Abstimmungsbotschaft zur Vorlage 2 Teilrevision der Gemeindeordnung vom 27. April 1994 betreffend Einführung der Unvereinbarkeit des Amtes des ...

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Abstimmungsbotschaft zur Vorlage 2 Teilrevision der Gemeindeordnung vom 27. April 1994 betreffend Einführung der Unvereinbarkeit des Amtes des ...
Abstimmungsbotschaft
zur Vorlage 2

Teilrevision der Gemeindeordnung vom
27. April 1994 betreffend Einführung der
Unvereinbarkeit des Amtes des Stadtpräsi-
diums mit einem Ständerats- oder National-
ratsmandat

                      Volksabstimmung vom
                        26. September 2021
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Die Vorlage in Kürze
Gemeinderat und Stadtrat unterbreiten        meindeordnung vom 27. April 1994 be-
Ihnen die Teilrevision der Gemeindeord-      treffend Einführung der Unvereinbarkeit
nung, welche die Unvereinbarkeit des         des Stadtpräsidiums mit einem Stände-
Stadtpräsidiums mit einem Ständerats-        rats- oder Nationalratsmandat zuzustim-
oder Nationalratsmandat einführt.            men.

Die Gemeindeordnung hält in Art. 34
fest, dass der Stadtrat aus einem vollamt-
lich tätigen Stadtpräsidium und vier ne-
benamtlichen Mitgliedern besteht. Das
Vollamt des Stadtpräsidiums lässt sich
gemäss Auffassung einer Mehrheit des
Gemeinderates nicht mit einem Stände-
rats- oder Nationalratsmandat verein-
baren. Die bestehenden Regelungen zur
Unvereinbarkeit in Art. 15 der Gemein-
deordnung sollen folglich wie folgt er-
gänzt werden:

Art. 15 Abs. 6 Gemeindeordnung (neu):
«Das Amt des Stadtpräsidiums ist nicht
vereinbar mit einem Ständerats- oder
Nationalratsmandat. Das Gesetz be-
stimmt eine Übergangsfrist von maximal
9 Monaten und regelt das Weitere.»

Art. 62 Abs. 3 Gemeindeordnung (neu):
«Der mit Beschluss vom […] eingefüg-
te Art. 15 Abs. 6 tritt auf den 1. Januar    Die Abstimmungsfrage lautet:
2022 in Kraft.»
                                             Stimmen Sie der Teilrevision der Ge-
Der Stadtrat empfahl dem Gemeinderat,        meindeordnung vom 27. April 1994
die Vorlage abzulehnen. Demgegenüber         betreffend Einführung der Unverein­
empfiehlt Ihnen der Gemeinderat mit 21       barkeit des Stadtpräsidiums mit einem
Ja-Stimmen zu 12 Nein-Stimmen bei 4          Ständerats- oder Nationalratsmandat
Enthaltungen, der Teilrevision der Ge-       zu?

Titelbild: © Balz Kubli, Frauenfeld
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Die Vorlage im Detail
Ausgangslage                               Was will die Regelung?
An der Gemeinderatssitzung vom 13.         Die Teilrevision regelt, dass die amtieren-
November 2019 reichten die Gemein-         de Stadtpräsidentin oder der amtierende
deräte Peter Hausammann (CH), Kurt F.      Stadtpräsident bei Wahl in den Stän-
Sieber (SVP), Christoph Regli (CVP) und    de- oder Nationalrat innert 9 Monaten
Pascal Frey (SP) mit 21 Mitunterzeich-     das Stadtpräsidium aufzugeben und
nenden die Motion «Unvereinbarkeit»        der Stadtrat die Ersatzwahl einzuleiten
ein, wonach der Stadtrat eine Rechts-      hat. Die Regelung gilt auch für den um-
grundlage für die Unvereinbarkeit des      gekehrten Fall, wenn ein amtierendes
Stadtpräsidiums mit einem Ständerats-      Mitglied des Bundesparlaments für das
oder Nationalratsmandat schaffen soll.     Stadtpräsidium gewählt wird.
An der Gemeinderatssitzung vom 19.
August 2020 erklärte der Gemeinderat       Die Teilrevision schliesst nicht aus, dass
die Motion mit 21 Ja-Stimmen zu 13         eine amtierende Stadtpräsidentin oder
Nein-Stimmen bei 4 Enthaltungen als        ein amtierender Stadtpräsident für den
erheblich und überwies das Geschäft        Stände- oder Nationalrat (und ebenso
zur Vorbereitung an den Stadtrat. Dieser   im oben beschriebenen umgekehrten
erarbeitete in der Folge eine Botschaft    Fall) kandidieren kann. Erst nach erfolg-
zuhanden des Gemeinderates mit den         reicher Wahl in das zweite Amt muss die
möglichen Ergänzungen in der Gemein-       Unvereinbarkeit durch die gewählte Per-
deordnung zur Regelung der Unverein-       son behoben werden.
barkeit und einem Alternativ-Vorschlag
zur Vereinbarkeit.                         Gesetzliche Grundlagen
                                           Die Kantonsverfassung regelt in § 29
Der Gemeinderat trat am 28. April 2021     und 30 die Unvereinbarkeiten in Bezug
auf die Regelung der Unvereinbarkeit,      auf die Zugehörigkeit zur Aufsichts-
nicht aber auf den Alternativ-Vorschlag,   behörde sowie den Verwandtenaus-
ein. Im Rahmen der Detailberatung be-      schluss und lässt weitere Regelungen
riet der Gemeinderat die Unvereinbar-      durch den Gesetzgeber zu. Weder das
keitsregelung und stimmte der nun vor-     kantonale Gesetz über das Stimm- und
liegenden Gesetzestextformulierung der     Wahlrecht, noch das kantonale Gemein-
Geschäftsprüfungskommission Finanzen       degesetz enthalten eine Regelung zur
und Administration mit 21 Ja-Stimmen       Unvereinbarkeit von Exekutivmitglie-
zu 12-Nein-Stimmen bei 4 Enthaltungen      dern auf Gemeindeebene. Daher und
zu.                                        mit Blick auf die Gemeindeautonomie
                                           kann die gesetzliche Grundlage in der
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Die Vorlage im Detail

