Ansteckende Blutarmut der Einhufer - Amtliche Methode und Falldefinition
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Amtliche Methode und Falldefinition Ansteckende Blutarmut der Einhufer Amtliche Methode und Falldefinition | FLI | Stand 21.04.2021
Ansteckende Blutarmut der Einhufer Inhaltsverzeichnis Amtliche Methode ..................................................................................................... 3 1. Charakterisierung der Infektion .................................................................................. 3 1.1 Erreger ........................................................................................................... 3 1.2 Klinische Symptomatik ........................................................................................ 4 1.3 Differenzialdiagnose ........................................................................................... 4 1.4 Diagnostische Indikation ...................................................................................... 4 1.5 Zuständige Untersuchungseinrichtung ...................................................................... 5 1.6 Rechtsgrundlagen .............................................................................................. 5 2. Untersuchungsmaterial .............................................................................................5 3. Untersuchungsgang .................................................................................................. 5 3.1 Indirekter Erregernachweis ................................................................................... 6 3.2 Direkter Erregernachweis ..................................................................................... 7 3.3 Nachweis von EIAV mittels Tierversuch ................................................................... 11 Anhang .................................................................................................................... 12 Literatur .................................................................................................................. 12 Falldefinition – Ansteckende Blutarmut der Einhufer; Virus der Equinen Infektiösen Anämie ................................................................................................... 13 2 | Amtliche Methode und Falldefinition | FLI | Stand 21.04.2021
Ansteckende Blutarmut der Einhufer Amtliche Methode 1. Charakterisierung der Infektion 1.1 Erreger Die infektiöse Anämie der Einhufer, auch bezeichnet als equine infektiöse Anämie (EIA) oder ansteckende Blutarmut der Einhufer (ABE), ist eine systemische Viruserkrankung der Pferde, Ponys, Esel, Maultiere und Zebras. EIAV, ein Lentivirus aus der Familie der Retroviren, verursacht eine persistierende Infektion und vermehrt sich in Monozyten und Makrophagen. Der Erreger besitzt ein einzelsträngiges RNA-Genom positiver Polarität. Die Glykoproteine der Virushüllmembran zeigen eine kontinuierliche, langsame Veränderung der immunitätsinduzierenden Strukturen (Antigendrift). Das Hauptstrukturprotein p26 des Virusinnenkörpers ist hingegen konserviert und wird daher für die serologische Diagnose der EIA-Infektion herangezogen. Die Krankheit ist in Deutschland anzeigepflichtig und wird durch die „Verordnung zum Schutz gegen die ansteckende Blutarmut der Einhufer“ in der jeweils