AQUARISTIK 1 Schweizer - WissenswerteszuSüsswasser-Aquarienfischen www.vaz.ch - Verein Aquarium Zürich

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AQUARISTIK 1 Schweizer - WissenswerteszuSüsswasser-Aquarienfischen www.vaz.ch - Verein Aquarium Zürich
Schweizer

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       AQUARISTIK
Wissenswertes zu Süsswasser-Aquarienfischen              www.vaz.ch

Fischauffangstation.ch
Verein Aquarium Zürich, eine Sektion des Schweizer Tierschutzes STS
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2 Schweizer AQUARISTIK 1-2018

EDITORIAL
                         Liebe Aquarianerinnen und Aquarianer

                         Die vorliegende Ausgabe thematisiert das Tierwohl, zeigt auf, woher der Begriff entstammt
                         und wo die Schwerpunkte bei der Aquaristik angelegt sein könnten. In diversen Artikeln wird
                         das entsprechend dargelegt.

                         Bei der Aquaristik liegen zudem Haltungsfragen, Artenschutz und Naturschutz sowie der
                         Tierschutz ganz nahe beieinander. Das kann Kontroversen auslösen, die sich manchmal
                         bei der Beurteilung von Sachfragen auswirken. Und obschon die Aquaristik gut erforscht
                         erscheint, liegen gerade darin die grössten Hemmschwellen für ein fortschrittliches Handeln
                         – so wird beispielsweise in gewissen Fachkreisen eine unsinnige Interaktion von «Räuber-
                         und Beutefischen» als eine positive Stresssituation bewertet.

                         Während viele Tiere in Gehegen leben, werden bei Zierfischen wenn möglich Lebensräume
                         nachgebildet, was höchste Anforderungen an die Halter stellt. Natürlich lassen sich auch
                         Fische in Gehegen, sprich Becken halten, dann wohl aber weit entfernt vom Tierwohl.

                         Viel Spass beim Lesen
                         Hans Gonella

                         Buchempfehlung: Im Zusammenhang mit Wildfangfischen wird oft die nachhaltige Fischerei genannt.
                         Es gibt nun das Buch «Wildtiermanagement». Wildtiere und Menschen leben in Mitteleuropa in en-
                         ger Nachbarschaft. Die Autoren überzeugen mit grundsätzlichen Überlegungen, Erläuterungen zur
                         Rechtslage und Fallbeispielen und fordern einen respektvollen Umgang mit Wildtieren.
                         Die meisten Wildtiere benötigen kein Management. Ein bewusstes Eingreifen kann aber nötig werden,
                         wenn eine Art in ihrem Bestand gefährdet ist oder wenn es aus Sicht des Menschen zu viele Tiere hat.
                         Die Ziele des Wildtiermanagements sind denn auch die Erhaltung der Arten und ihrer Lebensräume.
                         Entsprechend gibt es Überschneidungen in diversen Interessenslagen, wo Konflikte entstehen kön-
                         nen. Das gilt übrigens auch in den Tropen!

                         Literatur: Robin K., Graf R.F., Schnidrig R. (2017): Wildtiermanagement. Eine Einführung. Bern:
                         Haupt. 335 S., Fr. 59.

                                             Inhaltsverzeichnis Schweizer AQUARISTIK 1/2018
                                             Editorial		2
                                             Zierfisch Aktuell		                           3
                                             Tierschutz-News		                             4
                                             Aus Forschung und Lehre		                     5
                                             fischwissen.ch		                              6
                                             Aquarium live 		                              7
                                             Handel und Industrie		                       10
                                             Bildung Zoofachhandel Schweiz BZS		          10
                                             Fischwelten		                                11
                                             Tierwohl in der Aquaristik		                 14
                                             Meerwasser Aktuell 		                        17
                                             Verein Aquarium Zürich		                     18
                                             Aquarienvereine 		                           18
                                             Aquatis – das Süsswasservivarium		           19
                                             Verein Entwicklung der Aquaristik VEdA		     19
                                             SDAT-Infos und Aquaristische Veranstaltungen 19
                                             Impressum		20
                                             Titelbilder:
                                             In kleinen Aquarien sind Buntbarsche schwierig zu haltende Fische.
                                             Fotos von Regula Süess
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Zierfisch Aktuell

Pilot: freiwilliger Sachkundekurs in Zürich
Ein Tierarzt wird Kursleiter des Projektes, unterstützt von diversen Aquaristikreferenten.
Der Verein Aquarium Zürich ist           kundekurs für AquarianerInnen als             eine Prüfung absolvieren und eine
momentan mit einem namhaften             Pilotprojekt starten zu lassen.               Kursbestätigung erhalten.
Branchenvertreter in Diskussion,         Bereits bei einem allfälligen Test-
gemeinsam einen freiwilligen Sach-       lauf würden die Teilnehmenden

Aquarienvereine haben das Tierwohl entdeckt
Es braucht dringend Schulungskonzepte, die dem Tierwohl ausreichend Rechnung tragen.
(goh) Während die einen noch             en, die das Tierwohl in Aquarien              wurden viele Arten unter abenteuer-
über die Unterschiede zwischen           verbessern könnten.                           lich anmutenden Umständen in der
artgerechter Haltung oder artge-                                                       Natur gefangen und in die Aquarien
mässer Pflege debattieren, haben         Fische artgerecht zu halten, ist bei          geholt. Dementsprechend wurden
die Anderen das Tierwohl entdeckt.       weitem nicht in neuerer Zeit popu-            weniger Arten, wie auch geringere
Allerdings hat bis anhin lediglich       lär geworden, schon vor 50 Jahren             Mengen an Fischen in die Aquari-
ein Begriff in die Aquaristik Einzug     wurden die Fische in vielen Heim-             en eingebracht. Heute braucht es
gehalten. Was sich die Aquarianer-       aquarien sehr gut gehalten. Der               mehr Langzeitbeobachtungen, um
Innen so gemeinhin unter Tierwohl        Grund dafür liegt auf der Hand. Da-           Vergesellschaftungsmöglichkeiten
vorstellen, ist noch weit entfernt       mals gab es noch keine Billigfische           beurteilen zu können. Dabei geht
von tiergerechten Umsetzungskon-         aus dem Baumarkt, die heute zu                es nicht um Jahre sondern Jahr-
zepten.                                  Spontankäufen verleiten. Zudem                zehnte – denn Fische werden alt.

Mit Vorträgen und Workshops für
Einsteiger und Fortgeschrittene            Was ist Tierwohl?
wird an Vereinsanlässen über die           Die Bereiche der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung unterliegen in der Regel
faszinierende Welt unter Wasser            wirtschaftlichen Überlegungen. Bei Nutztieren bestehen die Fragen zur Tier-
berichtet und eingehend erklärt,           gerechtheit hauptsächlich in Verbindung damit, wie man Tiere – trotz Nutzung
                                           – tiergerecht behandeln und halten kann.
wie man Aquarien einrichtet und
                                           Die Nutztierethologie ist ein Zweig der Verhaltensbiologie (Ethologie), zur Er-
was man alles für eine tiergerech-         forschung des Verhaltens von Nutz-, Haus-, Labor-, Versuchs- und Zootieren.
te Haltung von Fischen benötigt.
Dabei werden immer noch alther-            Im Heimtierbereich gelten eigene Massstäbe, daher kann dem Tierwohl gröss-
gebrachte Pflegemodelle vermit-            tenteils mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden, sofern der Besitzer bereit ist,
telt, die schon vor mehr als einem         diese Zeit auf sich zu nehmen. In der Aquaristik stehen wiederum eigene As-
viertel Jahrhundert bekannt waren.         pekte im Vordergrund oder verlangen nach spezifischen Einschätzungen.
Für einen Laien mag dies eindrück-
lich sein, ein Tierschützer allerdings     Der Begriff der Tiergerechtheit (englisch: animal welfare) umfasst die Aspekte
                                           der Tiergesundheit (animal health), die Ausführbarkeit von natürlichen Verhal-
fühlt sich dabei eher an einem
                                           tensweisen (natural behaviour) und das Wohlbefinden (positive emotional sta-
Nutztiervortrag mit «Batteriehuhn-         te) eines Tieres. Alternativ zur Tiergerechtigkeit wird heute oft der Begriff Tier-
charakter» erinnert.                       wohl verwendet. Dieser wird im politisch-gesellschaftlichen Dialog verwendet,
                                           ist aber ein weitgehend undefinierter und unterschiedlich betrachteter Überbe-
Tierwohlaspekte bei der Aquaristik         griff – leider auch mit marketingorientiertem Effekt.
haben viel mit Eigenverantwortung          Bei der Beurteilung des Tierwohls spielen menschliche Wertvorstellungen eine
zu tun. Und obschon manche Mar-            wichtige Rolle – daraus resultieren voneinander abweichende Schlussfolgerun-
ketingkonzepte der Branche dies            gen über die Tiergerechtheit bei Haltungs- und Managementverfahren.
vorgauckeln, so hat Industriefutter,
                                           Bewertung von Tiergerechtheit
ein ausgeklügeltes Gesellschafts-
                                           Vom britischen Tiergesundheitsausschuss (Farm Animal Welfare Council,
aquarium oder die Fortpflan-               FAWC) wurde bereits in den 80er Jahren das Konzept der «5 Freiheiten» ent-
zungsrate der Fische nichts mit            wickelt. Dazu zählen:
zufriedenen Fischen zu tun. Erste          1. Freiheit von Hunger und Durst (Wasser / Nahrung)
Lösungsansätze zum Tierwohl las-           2. Freiheit von Schmerzen, Verletzungen oder Krankheiten (Vorbeugung /
sen sich jedoch den gängigen Tier-            Therapie / Behandlung)
schutzdebatten entnehmen und mit           3. Freiheit von Diskomfort entsprechende Umweltgestaltung / Zuflucht /
entsprechender Experimentierfreu-             Rückzug / Ruhe
de umsetzen. Übrigens: bei alldem          4. Freiheit das normale Verhalten auszuführen (Platz / adäquate Sozialbe-
                                              dingungen / Beschäftigung)
sogenannten «Wissensmüll» in
                                           5. Freiheit von Furcht, Angst und Disstress (Haltung, Management,
den sozialen Medien finden sich               Manipulationen ohne mentales Leiden)
gerade dort gelegentlich gute Ide-
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4 Schweizer AQUARISTIK 1-2018
Tierschutz-News

