Arbeitsrechtliche Folgen einer Pandemie - Hinweise für die Praxis 2. März 2020 - bayme vbm

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Arbeitsrechtliche Folgen einer Pandemie
Hinweise für die Praxis

2. März 2020

                                                    daher auf die Bitte, statt Präsenz am Arbeits-
Ausgangslage
                                                    platz zu zeigen, Tätigkeiten, die sich z. B. von
Nach Auftreten des neuartigen Coronavirus in        zu Hause ausüben lassen, auch von dort er-
China und den USA hat die Weltgesundheits-          ledigen zu dürfen, im Einzelfall verständnis-
organisation (WHO) am 30. Januar 2020 den           voll eingegangen werden.
internationalen Gesundheitsnotstand ausge-
                                                    Eine Epidemie ist eine besondere Situation,
rufen. Die Zahl der Infizierten steigt weiter und
                                                    bei der sich die Zusammenarbeit mit Betriebs-
auch in Deutschland sind Infektionen mit dem
                                                    rat und Arbeitnehmern erneut bewähren
Virus bestätigt worden. Das Auswärtige Amt
                                                    kann. Ohne Präzedenzfälle für die Zukunft zu
hat eine Teilreisewarnung für China ausge-
                                                    schaffen, kann es sich in solchen Situationen
sprochen, die die Provinz Hubei umfasst.
                                                    anbieten, verstärkt von der Möglichkeit mobi-
Eine Pandemie kann Auswirkungen auf das             ler Arbeit Gebrauch zu machen. Im Lichte die-
Wirtschaftsgeschehen in Deutschland haben.          ser Erwägung sind die folgenden Ausführun-
Von ihrer Intensität hängt es ab, wie stark Be-     gen zur Aufrechterhaltung von Arbeitsbereit-
triebe im Einzelnen erfasst werden und ob Ar-       schaft und Präsenz am Arbeitsplatz auszule-
beitsabläufe im gewohnten Umfang sicherge-          gen.
stellt bleiben. Ebenso stellt sich die Frage,
                                                    I. Arbeitsverhältnisse in Deutschland
welche Auswirkungen das Virus für den Ein-
satz von Arbeitnehmern außerhalb Deutsch-           Nach Ausbruch einer neuartigen Virus-Er-
lands hat.                                          krankungswelle stellen sich unterschiedliche
                                                    arbeitsrechtliche Fragen, die die gegenseiti-
Die folgenden Ausführungen geben einen
                                                    gen Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag
Überblick über arbeitsvertraglichen Folgen,
                                                    betreffen.
wenn Arbeitnehmer wegen des Coronavirus
nicht beschäftigt werden und über die Auswir-       1. Arbeitspflicht
kungen auf Entsendungen von Arbeitneh-
                                                    Die Pflicht zur Arbeitsleistung wird grundsätz-
mern in das Ausland. Zudem wird dargestellt,
                                                    lich nicht berührt. Dem nicht erkrankten Ar-
welche Vorbereitungshandlungen getroffen
                                                    beitnehmer steht kein generelles Zurückbe-
werden können, um innerbetriebliche Folgen
                                                    haltungsrecht zu, weil sich die Wahrschein-
möglichst einzugrenzen und auch daten-
                                                    lichkeit einer Ansteckung z. B. auf dem Weg
schutzrechtliche Aspekte werden erörtert.
                                                    zur Arbeit oder durch Kontakte am Arbeits-
Auch wenn es das Ziel bleibt – sollte das           platz erhöht. Er ist weiterhin verpflichtet, die
Coronavirus tatsächlich die Ausmaße einer           ihm übertragenen Aufgaben zu erfüllen, so-
nationalen Epidemie annehmen –, die be-             wie den Anordnungen der Vorgesetzten
trieblichen Abläufe weitgehend zu sichern, ist      Folge zu leisten.
es Arbeitgebern ein zentrales Anliegen die
                                                    Dies gilt auch für den Umgang mit importier-
Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer
                                                    ten Waren. Die Gefahr einer Infektion des Ar-
zu gewährleisten. Dazu kann es auch gehö-
                                                    beitnehmers ist insofern fernliegend, da im
ren, auf begründete Sorgen der Arbeitnehmer
                                                    Vorfeld eine Kontamination stattgefunden ha-
– z. B. gesund und sicher zum Arbeitsplatz er-
                                                    ben muss und das Virus nach dem weiten
scheinen zu können – verständnisvoll einzu-
                                                    Transportweg noch aktiv sein müsste. Dem
gehen. Im Fall einer nationalen Epidemie wird
Robert-Koch-Institut sind keine Infektionen                     Der Arbeitgeber kann eine ärztliche Untersu-
  durch importierte Waren bekannt.                                chung eines zurückgekehrten Mitarbeiters an-
                                                                  ordnen, sofern er hieran ein berechtigtes Inte-
  Ein        Zurückbehaltungsrecht         nach
                                                                  resse hat. Ein solches Interesse muss das
  § 273 Abs.1 BGB kommt für in Deutschland
                                                                  Selbstbestimmungsrecht und die körperliche
  tätige Arbeitnehmer bei der Rückkehr eines
                                                                  Unversehrtheit des Mitarbeiters überwiegen.
  Mitarbeiters aus einer gefährdeten Region -
                                                                  Dies ist anhand einer Abwägung aller maß-
  einer Region, die von einer Reisewarnung be-
                                                                  geblichen Umstände des Einzelfalles zu prü-
  troffen ist - ebenfalls nicht in Betracht. Auf
                                                                  fen.
  Wunsch des in Deutschland tätigen Arbeit-