aktuellen Fassung (4. Oktober 2010 (BGBl. I S. 1326, zuletzt durch Artikel 8 der Verordnung vom 3. Mai 2016 (BGBl. I S. 1057) geändert) reglementiert, die eine Tötung positiver Tiere sowie Sperrung und Untersuchung der betroffenen Bestände und der Kontaktbetriebe vorschreibt. Immunprophylaxe oder Therapie sind nicht verfügbar. Eine Gefährdung des Menschen durch EIA liegt nicht vor. Vorkommen EIA ist weltweit verbreitet und tritt regional gehäuft in Nord- und Südamerika, Afrika, Asien, Australien sowie Süd- und Osteuropa auf. Sie kommt in nord- und mitteleuropäischen Ländern nur sporadisch vor. Das Virus ist in Deutschland nicht heimisch, jedoch kommt es immer wieder zu vereinzelten EIA-Ausbrüchen. Epidemiologie Die Übertragung erfolgt in erster Linie mechanisch durch große blutsaugende Insekten wie Pferdebremsen und Wadenstecher (Tabanus, Stomoxys). Diese können bei einer Unterbrechung der Blutmahlzeit infektiöses Blut an ihren Mundwerkzeugen auf ein benachbartes Tier übertragen. Das EIA-Virus bleibt nur für kurze Zeit infektiös (ca. 30 Minuten), daher kommt eine Übertragung durch Insektenvektoren über größere räumliche Distanzen hinweg nicht vor. EIA-Infektionen treten saisonal gehäuft in den vektorreichen Jahreszeiten (Som mer und Herbst) auf. Infizierte Tiere scheiden Virus mit Körpersekreten wie Speichel, Milch und Sperma aus. Eine Virusübertragung durch Exkrete erfordert einen sehr engen Kontakt der Tiere. Intrauterine Infektionen sind ebenfalls beschrieben. EIAV kann darüber hinaus durch infizierte biologische Produkte wie Blut oder Blutzubereitungen übertragen werden. Eine etwaige Verschleppung durch Injektionskanülen, tierärztliche Instrumente oder Pflegezubehör ist durch Verwendung von Einwegmaterial bzw. durch geeignete Desinfek tions- und Hygienemaßnahmen auszuschließen. Amtliche Methode und Falldefinition | FLI | Stand 21.04.2021 | 3
Ansteckende Blutarmut der Einhufer 1.2 Klinische Symptomatik Infektionen mit Lentiviren, zu denen das EIAV gehört, sind dadurch charakterisiert, dass sie zu persistieren den Infektionen führen. Spezifische Antikörper sind zwei bis drei Wochen (in Ausnahmefällen bis zu 90 Tage) nach der Infektion nachweisbar. Aufgrund der stetigen Veränderung der Antigeneigenschaften des Virus führt die induzierte Immunantwort nicht zur Eliminierung des Erregers. Infizierte Tiere bleiben lebenslang Virusträger und stellen potentielle Infektionsquellen dar. Die Erkrankung zeigt sich in akuter oder chronischer Form mit jeweils vereinzelt tödlichem Verlauf. Die akute Verlaufsform äußert sich in Fieber, Apathie, Schwäche, Ataxie, Ikterus, Tachykardie, Arrhythmie sowie petechialen Blutungen auf Schleimhäuten und Lidbindehäuten sowie insbesondere auf der Zungenun terseite. Die chronische Verlaufsform ist hingegen durch Krankheitsschübe mit rekurrierenden Fieberan fällen, Konditionsverlust, Anämie sowie Ödembildung an Unterbauch und Extremitäten gekennzeichnet. Eine Anämie (Blutarmut) entsteht nach Infektion mit EIAV vorrangig durch immunpathologische Auflösung der roten Blutkörperchen, aber auch durch eine Störung ihrer Neubildung. Pathologische Veränderungen haben im akuten Stadium eher degenerativen (Lebernekrosen, fokale Blutungen) und im chronischen Stadium eher lymphoproliferativen Charakter (Hepatosplenomegalie, Hämosiderose, Lymphadenopathie). In 30 bis 90 % der Fälle treten keine Krankheitssymptome auf, die Tiere bleiben gesund erscheinende Virus träger, sogenannte asymptomatische Carrier. 