Adjuvante Systemtherapien bei Brustkrebs - Besonderheiten bei der prämenopausalen Patientin - Rosenfluh ...
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SCHWERPUNKT Adjuvante Systemtherapien bei Brustkrebs Besonderheiten bei der prämenopausalen Patientin Brustkrebs in der Prämenopause präsentiert sich gehäuft in einem fortgeschrittenen Stadium mit ag- gressiverer Tumorbiologie und ruft dadurch bei den Betroffenen viele Ängste hervor. Die Entwicklung einer individuellen Therapiestrategie für dieses Patientinnenkollektiv stellt uns vor eine schwierige Her- ausforderung. Über die onkologische Sicherheit einer Systemtherapie hinaus kommen Fragen zum Fertili- tätserhalt, zu einer genetischen Prädisposition und Lifestylefaktoren auf. FRANZISKA LENZ, CORNELIA LEO Das Mammakarzinom ist weltweit die häufigste mali- einer Systemtherapie Berücksichtigung finden. Bei gne Erkrankung der Frau. Etwa 30% der Brustkrebs- offener Familienplanung sollte eine reproduktions- patientinnen sind prämenopausal (1). In dieser Al- medizinische Vorstellung erfolgen. Somit bedarf die tersklasse präsentieren sich die Patientinnen bei Betreuung von prämenopausalen Patientinnen einer Diagnosestellung bereits häufig mit einem fortge- komplexen Therapiestrategie unter Einbezug inter- schrittenen Tumorwachstum und einer aggressiven, disziplinärer Expertise. schlecht differenzierten Tumorbiologie (2) (Tabelle 1). Als massgebende Kriterien zur Wahl der Therapie bei Franziska Lenz Junge Patientinnen unter 35 Jahren weisen im Alters- der jungen Patientin gelten neben der Tumorgrösse, vergleich das schlechteste rezidivfreie und Gesamt- dem Nodalstatus und dem Grading auch die im- überleben auf (3), wobei der intrinsische Subtyp ei- munhistochemische Beurteilung der Östrogen- und nen wichtigen prognostischen Faktor darstellt. Progesteronrezeptoren, die Bestimmung des HER2-Status sowie die Analyse der Proliferations- Planung der komplexen fraktion (Ki-67). Durch die molekulare Klassifizierung Therapiestrategie der Brustkrebstypen sowie die Entwicklung neuer Cornelia Leo Vor Einleitung einer individualisierten Systemthera- Substanzen wurden in den letzten Jahren in der adju- pie bei prämenopausalen Brustkrebspatientinnen vanten Systemtherapie (endokrine, Chemo- und ziel- sind Auswirkungen auf den Fertilitätserhalt, Neben- gerichtete Therapie) von Brustkrebspatientinnen wirkungsmanagement und eine ausführliche Anti- vielversprechende Optionen geboten, welche nach- konzeptionsberatung wichtige Bestandteile eines folgend hinsichtlich der Besonderheiten bei präme- prätherapeutischen Aufklärungsgesprächs. Hierbei nopausalen Patientinnen erläutert werden. sollten sowohl der Einfluss von sozioökonomischen und genetischen Faktoren als auch Langzeitfolgen Neo-/adjuvante Chemotherapie Grundsätzlich sollte bei prämenopausalen Patientin- nen das Alter allein weder zu einer Eskalation der Be- handlung führen noch als Hauptindikator für eine Merkpunkte Chemotherapie betrachtet werden. Die Indikation für eine zytostatischen Therapie gilt bei HER2-über- n 30% aller Brustkrebspatientinnen sind prämenopausal. exprimierenden Tumoren in Kombination mit einer n Prognostisch