Totholzeintrag zum Schutz von Fischen vor Kormoranen? - Totholzprojekt am Knielinger See Offizieller Kurzbericht Oktober 2007

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Totholzeintrag zum Schutz von Fischen vor Kormoranen? - Totholzprojekt am Knielinger See Offizieller Kurzbericht Oktober 2007
Totholzprojekt am Knielinger See

Totholzeintrag zum Schutz von
Fischen vor Kormoranen?

Offizieller Kurzbericht

Oktober 2007
Totholzeintrag zum Schutz von Fischen vor Kormoranen? - Totholzprojekt am Knielinger See Offizieller Kurzbericht Oktober 2007
Totholzprojekt am Knielinger See

Totholzeintrag zum Schutz von Fischen vor Kormoranen?

Oktober 2007

Dieses Projekt wurde mit Mitteln des Landes Baden-Württemberg (Fischereiabgabe) gefördert.

Projektleitung:        Frank Hartmann (Regierungspräsidium Karlsruhe)

Auftraggeber:          Anglerverein Karlsruhe e.V.

Bearbeitung:           Andreas Becker, HYDRA

Bildautoren:           Frank Hartmann
                       Andreas Becker
                       Peter Rey
                       Google Earth, 2007

Mitarbeit:             Uta Mürle, Johannes Ortlepp (HYDRA)

                       Joachim Meyer, Rudolf Sauer (Anglerverein Karlsruhe e.V.)

                       Frank Hartmann, Stephan Hüsgen, Alexander Ellinghaus
                       (Regierungspräsidium Karlsruhe)

Begl. Arbeitsgruppe:   Frank Hartmann, Stephan Hüsgen (Regierungspräsidium Karlsruhe)

                       Joachim Meyer, Fritz Baumann (Anglerverein Karlsruhe e.V.)
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Inhalt

 Einleitung.............................................................................................1

 Der Bau der “Totholzburg”.................................................................4

 Untersuchungsansätze - Methodik....................................................6

 Der Lebensraum der “Totholzburg” im Knielinger See....................8

 Fische - Ergebnisse der Erhebungen..............................................12

 Ergebnisse der Kormoranbeobachtungen.....................................16

 Fazit dieses Projekts.........................................................................20
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Totholzeintrag zum Schutz von Fischen vor Kormoranen?

Einleitung
 In vielen Gewässern Baden-Württem-       sie jedoch auch bedeutend tiefer tau-
 bergs können sich derzeit keine ge-      chen. Unter Wasser können sich
 sunden und natürlichen Fischbestän-      diese Vögel schneller fortbewegen
 de entwickeln. Verantwortlich hierfür    als die meisten Fische, insbesondere
 sind eine ganze Reihe von Faktoren.      in der kalten Jahreszeit, wenn die
 Sehr häufig stehen jedoch zwei Ein-      Stoffwechselrate der wechselwarmen
 flussgrößen unter Verdacht, eine be-     Fische herabgesetzt ist.
 sonders wichtige Bedeutung zu
 haben: Die Eintönigkeit und Struktur-    Das Beutespektrum der Kormorane
 armut der Unterwasserlandschaften        umfasst nahezu alle heimischen
 und der Fraßdruck durch Kormorane.       Fischarten und zudem einen sehr
 Zudem wird häufig argumentiert, dass     breiten Größenbereich. Kormorane
 diese beiden Faktoren einander direkt    erbeuten sowohl einen 5 cm langen
 beeinflussen. Insbesondere für Still-    Stichling als auch einen über 40 cm
 gewässer ist über diesen Zusammen-       langen Hecht, wobei sie stets oppor-
 hang jedoch recht wenig bekannt. Im      tunistisch agieren. Das heißt, es wer-
                                                                                   Kormorane sind
 Rahmen des Totholzprojekts am            den je nach Situation jene Fischarten
                                                                                   äußerst erfolgrei-
 Knielinger See waren diese beiden        und -größen gefressen, mit denen         che Fischjäger.
 Faktoren und insbesondere deren Zu-      sich aus Sicht der Kormorane am ein-
 sammenhang die zentralen Unter-          fachsten der tägliche Nahrungsbedarf
 suchungsinhalte.                         decken lässt. Im Mittel benötigt ein
                                          Kormoran dabei etwa 500 g Fisch pro
 Der vorliegende Kurzbericht be-          Tag.
 schreibt dieses Projekt und stellt die
 wichtigsten Ergebnisse vor.              Kleine Fische kön-
                                          nen von Kormora-
 Außer diesem Papier ist ein ausführ-     nen während des
 licher Hauptbericht erhältlich, der      Tauchens direkt geschluckt
 sämtliche Methoden und Untersuch-        werden, so dass im selben Tauch-
 ungsergebnisse detailliert darstellt.    gang noch weitere Fische erbeutet
 Dieser Hauptbericht ist zum Down-        werden können. Um größere Fische
 load auf folgenden Internetpräsenzen     zu verschlingen, tauchen Kormorane
 bereitgestellt:                          dagegen immer auf.
 www.anglerverein-karlsruhe.de
 www.rp-karlsruhe.de                      Weiterhin sind Kormorane äu-
                                          ßerst lernfähig. Gute Nah-
                                          rungsplätze bzw. Gewässer
 Kormorane                                mit attraktiven Fisch-
                                          beständen entdecken die-
 Kormorane sind hochspezialisierte        se Vögel sehr schnell und
 Fischjäger und ernähren sich nahezu      suchen diese dann bevor-
 ausschließlich von Fischen, die sie      zugt auf. In bestimmten
 durch Tauchgänge erbeuten. In der        Situationen können Kor-
 Regel fangen Kormorane ihre Beute        morane zudem ihren
 in der oberen Wasserschicht bis in ca.   Jagderfolg erhöhen,
 10 m Tiefe. Unter Umständen können       indem sie gemein-

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Totholzprojekt am Knielinger See

                         schaftlich und koordiniert jagen.        problematik” effektiv begegnen zu
                                                                  können. Auch die gezielte Einbring-
                         Bei ihren Jagdausflügen können Kor-      ung von Schutzstrukturen für Fische
                         morane Gewässer in einem Umkreis         wird dabei als ein möglicher Ansatz
                         von weit über 30 km aufsuchen. Je        genannt, der in der Praxis bisher je-
                         nach Umweltbedingungen und Fisch-        doch kaum erprobt wurde.
                         häufigkeiten wird von einem Kolonie-
                         standort aus ein breites Spektrum an
                         Gewässern zum Nahrungserwerb ge-         Totholz in Gewässern
                         nutzt.
Totholz bietet                                                    Abgestorbene Äste und ganze Bäu-
Fischen Schutz           Kurz: Kormorane sind hocheffektive       me, so genanntes “Totholz”, könnten
vor Räubern.             Fischjäger, die fast alle Fischlebens-   für Fische solche Schutzstrukturen
                         räume zum Beuteerwerb nutzen kön-        bieten. So übt Totholz in Gewässern
                         nen. Verbunden mit ihrer hohen Mobi-     viele wichtige Funktionen für aquati-
                         lität und den inzwischen erreichten      sche Lebewesen aus. Auch für viele
                         Bestandsdimensionen sind Kormora-        Fische stellen Totholzbereiche attrak-
                         ne in Mitteleuropa inzwischen in der     tive Lebensräume dar. Dies ist seit
                         Lage, die Bestände vieler Fischarten     langem bekannt. Ebenso weiß man,
                         massiv zu beeinflussen. Dadurch          dass gezielte Totholzeinträge in struk-
                         können Kormorane sowohl ökologi-         turarme Bäche, Flüsse und Kanäle
                         sche Einflüsse bewirken als auch         positive Effekte auf die Fischfauna
                         fischereiliche Schäden verursachen.      ausüben. So wird durch Totholz die
                                                                  Lebensraumvielfalt erhöht und die
                         Es ist daher nachvollziehbar, dass die   Nahrungsgrundlage für Fische ver-
                         ansteigenden Kormoranbestände der        bessert. Totholzstrukturen bieten
                         letzten Jahrzehnte Fischereiberech-      Fischen zudem Versteckmöglichkei-
                         tigten und Fischökologen zunehmend       ten und daher Schutz vor Räubern.
                         Sorge bereiten. Ebenso ist es ver-
                         ständlich, dass, nicht nur von dieser    Aus diesem Grund geht man heute
                         Seite, seit langem Lösungsansätze        davon aus, dass auch die Auswirk-
                         gesucht werden, um der “Kormoran-        ungen von fischfressenden Vögeln,
                                                                  insbesondere von Kormoranen, durch
                                                                  Totholzeinträge reduziert werden kön-
                                                                  nen.