Was sagt TIR zum obligatorischen SANA
Seit 1996 setzt sich Tier im Recht (TIR) für einen starken rechtlichen Tierschutz ein.

Die Stiftung für das Tier im Recht                                                 Die TIR steht jedoch jeglichen Ver-
(TIR) aus Zürich nahm ausführlich                                                  besserungen der aktuellen Situa-
Stellung zum dreiteiligen obligato-                                                tion offen gegenüber. Eine qualifi-
rischen Sachkundenachweis, wel-                                                    zierte Beratung nach festgesetzten
ches der Verein Entwicklung der                                                    Standards sowie die Einführung
Aquaristik VEdA in der vergange-                                                   einer Sperrfrist kann künftige Tier-
nen Ausgabe vorgestellt hat. Die                                                   halter für die Bedürfnisse ihres Tie-
Stellungnahme wird in der kom-                                                     res sensibilisieren und damit einen
menden Ausgabe weiterführend be-                                                   erheblichen Beitrag zu deren Wohl
arbeitet. An dieser Stelle soll schon                                              leisten. In den Augen der TIR wäre
mal die nachfolgende Gesamtbe-           Salmler mit Schleierflossen. Werden       es jedoch wichtig, weitere Zier-
trachtung von TIR einen Überblick        die Flossen zu lang, behindern sie beim   fischarten dem SANA 3, d.h. einer
verschaffen:                             Schwimmen.                                intensiveren      Ausbildungspflicht,
«Aufgrund der hohen Haltungsan-          grosse Herausforderungen bei ih-          zu unterstellen. Gewisse Arten mit
forderungen steht die TIR der Hal-       rer Haltung aufgrund oft unzurei-         sehr hohen Haltungsanforderungen
tung von Exoten – d.h. Reptilien,        chender Kenntnis ihrer Bedürfnisse        sollten zudem nicht an private Hal-
Ziervögeln, Zierfischen etc. – sehr      hinzu. Diese betreffen auch Nach-         ter abgegeben werden.»
kritisch gegenüber. Mit der steigen-     zuchten. Letztere bergen überdies
den Nachfrage nach exotischen            gravierende      Tierschutzprobleme
Heimtieren hat ausserdem der in-         hinsichtlich der Zucht (Qualzucht-
ternationale Handel mit ihnen in         problematik).
den vergangenen Jahren stark zu-         Nicht zuletzt sind Haltungsverstös-
genommen. Nicht alle Tiere stam-         se gerade bei Kleintieren in privaten
men aus Schweizer Nachzuchten,           Haushalten oft schwer zu erkennen
vielmehr werden zahlreiche unter         und zu kontrollieren, weshalb die
ihnen der freien Natur entnommen.        entsprechenden Tiere besonders
Zur massiven Beeinträchtigung des        in Gefahr stehen, Opfer erheblicher
Wohlergehens entsprechender Tie-         Tierwürdemissachtungen zu wer-
re durch Fang und Transport treten       den.                                      Kugelfische sind schwer zu halten.

Die Reise ins Aquarium endet meist tödlich
Tierschutz bei Zierfischen war im vergangenen Mai ein Thema im Schweizer Radio.
In der Schweiz werden Millionen von
Zierfischen gehalten. Auf dem Weg
in hiesige Aquarien sterben unzähli-
ge Tiere.
Die Schweizer Meeresbiologin Moni-
ca Biondo erklärte im Radio SRF 2,
bei Peter Jaeggi (Kultur) das Drama
hinter dem Handel mit Meerwasser-
aquarienfischen.
Auf dem Transport in die Schweiz
stirbt ein grosser Teil der Tiere. Das
Fischen in der Natur führt dazu, dass
zum Beispiel der Banggai-Kardinal-
fisch stark bedroht ist.
Meeresfische lassen sich schwer
züchten. Und selbst Arten, die sich
einfach züchten liessen, werden
meist doch wild gefangen, weil die
Zucht teurer ist und die Kundschaft
günstige Fische einkauft.                Banggai-Kardinalbarsch (Pterapogon kauderni)
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Aus Forschung und Lehre

Die Kleinsten schaffen Grosses im See
Über die Bakterientätigkeiten im freien Wasser – im See oder Aquarien – ist sehr wenig bekannt.