relevante Faktoren (intrinsischer Subtyp, Tumorgrösse, Nodalstatus, Gra- simultanen Anti-HER2-Therapie und bei tripelnegati- ding, Erkrankungsalter, Proliferationsfraktion, Biomarker wie Hormonrezeptor-/HER2-Sta- vem Mammakarzinom (TNBC) als gesichert. tus) bieten eine präzise Abschätzung des individuellen Risikos. Hingegen müssen bei endokrin sensiblem Brust- n Genexpressionstests dienen der Deeskalation, um Übertherapie zu verhindern, aber auch krebs weitere prädiktive Faktoren für ein hohes der Therapieeskalation, um bei High-Risk-Mammakarzinomen das Rezidivrisiko zu senken. individuelles Rezidivrisiko (Tumorgrösse, Lymphkno- n Ein personalisiertes Therapiekonzept umfasst die Beratung über kontrazeptive Mass- tenbefall, schlechter Differenzierungsgrad, junges nahmen, Fertilitätserhalt, Genetik, Nebenwirkungsmanagement und sozioökonomische Erkrankungsalter, hohes Ki-67) zur Entscheidung über Aspekte. die Notwendigkeit einer Chemotherapie mit einbe- zogen werden. 12 GYNÄKOLOGIE 1/2022
SCHWERPUNKT Tabelle 1: Klinisch pathologische Faktoren bei jungen Brustkrebspatientinnen (adaptiert nach [2]) Klinisch pathologische Kriterien/Phänotyp ≤ 30 Jahre 31–35 Jahre 36–40 Jahre Patientinnen gesamthaft n = 47 n = 111 n = 241 n = 399 n (%) n (%) n (%) n (%) Luminal A (ER/PR+, HER2–, Grad 1 oder 2) Luminal B (ER/PR+, HER2+ oder ER/PR+, HER2–, Grad 3) HER2 (ER–, PR–, HER2+) Triple negativ Tumorgrad 3 Lymphovaskuläre Invasion Tumornekrose prominente lymphozytäre Infiltration zentraler fibrotischer Fokus verdrängende Tumorränder («pushing margins») Bei prämenopausalen Hochrisikopatientinnen sollte ten humanisierten, monoklonalen Antikörper, eine wie auch bei älteren Patientinnen die (neo-)/adju- wirksame Substanz gegen diese aggressive Brust- vante Chemotherapie den Standardrichtlinien folgen. krebsentität entwickelt. Die europäische Zulassung Hierbei kommt neben der Wahl des Therapiesche- erfolgte im Jahr 2000. Der Einsatz der adjuvanten mas der Einhaltung des zeitlichen Therapieintervalls Therapie mit Trastuzumab für die Gesamtdauer von eine grosse Bedeutung zu. Dosisdichte Therapie- einem Jahr ist als Standardtherapie etabliert, wobei regime scheinen bei prämenopausalen Patientinnen das Erkrankungsalter keinen prognostischen Wert mit Hochrisikokonstellationen einen positiven Effekt auf die Therapie zeigt (10). auf das Gesamtüberleben zu haben (4). Die Erweiterung der Anti-HER2-gerichteten Thera- Bei jungen Brustkrebspatientinnen konnte nach neo- pieoptionen durch den Einsatz von Pertuzumab und adjuvanter Chemotherapie (NACT) signifikant häufiger dem Antikörper-Drug-Konjugat T-DM1 bei fortge- ein vollständiges pathologisches Ansprechen (pCR) er- schrittenem Brustkrebs hatte zudem in den letzten zielt werden, insbesondere bei luminalem und TNBC 15 Jahren einen positiven prognostischen Effekt (11). (5). Bei TNBC im Stadium II bis III konnte der Anstieg Hierbei konnte auch im Rahmen der Postneoadju- der pCR-Rate durch Zugabe von Carboplatin zur stan- vanzstudie KATHARINE altersunabhängig ein signifi- dardisierten Taxan- und Anthrazyklinbasierten Thera- kant verlängertes rezidivfreies Überleben nach Switch pie noch verstärkt werden (5). auf