  nehmers kann der Arbeitgeber diesen ohne                        So kann das berechtigte Interesse des Arbeit-
  Bezahlung freistellen. Der Arbeitgeber ist bei                  gebers an der ärztlichen Untersuchung die
  dieser Entscheidung frei. Der Arbeitnehmer                      geschützten Interessen des Arbeitnehmers
  kann sich nur insoweit auf ein Zurückbehal-                     überwiegen, wenn der Arbeitnehmer beson-
  tungsrecht berufen, sofern der Arbeitgeber                      deren Ansteckungsrisiken ausgesetzt war
  dieser Fürsorgepflicht nicht ausreichend                        und Erkältungssymptome zeigt, sodass eine
  nachkommt. Das ist allenfalls dann der Fall,                    konkrete Infektionsgefahr besteht.
  wenn glaubhaft dargelegt werden kann, dass
                                                                  Von einer konkreten Infektionsgefahr ist re-
  die Ausübung der übertragenen Aufgaben tat-
                                                                  gelmäßig dann auszugehen, wenn sich der
  sächlich eine Gefahr für Gesundheit oder Le-
                                                                  Arbeitnehmer in einer gefährdeten Region
  ben darstellt, die der Arbeitgeber durch Ar-
                                                                  aufgehalten hat, für die eine Reisewarnung
  beitsschutzmaßnahmen vermeiden kann.
                                                                  des Auswärtigen Amts ausgesprochen wor-
2. Mitteilungsobliegenheiten                                      den war und der Arbeitnehmer an Orten mit
                                                                  erhöhtem Reise- und Publikumsverkehr wie
  Der Arbeitgeber kann im Rahmen seiner ar-
                                                                  Flughäfen und Bahnhöfen zugegen war. Das
  beitsrechtlichen Fürsorgepflicht bei erkennba-
                                                                  kann auch dann gelten, wenn aufgrund der
  ren Risiken verpflichtet sein, mögliche Anste-
                                                                  konkreten Situation am Ort der Reise ein
  ckungen durch zurückkehrende Arbeitneh-
                                                                  deutlich erhöhtes Ansteckungsrisiko besteht
  mer über Aufklärungs- und Vorsichtsmaßnah-
                                                                  und die in Rede stehende Erkrankung sich
  men zu verhindern.
                                                                  durch ein besonders hohes Ansteckungsri-
  Den Arbeitnehmer trifft eine arbeitsvertragli-                  siko auszeichnet.
  che Hinweispflicht, soweit er in räumlicher
                                                                  Die Zulässigkeit der Anordnung zur Durchfüh-
  Nähe zu einer mit dem Coronavirus infizierten
                                                                  rung von Reihen- (Fieber-) Tests vor Betreten
  Person stand. Grundsätzlich ordnet das zu-
                                                                  des Betriebsgeländes unterliegt der Mitbe-
  ständige Gesundheitsamt häusliche Quaran-
                                                                  stimmung des Betriebsrates. Eine pauschale
  täne für die maximale Dauer der Inkubations-
                                                                  Anordnung zur Durchführung von Fieber-
  zeit (14 Tage) an, sobald der Arbeitnehmer
                                                                  Tests dürfte zum jetzigen Zeitpunkt jedenfalls
  als Kontaktperson gilt. Die arbeitsvertragliche
                                                                  unzulässig sein. So bedarf es stets eines kon-
  Hinweispflicht besteht, sofern der Arbeitneh-
                                                                  kreten Anlasses in Form einer konkreten In-
  mer die Voraussetzungen einer Kontaktper-
                                                                  fektionsgefahr. Etwas anderes kann gelten,
  son erfüllt, ohne dass das zuständige Ge-
                                                                  sobald die erste Infizierung im jeweiligen Be-
  sundheitsamt Quarantäne angeordnet hat.
                                                                  trieb aufgetreten ist. Letztlich hängt die jewei-
  Nähere Informationen zum Begriff der Kon-
                                                                  lige Anordnung von maßgeblichen Umstän-
  taktperson stellt das Robert-Koch-Institut auf
                                                                  den des Einzelfalles ab.
  seiner Homepage zur Verfügung.
                                                                  Darüber hinaus kann der Arbeitgeber die Frei-
  Daneben ist der Arbeitgeber berechtigt, aus
                                                                  stellung ohne oder gegen den Willen seines
  einem Auslandsaufenthalt zurückkehrende
                                                                  Arbeitnehmers erklären. Auf die Weise ent-
  Arbeitnehmer daraufhin zu befragen, ob sie
                                                                  bindet der Arbeitgeber den betroffenen Ar-
  sich in einer gefährdeten Region oder an Or-
                                                                  beitnehmer von seiner Leistungspflicht und
  ten mit einem deutlich erhöhten Ansteckungs-
                                                                  verweigert ihm den Zugang zum Betrieb. Dies
  risiko aufgehalten haben. Der Anspruch ist
                                                                  setzt voraus, dass das Suspendierungsinte-
  dabei regelmäßig auf eine Negativauskunft
                                                                  resse des Arbeitgebers das Interesse des Ar-
  beschränkt. Der Arbeitnehmer ist regelmäßig
                                                                  beitnehmers an einer vertragsgemäßen Be-
  nicht verpflichtet, Auskunft über den genauen
  Aufenthaltsort zu geben.

