Cash-Pools: Eine juristische Gratwanderung - Cash-Management-Systeme zwischen effizienter Innenfinanzierung und Kapitalschutz
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Erschienen in: Krisen-, Sanierungs- und Insolvenzberatung (KSI), Heft 3/06, Seite 100-105 KSI 3/06 100 Finanzierung über Cash-Pools 2. Juristische Bewertung von Cash-Pools: Eine juristische Cash-Pools Gratwanderung 2.1 Einordnung als Darlehen und Kapitalschutz Durch das Cash-Pooling entstehen zwi- Cash-Management-Systeme zwischen effizienter schen den Konzerngesellschaften und dem Pool-Führer Darlehensverträge. Leitet die Innenfinanzierung und Kapitalschutz Tochtergesellschaft Barmittel an den Pool- Führer weiter, wird die Tochtergesellschaft Rechtsanwalt Dr. Olaf Müller-Michaels1 Darlehensgläubiger und der Pool-Führer Darlehensschuldner (sog. Upstream Loans). Umgekehrt ist der Pool-Führer Darlehens- Der BGH hat die Regeln für die Finanzierung über Cash-Pools drastisch gläubiger und die Tochtergesellschaft Dar- lehensschuldner, wenn der Pool-Führer verschärft. Dem Kapitalschutz wird Vorrang vor einer effizienten Konzern- dem Tochterunternehmen Liquidität zur innenfinanzierung eingeräumt. Die neuere Rechtsprechung läuft darauf Verfügung stellt (sog. Downstream Loans). hinaus, dass Cash-Pool-Systeme nur noch aus dem freien Eigenkapital her- Die Salden und damit die Frage, wer wem aus betrieben werden dürfen. Eine Ausnahme gilt lediglich im Vertrags- ein Darlehen gibt, können sich täglich än- konzern. Nicht ausgeschlossen ist, dass der Gesetzgeber mit der geplanten dern. Reform des GmbH-Rechts den Unternehmen wieder sicheren Boden unter Wo aber ist das juristische Problem? Übli- den Füßen verschafft. cherweise handelt es sich bei den am Cash- Pool teilnehmenden Gesellschaften um Kapi- talgesellschaften. Bei der GmbH ist die Aus- schüttung von Stammkapital an den Gesell- schafter unzulässig (§ 30 GmbHG). Ist die Pool-Gesellschaft eine AG, verbietet § 57 1. Was sind Cash-Pools? AktG darüber hinaus jede Ausschüttung an den Aktionär außerhalb des Bilanzgewinns. Cash-Pools sind ein Instrument der Innen- finanzierung von Konzernen. Die Barmit- Lange war man davon ausgegangen, dass diese Kapitalerhaltungs- tel, die auf den Konten der Konzernunter- vorschriften auf Cash-Pool-Systeme nur in Ausnahmefällen an- nehmen eingehen, werden täglich auf ein wendbar sind. Denn bilanziell handelt es sich bei der Vergabe eines zentrales Konto des Pool-Führers, üblicher- Darlehens nicht um eine Ausschüttung, sondern um einen neutralen weise der Konzernobergesellschaft, bei ei- Aktivtausch. Kassenbestand oder Guthaben bei Kreditinstituten der ner Bank weitergeleitet und dort gebün- Tochtergesellschaft werden zu einer Forderung in gleicher Höhe delt. Umgekehrt stellt der Pool-Führer den gegen den Pool-Führer. Kritisch wurde das Ganze nur dann, wenn Konzernunternehmen bei Bedarf Liquidi- die Forderung gegen den Pool-Führer nicht mehr voll werthaltig tät zur Verfügung. Dadurch wird vermie- war, also nicht in gleicher Höhe hätte eingebucht werden dürfen. Das den, dass bei einem Konzernunternehmen System funktionierte also so lange, wie der Pool-Führer noch kre- niedrig verzinste Liquidität vorhanden ist, ditwürdig war. während ein anderes Konzernunternehmen teureres Fremdkapital bei einer Bank auf- 2.2 Abkehr des BGH von bilanzieller Betrachtungsweise nehmen muss. So sinken die Finanzierungs- kosten für den Konzern. Wegen der höhe- 2.2.1 Urteil vom 24. 11. 2003: Forderung nach liquider ren Anlagevolumina erreicht der Pool- Haftungsmasse Führer gleichzeitig eine bessere Verzinsung Dieser bilanziellen Betrachtungsweise ist der BGH in einer viel be- der bei ihm gebündelten Liquidität. Das achteten Entscheidung aus dem Jahr 2003 entgegengetreten3. Ver- Cash-Pooling führt also sowohl auf der mögensschutz, so der BGH, erschöpft sich nicht in der Garantie einer Soll- als auch auf der Habenseite zu einer effizienteren Konzernfinanzierung. Tech- nisch wird dies regelmäßig dadurch er- reicht, dass die Bargeldkonten der Konzern- 1 Dr. Olaf Müller-Michaels ist Partner der eingetragenen Partnerschaft Hölters & Elsing, Düsseldorf. gesellschaften täglich zugunsten des Pool- 2 Zu den Möglichkeiten des Cash-Pooling siehe detailliert: Reidenbach, WM 2004 Führers auf Null gestellt werden (sog. Zero S. 1421, 1423. Balancing)2. 3 BGH v. 24. 11. 2003 – II ZR 171/01, BGHZ 157 S. 72. © Erich Schmidt Verlag GmbH & Co., Berlin 2006