T-DM1 bei Non-pCR nach einer neoadjuvanten Das Ansprechen auf eine NACT bei TNBC und Antikörpertherapie mit Trastuzumab (ggf. in Kombi- HER2-positivem Mammakarzinom bietet wichtige In- nation mit Pertuzumab) nachgewiesen werden (11). formationen über eine notwendige Eskalation mittels postneoadjuvant ergänzender Chemotherapie bei Eskalation oder Deeskalation Non-pCR. In Anlehnung an die CREATEX-Daten be- Genexpressionstests (u. a. Oncotype DX®, Mamma- wirkt der postneoadjuvante Einsatz von Capecitabin print®, PAM50®, Endopredict®) können einen ent- bei TNBC mit non-pCR nach NACT im Vergleich zur scheidenden Beitrag zur personalisierten Therapie plazebokontrollierten Kohorte eine signifikante Ver- leisten, indem sie durch Deeskalation vielen Patien- besserung des rezidivfreien und des Gesamtüberle- tinnen eine Systemtherapie ersparen. Jedoch kann bens (6). Patientinnen hatten in der Studie ein media- aufgrund einer Genexpressionsanalyse auch die Ent- nes Alter von 48 Jahren, darunter waren 57,5% scheidung zur Eskalation auf eine adjuvante Chemo- prämenopausal (6). therapie erfolgen, insbesondere wenn bei hormon- In der Keynote-522-Studie konnte bei Hochrisikopa- sensitiver, HER2-negativer Risikokonstellation die tientinnen mit TNBC (T1c, N1-2 oder T2-4, N0-2) die Indikation auf dem Boden der klassischen, klinikopa- pCR-Rate unter dem PD-1-Inhibitor Pembrolizumab thologischen Faktoren nicht klar ist. und NACT noch erhöht werden (um 13,6% im Ver- Gemäss den Daten aus der TAILOR-X-Studie haben gleich zu Plazebo) (7). Daher stellen die Immuncheck- nodal negative Patientinnen mit einem luminalen point-Inhibitoren bereits jetzt vielversprechende Brustkrebs und einem Recurrence-Score (RS) unter 25 Therapieoptionen insbesondere bei jungen Patien- im Oncotype® DX (21-gene recurrence score assay) tinnen mit TNBC dar. keinen Benefit für eine zusätzliche Chemotherapie gezeigt (8). Allerdings war im Kollektiv der unter HER2-gerichtete Therapie 50-jährigen Patientinnen doch ein Vorteil für eine ad- In der Subgruppe der HER2-positiven Mammakarzi- juvante Chemotherapie im intermediären Risikobe- nome wurde mit Trastuzumab, einem HER2-gerichte- reich (Oncotype® RS 16-25) ersichtlich (8) (Tabelle 2). GYNÄKOLOGIE 1/2022 13
SCHWERPUNKT Tabelle 2: Outcome nach 9 Jahren, stratifiziert nach Recurrence Score/klinischem Risiko bei Patientinnen < 50 Jahren (adaptiert nach [8]) Variable Klinisches Zahl der Geschätzte Hazard Ratio Geschätzte Geschätzter HR für Risiko Patienten Wahrschein- (HR) für Wahrschein- absoluter Fernrezidive lichkeit Rezidiv, lichkeit für Nutzen der (95%-KI) für Rezidiv, 2. Primärtumor Fernrezidive Chemotherapie 2.Primärtumor oder Tod in % %-Punkte oder Tod in % in (95%-KI) Recurrence-Score 16–20 Keine Chemotherapie niedrig 328 19,6 ± 3,1 1,89 (1,89–3,04) 4,6 ± 1,5 –0,2 ± 2,1 1,00 (0,44–2,28) Chemotherapie niedrig 343 9,5 ± 1,8 4,8 ± 1,5 Keine Chemotherapie hoch 107 19,0 ± 4,5 1,68 (076–3,72) 11,9 ± 3,9 6,5 ± 4,9 2,26 (0,70–7,34) Chemotherapie hoch 108 16,3 ± 5,8 5,5 ± 3,0 Recurrence–Score 21–25 Keine Chemotherapie niedrig 158 19,7 ± 4,5 1,38 (0,74–2,57) 11,4 ± 3,9 6,4 ± 4,9 3,16 (1,01–9,94) Chemotherapie niedrig 161 15,8 ± 4,0 5,0 ± 3,0 Keine Chemotherapie hoch 75 26,4 ± 5,4 2,63 (1,14–6,05) 18,8 ± 5,0 8,7 ± 6,2 1,86 (0,73–4,74) Chemotherapie hoch 82 11,4 ± 3,8 10,1 ± 3,7 Dieser Benefit wurde insbesondere bei unter 45-jäh- beschreibt gut differenzierte ER- und/oder PR-posi- rigen prämenopausalen Patientinnen als chemoen- tive (≥ 10% Hormonrezeptorexpression), HER2-nega- dokriner Effekt durch eine ovarielle Suppression ge- tive Tumoren mit tiefer Proliferationsrate und niedri- deutet (8). Deshalb muss in dieser Altersgruppe eine gem Grading. Luminal-A-Tumoren haben zudem individuelle Betrachtung und Abwägung erfolgen, eine geringe Chemosensitivität, jedoch ist eine hohe die allenfalls eine Entscheidung zugunsten einer Empfindlichkeit gegenüber endokrin wirksamen Chemotherapie bei einem RS zwischen 16 und 25 be- Therapieoptionen charakteristisch. deuten kann. Tumoren des Luminal-B-Subtyps (ER/PR-positiv, In der RxPonder-Studie konnte bei prämenopausa- G2/3 und hohe Proliferationsrate) sind hingegen häu- len Patientinnen (33,2% der 5015 Patientinnen) der fig nicht ausreichend mit einer alleinigen Antihor- Nutzen einer Chemotherapie bei hormonrezeptor- montherapie zu behandeln. Bei bislang unzureichend positivem (ER+), HER2-negativem Mammakarzinom validiertem Schwellenwert für Ki-67 zur Differenzie- mit 1 bis 3 befallenen Lymphknoten unabhängig vom rung zwischen Luminal A und B können Genexpres- RS nachgewiesen werden (9). Es zeigte sich ein ab- sionsanalysen unterstützend zur individuellen Risiko- soluter Benefit von 5,2% bezüglich des krankheits- analyse und bei der Entscheidung für oder gegen freien Überlebens (94,2% vs. 89,0%; HR = 0,54; eine allfällige Chemotherapiegabe zu Rate gezogen p = 0,0004) (9). Auch beim Gesamtüberleben zeigte werden. sich für prämenopausale Patientinnen mit zusätzli- Bei der prämenopausalen Patientin mit frühem lumi- cher Chemotherapie ein absoluter, statistisch signifi- nalem Brustkrebs hat sich über Jahrzehnte der Ein- kanter Benefit von 1,3% (98,6% vs. 97,3%; HR = 0,47; satz von Tamoxifen, einem selektiven Modulator der p = 0,032) (9). Die Frage, ob dieser Effekt tatsächlich ER-Funktion (SERM), als Goldstandard etabliert. In der Chemotherapie zuzuschreiben ist oder durch die einer Metaanalyse der EBCTCG von 2011 konnte Ovarsuppression erzielt wird, wird durch diese Studie durch den Einsatz von Tamoxifen im Vergleich zur nicht beantwortet. Genexpressionstests zeigten sich Kontrollgruppe ohne adjuvante endokrine Therapie für prämenopausale, nodal positive Patientinnen in nach 15 Jahren eine etwa 30% geringere Brust- dieser Studie als nicht prädiktiv. Hingegen profitieren krebs-assoziierte Mortalitätsrate und damit ein signi- nodal positive, postmenopausale Patientinnen mit fikant verlängertes Überleben gezeigt werden (12). luminalem Brustkrebs erst ab einem RS-Wert > 25 Dieser Effekt konnte für weitere 15 Jahre nachgewie- von einer adjuvanten zystostatischen Therapie (9). sen werden (12). Tamoxifen über 5 Jahre reduziert ausserdem signifikant die Wahrscheinlichkeit für ein Adjuvante endokrine Therapie lokoregionäres Rezidiv um zirka 40% (12). Die endokrine Therapie spielt unter den adjuvanten In klinisch-pathologischen Hochrisikokonstellatio- Therapieoptionen eine zentrale Rolle. Von einer allei- nen sollte bei erhaltener ovarieller Funktion der Ein- nigen endokrinen Therapie profitieren in erster Linie satz eines Aromataseinhibitors oder von Tamoxifen in Patientinnen mit Tumoren des Luminal-A-Subtyps. Kombination mit einem Gonadotropin-Releasing- Dieser mit 40 bis 60% häufigste intrinsische Subtyp Hormon-(GnRH-)Analogon zur ovariellen Funktions- 14 GYNÄKOLOGIE 1/2022
