Wein, Architektur und Tourismus
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Landinfo 6/2010 Betrieb und Unternehmen Friedrich Lörcher, LVWO Weinsberg Wein, Architektur und Tourismus Baden-Württemberg hat als Tourismusland viel zu bieten, zum Beispiel sehr abwechslungsreiche Weinbauregionen mit herausragenden Landschaften. Kulinarische Besonderheiten, eine interessante Vielfalt von Rebsorten und verschiedene Weinspezialitäten ermöglichen den Gästen einmalige Erleb- nisse. Nicht alle Weinbauregionen nutzen ihr Potential aus, es besteht noch Entwicklungsbedarf. Auch die etablierten Reisegebiete müssen sich auf veränderte Verbraucherwünsche und Marktgege- benheiten einstellen und sich weiterentwickeln. Deutschland hat weltweit den Eine zentrale Rolle spielen dabei Dienstleistung sowie einfache Er- größten Importmarkt für Wein. Alle die Kommunen, da sie ihre Infra- reichbarkeit und Buchungsmög- Anbauregionen der Welt wollen ih- struktur und ihr touristisches Po- lichkeiten werden erwartet“. ren Wein nach Deutschland expor- tential mit einbringen können. tieren, der Wettbewerb am Wein- Kommunen, Weinwirtschaft, Land- Die Wein- und die Tourismusbran- markt ist knallhart. Gleichzeitig wirtschaft, Gastronomie, Hotellerie che müssen sich darauf einstellen. nimmt der Weineinkauf im LEH und Touristikgemeinschaften müs- Die Gemeinden können das unter- und Discount zu, die Kundenbin- sen an einem Strang ziehen. stützen, in dem sie sich an regio- dung an die heimischen Betriebe Durch deren Kooperation kann die nalen und lokalen Tourismuskon- nimmt ab. Kunden und potentiellen Attraktivität der Gemeinden und zepten beteiligen. Ein zentraler Kunden (Touristen) müssen daher der Regionen erheblich gesteigert Punkt dabei ist die Schaffung von in die Regionen geholt werden, werden. Vinotheken, die von mehreren Be- denn beim Weineinkauf am Regal teiligten unterhalten und genutzt spielen Emotionen ein sehr große werden können. Touristinformation Rolle. Da macht es einen sehr Zukunftstrends in der Vinothek mit Weinverkauf, großen Unterschied ob der Kunde Bewirtung und wechselnden Aus- schon einmal in der Weinbauregi- „Kreatives Reisen, d.h. Kultur er- stellungsthemen können perfekt on war oder nicht. Hat er dort an- leben, Wissen erweitern und Be- kombiniert werden. genehme Stunden oder Tage er- ziehungen pflegen, Weiterbil- lebt wird er eher nach dem Wein dungsangebote nutzen, authenti- verlangen. Außerdem kann durch sche Angebote erleben“, sind nach Vinotheken den Aufenthalt in den Weinregio- Aussage des Zukunftsforschers Matthias HORX Trends im Touris- Vinotheken spielen für die Ent- nen auch der Direkteinkauf beim wicklung eine besondere Rolle. Winzer angeregt werden und da- mus. Sie sind touristische Einrichtungen mit die Kundenbindung verbessert „Außerdem besteht ein hoher An- bei denen Touristinformation, werden. Die Betriebe der Wein- spruch an das Design und es sind Weinverkostung und Weinverkauf wirtschaft, der Gastronomie, der kreative Angebote mehr als Hei- angesiedelt sein können. Sie er- Hotellerie, die Gemeinden und die matabende gefragt. Leichter Ge- leichtern den Zugang zum Wein. Städte können davon profitieren. nuss und hohe Ansprüche an die Damit das alles funktioniert, sollte Abbildung 1: KuK in Dettelbach mit historischer Abbildung 2: KuK innen, die Vinothek. und moderner Architektur. 25