1.3 Differenzialdiagnose Fieber, geringgradiger Ikterus und Nachhandschwäche werden auch bei Babesiose, Ehrlichiose und Lepto spirose beobachtet. Ödembildung kann auch im Rahmen von Nephrosen, Nephritiden, Herz-, Kreislaufinsuf fizienz und starkem Wurmbefall auftreten. Die immunvermittelte hämolytische Anämie (IMHA) kommt bei Pferden zwar selten vor, ist in Deutschland aber die häufigste Ursache einer hämolytischen Anämie. Akute Infektionsverläufe können dem klinischen Bild der equinen viralen Arteritis (EVA) ähneln. Eitrige Herdinfek tionen können zu ähnlichen klinischen Befunden führen, wie sie bei dem chronischen Verlauf der EIAV- Infektion zu beobachten sind. 1.4 Diagnostische Indikation Gemäß „Verordnung zum Schutz gegen die ansteckende Blutarmut der Einhufer“ bzw. übergeordnete Rechtsvorschriften der EU. Klinische, pathologisch-anatomische, hämatologische oder histologische Indikationen oder epidemiologische Abklärungsuntersuchungen im Zuge von Ausbruchsgeschehen, sowie Biosicherheitsmaßnahmen im Rahmen von Neueinstallungen, Zukäufen, Teilnahme an Veranstaltungen. 4 | Amtliche Methode und Falldefinition | FLI | Stand 21.04.2021
Ansteckende Blutarmut der Einhufer 1.5 Zuständige Untersuchungseinrichtung ▪ Veterinäruntersuchungseinrichtungen der Länder ▪ Friedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, Insel Riems: Nationales Refe renzlabor für EIA am Institut für Virusdiagnostik, Südufer 10, 17493 Greifswald-Insel Riems, Tel. 0383517-0. 1.6 Rechtsgrundlagen „Verordnung über anzeigepflichtige Tierseuchen“ in der jeweils geltenden Fassung sowie „Verordnung zum Schutz gegen die ansteckende Blutarmut der Einhufer“ (Einhufer-Blutarmut-Verordnung) in der aktuellen Fassung bzw. übergeordnete Rechtsvorschriften der EU, d. h. Delegierte Verordnung (EU) 2020/686 der Kommission vom 17. Dezember 2019 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parla ments und des Rates hinsichtlich Vorschriften betreffend Überwachung, Tilgungsprogramme und den Status „seuchenfrei“ für bestimmte gelistete und neu auftretende Seuchen in der letzten Fassung vom 4. Oktober 2010 (BGBl. I S. 1326) zuletzt durch Artikel 8 der Verordnung vom 3. Mai 2016 (BGBl. I S. 1057) geändert. 2. Untersuchungsmaterial Untersuchungsmaterial für die hämatologische Untersuchung gerinnungsgehemmte Blutprobe (EDTA, Heparin, Citrat) Untersuchungsmaterial für den Antikörpernachweis Nativblutprobe, Serum; Plasma ist nicht für alle serologischen Tests geeignet Untersuchungsmaterial für den Erregernachweis gerinnungsgehemmte Blutprobe (EDTA [Anzucht!], Heparin, Citrat) Organmaterial (Leber, Milz, Niere) 3. Untersuchungsgang Der Agargel-Immunodiffusionstest (AGID, Coggins-Test) ist der Test der Wahl für die Diagnosestellung. Der EIAV-Antikörper-ELISA (Enzyme Linked Immunosorbent Assay) beruht auf einem enzymatischen Nachweis der Antikörper und muss bei einer positiven Reaktion durch den AGID bestätigt werden. Der direkte Nachweis des Virus ist üblicherweise nicht notwendig, da ein serologisch positives Tier das Virus lebenslang beherbergt und es potentiell weiterverbreiten kann. Der Nachweis von viralem Erbmaterial aus Blut und Organmaterial ist mittels Polymerasekettenreaktion (PCR) möglich. Amtliche Methode und Falldefinition | FLI | Stand 21.04.2021 | 5