                     Folgen einer Pandemie – 3. Neufassung 2020

                     2. März 2020                                                                                2
schäftigung überwiegt und wird auf die Ein-                     nach § 616 BGB im Fall einer Pandemie
haltung arbeitsschutzrechtlicher Vorschriften                   sechs Wochen betragen kann.
(§ 4 Nr.1 ArbSchG) und die arbeitsrechtliche
                                                                Kommt der Arbeitnehmer z. B. in Folge einer
Fürsorgepflicht (§ 241 Abs.2 BGB) gestützt.
                                                                Kita-/Schulschließung seiner Arbeitsleis-
Das Suspendierungsinteresse überwiegt re-                       tungspflicht nicht nach, ist ebenfalls § 616
gelmäßig, wenn der Arbeitgeber Grund für die                    BGB zu beachten. Es ist umstritten, ob die
Annahme einer arbeitsunfähigen Erkrankung                       Schließung einer Kita oder Schule ein objek-
hat. Daneben ist eine einseitige Freistellungs-                 tives persönliches Leistungshindernis darstel-
erklärung durch den Arbeitgeber möglich,                        len kann. Teilweise wird vertreten, dass es
wenn von dem Arbeitnehmer eine Gesund-                          sich insoweit um ein allgemeines Leistungs-
heitsgefahr für anderer Arbeitnehmer oder                       hindernis handelt, teils wird darauf abgestellt,
Kunden ausgeht. Hierfür genügt das Vorlie-                      dass der vorübergehende Betreuungsbedarf
gen einer konkreten Infektionsgefahr mit einer                  des Kindes einen in der Person des Arbeit-
ansteckenden Krankheit wie dem Coronavi-                        nehmers liegenden Grund darstellt.
rus und kann darauf gestützt werden, dass
                                                                Maßgeblich sind alle Umstände des Einzel-
sich der Arbeitnehmer in einer gefährdeten
                                                                falls. So ist z. B. auf das Alter des Kindes ab-
Region oder an Orten mit einem deutlich er-
                                                                zustellen. Schließlich nimmt der Bedarf für
höhten Ansteckungsrisiko aufgehalten hat.
                                                                eine elterliche Pflege mit zunehmendem Alter
Sofern im Betrieb eine Regelung zur mobilen                     ab und wird bei älteren Kindern nur noch bei
Arbeit besteht, kann der Arbeitgeber im Rah-                    schweren Erkrankungen zu bejahen sein. Es
men der bestehenden Regelungen seine Be-                        spricht einiges dafür, dass ein nicht betreutes
schäftigten auch ins Home-Office schicken,                      – gesundes - Kind in die Obhut Dritter in Form
damit sie von dort arbeiten.                                    einer selbst organisierten Pflege gegeben
                                                                werden kann, sofern eine solche Möglichkeit
3. Vergütungsanspruch
                                                                (z. B. durch Großeltern) besteht. Insoweit hat
Stellt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer we-                     der Arbeitnehmer zumindest die Obliegen-
gen einer konkreten Infektionsgefahr einseitig                  heit, alles zu tun, seine Verhinderung mög-
frei, so ist dem Arbeitnehmer die Leistungser-                  lichst kurz zu halten.
bringung unmöglich und die Vergütungspflicht
                                                                4. Entgeltfortzahlungsanspruch
des Arbeitgebers entfällt grundsätzlich nach
§ 326 Abs.1 S.1 BGB.                                            Ist der Arbeitnehmer infolge der Viruserkran-
                                                                kung arbeitsunfähig, so hat er Anspruch auf
Nach Ansicht des BGH kann allerdings § 616
                                                                Fortzahlung der Vergütung nach § 3 Abs.1
BGB den Vergütungsanspruch des Arbeit-
                                                                EFZG. Allerdings kommt ein Entgeltfortzah-
nehmers aufrechterhalten (BGH, NJW 1979,
                                                                lungsanspruch nur dann in Betracht, wenn
422, 424), sofern dies nicht einzelvertraglich
                                                                den Arbeitnehmer hinsichtlich der Erkrankung
oder tarifvertraglich ausgeschlossen worden
                                                                kein Verschulden trifft.
ist. Die von dem betroffenen Arbeitnehmer
ausgehende unverschuldete Ansteckungsge-                        Ein Verschulden kommt u.a. in Betracht,
fahr stelle ein Arbeitshindernis dar. Der Ar-                   wenn der Mitarbeiter im Rahmen einer Privat-
beitgeber sei gegenüber seinen übrigen Ar-                      reise gegen eine Reisewarnung des Auswär-
beitnehmern und gegenüber jedermann aus                         tigen Amtes verstoßen hat. Der Arbeitnehmer
Gründen der allgemeinen Verkehrssiche-                          ist verpflichtet, auf Verlangen des Arbeitge-
rungspflicht verpflichtet, den Betrieb von An-                  bers die für die Entstehung der Krankheit er-
steckungsgefahren freizuhalten.                                 heblichen Umstände im Einzelnen darzule-
                                                                gen. Verletzt der Arbeitnehmer diese Mitwir-
Den Arbeitgeber trifft die Lohnfortzahlungs-
                                                                kungspflichten, so geht dies zu seinen Las-
pflicht nach § 616 BGB allerdings nur, sofern
                                                                ten.
sich die Verhinderung von vornherein auf ei-
nen verhältnismäßig geringen Zeitraum be-                       Auch insoweit ist der Arbeitgeber berechtigt,
schränkt. Dies hängt von den Umständen des                      aus einem privaten Auslandsaufenthalt zu-
Einzelfalls ab. In diesem Zusammenhang                          rückkehrende Arbeitnehmer daraufhin zu be-
geht der BGH grundsätzlich davon aus, dass                      fragen, ob sie sich in einer gefährdeten Re-
die Höchstfrist für die Fortzahlung von Entgelt                 gion oder an Orten mit einem deutlich erhöh-
                                                                ten Ansteckungsrisiko aufgehalten haben.