Erschienen in: Krisen-, Sanierungs- und Insolvenzberatung (KSI), Heft 3/06, Seite 100-105 Finanzierung über Cash-Pools KSI 3/06 101 Die Kapital- aufbringung im Konzern unter- liegt strengen BGH-Regeln. bilanzmäßigen Rechnungsziffer, sondern 2.2.2 Urteile vom 16. 1. 2006: Kein Sonderrecht für gebietet die Erhaltung einer die Stammkapi- Cash-Pools talziffer deckenden Haftungsmasse. Nach Diese strenge Linie hat der BGH in seinen jüngsten Entscheidungen Sinn und Zweck des § 30 GmbHG solle das zu Cash-Pools vom 16. 1. 2006 weiter ausgebaut4. Während sich das Vermögen der Gesellschaft bis zur Höhe des Urteil aus dem Jahr 2003 mit der Kapitalerhaltung befasste, ist Ge- Stammkapitals dem Zugriff der Gesellschaf- genstand der neuen Urteile, die zwei Parallelfälle betreffen, die Ka- ter entzogen werden. Mit diesem Ziel sei es pitalaufbringung im Konzern. Bei der Kapitalaufbringung geht es nicht vereinbar, wenn die Gesellschafter der um die Frage, wie und in welcher Weise bei einer Kapitalerhöhung GmbH zu Lasten des gebundenen Gesell- die erforderlichen neuen Einlagen zur Verfügung gestellt werden. schaftsvermögens Kapital entziehen könn- Nach § 57 Abs. 2 Satz 1 GmbHG kommt es darauf an, dass der Ge- ten und der GmbH im Austausch für das fort- genstand der Leistungen sich endgültig in der freien Verfügung der gegebene reale Vermögen nur ein zeitlich hi- Geschäftsführer befindet. Genau dies ist bei Cash-Pool-Systemen nausgeschobener schuldrechtlicher Rückzah- das Problem. lungsanspruch verbliebe. Bei einer Unterbilanz der Gesellschaft sei deshalb, so der BGH, ge- So hatten im vom BGH entschiedenen Fall die Gesellschafter extra genüber den Gesellschaftern nicht nur der für die Kapitalerhöhung ein Termingeldkonto außerhalb des Cash- bilanzielle Wert des Gesellschaftsvermögens Pools eingerichtet. Auf dieses Termingeldkonto zahlten sie ihre Bar- zu wahren, sondern auch dessen reale Sub- einlagen. Einen Monat später, unmittelbar nach Eintragung der Ka- stanz zusammenzuhalten und vor einer Auf- pitalerhöhung im Handelsregister, wurden die Einlagen allerdings spaltung in schuldrechtliche Ansprüche ge- auf ein in den Pool einbezogenes Konto der Gesellschaft überwiesen. gen die Gesellschafter zu schützen. Dort wurden sie – entsprechend der Cash-Pool-Abrede – am Schluss des gleichen Tages zugunsten der Pool-Führerin abgebucht und das Damit hat der BGH ein grundsätzliches Ver- Konto der Gesellschaft „auf Null gestellt“. Der Insolvenzverwalter bot der Gewährung von Darlehen aus dem über das Vermögen der Gesellschaft klagte auf Zahlung der Barein- zur Deckung des Stammkapitals nötigen lagen an die Schuldnerin. Das Landgericht hatte die Klagen abge- Vermögen an den Gesellschafter geschaffen. wiesen; das Berufungsgericht hatte ihnen im Wesentlichen stattge- Ob Ausnahmen möglich sind, lässt der BGH geben. offen. In jedem Fall müssen aber, so der BGH, folgende Kriterien erfüllt sein: Der BGH wies die Revision der Beklagten zurück. Die Einlagebeträge seien nicht, wie es im GmbHG gefordert sei, zur freien Verfügung der Die Darlehensvergabe muss im Interesse Geschäftsführer der Gesellschaft geleistet worden. Vielmehr sei der der Gesellschaft liegen, gesamte Vorgang als ein verrechnungsähnliches Hin- und Herzahlen die Darlehensbedingungen müssen dem zu werten, bei dem der Gesellschaft wirtschaftlich lediglich die teil- Drittvergleich standhalten und weise Befreiung von Verbindlichkeiten gegenüber dem Pool-Führer die Kreditwürdigkeit des Gesellschafters zugeflossen sei. Ein Sonderrecht für Cash-Pools lehnt der BGH aus- muss selbst bei Anlegung strengster Maß- drücklich