Ansteckende Blutarmut der Einhufer Die Untersuchungen erfolgen nach dem „O.I.E. Manual of Diagnostic Tests and Vaccines for Terrestrial Ani mals“ (2013, Part 2, Section 2.5, Chapter 2.5.4; Stand 2013 in der jeweils aktuellen Fassung). Weiterfüh rende Ergänzungen können der AVID-Methodensammlung entnommen werden (www.dvg.net). 3.1 Indirekter Erregernachweis Der indirekte Erregererregernachweis (Nachweis von EIAV-spezifischen Antikörpern) ist das Mittel der Wahl zur Diagnose der Infektion, die im empfänglichen Tier lebenslang persistiert. Von Pferden, die sich möglicherweise in einer frühen Infektionsphase befinden, sollte nach ein bis zwei Wochen erneut eine Blutprobe untersucht werden. Um für Fohlen eine Aussage treffen zu können, muss der Antikörperstatus der Mutterstute bekannt sein. Falls im Blut der Stute Antikörper gegen EIAV nachgewiesen werden, kann der serologische Befund des Fohlens erst nach dem sechsten Lebensmonat beurteilt werden, da erst nach dieser Periode passiv übertragene maternale Antikörper abgebaut sind. Die jeweils aktuelle Liste der zugelassenen Mittel ist auf der Homepage des FLI einzusehen (https://www.fli.de/fileadmin/FLI/Service/Zulassungsstelle/deutsch/02_d_Zul_Mittel.pdf). 3.1.1 Nachweis EIAV-spezifischer Antikörper im Agargel-Immunodiffusionstest (AGID, Coggins-Test) In den ersten zwei bis drei Wochen nach der Infektion fällt der Test üblicherweise negativ aus. In Ausnah mefällen können bis zum Auftreten nachweisbarer Antikörper bis zu 90 Tage vergehen. Präzipitierende An tikörper aus dem Testserum diffundieren in einem Agargel gegen ein ebenfalls diffundierendes Antigen (Kapsid/Core p26). Eine entstehende Präzipitationslinie ist dann als positiver Befund zu bewerten, wenn diese Bande mit der Präzipitationsbande des positiven Kontrollserums kommuniziert. Kommerzielle Testkits beinhalten rekombinantes EIAV-Antigen und positives Kontrollserum. Vorbereitung der AGID-Platten 2 g NaOH 9 g H3BO3 1 l destilliertes Wasser zugeben pH auf 8,6 ± 0,1 einstellen Im Puffer eine 1 %-Lösung von Noble-Agar herstellen: Agarlösung in Intervallen von 30 Sekunden für insge samt 3 Minuten oder solange, bis der Agar gelöst ist, im Mikrowellenherd behandeln. Der erhitzte und voll ständig gelöste Agar wird in einer Schichtdicke von etwa 3 mm (z. B. 5 ml Agar pro 3,5 cm-Petrischale bzw. 15 ml in eine Petrischale (∅ 100 mm)) ausgegossen. Platten 1 bis 12 Stunden bei Raumtemperatur abkühlen, maximal 3 Wochen bei 2 bis 8 °C lagern. Rosettenartig 6 periphere und 1 zentrale Vertiefung unmittelbar vor Gebrauch aus dem 2 bis 8 °C kalten Agarplatten ausstanzen (siehe Gebrauchsinformation). Agarpfropfen und Flüssigkeit entfernen. Achtung: Ablösen des verbliebenen Agars von der Unterfläche vermeiden! 6 | Amtliche Methode und Falldefinition | FLI | Stand 21.04.2021