Einzellige Bakterien können in
Seen ganze Wasserschichten
mischen. Nicht etwa indem sie
mit ihren Geisseln das Wasser                        Konsumenten
umrühren, vielmehr indem sie
sich lokal ansammeln und so die                                                               Produzenten
Dichte des Wassers erhöhen.                           Destruenten
Das Absinken des schwereren
Wassers verursacht dann eine
Verwirbelung. Erstmals haben
Forschende diesen Prozess             Bakterien übernehmen eine wichtige Funktion im ökologischen Kreislauf.
nicht nur im Labor, sondern
auch in der Natur, im Tessiner        zwei Meter dicke Wasserschichten          Originalartikel: Sommer, T., et
Cadagno-See, nachgewiesen.            vollständig zu durchmischen. Sie          al. (2017), Bacteria induced mi-
                                      kommen vorwiegend in Seetiefen            xing in natural waters, Geophys.
Können Mikroorganismen das            vor, wo das Wasser keinen Sau-            Res. Lett., 44, https:\\dx.doi.
Wasser in einem See durchmi-          erstoff mehr enthält und bilden im        org\10.1002/2017GL074868;
schen? Nein, sagen alle bisherigen    Cadagno-See eine dicke Schicht in
Studien, denn die minimalen Wir-      rund 12 Metern Tiefe. Darin haben         An der Studie waren beteiligt: Ea-
bel, welche Bakterien durch ihr He-   die Wissenschaftlerinnen und Wis-         wag, SUPSI Bellinzona, ETH Zü-
rumschwimmen verursachen, sind        senschaftler mit automatisierten          rich, EPF Lausanne, MPI Bremen,
viel zu schwach dazu. Sie schaf-      Methoden aus der Trinkwassermi-           University of Iowa (USA), Middle
fen es nicht, die starke Schichtung   krobiologie über Zehntausend der          East Technical University Ankara
in einem See, hervorgerufen zum       geisselbewehrten Organismen pro           (Turkey). Sie wurde finanziert von
Beispiel durch Unterschiede in        Milliliter Wasser gezählt; das sind       der Eawag, dem ENAC Professors
Temperatur oder Salzgehalt, durch-    über 10 Milliarden pro Kubikmeter.        Visiting Program an der EPFL und
einanderzubringen.                    Die Bakterien schwimmen aufwärts          dem SNF.
                                      Richtung Licht, aber nur bis an die
Jetzt zeigt eine neue Studie, dass    Grenze zum sauerstoffhaltigen
Mikroorganismen sehr wohl grös-       Wasser. Unterhalb dieser Grenze
sere     Wasserpakete      bewegen    sammeln sich die Zellen an und er-
können, nicht direkt durch ihre       höhen die Dichte des Wassers um             Das Bakterienleben
Schwimmbewegungen,          sondern   einige Promille. Das reicht aus, um         Die Bakterien nehmen weit mehr
indirekt: Sind die Mikroorganismen    das schwerere Wasser absinken               Einfluss in einem Aquarium, als
nämlich schwerer als Wasser er-       zu lassen und die Durchmischung             angenommen wird. Sie können
höhen sie dadurch die Dichte des      in Gang zu setzen. Im See führt             nicht nur Krankheiten hervorru-
Wassers. Befinden sich lokal sehr     dies dazu, dass mitten im Sommer            fen, sondern auch viel zur Ver-
viele dieser Organismen im Was-       Messgrössen wie Temperatur oder             besserung der Wasserqualität
                                                                                  beitragen. Dies nicht nur im Filter
ser, sinkt das nun schwerere Was-     Salzgehalt in einer Seetiefe von
                                                                                  sondern auch im freien Wasser.
ser samt den Organismen ab. Dies      rund 11 bis 13 Metern plötzlich ein-        Je nach Sonneneinstrahlung und
führt zu einer Durchmischung der      heitlich bleiben, statt wie erwartet        Trübstoffen gibt es in der obersten
Wassermassen und zu einem che-        mit der Tiefe weiter ab- oder zuzu-         Wasserschicht eines Gewässers
mischen und physikalischen Aus-       nehmen.                                     mehr oder weniger Bakterien, da
tausch. Zur Aufrechterhaltung des                                                 sie durch die UV-Strahlung des
Vorgangs müssen die Organismen        Umweltforscher Tobias Sommer,               Sonnenlichtes abgetötet werden.
zusätzlich aktiv nach oben schwim-    Erstautor der Studie, ist fasziniert        Allerdings nimmt ihre Anzahl
men. Biokonvektion nennen die         von den Ergebnissen: «Nebst dem             schon in geringer Wassertiefe
                                                                                  wieder zu. Die Anzahl der im frei-
Wissenschaftler das Phänomen.         von uns untersuchten Bakterium
                                                                                  en Wasser lebenden Bakterien ei-
                                      gibt es noch viele andere Organis-          nes Sees ähneln jenen Grössen-
Die international zusammengesetz-     men, die Biokonvektion auslösen             ordnungen, die in gut gepflegten
te Forschergruppe unter Leitung       können. Darum gehen wir davon               Aquarien anzutreffen sind. Daher
der Eawag hat die Biokonvektion       aus, dass das bisher unterschätzte          sind Erkenntnisse aus der Lim-
erstmals nicht nur experimentell      Phänomen weit verbreitet und für            nologie auch für die Aquaristik
im Labor nachgewiesen, sondern        die Ökologie von Seen und Ozea-             höchst interessant und helfen das
auch im Tessiner Cadagno-See.         nen eine Rolle spielt, zum Beispiel         Bakterienleben besser verstehen
Bakterien der Art Chromatium          bei bestimmten Algenblüten.»                zu können.
okenii sind dort in der Lage bis zu
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Die Chemie muss stimmen
Chemische Signale sind bei Fischen ein sehr wichtiger Teil der Kommunikation.

Tiere verfügen über eine reiche                                                    vermuteten, dass die zuvor etablier-
Palette an Möglichkeiten, um mit-                                                  te Rangordnung durch den Wasser-
einander zu kommunizieren. Meist                                                   wechsel empfindlich gestört wurde
nutzen sie eine Kombination aus                                                    und danach wieder aufgebaut wer-
akustischen, visuellen, chemischen,                                                den musste. Dies dauerte umso
taktilen oder elektrischen Signalen,                                               länger, je mehr Wasservolumen
um ihre Botschaften zu übermitteln.                                                ausgetauscht wurde. Es scheint
Chemische Signale werden bei der                                                   also, dass ein Wasserwechsel das
Futtersuche oder Feindabwehr ge-                                                   chemische Kommunikationssystem
nutzt und in sozialen Interaktionen                                                der Fische stören kann (Gauy et al.,
eingesetzt. So erkennen sich Fi-       Feenbuntbarsche; Fotos: R. Süess            2017). Wasser ist Träger von vie-
sche selber und ihre Artgenossen                                                   len wichtigen Informationen für die
anhand des Geruchs (Madeira &          den Beteiligten ihre gegenseitige           Fische. Ein Fakt, der auch in der
Oliveira, 2017), und auch soziale      Stärke. Diese ritualisierten Verhal-        Aquaristik berücksichtigt werden
Rangordnungen und aggressive           ten verhindern meist, dass es zu            muss, da hier häufig in den Wasser-
Begegnungen werden mittels Che-        ernsthaften Kämpfen kommt. Ist die          haushalt eingegriffen wird.
mie geregelt.                          geruchliche Kommunikation jedoch
                                       unterbunden, reagieren die Kontra-          Text: Claudia Kistler
Wasser mit Geschmack                   henten mit gesteigert aggressivem
Wasser ist für die Übertragung von     Verhalten, was vor allem für die
Geruchsstoffen ein sehr gutes Me-      unterlegenen Tiere gefährlich sein
dium. Daher erstaunt es nicht, dass    kann (Bayani et al., 2017).
diese in der Fischwelt für den Aus-
tausch von Informationen eine be-      Wasser als Informationsträger
sonders wichtige Rolle spielen und     Regelmässiges Wasserwechseln
Fische einen sehr gut entwickelten     gehört zum ABC der Aquaristik.
Geruchs- und Geschmacksinn auf-        Weil Fische in sehr engem Kontakt
weisen. Fische besitzen meist zwei     mit dem Wasser stehen, ist es sehr
Nasenlöchern auf jeder Seite. Sie      wichtig für das Wohlbefinden und
dienen den Fischen ausschliesslich     die Gesundheit der Fische, eine
                                                                                   Skalare (Pterophyllum scalare)
zum Riechen, die Atmung geschieht      gute Wasserqualität zu erhalten.
über Mund und Kiemen. Eine Be-         Allerdings entfernt man durch ei-
sonderheit im Tierreich und eine       nen Wasserwechsel auch wichtige
Anpassung ans Wasserleben sind         Botenstoffe, die im Wasser gelöst
die unzähligen Geschmacksknos-         sind und den Fischen Informati-
pen, die man bei Fischen findet. Sie   onen liefern. So hat bei Skalaren
sitzen nicht nur in der Mundhöhle,     (Pterophyllum scalare) ein Wasser-
auf Kiemen, Lippen, Barbeln oder       wechsel von 50 % zu massiv mehr
Flossen, sondern auf der ganzen        Aggressionen zwischen den Tieren
Körperoberfläche.                      geführt, als wenn lediglich 25 %
                                       des Wasservolumens ausgetauscht
Urin als chemisches Signal             wurde. Die Autoren dieser Studie
Bei vielen Fischarten werden sozi-
ale Auseinandersetzungen durch
chemische Signale beeinflusst.            Zitierte Literatur (deutsche Zusammenfassungen auf fischwissen.ch)
Häufig geschieht dies, indem die
                                          Bayani, D.-M., M. Taborsky and J. G. Frommen (2017). «To pee or not to pee:
Signalstoffe über den Urin und die
                                          urine signals mediate aggressive interactions in the cooperatively breeding
Galle ins Wasser abgegeben wer-           cichlid Neolamprologus pulcher.» Behavioral Ecology and Sociobiology 71(2):
den. Beim Feenbuntbarsch (Neo-            37. (Deutsch: Urin als wichtiges Signal in Konflikten)
lamprologus pulcher) hat man
nachgewiesen, dass ein Zusam-             Gauy, A. C. d. S., C. N. P. Boscolo and E. Gonçalves-de-Freitas (2017). «Less
menspiel von visuellen und chemi-         water renewal reduces effects on social aggression of the cichlid Pterophyl-
                                          lum scalare.» Applied Animal Behaviour Science. (Deutsch:
schen Signalen die Begegnungen
                                          Wasserwechsel beeinflusst die Kommunikation)
von Rivalen beeinflussen. So sig-
nalisieren Drohgebärden wie aufge-        Madeira, N. and R. F. Oliveira (2017). «Long-Term Social Recognition Memo-
stellte Flossen oder Kiemendeckel         ry in Zebrafish.» Zebrafish 14(4): 305-310.
zusammen mit der Abgabe von Urin
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Aquarium live

Ein Fisch namens Knallrot
Fische haben gefälligst schön bunt und niedlich auszusehen – sonst nichts.

(goh) Einen Fisch nach Form und          Wichtig ist jedoch, dass züchteri-
Farbe für das Aquarium auszusu-          sche Eingriffe weder die Vitalität
chen ist per se nichts schlechtes.       noch die Gesundheit nachteilig be-
Daher ist es auch nicht falsch, neue     einflussen. Letztendlich wäre auch
Zuchtrassen oder besser gesagt           das Tierwohl von körperlichen Be-
Farbvarianten      hervorzubringen.      einträchtigungen betroffen.

