheits- und behinderungsbedingte Spezialauslagen sind Kosten für
Leistungen, die nicht im Rahmen der medizinischen Grundversorgung liegen, im konkreten
Einzelfall aber sinnvoll und nutzbringend sind. Sie können angerechnet werden, sofern sie
nicht von anderer Seite übernommen werden (E. 2.2.3). Im Sozialhilferecht gilt das Subsidia-
ritätsprinzip. Nach § 2 Abs. 2 SHG werden andere gesetzliche Leistungen sowie Leistungen
Dritter und sozialer Institutionen bei der Bemessung der Sozialhilfe berücksichtigt. B erhält
von der Invalidenversicherung eine Hilflosenentschädigung in der Höhe von ca. 1'100.- pro
Monat, welche nicht ins Budget aufgenommen wurde. Gemäss dem Subsidiaritätsprinzip
sind die Kosten der Fremdbetreuung ihrer geistig behinderten Tochter zunächst von der Hilf-
losenentschädigung zu bezahlen. Erst wenn ein Fehlbetrag übrig bleibt – was die Beschwer-
deführerin aber vorliegend nicht geltend macht –, kann subsidiär die Sozialhilfe in Anspruch
genommen werden (E. 4.2).

8 Situationsbedingte Leistungen (WSH)
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Praxishilfen

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