Ansteckende Blutarmut der Einhufer Folgende Stanze hat sich besonders bewährt: Durchmesser der Stanzlöcher 5 mm Abstand der einzelnen Löcher voneinander 3 mm. Durchführung des AGID In das zentrale Loch wird das EIAV-Testantigen und in die peripheren Löcher werden alternierend ca. 50 μl Referenzserum (Positivkontrollen) und Feldseren eingefüllt. Löcher randvoll plan befüllen. Die beschickte AGID-Platte wird danach ca. 15 Minuten nicht bewegt und anschließend über Nacht bei Raum temperatur in einer feuchten Kammer bebrütet. Ablesung gegen dunklen Hintergrund am 1. und 2. Tag nach Testansatz; abschließende Beurteilung von ne gativen Proben frühestens nach 48 Stunden. 3.1.2 Nachweis EIAV-spezifischer Antikörper im Enzyme Linked Immunosorbent Assay (ELISA) Kommerzielle ELISA-Tests basieren meist auf dem Nachweis von Antikörpern gegen p26 (Kapsid). Aufgrund ihrer höheren Sensitivität und der schnellen Durchführung stellen sie eine sinnvolle Ergänzung zum Agar- gel-Immunodiffusionstest dar, insbesondere bei der Routineuntersuchung größerer Probenzahlen. Ein posi tives ELISA-Testergebnis muss im AGID verifiziert werden, da in den ELISA-Tests vereinzelt falsch positive Reaktionen auftreten können. Aktuell sind sowohl AGID-Testsysteme als auch ELISA-Tests unterschiedlicher Hersteller in Deutschland zu gelassen (siehe Anhang). Für abklärende Untersuchungen bei unklaren, schwachen oder unspezifischen Re aktionen können Proben jederzeit dem NRL übermittelt werden. 3.2 Direkter Erregernachweis Da das Virus im infizierten Tier persistiert, ist ein positiver serologischer Befund ausreichend für die Diag nosestellung der EIAV-Infektion. 3.2.1 Virusisolierung Die Virusisolierung ist zeitaufwändig, und die Durchführung ist nicht routinemäßig erfolgreich. EIAV kann in primären Makrophagen- und Leukozytenkulturen angezüchtet werden, in Pferdehaut- und Nierenzelllinien vermehrt sich das Virus deutlich schlechter und die Anzucht misslingt häufig. Amtliche Methode und Falldefinition | FLI | Stand 21.04.2021 | 7
Ansteckende Blutarmut der Einhufer 3.2.2 Nachweis von EIAV-Genom mittels Reverser Transkriptase-/Polymerasekettenreaktion (RT- /PCR) Eine nested Polymerasekettenreaktion (n-PCR) kann zum Genomnachweis eingesetzt werden (Nagarajan et al. 2001, J. Virol. Methods, 94, 97-109). Der Nachweis viraler RNA erfolgt aus zellfreiem Material (Plasma, Serum), der Nachweis von integrierter proviraler DNA aus Blutzellen oder Organmaterial. Da die Viruslast sehr niedrig sein kann und die Sequenzen der zirkulierenden EIAV-Stämme auch im gag-Bereich (p26) vari ieren können, ist lediglich ein positiver PCR-Befund als aussagekräftig zu bewerten. Es werden mit Hilfe des TRIZOL-Reagents (Invitrogen) oder eines Säulchen-RNA-Isolierungs-Kits (QIAamp viral RNA (zellfreie Proben), RNeasy Mini Qiagen (zellhaltige Proben)) aufgereinigte RNA-Proben eingesetzt. Für die DNA-Extraktion hat sich besonders das High Pure PCR Template Kit von Roche bewährt (Gewebe 1 : 10 in Lysispuffer verdünnen, homogenisieren z. B. Tissue Lyser, Qiagen). Die genauen Aufreinigungspro tokolle für die unterschiedlichen Materialien finden sich in den entsprechenden Herstelleranweisungen. Es sind 1 bis 5 µl nach der Aufreinigung gewonnene DNA- oder RNA-Suspension in der EIAV-PCR einzusetzen. Wird keine Carrier-RNA eingesetzt, kann eine genaue Messung mittels Photometrie erfolgen (100 bis 500 ng Gesamt-DNA / 500 bis 2000 ng Gesamt-RNA). Zur Überprüfung der erfolgreichen Nukleinsäure-Extraktion und Amplifikation wurde der Assay mit einem internen Kontrollsystem, basierend auf dem beta-Aktin-Gen, gekoppelt. Die Ergebnisse der spezifischen (RT-) PCR gelten nur als valide, wenn die Amplifikationsreaktion in der beta-Aktin-PCR erfolgreich ist. Die Amplifikationskontrolle kann selbstverständlich