                                                                  Im Gegensatz zu Fliessgewässern, in
                                                                  denen schon seit langem Totholzein-
                                                                  träge mit großen Erfolgen praktiziert
                                                                  werden, sind strukturelle Aufwertung-
                                                                  en in Stillgewässern zur Verbesser-
                                                                  ung des ökologischen Zustandes
                                                                  noch selten. Zwar haben viele Angel-
                                                                  vereine, vermehrt in den letzten 10
                                                                  Jahren, in kleinerem Umfang Totholz
                                                                  in ihre Seen eingebracht, allerdings
                                                                  stets ohne die Effekte mit einem Be-
                                                                  gleitprogramm zu dokumentieren. In
        Totholz ist ein natürlicher Bestandteil von Gewässern.    wenigen Fällen sind auch größer di-

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Totholzeintrag zum Schutz von Fischen vor Kormoranen?

mensionierte Totholzeinträge be-           Als Untersuchungsgewässer wurde
kannt, die zum Teil schon seit Jahr-       der Knielinger See in Karlsruhe aus-
hunderten getätigt werden (bspw.           gewählt, ein ca. 82 ha großer Bagger-
"Fischreiser" am Bodensee). Diese          see in unmittelbarer Nähe zum Ober-
Strukturen dienten allerdings nur zur      rhein. Dieser See wird ganzjährig
Förderung des lokalen fischereilichen      stark von Kormoranen frequentiert,
Ertrags und die Effekte wurden eben-       besonders da sich auf einer Halbinsel
falls nicht dokumentiert.                  im Gewässer eine seit 1994 beste-
                                           hende Brutkolonie befindet. Der ge-
Daher liegen im deutschsprachigen          samte See liegt innerhalb eines
Raum noch sehr wenige Erfahrungen          Naturschutzgebiets ("Burgau"), der
für derartige Struktureinträge in Still-   nördliche Teil zusätzlich noch in               Zentrale Frage:
gewässern vor und es ist auch wenig        einem weiteren, älteren Schutzgebiet            Kann gezielter
darüber bekannt, wie diese für be-         ("Altrhein Maxau"), mit einer Kern-             Totholzeintrag
stimmte Zielsetzungen optimiert wer-       zone, die nicht betreten werden darf.           Fische vor Kor-
den können. Da zudem viele Stillge-                                                        moranen schüt-
wässer, insbesondere Baggerseen,           Aufgrund der starken Nährstoffbelast-           zen?
häufig nur sehr wenige dauerhafte          ung des Knielinger Sees ist im Som-
Unterwasserstrukturen aufweisen, ist       merhalbjahr ein ausgeprägtes Sauer-
der Eintrag von Totholz sicherlich ein     stoffdefizit im Tiefenwasser vorhan-
wichtiges und wirksames Werkzeug           den. Je nach Schichtungsausprägung
zur ökologischen Gewässeraufwert-          kann dieser lebensfeindliche Wasser-
ung. Dies gilt grundsätzlich auch für      körper bis 3,5 m an die Oberfläche
den gezielten Eintrag von Schutz-          heranreichen.
strukturen vor jagenden Kormoranen.
                                           Der Knielinger See wird seit seinem
                                           Bestehen angelfischereilich genutzt.
Pilotprojekt am Knielinger                 Andere Freizeitnutzungen am und im
See                                        Wasser sind nicht zugelassen.

Aus diesen Gründen wurde vom
Fischereireferenten des Regierungs-
präsidiums Karlsruhe ein Pilotprojekt
initiiert, bei dem Totholz zum Schutz
vor jagenden Kormoranen in ein ste-
hendes Gewässer eingebracht wur-
de. Dabei wurde als ursprüngliches
Ziel formuliert, kormoransichere Ein-
standsmöglichkeiten für die Winter-
monate zu schaffen. Insbesondere
Weißfische sollten dabei von dieser
Schutzstruktur profitieren. Weiterhin
sollten Erfahrungen für den Eintrag
großer Schutzstrukturen für Fische
gewonnen werden, insbesondere
unter erschwerten rechtlichen und
technischen Schwierigkeiten.

                                           Lage des Knielinger Sees (GoogleEarth, 2007).

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Totholzprojekt am Knielinger See

                      Der Bau der “Totholzburg”
                          Im Sommer 2003 haben die ur-                    wasser-Holzhaufen wurde “Totholz-
                          sprünglichen Projektpartner die                 burg” getauft. Zum einen da hier
                          grundsätzliche Vorgehensweise für               Fische wie in einer Festung Schutz
                          den Totholzeintrag abgesprochen.                finden sollten, zum anderen weil das
Zahlreiche Pro-                                                           dichte Astgewirr auch ein natürliches
jektpartner waren         Ursprüngliche Projektpartner waren das          Vorbild mit gleicher Bezeichnung hat:
an der Planung            Regierungspräsidium Karlsruhe, der Ang-         die Biberburg.
beteiligt.                lerverein Karlsruhe, die Sportfischereiver-
                          einigung Knielingen, das Umweltamt, das         Nach der wasser- und naturschutz-
                          Tiefbauamt und das Gartenbauamt der
                                                                          rechtlichen Genehmigung des Pro-
                          Stadt Karlsruhe, das Naturschutzzentrum
                          Rappenwört und die Markgräfliche Ver-
                                                                          jekts wurde im Herbst 2003 mit der
                          waltung (bis 2005 war der Knielinger See        Herstellung der Totholzelemente be-
                          im Besitz des Markgrafen von Baden).            gonnen. Dazu wurden ausschließlich
                                                                          Laubhölzer verwendet. Zum späteren
                          Bei diesem Treffen wurde festgelegt,            Absenken wurden die Totholzbündel
                          eine Gesamtstruktur aus einzelnen               mit Sandsäcken beschwert. Die Er-
                          Totholzbündeln entstehen zu lassen.             fahrungen der ersten Einträge von
                          Diese Bündel sollten aus unterschied-           Totholzelementen wurden fortlaufend
                          lich starkem, der Länge nach locker             in das weitere Vorgehen integriert, so
                          gebundenem Astmaterial bestehen.                dass die Art der Bündelung, der Be-
                          Dadurch sollte innerhalb eines jeden            schwerung und des Eintrags selbst
Bau und Eintrag
wurde von freiwil-        Elements ein möglich großes Lücken-             optimiert wurde.
ligen Helfern des         system entstehen. Die beschwerten,
Anglervereins             einzelnen Elemente sollten dann über            Da für die Fertigung der Totholzbün-
Karlsruhe und             einem Zielbereich im südlichen Teil             del jedoch eine eigens konstruierte
vom THW durch-            des Knielinger Sees von Booten aus              "Totholz-Presse" verwendet wurde,
geführt.                  abgeworfen werden. Beabsichigt war,             waren die Totholzelemte im Durch-
                          dadurch einen großen ungeordneten               messer mit ca. 1 m relativ gleichmä-
                          Totholzhaufen zu schaffen, der mög-             ßig. In der Länge dagegen traten ge-
                          lichst viele Versteckmöglichkeiten für          rade zu Beginn der Fertigung große
                          Fische bietet. Dieser geplante Unter-           Schwankungen auf. Zudem wurden

             Das Astmaterial wurde von freiwilligen Helfern zusammengetragen und in einer eigens für diesen Zweck kon-
             struierten “Totholzpresse” gebündelt.

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Totholzeintrag zum Schutz von Fischen vor Kormoranen? - Totholzprojekt am Knielinger See Offizieller Kurzbericht Oktober 2007
Totholzeintrag zum Schutz von Fischen vor Kormoranen?

viele Bündel dichter mit Holz bestückt
als ursprünglich geplant, was zum
einen am verfügbaren Holzmaterial
zum anderen aber auch an der Ferti-
gungsmethode lag.

Der Eintrag der Elemente in den See
fand im Winter 2003/2004 statt und
wurde über einem durch vier Bojen
markierten Zielbereich vorgenom-
men. Zunächst übernahmen Mitglied-
er des Anglervereins Karlsruhe den
Eintrag der Strukturen. Diese Vorgeh-
ensweise stellte sich aber aufgrund
mangelnder technischer Ausstattung
als zu aufwändig heraus. Die meisten
Totholzelemente wurden dann später
vom THW eingetragen. Dabei kam
unter anderem eine schwimmende
Plattform und ein Greifbagger zum
Einsatz.

Insgesamt wurden 244 Totholzbündel
zumeist genau im Zielbereich ver-
senkt, was einer Holzmenge von etwa
50 Tonnen entspricht. Seither wurden
an der Totholzburg keine Veränder-
ungen mehr vorgenommen.

                                         Von einem Zwischenlager aus wurden die Totholzbündel durch
                                         das THW auf eine schwimmende Arbeitsbühne verladen und
                                         dann über dem Zielbereich abgeworfen.

