Aktuelles zum Düngerecht: Novelle der Düngeverordnung

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Aktuelles zum Düngerecht: Novelle der Düngeverordnung
Recht und
                                                                                                          Verwaltung

                                                                                                        Abbildung 1
Paul-Bastian Nagel                                                                                      Mit der Novelle der
                                                                                                        Düngeverordnung

Aktuelles zum Düngerecht: Novelle der                                                                   wird das Düngerecht
                                                                                                        nochmals verschärft,

Düngeverordnung                                                                                         um den Vorgaben
                                                                                                        der EU-Nitratricht-
                                                                                                        linie gerecht zu
                                                                                                        werden (Foto: Daniel
                                                                                                        Mattheus/piclease).
  Die Düngeverordnung wurde weiter nachgebessert und soll nun die Anforderungen der
  EU-Nitratrichtlinie endlich erfüllen – zumindest auf dem Papier. Die neue Verordnung ist seit
  dem 28. April 2020 in Kraft. Hintergrund ist ein seit Jahren laufendes Vertragsverletzungs-
  verfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland, da diese die EU-Richtlinie bislang unzu-
  reichend umsetzt. Insbesondere den hohen Nitratbelastungen der Grund- und Oberflächen-
  gewässer muss effizienter als bisher entgegengewirkt werden.

Übergangsregelung für rote Gebiete
Derzeit etwas in den Hintergrund gerückt, erin-    Übergangsregelung durchgesetzt – sie soll erst
nern sich wahrscheinlich noch die meisten an       Anfang des kommenden Jahres gelten. Dies soll
die Bauernproteste in deutschen Städten vor        besondere Härten auch vor dem Hintergrund der
wenigen Wochen, als viele tausende Traktoren       Corona-Krise vermeiden helfen. Bis dahin sollen
die Straßen blockierten und die Landwirte ihrem    auch bundesweit einheitliche Kriterien für die
Ärger Luft machten. Sorge bereitete ihnen vor      Ausweisung der „roten Gebiete“ durch Bund und
allem die Anpassung des Düngerechts, speziell      Länder als Verwaltungsvorschrift definiert werden.
die sogenannten „roten Gebiete“: Durch Nitrat      Bisher werden die Gebiete in den Bundesländern
besonders belastete Gebiete, für die der Einsatz   unterschiedlich abgegrenzt. Eine entscheidende
von Düngemitteln besonders streng geregelt         Rolle kommt dabei den Grundwassermess-
werden soll (siehe Info-Box). Im Bundesrat wurde   systemen zu. Die Daten sollen überprüft und
nun für diese Gebiete in letzter Minute eine       aktualisiert werden.

ANLIEGEN NATUR            42(2), 2020                                                                                          123
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  Recht und Verwaltung                                                                     Novelle der Düngeverordnung

                         Neue Regelungen für die „roten Gebiete“ ab 1. Januar 2021

                         In den besonders stark mit Nitrat belasteten Gebieten werden erstmals
                         bundesweit folgende verpflichtende Maßnahmen vorgeschrieben:

                         • Verringerung der standortbezogenen Obergrenze für die Düngung
                            (Düngebedarf) um 20 % im Durchschnitt der Flächen des Betriebes, die
                            dieser in nitratbelasteten Gebieten bewirtschaftet (Ausnahme: gewässer-
                            schonend wirtschaftende Betriebe*; Länder dürfen weitere Ausnahmen für
                            Dauergrünland vorsehen);

                         • S chlagbezogene Begrenzung (Betrachtung des einzelnen Feldes, statt des
                            Betriebes im Durchschnitt) auf 170 kg Gesamtstickstoff je Hektar (Ausnahme:
                            gewässerschonend wirtschaftende Betriebe*);

                         • V
                            erbot der Herbstdüngung von Winterraps und Wintergerste sowie von
                           Zwischenfrüchten ohne Futternutzung (Ausnahme für Winterraps, wenn
                           durch eine Bodenprobe nachgewiesen wird, dass die verfügbare Stickstoff-
                           menge im Boden unter 45 kg Stickstoff je Hektar liegt);

                         • Stickstoffdüngung bei Kulturen mit einer Aussaat oder Pflanzung nach dem
                            1. Februar nur, wenn auf der betroffenen Fläche im Herbst des Vorjahres eine
                            Zwischenfrucht angebaut wurde (Ausnahme: spät geerntete Vorfrucht im
                            Herbst und besonders trockene Gebiete);

                         • Verlängerung der Sperrfrist, in der kein Festmist und Kompost ausgebracht
                            werden darf, auf drei Monate (01.11. bis 31.01.; bisher 15.12. bis 15.01.), für
                            Grünland um vier Wochen (01.10. bis 31.01.; bisher 01.11. bis 31.01.);

                         • B
                            egrenzung der Aufbringung flüssiger organischer Düngemittel auf
                           Grünland im Herbst auf 60 kg Gesamtstickstoff je Hektar.

