Atmosphärische Stickstoffeinträge und Belastungsgrenzen - Verbundvorhaben StickstoffBW - Dr. Andreas Prüeß - BLNN
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Atmosphärische Stickstoffeinträge und Belastungsgrenzen - Verbundvorhaben StickstoffBW - Dr. Andreas Prüeß Arbeitsgemeinschaft Stickstoff
N Gliederung Einführung Ammoniakkonzentration / Critical Level Stickstoffdeposition / Critical Load Stickstoffüberschuss / Critical Surplus Anwendungsbeispiele Literatur Freiburg, den 3.2.2021, Folie 2
N Einführung Weltweit wird deutlich mehr Stickstoff in reaktive Form umgewandelt, als es für die Umwelt verträglich ist: NH3 – NOx – NO3 – N2O … Rund 2/3 stammt aus der Landwirtschaft und 1/3 aus Industrie und Verkehr (Baden-Württemberg und Deutschland) Negative Wirkungen für Biodiversität, Klima und Gesundheit Das Stickstoffproblem wird aber erst in kleinen Fachkreisen kommuniziert Ökologische Belastungsgrenzen sind noch nicht geregelt und die korrespondierenden Maßnahmen sind noch in der Planung Freiburg, den 3.2.2021, Folie 3
N Die nicht geregelte N-Produktion Weltweite NH3-Produktion Hauptquelle für reaktiven 160 Stickstoff: Die industrielle Herstellung von 140 Mineraldünger (Haber- Bosch-Verfahren). 120 M io t Stickstoff (NH3-N) 100 Seit 1980 übersteigt die NH3- Produktion die Planetare 80 Belastungsgrenze* Planetare Belastungsgrenze 60 Planetare Belastungsgrenze NOx wirkt zusätzlich 40 StickstoffBW Grafik Öko-Institut e.V. 20 Datengrundlage //minerals.usgs.gov *STEFFEN ET AL. (2015): Planetary boundaries: Guiding human development on a changing planet.- http://science.sciencemag.org 0 1945 1955 1965 1975 1985 1995 2005 2015 Freiburg, den 3.2.2021, Folie 4
N Planetare Belastungsgrenzen sind überschritten Vielfalt der Lebensräume wichtig für Erhalt der Arten (Gama-Biodiversität). Ubiquitäres Nährstoffangebot in Luft und Boden (Wasser) nivelliert Lebensräume Abbildung von Steffen et al. 2015 (deutsche Übersetzung) siehe https://www.bmu.de/themen/europa-internationales-nachhaltigkeit- digitalisierung/nachhaltige-entwicklung/integriertes-umweltprogramm- 2030/planetare-belastbarkeitsgrenzen/ Will Steffen et al: Planetary boundaries: Guiding human development on a changing planet. In: Science. (2015), doi:10.1126/science.1259855. http://science.sciencemag.org/content/347/6223/1259855 Freiburg, den 3.2.2021, Folie 5
N Stickstoffarmutszeiger nehmen ab N-Wert nach Ellenberg (mN) 25 Rund 1.000 stickstoff- 1970-1998 empfindliche Arten 20 2005-2014 Artenzahl 15 Mittlere Artenzahl Herausforderung Nr 1.: Gefäßpflanzen in 46 Rasterfeldern 10 historische Daten zu (TK25/4) nach W ÖRZ & THIV (2015)* Vegetation und 5 Nutzung 0 *Wörz & Thiv (2015): The temporal dynamics of a regional flora –The effects of global and- 1 2 3 4 5 6 7 8 9 local impacts.- Flora 217, S. 99- mN 108. FFH Lebensraum: Beispiel Trockenrasen Indikator: Rentierflechte Indikator: Habichtskraut-Wiesenspinner Bild: SIEGFRIED DEMUTH, 2017 Bild: VOLKMAR W IRTH, 2013 Bild: ROBERT TRUSCH, 2017 Freiburg, den 3.2.2021, Folie 6