Betrieb und Unternehmen Landinfo 6/2010 die Vinothek selbst eine echte zept überarbeitet werden musste schaft. An sieben Tagen in der Sehenswürdigkeit sein. Wein und und das Kaltern das Potential zum Woche wird die Möglichkeit gebo- Architektur müssen dort in beson- prototypischen Weindorf hätte. ten, die Produkte der Kellerei Kal- derer Weise verschmelzen. Wenn Daraus wurde die Marke tern und ihrer Partner kennen zu dann noch Kunst und kulturelle "wein.kaltern" geschaffen. lernen, zu erwerben oder einfach Angebote dazukommen, ergibt nur etwas im Winecenter zu ver- das ganze eine Kommunikations- Das Konzept beinhaltet ein Corpo- weilen. einrichtung für Wein, Menschen, rate Design Konzept mit markan- Landschaft, Kultur und Genuss. tem Logo, ein Beschilderungskon- zept, gute Architektur, einen expo- Effekte der Architektur Ein gutes Beispiel ist die Vinothek nierten Weinweg mit Bezeichnun- in Iphofen, eine Investition der gen, das Weinhaus Punkt, Wein- Der Bilbao Effekt: „Eine Stadt, Stadt Iphofen in die touristische güter, das Kalterer Winecenter meist eine Kleine, die für Touristen Infrastruktur. Träger ist eine und viele Veranstaltungen. Design bislang wenig zu bieten hatte, baut GmbH, Gesellschafter sind Win- und Architektur spielen dabei eine sich ein gigantisches Bauwerk - zer, Kunsthandwerker, die Stadt herausragende Rolle. Kaltern ist und schon kommen die Besucher Iphofen, die Pächterin u.a.. Die Vi- moderner Architektur gegenüber in Scharen“. Frank O. GEHRY hat nothek ist verpachtet, die Tourist- aufgeschlossen. Junge, engagier- mit dem Guggenheim-Museum in information ist im kommunalen te und erfahrene, renommierte Ar- Bilbao einen Touristenmagneten Zuständigkeitsbereich geblieben. chitekten haben gleichermaßen geschaffen. Auch im Winzerdorf Auch im KuK (Kultur- und Kom- moderne Architektur auf höchstem La Rioja gelang ihm ein Sprung munikationszentrum) Dettelbach Niveau geschaffen, wie das Wein- nach vorne. Bisher war La Rioja finanzierte die Kommune den Neu- gut Manincor, die Bar "Zum Lusti- ein verschlafener Winzerort, dann und Umbau. Kombiniert sind dort gen Krokodil", das Weinhaus kam Frank O. Gehry und baute ein Touristinformation mit Schaufens- PUNKT, das Winecenter der Kelle- Hotel, das dem Wein huldigt. Ein ter der Region, das Museum Pilger rei Kaltern und das Seebad LIDO. weiterer Besuchermagnet war ent- & Wallfahrt, die Stadtbibliothek mit Der Wein prägt die Landschaft. Er standen, der Rioja Effekt war be- Mediathek, das Forum und die Vi- prägt aber auch die Architektur gründet. Diese Beispiele zeigen nothek. Die Stadt betreibt das und somit das Ortsbild. was Architektur bewegen kann. KuK, der Weinbauverein finanziert das Personal für die Vinothek. Das Winecenter der Kellerei Kal- tern ist direkt an der Südtiroler Was kann die Architektur Weinstraße gelegen. Das Gebäu- dazu beitragen ? Lokales Tourismuskon- de lebt vom Dialog mit dem alten Baubestand der Kellerei aus dem „Architektur ist Harmonie und Ein- zept: Beispiel Wein; Jahre 1911. Dazwischen öffnet klang aller Teile, die so erreicht Kaltern, Südtirol sich ein intimer Innenhof. Das an- wird, dass nichts weggenommen, Weinmacher, Touristiker, Bauern genehme Ambiente im Inneren zugefügt oder verändert werden und Vertreter des öffentlichen Le- lebt vom Spannungsfeld der In- könnte, ohne das Ganze zu zer- bens gründeten 1999 die Projekt- nenseiten des Gebäudekörpers stören.“(Leon Battista ALBERTI gruppe Weindorf Kaltern. Sie er- und der im Raum stehenden „De re aedificatoria“, 1452). Diese kannten, dass das Tourismuskon- skulpturalen Terrassen-Land- Aussage hat auch heute noch ihre Abbildung 3: Winecenter in Kalter mit moderner Abbildung 4: Winecenter in Kaltern mit markanter Innenarchitektur. Architektur. 26
