Augmented Reality und kulturelle Erinnerung: Kritische Medienbildung in kulturwissenschaftlichen Fächern

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Augmented Reality und kulturelle Erinnerung: Kritische Medienbildung in kulturwissenschaftlichen Fächern
Augmented Reality und kulturelle Erinnerung:
             Kritische Medienbildung in kulturwissenschaftlichen Fächern

             Ingrid Gessner

             Der Beitrag beschäftigt sich mit der Vermittlung                                 die physische Welt in einem Koordinatensystem
             kulturwissenschaftlicher Konzepte (Erinnerung,                                   so aufeinander abgestimmt werden, dass die
             Raum, Identität und Ethnizität) im Seminarkontext                                virtuellen Inhalte auf den Displays mobiler
             der universitären Lehrer*innenbildung. Kon-                                      Geräte angezeigt werden können. Als mediale
             kret geht es um ein verpflichtendes Bachelor of                                  Praxis bietet AR neue Wege zum Wissenser-
             Education-Seminar zur US-amerikanischen Erin-                                    werb, zu geschichtlicher Bildung und zum kul-
             nerungskultur (Sekundarstufe Allgemeinbildung                                    turellen Erbe. Es liegt daher nahe, dass AR be-
             Englisch). In diesem Seminar beschäftigen sich die                               reits in Videokunst und Musemspädagogik zum
             zukünftigen Lehrer*innen nicht nur auf theore-                                   Einsatz kommt (Gessner, 2016). Ein Anliegen
             tischer Ebene mit Erinnerungsprozessen, sondern                                  dieses Beitrags ist es, die bestehenden Verbin-
             auch auf praktischer medialer Ebene. Im Laufe                                    dungen zwischen AR, Medienpädagogik und
             des Semesters entwickeln die Studierenden die                                    den Kulturwissenschaften aufzuzeigen, um die
             notwendigen Fähigkeiten, um Augmented Reality                                    Technologie für eine breite Öffentlichkeit zu-
             (AR)-Projekte zu erstellen, die als „MemorARy“ oder                              gänglich, erfahrbar und nutzbar zu machen.
             „MemorARies“ bezeichnet werden. Die Aufgaben-
             stellung beinhaltet die Verbindung der kritischen                                Meine Erfahrungen stammen aus einem Semi-
             Analyse eines Objekts und einer kreativen Idee                                   nar, das ich (jeweils an die örtlichen Gegeben-
             mit den erworbenem technischen Fähigkeiten und                                   heiten angepasst) in zwei Ländern (Deutsch-
             angeeignetem Faktenwissen und bietet eine ideale                                 land und Österreich) unterrichtet habe: an der
             Möglichkeit, sich mit Fragen unserer Vergangen-                                  Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürn-
             heit, Gegenwart und Zukunft auseinanderzusetzen.                                 berg, der Universität Regensburg und an der
             Ziel des Beitrags ist es, Lehrende und Studierende                               Pädagogischen Hochschule Vorarlberg. Die
             in die Lage zu versetzen, wissenschaftlich fun-                                  Kurstitel variierten von „American Cultures of
             dierte Medienkunstprojekte durchzuführen.                                        Memory“ über „American Spaces: Building
                                                                                              Many Americas or Uniting the States“ bis hin
                  “Something profound has happened to                                         zu „American Public Art and Contested Me-
                  your camera. Its very purpose – capturing                                   mory“, aber das Grundkonzept war immer das-
                  images – has expanded to include a new                                      selbe. Das auf Fallstudien basierende Seminar
                  role: creating a bridge between our phy-                                    führte die Studierenden an allen drei Instituti-
                  sical and digital worlds. […] The camera                                    onen in das Forschungsfeld der kulturellen
                  can become a window into a world enhan-                                     Erinnerung ein. Zu diesem Zweck untersuchten
                  ced with digital information – adding a                                     die Studierenden, wie bestimmte historische
                  piece of sculpture to your bedroom or a                                     Ereignisse durch Denkmäler, Gedenkstätten,
                  car to your driveway. Neither actually                                      Formen öffentlicher Kunst und Museumsaus-
                  there, but appearing to be and believably                                   stellungen bewahrt oder problematisiert wer-
                  so”. (Roberts, 2018)                                                        den, während andere Ereignisse in Vergessen-
                                                                                              heit geraten. Das Seminar vermittelte den
                                                                                              Studierenden somit ein tieferes Verständnis
             Einleitung                                                                       der Funktion, Relevanz und Rolle von Gedenk-
                                                                                              stätten in Bezug auf Fragen der Identität und
             Die Technologie, auf die sich dieses Zitat der                                   Zugehörigkeit.