SCHWERPUNKT Tamoxifen + OFS Exemestan + OFS Tamoxifen Characteristic TEXT-Studie SOFT-Studie Alter bei Randomisierung; Jahre ≥ 50 45–49 40–44 35–39 < 35 Zahl positiver Lymphknoten 0 1–3 ≥4 Tumorgrösse; cm ≤2 ≥2 ER-Exprimierung ≥ 50 < 50 PR-Exprimierung ≥ 50 20–49 < 20 Tumorgrad 1 2 3 Ki-67-Exprimierung, % < 14 14–19 20–25 ≥ 26 Fernrezidiv-frei im 8-Jahres-Zeitraum (95%-Konfidenzintervall) Abbildung 1: 2 Kaplan-Meier-Kurven für das rezidivfreie Überleben in 7 Subgruppen gemäss den Studien SOFT und TEXT (adapt. nach [13]) suppression (OFS) geprüft werden. Alternativ käme tive, wenn die Kombination aus AI/GnRH-Analogon auf Wunsch auch eine Adnexektomie in Betracht. Als zu Nebenwirkungen führt, die die Lebensqualität zu Risikofaktoren spielen hierbei das Erkrankungsalter stark einschränken. Der prognostische Vorteil der (< 40 Jahre), die Tumorgrösse, der Nodalstatus, eine Kombination mit OFS konnte im Niedrigrisikokollek- niedrige ER/PR-Expression, ein hohes Grading (G3) tiv (Luminal A) nicht belegt werden, weshalb hier wei- sowie ein höherer Proliferationsindex (Ki-67) eine terhin eine alleinige Tamoxifen-Therapie indiziert wichtige Rolle. werden kann. Diese Empfehlung stützt sich auf die Daten der Stu- dien SOFT (Suppression of Ovarian Function Trial) Nebenwirkungsmanagement und TEXT (Tamoxifen and Exemestane Trial), Zur Verbesserung der Compliance ist eine detaillierte welche den grössten Nutzen einer ovariellen Sup- Aufklärung der prämenopausalen Patientin über eine pression kombiniert mit einer endokrin wirksamen mögliche Verstärkung der Nebenwirkungen einer en- Therapie für insgesamt 5 Jahre bei einem Erkran- dokrinen Therapie (vasomotorische Beschwerden, kungsalter unter 35 Jahren und einem hormonrezep- Schlafstörungen, Knochenschmerzen, Genitalatro- torpositiven Mammakarzinom zeigten (13) (Abbil- phie) unter Hinzunahme einer ovariellen Suppression dung 1). Ein geringerer, wenngleich signifikanter unabdingbar. Zur Reduktion des Osteoporoserisikos Effekt der ovariellen Suppression kombiniert mit ei- unter OFS sollte eine osteoprotektive Therapie eva- nem Aromataseinhibitor (bevorzugt Exemestan) luiert werden. wurde auch bei ungünstiger biologischer Signatur Als Tool zur Abschätzung und Entscheidungshilfe (Luminal B) mit Indikation für eine Chemotherapie über die Indikation für eine OFS kann der Composite nachgewiesen (13). Die Kombination von Tamoxifen Risk Index Breast Cancer (CRIB) hilfreich sein (14). mit einer ovariellen Suppression ist der Kombination mit einem Aromataseinhibitor zwar etwas unterle- Verlängerte endokrine Therapie? gen, aber es zeigt sich weiterhin ein signifikanter Vor- Die ATLAS-Studie (mit 18% prämenopausalen Pati- teil bezüglich des krankheitsfreien Überlebens und entinnen) zeigte einen Benefit für eine verlängerte des Gesamtüberlebens gegenüber der alleinigen Tamoxifen-Gabe für 10 Jahre mit signifikant verlän- Tamoxifen-Therapie (13). Damit ist die Kombination gertem Gesamtüberleben unter Inkaufnahme eines Tamoxifen/GnRH-Analogon eine effektive Alterna- höheren Endometriumkarzinom- und Lungenembo- GYNÄKOLOGIE 1/2022 15