                                                                                                      5
Totholzeintrag zum Schutz von Fischen vor Kormoranen? - Totholzprojekt am Knielinger See Offizieller Kurzbericht Oktober 2007
Totholzprojekt am Knielinger See

                      Untersuchungsansätze - Methodik
                         Durch das Pilotprojekt am Knielinger     und Kostenrahmens dieses Pilotpro-
                         See sollte überprüft werden, ob          jekts.
                         Fische durch einen gezielten Totholz-
                         eintrag vor Kormoranen geschützt         In vorliegender Untersuchung wurden
                         werden können. Diese für die Praxis      daher Abschätzungen anhand von
                         der Gewässerhege einfache, aber          bekannten Fakten, Indizien und fach-
                         entscheidende Frage ist jedoch kaum      lichen Einschätzungen vorgenom-
                         zu beantworten. Insbesondere da          men. Nichtsdestotrotz mussten um-
                         hierfür der Einfluss von Kormoranen      fangreiche Erhebungen durchgeführt
Einflüsse auf            auf die Fische abgeschätzt werden        werden, vor allem zur Beschreibung
Fischbestände            muss. Gerade dieser Faktor ist im        der neu geschaffenen Unterwasser-
durch Kormorane          Gegensatz zu Fischteichanlagen in        struktur "Totholzburg" und zur Erfass-
sind nicht exakt         den Fischbeständen unserer Gewäs-        ung von Fischen und jagenden Kor-
bestimmbar.
                         ser jedoch praktisch nicht genau be-     moranen.
                         stimmbar. Da der Knielinger See zu-
                         dem relativ groß ist und eine Verbind-   Dabei wurde der Lebensraum "Tot-
                         ung mit Fliessgewässern aufweist, ist    holzburg" mit Hilfe von Echolotungen
                         selbst die Erfassung des Fischbe-        mit GPS-Einsatz vermessen, sowie
                         stands kaum realisierbar, eine von       durch Betauchungen und die Ver-
                         vielen Voraussetzungen für die wis-      wendung einer Sondenkamera vom
                         senschaftlich exakte Ermittlung des      Boot aus inspiziert. Da der Knielinger
                         Kormoraneinflusses.                      See in der warmen Jahreshälfte im
                                                                  Tiefenwasser zu wenig Sauerstoff
                         Deshalb war bereits vor Beginn der       enthält, musste zudem die jahreszeit-
                         Untersuchung klar, dass eine fundier-    liche Nutzbarkeit dieses Lebens-
                         te, wissenschaftliche Beweisführung      raums untersucht werden. Hierzu
                         nicht möglich sein wird, schon gar       wurden regelmässige Sauerstoffmes-
                         nicht innerhalb des limitierten Zeit-    sungen durchgeführt.

                                                                  Über die Fische des Knielinger Sees
                                                                  war vor Beginn der Untersuchung
                                                                  vergleichsweise wenig bekannt, so
                                                                  dass eine erste grobe Charakterisier-
                                                                  ung vorgenommen werden musste.
                                                                  Dazu wurden unter anderem im Früh-
                                                                  jahr und Herbst zwei Befischungs-
                                                                  kampagnen durchgeführt. Im Bereich
                                                                  der Totholzburg waren weiterhin
                                                                  Beobachtungen der Taucher von zen-
                                                                  traler Bedeutung. Daneben wurde
                                                                  aber auch die fischereiliche Bewirt-
                                                                  schaftung analysiert und eine grobe
                                                                  Abschätzung des fischereilichen Er-
                                                                  tragsvermögens ausgearbeitet.

        Taucherkundungen im Bereich der Totholzburg.

6
Totholzeintrag zum Schutz von Fischen vor Kormoranen?

Das zentrale Kernstück der Unter-              Sollten Kormorane die Totholzburg
suchung waren Kormoranbeobacht-                gegenüber anderen Bereichen des
ungen. Kormorane sind, wie bereits             Sees meiden, so könnten die dort be-
erwähnt, äußerst lernfähige Fisch-             findlichen Fische durch die komplexe
jäger. Daher, so die Überlegungen im           dreidimensionale Struktur tatsächlich
Vorfeld, sollte sich ihr Jagdverhalten         vor Kormoranangriffen geschützt              Beobachtungen
im Knielinger See bzw. zumindest in            sein. Jagen Kormorane dagegen be-            von Kormoranen
der Nähe der Totholzburg verändern,            vorzugt im Bereich der Totholzburg,          sind zentraler
sofern dieser Struktureintrag die              so sollten sie dort trotz der hölzernen      Bestandteil der
Beuteerreichbarkeit für Kormorane              “Unterwasser-Hindernisse” einen grö-         Untersuchung.
beeinflusst.                                   ßeren Fangerfolg aufweisen. In letz-
                                               terem Fall wäre dies dann ein starkes
Aus der Sicht tauchender Kormorane             Indiz für eine sehr hohe Fischdichte in
sollte die Totholzburg zwei gegen-             und bei der Totholzburg.
sätzliche Jagdbedingungen aufwei-
sen: hohe Fischdichten strukturlieb-           Aber auch grobe Abschätzungen des
ender Fische und Unterwasserstruk-             Kormoran-Fraßdrucks konnten auf
turen, die den Kormoranen die Jagd             der Basis der Kormoran-Beobacht-
auf Fische erschweren. Durch die               ungen vorgenommen werden. So-
Beobachtungen sollte nun geklärt               wohl für den Bereich der Totholzburg
werden, welcher dieser Umstände für            als auch für den gesamten Knielinger
jagende Kormorane bedeutender ist.             See.

Für das Totholzprojekt am Knielinger See wurden folgende Teiluntersuchungen durchgeführt:

 Untersuchungsinhalt                   Beschreibung der Methoden

                                       Messungen mit Echolot und GPS

 Erkundung der Totholzburg             3-D-Modellierung

                                       Beobachtungen durch Taucher und Sondenkamera

 Jahreszeitliche Nutzbarkeit           Messungen von Sauerstoff-Tiefenprofilen

                                       Regelmäßige Beobachtungen über ein Jahr hinweg

 Kormoranbeobachtungen                 Erfassung von Beobachtungen durch Angler (Fragebogen)

                                       Ergänzende, unregelmässige Beobachtungen

                                       Befischungen mit Kiemenetzen

                                       Elekrische Befischung von Uferpartien

 Fischerhebungen                       Beobachtungen durch Taucher

                                       Fischereiliche Statistiken (Fang, Besatz)

                                       Befragung zum Artenaufkommen

                                                                                                          7
Totholzprojekt am Knielinger See

                       Der Lebensraum “Totholzburg”
                       im Knielinger See
                          Da die Totholzburg aus einzelnen Tot-           Da die versenkten Totholzbündel ein-
                          holzbündeln besteht und diese eine              en ungeordneten Totholzhaufen auf
                          relativ einheitliche Gestalt aufweisen,         dem Seegrund bilden sollten, war au-
                          kann der Umfang des Totholzeintrags             ßerdem davon auszugehen, dass
                          im Nachhinein relativ genau berech-             zwischen diesen Bündeln Hohlräume
                          net werden. Im Mittel waren die ver-            und Schluchten entstehen werden.
                          wendeten Astbündel etwa 4 m lang                Sofern diese größeren Zwischenräu-
Etwa 50 t Totholz         und hatten einen Durchmesser von                me eine offene Verbindung mit dem
wurden in insge-
                          ca. 1 m. Jedes Bündel war vor dem               umgebenden Wasserkörper besitzen,
samt 244 Totholz-
bündel eingetra-
                          Eintrag ungefähr 200 kg schwer. An-             sollten sie von Fischen aller Größen-
gen.                      hand dieser Angaben kann das ge-                klassen nutzbar sein. Allerdings könn-
                          samte, benötigte Totholz auf ca. 50             ten dann auch tauchende Kormorane
                          Tonnen geschätzt werden und das                 Zugang zu diesem grobem Lückensy-
                          Gesamtvolumen der Totholzbündel                 stem haben, sofern diese ausreichen-
                          auf ca. 770 m³.                                 de Dimensionen aufweisen.

