An alle gegen Covid-19 impfenden Ärztinnen und Ärzte

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An alle gegen Covid-19 impfenden Ärztinnen und Ärzte
Schleswig-Holstein                                                                                  Schleswig-Holstein
   Der echte Norden                                                                                    Ministerium für Soziales,
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  An alle gegen Covid-19
  impfenden Ärztinnen und Ärzte

  Sehr geehrte Damen und Herren,
  Sie und uns erreichen in kürzerer Zeit gehäuft „Informationsschreiben“ oder direkte Aussa­
  gen in sozialen Medien bzw. über soziale Medien von Personen, die aufgrund des Inhalts
  aber auch des Tonfalls zur Verunsicherung in der Bevölkerung über das Impfangebot füh­
  ren können. Auffällig dabei ist, dass nunmehr auch Ärztinnen und Ärzte gezielt angespro­
  chen werden, die Impfangebote - und hier besonders Impfangebote an Kinder und Ju­
  gendliche in der Altersgruppe der 12 bis 17jährigen - vornehmen. Hier wird u.a. versucht,
  Ängste vor zivilrechtlicher Haftung und Strafverfolgung zu erzeugen.
  Mit nachstehenden Ausführungen möchten wir Ihnen zu den gängigen Aussagen dieser
  Personen weitere Informationen zur Verfügung stellen.

       1. Den „Informationsschreiben“ oder Aussagen ist regelmäßig die Grundannahme ge­
          mein, dass eine Corona-Schutzimpfung bei Jugendlichen nicht indiziert sei und da­
          her in jedem Fall rechtswidrig. Ob ein ärztlicher Heileingriff indiziert ist oder nicht
          entscheiden die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt - also Sie! Es ver­
          bieten sich pauschale Festlegungen ohne die einzelne Patientin oder den einzelnen
          Patienten gesehen zu haben. Der Begriff der Indikation ist - wie Ihnen sicher be­
          kannt ist - nicht (immer) einfach zu fassen. Der Vorgang der Indikationsstellung ist
          nicht standardisierbar, sondern ein Beurteilungsprozess, bei dem es um das Zu­
          sammenführen von standardisiertem Wissen und einzelfallbezogenen Erwägungs­
          und Ermessenprozessen geht. Eine pauschale Aussage über eine fehlende Indika­
          tion ist daher falsch.

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    2. Der mRNA- Impfstoff von BioNtech/Pfizer bzw. Moderna ist für Kinder und Jugendli­
       che ab 12 Jahren von der EMA zugelassen worden. Das Verimpfen dieses Impf­
       stoffes erfolgt damit weder „off-label-use“ noch handelt es sich um eine „nicht aner­
       kannte Behandlungsmethode“.

    3. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt in ihrer Stellungnahme vom
       10.6.2021 bei bestimmten Vorerkrankungen für 12-17jährige die Impfung1. Die Imp­
       fung wird auch empfohlen, wenn Kinder und Jugendliche im Umfeld von Menschen
       leben, die sich nicht impfen lassen können. Die Impfung wird bei Kindern und Ju­
       gendlichen im Alter von 12-17 Jahren ohne Vorerkrankungen derzeit nicht allge­
       mein von der STIKO empfohlen. Sie wird aber nach ärztlicher Aufklärung und bei
       individuellem Wunsch und Risikoakzeptanz des Kindes oder Jugendlichen bzw. der
       Sorgeberechtigten als möglich eingestuft. Das bedeutet gleichzeitig, dass die
       STIKO nicht von einer Impfung pauschal für den Personenkreis abrät, für den sie
       nicht explizit eine Impfung empfiehlt. Damit gilt, dass eine Impfung bei individueller
       Entscheidung und Risikoakzeptanz möglich ist. Um eine entsprechende Aufklärung
       und Hintergrundinformation für das Patientengespräch zu erreichen, geben wirdes­
       halb die Hinweise und Informationen des RKI zu den Impfstoffen verbunden mit der
       Verlinkung des Sicherheitsberichts des Paul-Ehrlich-Instituts und der vollständigen
       Begründung der STIKO zu ihrer Einschätzung vom 10.6.2021 den Eltern und Ju­
       gendlichen an die Hand, aufgrund derer die informierte Entscheidung zur Risikoak­
       zeptanz getroffen werden kann.

    4. Ob eine Impfung indiziert ist oder nicht, ist für die Frage ihrer Rechtmäßigkeit der
       Impfung nicht entscheidend. Es gibt bekanntlich auch ärztliche Eingriffe, die nicht
       indiziert sind und die nach Aufklärung und Einwilligung dennoch rechtmäßig sind.