                   Folgen einer Pandemie – 3. Neufassung 2020

                   2. März 2020                                                                               3
Der Anspruch ist dabei regelmäßig auf eine                      § 56 Abs. 11 IfSG innerhalb von drei Monaten
Negativauskunft beschränkt. Der Arbeitneh-                      nach Einstellung der verbotenen Tätigkeit o-
mer ist nicht verpflichtet, Auskunft über den                   der dem Ende der Absonderung geltend zu
genauen Aufenthaltsort zu geben.                                machen. Gem. § 56 Abs. 12 IfSG ist dem Ar-
                                                                beitgeber ein Vorschuss zu gewähren. Nach
a) Leistungen der Unfallversicherung
                                                                Ablauf der sechs Wochen wird die Entschädi-
Versicherte, die sich in Deutschland im Rah-                    gung von der zuständigen Behörde auf An-
men ihrer versicherten Tätigkeit mit dem                        trag der betroffenen Person gewährt.
Coronavirus infizieren, stehen grundsätzlich
                                                                Nach der Rechtsprechung des BGH kommt
unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallver-
                                                                ein solcher Entschädigungsanspruch aller-
sicherung. Dies wird derzeit in erster Linie
                                                                dings nur aus Billigkeitsgründen in Betracht,
Krankenhauspersonal und damit Versicherte
                                                                wenn der Arbeitnehmer einen Entgeltausfall
der BGW (Berufsgenossenschaft für Gesund-                       erleidet. Dies soll nicht der Fall sein, wenn der
heitsdienst und Wohlfahrtspflege) betreffen.                    Arbeitgeber aus anderen gesetzlichen oder
b) Behördliche Maßnahmen                                        vertraglichen Gründen zur Fortzahlung des
                                                                Entgelts verpflichtet ist (BGH, NJW 1979,
Im Falle des Ausbruchs einer Pandemie kann                      422, 424).
die zuständige Behörde diverse Maßnahmen
nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) tref-                    Nach Ansicht des BGH kann ein Beschäfti-
fen. Hervorzuheben sind dabei die Quaran-                       gungsverbot gem. § 31 IfSG ein in der Person
täne und das berufliche Tätigkeitsverbot ge-                    des Arbeitnehmers liegendes, unverschulde-
mäß §§ 30, 31 IfSG.                                             tes Leistungshindernis nach § 616 BGB dar-
                                                                stellen und dementsprechend einen gesetzli-
Gemäß § 56 Abs. 1 IfSG erhält derjenige, der                    chen Anspruch auf Entgeltfortzahlung be-
als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger,                       gründen (BGH, NJW 1979, 422, 423). Hinde-
Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger                       rungsgrund sei auch in diesem Fall die von
Träger von Krankheitserregern im Sinne von                      dem Betroffenen ausgehende Ansteckungs-
§ 31 Satz 2 IfSG beruflichen Tätigkeitsverbo-                   gefahr.
ten unterliegt oder unterworfen ist und
dadurch einen Verdienstausfall erleidet, eine                   Den Arbeitgeber belaste die Lohnfortzah-
Entschädigung in Geld. Das gleiche gilt für                     lungspflicht während des Tätigkeitsverbotes
Personen, die als Ausscheider oder Anste-                       nach      § 616 BGB nach Ansicht des BGH
ckungsverdächtige abgesondert werden                            nicht unbillig. Besteht die konkrete Infektions-
(Quarantäne), bei Ausscheidern jedoch nur,                      gefahr eines Arbeitnehmers, so dürfe der Ar-
wenn sie andere Maßnahmen nicht befolgen                        beitgeber ihn auch ohne ein behördliches
können. Hinsichtlich der einzelnen Begriffsbe-                  Verbot nicht beschäftigen. Es obliege dem Ar-
stimmungen wird auf § 2 IfSG verwiesen.                         beitgeber, diesen Arbeitnehmer von seiner
                                                                Leistungspflicht zu entbinden und ihm unter
Die Entschädigung erfolgt bis zu sechs Wo-                      Fortzahlung seiner Vergütung den Zugang
chen lang in Höhe des regulären Gehalts.                        zum Betrieb zu verweigern.
Dauert die behördliche Maßnahme länger als
sechs Wochen, erhalten die Betroffenen eine                     Die Pflicht zur Fortzahlung des Arbeitsent-
Entschädigung in Höhe des Krankengeldes,                        gelts nach § 616 BGB kann durch Einzel- oder
das auch die gesetzliche Krankenkasse zah-                      Tarifvertrag ausgeschlossen werden. In die-
len würde: Das sind 70 Prozent des Bruttoge-                    sem Fall lebt die Entschädigungspflicht der je-
halts, aber nicht mehr als 90 Prozent des Net-                  weils zuständigen Behörde unmittelbar wie-
togehalts. Zudem ist die Summe auf                              der auf. Nur im Ausbildungsverhältnis ist eine
109,38 Euro pro Tag gedeckelt (Stand 2020).                     solche Abbedingung durch §§ 19, 25 BBiG
                                                                untersagt.
Gemäß § 56 Abs. 5 IfSG hat der Arbeitgeber
für die Dauer des Arbeitsverhältnisses, je-                     5. Betriebsrisiko
doch längstens für sechs Wochen die Ent-                        Sollte der Arbeitgeber im Fall der Erkrankung
schädigung anstelle der zuständigen Behörde                     einer großen Zahl von Arbeitnehmern den Be-
auszuzahlen. Der Arbeitgeber hat dann ge-                       trieb nicht aufrechterhalten können, trägt er
gen die Behörde einen Erstattungsanspruch                       das Betriebsrisiko, soweit Arbeitnehmer ar-
gem. § 56 Abs. 5 IfSG. Der Antrag ist gem.