                          Weiterhin sollten durch diese Kon-              Auch zur Überprüfung dieser Vor-
                          struktionsweise auf zweierlei Weise             überlegungen wurde die Totholzburg
                          Schutzstrukturen für Fische entste-             erkundet.
                          hen: Ein überwiegend kleinräumiges
Die Totholzburg
befindet sich             Lückensystem innerhalb der einzel-
ufernah im süd-           nen Bündel, in das Fische bis zu einer          Lage der Totholzburg im
lichen Bereich            gewissen Größe eindringen können.               See
des Knielinger            Jagende Kormorane haben hier nur
Sees.                     von außen Zugang zu diesem Lück-                Die Totholzburg befindet sich ufernah
                          ensystem, von wo aus sie mit Schna-             im südlichen Teil des Knielinger Sees.
                          bel, Kopf und Hals einige Bereiche              In diesem Bereich fällt der Seeboden
                          noch erreichen können.                          steil ab und erreicht rasch Tiefen von
                                                                          bis zu 14 m. Seewärts dem Hauptteil
                                                                          der Totholzburg steigt der Bodenver-
                                                                          lauf zunächst wieder leicht an, bevor
                                                                          er weiter in die Tiefe verläuft. Westlich
                                                                          der Burg befindet sich eine Flach-
                                                                          wasserzone, wo der Seegrund nur
                                                                          langsam abfällt. Da der Bodenverlauf
                                                                          auch nach Osten zunächst leicht wie-
                                                                          der ansteigt, liegt die Totholzburg zum
                                                                          größten Teil in einer kraterartigen Ver-
                                                                          tiefung, was vermutlich zu einer er-
                                                                          höhten Stabilität des Totholzhaufens
                                                                          beiträgt und ein Abrutschen in die
                                                                          Tiefe verhindert.
         Position der Totholzburg im Knielinger See (grüne Markierung).

8
Totholzeintrag zum Schutz von Fischen vor Kormoranen?

                                                    Kenngrößen der Totholzburg
                                                    (braun gezeichneter Bereich)

                                                    Bauteile: 244 Totholzbündel
                                                    á ca. 4 m Länge & ca. 1 m Durchmesser

                                                    Gesamtes Totholzgewicht: rund 50 Tonnen

                                                    Volumen aller Totholzbündel: ca. 770 m³

                                                    Wassertiefenbereich: 1,5-14 m

                                                    Ausmaße des beeinflussten Bereichs*:
                                                    ca. 2300 m³ Volumen
                                                    ca. 1900 m² Projektionsfläche

                                                    Anteil am Gesamtwasserkörper*: ca. 0,03 %

                                                    *: Schätzungen sind eher zu hoch angesetzt, tatsächlicher
                                                    Bereich hat höchstens diese Dimensionen.

Ausmaße der Totholzburg                  beeinflusst. Projeziert man die maxi-
                                                                                                 Obwohl die Struk-
                                         male Ausdehnung dieses Bereichs                         tur an sich sehr
Das Holz der Totholzburg liegt in ein-   auf die Wasseroberfläche, so deckt                      groß ist, beein-
em Tiefenbereich von ca. 1,5-14 m.       diese eine Fläche von ca. 1900 m²                       flusst die Burg
Anhand der Echolotmessungen konn-        ab. Im Vergleich zum ursprünglichen                     nur ca. 0,03 %
ten stellenweise Mächtigkeiten von       Zielbereich ist diese Fläche etwa                       des Seevolu-
mehr als 3 m dokumentiert werden.        zehnmal größer.                                         mens.
Einige Totholzelemente liegen jedoch
auch einzeln auf dem Seegrund auf.

Da Fische sich nicht nur in der Tot-
holzburg aufhalten, sondern auch den
umgebenden Wasserkörper vermehrt
aufsuchen, wurde der gesamte durch
den Totholzeintrag beeinflusste Was-
serkörper großzügig vermessen.
Großzügig unter anderem deshalb,
da in der Umgebung der Totholzburg
keine weiteren für Fische attraktiven
Strukturen vorhanden sind. Höhere
Fischdichten in diesem Bereich soll-
ten also im Zusammenhang mit der
neugeschaffenen Struktur stehen und
dort jagende Kormorane deshalb
ebenfalls.
                                         3-D-Modell des gesamten durch die Totholzburg beeinflussten
Insgesamt ist durch das Totholz ein
                                         Bereichs. (Schematische Darstellung; Blickrichtung vom Ufer aus;
Wasserkörper von ca. 2300 m³ Inhalt      Tiefenverhältnisse zweifach überhöht dargestellt.)

                                                                                                                9
Totholzprojekt am Knielinger See

                                                                    Trotz des enormen Aufwands bei der
                                                                    Konstruktion und den beachtlichen
                                                                    Ausmaßen der geschaffenen Struktur,
                                                                    wird mit dem Bereich der Totholzburg
                                                                    jedoch lediglich etwa 0,03 % Volu-
                                                                    menanteil des Knielinger Sees beein-
                                                                    flusst.

                                                                    Detailansichten
                                                                    Wie in der Planung beabsichtigt, bil-
                                                                    den die Totholzelemente einen unge-
                                                                    ordneten Haufen, der viele Abhänge,
                                                                    Überhänge, schluchtartige Spalten
                                                                    und Hohlräume enthält. Im klaren Ge-
                                                                    gensatz dazu fehlen der benachbar-
                                                                    ten Unterwasserlandschaft praktisch
                                                                    vollständig für Fische attraktive Struk-
                                                                    turen. Daher hebt sich die Totholz-
                                                                    burg deutlich von ihrer Umgebung ab.

                                                                    Weiterhin haben die Unterwasser-
                                                                    beobachtungen gezeigt, dass die ein-
                                                                    zelnen Totholzbündel stabil sind, die
                                                                    Bündelung des Astmaterials dauer-
                                                                    haft und zuverlässig ist, und damit die
                                                                    ganze Totholzburg eine stabile Struk-
                                                                    tur darstellt.

                                                                    Allerdings wurde auch ein starker
                                                                    “Sediment-Niederschlag” auf den Tot-
                                                                    hölzern festgestellt. Innerhalb von nur
                                                                    zwei Jahren zeigten sich vor allem
                                                                    durch diese Sedimentation die ersten
                                                                    Alterungsprozesse, die zunächst zum
                                                                    Verlust von kleinräumigen Zwischen-
                                                                    räumen auf der Totholz-Oberseite
                                                                    führen wird. Zunächst weniger betrof-
                                                                    fen sind die größeren Zwischenräu-
                                                                    me, aber es ist davon auszugehen,
                                                                    dass auch diese langfristig verloren
                                                                    gehen. Dieser Zerfall wurde zwar er-
                                                                    wartet, denn Totholz ist ein natürli-
     Unterwasseraufnahmen von der Totholzburg. Oben ist ein Aus-    ches Material und als solches biologi-
     schnitt eines Totholzbündels zu sehen, im mittleren Bild ein
     größerer mit abstehenden Ästen durchzogener Hohlraum. Das
                                                                    schen Abbauprozessen unterworfen.
     untere Bild zeigt in einer Nahaufnahme die Sedimentauflager-   Die ersten Ergebnisse lassen jedoch
     ung auf dem Totholz eines Bündels. Letztere Aufnahme ent-      auf einen Zerfallsprozess schliessen,
     stand rund zwei Jahre nach dem Totholzeintrag.                 der schneller als zunächst vermutet
                                                                    ablaufen wird.

10
Totholzeintrag zum Schutz von Fischen vor Kormoranen?

Jahreszeitliche Nutzbarkeit                das Projekt gelungen: Im Winter lie-
                                           gen keine Lebensraum-Einschränk-
- Sauerstoffproblematik
                                           ungen durch Sauerstoffarmut vor.
Durch die Sauerstoffproblematik im
                                           Für das restliche Jahr kann die                     Im Sommer liegt
Tiefenwasser des Knielinger Sees
                                           Totholzburg jedoch nur teilweise, bzw.              die Totholzburg
treten klare Konsequenzen für den
                                           im Sommer fast überhaupt nicht als                  im nahezu sauer-
Lebensraum Totholzburg zutage: In
                                           Lebensraum genutzt werden. Weiter-                  stofffreien Tiefen-
der warmen Jahreszeit, also bei stabil                                                         wasserkörper.
                                           hin ist denkbar, dass einige Fische
geschichteten Wasserkörpern, ist im
                                           bereits im späten Herbst nach Über-
Tiefenwasser ein ausgeprägtes Sau-
                                           winterungsplätzen suchen und dann
erstoffdefizit vorhanden. Dadurch
                                           Teile der Totholzburg nicht nutzen
können Fische den allergrößten Teil
                                           können.
der Totholzburg nicht mehr besiedeln.
Im Hochsommer hat die Totholzburg
als Fischlebensraum daher praktisch
keine Bedeutung mehr.

Diese Sauerstoffproblematik ist für die
meisten ausgebeuteten Baggerseen mit
einer Wassertiefe größer 10 m typisch.
Da überwinternde Fische i.d.R. tiefere
Gewässerbereiche aufsuchen, wird es
sich nur sehr selten realisieren lassen,
dass eine Schutzstruktur ganzjährig von
Fischen genutzt werden kann.

Die Abkühlung der oberen Wasser-
schicht im Herbst und die Durch-
mischung durch Winde führt im weite-
ren Jahresverlauf zu einer langsamen       Im Sommer ragen nur noch die Spitzen der Totholzburg aus
                                           dem dann lebensfeindlichen Tiefenwasser. (Schematische Dar-
Verbesserung der Sauerstoffsituation.      stellung des 3-D-Modells; Tiefenverhältnisse zweifach überhöht
Im Winter ist dann der komplette           dargestellt.)
Wasserkörper im Bereich der Totholz-
burg vollständig mit Sauerstoff ver-
sorgt, so dass die Fische diesen Le-
bensraum vollständig nutzen können.