ab. stäbe außerhalb jeden vernünftigen Zwei- fels stehen oder Die Anwendung der Regeln über die verdeckte Sacheinlage und der die Rückzahlung des Darlehens muss Grundsatz der effektiven Kapitalaufbringung seien nicht etwa des- durch werthaltige Sicherheiten voll ge- halb suspendiert, weil die Kapitalerhöhung im Rahmen eines Cash- währleistet sein. Pool-Systems stattgefunden habe. Auch die in ein Cash-Pool-Sys- tem einbezogenen GmbH unterliegen – ohne dass ein „Sonderrecht“ Gerade dann, wenn die Kapitalerhaltungs- für diese Art der Finanzierung anerkannt werden könnte – bei der vorschriften relevant werden, nämlich im Gründung und der Kapitalerhöhung den Kapitalaufbringungsvor- Vorfeld einer Insolvenz, dürften diese Krite- schriften des GmbH-Gesetzes und den dafür von der Rechtsprechung rien selten erfüllt sein. Denn in einer finan- entwickelten Grundsätzen. Dies sei im Übrigen auch den an der Ka- ziellen Krise des Konzerns dürfte die Dar- pitalerhöhung Beteiligten bewusst gewesen. Nur deswegen hätten lehensgewährung schon nicht im Interesse sie es für erforderlich gehalten, die Einlagen nicht sogleich auf ein der Konzerngesellschaft liegen. Außerdem Konto im Cash-Pool, sondern zunächst auf ein Termingeldkonto au- dürften sich erhebliche Zweifel an der Kre- ßerhalb des Cash-Pools einzuzahlen. ditwürdigkeit des Pool-Führers ergeben. Schließlich stellte der BGH auch fest, dass die Einlage auch nicht Freie Sicherheiten dürften erst recht nicht durch die Gewährung erneuter „Auszahlungen“ in Form weite- vorhanden sein. Im Regelfall bleibt es also rer Darlehen nachträglich geleistet wurde. Das ständige automati- bei dem generellen Verbot, Darlehen an den Gesellschafter zu gewähren, wenn dies aus dem zur Deckung des Stammkapitals erfor- 4 BGH v. 16. 1. 2006 – II ZR 75/04 und 76/04, vgl. dazu erste Stellungnahme von derlichen Vermögen geschieht. Müller-Michaels, FB-NEWS 2/06 S. 8. © Erich Schmidt Verlag GmbH & Co., Berlin 2006
Erschienen in: Krisen-, Sanierungs- und Insolvenzberatung (KSI), Heft 3/06, Seite 100-105 Folgerungen für KSI 3/06 102 Finanzierung über Cash-Pools die Finanzierung der GmbH als Cash-Pool-Teil- nehmer. sche Zero-Balancing im Rahmen des Cash- Fall B Fall C Management-Systems lasse eine klare Zu- AV = 600 SK = 200 AV = 500 SK = 100 ordnung zu der noch ausstehenden Einlage- K = 100 FE = 0 CF = 100 FE = 100 schuld nicht einmal ansatzweise erkennen. V = 500 K = 100 V = 500 Man kann sich also auch nicht darauf be- rufen, dass zwischenzeitlich ein positiver In Fall A kann der Kassenbestand von 100 000 € an den Cash-Pool- Saldo zugunsten der Gesellschaft, bei der Führer als Darlehen abgeführt werden. Das Nettovermögen beträgt das Kapital erhöht wurde, bestand. 200 000 € (700 000 € gesamtes Aktivvermögen – 500 000 € Verbind- lichkeiten). Werden 100 000 € in eine Forderung gegen einen Gesell- 3. Folgerungen für die Praxis schafter umgewandelt, bleiben immer noch 100 000 €, um das Stamm- kapital in gleicher Höhe abzudecken. 3.1 GmbH als Cash-Pool-Teilnehmer In Fall B ist eine Darlehensvergabe des Kassenbestands dagegen 3.1.1 Darlehensgewährung nur aus nicht möglich. Das Nettovermögen von 200 000 € entspricht genau Nettovermögen dem Stammkapital. Eine Reduzierung des Kassenbestands zuguns- Die Urteile des BGH betreffen die GmbH ten einer mit Null zu bewertenden Forderung gegen den Cash-Pool- unmittelbar. Aus beiden lässt sich die Aus- Führer würde dazu führen, dass kein ausreichendes Nettovermögen sage ableiten, dass mindestens in Höhe des mehr zur Abdeckung des Stammkapitals vorhanden wäre. Stammkapitals liquide Haftungsmasse vor- Vereinfacht kann man aus diesen beiden Beispielen ableiten, dass die handen sein muss. Bei Unterbilanz der Ge- Weiterleitung von Barmitteln als Darlehen an den Cash-Pool-Führer sellschaft ist demnach die Begründung neuer nur zulässig ist, soweit und solange noch freies Eigenkapital (freie oder Vergrößerung bestehender Darlehens- Rücklagen und laufender Gewinn) existiert. ansprüche gegen den Cash-Pool-Führer