                                                                                  Goldfisch-Zuchformen können nicht gut
                                                                                  schwimmen.

                                                                                  Kreatur nichts. Letztendlich waren
                                                                                  dem Züchter das niedliche Aus-
                                                                                  sehen und die Farben wichtig und
                                                                                  die Lebensfähigkeit ignorierte er
                                                                                  vollends. Solch eine Grundhaltung
                                                                                  sollte man nicht durch den Kauf von
                                                                                  Tieren mit angezüchteten Gebre-
                                                                                  chen unterstützen.

                                                                                  Für viele heimische Züchter soll-
                                                                                  te die Farbe und Zeichnung der
                                                                                  Tiere ihrem natürlichen Aussehen
                                                                                  entsprechen. Aufgrund dessen,
Diskusfische: Werden den Fischen die Körperzeichnung (z.B. Bänderung) wegge-      dass die meisten Fische schon seit
züchtet sind sie in der Kommunikation eingeschränkt. Fotos: R. Süess              Jahrzehnten z. B. in Asien nach-
                                                                                  gezüchtet werden, hat sich auch
                                         Es wird immer Fachleute geben, die       ihr Aussehen mehr oder weniger
                                         beispielweise den Papageienbunt-         verändert. Gleichzeitig hat sich der
                                         barschen etwas Positives abgewin-        Geschmack der Leute beinahe un-
                                         nen können und sogar behaupten,          bemerkt an das Branchenangebot
                                         den Fischen gehe es vergleichswei-       angepasst. Um dem entgegenzu-
                                         se gut. Vieles lässt sich schön den-     wirken, gilt es wohl die Wildformen
                                         ken, doch nützt dies der betroffenen     wieder vermehrt hervorzuheben.

Die überlangen Flossen bei Guppys
wachsen das ganze Leben lang, bis sie
letztendlich bei den Fischen sozusagen
zu Haltungsschäden führen.

Bei den Lebendgebährenden wird «ar-
tenübergreifend» in Form und Farbe
gezüchtet, ohne Rücksicht auf die Be-
dürfnisse der Fische.                    Papageienbuntbarsche: Behinderte Fische sind Qualzuchten.
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8 Schweizer AQUARISTIK 1-2018
Aquarium live

Alte Aquarienfische werden ruhiger
Beispielsweise lassen sich sehr alte Fadenfische gut in grösseren Aquarien gemeinsam pflegen.

(goh) Wie alt Fische werden, lässt          können mehr als 20 Jahre alt wer-
sich nicht einfach beantworten.             den.
Zu viele Faktoren entscheiden in
Aquarien über die Lebensspan-               Alten Fischen geht es nicht immer
ne. Fest steht jedoch: Optimale             gut: Mit dem Alter werden sie krank
Lebensbedingungen steigern die              oder sie büssen ihr attraktives Aus-
Wahrscheinlichkeit, dass die Tiere          sehen ein und die Besitzer verlie-
ihr Maximalalter erreichen.                 ren dann nicht selten die Freude an
                                            den Tieren.
Fische können alt werden
Meist werden grössere Fische ei-                                                      Alter Buntbarsch
niges älter als kleinere. Es gibt
aber auch Ausnahmen: Zwerg-
fadenfische und Schmetterlings-
buntbarsche erreichen oft nur ein
Lebensalter von 2-3 Jahren. Le-
bendgebärende werden etwas älter
– etwa 3-5 Jahre. Kleine Schwarm-
fische (Neonsalmler u.a.) können
4-8 Jahre alt werden; Kongosalmler
dagegen schon mehr als 10 Jahre.
5-16 Jahre werden die Panzerwel-
se, grosse Schmerlen oder Welse

                                            Salmler: Alte Fische können aufgebläht sein, stark abmagern oder Wirbelsäulen-
                                            verkrümmungen aufweisen. Manche liegen nur noch am Boden und wieder ande-
                                            ren ist nichts anzusehen.
                                            Fotos: R. Süess
Gut genährter Salmler

                                                                                      Lebendgebärender Zahnkarpfen

Buntbarsch: Zur Fortpflanzungszeit verteidigen viele Fische ihre Reviere.             Buntbarsch mit eingefallenem Bauch.
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Schweizer AQUARISTIK 1-2018   9

Richtige Entscheide vermeiden Pflegefehler
Sind Pflanzen oder Fische wichtig? Die Antwort entscheidet über das weitere Vorgehen.
Die Marketingstrategen führen den          oder diese im Tagesverlauf dau-        In pflanzenreichen Aquarien mit ei-
AquarianerInnen tolle Aquarienbil-         ernd ausgraben.                        ner grossen Auswahl an Arten stö-
der vor Augen – allem voran faszi-                                                ren Fische eher. Einerseits ist es
niert das Aquascaping, das man als                                                bei unzureichenden Kenntnissen
die modernste Form der Pflanzen-                                                  schwierig, auf alle Pflegeanforde-
aquaristik bezeichnen kann.                                                       rungen zu achten; andererseits
                                                                                  werden die Fische durch das Un-
Vor dem Kauf und Einrichten ei-                                                   terwassergärtnern gestresst, was
nes Aquariums sollte man sich                                                     sich auf ihre Gesundhaltung nega-
entscheiden, ob im Aquarium die                                                   tiv auswirken kann.
Pflanzen oder die Fische im Vor-
dergrund stehen sollen. Und bei
den Fischen gibt es Arten, die ohne        Salmler mögen dichte Pflanzenbestän-
Pflanzen gehalten werden, weil sie         de, die sie als Verstecke nutzen.
Grünkost zum fressen gern haben            Fotos: R. Süess

Fische sind sensible Zuhörer
Gerade Fische, die unter schlechten Sichtverhältnissen leben, verfügen über gute Hörfähigkeiten.
(goh) Bei der Suche nach Paarungs-         Neben der Wahrnehmung von Art-         wirkt die Schwimmblase wie ein
partner oder für Auseinandersetzun-        genossen sind Fische aber auch in      akustischer Verstärker, der Schall-
gen unter Rivalen spielt die Wahr-         der Lage, akustische Informationen     wellen aufnimmt und an das Innen-
nehmung von Lauten eine Rolle.             von anderen Arten – insbesondere       ohr weiterleitet.
                                           von Räubern und Beutetieren – zu
          1   1. Labyrinth (inneres Ohr)   verarbeiten, um in der Folge ent-
              2. «schlauchförmiger         sprechend reagieren zu können.
      2          Behälter» (Sinus impar)
          3   3. «Webersche                Nicht an die Scheibe klopfen
                 Knöchelchen»:
                                           Das Klopfen an die Aquarienschei-
                 - Riegel (Claustrum)
      4          - Steigbügel (Stapes)     be mögen die Fische nicht. Am bes-
                 - Ambos (Incus) etc.      ten steht das Aquarium an einem
              4. Wirbelkörper              ruhigen Ort, an dem nicht ständig
          5
              5. Schwimmblase              jemand vorbeiläuft.
                                           Viele Fischarten reagieren auf laute   Neonsalmler zählen zu den eher stress-
Weberscher Apparat (Ohr)
                                           Geräusche empfindlich. Bei ihnen       anfälligen Aquarienfischen.

                                                                                  Lärm im Aquarium stört
                                                                                  Ein überlautes Rauschen vom Fil-
                                                                                  ter kann bereits störend wirken.
                                                                                  Und plötzlicher, langanhaltender
                                                                                  Lärm führt zu Stress und eine rela-
                                                                                  tive Abnahme der Hörfähigkeit, die
                                                                                  erst langsam zurückkehrt. Durch
                                                                                  diese Hörbeeinflussung wird wo-
                                                                                  möglich Stress abgebaut. Sicher
                                                                                  ist jedoch, dass unzureichendes
                                                                                  Hören zu Schwierigkeiten bei der
                                                                                  Kommunikation, der Orientierung
                                                                                  und auch der Partnerwahl führt.

                                                                                  Lärmminimierung bei Pumpen,
                                                                                  Luftpumpen oder ein ruhiger
                                                                                  Standplatz können viel zum
                                                                                  Tierwohl beitragen.
Schlechte Haltung oder Stress kann bei Regenbogenfischen schnell mal Krankhei-
ten auslösen.
AQUARISTIK 1 Schweizer - WissenswerteszuSüsswasser-Aquarienfischen www.vaz.ch - Verein Aquarium Zürich
10 Schweizer AQUARISTIK 1-2018
Neues aus Handel und Industrie

Deutscher Zierfischgrosshandel baut aus!
Wohnzimmerozean: Die Meerwasseraquaristik wird immer beliebter – auch in der Schweiz.
(goh) EFS ist ein Zierfischgrosshan-    tenschutz e. V. (BNA) seinen neuen
del mit 3‘500 Aquarien und hausei-      Schulungsordner      «Meerwasser-
genem Labor in Deutschland. Das         Aquaristik» vor. Mit diesem Schu-
Angebot wurde um Meerwasserfi-          lungsordner deckt der BNA alle
sche mit weit über 2‘000 Meerwas-       für den Zoofachhandel relevanten
seraquarien erweitert – nicht aber      Lebendtierbereiche ab und bietet
ohne die Schulung der Mitarbeiten-      in Zukunft auch bundesweit aner-
den voranzutreiben. Auch dies ist       kannte Sachkunde-Seminare nach
eine weitere Brancheninnovation         § 11 TierSchG für die Meerwasser-
von Bernd Schmölzing.                   Aquaristik an.