             "New York Times" bezieht, wird als Augmented
             Reality (AR) bezeichnet. AR ermöglicht es, digi-                                 In einem der Seminare konzentrierte ich mich
             tale Objekte in der realen Welt darzustellen.                                    nicht nur auf theoretischer, sondern auch auf
             Das bedeutet, dass virtuelle Informationen und                                   praktischer Ebene auf amerikanische Erinne-

Gessner, I. (2020). Augmented Reality und kulturelle Erinnerung: Kritische Medienbildung in                 Pädagogische Hochschule Vorarlberg | F&E Edition 26 | 2020 61
kulturwissenschaftlichen Fächern. F&E Edition, 26, 61-70
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rungskulturen und Erinnerungsprozesse. Ich                 im Folgenden vorstelle, ist ein Weg, mit diesen
     stellte den Studierenden verschiedene AR-Medi-             Herausforderungen umzugehen, der für die
     enkunstprojekte vor und wir untersuchten, wie              Studierenden und mich funktioniert hat.
     verschiedene künstlerische Herangehensweisen
     Fragen von Ausgrenzung und Zugehörigkeit
     sichtbar machen. Schließlich probierten wir                Lehren und Lernen mit AR
     diese Medienpraxis selbst aus, indem wir Ge-
     denkstätten, geschichtsträchtige Orte, Statuen             MemorARy basiert auf der kostenlosen Soft-
     und Erinnerungstafeln – bzw. deren Abwesen-                ware HP Reveal (alternativ BlippAR) und läuft
     heit – als Projektionsfläche für unsere eigenen            auf mobilen Endgeräten (Smartphones), die die
     AR-Projekte verwendeten.                                   Studierenden bereits besitzen. Es erfordert kein
                                                                zusätzliches Budget oder gar das Einwerben
     Mit AR ist es möglich, zwei historische Zu-                von Drittmitteln, auch Overheadkosten fallen
     stände eines Orts gleichzeitig erfahrbar zu ma-            nicht an. Auch ohne AR ermöglichen Smart-
     chen, indem wir uns als „hier und dort“ seiend             phones bereits sozioökonomisch benachteili-
     wahrnehmen, an unserem unmittelbaren phy-                  gten Studierenden einen leichteren Zugang zu
     sischen Standort als auch in der digital erwei-            höherer Bildung, indem Literatur und For-
     terten Welt der Vergangenheit oder Zukunft. In             schungsergebnisse an jedem Ort mit Internet-
     diesem Beitrag möchte ich zeigen, wie die AR-              zugang abrufbar sind und Studierende die
     Projekte der Studierenden, die kritische Ana-              Möglichkeiten elektronischer Kursplattformen
     lyse eines Objekts mit einer kreativen Idee,               ohne zusätzliche Kosten nutzen können. Im
     technischer Kompetenz, Faktenwissen und hi-                Rahmen des MemorARy-Projekts werden Smart-
     storischem Quellenmaterial verbinden, um sich              phones zusätzlich zu pädagogischen Werkzeu-
     mit Fragen unserer Vergangenheit, Gegenwart                gen, die die Teilhabe und das Engagement der
     und Zukunft auseinanderzusetzen. Ich nenne                 Studierenden im sozioökonomisch diversen in-
     dieses Lehr- und Forschungsprojekt und die                 ternationalen Seminarraum fördern.
     AR-Projekte, die die Studierenden erstellen,
     „MemorARy“ oder „MemorARies“ (im Plural).                  Obwohl ich dieses Seminar und das digitale
                                                                Projekt MemorARy als eine Lern- und Lehr-
     Die Seminare wurden zwischen 2016 und 2020                 erfahrung für zukünftige Englischlehrer*innen
     im institutionellen und sozialen Kontext der               entwickelt habe, basiert es ganz grundsätzlich
     deutschen Universität und der österreichischen             auf der Vermittlung kulturwissenschaftlicher
     Pädagogischen Hochschule abgehalten. Die Se-               Arbeitstechniken wie kritisches Lesen, Refle-
     minarsprache war Englisch, während die Mut-                xion und eigener (kreativer) Textproduktion.