un- zulässig. Dies gilt wie oben gesehen unab- Diese Regel greift jedoch nicht mehr ohne weiteres, wenn die Gesell- hängig davon, ob der Gesellschafter kredit- schaft dem Cash-Pool-Führer bereits Darlehen eingeräumt hat. Dies würdig ist und ob das Darlehen marktüblich zeigt sich an Fall C. Das Nettoaktivvermögen beträgt wiederum verzinst ist. Barmittel der am Cash-Pool teil- 200 000 €. Das Stammkapital beträgt nur 100 000 €, so dass eine nehmenden GmbH dürfen also nur insoweit Umwandlung des Kassenbestands in eine Darlehensforderung ge- an den Pool-Führer weitergeleitet werden, genüber dem Gesellschafter möglich erscheint. Hier ist jedoch zu wie die Gesellschaft über Nettovermögen beachten, dass bereits eine Forderung in Höhe von 100 000 € gegen verfügt. Das Nettovermögen berechnet sich den Cash-Pool-Führer besteht. Diese kann bei der Berechnung des aus der Differenz zwischen Aktivvermögen Nettoaktivvermögens nicht berücksichtigt werden. Denn der BGH und Verbindlichkeiten. Dabei sind die übli- legt in seinem Urteil vom 24. 11. 2003 eindeutig fest, dass die reale chen handelsrechtlichen Bewertungsmetho- Substanz des Vermögens zusammenzuhalten und vor einer Aufspal- den anzuwenden. Stille Reserven dürfen tung in schuldrechtliche Ansprüche gegen die Gesellschafter zu nicht berücksichtigt werden5. Darlehensfor- schützen ist. Das Aktivvermögen ohne solche schuldrechtlichen An- derungen gegen den Cash-Pool-Führer oder sprüche gegen den Gesellschafter reicht aber nicht mehr aus, um andere Konzerngesellschaften sind mit Null weitere Cash-Pool-Darlehen der GmbH zu ermöglichen. zu bewerten6. Die Regel, dass Cash solange an den Pool-Führer abgeführt werden kann, wie freies Eigenkapital vorhanden ist, ist also zu modifizie- 3.1.2 Beispiele ren. Vom freien Eigenkapital sind die bereits zugunsten des Cash- Dazu drei Beispiele (Beträge = Tsd. €): Pool-Führers bestehenden Darlehen abzuziehen7. Nur aus dem ver- bleibenden Betrag dürfen Cash-Leistungen an den Pool-Führer er- AV = Aktivvermögen (ohne Kasse und folgen. Cash-Pool-Forderungen) CF = Cash-Pool-Forderung K = Kasse 3.1.3 Folgerungen und Kritik SK = Stammkapital + gesetzliche Rücklagen Bei jeder am Cash-Pool beteiligten GmbH muss demzufolge re- FE = Freies Eigenkapital gelmäßig überprüft werden, ob – unter Berücksichtigung des Dar- V = Verbindlichkeiten und Rückstel- lehenssaldos mit dem Pool-Führer – noch ausreichend freies Eigen- lungen Fall A 5 Roth/Altmeppen, GmbHG, 5. Aufl. 2005, § 30 Rn. 11. AV = 600 SK = 100 6 OLG München v. 24. 11. 2005 – 23 U 380/05, ZIP 2006 S. 25, 26, nicht rechts- K = 100 FE = 100 kräftig, Revision beim BGH anhängig. 7 OLG München, a. a. O. (Fn. 6); Schilmar, DStR 2006 S. 568, 573. © Erich Schmidt Verlag GmbH & Co., Berlin 2006
Erschienen in: Krisen-, Sanierungs- und Insolvenzberatung (KSI), Heft 3/06, Seite 100-105 Finanzierung über Cash-Pools KSI 3/06 103 Den Geschäfts- führern der am Cash-Pool teil- nehmenden Toch- tergesellschaften droht neben der zivilrechtlichen auch eine straf- kapital vorhanden ist. Ist dies nicht mehr 3.1.4 Strafrechtliche Sanktionen der Fall, darf das Unternehmen kein Cash rechtliche Verfol- In jedem Fall sollten bestehende Cash-Pool-Systeme intensiv auf mehr an den Pool-Führer weiterleiten. Ferner gung. ihre Vereinbarkeit mit der neuen BGH-Rechtsprechung überprüft ist ein schriftliches Vertragswerk zu erstellen, werden. Denn neben zivilrechtlichen Ansprüchen (§ 43 Abs. 3 GmbHG) das diesen Grundsätzen Rechnung trägt8. droht den Geschäftsführern der am Cash-Pool teilnehmenden Toch- Diese Rechtsprechung stellt hohe Anforde- tergesellschaften auch eine strafrechtliche Verfolgung. rungen an die Praxis. Zu Recht weisen Teile Nach der Bremer Vulkan Entscheidung des 5. Strafsenats des BGH der rechtswissenschaftlichen Literatur da- vom 13. 5. 