Einen Ausbildungsbedarf gibt es         Schulungswerbung auch
gerade auch bei der Meerwasser-         über Facebook
aquaristik                              Einzelne Kurse wurden bereits in
Bereits an der EFS Hausmesse            Zusammenarbeit mit dem BNA in
2016 stellte der Bundesverband für      den Räumen bei EFS in Sonnefeld
fachgerechten Natur-, Tier- und Ar-     erfolgreich angeboten.

Neue EFS-Meerwasserhalle in Sonnefeld (D). Foto: EFS

Bildung Zoofachhandel Schweiz

Aquascaping ist keine Hexerei!
Für Zoofachhändler bietet Aquascaping eine Möglichkeit, die Kundschaft wirksam zu beraten.
Im vergangenen Oktober zeigte Ro-       plexes und arbeitsintensives Hob-     Vorankündigung:
ger Gründler, im Schulungszentrum       by bezeichnet. Die Gestaltung von
BZS, in Basel, wie Naturaquarien        sogenannten Naturaquarien stellt      WDZ (Haltung von Süsswasser-,
eingerichtet werden, welche Pro-        wesentlich weniger Anforderungen      Warmwasser-Fischen)
dukte dazu Verwendung finden und        an die AquarianerInnen als man
vor allem auch wie Naturaquarien        meinen möchte. Einige wenige          2018 Mo 26. März 09:15 - 15:45
nachhaltig betrieben werden.            Grundkenntnisse und etwas Finger-     Güterstrasse 199, 4053 Basel.
                                        spitzengefühl und schon gelingen
Für einmal standen nicht die Fi-        traumhafte und pflegeleichte Unter-   Mehr dazu: www.bzs-fzs.ch
sche, sondern die Pflanzen im           wasserlandschaften.
Zentrum der Aufmerksamkeit. Zu
Unrecht wird Aquascaping als kom-
Schweizer AQUARISTIK 1-2018   11
Fischwelten

Nachhaltig, aber richtig
Fische in den Herkunftsländern züchten, ist nachhaltig und schafft Arbeitsplätze.
(goh) Zum Schutz der natürlichen
Bestände sollte der Bedarf an
Aquarienfischen vorwiegend aus
Nachzuchten gedeckt werden. Die-
se müssten jedoch ausschliesslich
in den Herkunftsländern der Zier-
fische erzielt werden. Importe na-
turentnommener Tiere sollten nur
noch erfolgen, wenn eine nachhalti-
ge Bewirtschaftung der natürlichen
Ressourcen gegeben ist.

Die Verbreitung gebietsfremder
Arten ist auch in den Tropen zu
stoppen
Zuchtbetriebe mit Aquarienfischar-
ten ausserhalb der Herkunftsländer
sind abzulehnen – denn die Fau-
nenverfälschung ist auch in den
Tropen ein Thema. Die Betriebe          Südamerikanische Salmler und Cichliden haben in südostasiatischen Zuchtbetrie-
                                        ben in Teichen und anderen offenen Gewässern nichts zu suchen.
sollten baldmöglichst auf einheimi-
                                        Foto: R. Süess
sche Arten umgestellt werden.

Zierfische sind keine Modellorganismen
Die Beobachtungen von Aquarienfische können zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen führen.

(goh) Bücher zum Fischverhalten gibt                                             und 2002 als Symposiumsbände er-
es wenige. Und die wenigen die es                                                schienen Titel «Verhalten der Aquari-
gibt, beschreiben sozusagen Labor-                                               enfische» Band 1 und 2 (H. Greven
bedingungen.                                                                     / R. Riehl) im Birgitt Schmettkamp
Berichte über Langzeitbeobachtun-                                                Verlag veröffentlicht. Zu Wort kamen
gen des Zierfischverhaltens in Ge-                                               Wissenschaftler, die meist schon län-
sellschaftsaquarien gibt es so gut                                               gere Zeit Fortpflanzungsthemen von
wie keine. Meist werden einzelne                                                 Aquarienfischen bearbeiten, aber
Arten von Aquarianern beobachtet.                                                auch Aquarianer, die ihre Fische
Hin und wieder kommt es dann zu                                                  über Jahre hinweg beobachten und
abenteuerlichen     Schlussfolgerun-    Die Keilfleckbarben sind Gruppenfi-      züchten. So wird die ergänzende
gen. Es kommt auch vor, dass Fische     sche. Foto: R. Süess                     Zusammenarbeit zwischen Wissen-
während der Versuche von Infekti-                                                schaft und der Hobby-Aquaristik gut
onskrankheiten dahingerafft werden.     det.                                     dargelegt. Für AquarianerInnen ist
Bei wissenschaftlichen Betrachtun-      Das Fischwissen                          heute jedoch fischwissen.ch, das
gen kommt es vor, dass die Fische       Natürlich gibt es Fischarten, deren      Internetportal der Verhaltensbiologin
während 18 Monaten analysiert wer-      Verhalten über die Jahrzehnte an den     Claudia Kistler, eine wahre Fundgru-
den – oft weniger. Daraus werden        Universitäten wissenschaftlich bear-     be, um mehr über die Aquarienfische
Schlussfolgerungen für ein ganzes       beitet wird. Doch lässt sich daraus      und ihre Bedürfnisse zu erfahren.
Fischleben gezogen.                     einen Nutzen für AquarianerInnen
                                        ziehen? Manchmal erreichen diese         Auf sich selbst vertrauen
Im Auge des Betrachters liegt die       Erkenntnisse nur eine spezialisierte     Als einer der Grundsteine der erfolg-
Wahrheit                                Fachwelt.     Freilandbeobachtungen      reiche Aquaristik ist es, dass eigene
Vielleicht liegt beim bisherigen Vor-   gibt es nur wenige, meist auch nur       Verhaltensbeobachtungen gemacht
gehen – das Fischverhalten zu wer-      zur Fortpflanzungszeit.                  werden und darauf zu reagieren. Ide-
ten – einer der Gründe, weswegen        Als Zusammenfassung der Veran-           alerweise ist es, wenn dabei alles in-
in manchen Aquarien eine Vergesell-     staltungen, die im Löbbecke Museum       frage gestellt wird, um Raum für die
schaftung funktioniert und in einem     und Aquazoo der Stadt Düsseldorf         spezifischen Beobachtungen im je-
anderen Fall in einem Desaster en-      stattfanden, wurden die beiden 1998      weiligen Heimaquarium zu schaffen.
12 Schweizer AQUARISTIK 1-2018

Goldfische verbieten: Ja oder nein!
Die Listen der Neozoen werden immer länger und Goldfische breiten sich weiter aus.
(goh) Neozoen («neue Tiere») sind           die Aufgabe, die Einführung solcher       Ausgesetzte Goldfische
Tierarten, die beabsichtigt oder un-        Arten zu verhindern und bereits           Die Schweiz umfasst 41’285 km²
beabsichtigt in neue Lebensräume            eingeführte Arten zu kontrollieren        und im Schweizer Mittelland, mit
eingeschleppt wurden und sich ver-          oder zu bekämpfen.                        seinen etwa 30 Prozent Flächen-
breiten.                                                                              anteil, dürfte somit vorsichtig ge-
In den Gewässersystemen rund um             Wohin mit all den Goldfischen?            schätzt jährlich rund 30‘000 uner-
den Bodensee leben rund 54 ge-              In der Fischauffangstation, mit ei-       wünschte Goldfische freigesetzt
bietsfremde Fischarten. Ein Gross-          nem Einzugsgebiet von rund 30             werden.
teil davon hat sich zwar noch nicht         km, mehren sich die Anfragen, was
etabliert, was das Problem nicht            mit unerwünschten Goldfischen             Was tun? Ein Verzicht vom Gold-
kleiner macht.                              aus Gartenteichen und Aquarien            fischkauf liegt auf der Hand. Nicht
Aus einem Flyer des AWEL Amt für            geschehen soll. Das betrifft je nach      mehr erwünschte Tiere sind auf
Abfall, Wasser, Energie und Luft            Jahr zwischen etwa 500 bis über           keinen Fall auszusetzen, sondern
(Sektion Biosicherheit) ist zu ent-         tausend Exemplare.                        an Auffangstationen abzugeben.
                                                                                      Die es aber für Goldfische gar nicht
                                                                                      gibt. Eine Sichtung ist daher an die
                                                                                      jeweilige kantonale Fischerei- und
                                                                                      Jagdverwaltung zu melden.