     tersprache der Studierenden meist Deutsch,                 Es handelt sich um eine Form des selbstbe-
     vereinzelt Türkisch oder eine andere europä-               stimmten, studierendenzentrierten Lernens
     ische Sprache war. Es handelte sich um Grup-               (Dunleavy & Dede, 2014). Das Seminar und
     pen zwischen 15 und 20 Studierenden, von                   das digitale Projekt eignen sich daher für an-
     denen ein bis zwei internationale Studierende              gehende Lehrkräfte sowie allgemein für alle
     (Erasmus+) waren, zwei bis drei Migrant*innen              BA-Studiengänge in den Literatur-, Kultur-, Me-
     der zweiten Generation sowie drei bis fünf Stu-            dien- und Sozialwissenschaften. Die Studieren-
     dierende, die als erste in ihren Familien einer            den entwickeln eine Reihe von Fähigkeiten und
     akademischen Ausbildung nachgehen. Ange-                   Kompetenzen weiter, die oft ohnehin implizit
     sichts einer mehrsprachigen, sozioökonomisch               in den Curricula verankert sind:
     vielfältigen und internationalen Studierenden-
     schaft suchte ich nach Möglichkeiten, den Be-              •kritische Lesekompetenz, digitale Kom-
     dürfnissen der Studierenden (als Nicht-Mutter-                petenz, Medienkompetenz und Methoden
     sprachler*innen, Migrant*innen und angehen-                   der Wissensaneignung (El Sayed et al.,
     den Lehrer*innen) gerecht zu werden. Was ich                  2011; Mathews, 2010);

62 Pädagogische Hochschule Vorarlberg | F&E Edition 26 | 2020
•Recherche, Organisation und Evaluation von       schiedenen Gruppen zugeteilt. Ausgestattet
 Informationen (Klopfer & Sheldon, 2010);         mit Permanentmarkern und großen Blättern
•die Fähigkeit, die Ergebnisse der eigenen        erhalten die Studierenden die Gelegenheit ihre
    Lektüre und der kritischen Auseinander-       Arbeitsergebnisse festzuhalten und später zu
    setzung mit Erinnerungsorten effektiv zu      präsentieren. Die Plakate werden anschließend
    vermitteln;                                   auf der E-Learning-Plattform des Kurses zur
•   kritisches Bewusstsein, aber auch Wert-       weiteren Nutzung und zur Sicherung des Lern-
    schätzung und Freude am unmittelbaren         erfolgs bereitgestellt.
    Kulturraum.
                                                  Im Seminar untersuchen die Studierenden, wie
Dass sich Lernen mit AR darüber hinaus positiv    die Wahrnehmung von Zugehörigkeit und Diffe-
auf die Motivation der Lernenden auswirkt und     renz durch künstlerisches Schaffen und durch
die Aneignung von Wissen und technischen Fä-      die gezielte Veränderung von Landschaften und
higkeiten und Fertigkeiten fördert, ist bereits   Stadtbildern beeinflusst werden. Ein Ziel des Se-
gezeigt worden (Buchner, 2018). Dies erhöht       minars ist es, sich mit den politischen und kul-
wiederum die Chance, dass die Studierenden,       turellen Spannungen auseinanderzusetzen, die
die bereits Erfahrungen mit AR gesammelt          jedem Erinnerungsprozess innewohnen. In den
haben, dieses Format auch als zukünftige Leh-     meisten Fällen versuchen diejenigen, die an
rende in die Schule integrieren werden.           einer Denkmalsetzung beteiligt sind, einen Kon-
                                                  sens über das zu Erinnernde zu erreichen. Pro-
                                                  blematischer ist es oft, wenn es darum geht,
Erinnerung als Kultur- und Medienpraxis           ehemals marginalisierten Gruppen eine Stimme
                                                  zu geben. Ein anschauliches Beispiel dafür ist
Im ersten Teil des Seminars arbeiteten wir ge-    die Umgestaltung der Liberty Bell-Gedenkstätte
meinsam an den kulturwissenschaftlichen Kon-      in Philadelphia, die heute als Ort der Erinnerung
zepten Erinnerung, Raum, Identität und Ethnizi-   an das aufklärerische Ideal der Freiheit sowie
tät. Das Buch "Memorial Mania" von Erika Doss     als Mahnmal an die Gräueltaten der Sklaverei
(insbesondere das einleitende Kapitel) diente     fungiert (Gessner, 2011). Das Museum teilt
dabei als Diskussionsgrundlage. Doss erklärt      sein Fundament mit dem Teil des ehemaligen
die Allgegenwart von Gedenkstätten in den USA     Hauses von Präsident George Washington, das
mit dem, was sie „Memorial Mania“ also Erinne-    dessen Sklaven vorbehalten war, und geht mit
rungswahn nennt, eine Fixierung, jegliches ge-    dieser konfliktgeladenen Geschichte offen um.