2004 kann eine strafbare Untreue (§ 266 StGB) vorliegen, rauf hin, dass eine solche Diskriminierung wenn innerhalb eines Cash-Management-Systems Vermögenswerte konzerninterner Darlehen dem Bilanzrecht, in einem solchen Umfang ungesichert im Konzern angelegt werden, aber auch dem Gesellschaftsrecht fremd dass im Fall ihres Verlustes die Erfüllung von Verbindlichkeiten der sei9. Tochtergesellschaft oder deren Existenz gefährdet wäre15. Ein Ausweg könnte sein, das Verbot von Darlehenszahlungen erst dann greifen zu 3.1.5 Überlagerung durch konzernrechtliche Vorschriften lassen, wenn bereits eine Unterbilanz bei der Gesellschaft besteht10. In den Beispielen B Viel diskutiert wird die Frage, ob sich ein Ausweg aus den neu und C wäre dann eine Weiterleitung des aufgestellten Beschränkungen für Cash-Pool-Systeme aus den Cash-Bestands möglich. Unzulässig wäre sie konzernrechtlichen Vorschriften ergeben kann16. Bei der Aktien- nur, wenn das freie Eigenkapital bereits gesellschaft überlagern die Vorschriften über Unternehmensver- negativ ist, wenn also keine freien Rückla- träge (§§ 291 ff. AktG) die Kapitalerhaltungsvorschriften. Nach gen, sondern Verlustvorträge oder ein Bi- § 291 Abs. 3 AktG gelten Leistungen der Gesellschaft aufgrund lanzverlust vorhanden sind. Im Fall B etwa eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags nicht als wäre eine Weiterleitung des Kassenbestands Verstoß gegen die §§ 57, 58 und 60 AktG. Das heißt, die Ausschüt- an den Cash-Pool-Führer nach diesem Kon- tungssperre gilt im AG-Vertragskonzern nicht. Zum Ausgleich zept erst unzulässig, wenn das freie Ei- muss aber die herrschende Gesellschaft sämtliche Verluste der ab- genkapital –50 und die Verbindlichkeiten hängigen Gesellschaft übernehmen (§ 302 Abs. 1 AktG). Zwischen 550 wären. herrschendem und beherrschten Unternehmen wird eine Haftungs- einheit hergestellt. Diese Auffassung ist jedoch wegen des Schutzzwecks des § 30 GmbHG nicht haltbar. Diese Vorschriften gelten analog im GmbH-Vertragskonzern. § 30 Es kann keinen Unterschied machen, ob durch GmbHG ist in einem solchen Konzern aufgehoben. Damit fällt die eine Auszahlung eine Unterbilanz begrün- Rechtsgrundlage, auf die der BGH die Sperre für Cash-Pool-Zahlun- det oder vertieft wird11. Entscheidend ist, so gen bei Unterbilanz begründet, weg. Weiter gültig bleibt allerdings auch der BGH in seinem Urteil vom 24. 11. die These des BGH, dass bloße schuldrechtliche Ansprüche gegen 2003, dass das Vermögen der Gesellschaft den Gesellschafter nicht mit liquider Haftungsmasse gleichzusetzen bis zur Höhe des Stammkapitals dem Zugriff sind. Dieses Argument greift jedoch im Vertragskonzern zu kurz. der Gesellschafter entzogen werden muss12; Durch die Eintragung des Beherrschungsvertrags im Handelsregister dann sind aber Kredite der GmbH an Gesell- der abhängigen Gesellschaft (§ 294 AktG) ist das Abhängigkeitsver- schafter schon unzulässig, wenn die Valuta hältnis öffentlich. Die Gläubiger wissen, dass der Schutz des Stamm- dem zur Erhaltung des Stammkapitals erfor- kapitals der beherrschten Gesellschaft aufgehoben ist17. derlichen Vermögen entnommen würde13. Immerhin wird man die Rechtsprechung 8 OLG München, a. a. O. (Fn. 6). aber dahingehend verstehen können, dass 9 Siehe etwa kritisch: Hentzen, ZGR 2005 S. 480, 490 ff.; Fuhrmann, NZG 2004 die Nullbewertung von Forderungen gegen S. 552, 553 f.; Schilmar, a. a. O. (Fn. 7), S. 571 ff. den Gesellschafter nur für solche Forderun- 10 Hentzen, a. a. O. (Fn. 9), S. 489; Goette, ZIP 2005 S. 1481, 1484. 11 Dies entspricht der allgemeinen Meinung zu § 30, siehe z. B.: Lutter/Hommel- gen gilt, die ein Darlehenselement enthalten. hoff, GmbHG, 16. Aufl. 2004, § 30 Rn. 13; Roth/Altmeppen, GmbHG, 5. Aufl. Forderungen aus Lieferung und Leistung ge- 2005, § 30 Rn. 9. gen den Gesellschafter können weiter bei der 12 BGH, a. a. O. (Fn. 3), S. 75 f. Berechnung des Nettovermögens berück- 13 Stimpel, Festschrift 100 Jahre GmbH-Gesetz 1992, S. 335, 352; auf diesen Beitrag beruft sich der BGH mehrfach in seiner Entscheidung vom 24. 11. 2003. sichtigt werden14. Dies gilt nur dann nicht, 14 Stimpel, a. a. O. (Fn. 13), S. 352 f.; Bayer/Lieder, ZGR 2005 S. 133, 141 ff. wenn wie bei einem Darlehen eine Stundung 15 BGH v. 13. 5. 2004 – 5 StR 73/03, BGHSt. 49 S. 147; dazu jüngst Krause, JR 2006 erfolgt. Nur bei einer solchen Stundung ist S. 51. 16 Siehe z. B. Hentzen, a. a. O. (Fn. 9), S. 480, 506 ff.; Bayer/Lieder, a. a. O. das Element des „zeitlichen Hinausschie- (Fn. 14), S. 147 ff.; Reidenbach, WM 2004 S. 1421, 1423 ff.; Seidel, DStR 2004 bens“, auf das der BGH entscheidend abhebt, S. 1130, 1133 f. erfüllt. 17 Wie hier: Fuhrmann, NZG 2004 S. 552, 554. © Erich Schmidt Verlag GmbH & Co., Berlin 2006