Landinfo 6/2010 Betrieb und Unternehmen heimnis rund um den Ausbau erst- klassiger Weine besonders geeig- net. Jeder kann sich unter dem Begriff Château etwas vorstellen. Ein Beispiel dafür ist der Barrique- keller von Mouton Rothschild, der schon in den 1920iger Jahren mo- dern gebaut wurde und noch heu- te eine faszinierende Ausstrahlung hat. Im 20. Jahrhundert haben dann andere die Vorreiterrolle in der Architektur übernommen. Vor allem in Kalifornien, Österreich Italien und Spanien gibt es heraus- ragende Beispiele. Mit moderner Architektur und modernen Touris- muskonzepten geht man voran und hat schon viel erreicht. In Deutschland hat vor allem Ba- den-Württemberg mit dem Staats- Abbildung 5: Der Barriquekeller von Mouton Rothschild aus den weingut Weinsberg schon 1998/99 20iger Jahren: Klassisch, modern und zeitlos. wegweisend mit dem international ausgezeichneten Verkaufs- und Präsentationsraum die Vorreitrolle in der Weinarchitektur übernom- volle Gültigkeit. Der Anspruch ist analoger Vorgang der virtuell nur men. Auch sonst bewegt sich in groß, höhere Baukosten müssen unterstützt werden kann.“ der deutschen Weinwirtschaft und damit nicht verbunden sein. Bei den Gemeinden architektonisch der Planung muss sehr sorgfältig Das Ziel einer Architektur mit Mar- immer mehr, der Knoten ist aber mit dem Thema Architektur umge- kenstatus heißt: Die Zuneigung noch nicht geplatzt. Es gibt einige gangen werden. In der Praxis des der Kunden auf architektonischem herausragende Beispiele, oft wird Bauens wird dies oft nicht berück- Weg zu gewinnen. Derart geplante aber noch mit den Baustilen von sichtigt, beliebige austauschbare und realisierte Gebäude können gestern gearbeitet. Ein nachhalti- Gebäude sind die Folge. einen Bilbao oder Rioja Effekt ger Effekt kann damit nicht erreicht auch im „Kleinen“ auslösen. Da- werden. Das Bewusstsein für eine Architektur ist ein wichtiger Teil durch werden nicht nur die Betrie- Architektur mit Markencharakter ist des Corporate Design und kann be gestärkt, die ganze Region noch nicht bei allen vorhanden. dazu beitragen eine klare Unter- kann davon touristisch profitieren. Die Genehmigungsverfahren sind nehmensidentität zu schaffen. oft sehr mühsam und führen zu Wenn Funktionsbauten zu Symbo- Wettbewerbsnachteilen. len aufgewertet werden, dann wird Bordeaux - ein histori- aus Architektur Corporate Archi- sches Beispiel tecture. Eindeutige und klare Bau- Vorgehensweise bei der symbole können die Leistungsfä- Die Bordeaux Weingüter sind die Architekturplanung higkeit und Einzigartigkeit der Un- Vorläufer einer umfassenden regi- ternehmen betonen und ganze onalen Entwicklung und frühe Bei- Die folgenden Ausführungen gel- Regionen fördern. spiele für Corporate Identity, Cor- ten sowohl für Gebäude in den Be- porate Design und Architektur mit trieben der Weinwirtschaft, Vi- Hadi TEHERANI der Stararchitekt Markenstaus. Vor allem im 19. notheken usw. bringt es auf den Punkt: „Der