schichtliche oder schmerzliche Ereignis für die   Ein anderes Beispiel ist die National Mall in
Nachwelt sichtbar zu machen und dafür öffent-     Washington, DC, die mit ihren zahlreichen Mu-
lichen Raum zu beanspruchen. Doss argumen-        seen seit jeher ein Ort nationaler Erinnerung ist.
tiert, dass die stetig wachsende Zahl der Ge-     Mit den Eröffnungen des „National Museum of
denkstätten eine erhöhte Besorgnis darüber        the American Indian“ (2004) und des „National
widerspiegelt, wer und was in den USA erinnert    Museum of African American History and Cul-
werden sollte (Doss, 2010, S. 1). Den meisten     ture“ (2016) wird seither eine wesentlich diffe-
Studierenden erschien diese Einschätzung          renziertere Version amerikanischer Geschichte
nachvollziehbar und einige wiesen darauf hin,     gezeigt. Fünfundsiebzig Jahre (2020) nach dem
dass die Hypothese von Doss auch auf den eu-      Ende des Zweiten Weltkriegs widmet das Semi-
ropäischen Kontext anwendbar sei. Darüber         nar auch diesem einschneidenden Ereignis des
hinaus beschäftigten wir uns mit Pierre Noras     20. Jahrhunderts besondere Aufmerksamkeit
Essay „Zwischen Erinnerung und Geschichte:        (Däwes & Gessner, 2015). Durch den US-Kon-
Les Lieux de Mémoire“ (Nora, 1989). Um die        text des Seminars für angehende Englischleh-
einzelnen Konzepte besser herauszuarbeiten,       rer*innen sind die US-amerikanische Darstel-
werden die Begriffe „Erinnerung“, „Geschichte“,   lung des Kriegs als demokratische Befreiung
„lieux de mémoire“ und „sites of memory“ ver-     Europas und Japans und als Sieg über den Fa-

                                                                Pädagogische Hochschule Vorarlberg | F&E Edition 26 | 2020 63
schismus von besonderem Interesse. Darüber                 dem Ersten Weltkrieg oder Kriegen des neun-
     hinaus beschäftigen uns aber auch die weniger              zehnten Jahrhunderts. Wenn es überhaupt
     bekannten Kriegserfahrungen ehemals marg-                  einen Hinweis auf den Zweiten Weltkrieg gibt,
     inalisierter Gruppen, wie die indigenen Navajo             so erfolgt dies meist in deutlich abgeschwäch-
     Code Talkers, deren Verschlüsselungsmethode                ter Form (was bei den meisten Kriegsdenkmä-
     im Pazifikkrieg eingesetzt wurde (Däwes, 2015);            lern in Österreich und Deutschland der Fall ist).
     die segregierte Flugeinheit der afro-amerika-              Anders ist die Situation in Kroatien, wie mir ein
     nischen Tuskegee Airmen (Ater, 2015); sowie                Student in einer meiner Vorlesungen erklärt
     die japanisch-amerikanischen Soldaten, die u. a.           hat. Kroatische Partisanen, sogenannte Helden
     an der Befreiung des Konzentrationslagers                  des Widerstands, werden gewürdigt und in
     Dachau beteiligt waren, während ihre eigenen               Denkmälern geehrt (z. B. im Denkmal für die
     Familien in Lagern an der amerikanischen West-             Partisanen der Volksbefreiungsarmee im Brezo-
     küste interniert waren (Gessner, 2009).                    vica-Wald in Novo Selo Palanječkobei, einem
                                                                Dorf bei Sisak in Kroatien). Die Erinnerung an
     In vielen Fällen haben die Studierenden, die               den Zweiten Weltkrieg ist selbstverständlich
     meine Seminare in Österreich und Deutschland               nicht auf die USA oder Europa beschränkt. Eine
     besuchen, noch nie von der Erinnerung an die               chinesische Studentin, die mein Seminar in Er-
     Sklaverei im Schatten der Liberty Bell oder von            langen-Nürnberg besuchte, nahm unsere Dis-
     den zahlreichen, sehr differenzierten Orten                kussion zum Zweiten Weltkrieg zum Anlass,
     der Erinnerung in Washington gehört. Die                   eine Forschungsarbeit zum Gedenken an das
     Herausforderung besteht darin, die Kursteil-               Massaker von Nanjing zu verfassen, in der sie
     nehmer*innen zu einem möglichst frühen                     auf die Darstellung der Gräueltaten in heutigen