                         Der Katalog der optionalen Maßnahmen in den mit Nitrat belasteten Gebieten
                         wird zudem um die schlagbezogene Absenkung der Obergrenze von 170 kg
                         Gesamtstickstoff je Hektar und Jahr für organische und organisch-mineralische
                         Düngemitteln auf 130 kg Gesamtstickstoff pro Hektar und Jahr für Ackerflächen
                         ergänzt. Außerdem wird der Katalog für zusätzlich zu ergreifende Maßnahmen
                         in besonders nitratbelasteten Gebieten für weitere Maßnahmen der Länder geöffnet,
                         sodass die Länder regional lösungsorientierte Maßnahmen ergreifen können.

                         *Gewässer schonend wirtschaftende Betriebe: Betriebe die weniger als 160 kg
                         Gesamtstickstoff je Hektar und davon nicht mehr als 80 kg Gesamtstickstoff je
                         Hektar in Form von mineralischen Düngemitteln aufbringen.

          Info-Box

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Nagel:
Novelle der Düngeverordnung                                                                   Recht und Verwaltung

                                                                                                      Abbildung 2
                                                                                                      Sind die Gewässer-
Wesentlichen Änderungen und Ergänzungen            Fällen, darf der tatsächliche Düngebedarf maxi-    randstreifen zu schmal,
Auch wenn der Bundesrat darüber hinaus zahl-       mal 10 % höher liegen als der berechnete.          kann es zu beträchtli-
                                                                                                      chen, direkten Nähr-
reiche fachliche und rechtliche Unzulänglich-
                                                                                                      stoffeinträgen aus
keiten in der Verordnung ausmacht, hat er der      Statt des Nährstoffvergleichs sind spätestens      der Landwirtschaft
Änderung zugestimmt. Nicht zuletzt, weil sonst     zwei Tage nach jeder Düngung die Art und           kommen (Christof
erhebliche Strafzahlungen und ein zweites Ver-     Menge des Düngers sowie die eingesetzte            Martin/piclease).
letzungsverfahren drohen würden. Bis auf die       Stickstoff- sowie Phosphatmenge zu dokumen-
Übergangsregelung zu den „roten Gebieten“          tieren. Die Vorgaben zum Nährstoffvergleich
gilt nun die neue Verordnung. Die Bundesländer     und dessen Bewertung werden aufgehoben
sind jetzt verpflichtet, innerhalb der kommen-     und durch schlagbezogene Aufzeichnungs-
den sechs Monate die Regelungen in Landes-         pflichten ersetzt. Damit wird der Kritik der
verordnungen umzusetzen. Doch was ändert           Europäischen Kommission, dass ein positiver
sich mit der neuen Düngeverordnung (DüV),          Kontrollwert im Nährstoffvergleich eine zuläs-
auch im Vergleich zu der erst 2017 überarbeite-    sige Überdüngung darstelle, entsprochen. Die
ten Vorgängerversion (URL 1)?                      aufgebrachten Düngemittel werden nun in
                                                   einer betrieblichen jährlichen Nährstoffbilanz
Über die Düngebedarfsermittlung soll der Nähr-     zusammengefasst. Neu ist auch, dass eine feh-
stoffbedarf nach bundeseinheitlichen Grundsätzen   lende oder fehlerhafte Dokumentation mit
ermittelt werden (Anlage 4 der DüV). Der ermit-    Geldstrafen sanktioniert werden kann.
telte Wert gilt als standortbezogene Obergrenze
für die Düngung. Die Werte müssen nunmehr          Weiterhin darf nur gedüngt werden, wenn der
hinsichtlich des tatsächlichen Ertragsniveaus      Boden die Nährstoffe, ob flüssig oder fest, auch
der letzten fünf Jahre überprüft und gegebe-       aufnehmen kann; also nicht, wenn er beispiels-
nenfalls angepasst werden. Bisher galten die       weise wassergesättigt oder schneebedeckt ist.
letzten drei Jahre als Referenzzeitraum. Von der   Die Ausnahme für den Einsatz auf gefrorenen
Bedarfsgröße werden die Stickstoffmengen           Böden wurden gestrichen.
abgezogen, die sich vor Vegetationsbeginn im
Ackerbau beziehungsweise vor Kulturbeginn          Darüber hinaus wurden die Sperrfristen für
im Gemüsebau als pflanzenverfügbarer Stickstoff    Düngungen erweitert: Festmist und Kompost
im Boden befinden (BLE 2018). In begründeten       dürfen in der Zeit vom 01.12. bis nunmehr 15.01.