Gemeindeordnung der Stadt Frauen-           Motion in Aussicht gestellt, dass eine
feld geschaffen werden, in deren Art.       vollamtliche Stadtpräsidentin oder ein
15 die übrigen Unvereinbarkeiten des        vollamtlicher Stadtpräsident ihre bezie-
städtischen Rechts bereits geregelt sind.   hungsweise seine Entschädigung als
Änderungen der Gemeindeordnung              Stände- oder Nationalrat in Anlehnung
müssen gestützt auf Art. 8 Ziff. 1 der      an Art. 7 Abs. 2 des Reglements über die
Gemeindeordnung durch die Stimmbe-          Besoldung des Stadtrates der Stadtkasse
rechtigen beschlossen und gemäss § 59       abzuliefern hat. Dies wird voraussichtlich
der Kantonsverfassung zusätzlich vom        auch während der Übergangsfrist von
Regierungsrat genehmigt werden.             maximal 9 Monaten gelten. Mit diesen
                                            Mitteln könnten organisatorische Mass-
Erläuterungen zur Unvereinbarkeits-         nahmen während der Übergangsfrist,
regelung                                    wie beispielsweise Stellvertretungsrege-
Die Teilrevision sieht vor, die bestehen-   lungen, finanziert werden.
den Regelungen zur Unvereinbarkeit in
Art. 15 der Gemeindeordnung wie folgt       Die Unvereinbarkeitsregelung würde auf
zu ergänzen:                                den 1. Januar 2022 mit folgender neuen
                                            Bestimmung in Kraft gesetzt werden:
Art. 15 Abs. 6 Gemeindeordnung (neu):
«Das Amt des Stadtpräsidiums ist nicht      Art. 62 Abs. 3 Gemeindeordnung (neu):
vereinbar mit einem Ständerats- oder        «Der mit Beschluss vom […] eingefüg-
Nationalratsmandat. Das Gesetz be-          te Art. 15 Abs. 6 tritt auf den 1. Januar
stimmt eine Übergangsfrist von maximal      2022 in Kraft.»
9 Monaten und regelt das Weitere.»
                                            Ein Blick über die Stadtgrenze hinaus
Auf Stufe der Gemeindeordnung wird          Zur Frage, ob ein Mitglied einer Exekutiv-
nur der Grundsatz der Unvereinbarkeit       behörde zeitgleich Mitglied des Bundes-
des Stadtpräsidiums mit einem Stände-       parlaments (und umgekehrt) sein kann,
rats- oder Nationalratsmandat sowie die     bestehen unterschiedliche Regelungen.
Übergangsfrist von 9 Monaten festge-        In der Stadt Winterthur soll es künftig
legt. Für das Weitere wird auf das – bei    nicht mehr möglich sein, dass Stadt-
Annahme der Vorlage – anzupassende          ratsmitglieder auch im Kantons- oder
städtische Gesetz verwiesen. Anpas-         Bundesparlament vertreten sind (siehe
sungen auf Gesetzesstufe ergeben sich       hierzu die Argumente der Motionäre auf
hinsichtlich der Abgabe von Entschädi-      Seite 6), während andere Städte keine
gungen in die Stadtkasse und organisa-      entsprechende      Unvereinbarkeitsrege-
torischen Klärungen während der Über-       lung kennen (siehe hierzu die Argumen-
gangsfrist von maximal 9 Monaten. Der       te des Gegenkomitees auf Seite 7). Für
Stadtrat hat in der Beantwortung zur        die Regierung des Kantons Thurgau gilt,
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dass maximal ein Regierungsratsmitglied
im Bundesparlament vertreten sein darf.
                                            Die Debatte im
Bei Ablehnung der Teilrevision
                                            Gemeinderat
Bei Ablehnung der Teilrevision bleibt das   Der Gemeinderat hat an seinen Sitzun-
Amt des Stadtpräsidiums – mangels ei-       gen vom 19. August 2020 und 28. Ap-
ner entsprechenden Unvereinbarkeitsre-      ril 2021 die Unvereinbarkeit beraten. Im
gelung – wie bisher vereinbar mit einem     Rahmen der Gemeinderatsdebatte argu-
Ständerats- oder Nationalratsmandat.        mentierten die Gemeinderätinnen und
Der Stadtrat wird allerdings das Regle-     Gemeinderäte, die eine Unvereinbar-