                   Folgen einer Pandemie – 3. Neufassung 2020

                   2. März 2020                                                                                4
beitswillig und fähig sind. Folgende Maßnah-                     6. Datenschutzrechtliche Erwägungen
men können helfen, um übermäßige Belas-
                                                                 Sobald der Verdacht einer Ansteckung be-
tungen abzuwehren:
                                                                 steht oder ein Arbeitnehmer an dem Virus er-
▪   Der Arbeitgeber kann in Abstimmung mit                       krankt ist, muss der Arbeitgeber seiner Für-
    dem Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 3                       sorgepflicht gegenüber den übrigen Mitarbei-
    BetrVG Kurzarbeit anordnen, um den Be-                       tern nachkommen. Dadurch können die übri-
    trieb durch Senkung der Personalkosten                       gen Arbeitnehmer Kenntnis von dem Ver-
    vorübergehend wirtschaftlich zu entlas-                      dacht der Ansteckung bzw. der Viruserkran-
    ten. Daneben kommt Kurzarbeit in Frage,                      kung ihres Kollegen erlangen.
    soweit dies tarif- oder einzelvertraglich
                                                                 In diesem Fall liegt eine Verarbeitung perso-
    vereinbart ist. Im Falle eines Zuliefer-
                                                                 nenbezogener Daten vor. Die Offenlegung
    stopps, Betriebsschließungen durch die
                                                                 der Viruserkrankung im Betrieb stellt eine
    Behörde oder Hotelstornierungen bei an-
                                                                 rechtmäßige Verarbeitung personenbezoge-
    gekündigtem Messeausfalls aufgrund des
                                                                 ner Daten i.S.v. Art. 6 Abs.1 lit. b), d) und f)
    Coronavirus ist die Gewährung von Kurz-
                                                                 DSGVO dar. Sie erfolgt zur Erfüllung der ar-
    arbeitergeld zu prüfen.
                                                                 beitsvertraglichen Fürsorgepflicht des Arbeit-
▪   Ebenfalls ist der Arbeitgeber in besonde-                    gebers und zum Schutz von Gesundheit und
    ren Situationen, wie z. B. in Notfällen, be-                 Leben der übrigen Mitarbeiter und dient be-
    rechtigt, Überstunden einseitig anzuord-                     rechtigten Interessen.
    nen (BAG, Urteil vom 27.2.1981 – 2 AZR
                                                                 Dem steht nicht entgegen, dass es sich um
    1162/78). Aufgrund seiner arbeitsvertrag-
                                                                 Gesundheitsdaten i.S.v. Art. 9 Abs.1 DSGVO
    lichen Treuepflicht ist der Arbeitnehmer in
                                                                 handelt. Die Erfüllung der Fürsorgepflicht des
    diesen Situationen verpflichtet, Arbeiten
                                                                 Arbeitgebers zum Schutz vor einer weiteren
    auch über das arbeitsvertraglich Verein-
                                                                 Ausbreitung des Virus überwiegt das Selbst-
    barte hinaus zu übernehmen.
                                                                 bestimmungsrecht des erkrankten Arbeitneh-
    Unter einer „Notlage“ versteht das BAG                       mers, Art. 9 Abs. 1 DSGVO i. V. m. § 26 Abs.
    eine ungewöhnliche Gefährdung der Be-                        3 BDSG.
    triebsanlagen, der Waren oder der Ar-
                                                                 II. Kurzarbeit
    beitsplätze. Darüber hinaus hat das BAG
    auch die Gefährdung der termingerechten                      Der Arbeitgeber kann Kurzarbeit anordnen,
    Abwicklung eines Auftrags mit den o. g.                      sofern die Arbeitsleistung aufgrund tarif- oder
    Folgen als besondere Situation aner-                         arbeitsvertraglicher Regelung ausgesetzt
    kannt. Der Anordnung des Arbeitgebers                        werden kann. Dies kann auch in einer Be-
    darf sich der Arbeitnehmer dann nicht ver-                   triebsvereinbarung geregelt werden, § 87
    schließen, wenn der Verzug der Abwick-                       Abs.1 Nr.3 BetrVG.
    lung vom Arbeitgeber nicht verschuldet ist
                                                                 Grundsätzlich kann ein Anspruch auf Kurzar-
    und der Arbeitnehmer bisher Überstun-
                                                                 beitergeld infolge eines Arbeitsausfalls auf-
    den geleistet hat.
                                                                 grund des Coronavirus bestehen. Vorausset-
▪ Eine Anordnung von Zwangsurlaub auf-                           zung zur Gewährung von Kurzarbeitergeld ist
  grund kurzfristiger Stornierungen in erheb-                    insbesondere der erhebliche Arbeitsausfall
  lichem Umfang dürfte vor dem Hintergrund                       mit Entgeltausfall i.S.v. § 96 Abs.1 Nr.4 SGB
  der aktuellen Rechtsprechung nicht mög-                        III. Zudem muss der Betrieb alles Mögliche
  lich sein. Das Risiko, den Arbeitnehmer                        tun, um die Kurzarbeit zu vermeiden. Dies vo-
  nicht beschäftigen zu können, trägt grund-                     rausgesetzt, stellt ein Zulieferausfall aufgrund
  sätzlich der Arbeitgeber. Dem Betriebsri-                      des Virus aber jedenfalls ein unabwendbares
  siko des Arbeitgebers unterfallen insbe-                       Ereignis i.S.v. § 96 Abs.1 Nr.1 SGB III dar.
  sondere Auftragsmangel bzw. Betriebsab-
                                                                 Ein Arbeitsausfall ist erheblich, wenn er auf
  laufstörungen – sei es durch selbst herbei-
                                                                 wirtschaftlichen Gründen oder einem unab-
  geführte oder von außen einwirkende Um-
                                                                 wendbaren Ereignis beruht, vorübergehend
  stände. Liegt ein Fall des Betriebsrisikos
                                                                 und unvermeidbar ist.
  vor, kann der Arbeitgeber den Urlaub nicht
  einseitig festlegen.                                           Der Begriff der „wirtschaftlichen Gründe“ ist
                                                                 umfassend und schließt alle Arbeitsausfälle