Im Frühjahr beginnt sich die Sauer-
stoffunterversorgung dann wieder
auszubilden. Dies kann wie im Unter-
suchungsjahr 2005 sehr schnell ge-
schehen, so dass bereits in der Zeit
von April bis Mai der größte Teil der
Totholzburg nicht mehr von Fischen
genutzt werden kann.

Entsprechend der ursprünglichen
Zielsetzung eine geschützte Winter-        Nur im Winter steht die Totholzburg uneingeschränkt als Fisch-
einstandsmöglichkeit herzustellen, ist     Lebensraum zur Verfügung.

                                                                                                               11
Totholzprojekt am Knielinger See

                 Fische - Ergebnisse der
                 Erhebungen
                    Der Knielinger See ist ein relativ gro-           fänglich erfasst werden. Dennoch
                    ßes Gewässer, Fische können zudem                 konnten durch die Erhebungen wichti-
                    über einen schmalen Graben ein- und               ge Erkenntnisse über die Fischzöno-
                    auswandern. Aufgrund dieser Rah-                  se des Sees und über die Nutzung
                    menbedingungen konnten die Erheb-                 der Totholzburg gewonnen werden.
                    ungen in vorliegender Untersuchung
                    lediglich erste Eindrücke zur Be-
                    schreibung des Fischbestands liefern.             Fische und Fischerei im
Der Knielinger
See beherbergt      Auch die Ergebnisse zur Fischbesied-              Knielinger See
28 Fischarten,      lung der Totholzburg bergen Un-
davon sind 22       sicherheiten, denn die Fische in ein-             Der Knielinger See ist ein sehr arten-
heimisch.           em derart komplexen Lebensraum                    reicher Baggersee; etwa 28 Fisch-
                    können grundsätzlich nicht vollum-                arten kommen hier derzeit vor. Im
                                                                      Rahmen der Probebefischungen und
                  Fischartenliste des Knielinger Sees *               auch der Unterwasserbeobachtungen
                                                                      konnten davon 21 Arten sicher nach-
                  Aal (Anguilla anguilla)                             gewiesen werden. Eine ganze Reihe
                  [Bachforelle (Salmo trutta fario)]                  dieser Fischarten sind angelfischerei-
                  [Barbe (Barbus barbus)]                             lich begehrt und pflanzen sich ver-
                  Brachsen (Abramis brama)                            mutlich zum größten Teil in diesem
                  Döbel (Leuciscus cephalus)
                                                                      Gewässer auch erfolgreich fort (bspw.
                  Flussbarsch (Perca fluviatilis)
                  [Felchen (Coregonus sp.)]
                                                                      Hecht, Schleie, Rotauge, Karpfen).
                  Giebel (Carassius gibelio)
                  Gründling (Gobio gobio)                             Einige für dieses Gewässer typische
                  Güster (Abramis bjoerkna)                           Arten weisen einen besonderen
                  Hasel (Leuciscus leuciscus)                         Schutzstatus auf. So sind Karausche,
                  Hecht (Esox lucius)                                 Steinbeißer und Aal, sowie die Wild-
                  Karausche (Carassius carassius)                     form des Karpfens in der Roten Liste
                  Karpfen (Cyprinus carpio) (Wild- und Zuchtformen)   Baden-Württemberg als stark gefähr-
                  Kaulbarsch (Gymnocephalus cernuus)                  det eingestuft. Der Schlammpeitzger
                  [Quappe (Lota lota)]
                                                                      ist gar vom Aussterben bedroht.
                  Rapfen (Aspius aspius)
                  Rotauge (Rutilus rutilus)
                  Rotfeder (Scardinius erythrophthalmus)              Einige andere einheimische Arten,
                  Schlammpeitzger (Misgurnus fossilis)                wie bspw. Bachforelle, Barbe und
                  Schleie (Tinca tinca)                               Quappe, sind für das Gewässer unty-
                  Schmerle (Barbatula barbatula)                      pisch und halten sich vermutlich nur
                  Sonnenbarsch (Lepomis gibbosus)                     zeitweise hier auf.
                  Steinbeißer (Cobitis taenia)
                  Stichling (Gasterosteus aculeatus)                  Exotische Fischarten spielen mit Aus-
                  Ukelei (Alburnus alburnus)                          nahme des Sonnenbarsches derzeit
                  Wels (Siluris glanis)
                                                                      kaum eine Rolle. Graskarpfen, Mar-
                  Zander (Sander lucioperca)
                                                                      morkarpfen und Regenbogenforellen
                  *: einschließlich Federbach-Unterlauf               kommen möglicherweise als Einzel-
                  [...]: Art hält sich nicht dauerhaft im See auf     tiere vor, können sich im Knielinger
                                                                      See jedoch nicht fortpflanzen.

12
Totholzeintrag zum Schutz von Fischen vor Kormoranen?

Derzeit kann zwar nicht eingeschätzt        Fische im Bereich der
werden, welchen Einfluss Wanderbe-
                                            Totholzburg
wegungen zwischen dem Knielinger
See und den mit seinem Wasserkör-
                                            In der kalten Jahreshälfte halten sich
per verbundenen Fliessgewässern
                                            im Bereich der Totholzburg sehr viele
haben. Es ist jedoch davon auszuge-
                                            Fische auf. Es kommt hier regelrecht
hen, dass Migrationen zumindest für
                                            zu Fischkonzentrationen, besonders
einige Fischarten eine große Rolle
                                            im Vergleich zu anderen Gewässer-
spielen. So liegen bspw. für Rotaugen
                                            bereichen dieser Tiefenzone. In erster
entsprechende Beobachtungen vor.
                                            Linie kommen in und bei der Totholz-
                                            burg strukturliebende Fisch-
In den Jahren 2002 bis 2005 wurde
                                            arten vor, eindeutig am
für den Knielinger See ein mittlerer
                                            häufigsten sind dabei die
Fang von ca. 1,8 Tonnen pro Jahr in
                                            Flussbarsche und
den Fangbüchern der Angler regi-
                                            innerhalb die-
striert, also rund 22 kg pro Hektar (ha)
                                            ser Art die
Gewässerfläche und Jahr. Gleichzeit-
                                            Jungfische.
ig wurden vom Anglerverein Karls-
                                            Aber auch Raub-
ruhe jedoch auch durchschnittlich 29
                                            fische wie Hechte und Zan-
kg/ha jährlicher Besatz getätigt. Dem-
                                            der sind hier deutlich häufiger
zufolge wird durch die angelfischerei-
                                            als in der benachbarten Unterwasser-             Die häufigste
liche Nutzung derzeit kein positiver                                                         Fischart in der
                                            landschaft. Daneben wurden aber
Ertrag erzielt. Dies obwohl der Knie-                                                        Totholzburg ist
                                            auch einzelne karpfenartige Fische in
linger See mit geschätzten ca. 60                                                            der Barsch.
                                            der Burg beobachtet, nämlich die
kg/ha pro Jahr ein relativ hohes natür-
                                            Arten Rotauge, Karpfen und Giebel.
liches Ertragspotential aufweist.
                                            Da zudem direkt neben der Totholz-
                                            burg Rotaugen, Brachsen und Karp-
                                            fen in Kiemennetzen gefangen wur-
                                            den, hat der gesamte Bereich der Tot-

 Dokumentierte Fischarten im
 Bereich der Toholzburg

 Aal (Anguilla anguilla)
 Brachsen (Abramis brama)
 Flussbarsch (Perca fluviatilis)
 Felchen (Coregonus sp.)
 Giebel (Carassius gibelio)
 Hecht (Esox lucius)
 Karpfen (Cyprinus carpio)
 Kaulbarsch (Gymnocephalus cernuus)
 Rapfen (Aspius aspius)
 Rotauge (Rutilus rutilus)
 Sonnenbarsch (Lepomis gibbosus)
 Zander (Sander lucioperca)
                                             Durch Befischungen konnten wichtige Erkenntnisse über den Fisch-
 unsicher: Wels   (Siluris glanis)
                                             bestand des Knielinger Sees gewonnen werden.

                                                                                                                13
Totholzprojekt am Knielinger See

                                                                          holzburg mit großer Sicherheit auch
                                                                          für karpfenartige Fische eine beson-
                                                                          dere Bedeutung. So gingen während
                                                                          der Frühjahrsbefischung im April
                                                                          2006 Rotaugen gar in auffällig hoher
                                                                          Anzahl in die Netze.