    5. Entscheidend für die Rechtmäßigkeit der einzelnen Impfung ist, ob der Patient oder
       die Patientin eingewilligt hat. Für die Wirksamkeit der Einwilligung gilt dasselbe wie
       sonst: Es muss aufgeklärt werden, der Patient muss einwilligungsfähig sein und
       eingewilligt haben. Ist er nicht einwilligungsfähig, müssen gesetzliche Vertreter ein­
       willigen; bei Kindern sind dies zumeist die sorgeberechtigten Eltern.

       Wie auch bei anderen standardisierten Behandlungen kann auch hier auf die zur
       Verfügung gestellten Informationsblätter zurückgegriffen werden, die allerdings das
       Aufklärungsgespräch nicht ersetzen.

       Mit den Aufklärungsbögen des RKI werden ausführliche Hinweise überreicht, die
       die Risiken der Erkrankung auch bei Minderjährigen erörtern, ebenso die Gefahren
       der Impfung, ferner zu dem Umstand, der fehlenden generellem STIKO-Empfehlung
       Stellung genommen.

1 Vgl. https://www.rki.de/DE/Content/lnfekt/EpidBull/Archiv/2021/Ausqaben/23 21.pdf?   blob=publication-
File
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      Wir gehen davon aus, dass Jugendlich ab 14 Jahren einwilligungsfähig sind. Die
      Zeitspanne zwischen Anmeldung und Impftermin schützt vor übereilten Entschei­
      dungen. Die Jugendlichen sind über die Krankheit gut informiert, ebenso über Sinn
      und Risiko einer Impfung, aber auch einer Erkrankung. Es gibt kein Thema, das in
      den letzten 18 Monaten medial so breit diskutiert wurde.

      Bei 12 und 13jährigen Kindern geben grundsätzlich die jeweils Sorgeberechtigten
      die Einwilligungserklärung ab. Es müssen beide einverstanden sein. Gleichwohl
      reicht die Unterschrift eines Sorgeberechtigten bzw. gesetzlichen Vertreters, denn
      auf dem vom RKI zur Verfügung gestellten Bogen erklärt der oder die Unterschrei­
      bende, für den anderen diese Erklärung abgeben zu dürfen. Sie haben keine Ver­
      anlassung, daran zu zweifeln oder dies zu überprüfen.

      Nur im Rahmen der Medikamentenzulassung wird an den Schulstandorten geimpft
      werden. Fragen des „off-label-use“ etwa bei jüngeren Kindern stellen sich nicht.

Ärztinnen und Ärzte machen sich deshalb auch nicht strafbar, wenn sie nach Auf­
klärung und mit Einwilligung impfen.

Für Impfschäden haftet das Land wie bei jeder anderen Coronaschutzimpfung auf Basis
des § 60 Absatz 1 Nr. 1 a Infektionsschutzgesetzes auch. Ob die Impfung empfohlen wird
oder nicht ist bei dieser Impfung irrelevant. Das wird vom Bundesgesetzgeber mit der Re­
gelung des § 60 Absatz 1 Nr. 1a Infektionsschutzgesetz klargestellt.

Wir halten es für absolut inakzeptabel, dass Sie wegen Ihrer Tätigkeit angefeindet werden.

Leider erreichen uns immer wieder Hinweise, dass impfende Ärztinnen und Ärzte bedroht
oder in andererWeise angegangen werden. Wir bitten an dieser Stelle immer zu prüfen,
ob aus Ihrer Sicht damit eine Schwelle überschritten worden ist, so dass eine Strafanzeige
und ein Strafantrag (notfalls gegen unbekannte Personen) beispielsweise wegen Bedro­
hung gestellt werden sollte.

Informieren Sie uns bitte, wenn Sie in einer für Sie nicht hinnehmbaren Art und Weise an­
gegriffen werden. Das gilt auch für scheinbar fachlich gehaltene „Informationsschreiben“
von bestimmten Berufsgruppen, die unter dem Anschein besonderer Fachlichkeit sich be­
rufen fühlen, impfenden Ärztinnen und Ärzten eine Strafbarkeit des ärztlichen Handelns
vor Augen führen wollen. Wir haben in solchen Fällen bereits Kontakt zu den jeweiligen
Berufskammern aufgenommen und um die Prüfung gebeten, ob an dieser Stelle entspre­
chende Verfahren eingeleitet werden können.
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Für Ihre wertvolle Arbeit und Ihr hohes persönliches Engagement, mit der Sie die Gesund­
heit der Kinder und Jugendlichen, aber auch der gesamten Bevölkerung schützen, danken
wir Ihnen nochmals herzlich und verbleiben

mit freundlichen Grüßen.

Ministerialdirigent
Leiter der Gesundheitsabteilung
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