                    Folgen einer Pandemie – 3. Neufassung 2020

                    2. März 2020                                                                               5
ein, die auf der wirtschaftlichen Tätigkeit ei-                 Der Arbeitgeber ist nach dem Arbeitsschutz-
nes Betriebes beruhen und sich aus dessen                       gesetz (ArbSchG) verpflichtet, die erforderli-
Teilnahme am Wirtschaftsleben ergeben.                          chen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter
                                                                Berücksichtigung der Umstände zu treffen,
Unter einem unabwendbaren Ereignis ist all-
                                                                die die Sicherheit und Gesundheit der Be-
gemein ein Ereignis zu verstehen, das unter
                                                                schäftigten bei der Arbeit gewährleisten und
den gegebenen, nach der Besonderheit des
                                                                ihm möglich und zumutbar sind. Die Arbeit-
Falles zu berücksichtigenden Umständen
                                                                nehmer sind nach §§ 15, 16 ArbSchG ver-
auch durch die äußerste diesen Umständen
                                                                pflichtet, jede erhebliche Gefahr für die Si-
angemessene und vernünftigerweise zu er-
                                                                cherheit und Gesundheit unverzüglich dem
wartende Sorgfalt weder abzuwehren noch in
                                                                Arbeitgeber zu melden und dessen arbeits-
seinen schädlichen Folgen zu vermeiden ist.
                                                                schutzrechtlichen Weisungen nachzukom-
Dazu können auch behördlich angeordnete o-
                                                                men.
der anerkannte Maßnahmen gehören (z.B.
angeordnete Betriebseinschränkungen oder                        Möglich ist die Aufstellung eines „Pandemie-
- stilllegungen), die vom Arbeitgeber nicht zu                  plans“ z. B. auf Grundlage einer Rahmenbe-
vertreten sind.                                                 triebsvereinbarung für den Pandemiefall mit
                                                                dem Betriebsrat. Solche Planungen stellen si-
Der Arbeitgeber und die Arbeitnehmer müs-
                                                                cher, dass das Unternehmen nicht unvorbe-
sen im Rahmen ihrer Schadensminderungs-
                                                                reitet von einer Pandemie überrascht wird,
pflicht alles getan haben, um den Arbeitsaus-
                                                                sondern geeignete Krisenstrategien zur Ver-
fall zu vermeiden. Dazu gehört z.B. die Ge-
                                                                fügung hat, die im Falle eines Falles kurzfris-
währung von Urlaub und das Nutzen von im
                                                                tig aktiviert werden können. Die Pandemie-
Betrieb zulässigen Arbeitszeitschwankungen.
                                                                phasen der WHO können dabei zur Orientie-
Davon umfasst ist, dass auch die Einstellung
                                                                rung herangezogen werden. Folgende Rege-
von „Minusstunden“ verlangt werden kann,
                                                                lungen bieten sich an:
sofern diese tarifvertraglich, aufgrund einer
Betriebsvereinbarung oder einer arbeitsver-                     ▪   Sachlicher Geltungsbereich: Sämtliche
traglichen Regelung durch den Arbeitgeber                           Maßnahmen, die im Zusammenhang mit
angeordnet werden können.                                           dem Auftreten einer Pandemie zum
                                                                    Schutz vor Beeinträchtigungen von Leben
Weiter müssen die Mindesterfordernisse er-
                                                                    und Gesundheit der Mitarbeiter erforder-
füllt sein: Im jeweiligen Kalendermonat (An-
                                                                    lich sind.
spruchszeitraum) müssen mindestens ein
Drittel der im Betrieb beschäftigten Arbeitneh-                 ▪   Die Ansteckungsgefahr durch Verhaltens-
merinnen und Arbeitnehmer von einem Ent-                            regeln reduzieren: Tragen von Schutz-
geltausfall von jeweils mehr als 10 Prozent ih-                     masken, Tragen von Schutzkleidung, re-
res monatlichen Bruttoentgelts betroffen sein;                      gelmäßiges Desinfizieren der Hände,
der Entgeltausfall kann auch jeweils 100 Pro-                       Wechseln der Kleidung beim Betreten
zent des monatlichen Bruttoentgelts betra-                          des Betriebes, etc.
gen.
                                                                ▪ Es sollte vereinbart werden, dass der Ar-
Zur Beantragung des Kurzarbeitergeldes                            beitgeber seinen Arbeitnehmern im Falle
zeigt der Arbeitgeber im Bedarfsfall den an-                      einer Pandemie auch solche Arbeiten zu-
stehenden Arbeitsausfall bei der örtlich zu-                      weisen darf, die vertraglich nicht geschul-
ständigen Agentur für Arbeit an. Nähere Infor-                    det sind. Insofern kann sein Weisungs-
mationen über das Verfahren und Videoanlei-                       recht in örtlicher, zeitlicher und sachlicher
tungen sind auf der Seite https://www.ar-                         Hinsicht konkretisiert werden (Versetzun-
beitsagentur.de/unternehmen/finanziell/kurz-                      gen, Überstunden, Vertretungsregeln).
arbeitergeld-arbeitgeber-unternehmen zu fin-
                                                                ▪   Anordnung von Kurzarbeit; ggf. auch von
den.
                                                                    mobiler Arbeit.
Darüber hinaus stehen die Agenturen für An-
                                                                ▪   Es kann festgelegt werden, in welchem
fragen und Beratungen zur Verfügung.
                                                                    Umfang Arbeitnehmer berechtigt sind,
Die Nummer der Servicehotline für Arbeitge-                         Überstunden abzubauen, unbezahlten
ber lautet 0800 45555 20.                                           Urlaub zu beantragen etc.
III. Vorbeugende Maßnahmen