                                                                          Insgesamt konnten durch die Fischer-
                                                                          hebungen 11 Fischarten im Bereich
                                                                          der Totholzburg nachgewiesen wer-
                                                                          den. Es ist jedoch davon auszuge-
                                                                          hen, dass noch weitere Arten diesen
                                                                          Bereich zumindest zeitweise aufsu-
                                                                          chen. So konnte beim Beobachten
                                                                          hier jagender Kormorane weiterhin
                                                                          die Fischart Aal sicher identifiziert
                                                                          werden und wahrscheinlich auch der
                                                                          Wels.
Vor allem struk-
turliebende Fisch-                                                        Solange die Totholzburg bei ausrei-
arten “bewoh-                                                             chenden Sauerstoffbedingungen von
nen” die Totholz-                                                         Fischen aufgesucht werden kann,
burg.                                                                     bietet sie für viele Arten sehr attrakti-
                                                                          ve Lebensräume. Mit steigender
                                                                          Wassertemperatur und einhergehen-
                                                                          der Schichtung der Wasserkörper
                                                                          gehen die allermeisten dieser Le-
                                                                          bensräume im Jahresverlauf aller-
                                                                          dings verloren.

                                                                          Aber auch im Winter war die Burg,
                                                                          wie Unterwasserbeobachtungen zeig-
                                                                          ten, nur eingeschränkt nutzbar: Zum
                                                                          einen wiesen viele, vor allem große
                                                                          Fische Verletzungen auf, die auf Kor-
                                                                          moranattacken hindeuten. Diese,
                                                                          aber auch unverletzte Fische, zeigten
                                                                          zudem häufig stark ausgeprägtes
                                                                          Fluchtverhalten und Unruhe, was auf
                                                                          Stress hindeutet. Zum anderen wur-
                                                                          den Indizien für einen untypischen
                                                                          Tagesrhythmus der Fische festge-
                                                                          stellt, was möglicherweise ebenfalls
                                                                          im Zusammenhang mit den tagaktiv-
          Besonders strutkurliebende Fischarten sind an und in der Tot-   en Kormoranen steht:
          holzburg häufig. Dabei weisen Flussbarsch-Jungfische (Bild
          oben) eindeutig die höchsten Dichten auf. Aber auch große
          Barsche (mittleres Bild) und Hechte (unteres Bild) bevorzugen   Nachts konnten vom Rand der Tot-
          diesen Lebensraum.                                              holzburg aus deutlich mehr Fische
                                                                          aller Arten beobachtet werden als am

14
Totholzeintrag zum Schutz von Fischen vor Kormoranen?

Neben den strukturliebenden Barschen und Hechten nutzen aber auch karpfenartige Fische den neuen
Lebensraum. Im linken Bild ist ein Spiegelkarpfen zu sehen, im rechten Bild neben den Barschen ein Rotauge.

Tage. Möglicherweise verlassen viele
Fische diesen Bereich tagsüber oder
ziehen sich tief in die Totholzburg
zurück, sodass sie von außen nicht
mehr beobachtet werden können.

                                                      Auch große Zander halten sich, vermutlich angelockt
                                                      von der hohen Beutefischdichte, bei der Totholzburg
                                                      auf.

Die Taucher haben im Bereich der Totholzburg viele durch Kormoranattacken verletzte Fische beobachtet, die
dem Beutespektrum des Kormorans bereits entwachsen waren, wie dieser Hecht (links) und dieser Karpfen
(rechts). Auf den Aufnahmen sichtbare Verletzungen sind mit Pfeilen markiert.

                                                                                                              15
Totholzprojekt am Knielinger See

                   Ergebnisse der Kormoranbeob-
                   achtungen
                      Kormorane schlafen und brüten im                 Richtung anderer Gewässer, wo sich
                      nördlichen Teil des Knielinger Sees              ebenfalls weitere Tagesruheplätze
                      auf einer Insel bzw. Halbinsel je nach           befinden können wie bspw. Buhnen
                      Wasserstand. Tagsüber halten sich                im Rhein. Vermutlich spielt hierbei vor
                      ruhende Kormorane ebenfalls auf die-             allem der Rhein mit seinen Altarmen
                      sen Schlaf- und Brutbäumen oder auf              und Hafenbecken eine wichtige Rolle
                      einer kleiner Insel im südwestlichen             für die Ernährung der Kormorankolo-
                      Teil des Sees auf. Ein großer Teil der           nie. Im Rahmen vorliegender Unter-
                      Kormorane des Knielinger Sees ver-               suchung wurden jedoch lediglich die
                      lässt morgens den Schlafplatz in                 im Knielinger See selbst und insbe-
                                                                       sondere im Bereich der Totholzburg
                                                                       jagenden Kormorane beobachtet. Da-
                                                                       her kann in der Folge auch lediglich
                                                                       das Jagdverhalten im und die Ab-
                                                                       schätzung der Fischentnahme aus
                                                                       dem Knielinger See dargestellt wer-
                                                                       den. Über die Auswirkungen der Kor-
                                                                       morankolonie des Knielinger Sees
                                                                       auf Fische und Fischerei anderer auf-
                                                                       gesuchter Gewässer kann keine Aus-
                                                                       sage getroffen werden.

                                                                       Reaktionen auf die
     Die Kormorankolonie befindet sich im nördlichen Teil des Knie-    Totholzburg
     linger Sees in der Kernzone des Naturschutzgebietes Altrhein-
     Maxau (großer roter Punkt). Tagsüber hat außerdem eine klei-      Jagende Kormorane haben im Win-
     ne Insel als Tagesruheplatz (kleiner roter Punkt) eine wichtige
     Bedeutung für die Kormorane des Knielinger Sees.
                                                                       terhalbjahr den Bereich der Totholz-
                                                                       burg gegenüber anderen Bereichen
                                                                       des Knielinger Sees eindeutig bevor-
                                                                       zugt aufgesucht. Im Mittel wurden
                                                                       hier in den Monaten Oktober bis April
                                                                       etwa sechs jagende Kormorane pro
                                                                       Stunde beobachtet. Nimmt man den
                                                                       November mit dem Sondereffekt vie-
                                                                       ler gleichzeitig jagender Kormorane
                                                                       aus dieser Betrachtung heraus, so
                                                                       haben rein rechnerisch im Durch-
                                                                       schnitt immer noch stündlich ca. 3,6
                                                                       Kormorane im Bereich der Totholz-
                                                                       burg gejagt. Für das Sommerhalbjahr
                                                                       und insbesondere für den Hochsom-
     Morgens verlassen Kormorane den Schlafplatz zur Nahrungs-         mer konnte diese Präferenz dagegen
     suche.                                                            nicht klar belegt werden. In den Mo-

16
Totholzeintrag zum Schutz von Fischen vor Kormoranen?

Ruhende Kormorane halten sich am Knielinger See hauptsächlich am Schlaf- und Brutplatz auf (Bild links)
oder auf einer kleinen Insel, die als Tagesruheplatz genutzt wird.

naten Mai bis September wurde hier              zum anderen erbeuteten Kormorane
lediglich ein Mittelwert von ca. 0,3            vor allem kleine Fische (< 15 cm),
Kormoranen pro Stunde festgestellt.             vermutlich junge Barsche.

Im Bereich der Totholzburg wurden               Neben dieser Hauptbeute fingen Kor-
stets nicht koordiniert jagende Kor-            morane regelmäßig auch größere
morane dokumentiert, in keinem Fall             Fische aus dem Bereich der Totholz-
konnte hier ein gemeinschaftliches              burg. Da Kormorane, wenn sie grö-                   Jagende Kormo-
Jagen beobachtet werden. Meist                  ßere Fische erbeuten, diese stets erst              rane haben den
schluckten Kormorane ihre Beute-                an der Oberfläche verschlingen,                     Bereich der Tot-
fische bereits unter Wasser. Nach               konnten diese Vorfälle zuverlässig                  holzburg deutlich
dem Auftauchen waren dann lediglich             dokumentiert werden. Demnach fin-                   bevorzugt.
noch Schluckbewegungen und Kopf-                gen Kormorane im Winterhalbjahr im
schütteln zu sehen, dies im Winter-             Mittel pro Stunde ca. 0,7 Fische grö-
halbjahr jedoch praktisch nach jedem            ßer als ca. 15 cm, d.h. etwa alle 1,3
Tauchgang. Aus diesem Verhalten                 Stunden einen größeren Fisch. Diese
können zweierlei Rückschlüsse gezo-             Angabe erscheint zunächst nicht
gen werden: Zum einen war hier prak-            hoch, doch auf das gesamte Beob-
tisch jeder Tauchgang erfolgreich,              achtungsjahr gerechnet, sind dies

                Bevorzugung der Burg durch jagende Kormorane

                    Winter                                               Sommer

Schematische Verdeutlichung der Präferenz jagender Kormorane für den Bereich der Totholzburg, links dar-
gestellt die Situation im Winterhalbjahr, rechts im Sommerhalbjahr. Die “Höhe” des braunen Totholzbereichs
gibt das Ausmaß der Bevorzugung an (Selektionsindex), die blaue Fläche symbolisiert den restlichen vom
Beobachtungsstandort aus einsehbaren Seebereich (stark verkleinert).