Erschienen in: Krisen-, Sanierungs- und Insolvenzberatung (KSI), Heft 3/06, Seite 100-105 Ungeklärt ist, KSI 3/06 104 Finanzierung über Cash-Pools inwieweit Aktien- gesellschaften als Teilnehme- rinnen an Cash- Pools betroffen sind. Festzuhalten bleibt also, dass bei GmbH, die 3.2.2 Cash-Pool-Leistungen aus freien Rücklagen Objekt eines Beherrschungsvertrags sind, Dies entspricht der Theorie vom Aktivtausch, die vor dem BGH-Ur- Cash-Pool-Zahlungen möglich sind. Die teil vom 24. 11. 2003 auch bei der GmbH vertreten wurde. Der BGH Grenze liegt in der Existenzgefährdung der möchte jedoch diese „bilanzrechtliche“ Betrachtungsweise bei der GmbH18. Kapitalerhaltung und -aufbringung der GmbH nicht mehr gelten Im faktischen Konzern sind die Kapital- lassen. Fraglich ist, wie sich das auf die AG auswirkt. Der BGH hat erhaltungsvorschriften dagegen nicht sus- sich dazu noch nicht geäußert. Denkbar ist zweierlei: pendiert. Der faktische Konzern, also das Eine nicht durch Beherrschungsvertrag gebundene Aktiengesell- Bestehen eines Abhängigkeitsverhältnisses schaft kann nicht an Cash-Pool-Systemen teilnehmen. Da nach § 57 ohne Abschluss von Beherrschungsverträ- AktG das gesamte Kapital und nicht nur das Grundkapital gebunden gen, ist gerade die typische Situation in und vor Zersplitterung in schuldrechtliche Ansprüche gegen den Cash-Pool-Systemen. Zwar gibt § 311 Abs. 2 Aktionär zu schützen ist, ist die Einräumung von Darlehen an den AktG der Gesellschaft einen Ausgleichsan- Aktionär generell unzulässig22. spruch gegen schädigende Handlungen der herrschenden Gesellschaft. Diese Vorschrift Diese strikte Anwendung schießt allerdings über den vom BGH für ist jedoch nur auf Aktiengesellschaften, die GmbH bezweckten absoluten Schutz des Stammkapitals hinaus. nicht aber auf GmbH analog anwendbar19. Naheliegend ist es, die absolute Darlehenssperre wie bei der GmbH Im faktischen Konzern gilt die oben skiz- auf das Stammkapital, bei der AG auf das Grundkapital (und die zierte BGH-Rechtsprechung also ohne Ein- gesetzlichen Rücklagen) zu beschränken23. § 57 AktG würde damit schränkungen. nicht ausgehöhlt24. Bei Cash-Pool Leistungen, denen ausreichende freie Rücklagen gegenüberstehen, käme es weiterhin darauf an, dass das Darlehen marktübliche Konditionen hat. Die Beispiele in Ab- 3.2 Aktiengesellschaft als schn. 3.1.2 würden dann identisch bei der Aktiengesellschaft gelten. Cash-Pool-Teilnehmer Die BGH-Rechtsprechung betraf bisher nur 3.2.3 Überlagerung durch konzernrechtliche Vorschriften die Darlehensvergabe einer GmbH an ihren Ebenso wie bei der GmbH gilt auch bei der Aktiengesellschaft, dass Gesellschafter. Wie der Inhalt der Entschei- im Vertragskonzern Cash-Pool-Zahlungen ohne Rücksicht auf § 57 dungen auf eine Aktiengesellschaft als Teil- AktG zulässig sind. Das folgt aus § 291 Abs. 3 AktG, nach dem Leis- nehmerin an einem Cash-Pool zu übertragen tungen der Gesellschaft aufgrund eines Beherrschungs- oder eines ist, ist ungeklärt. Gewinnabführungsvertrags nicht als Verstoß gegen § 57 AktG gel- ten. In AG-Vertragskonzernen sind demnach wie bei der GmbH 3.2.1 § 57 AktG: Vermögensbindung Cash-Pool-Systeme bis zur Grenze der Existenzgefährdung zulässig. Nach § 57 Abs. 1 AktG dürfen den Aktionä- Umstritten ist die Lage im faktischen AG-Konzern. Hier ist eine AG ren die Einlagen nicht zurückgewährt wer- von einer anderen AG oder einer GmbH abhängig, ohne dass ein den. Abs. 3 bestimmt, dass vor Auflösung der Beherrschungsvertrag besteht. § 317 Abs. 1 AktG verpflichtet das Gesellschaft unter die