über sämtliche etablierte (Real-time) Systeme zum Nach weis externer Kontrollen oder House-Keeper-Sequenzen erfolgen. Um einen Hinweis auf vorkommende Kreuzkontaminationen während der Nukleinsäure-Isolierung zu erhal ten, wird bei jeder Extraktion mindestens eine Isolierungskontrolle mitgeführt. Hierbei wird negatives Pro benmaterial (z. B. Serum oder Organe) zusammen mit den Feldproben aufgearbeitet. Die Extraktionskon trolle dient somit auch als positive Kontrolle für das beta-Aktin-Detektionssystem. Werden parallel mehr als sieben Feldproben aufgearbeitet, sollte mehr als eine Extraktionskontrolle mitgeführt werden. 3.2.2.1 RT-PCR zum Nachweis von gag (p26) spezifischen Genomabschnitten von EIAV (RT-PCR-Protokoll nach Nagarajan et al./OIE-Referenztest) Detektion viraler RNA aus Viruspartikeln in zellfreien Matrices wie Serum, Plasma. Extraktion z. B. mit dem QIAamp viral RNA kit (Qiagen) mit Carrier-RNA 8 | Amtliche Methode und Falldefinition | FLI | Stand 21.04.2021
Ansteckende Blutarmut der Einhufer Reaktionsansatz z. B.: SuperScript III One Step RT-PCR Kit oder Systeme mit vergleichbarer Effizienz 2x Puffer 12,5 µl (enthält 12,5 mM MgCl2) kein weiterer Zusatz von Magnesium Primer EIAf 1,0 µl (100 pmol/µl Stammlösung) Primer EIAr 1,0 µl (100 pmol/µl Stammlösung) Endkonzentration je 0,5 - 1,0 µM Enzym 0,5 µl Template 3,0 µl H2O ad 25 µl PCR-Zyklus 55 °C 30 min (RT-Reaktion) 94 °C 15 min 40x: 94 °C 30 sec 55 °C 30 sec 72 °C 30 sec 72 °C 7 min 12 °C halten äußere Primer EIAV gag (p26) P1_f 613: GTA ATT GGG CGC TAA GTC TAG P2_r 1222: CCT CTA ATA AAT CTT GCT GTC Produktgröße: 610 bp 2 µl in den Reaktionsansatz für die innere PCR überführen (siehe Abschnitt PCR) innere Primer EIAV gag (p26) P3_f 914: GGC TGG AAA CAG AAA CTT TA P5_r 1173: CCA GTG GAG CAT TCG GTA A Produktgröße: 260 bp PCR-Zyklus 95 °C 15 min 40x: 94 °C 30 sec 55 °C 30 sec 72 °C 30 sec 72°C 7 min 12 °C halten Amtliche Methode und Falldefinition | FLI | Stand 21.04.2021 | 9
Ansteckende Blutarmut der Einhufer 3.2.2.2 PCR zum Nachweis von integrierten proviralen gag (p26) spezifischen Genomabschnitten von EIAV (PCR-Protokoll nach Nagarajan et al./OIE-Referenztest) Gesamt-DNA, welche in das zelluläre Genom integrierte provirale DNA enthalten kann, wird mit Hilfe z. B. des Puregene-Kits (Fa. Biozym), DNA Mini Kits (Qiagen) oder des High Pure PCR Template Kits (Roche) isoliert und aufgereinigt. Qualität und Quantität der DNA können im Agarosegel abgeschätzt bzw. im Photometer überprüft werden. Anderenfalls können 1 bis 5 µl (3µl) direkt nach der Aufreinigung gewonnene DNA-Sus pension in die EIAV-PCR eingesetzt werden. z. B. Quantitect Multiplex No Rox oder vergleichbare Systeme 2x Reaktionspuffer 12,5 µl Primer f 1,0 µl (100 pmol/µl Stammlösung) Primer rev 1,0 µl (100 pmol/µl Stammlösung A.dest. 7,5 µl Template 3 µl [2 µl bei innerer EIAV gag-PCR und innerer nested RT-PCR] H2O ad 25 µl Auswertung Die Auswertung erfolgt i. d. R. mit Hilfe der Agarosegel-Elektrophorese mit Ethidiumbromid-Färbung. Eine Auswertung erfolgt dann durch den Vergleich der Größe etwaiger Amplifikate mit Positiv-Kontrollen und einem mitgeführten Molekulargewichtsmarker. 