                   Folgen einer Pandemie – 3. Neufassung 2020

                   2. März 2020                                                                              6
▪   Geltungsdauer: Die Betriebsvereinbarung                     diese Gebiete zu widersprechen. Das Aus-
    sollte ab dem Zeitpunkt des behördlich                      wärtige Amt spricht Reisewarnungen aus,
    festgestellten Pandemiefalls in Kraft tre-                  wenn generell vor Reisen in diese Regionen
    ten und solange fortbestehen, bis die                       gewarnt werden muss. Insofern werden auch
    Pandemiewarnung aufgehoben wird.                            die dort lebenden Deutschen aufgefordert,
                                                                das Land zu verlassen.
Darüber hinaus bieten sich Informations- und
Aufklärungsbroschüren zur allgemeinen Infor-                    Hält sich der Arbeitnehmer bereits im Aus-
mation der Mitarbeiter an. Arbeitgeber sollten                  land auf, so sind die Ausführungen zu den
stets auf ausreichende Hygienemaßnahmen                         Arbeitsverhältnissen in Deutschland über-
bei den betrieblichen Abläufen achten. Um                       tragbar: Dem Arbeitnehmer steht kein gene-
das Risiko von Pandemien möglichst gering                       relles Zurückbehaltungsrecht zu. Es obliegt
zu halten, empfiehlt sich eine enge Zusam-                      dem Arbeitgeber, einzelne Arbeitnehmer in
menarbeit mit den zuständigen Gesundheits-                      Ausnahmefällen (bei einer unmittelbaren Ge-
behörden.                                                       fahr für Leben oder Gesundheit) von ihrer
                                                                Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung zu
IV. Arbeitnehmerentsendung
                                                                entbinden.
Grundsätzlich bleibt die Arbeitsleistung auch
                                                                Etwas anderes kann im Falle einer Reise-
in Territorien möglich, die in nennenswertem
                                                                warnung des Auswärtigen Amts gelten. Er-
Umfang von Ansteckungskrankheiten betrof-
                                                                streckt sich die Warnung auf eine Region o-
fen sind. Auch insoweit sollte geprüft werden,
                                                                der ein Land, in dem der Arbeitnehmer seine
ob eine Entsendung in das Ausland, insbe-
                                                                arbeitsvertraglich geschuldete Leistung er-
sondere wenn dieses besonders von der Epi-
                                                                bringt, kann dessen Pflicht zur Arbeitsleis-
demie oder Pandemie betroffen ist, unum-
                                                                tung im Einzelfall nach § 273 Abs.1 BGB ent-
gänglich ist. Selbst wenn ein einseitiges Zu-
                                                                fallen. Dabei kommt es darauf an, ob die ar-
rückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers
                                                                beitsvertragliche Tätigkeit vom Schutzzweck
nicht besteht, kann es sich bei Entsendung in
                                                                der Reisewarnung erfasst wird. Dies kann z.
massiv betroffene Gebieten anbieten, auf
                                                                B. an Orten mit erhöhtem Reise- und Publi-
eine Dienstreise oder einen längeren Einsatz
                                                                kumsverkehr wie Flughäfen und Bahnhöfen
in diesen Regionen zu verzichten. Anste-
                                                                angenommen werden. Nur dort ist der Arbeit-
ckungsgefahren können nicht nur von dem
                                                                nehmer den gleichen Gesundheitsgefahren
Einsatz vor Ort, sondern insbesondere auch
                                                                wie im Falle einer Entsendung ausgesetzt