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  Recht und Verwaltung                                                                       Novelle der Düngeverordnung

                  nicht eingesetzt werden. Dies gilt jetzt auch für   Für die Umsetzung der neuen Regelungen soll
                  Phosphat-Dünger auf Acker und Grünland. Gülle       es eine finanzielle Unterstützung vom Bund in
                  darf vom 01.09. bis 01.12. auf Dauergrünland und    Höhe von einer Milliarde Euro geben. So werden
                  mehrjährigen Futteranbauschlägen nur einge-         vor allem Investitionen in Lagerung, Ausbringungs-
                  schränkt ausgebracht werden (80 kg Gesamt-          technik und Aufbereitung von Gülle im Rahmen
                  Stickstoff/Hektar).                                 eines neuen Bundesprogramms gefördert.

                  Stickstoff-Düngungen aus organischen und            Quelle:
                  organisch-mineralischen Düngemitteln sowie          Verordnung zur Änderung der Düngeverord-
                  Gärrückstände aus Biogasanlagen dürfen in der       nung und anderer Vorschriften vom 28. April
                  Summe 170 kg Stickstoff pro Hektar und Jahr         2020; www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startb-
                  nicht überschreiten. Dies gilt im Betriebsdurch-    k=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bg-
                  schnitt. Wichtig dabei ist, dass nun Flächen, auf   bl120s0846.pdf.
                  denen Stickstoff-Dünger ohnehin nicht oder
                  nur eingeschränkt ausgebracht werden dürfen,        Literatur
                  aus dieser betrieblichen Gesamtbetrachtung          BLE (= Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung,
                  gestrichen beziehungsweise anteilig herausge-         2018): Die neue Düngeverordnung. –Broschüre,
                  rechnet werden müssen.                                Stand Februar 2018; www.ble-medienservice.
                                                                        de/1756/die-neue-duengeverordnung.
                  Phosphat- und Stickstoff-Düngemittel dürfen         URL 1: www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/
                  auf einem 1 m breiten Gewässerrandstreifen            doc/an39119rup_2017_aktuelle_gesetzgebungs-
                  nicht ausgebracht werden (ohne Grenzstreu-            verfahren.PDF.
                  einrichtung: 4 m). Für Schläge mit Hangneigung
                  wurden die Abstände erweitert: Ab 5 % Hang-
                  neigung sind es 3 m, ab 10 % sind es 5 m und
                  bei sehr stark geneigten Flächen ab 15 % muss
                  ein Abstand von 10 m zum nächsten Gewässer
                  eingehalten werden. Unmittelbar angrenzend
                  an diese Abstandsflächen darf die Aufbringung
                  nur unter bestimmten Voraussetzungen erfolgen.
                  So muss etwa bei unbestellten Ackerflächen eine
                  sofortige Einarbeitung erfolgen.

                  Autor

                  Paul-Bastian Nagel,
                  Jahrgang 1985.

                  Studium der Umweltwissenschaften und
                  Umweltplanung in Oldenburg und Berlin.
                  Von 2011 bis 2014 als Wissenschaftlicher Mit-
                  arbeiter der TU Berlin für das Bundesministe-
                  rium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi-
                  cherheit (BMU) im Referat Windenergie und
                  Wasserkraft beschäftigt. Seit 2014 an der ANL
                  im Fachbereich Landschaftsentwicklung und
                  Umweltplanung tätig.
                                                                        Zitiervorschlag
                  Bayerische Akademie für Naturschutz und
                                                                        Nagel, P.-B. (2020): Aktuelles zum Düngerecht:
                  Landschaftspflege (ANL)                                Novelle der Düngeverordnung. – ANLiegen
                  +49 8682 8963-47                                       Natur 42(2): 123–126, Laufen; www.anl.bayern.de/
                  paul-bastian.nagel@anl.bayern.de                       publikationen.

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