Be- Jahrhundert entstand dort der ty- griff Corporate Architecture be- Vergessen Sie für eine Weile pische Château Stil. zeichnet Firmengebäude, die auf das, was Sie schon kennen! unterschiedliche Art und Weise ei- Ziel war es, mit Hilfe der Architek- Ideen sammeln. ne Verbindung zu einem bestimm- tur den Marktwert des Produktes ten Unternehmen herstellen. Die Wein zu veredeln und einzigartig Anregungen vor allem auch Architektur vermittelt kulturellen zu machen. von außerhalb der Weinwirt- Vorsprung der Marke und ist die schaft holen, in Boutiquen, wirksamste, dreidimensionale, Insbesondere die Lagerkeller mit Bars, Kaufhäusern, Banken, räumliche und emotionale Kom- ihren Barriques sind für eine kon- Firmen (Stil, Materialien, Be- munikation. Die Begegnung mit sequente Inszenierung von Alte- leuchtung usw.). der Marke am realen Ort bleibt ein rung, Würde, Tradition und Ge- 27
Betrieb und Unternehmen Landinfo 6/2010 Abbildung 6: Der Verkaufs- und Präsentations- Abbildung 7: Messestand „Wie wohnt der Wein“ In- raum des Staatsweingutes Weins- tervitis 2007/2010. berg. Analyse der Ist-Situation und In den Räumen einen schönen Anfrage beim Autor dieses Beitra- Beschreibung der zukünftigen Eingangsbereich schaffen, op- ges erhältlich). Ziele. tische Trennung von zum Bei- spiel der Laderampe. Sorgfältige Auswahl des Archi- Beispiel Staatsweingut tekten. Der vor Ort ist nicht im- Produktionsstätte Kellerei auch mer der Beste, eventuell einen für Besuchergruppen planen: Weinsberg Architekturwettbewerb aus- Stimmungsvolle Räume schaf- Im Staatsweingut Weinsberg wur- schreiben. fen, schöne Einblicke in andere de schon Mitte 1994 - noch vor Bereiche (Produktion, Dienst- dem Aufbruch in Österreich, Italien Klare Beschreibung des Auf- leistung) geben. und Spanien - die Entwicklung in trages, Erarbeitung zusammen den Bereichen Design und Archi- mit dem Architekten. Zum Naturprodukt Wein pas- tektur erkannt und umgesetzt. sende Baumaterialien wählen. Das Staatsweingut Weinsberg Wichtige Fragen für die Pla- Dekoration in den Verkaufs- wurde für seinen Verkaufs- und nung: und Präsentationsräumen Präsentationsraum mit einem in- muss zum Stil der Architektur ternationalen Design- und Archi- Passt das neue Gebäude oder der passen, kein Kitsch! tekturpreis ausgezeichnet. Dieser Umbau zu den anderen Gebäuden Optimales Beleuchtungskon- wurde in die bestehenden Lager- und wirken diese dennoch eigen- zept und Inszenierung in der räume aus den siebziger Jahren ständig? Kellerei, im Verkaufsraum, der integriert. Er schiebt sich nach Sü- Wird die Idee des Gebäudes er- Vinothek. den aus der Werkhalle und öffnet kennbar, wird ein Verkaufsraum sich als großzügiges Schaufenster auch als solcher wahrgenommen? Der Wein sollte im Mittelpunkt zur alten Villa und zum großen der Präsentation stehen, nicht Platz. Passt die Innenarchitektur zum die Dekoration. äußeren Erscheinungsbild? Durch die große Glasfassade wird In den Räumen auch Freiräu- der Verkaufsraum ein eigenstän- Diese Fragen sollten mit einem me schaffen (bessere Wirkung diger aber unaufdringlicher Be- eindeutigen Ja beantwortet wer- und Platz für themenbezogene standteil innerhalb der Gesamtan- den können. abwechselnde Präsentationen lage. Innen wird der Verkaufsraum schaffen). durch Möbel gegliedert, er bleibt Wichtige Punkte aber für den Besucher als ein Eindeutiges und interessantes Gastraum erlebbar. Bei den Mö- Durchsetzung eines klaren System der Kundenführung Baustils, keinen Stilmix vor- beln wird eine bewusst span- und Warenplatzierung schaf- nungsvolle aber dennoch zurück- nehmen. fen. haltende Kombination von Ahorn- Die schönste Plätze für die holz, Glas, Edelstahl und MDF- Diese Liste ist nicht vollständig Kunden, Touristen reservieren Platten eingesetzt. (weitere wichtige Punkte sind auf (Aussicht, Blick, Stimmung). 28