                                                                                      Goldfischverbot
                                                                                      Genau genommen, sollte der Ver-
                                                                                      kauf von Goldfischen verboten sein
                                                                                      und man müsste in gleicher Art und
                                                                                      Weise, wie mit dem Sonnenbarsch
                                                                                      (Lepomis gibbosus) verfahren. Wa-
                                                                                      rum dies nicht schon lange gesche-
                                                                                      hen ist, weiss man nicht. Allerdings
                                                                                      wäre ein Goldfischverbot eine Tra-
                                                                                      gödie für Zierfischliebhaber.

Goldfische sind typische Karpfenfische und sind Generalisten, die sich in sämtliche
Süsswasserbiotope ausserhalb der polaren Zonen einnischen können. Aus den
verschiedensten Gründen durch Menschen ausgesetzt, ist der Goldfisch darum ein
weltweit verbreitetes Neozoon, das mit der ursprünglichen Fischfauna erfolgreich
konkurriert. Goldfische leben mit Ausnahme der Antarktis auf allen Kontinenten,
sogar auf Inseln und haben sich aufgrund ihrer hohen Anpassungsfähigkeit und
Salinitätstoleranz selbst Brackwasserbereiche erschlossen. Foto: R. Süess

nehmen: Das Einschleppen von ge-
bietsfremden, invasiven Pflanzen
und Tierarten (invasiven Neobiota)
ist zu einem globalen, ökologischen
Problem ausgewachsen, das ne-
ben dem Artensterben als bedeu-
tendste Veränderung der Biodiver-
sität angesehen werden muss. Mit
der ständig wachsenden Mobilität
steigt auch die Zahl eingeführter,
invasiver Neozoen in der Schweiz.
Diese bedrohen die einheimische
Flora und Fauna durch:
– Nahrungskonkurrenz
– Lebensraumkonkurrenz
– Jagen anderer Arten (Prädation)
– Übertragung von Krankheiten
Der Bund und die Kantone haben
Schweizer AQUARISTIK 1-2018   13

Neues über Channas aus Bern
Schlangenkopffische – neue Studie von Dr. Lukas Rüber bringt Ordnung ins Arten-Chaos.
Text dem VET-MAGAZIN.ch ent-                                                    Unterschätzte Artenvielfalt bei
nommen: 21.09.2017.                                                             Schlangenkopffischen
                                                                                Die Resultate dieser Untersuchung
Die Identifikation der einzelnen                                                zeigen darüberhinaus, dass die Ar-
Arten in dieser Fischgruppe ge-                                                 tenzahl in der Familie der Schlan-
staltete sich bisher als ausseror-                                              genkopffische wohl deutlich höher
dentlich schwierig. Ein Team von                                                liegt als bisher angenommen.
Wissenschaftlern um Dr. Lukas                                                   Die höhere Artenzahl ist vor allem
Rüber vom Naturhistorischen                                                     darauf zurückzuführen, dass kürz-
Museum Bern bringt nun Ord-                                                     lich mehrere unbeschriebene Arten
nung ins Chaos.                        Schlangenkopffische sind Fischfresser.   mit punktartigen Verbreitungsge-
                                                                                bieten aus dem osthimalayischen
Anfang der 2000er führte das zufäl-                                             Biodiversitäts-Hotspot bekannt wur-
lige Aussetzen einiger Exemplare       grenzungen haben zu Unsicherhei-         den.
des Argus-Schlangenkopffisches,        ten geführt.                             Weiter hat die genaue Untersu-
Channa argus, in Flüsse und Seen                                                chung von weitverbreiteten Arten
in den USA zu einer unerwarteten       Artidentifizierung mithilfe von          ergeben, dass diese in geogra-
Medienhysterie. Das invasive und       DNA Barcodes                             phisch klar definierte und genetisch
gefrässige Verhalten dieser Art        In den letzten Jahren wurden ver-        unterschiedliche Gruppen zerfallen.
schien die dortige lokale Fischfauna   mehrt DNA-Barcodes, kurze DNA-           Das hat dazu geführt, dass die An-
zu gefährden.                          Sequenzen eines Gens aus dem
Die amerikanische Filmindustrie        Mitochondrium, bei der Identifizie-
setzte die Schlangenkopffische,        rung potentiell invasiver und bereits
welche auch kurze Distanzen an         etablierter Schlangenkopffischarten
Land zurücklegen können, bereits       benutzt.
als blutige Hauptdarsteller in Hor-    Dr. Lukas Rüber vom Naturhistori-
ror-Filmen und in einem etwas reis-    schen Museum Bern und ein inter-
serisch angelegten Dokumentarfilm      nationales Team von Wissenschaft-
von National Geographic ein.           lern, darunter einige der führenden
Nach Piranhas und Haien scheinen       Taxonomen von Schlangenkopffi-
Drehbuchschreiber von Low-Bud-         schen, haben umfangreiche gene-
get-Horrorfilmen einen neuen Lieb-     tische Untersuchungen an Schlan-
                                                                                Schlangenkopffisch; Fotos H. Gonella
lingsfisch gefunden zu haben.          genkopffischen durchgeführt.
Wissenschaftlich gesehen sind          Sie haben hunderte von neuen
Schlangenkopffische eine kleine        DNA-Barcodes produziert, denen           zahl Schlangenkopffisch-Arten bis-
Gruppe von 38 anerkannten Arten,       Tieren zu Grunde lagen, die von          her unterschätzt wurde.
die in den Süssgewässern Afrikas       Schlangenkopffisch-Experten be-
und Asiens vorkommen. In ihren         stimmt worden waren.                     Faszinierende Fische
Herkunftsländern sind sie wichtige     In einem zweiten Schritt verglichen      Schlangenkopffische sind natürlich
Speisefische.                          sie ihre DNA-Barcodes mit denen,         keine menschenfressenden Hor-
                                       die von anderen Forscher-gruppen         rorkreaturen, sondern farbenfrohe,
Beliebte Speise- und                   in GenBank, einer DNA-Sequenz-           faszinierende, hochspezialisierte
Aquarienfische                         datenbank, hinterlegt worden wa-         Süsswasserfische, die ausser-
Einige Arten werden in der Aqua-       ren.                                     gewöhnliche       Verhaltensweisen
kultur eingesetzt. Immer wieder                                                 zeigen. Zum Beispiel können sie
wurden diese Arten in unterschiedli-   Korrekte Artenbestimmung ist in          stundenlang ausserhalb des Was-
chen Teilen der Welt eingeführt und    Zukunft möglich                          sers überleben dank eines zusätz-
haben sich dort etablieren können.     In ihrer Studie in der Zeitschrift       lichen Atmungsorgans. Sie zeigen
Die korrekte Artidentifizierung von    PLOS ONE, stellten Rüber und sein        ein aufwändiges und kompliziertes
Schlangenkopffischen hat sich oft      Team fest, dass über 16 % der in         Fortpflanzungs- und Führsorge-
als schwierig herausgestellt und hat   GenBank hinterlegten Schlangen-          verhalten, etwa beim Bauen eines
zu zahlreichen Fehlidentifikationen    kopffisch DNA-Barcodes von falsch        Nestes und dem Betreuen der Eier
geführt – auch bei den wenigen in-     identifizierten Arten stammen.           und Jungfische.
vasiven Arten.                         Natürlich führt eine falsche Artbe-      Die Mehrzahl der Schlangen-
Auffällige Veränderungen in der        stimmung zu fehlerhaften Schluss-        kopffischarten hat es gar bis zur
Färbung zwischen Jungtieren, Hal-      folgerungen. Mit der Hinterlegung        Maulbrutpflege gebracht, der am
berwachsenen und Erwachsenen           der neuen DNA-Barcodes können            weitesten entwickelten Form der
und historisch bedingte Unterschie-    die ständigen Fehlbestimmungen           Brutfürsorge bei Fischen.
de in der Interpretation der Artab-    künftig verhindert werden.
14 Schweizer AQUARISTIK 1-2018
Tierwohl in der Aquaristik

Schwerpunkte einer guten Zierfischpflege
Die Grenzen zwischen artgerechter Haltung und den Tierwohlaspekten verlaufen fliessend.