N StickstoffBW Gremien und Projekte Arbeitsschwerpunkt 2021: AG2 Critical Loads trifft sich monatlich online zum Abschluss von sechs Critical Load Projekten Freiburg, den 3.2.2021, Folie 7
N Typen von Belastungsgrenzen Begriff Abk Einheit Bedeutung Bewertungsraum Kritische N-Konzentrationen Critical Level CLe [µg m-3] / [mg l-1] flächendeckend in der Umwelt Kritische N-Deposition in Wald, Offenland, Critical Load CL [kg ha-1 a-1] Ökosysteme Gewässer Kritischer N-Überschuss der Critical Surplus CS [kg ha-1 a-1] Agrarflächen Agrarfläche Freiburg, den 3.2.2021, Folie 8
N Typen der Vorbelastung (Auszug) im Daten- und Kartendienst der LUBW Ammoniakkonzentration Stickstoffdeposition Stickstoffüberschuss Details siehe https://udo.lubw.baden-wuerttemberg.de/public/ > Stickstoff Freiburg, den 3.2.2021, Folie 9
N Ammoniakkonzentration in der EU Critical Level für NH3-deutlich überschritten niedere Pflanzen und Biodiversität gefährdet > 1 µg NH3 m-3 auch höhere Pflanzen sind gefährdet > 4 µg NH3 m-3 Datengrundlage EMEP 2018 (Stand der Daten 2016) aus StickstoffBW Projekt der AG1 Deposition mit INS Uni Stuttgart, TNO, Uni Köln, Meteotest Bern und anderen Freiburg, den 3.2.2021, Folie 11
N Ammoniak in BW/CH Critical Level für NH3-deutlich überschritten > 1 µg NH3 m-3 > 4 µg NH3 m-3 Datengrundlage Meteotest Bern (v8), Stand 11/2018 für die Schweiz BAFU aus StickstoffBW Projekt der AG1 Deposition mit INS Uni Stuttgart, TNO, Uni Köln, Meteotest Bern Freiburg, den 3.2.2021, Folie 12
N Stickstoff im Kartendienst [ha] Die neuen BW Karten basieren auf 100 x 100 m Ausbreitungs- berechnungen (NH3) und europaweiten Chemie-Transportmodellen (NOx) – Bearbeitung: Universität Stuttgart INS, Metotest Bern und andere der StickstoffBW AG1 Deposition Ammoniakkonzentration ist im Vergleich zur Stickstoffdeposition sehr viel robuster, einfacher und sicherer anzuwenden Freiburg, den 3.2.2021, Folie 13
N Ausbreitung von Ammoniak in der Luft In welcher Entfernung wirkt sich die Emission auf die Deposition aus? (Angaben in km) NH3-N Trocken-Deposition NH3 Emission 0,1 g/ha a 1 g/ha a 10 g/ha a 100 g/ha a 300 g/ha a 1 kg/a 2 km 0,5 km 0,2 km 0,1 km < 0,05 km Düngung 10 kg/a 5 km 2 km 0,5 km 0,2 km 0,1 km 100 kg/a 20 km 5 km 2 km 0,5 km 0,3 km 1.000 kg/a > 50 km 20 km 5 km 2 km 1,1 km Stall 10.000 kg/a > 100 km > 50 km 20 km 5 km 3,4 km Beispiel: Eine NH3-Emission von 1 kg/a (extensive Weide) verursacht in 0,5 km Entfernung einen N- Eintrag von 1 g N/ha a (hier: Modell LAI/LANA 2019; die gerundeten Entfernungen veranschaulichen die Dimensionen von Frachten und Entfernungen und können im Einzelfall stark abweichen) Freiburg, den 3.2.2021, Folie 14
N Kompensationspunkt für Ammoniak 3,50 • ab 1 µg/m3 sinkt die Depositionsgeschwindigkeit 3,00 Baden-Baden Depositionsgeschwindigkeit (hier Trocken+Feucht!) von Ammoniak (Folge der y = 2,3928e-0,303x 2,50 R² = 0,7892 Sättigung der Vegetation / Überschreitung des 2,00 Kompensationspunktes) 1,50 • relevant bei Weidenutzug cm/s 1,00 • daher sind in BW künftig immer Konzentrationen und 0,50 Depositionen zu bewerten 0,00 Ravensburg (CL Bericht 2019) 0,00 1,00 2,00 3,00 4,00 5,00 6,00 NH3-Konz (Landkreismittel) µg/m3 Freiburg, den 3.2.2021, Folie 15