Landinfo 6/2010 Betrieb und Unternehmen Auf der Intervitis/Interfructa Messe wurden dadurch Winzer, Gastro- Das touristische Potential ist noch in Stuttgart 2010 hat das Thema nomen, Touristikgemeinschaften, nicht ausgeschöpft. Die Innovato- Wein, Design, Architektur und Gemeinden und Städte, die das ren werden die Nase vorne haben. Tourismus einen besonderen Platz Thema Wein, Architektur und Tou- eingenommen. Angesprochen rismus voranbringen wollen. Bedeutung des Themas Wein und Architektur: Fragen an den Architekten Franz-Josef Mattes, Heilbronn 1. Architektur und Wein wurden in den letzten Jahren weltweit von der Öffentlichkeit und der Presse entdeckt. In- ternational gibt es herausragende „WeinBauten“. Woher kommt diese Entwicklung, was macht das Thema für Winzer, Architekten, Kunden und Touristen so interessant? „Diese Entwicklung erleben wir auch in anderen Branchen, insbesondere bei hochwertigen Produkten. Ich glaube, dass dieser Trend die Folge der Öffnung von Märkten und eines größeren Wettbewerbs ist. Neue Mitbewerber treten auf, die die Kundschaft von der Qualität ihrer Produkte überzeugen wollen. Dies geschieht mit einem eigenständigen und authen- tischen Auftritt in Verbindung mit guter Qualität am überzeugendsten. Alle Anbieter müssen auf diese Entwicklung reagie- ren und gute Architektur als kulturelle Leistung bietet einen wertvollen Beitrag, eigene Identität zu schärfen und zu trans- portieren, gerade bei dem Kulturgut Wein. Der Kunde kann ganzheitlich angesprochen werden, das Erlebnis Wein wird um gute Architektur erweitert und dieses stimmige Erleben von gutem Wein in guter Architektur wird den Kunden enger an den Winzer binden und neue anspre- chen. “ 2. Auch die deutsche Weinwirtschaft hat das Thema Architektur entdeckt und es gibt einige gute Beispiele. Es wurde schon der 1. deutsche Weinarchitekturpreis ausgelobt. Wie beurteilen Sie die Entwicklung in Deutschland und die preisgekrönten Bauobjekte? „Das Bewusstsein für Architektur als wichtiger Baustein des Gesamtauftritts des Weingutes/der Genossenschaft ist bei den Winzern gewachsen. Gute Ergebnisse hat das Ergebnis des Architekturpreises Wein 2007 gezeigt, und zwar nicht nur bei Verkaufsräumen, sondern auch im Bereich der Produktion. Dieser Preis hat auch gezeigt, dass die Winzer die entscheidende Rolle spielen. Bei allen prämierten Vorhaben war ein- deutig festzustellen, dass die Winzer die Chance erkannt und bewusst ergriffen haben, um damit auch ihren Auftritt als Weingut zu verbessern. Diese Beispiele machen bereits Schule und es werden weitere preiswürdige Bauwerke folgen. Der Wettbewerb um die Gunst der Kunden wird dazu führen, dass sich jeder bauwillige Winzer mit Anspruch an einem einheitlichen und nachhaltigen Auftritt seines Betriebes an diesen prämierten Vorhaben messen lassen muss.