(goh) In der Aquaristik ist Tierwohl       Ist es ängstlich, entspannt, freu-      wuchs und lichtarmen Schwimm-
mehr als artgerechtes Futter, tier-        dig erregt oder deprimiert. Können      zonen. Manche Fische mögen
gerechtes Aquarium, viel Bewe-             die Fische ihren Bewegungsdrang         strömungsreiches Wasser; wieder
gung und Fortpflanzung.                    ausleben oder können notwendige         andere leben im stehenden Wasser
Die artgemässe Haltung ist die             Ruhephasen überhaupt wahrge-            von Sumpfgebieten. Diese Beispie-
Kunst, einem Lebewesen ein                 nommen werden?                          le zählen zu den Grundlagen einer
Umfeld zu bieten, welches seine            Fische sind fühlende Wesen, de-         artgerechten Pflege.
Grundbedürfnisse vollumfänglich            ren Wohlergehen in vollem Um-           Zur Pflege gehört ein zusätzliches
abdeckt und darüber hinaus einen           fang Rechnung zu tragen ist. Dabei      gleich grosses, ähnlich eingerich-
angemessenen Ausgleich für die             spielt es gerade eine Rolle, wie die    tetes Ausweichaquarium. Dies ist
Lebensfreude beinhaltet – auf letz-        physische und psychische Gesund-        im Heimbereich meist nicht vorhan-
terem basiert in der Aquaristik das        heit angelegt ist und welche subjek-    den.
Tierwohl.                                  tiven Erfahrungen und emotionalen
                                                                                     Wichtige Tierwohlthemen
                                                                                     in der Aquaristik sind:
                                                                                     - unzureichende oder fehlende
                                                                                       medizinische Versorgung
                                                                                     - ein gleich grosses redundant
                                                                                       eingerichtetes Ausweichaquarium
                                                                                     - fehlende Möglichkeit zur Futter-
                                                                                       suche
                                                                                     - unzureichende Wasserwechsel
                                                                                     - Jäger-Beute-Verhältnis
                                                                                       (auch bei Allesfressern)
                                                                                     - Platzmangel

                                                                                   Das Einrichten eines Aquariums
                                                                                   benötigt eine gewisse Zeitspan-
                                                                                   ne, die oft unberücksichtigt bleibt.
                                                                                   Warum? Das erzeugen eines bio-
                                                                                   stabilen Aquarienmilieus lässt sich
                                                                                   nur begrenzt beschleunigen, indem
In Gesellschaftsaquarien leben unterschiedliche Fischarten aus unterschiedlichen   z.B. gebrauchtes Filtermaterial ver-
Herkunftsländern beisammen. Foto: R. Süess                                         wendet wird. Die generelle Biofilm-
                                                                                   bildung benötigt im Süsswasser
                                                                                   jedoch so oder so 2-6 Monate und
Die Grundbedürfnisse können ei-            Bewertungen der Fische eine Si-         im Salzwasser etwa 1 Jahr. Das
nigermassen gut eingegrenzt wer-           tuation beeinflussen. Dabei ist es      heisst, in dieser Anfangszeit sind
den. Der aber erwähnte Ausgleich           zum Beispiel wichtig, dass bei Be-      das Bakterienwachstum und die
für Lebensfreude ist sehr schwierig        darf eine medizinische Versorgung       ideale bakterielle Artenverteilung
zu bestimmen, da er in gewissen            wahrgenommen wird. In der Aqua-         gestört, was sich negativ auf die
Fällen nicht nur artabhängig, son-         ristik ist dies ein Aspekt des Tier-    Wassergüte auswirken kann (Bei-
dern sogar individuell unterschied-        wohls der vielfach unberücksichtigt     spiel Nitritspitzen).
lich ist. Dementsprechend liegt hier       bleibt. Zudem werden die Fische         Die Lebensraumgestaltung muss
vieles im Auge des Betrachters,            oft mit ungeeigneten Desinfektions-     der Ernährungsweise und der Nah-
dessen Naturverständnis und vor            mitteln behandelt, ohne die Krank-      rungsaufnahme der Fische ange-
allem Einfühlungsvermögen sowie            heitsursache genau zu kennen.           passt sein. Die Futtersuche ist ein
seiner Beobachtungsgabe.                                                           wichtiges Element für das Tierwohl.
                                           Grundpfeiler der artgerechten           Dem wird in der Heimaquaristik so
Wie Fische fühlen                          Haltung                                 gut wie nie Rechnung getragen.
Das Anpassungsrepertoire und das           Das Aquarium muss ausreichend           Futterspezialisten sind einzeln zu
Lernverhalten einer Art oder die           gross sein. Bereits für Kleinstfische   halten. Tag- und nachtaktive Fische
Leistungsfähigkeiten der Einzeltie-        wird ein Volumen ab 100 Liter be-       können nicht problemlos in den-
re beeinflussen die Bewältigung an         nötigt.                                 selben Aquarien leben, weil es zu
Herausforderungen, die in der Hal-         Fische benötigen Rückzugsmög-           wenig Platz hat. Dies bleibt in der
tung an die Tiere gestellt werden.         lichkeiten in Form von Steinspalten     Aquaristik unberücksichtigt.
Wie bewertet das Tier die Umwelt?          oder Höhlen, dichtem Pflanzenbe-        Dem gegenseitigen Jagen und
Schweizer AQUARISTIK 1-2018   15
Auffressen ist im Aquarium kein          Wissensdefizite                            nur oberflächlich über die Bedürf-
Vorschub zu leisten. Ein Jäger-          Missverstandene Lehrmeinungen              nisse der Fischarten informieren.
Beute-Verhältnis gibt es auch bei        führen nicht selten zu Pflegefeh-          Auch werden keine weiteren In-
Allesfressern. In Gesellschafts-         lern. Eine Empfehlung besagt: Nur          formationsquellen genutzt. Schät-
aquarien wird diesem Umstand kei-        soviel füttern, wie in fünf Minuten        zungsweise sind rund 50 % der
ne Rechnung getragen.                    gefressen wird. So bleiben die             Spontankäufer somit mit der Pflege
Die Fischnamen, die Körperlänge          Bodenbewohner oft mit Nahrung              eines Aquariums überfordert. Ver-
im fortgeschrittenen Alter und die       unterversorgt. Den Welsen haftet           mutlich sterben in diesen Fällen
Lebensdauer der Fische müssen            der Ruf an, sie seien Restenver-           etwa 80 % der gekauften Fische in
bekannt sein. Die meisten Aquari-        werter. Doch aufgepasst! Es gibt           den ersten drei Pflegemonaten.
anerInnen haben hier Wissenslü-          keine genügsame Putzerfische und           90 % der Aquarien in den Privat-
cken.                                    Algenfresser. Alle Fische müssen           haushalten sind sogenannte Ge-
Die Herkunft der Fische (Zuchtbe-        artspezifisch gefüttert werden. Oft        sellschaftsaquarien. Untersuchun-
dingungen oder Wildfang) sind der        wird den Aquarienfischen eine gute         gen zeigen, dass über die Hälfte
Käuferschaft meist unbekannt. In-        Ernährung vorenthalten. Dies, weil         der Aquarien überbesetzt sind und
landnachzuchten wären z.B. nicht         die Leute glauben, eine Fütterung          in weit über 70 % der Aquarien
der Stressfaktoren eine Flugreise        mit Flockenfutter sei ausreichend.         verschiedene Fischarten mit unter-
ausgesetzt (langer Aufenthalt im         In der Folge sind Mangelerschei-           schiedlichen Milieuansprüchen zu-
Beutel und Beigabe von Beruhi-           nungen nicht auszuschliessen. Oft-         sammenleben müssen.
gungs- und Desinfektionsmitteln          mals werden die verschiedensten
u.a.).                                   Lebensweisen der Fische nicht be-          Verhaltensänderungen
Das Gesellschaftsaquarium, wie es        achtet. Weiter werden unterschied-         Etliche Fischarten zeigen in den
heute vielfach gepflegt wird, ist klar   liche Futterspezialisten miteinan-         unterschiedlichen Lebensphasen
tierschutzwidrig. Oft wird bei der       der vergesellschaftet. Eine gezielte       ein spezielles Verhalten. Die zur
Vergesellschaftung im Aquarium           Fütterung ist somit unmöglich.             Algenbekämpfung empfohlenen Si-
sozusagen der natürliche Arten-                                                     amesischen Rüsselbarben neigen
                                         Wo entstehen Probleme?                     beispielsweise mit zunehmendem
                                         Viele Leute lassen sich beim Aqua-         Alter dazu, die anderen Fische im
  Die Tierwohlkette:                     rienkauf von den Zoofachhändlern           Aquarium zu verfolgen. Dies kann
  1. Wohlergehen (Gesundheit)                                                       bei mehreren Rüsselbarben dann
  2. Wohlbefinden (Tierempfinden)
                                                                                    auch schon mal bei einem 250 l
  3. Tierwohl (Prozessqualitäten
  bzw. kritische Kontrollpunkte)                                                    Aquarium zum Problem werden.