                                                                                                                  17
Totholzprojekt am Knielinger See

                          deutlich über 1000 größere Fische,             Jagdverhalten im rest-
                          die hier erbeutet wurden. Zweifelsfrei
                                                                         lichen Knielinger See
                          identifiziert wurden dabei die Arten
                          Barsch, Hecht und Aal. Sehr wahr-
                                                                         Jagende Kormorane außerhalb der
                          scheinlich befanden sich auch
                                                                         Totholzburg wurden lediglich gezählt.
                          Rotaugen darunter.
                                                                         Das Jagdverhalten an sich konnte
                                                                         nicht eingehender beobachtet werden
                          Kormorane haben den Bereich der
                                                                         und kann daher auch nicht mit jenem
                          Totholzburg zumeist direkt vom
                                                                         im Bereich der Totholzburg verglichen
                          Schlafplatz oder vom Tagesruheplatz
                                                                         werden. Wohl aber die Anzahl pro
                          aus angeflogen. Nach ihren Tauch-
                                                                         Stunde jagender Kormorane: Im Win-
                          gängen im Totholzbereich stellten
                                                                         terhalbjahr jagen in etwa gleich viele
                          Kormorane zumeist die Jagd ein und
                                                                         Kormorane im gesamten einsehbaren
                          flogen zum Tagesruheplatz, seltener
                                                                         Bereich des restlichen Sees wie in
                          zu den Schlafbäumen. Dies deutet
                                                                         und bei der Totholzburg. Im Sommer-
                          zum einen darauf hin, dass jagende
                                                                         halbjahr dagegen jagen viel mehr
                          Kormorane im Bereich der Totholz-
                                                                         Kormorane in anderen Seeteilen, was
                          burg genügend Beute gefunden ha-
                                                                         allerdings auch mit dem Auftreten von
                          ben. Zum anderen ist dies aber auch
                                                                         Gemeinschaftsjagden zusammen-
Im Bereich der            ein Indiz dafür, dass die Burg haupt-
                                                                         hängt:
Totholzburg jagen         sächlich von Kormoranen aufgesucht
Kormorane stets           wurde, die den Knielinger See zur
einzeln - außer-                                                         Im Zeitraum zwischen Juni und Mitte
                          Nahrungssuche nicht verlassen ha-
halb zeitweise                                                           November wurden neben einzeln ja-
                          ben.
auch gemein-                                                             genden Kormoranen auch solche Ge-
schaftlich.                                                              meinschaftsjagden beobachtet, zu-
                                                                         meist in direkter Ufernähe. Es ist be-
                                                                         kannt, dass Kormorane durch ein sol-
                                                                         ches, koordiniertes Verhalten vor-
                                                                         nehmlich kleine Schwarmfische in fla-
                                                                         cheren Bereichen zusammentreiben,
                                                                         wo sie diese dann einfacher erbeuten
                                                                         können. Von dieser Jagdstrategie
                                                                         profitieren am Knielinger See auch
                                                                         andere fischfressende Vögel wie Rei-
                                                                         her und Möwen, die solche Gemein-
                                                                         schaftsjagden gezielt aufsuchen und
                                                                         begleiten. An den beobachteten Ge-
                                                                         meinschaftsjagden beteiligten sich
                                                                         zeitgleich bis zu rund 100 Kormorane.

                                                                         Abschätzung der Fischent-
                                                                         nahmen durch Kormorane
         Zwischen Juni und November treten im Knielinger See Ge-         Um aus den Beobachtungsdaten die
         meinschaftsjagden auf. Das Bild zeigt im Ausschnitt eine ver-   ungefähre Dimension der tatsächli-
         sammelte Kormorangruppe kurz vor Beginn der gemeinschaft-
                                                                         ches Fischentnahme durch Kormora-
         lichen Jagd. Die Kormorane schwimmen bereits in koordinier-
         ter Formation.                                                  ne abschätzen zu können, wurden

18
Totholzeintrag zum Schutz von Fischen vor Kormoranen?

Szenarien hergeleitet. Durch dieses
Vorgehen kann die tatsächliche                   Geschätzte jährliche Fischent-
Fischentnahme zwar nicht exakt be-               nahme aus dem Knielinger See
stimmt, allerdings die Größenordnung             durch Kormorane
festgestellt werden, innerhalb deren
sich die Fischentnahme bewegt.
                                                 Totholzburg               ca. 1,3-5,9 t
Auf diese Weise abgeschätzt entnah-
                                                 Restlicher See            ca. 1-6,1 t
men Kormorane 1,3-5,9 Tonnen Fisch
pro Jahr aus dem Bereich der Tot-
holzburg. Aus dem restlichen Knie-               Gesamt                    ca. 2-12 t
linger See wurden in etwa noch ein-
mal soviele Fische erbeutet, nämlich
1-6,1 Tonnen. Bilanziert auf das ge-
samte Gewässer entnahmen Kormo-
rane im einjährigen Beobachtungs-
zeitraum also eine Fischbiomasse
                                                                                                   Auf die Fische
von ca. 2-12 Tonnen. Dies entspricht
                                                                                                   des Knielinger
einem jährlichen Kormoran-Fraß-                                                                    Sees wirkt ein
druck von 27-145 kg/ha Gewässer-                                                                   hoher Fraßdruck
fläche. Ein solcher Fraßdruck muss                                                                 durch Kormora-
im Vergleich mit anderen Gewässern                                                                 ne.
als hoch bis sehr hoch eingestuft wer-
den.

Bei der Fischjagd beobachtete Kormorane im Bereich der Totholzburg. Die Darstellungen sind Standbilder aus Videoaufnah-
men und weisen daher nur eine geringe Auflösung auf.

                                                                                                                     19
Totholzprojekt am Knielinger See

                      Fazit dieses Projekts
                         Die vorliegende Arbeit hat die Zusam-          “Sogeffekt” genannt und wirkt, verein-
                         menhänge zwischen Fischbeständen,              facht gesagt, so lange bis der neu
                         Gewässerstrukturen und den Einflüs-            entstandene Lebensraum vollständig
                         sen des Kormorans untersucht. Bis-             besetzt ist.
                         lang wurde meist davon ausgegan-
                         gen, dass Strukturaufwertungen, ins-           Natürlich suchen auch Raubfische
                         besondere Totholzeinträge, generell            diese Bereiche auf und profitieren von
                         den Fangerfolg von Kormoranen re-              der erhöhten Beutefischdichte. Und
                         duzieren. Das Pilotprojekt hat jedoch          sofern die Fischansammlungen auch
                         gezeigt, dass diese Annahme so nicht           von fischfressenden Vögeln erreicht
                         richtig ist und liefert daher einen wich-      werden können, nutzen auch diese
                         tigen Beitrag zum Verständnis dieser           den Totholzbereich als Nahrungs-
                         komplexen Wechselwirkungen.                    platz. Vorliegende Untersuchung
                                                                        konnte dies eindrucksvoll für Kormo-
                                                                        rane aufzeigen. Sowohl Raubfische
                         Grundsätzliches zu Effek-                      als auch Kormorane verringern durch
                         ten von Totholzeinträgen                       ihre Jagd die Dichte der Beutefische,
                                                                        wodurch in diesem Lebensraum so-
                         Die Ergebnisse des Pilotprojektes              zusagen Plätze frei werden. Diese
                         zeigen zunächst einmal klar, welche            werden wiederum von weiteren Zu-
                         Bedeutung Totholzbereiche für viele,           wanderern besetzt. Und letztlich führt
Totholzbereiche          vor allem strukturliebende Fischarten          die Fischentnahme aus einem Tot-
üben auf Fische          haben: Totholz schafft attraktive,             holzbereich also zu einem dauerhaft
eine “Sogwirk-           komplexe Lebensräume, die in hohen             anhaltendem Sogeffekt.
ung” aus.
                         Dichten von Fischen besiedelt wer-
                         den. Wie auch aus anderen Unter-               Zwar wirken Raubfische und fisch-
                         suchungen bekannt, suchen viele                fressende Vögel hier prinzipiell auf
                         Fische schon direkt nach dem Eintrag           die selbe Weise, dennoch unterschei-
                         von Totholz diese Bereiche auf und             den sich die Effekte ganz grundsätz-
                         verlassen dafür ihre bisherigen                lich in Ausmaß und Kontrollierbarkeit.
                         Standorte. Dieses Phänomen wird                Während Raubfische als gewässerei-

         Insbesondere in strukturarmen Gewässern übt ein Totholzeintrag eine Sogwirkung auf Fische aus. Dies führt
         dazu, dass sich im Totholzbereich höhere Fischdichten einfinden.