“ 3. Es wird aber immer noch zu viel Belangloses gebaut, die Gebäude funktionieren zwar, hinterlassen bei den Weinkunden aber keine bleibenden Eindrücke. Was fehlt Ihrer Meinung nach noch? Was könnte besser gemacht werden ohne dabei die Kosten in die Höhe zu treiben? „Das Wichtigste ist die Idee für die Botschaft, die das Gebäude ausstrahlt. Ist diese Idee nicht da, kann das Gebäude auch nichts ausdrücken. Die Funktionen müssen natürlich stimmen, aber Pflichterfüllung von Funktionen reicht nicht. Wein wird ja auch nicht nur gekeltert, damit es den Wein gibt. Wein ist ein sinnliches Erlebnis und jeder gute Winzer hat Ambitionen. Was für den Wein gilt, gilt auch für die Architektur, in der Wein gekeltert wird, in der er reift, in der er verkostet und ver- kauft wird. Wenn also der Wille da ist etwas um zu bauen oder neu zu bauen, ist klar, dass Kosten entstehen werden. Na- türlich gibt es finanzielle Grenzen, aber deshalb ist es wichtig, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, die Kernbot- schaft, von der ich vorhin gesprochen habe. Geld für etwas Diffuses auszugeben ist verlorenes Geld. Auch hier gibt es Parallelen zum Weinbau.“ 4. Eine der schwierigsten Aufgaben ist sicherlich die Bestimmung einer Stilrichtung die zum Betrieb und den Personen passt. Wie können Winzer und Architekt vorgehen um einen passenden Stil zu finden? „Der Winzer sollte sich informieren über seinen Architekten und mit ihm das Gespräch suchen und umgekehrt genauso. Die Chemie muss stimmen, es muss und kann nicht immer Harmonie sein, aber Vertrauen, Respekt und Verständnis für- einander und die gegenseitige Arbeit ist wichtig. Der gute Architekt wird die „Stilfrage“ am Winzer, an seiner Person und Arbeit und natürlich an seinem Wein orientieren. Der Ort ist ein wesentlicher Aspekt, die Tradition oder ein Neubeginn könnte ein weiterer Ansatzpunkt sein. 29
Betrieb und Unternehmen Landinfo 6/2010 Es gibt meines Erachtens kein Patentrezept. Im Prozess der Planungs- und Bauphase wird der gemeinsame Weg gefun- den werden, mitunter ist das mühsam, auf jeden Fall ist es spannend und kann befruchten und anfeuern. Ein guter Bau- herr und ein guter Architekt begreifen dieses gemeinsame Suchen und Finden als Chance. Wichtig ist, dass der angesto- ßene Prozess mit dem fertigen Bauwerk nicht endet, sondern sich immer weiter entwickelt und auf den gesamten Betrieb ausstrahlt.“ 5. Sie haben speziell für die Messe Intervitis zusammen mit der Staatl. Lehr- und Versuchsanstalt für Weinbau Weinsberg einen Messestand zum Thema Wein und Architektur geplant. Was war die Idee für diesen Stand, wie haben Sie die umgesetzt, was sollte er aussagen? Der Stand der Architektenkammer Baden-Württemberg und der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg präsentierte sich auf der Weinmesse Intervitis mit dem Weinkabinett “Wie wohnt der Wein?” und soll- te bauwillige Winzer ansprechen. Das Bild der Barriquefässer, die traditionell mit Wein gefärbt werden, war der Leitfaden für die Materialwahl, die wertige Gestaltung und die Umsetzung des Messestandes. Spannend war auch hier der Prozess von der ersten Idee bis zur Fertigstellung. Mit den Beteiligten wurde eine einfache und kostengünstige Realisierung und Technik geprüft, spontan wurde der Kokosboden mit Wein beschichtet, etliche Winzer wollten den Stand in ihrem Weingut aufstellen. Es entstand ein einfacher, quadratischer Raum, von zwei