ment über die Besoldung des Stadtrates      keitsregelung befürworten, im Wesentli-
auch bei Ablehnung der Teilrevision so      chen, dass das Stadtpräsidium ein Voll-
ergänzen, dass eine vollamtliche Stadt-     amt sei und die Stimmbürger erwarten
präsidentin oder ein vollamtlicher Stadt-   würden, dass die ganze Kraft in dieses
präsident seine Entschädigung als Stän-     Amt fliesse. Die gegnerischen Argumen-
de- oder Nationalrat analog zu Art. 7       te des Gemeinderates und des Stadtra-
Abs. 2 des besagten Reglements an die       tes bezogen sich im Wesentlichen auf
Stadtkasse abzuliefern hat. Mit diesen      die Bedeutung der Interessensvertretung
Mitteln könnten organisatorische Mass-      städtischer Anliegen auf Bundesebene
nahmen, wie beispielsweise Stellvertre-     und darauf, dass das passive und aktive
tungsregelungen, finanziert werden.         Wahlrecht nicht durch eine Unverein-
                                            barkeitsregelung eingeschränkt werden
                                            soll. In den Voten aus beiden Lagern
                                            bestand Einigkeit darin, dass es sich um
                                            eine wichtige Frage handle, die vor den
                                            nächsten Ständerats- und Nationalrats-
                                            wahlen geregelt werden müsse.
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Argumente der Motionäre für die
Unvereinbarkeitsregelung
Stadtpräsidium am Puls der                   Pensum von mindestens 50 %, bleibt kein
Bevölkerung, nicht in Bern                   Platz.
Die Frauenfelderinnen und Frauenfelder
wollen das vollamtlich tätige Stadtober-     Entweder – oder
haupt hier in der Stadt. Am Puls der Be-     Frauenfeld oder Bern ist keine Organi-
völkerung. Nicht in Bern. Und sie wollen,    sationsfrage, keine Kommunikations-
dass es sich voll und ganz für die Stadt     frage und auch keine finanzielle Frage.
einsetzt, ohne daneben sehr zeitintensive    Sondern eine Grundsatzfrage: Entweder
Mandate auszuüben. Eine einigermassen        – oder, Stadtpräsidium oder Nationalrat
seriöse Ausübung des Nationalratsman-        bzw. Ständerat. Ein Politiker oder eine
dats erfordert mindestens ein 50 bis 60 %-   Politikerin mit Ehrgeiz (solche brauchen
Pensum; ein Ständeratsmandat erfordert       wir durchaus) muss sich zwischen diesen
noch mehr Zeit. Damit liegt auf der Hand,    beiden Ämtern entscheiden.
dass diese beiden Mandate nicht mit dem
des Stadtpräsidiums vereinbar sind.          Gute Kontakte
                                             Gute Kontakte zu für die Stadt relevan-
Keine Ämterkumulation                        ten Stellen in Bern sind hilfreich. Dafür
Eine Kumulation von wichtigen, ver-          braucht es indessen kein zeitintensives
antwortungsvollen und zeitintensiven         eidgenössisches Mandat mit einem Pen-
Ämtern dient niemandem. Das Stadt-           sum von über 50 %.
präsidium erfordert volle und ungeteilte
Konzentration auf unsere Stadt.              Moderate Frauenfelder Lösung
                                             Die Unvereinbarkeitsregelung ist mode-
Nacheinander, nicht nebeneinander            rat: Ausgeschlossen ist nur die gleich-
lautet die Devise                            zeitige Ausübung des Amtes des Stadt-
Stadtpräsidium und Nationalrats- oder        präsidiums mit einem Nationalrats- oder
Ständeratsmandat sollen deshalb nicht        Ständeratsmandat. Unsere Nachbarstadt
gleichzeitig, sondern nacheinander aus-      Winterthur geht z.B. sehr viel weiter und
geübt werden.                                verbietet allen Stadtratsmitgliedern Nati-
                                             onalrats- und Ständeratsmandate sowie