SCHWERPUNKT Fertilitätserhalt Antikonzeption Genetische Beratung Prämenopausale Patientinnen Lifestyle Beratung Psychoonkologie Komplementärmedizin Nebenwirkungsmanagement TNBC HER-2 positiv Luminal cT1 cN0 cT≥2 und/oder cN≥1 cT1 cN0 cT≥2 und/oder cN≥1 Wenn CT indiziert Wenn CT nicht indiziert NACT NACT (ggf. dose NACT (ggf. dose dense) Trastuzumab + dense) (+ Pembrolizumab Pertuzumab T1c,N1-2 oder T2-4, N0-2) OP adjuvante CT pCR non-pCR pT1b,c pN0 pT≥2 und/oder pN ≥ 1 pCR non-pCR AI (oder Tamoxifen) AI (oder Tamoxifen) + OFS + OFS Adjuvant Pembrolizumab Nachsorge Adjuvant Adjuvant ggf. + ggf. + Adjuvant Trastuzumab Abemaciclib Abemaciclib (wenn neoadjuvant T-DM1 Capecitabine (+ Pertuzumab wenn (≥4 LK oder (≥4 LK oder Pembrolizumab gegeben wurde: cN+) 1-3 LK G3 / ≥5 cm) 1-3 LK G3 / ≥5 cm) T1c,N1-2 oder T2-4, N0-2) Adjuvant Adjuvant CT + Nur Tamoxifen adjuvante CT Paclitaxel + Trastuzumab ggf. verlängerte ET ggf. verlängerte ET (+OFS bei Trastuzumab +/- Pertuzumab Hochrisiko) ggf. verlängerte ET Abbildung 2: Möglicher Behandlungsalgorithmus der Systemtherapie bei Mammakarzinom in der Prämenopause (adaptiert nach [20]) Adaptiert nach Parisi et al. (20) lierisikos (15). In Anbetracht der Tatsache eines ho- prämenopausalen Patientinnen) im Vergleich zum hen Rezidivrisikos für die prämenopausale Patientin Plazeboarm. Mit Spannung erwarten wir, zukünftig sollte eine verlängerte endokrine Therapie über mehr Daten zum Effekt der adjuvanten Therapie mit 5 Jahre hinaus bei Hochrisikopatientinnen evaluiert CDK-4/6-Inhibitoren im Hinblick auf das Gesamt- werden. Daten bezüglich der Benefits einer verlän- überleben bei prämenopausalen Patientinnen prä- gerten endokrinen Therapie nach 5 Jahren Kombina- sentiert zu bekommen. tionstherapie mit AI/GnRH existieren jedoch noch Unabhängig von ggf. präexistierenden Risikofakto- nicht. Die Entscheidung für eine Therapieverlänge- ren für Osteoporose sollten bei zu erwartender ova- rung muss individuell mit der Patientin diskutiert rieller Suppression aufgrund adjuvanter Systemthera- werden, und sowohl das Rezidivrisiko als auch die Be- pien osteoprotektive Massnahmen wie Bewegungs- einträchtigung der Lebensqualität durch Nebenwir- therapie, Gewichtsoptimierung sowie Kalzium- und kungen der Therapie müssen berücksichtigt werden. Vitamin-D-Substitution empfohlen werden. Einsatz von CDK-4/6-Inhibitoren? Genetische Beratung Der Einsatz von CDK-4/6-Inhibitoren im adjuvanten 5 bis 10% aller Brustkrebserkrankungen sind erblich Setting bei Hochrisikopatientinnen mit endokrin sen- bedingt (17). Bei der Hälfte dieser Patientinnen lässt siblem Brustkrebs wurde in den letzten Jahren inten- sich eine BRCA1- oder BRCA2-Keimbahnmutation siv erforscht. Im Phase-III-MonarchE-Trial erhielten nachweisen. Eine erbliche Ursache