Aktionäre nur der Bi- herrschende Unternehmen, Nachteile der abhängigen Gesellschaft lanzgewinn verteilt werden darf. Anders als auszugleichen. Nun könnte man argumentieren, dass § 317 Abs. 1 bei der GmbH (§ 30 GmbHG) ist das komplette insoweit § 57 AktG vorgeht. Danach wären Cash-Pool-Leistungen Eigenkapital und nicht nur das registrierte wie im Vertragskonzern erlaubt, sofern tatsächlich ein Nachteilsaus- Grundkapital vor Ausschüttungen an die Ge- gleich nach § 317 Abs. 1 AktG stattfindet25. sellschafter geschützt. Auch eine Leistung an den Aktionär aus den Aktiva, denen freie Diese Auffassung dürfte jedoch nicht haltbar sein. Denn auch bei Rücklagen gegenüberstehen, ist eine verbo- dem Anspruch aus § 317 Abs. 1 AktG handelt es sich lediglich um tene Einlagenrückgewähr, wenn sie nicht als einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Gesellschafter. Anders Verteilung von Bilanzgewinn oder anderwei- als beim Vertragskonzern besteht keine Publizität. Gläubiger können tig gerechtfertigt ist20. § 57 AktG bewirkt also eine über die Kapitalerhaltung hinausgehende 18 BGH v. 17. 9. 2001 – II ZR 179/99 – Bremer Vulkan, BGHZ 149 S. 10, Leitsatz 2; Vermögensbindung. Allerdings gilt auch hier Habersack/Schörnbrand, NZG 2004 S. 689, 690. grundsätzlich, dass die AG mit ihren Aktio- 19 BGHZ 95 S. 330, 340; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl. 2004, Anh. § 13 Rn. 16 m. w. N. nären wie mit jedem Dritten Geschäfte ma- 20 Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 57 Rn. 3. chen und entsprechende Leistungen erbrin- 21 Hüffer, a. a. O. (Fn. 20), Rn. 8 ff. gen kann. Darin liegt keine Einlagenrückge- 22 Cahn, Der Konzern 2004 S. 235, 243 f.; Seidel, a. a. O. (Fn. 16), S. 1132. 23 Henze, WM 2005 S. 717, 720 f. währ, weil die Leistung der AG durch eine 24 Bayer, in: Münchener Komm. z. AktG, 2. Auflage 2003, § 57 Rn. 133. Gegenleistung kompensiert wird, die der 25 So etwa Hentzen, a. a. O. (Fn. 9), S. 506 ff; Grothaus/Halberkamp, GmbHR 2005 Aktionär wie ein fremder Dritter erbringt21. S. 1317, 1318 f. © Erich Schmidt Verlag GmbH & Co., Berlin 2006
Erschienen in: Krisen-, Sanierungs- und Insolvenzberatung (KSI), Heft 3/06, Seite 100-105 Finanzierung über Cash-Pools KSI 3/06 105 Einrichtung von Cash-Pool- Systemen als unsichere Grat- wanderung? sich also nicht darauf einstellen, dass der sind Cash-Pool-Systeme bis zur Grenze der Existenzgefährdung zu- Kapitalschutz der Aktiengesellschaft auf- lässig. Durch einen solchen Vertragskonzern wird jedoch eine Haf- gehoben ist. Sofern keine freien Rücklagen tungseinheit kreiert, was diese Lösung für viele Konzerne unattrak- vorhanden sind, sind also Cash-Pool-Leis- tiv macht. Außerhalb des Vertragskonzerns sollten Cash-Pool-Sys- tungen der AG im faktischen Konzern un- teme nur aus dem freien Eigenkapital gespeist werden. Entspre- zulässig26. Es gilt das Gleiche wie bei der chende schriftliche Vereinbarungen sind notwendig. Bei einem GmbH. Zugriff auf das zur Deckung des Stammkapitals erforderliche Ver- mögen drohen Schadensersatz und strafrechtliche Sanktionen. Die 4. Zusammenfassung und Ausblick Problematik lässt sich dadurch abfedern, dass man das Stamm- bzw. Grundkapital der Konzerngesellschaften möglichst niedrig wählt Zusammenfassend lässt sich für die Praxis (Mindestkapital von 25.000 € für die GmbH und 50.000 € für die AG). Folgendes festhalten. Die neuere BGH-Recht- Möglicherweise wird das Thema auch durch die geplante Reform des sprechung macht die Einrichtung und den GmbH-Rechts entschärft. Diskutiert werden eine Herabsetzung des Betrieb von Cash-Pool-Systemen zu einer Mindestkapitals sowie Lockerungen des Kapitalschutzes. Gratwanderung. Am Sichersten ist, die Kon- zerngesellschaften über Beherrschungsver- träge an die Obergesellschaft zu binden. Dann 26 Ähnlich: Reidenbach, a. a. O. (Fn. 2), S. 1428. Daten & Fakten aus der Wirtschaft Wirkungen des Kontenabrufverfahrens Über 30 000 Limiteds in Deutschland verständigt (zum Gesetzentwurf vgl. unter www.bundesrat.de). Das zum 1. 