3.2.2.3 Extraktions- und Inhibitorkontrolle auf endogenes Pferde-β-Aktin-Gen hAktin_f: ATG TGC AAG GCC GGC TTC G hAktin_r: TTA ATG TCA CGC ACG ATT TCC Produktgröße: etwa 580 bp PCR-Kits und -Bedingungen wie bei äußerer EIAV (RT-)PCR. Nagarajan MM, Simard C. Detection of horses infected naturally with equine infectious anemia virus by nested polymerase chain reaction. J Virol Methods. 2001; 94(1-2):97-109. Es können natürlich auch vergleichbare etablierte Real-time Systeme eingesetzt werden wie z. B. im Kapitel „Bovines Herpesvirus Typ 1“ beschrieben. Aktuell stehen weder konventionelle noch real-time PCR-Systeme zur Verfügung, die den sicheren Nachweis aller Isolate erlauben. 10 | Amtliche Methode und Falldefinition | FLI | Stand 21.04.2021
Ansteckende Blutarmut der Einhufer 3.3 Nachweis von EIAV mittels Tierversuch Virus-Übertragungsversuche mit dem Blut verdächtiger Pferde können in Ausnahmefällen durchgeführt wer den. 1 bis 25 ml Vollblut eines infizierten Tieres, in Einzelfällen bis zu 250 ml, werden benötigt, um nach intravenöser Inokulation eine Infektion in einem Empfängertier zu etablieren (Beobachtungszeitraum ≥ 45 Tage). Amtliche Methode und Falldefinition | FLI | Stand 21.04.2021 | 11
Ansteckende Blutarmut der Einhufer Anhang Zugelassene Testkits AGID Idexx, VMRD, ID Vet Innovative Diagnostic ELISA Idexx, ID Vet Innovative Diagnostic, In3diagnostic Testreagenzien werden nach Herstellerangaben gelagert. Referenzseren werden in Aliquots bei -20 °C gelagert, um wiederholtes Frieren-Tauen zu vermeiden. Literatur CARPENTER S und ALEXANDERSEN S (1992). Pathogenesis of equine infectious anemia infection. Seminars in Virology 3, 157-166. CHEEVERS WP, McGUIRE TC (1985). Equine infectious anemia virus: immunopathogenesis and persistence. Rev Infect Dis. 7, 83-88. COGGINS L und NORCROSS NL (1970). Immunodiffusion reaction in equine infectious anemia. Cornell Vet. 60, 330-335. dos REIS JK, MELO LM, REZENDE MR, LEITE RC (1994). Use of an ELISA test in the eradication of an equine infectious anaemia focus. Trop Anim Health Prod. 26, 65-68. FRENZEL B, IRMER S, KAADEN OR, WALZEL L (1981). Vergleichende Untersuchungen zur serologischen Diagnose der infektiösen Anämie der Einhufer. [Comparative investigations on the serological diagnosis of the equine infectious anemia.] Dtsch Tierärztl Wochenschr. 88, 128-130. NAGARAJAN MM, SIMARD C (2001). Detection of horses infected naturally with equine infectious anemia virus by nested polymerase chain reaction. J Virol Methods. 94, 97-109. PARE J, SIMARD C (2004). Comparison of commercial enzyme-linked immunosorbent assays and agar gel immunodiffusion tests for the serodiagnosis of equine infectious anemia. Can J Vet Res. 68, 254-258. SPYROU V, PAPANASTASSOPOULOU M, PSYCHAS V, BILLINIS Ch, KOUMBATI M, VLEMMAS J, KOPTOPOULOS G (2003). Equine infectious anemia in mules: virus isolation and pathogenicity studies. Vet Microbiol. 95, 49-59. Überarbeitet nach Prof. Dr. O.-R. Kaaden 12 | Amtliche Methode und Falldefinition | FLI | Stand 21.04.2021