Stadtpräsidium ist ein Vollamt               zusätzlich auch die Ausübung eines Kan-
Solange das Stadtpräsidium ein Vollamt       tonsratsmandats.
ist, hat der Stadtpräsident seine ganze
Arbeitskraft der Frauenfelder Bevölke-
rung zur Verfügung zu stellen. Für ein
aufwändiges Mandat in Bern, mit einem
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Argumente des Komitees «Mehr
Frauenfeld im Bundeshaus»
gegen die Unvereinbarkeitsregelung
Mehr Frauenfeld im Bundeshaus                Gerade Frauenfeld mit seiner vorwärts-
Wir leben in einer aufgeschlossenen Ge-      gewandten Politik muss einen direkteren
sellschaft und anerkennen, dass unsere       Zugang zu den Entscheidungsträgern in
Stadt auf die partnerschaftliche Zusam-      Parlament und Bundesverwaltung schaf-
menarbeit mit dem Bund angewiesen            fen und da für die eigenen Interessen
ist. Je direkter Frauenfeld seine Interes-   werben. Sie betreffen
sen in die Entscheidungsgremien hinein-      • 
                                               Verkehr und Raumordnung: Agglo-
tragen kann, desto konkreter fallen die        programm, Pilotprojekt «Mobility Pri-
Ergebnisse aus. Immer mehr Entscheide          cing», Fortentwicklung des öffentli-
in Bundesbern schlagen auf die Städte          chen Verkehrs, Langsamverkehr usw.;
und Gemeinden durch. Gesetze, Sub-           • 
                                               Armee: Einvernehmen mit armasuis-
ventionen oder Investitionen sind längst       se, Investitionen der Schweizer Armee
Verhandlungsgegenstände, die ihren Ur-         (VBS) am Standort Frauenfeld, Zukunft
sprung unter der Bundeskuppel haben.           der Stadtkaserne usw.;
Je direkter Stadtpräsidenten darauf Ein-     • 
                                               Energie und Umwelt: Als «Energie-
fluss nehmen können, desto grösser der         stadt» mit der modernen städtischen
Nutzen.                                        Energiedienstleisterin Thurplus und
                                               einem bewährten städtischen Energie-
Es gibt zahlreiche Beispiele für die posi-     förderfonds kann Frauenfeld die künf-
tive Wirkung von Stadt- und Gemein-            tige Energie- und Umweltpolitik auf
depräsidenten im Parlament. Sie haben          Bundesstufe konkret bereichern.
jeweils das unkomplizierte Einvernehmen
mit ihren Ratskolleginnen und -kollegen,     Schauen wir vorwärts! In Zukunft wer-
die Mitarbeit in Kommissionen und den        den jene Städte die Gewinnerinnen sein,
direkten Kontakt zu den «Chefs» der          die ihre Interessen zum Wohl ihrer Be-
Bundesverwaltung zum direkten Nutzen         wohnerinnen und Bewohner am besten
ihrer Kommune genutzt. Dazu zählen un-       durchsetzen. Das geschieht am direktes-
ter anderem die Städte Montreux, Baden,      ten im Parlament.
Bern, Biel, Grenchen oder Solothurn.
                                             Wir empfehlen daher ein Nein zur Vor-
Es gibt keine Beispiele dafür, wonach ein    lage.
Parlamentsmandat durch einen Stadt-
präsidenten negative Auswirkungen auf
diese Stadt gehabt hätte.
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Abstimmungsfrage
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger

Der Gemeinderat empfiehlt Ihnen mit 21 Ja-Stimmen zu 12 Nein-Stimmen bei 4 Ent-
haltungen, der Teilrevision der Gemeindeordnung vom 27. April 1994 betreffend Ein-
führung der Unvereinbarkeit des Stadtpräsidiums mit einem Ständerats- oder Natio-
nalratsmandat zuzustimmen.

Die Abstimmungsfrage lautet:

      Stimmen Sie der Teilrevision der Gemeindeordnung vom 27. April 1994
      betreffend Einführung der Unvereinbarkeit des Stadtpräsidiums mit einem
      Ständerats- oder Nationalratsmandats zu?
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