von der Reise ausgehen, soweit sich die Nut-
                                                                und die Leistungserbringung unzumutbar.
zung stark frequentierter öffentlicher Ver-
kehrsmittel (z. B. von Flugzeugen oder der                      Ob für Arbeitnehmer, die sich bereits im Aus-
Bahn) nicht umgehen lässt.                                      land aufhalten, ein Anspruch auf vom Arbeit-
                                                                geber finanzierte Rückkehr besteht, hängt
1. Zurückbehaltungsrecht
                                                                ebenfalls vom Einzelfall ab. Dabei kommt es
Arbeitnehmern steht im Fall der Entsendung                      z. B. auf die geplante Aufenthaltsdauer des
in ausländische Gebiete, in denen das Virus                     Arbeitnehmers und die Perspektive im Hin-
auftritt, grundsätzlich kein Zurückbehaltungs-                  blick auf die Ausbreitung der Krankheit in den
recht zu. Ein Zurückbehaltungsrecht besteht                     entsprechenden Regionen an.
nach § 273 Abs.1 BGB nur ausnahmsweise,
                                                                Ein bloßer Sicherheitshinweis des Auswärti-
soweit die Leistung dem Arbeitnehmer unzu-
                                                                gen Amtes genügt nicht zur Annahme eines
mutbar ist. Dazu muss die Erbringung der Ar-
                                                                Zurückbehaltungsrechts des Arbeitnehmers
beitsleistung unter Umständen erfolgen, die
                                                                nach § 273 Abs.1 BGB. Sicherheitshinweise
für den Arbeitnehmer mit erheblichen Gefah-
                                                                machen auf länderspezifische Risiken für
ren für Leben oder Gesundheit einhergehen.
                                                                Reisende und Deutsche im Ausland auf-
Solange keine Reisewarnung des Auswärti-
                                                                merksam und enthalten lediglich die Empfeh-
gen Amtes vorliegt, ist dies regelmäßig nicht
                                                                lung, von Reisen in diese Regionen Abstand
der Fall.
                                                                zu nehmen. Dies ist zur Begründung eines
Soweit für einzelne Länder oder Regionen                        Zurückbehaltungsrechts oder eines An-
eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes                         spruchs auf Rückholung nicht ausreichend.
vorliegt, können Arbeitnehmer ausnahms-
weise berechtigt sein, einer Entsendung in

                   Folgen einer Pandemie – 3. Neufassung 2020

                   2. März 2020                                                                             7
2. Entgeltfortzahlungsanspruch
Der Arbeitnehmer behält seinen vertragli-
chen Vergütungsanspruch nur, wenn er die
Reise berechtigterweise nicht antritt. Der Ar-
beitgeber kann diesem Arbeitnehmer dann
aufgrund seines Direktionsrechts eine an-
dere Arbeit zuweisen.
Hält sich der Arbeitnehmer bereits im Aus-
land auf und ist infolge der Krankheit arbeits-
unfähig, so hat er Anspruch auf Fortzahlung
der Vergütung nach § 3 Abs.1 EFZG, sofern
dessen Voraussetzungen erfüllt sind.
3. Leistungen der Unfallversicherung
Versicherungsschutz besteht, wenn Versi-
cherte von ihrem Arbeitgeber ins Ausland ent-
sendet werden bzw. entsandt worden sind
und dort aufgrund ihrer grundsätzlich versi-
cherten Tätigkeit einer besonderen Gefahr
ausgesetzt sind oder waren, z. B. weil sie ihre
Tätigkeit in einem Katastrophen- oder auch
Infektionsgebiet ausüben und sich insofern
der damit einhergehenden Gefährdung nicht
entziehen können. Die Voraussetzungen sind
jeweils im Einzelfall zu prüfen.

Ansprechpartner:

BDA | DIE ARBEITGEBER
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeber-
verbände

Arbeits- und Tarifrecht
arbeitsrecht@arbeitgeber.de
T +49 30 2033-1200

Arbeitsmarkt
arbeitsmarkt@arbeitgeber.de
T +49 30 2033-1400

Soziale Sicherung
soziale.sicherung@arbeitgeber.de
T +49 30 2033-1600

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