N CL Critical Load Methodik Veränderungen in 100 Jahren ab „idealtypischem Zustand“ Düngungs- und Trophietransektdaten -> Empirische Critical Load Spannen als Expertenschätzung (Bobbink et al. 2011; in Revision) Interpolation der CL-Spannen mit Hilfe einer „Einfachen Massenbilanz“ (SMB) Start der CL-SMB Neufassung mit der „CL Datenmappe 2014“; -> Korrekturen und Vereinfachungen (NEU mit Trophiestufen) -> „CL Datenmappe 2022“ Rekonstruktion der Stickstoffflüsse vor den 1950er Jahren wichtig für das Verständnis von historischer Biodiversität Stickstoffwirkungen lassen sich nur mit sehr guten Felddaten belegen (sehr deutliche Trophievarianz ist erforderlich; historische Nutzung muss bekannt sein) Freiburg, den 3.2.2021, Folie 16
N Critical Level & Critical Load (Stand 2019) CL-Bericht 2019, Tabelle 5.1 (Auszug) CLe NH3 CLSMB N FFHiG LRT LRT-Name (Kurzbezeichnung) Ø mNc µg m-3 kg ha-1 a-1 ha BW 2330 Binnendünen mit Magerrasen 1-2 5-24 1,6 (1,5) 87 6210(*) Kalk-Magerrasen (2-3) 12-35 2,2 4.881 6230* Artenreiche Borstgrasrasen 2-3 10-24 2,1 2.567 6410 Pfeifengraswiesen (2-3) 12-36 2,4 724 6510 Magere Flachland-Mähwiesen (2-3)E 12-43 3,1 22.162 6520 Berg-Mähwiesen (2-3) E 17-26 4,6 1.634 7110* Naturnahe Hochmoore (1-2) 5-23 1,5 617 8220 Silikatfelsen mit Felsspaltenvegetation 1-2 (4-25) 2,0 (1,4) 303 9190 Bodensaure Eichenwälder auf Sandebenen (1-2) 8-14 3,1 316 91D0* Moorwälder (1-2) 7-28 1,6-2,0 1.778 9410 Bodensaure Nadelwälder (1-2) 11-27 3,2 914 mNc Ellenberg-Zeigerwert für Nährstoffe; FFHiGBW Gemeldete LRT-Fläche innerhalb von FFH- Gebieten in Baden-Württemberg (Stand Ende 2017), weitere Details siehe https://pd.lubw.de/69710 Freiburg, den 3.2.2021, Folie 17
N Einfluss der SMB Summanden CL-Bericht 2019, Tabelle 5.2 SMB-Glied Niedriger CL Hoher CL Nle Empfindlichste Pflanzenarten im LRT (Ncrit(plant)) sehr empfindlich weniger empfind. Gebietskulisse (Ncrit(water)) empfindlich - Sickerrate gering hoch Nue Biomasse-Abfuhr niedrig relativ hoch Vegetationsperiode kurz lang Ertragsfähigkeit niedrig hoch Beweidung extensiv intensiv Nim Düngung gering ohne Biologische. N-Bindung mittel nahezu keine Nde Vernässung trocken nass Ni Bodenalter -
N Thema Nr. 1: Biomasse vs. Arten Die Wirkung der Düngung auf die Arten ist grob seit den 1950er bekannt Eindeutige Fachkonvention wichtig für den Schutz der Biodiversität LRT 6510 Magere Flachland-Mähwiese Was ist der idealtypische Entzug? Der Ertrag einer frischen Glatthaferwiese sinkt mit sinkender Düngung von 45-70 dt/ha (Kerbel-Form) auf 10-25 dt/ha (Wiesenrispenform). Ohne Düngung: 5-20 dt/ha (Rotschwingel-Wiesenrispenform); vgl. Abbildung aus Ellenberg & Leuschner (2010): Vegetation Mitteleuropas, 6. Auflage Die Artenzahl sinkt mit steigendem Ertrag von > 60 Arten bei < 30 dt/ha bis < 15 Arten bei > 90 dt/ha; vgl. Abbildung in Hutter, Briemle & Fink (1993): Wiesen, Weiden und anderes Grünland. Freiburg, den 3.2.2021, Folie 19