                                                                                    Fische mit Handicaps
                                                                                    Aus den Zuchtberieben werden
                                                                                    vermehrt Qualzuchten angeboten.
druck nachgeahmt – das tue den
                                                                                    Dazu zählen Kugelformen oder
Fischen gut, wird untermalt. Das ist
                                                                                    Farbvarianten ohne Zeichnungs-
natürlich ein Blödsinn, denn in der
                                                                                    muster – diese Fische können nicht
Natur gibt es Ausweichmöglichkei-
                                                                                    mehr optimal schwimmen bzw. un-
ten, die in Heimaquarien überhaupt
                                         Paradiese sind robuste Zierfische und      tereinander kommunizieren. Dass
nicht vorhandenen sind.
                                         dennoch kommen sie in einem Art-           dadurch das Tierwohl stark beein-
                                         aquarium am besten zurecht.                trächtig wird, sollte klar sein.
Thema Technik
Das Messen der Wasserwerte und
die Steuerung durch einen Compu-
ter garantieren noch keinen Erfolg
der Fischhaltung. Die Kenntnis aller
Faktoren wie physikalische, chemi-
sche oder biologische Eigenschaf-
ten, bzw. Gesetzmässigkeiten und
möglichen Wechselwirkungen, bil-
den die Grundlage einer erfolgver-
sprechenden Aquarienpflege. Das
Wissen um die Auswirkungen der
Technik ist wichtig – ihre Funktiona-
lität ist ebenso wichtig. Eine fehler-
hafte Technik tötet Fische.
Wasseraufbereitungsmittel         und
ähnliches nehmen Einfluss auf die
Wasserqualität, haben jedoch in
der Regel nicht den erhofften Ef-
fekt.
                                         Die Grossen verfolgen die Kleinen. Foto: R. Süess
16 Schweizer AQUARISTIK 1-2018

Geplantes Kursangebot «Tierwohl im Aquarium»
Mitglieder vom Verein Aquarium Zürich entwickelten das Bildungskonzept Aquaristikschulung.
Ein Bildungskonzept bildet die          Handlungen in diesem Sinne um-        - Vorwissen KursteilnehmerInnen
Grundlage für die geplanten Aqua-       zusetzen. Dies setzt voraus, dass     - Anknüpfung an Erfahrungen
ristikkurse des Vereins Aquarium        das Kursangebot nicht von Wis-        - aktive Mitarbeit
Zürich VAZ. Es baut auf aktuellem       senszielen, sondern von konkreten     - unterschiedliche Zugänge
Fachwissen des éducation21, dem         Handlungszielen geleitet wird, wel-   - Es wird mit unterschiedlichen Me-
nationalen Kompetenz- und Dienst-       che an die Bildungsziele anknüp-      thoden gearbeitet. Dabei erkennen
leistungszentrum zur Bildung für        fen. Ein Beispiel hierzu:             die KursteilnehmerInnen den Lern-
Nachhaltige Entwicklung (BNE) in        Die KursteilnehmerInnen informie-     gegenstand als sinnvoll.
der Schweiz auf.                        ren sich selbständig vor dem Kauf
Der Verein Aquarium Zürich be-          von Aquarientieren zu deren artei-    7. Didaktische Prinzipien
absichtigt mit seinen Kursen ein        genen Bedürfnissen an Aquarien-       Entsprechend den Bildungsinhal-
Umdenken bei veralteten Haltungs-       grösse, Einrichtung, Wasserwerte,     ten und dem Lernverständnis folgt
regeln. Konkrete Handlungen zu-         Pflegeansprüche, Vergesellschaf-      das VAZ Kursangebot nach didakti-
gunsten des Tierwohls bei Aquari-       tung, minimaler Tieranzahl und Ge-    schen Prinzipien, u.a. wie:
entieren werden mit nachhaltiger        schlechterverhältnis.
Wirkung in der Gesellschaft ausge-                                            Handlungsorientierung
löst.                                   4. Kompetenzmodell                    Die KursteilnehmerInnen entwi-
Mit dem Bildungskonzept – welches       Damit die KursteilnehmerInnen         ckeln durch die aktive Auseinan-
hier kurz vorgestellt wird – werden     eine Handlung umsetzen können,        dersetzung mit dem Kursthema die
die Grundpfeiler des Kursange-          brauchen sie die entsprechenden       nötigen Kompetenzen, um die eige-
bots gesetzt. Das Konzept im pdf-       Kompetenzen, Erfahrungen, Fähig-      nen Handlungsmöglichkeiten zu er-
Format kann beim VAZ angefordert        keiten, Fertigkeiten und Wissen.      kennen und Handlungen ausführen
werden.                                 Kompetenz kann aber weder direkt      zu können.
                                        vermittelt noch direkt gemessen
1. Wirkungsziele                        werden. Kompetenzen sind des-         Zukunftsorientierung
Die technischen Mittel und das          halb als Bildungsziele zu verste-     Die KursteilnehmerInnen setzen
grosse Artenangebot an Aquari-          hen.                                  sich mit Beispielen der Vergesell-
entieren aus Zuchtbetrieben bzw.                                              schaftungen von Aquarientieren
Wildfängen stellen die Aquaria-         5. Handlungsmodell                    auseinander und entwickeln ge-
nerInnen vor Herausforderungen.         Ein Handlungsmodell («Wollen-         meinsame Machbarkeitsvorstellun-
Zahlen belegen, dass es nicht           Können-Tun») aus der Sozial-          gen. Sie vergleichen bisherige Ver-
gut um das Tierwohl in Schweizer        psychologie beschreibt notwendi-      gesellschaftungsmodelle mit dem
Aquarien steht. Wer seine Aquari-       ge Voraussetzungen, damit eine        aktuellen Wissen.
entiere erfolgreich hält, trägt nach-   Handlung effektiv stattfinden kann.
haltig auch zum Tierwohl in Aquari-     Dazu zählt: Die Handlung muss         Exemplarisches Lernen
en bei. Der Verein Aquarium Zürich      gemacht werden wollen. Und eine       Durch dieses Prinzip lernen die
VAZ will den AquarianerInnen Un-        Handlung setzt entsprechendes         KursteilnehmerInnen anhand von
terstützung bieten, das Tierwohl in     Können voraus. Und eine günstige      thematischen Schwerpunkten Bei-
ihren Aquarien herzustellen.            Handlungssituation löst das Tun       spiele kennen, die ihnen ein Ver-
Folgendes, übergeordnetes Ziel          aus (vorgesehen ist eine Handlung     ständnis für grössere Zusammen-
soll u.a. auf der gesellschaftlichen    pro Kursmodul).                       hänge ermöglichen.
Ebene Wirkung erzielen:
Die KursteilnehmerInnen tragen als      6. Lernverständnis                    Vernetzendes Denken
Multiplikatoren das Erlernte nach       Der VAZ stützt sich beim Enga-        Im Ansatz wird vernetzendes Den-
aussen.                                 gement bei den AquarianerInnen        ken in den Kursinhalt einfliessen.
                                        mehrheitlich auf den konstruktivis-   Es werden Fragestellungen aus
2. Bildungsziele                        tischen Ansatz. Bei diesem Ansatz     verschiedenen Perspektiven be-
Aus den Wirkungszielen hat der          wird das Lernen als aktives Kons-     trachtet (Branchenwissen, sozial
VAZ unter anderem folgendes Bil-        truieren von Wissen verstanden,       und ökonomisch, lokal und global
dungsziel abgeleitet:                   welches in neuen Situationen er-      mit dem Tierwohl) mit Auswirkun-
Die KursteilnehmerInnen erken-          probt und erweitert wird. Lernen      gen auf die Aquaristik.
nen, dass sie nachhaltig einen Bei-     basiert auf Erfahrung und wird als
trag zum Tierwohl leisten können.       eigenständiger, selbstgesteuerter,    8. Nachhaltige Entwicklung
                                        selbstorganisierter und autonomer     Das Konzept Bildung für Nach-
3. Handlungsziele                       Prozess verstanden. Der VAZ lässt     haltige Entwicklung (BNE) ist dem
Der VAZ hat sich zum Ziel gesetzt,      Grundsätze weiter Referenztheori-     Kursthema angepasst. Für den
mit dem Kursangebot die Kursteil-       en das Lernverständnis einfliessen.   Kurs wird als Konkretisierung des
nehmerInnen für das Tierwohl zu         Dabei gelten u.a. folgende kurz       Bildungskonzepts ein didaktisches
sensibilisieren und zu befähigen,       dargestellte Kriterien:               Unterrichtskonzept erarbeitet.
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