weingefärbten Kuben aus waagrechten Holzdielen mit einem waagrechten Edelstahlband und einer bedruckten Textilwand über Eck begrenzt. Ein eher introvertierter und ruhiger Raum, drei Zugänge, und ein textiler Himmel schloss ihn nach oben ab. Zitate von Winzern zum Bauen auf einer textilen Wand und die natürliche Haptik des weingefärbten Holzes waren überzeugend. Der Wein, das Holz und das fühlbare Ergebnis des Standes waren oft Gesprächsthema und Aufhänger für viele Beratungsge- spräche mit bauinteressierten Winzern. In der geschützten Ecke hinter der textilen Wand lud ein großer Eichentisch, aus Fassdauben gefertigt, zum Studium von Literatur über Wein und Architektur ein - oder einfach nur zum Verweilen und Genießen der angebotenen Weine, ein An- gebot das gerne angenommen wurde. Dabei konnte jeder in Ruhe über die Zitate an den Wänden nachdenken und sich Gedanken über sein Weingut, seinen Arbeitsablauf und seine Präsentation machen - getreu dem Motto: wissen was mög- lich ist - die Architekten! “ Kurz mitgeteilt nuss und gesunde Ernährung Bauernhof - und das ganz spiele- nicht hervorragend zusammen- risch. Interaktiv geht es beim Ha- Geschmackstage 2010 - Wo passen? Kindern, Schülern und sen Kasimir zu. Im Computerpro- kommen die Lebensmittel her? Verbrauchern wird lebendig prä- gramm "Garten, Zwerge & Co." sentiert, was zum Beispiel Zucker können Grundschüler ihren eige- (aid) - Dass alle Kühe lila sind, mit Rüben zu tun hat und warum nen Garten pflegen und lernen glauben wahrscheinlich nur die gerade Bienen für die Erzeugung ganz nebenbei alle wichtigen wenigsten Kinder. Aber welches von Äpfeln so wichtig sind. Pflanzen, Tiere und Werkzeuge für Stadtkind hat schon die Möglich- die Gartenarbeit kennen. Die vie- keit, Kühe und Schweine, den An- Wer als Teilnehmer noch auf der len pfiffigen Spiele machen jeden bau von Getreide, Salat oder Äp- Suche nach zündenden und leicht Stand zum Publikumsmagneten feln einmal live zu erleben? Ent- umsetzbaren Ideen ist, kann es für Kinder und Eltern und sorgen sprechend wenig wissen sie auch sich leicht machen und einfach auf dabei für Stimmung und gute Lau- darüber, wo unsere Lebensmittel aid-Medien zurückgreifen. Etwa ne. Noch mehr Kasimir gibt’s auch eigentlich herkommen. auf die aid-Hefte "Komm raus auf in Posterform: Als Hingucker im den Bauernhof!" und "Komm raus A1-Format bringt der lustige Hase Um das zu ändern, hat das Bun- in den Garten!" Beide Hefte sind desministerium für Ernährung, das Thema "Woher kommt unser randvoll mit Rätseln und Malvorla- Essen?" anschaulich auf den Landwirtschaft und Verbraucher- gen, die sich alle um Lebensmittel, schutz dies zu einem Schwer- Punkt. Veranstalter von "Köstli- ihren Anbau und ihre Herkunft ches Deutschland - Ge- punktthema der Geschmackstage drehen. Auch der Ringordner "Er- 2010 gemacht. Hierzu gibt es ein schmackstage 2010" ist das Bun- lebnis Bauernhof" eignet sich per- desministerium für Ernährung, vielseitiges Programm, das inte- fekt als Ideenschmiede für die Ge- ressierte Teilnehmer mit eigenen Landwirtschaft und Verbraucher- schmackstage. Hier erfahren Kin- schutz. Mit der Durchführung ist Beiträgen gestalten können. Wer der alles über das Leben auf dem sagt denn, dass Geschmack, Ge- der aid infodienst e. V. beauftragt. aid-PresseInfo Nr.: 34 30
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