Falldefinition – Ansteckende Blutarmut der Einhufer; Virus der Equinen Infektiösen Anämie Klinisches Bild Der Erreger verursacht eine lebenslang persistierende Infektion. Die Übertragung durch große blutsaugende Insekten wie Pferdebremsen und Wadenstecher ist von epidemiologischer Bedeutung. Durch engen Tierkon takt kann es ebenfalls zur Übertragung der Infektion kommen. Die namengebende Anämie, die durch eine immunpathologische Auflösung der roten Blutkörperchen entsteht, wird in vielen Fällen nicht beobachtet. Eine klinische Erkrankung kann sich in akuter oder chronischer Form mit vereinzelt tödlichen Verläufen manifestieren. Klinische Episoden dauern üblicherweise drei bis fünf Tage und gehen mit wiederkehrenden Fieberschüben einher. Die akute Verlaufsform äußert sich in Fieber, Apathie und Punktblutungen. Die chro nische Verlaufsform ist durch Erkrankungsschübe mit rekurrierenden Fieberanfällen, Abgeschlagenheit und Ödembildung gekennzeichnet. In 30 bis 90 % der Fälle treten keine Krankheitssymptome auf, die Tiere blei ben asymptomatische Carrier. Inkubationszeit: 5 bis 30 Tage Labordiagnostischer Nachweis Erregernachweis: ▪ Virusisolierung (kulturell): aufwändig und nicht regelmäßig erfolgreich ▪ Genomnachweis mittels (RT)-PCR Indirekter Nachweis: ▪ Nachweis von EIAV-spezifischen Antikörpern im Agargel-Immundiffusionstest (AGID) ▪ Aktuell sind Antikörper-ELISA Testsysteme für Untersuchungen beim innergemeinschaftlichem Ver bringen und für die Untersuchung von Zuchttieren zugelassen (Durchführungsverordnung (EU) 2018/659*, DelVo2020/686). *AGID erforderlich bei Ausbruch im Herkunftsbetrieb Zusatzinformation EIA ist weltweit verbreitet und tritt gehäuft in Nord- und Südamerika, Afrika, Asien, Australien sowie Süd- und Osteuropa auf. In nord- und mitteleuropäischen Ländern werden sporadische Fälle verzeichnet. Das Virus ist in Deutschland nicht endemisch, jedoch kommt es immer wieder zu vereinzelten EIA-Ausbrüchen. In den meisten Fällen kann ein Zusammenhang zu importierten Pferden aus Endemiegebieten festgestellt werden. Amtliche Methode und Falldefinition | FLI | Stand 21.04.2021| 13
Ansteckende Blutarmut der Einhufer Epidemiologischer Zusammenhang Erwiesener epidemiologischer Zusammenhang (Kontakt mit labordiagnostisch nachgewiesen infiziertem Tier) ist grundsätzlich mit den oben genannten Methoden abzusichern. Voraussetzung für den Verdacht Serologische, pathologisch-anatomische, hämatologische und klinische Befunde Durch TSN zu übermittelnder Fall Voraussetzungen für die Feststellung eines Falles: ▪ Antikörpernachweis: Da das Virus im infizierten Tier lebenslang persistiert, ist für die Diagnosestel lung ein positiver serologischer Befund ausreichend. Spezifische Antikörper sind zwei bis drei Wo chen (in Ausnahmefällen bis zu 90 Tage) nach der Infektion nachweisbar. ▪ Virusnachweis bzw. Genomnachweis: Laut Rechtsvorschriften sind zur Diagnosestellung patholo gisch-anatomische, hämatologische oder klinische Befunde ausreichend. Da zuverlässige serologi sche Tests verfügbar sind, werden diese Parameter zur Meldung eines Verdachts, nicht aber zur Diagnosestellung herangezogen. Rechtsvorschriften ▪ Verordnung über anzeigepflichtige Tierseuchen in der jeweils geltenden Fassung ▪ Verordnung zum Schutz gegen die ansteckende Blutarmut der Einhufer bzw. übergeordnete Rechts vorschriften der EU: ▪ Delegierte Verordnung (EU) 2020/686 der Kommission vom 17. Dezember 2019 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich Vorschriften be treffend Überwachung, Tilgungsprogramme und den Status „seuchenfrei“ für bestimmte gelistete und neu auftretende Seuchen Friedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit Südufer 10, D-17493 Greifswald – Insel Riems, www.fli.de 14 | Amtliche Methode und Falldefinition | FLI | Stand 21.04.2021
Sie können auch lesen