20
Totholzeintrag zum Schutz von Fischen vor Kormoranen?

gene Organismen gewässerinternen,        nicht gelungen, eine wirkungsvolle
ökologischen Kontrollmechanismen         Schutzstruktur für überwinternde
wie Dichteregulation, Territorienbild-   Fische zu schaffen.
ung und Nahrungslimitierung unterlie-
gen, sind Vögel, sozusagen als "ex-      Im Gegenteil, Kormorane konnten im       Die Totholzburg
terne" Jäger, nicht im gleichen Maß      Bereich der Totholzburg sogar einfa-     konnte Fische
vom jeweiligen gewässereigenen           cher Fische erbeuten. So haben Kor-      nicht vor Kormo-
Nahrungsangebot abhängig. Dies gilt      morane hier deutlich häufiger gejagt     ranen schützen.
besonders für die hochmobilen Kor-       als in anderen Gewässerbereichen.
morane. Es können also mehr Kor-
morane solche attraktiven Nahr-          Einiges spricht sogar dafür, dass sich
ungsplätze aufsuchen als der Fisch-      durch den Eintrag der Totholzburg der
bestand des jeweiligen Gewässers         Kormoranfraßdruck auf den gesam-
nach ökologischen Gesetzmäßigkei-        ten Knielinger See erhöht hat: Die
ten nachhaltig ernähren könnte.          Kormorane des Knielinger Sees nut-
                                         zen eine Vielzahl von Gewässern zur
Weiterhin verstärken sich diese Un-      Nahrungssuche, gute Nahrungsplät-
terschiede in den Wintermonaten:         ze werden jedoch bevorzugt aufge-
Während der Nahrungsbedarf von           sucht, insbesondere wenn sie sich
Raubfischen in der kalten Jahreszeit     nahe am Koloniestandort befinden.
sinkt, ist bei den warmblütigen Vögeln
eher das Gegenteil der Fall.             Schlussfolgerungen                       Struktureinträge
                                                                                  können die Kor-
Kormorane sind daher grundsätzlich       Totholzeinträge und auch andere          moranproblema-
in der Lage, an Totholzstrukturen eine   Strukturaufwertungen sind kein wirk-     tik nicht lösen.
große Fischmenge zu entnehmen            sames Mittel, um Fische vor jagenden
und damit den Fischbestand des ge-       Kormoranen zu schützen.
samten Gewässers zu beeinflussen.
Diese kontraproduktiven Effekte von      Im Zusammenspiel mit einer hohen
Totholzeinträgen sind besonders dort     Kormoranfrequentierung können die-
zu erwarten, wo ansonsten kaum ge-       se Maßnahmen gar negative Auswir-
eignete Gewässerstrukturen vorhan-       kungen auf die Fischbestände haben.
den sind, wo ein hoher Kormoranfraß-     Daher darf eine Planung von Struktur-
druck gegeben ist und wo allein auf-     aufwertungen wie Totholzeinträgen
grund der Seegröße immer nur ein         nicht losgelöst von der gewässereige-
sehr kleiner Anteil des Wasserkörpers    nen Kormoranproblematik betrachtet
durch Totholzeinträge aufgewertet        werden.                                  In stehenden
werden kann.                                                                      Gewässern sind
                                                                                  Strukturaufwert-
                                         Dies ist umso mehr eine ernüchtern-      ungen nur dort
                                         de Erkenntnis, da in vielen Gewäs-       sinnvoll, wo kein
Bewertung der Totholzburg                sern und insbesondere in Bagger-         oder ein vermin-
im Knielinger See                        seen große strukturelle Defizite be-     derter Kormoran-
                                         stehen. Daher sollten in diesen Seen     fraßdruck vor-
Zwar haben mit Sicherheit viele          strukturelle Aufwertungen erfolgen,      liegt.
Fische in der Totholzburg kormoransi-    um einen stabilen, artenreichen und
chere Verstecke zur Überwinterung        standortgerechten Fischbestand zu
gefunden. Jedoch konnten jagende         erhalten bzw. zu entwickeln. Da diese
Kormorane auch hier einen Großteil       Gewässer zudem in vielen Fällen von
der Fische erreichen. Es ist daher       jagenden Kormoranen häufig aufge-

                                                                                                21
Totholzprojekt am Knielinger See

                      sucht werden, birgt die Umsetzung           In diesen Fällen können einzig durch
                      von Strukturaufwertungen eine Ver-          gezielte Reduzierung des Kormoran-
                      schlechterungsgefahr.                       fraßdrucks Voraussetzungen für den
                                                                  ökologischen Erfolg von Strukturauf-
                      Der Fischereiberechtigte steht hier         wertungen geschaffen und Fische
Die Probleme mit      vor dem Dilemma, dass diese Förder-         wirkungsvoll geschützt werden.
Kormoranen und        ung des Fischbestands unter den ge-
der Strukturarmut     gebenen Bedingungen nicht umge-
können nicht bei-
                      setzt werden kann. Dabei ist diese
de mit dem An-
                      Aufgabe nicht nur gesetzliche Ver-
satz des Struktur-
eintrags gelöst       pflichtung (Hegepflicht), sondern
werden.               auch ein zentrales Ziel der nachhalti-
                      gen Gewässerbewirtschaftung und
                      ergibt sich darüber hinaus aus den
                      Naturschutzzielen für aquatische Le-
                      bensräume.

                                  Kernaussagen aus den Untersuchungen zum Piloprojekt

                       1. Gut strukturierte Gewässerbereiche üben viele wichtige fischökologische Funk-
                       tionen aus, bieten für viele Fischarten attraktive Standplätze und weisen daher in
                       der Regel hohe Fischdichten auf.

                       2. Die Strukturen - selbst wie im Pilotprojekt in großer Dimension umgesetzt - bie-
                       ten Fischen jedoch keinen bzw. nur bedingten Schutz vor jagenden Kormoranen
                       und

                       3. können sogar dazu führen, dass die Fischentnahme durch Kormorane begünstigt
                       wird.

                       4. Unter bestimmten Voraussetzungen können durch Strukturen sogar negative
                       Effekte auf den Fischbestand von Stillgewässern entstehen.
                       (starke Kormoranfrequentierung, ansonsten eintönige, strukturarme Unterwasser-
                       landschaft).

                       5. Struktureinträge in Stillgewässer sind daher kein generell geeignetes Mittel, um
                       der Fischentnahme durch Kormorane entgegen zu wirken.

                       6. Auch zur allgemeinen, gewässer- und fischökologischen Aufwertung sind diese
                       Maßnahmen dann ungeeignet, wenn das Gewässer stark von Kormoranen frequen-
                       tiert wird.

                       7. In diesem Fall sind weitere Maßnahmen zur Reduzierung des Kormoranfraß-
                       drucks notwendig, um
                       a) Fische wirkungsvoll vor Kormoranen zu schützen,
                       b) Voraussetzungen für den ökologischen Erfolg von Strukturaufwertungen zu
                       schaffen.

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Totholzeintrag zum Schutz von Fischen vor Kormoranen?

Danksagung:

Ohne die Mitarbeit und Unterstützung zahlreicher Partner hätte dieses Projekt
nicht realisiert werden können.

An erster Stelle seien die vielen freiwilligen Helfer des Anglervereins Karlsruhe
e.V. genannt.

Weiterhin dankend erwähnt seien folgende Institutionen (alphabetische Rei-
henfolge):

Anglerverein Karlsruhe e.V.
Bezirksstelle für Naturschutz und Landespflege (seit 01.01.2005 RP Karlsruhe)
Landesanstalt für Umweltschutz (seit 01.01.2005 LUBW)
Markgräfliche Verwaltung
Naturschutzzentrum Rappenwört
Regierungspräsidium Karlsruhe
Schifffahrtsamt Mannheim
Sportfischervereinigung Knielingen 1923 e.V.
Stadt Karlsruhe (Gartenbauamt, Tiefbauamt, Umweltamt)
Technisches Hilfswerk (Karlsruhe & Pforzheim)

Dieses Projekt wurde gefördert durch Mittel aus der Fischereiabgabe des
Landes Baden-Württemberg.

Bezug:

Dieser Kurzbericht wie auch ein ausführlicher Hauptbericht mit Literaturanga-
ben ist zum Download auf der Homepage des Anglervereins Karlsruhe und der
Homepage des Regierungspräsidiums Karlsruhe eingestellt:

www.anglerverein-karlsruhe.de

www.rp-karlsruhe.de

Alternativ können beide Berichte in elektronischer Form bezogen werden bei

Andreas Becker, a.becker@hydra-institute.com

Frank Hartmann, Frank.Hartmann@rpk.bwl.de

                                                                                    23
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