N Belastungsgrenzen im Kartendienst In Baden-Württemberg werden für rund 100.000 Lebensraumtyp / Standortkombinationen standortspezifische Critical Level und Critical Load gesetzt (Ziel sachgerecht und rechtssicher). LRT 2330 Binnendünen mit Magerrasen bei Waghäusel LRT 8220 Silikatfelsen mit Felsspaltenvegetation im Hochschwarzwald Freiburg, den 3.2.2021, Folie 20
N Stickstoffüberschuss Baden-Württemberg Stickstoffüberschuss der Landwirtschaft liegt erst als grobe Statistik vor Erhebung von Betriebsdaten noch in der Erprobung Der aktuelle „Grenzwert“ ist der Maximalwert für Baden-Württemberg In 2021 Korrektur der N- Fixierung durch Leguminosen geplant Freiburg, den 3.2.2021, Folie 21
N Methodik Critical Surplus Stickstoffüberschuss Typ1 (incl. Deposition) wird mit dem „Critical Surplus“ bewertet Vollständige Erfassung der Flüsse zwingend erforderlich Erste Details sind im Bund- Länder CS Bericht 2017 veröffentlicht Freiburg, den 3.2.2021, Folie 22
N Beispiel für die Kalibrierung der kritischen Überschüsse Belastungsgrenze NH3-Konzentration NH3-N-Emission N-Bilanzüberschuss für µg m-3 kg ha-1 a-1 kg ha-1 LF-1 a-1 kg ha-1 LF-1 a-1 niedere Pflanzen 1,0 6,6 9,4 30 höhere Pflanzen von 2,0 11,2 15,9 50 höhere Pflanzen 3,0 15,7 22,3 75 höhere Pflanzen bis 4,0 20,3 28,8 95 Ermittlung kritischer Überschüsse (gerundet) aus den kritischen Ammoniakkonzentrationen (Erläuterungen: Belastungsgrenzen von/bis = Unter-/Obergrenze Unsicherheitsbereich nach ICP (2010); Weitere Annahmen: Waldanteil 30%, 1/3 des Überschusses wird in die Atmosphäre emittiert) Freiburg, den 3.2.2021, Folie 23
N Maßnahmenfelder für Baden-Württemberg (1) Kommunikation Stickstoff, Umwelt und Ernährung (Öffentlichkeitsarbeit) und Evaluierung von Bildungs-, Beratungs-, Schulungsangeboten (2) Ausbau des Öko-Landbaus, Überprüfung der Flächenbindung der Tierhaltung und Ausweisung von Trophiezonen (3) Senkung der Stickstoffimporte durch Mineraldünger und Futtermittel, Evaluierung der End-of-pipe Maßnahmen und Konzeption eines Nährstoffmanagements (4) Sonstige Maßnahmen im Bereich Verkehr, Energie und Industrie (5) Rechtliche Verankerung von Belastungsgrenzen, Evaluierung von Maßnahmen und Weiterentwicklung von Förderprogrammen Freiburg, den 3.2.2021, Folie 24
N In Diskussion: Trophiezonen für den Schutz der Arten und der Landwirtschaft Critical Level / Critical Load / Critical Surplus Tz1 Tz2 Tz3 Tz4 Tz5 Förderung / Ausgleich Intensität / Ertrag GV/ha Freiburg, den 3.2.2021, Folie 25
N StickstoffBW Literatur (Auszug) Thema Perma URL Critical Load Dokumentation 2014 https://pd.lubw.de/44534 Critical Load Bericht 2019 https://pd.lubw.de/69710 Critical Surplus Bericht 2017 https://pd.lubw.de/15696 Überschussbericht 2017 https://pd.lubw.de/97381 Instrumente zur Reduktion der https://pd.lubw.de/10179 Stickstoffüberschüsse Daten- und Kartendienst https://www.lubw.de/ > Stickstoff Freiburg, den 3.2.2021, Folie 26
N Weitere Informationen https://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/medienuebergreifende-umweltbeobachtung/stickstoffbw Freiburg, den 3.2.2021, Folie 27
Sie können auch lesen