kann bei positiver insgesamt 5637 Patienten mit high-risk nodal positi- Familienanamnese mit mindestens 2 weiteren an vem luminalem Brustkrebs (≥ 4 Lymphknoten oder Brustkrebs erkrankten Patientinnen (oder mindestens 1 1–3 Lymphknoten G3 / ≥ 5 cm) nach erfolgter Opera- ≤ 50 Jahren), bei einem Erkrankungsalter ≤ 40 Jahren, tion, Radiotherapie und/oder Chemotherapie eine gleichzeitiger Anamnese von Brust- und Eierstock-, 5-jährige adjuvante endokrine Therapie mit einem Prostata- oder Pankreaskarzinom, bilateralem Brust- Aromatasehemmer mit oder ohne Zusatz von Ab- krebs (≤ 50 Jahre), bei TNBC < 60 Jahren oder männ- emaciclib für 2 Jahre (16). Hierbei zeigte sich alters- lichen Brustkrebspatienten vermutet werden (17). Trifft unabhängig eine Risikoreduktion von 29% für das eines dieser genannten Testkriterien zu, sollte Betrof- rezidivfreie Überleben unter Abemaciclib in Kombi- fenen eine genetische Beratung und Testung nach er- nation mit einem Aromataseinhibitor (plus OFS bei teilter Kostengutsprache der Krankenkasse angebo- 16 GYNÄKOLOGIE 1/2022
SCHWERPUNKT ten werden. Bei Trägerinnen einer BRCA-Mutation Dr. med. Franziska Lenz und besteht ein Risiko von bis zu 40%, vor dem 50. Lebens- Prof. Dr. med. Cornelia Leo jahr an Brustkrebs zu erkranken (17). (Korrespondenzadresse) Der Nachweis einer BRCA-Mutation hat nicht nur Interdisziplinäres Brustzentrum Baden Konsequenzen bezüglich (sekundär-) prophylakti- Departement Frauen und Kinder Kantonsspital Baden scher Massnahmen. Der durch die Genmutation ge- 5404 Baden E-Mail: cornelia.leo@ksb.ch störte DNA-Reparaturmechanismus stellt auch einen neuen Angriffspunkt für die Behandlung mit zielge- Quellen: richteten Substanzen dar. Der Poly-(ADP)-Ribose- 1. Heer E et al.: Global burden and trends in premenopausal and postmenopau- Polymerase-(PARP-)Inhibitor Olaparib wurde in der sal breast cancer: a population-based study. The Lancet Global Health. 2020; 08: Phase-III-Studie Olympia im adjuvanten Setting un- e1027–e1037. 2. Collins LC et al.: Pathologic features and molecular phenotype by patient age tersucht (18). Das mediane Alter der Studienpopula- in a large cohort of young women with breast cancer. Partridge AH Breast Cancer tion war jung (42 Jahre im Olaparib- bzw. 43 Jahre im Res Treat. 2012 Feb; 131(3): 1061–1066. 3. Billena C et al.: 10-Year Breast Cancer Outcomes in Women ≤ 35 Years of Age. Plazeboarm). Die Zugabe von Olaparib im adjuvan- Int J Radiat Oncol Biol Phys. 2021; 109: 1007. ten Setting bei Hochrisiko-BRCA1- oder BRCA2-as- 4. Lambertini M et al.: Dose-dense adjuvant chemotherapy in premenopausal soziiertem Mammakarzinom führte bereits nach ei- breast cancer patients: A pooled analysis of the MIG1 and GIM2 phase III studies. Eur J Cancer. 2017 Jan; 71: 34–42. nem medianen Follow-up von 2,5 Jahren zu einer 5. 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Die Indikation für eine Systemtherapie ist immer eine individuelle Entscheidung, in die sowohl Patientin- nen- als auch Tumorcharakteristika einfliessen; Abbil- dung 2 (20) illustriert einen möglichen Behandlungs- algorithmus. n 18 GYNÄKOLOGIE 1/2022
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