4. 2005 durch das Gesetz zur För- Nach einer Studie der Universität Hamburg derung der Steuerehrlichkeit eingeführte steu- wurden im Zeitraum von November 2002 bis So sollen z. B. die steuerliche Buchführungs- erliche Kontenabrufverfahren hat sich nach Dezember 2005 bereits über 30 000 Limiteds pflichtgrenze von 350 000 € auf 500 000 € im April 2006 herausgegebener Mitteilung in Deutschland gegründet. Allerdings zeigt angehoben und damit etwa 150 000 Unter- des BMF „in der Praxis hervorragend be- die Analyse auch, dass 2600 Limiteds mit nehmen von umfänglichen Buchführungs- währt“. Zwischen dem 1. 4. 2005 und dem Verwaltungssitz in Deutschland bereits wie- pflichten befreit werden. In der Statistik des 31. 3. 2006 hat das Bundeszentralamt für der aufgelöst wurden; seit Ende 2002 wurden Produzierenden Gewerbes werden nur noch Steuern demnach 15 464 Kontenabrufe nach 2500 Insolvenzanträge gegen diese Limiteds Unternehmen mit mindestens 50 statt bis- § 93 Abs. 7 und 8 AO durchgeführt. Allein im gestellt. Ferner mangelt es den Limiteds an her 20 Beschäftigten erfasst. Damit werden März 2006 ist von dieser Möglichkeit in der Pflichterfüllung zur Offenlegung ihrer 25 000 von bisher 48 000 Unternehmen nur 2393 Fällen Gebrauch gemacht worden. Der Geschäftsdaten: Nach Untersuchungen von noch einmal jährlich befragt. Die Pflicht zur Bundesregierung liegen zwar keine Zahlen Schall/Westhoff von der Univ. Hamburg ha- Bestellung von Datenschutzbeauftragten wird darüber vor, in wie vielen Fällen durch einen ben nur 43 % der publizitätspflichtigen Li- auf Unternehmen reduziert, die mindestens Kontenabruf Steuerhinterziehungen oder miteds ihre Jahresabschlüsse rechtzeitig ein- 10 (bisher 5) mit Personendatenverarbeitung Leistungsmissbräuche aufgedeckt werden gereicht. Um hier gegenzusteuern, sind Ge- betraute Mitarbeiter beschäftigen. Zugleich konnten. Fest steht jedoch, dass auf diesem setzentwürfe in der Diskussion, die das er- wird auch Berufsgeheimnisträgern wie z. B. Weg eine Vielzahl bislang unbekannter Kon- forderliche Mindeststammkapital der GmbH Ärzten, Rechtsanwälten und Steuerberatern ten und Depots aufgedeckt werden konnte. auf 10 000 € (Entwurf BMJ) oder sogar nur gestattet, ggf. externe Datenschutzbeauf- Die Finanzämter haben dabei wertvolle Er- 2500 € (Entwurf NRW, s. Bericht auf S. 120) tragte zu bestellen. mittlungsansätze gewonnen. In Einzelfällen begrenzen wollen. Kontaktaufnahme mit den konnten mehrere 100 000 € durch Vollstre- Verfassern der Studie (Dr. Alexander Schall / Mittelfristig sollen mit dem Gesetzentwurf ckung eingenommen werden. Ebenso wich- Dr. André Westhoff) unter aow@aow.ch. spürbare Erleichterungen bei der Unterneh- tig ist nach Meinung des BMF die präven- mensgründung und -übertragung geschaf- tive Wirkung eines möglichen Kontenab- fen, z. B. durch eine Novelle des GmbH-Ge- Abbau bürokratischer Hemmnisse rufs. Das Bundesverfassungsgericht hatte setzes und eine Reform des Handels- und in seinem Beschluss vom 22. 3. 2005 deut- Dem vom Bundesministerium für Wirtschaft Unternehmensregisters. Im Umsatzsteuer- lich gemacht, dass die Kontenabrufmöglich- und Technologie vorgelegten Entwurf des recht wird die Summe verdoppelt, ab der keit ein geeignetes Mittel ist, um einen gleich- Ersten Gesetzes zum Abbau bürokratischer die Steuer nur auf tatsächlich vereinnahmte mäßigen – und aus Sicht des BMF gerech- Hemmnisse insbesondere in der mittelstän- Rechnungsbeträge zu entrichten ist (sog. Ist- teren – Vollzug der Steuergesetze zu ge- dischen Wirtschaft hat das Bundeskabinett Besteuerungsgrenze). Der Lohnsteuerjahres- währleisten. Der BFH halte die steuerliche am 25. 4. 2006 zugestimmt und sich auf ei- ausgleich des Arbeitgebers sowie die her- Kontenabrufmöglichkeit sogar für verfas- nen umfangreichen Katalog weiterer mit- kömmliche Lohnsteuerkarte sollen nach den sungsrechtlich geboten. telstandsfreundlicher Entlastungsregelungen Überlegungen im BMWi entbehrlich werden. © Erich Schmidt Verlag GmbH & Co., Berlin 2006
Sie können auch lesen