     Zeitpunkt im Semester mit diesen ganz unter-               und damaligen amerikanischen und chine-
     schiedlichen Orten der Erinnerung (von Trauer              sischen Quellen eingeht (Liu, 1999; Sheng,
     und Andenken bis zur Heldenverehrung) ver-                 2017). Wenn wir die Erinnerung an den Zweiten
     traut zu machen. Dabei hat es sich als hilfreich           Weltkrieg diskutieren, landen wir meist auch
     erwiesen, die Studierenden bei unserem ersten              beim Gedenken an den Holocaust; falls nicht,
     Treffen auf eine mediale Vortragsreise mitzu-              lenke ich das Augenmerk darauf (Henderson &
     nehmen. Meist verwende ich Fotografien und                 Lange, 2017). Die meisten Studierenden ken-
     kurze Videoclips (eingebettet in eine reguläre             nen die Orte ehemaliger Konzentrationslager
     Präsentation), um den Studierenden möglichst               von Schulbesuchen. Andere niederschwellige
     viele unterschiedliche Gedenkstätten vorzustel-            Zeichen der Erinnerung sind „Stolpersteine“
     len. Gleichzeitig ermutige ich sie, in verschie-           (Katzman & Paulix, 2017) und der Jüdische
     denste Richtungen zu denken, bevor sie ein                 Friedhof und das Jüdische Museum in Ho-
     Thema auswählen, das sie untersuchen möch-                 henems (ein Ort, der den Studierenden der PH
     ten. Im Rahmen des Seminars werden alle Stu-               Vorarlberg bekannt ist; Lamprecht, 2011).
     dierenden zu Experten für eine Gedenkstätte;
     wenn sich mehrere Studierende für dasselbe                 Die Offenheit des Semesterplans und Auswahl
     Beispiel interessieren, lasse ich sie verschie-            der Orte durch die Studierenden bedingen,
     dene Aspekte dieses Denkmals untersuchen.                  dass der Kursablauf jedes Mal anders ist. So-
     Einige Studierende kommen auch mit eigenen                 bald die Studierenden ihre Gedenkstätte, ihr
     Themenvorschlägen, die ich dann in das Semi-               Denkmal oder ihre Museumsausstellung ausge-
     nar integriere. Um den Studierenden die Erfah-             wählt haben, bitte ich sie, sich über den Ort zu
     rungen des Zweiten Weltkriegs näher zu brin-               informieren und sich kritisch mit ihm auseinan-
     gen, frage ich sie nach den Spuren des Krieges             derzusetzen, damit sie für die Sitzung, in der
     in ihren jeweiligen Heimatorten. Oft sprechen              wir ihr Thema diskutieren, als Experten fungie-
     wir dann über Kriegerdenkmäler und die Tatsa-              ren können. Die folgenden Fragen eigenen sich
     che, dass selbst die kleinsten Dörfer diese                für den Einstieg: Was ist der politische oder
     Denkmäler haben. Sie stammen jedoch oft aus                kulturelle Hintergrund, an den erinnert werden

64 Pädagogische Hochschule Vorarlberg | F&E Edition 26 | 2020
soll? Wer hat entschieden, was erinnerungs-        Gerät und die HP Reveal-App (bzw. BlippAR-
würdig ist? Wie haben sich die beteiligten Per-    App) haben, die Kamera der Anwendung
sonen und Gruppen auf die jeweilige Form der       auswählen und ihr Gerät auf das Triggerbild
Erinnerung geeinigt? Wurden alle Stimmen ge-       richten, um das neu erstellte AR-Erlebnis
hört und sind sie entsprechend repräsentiert?      anzuschauen.
Gibt es Leerstellen?
                                                   Studierende können alleine, zu zweit oder in
Ein weiteres Ziel des Kurses ist es, den Studie-   einer Gruppe arbeiten, um ein AR-Erlebnis zu
renden zu verdeutlichen, dass Denkmäler uns        gestalten. Studierende werden ermutigt, ihre
immer mehr über die Zeit verraten, in der sie      eigenen Aufzeichnungen, Bilder, Musik, Ani-
errichtet wurden, als über die Ereignisse oder     mationen, gefilmten Szenen oder Interviews
Personen, an die sie erinnern. In diesem Sinne     zu verwenden. Das Ziel ist es, ihre Sicht auf
geht es bei Denkmalsetzungen eher um selek-        ein bestimmtes Erinnerungsobjekt einem brei-
tives Vergessen und das Erschaffen neuer           teren Publikum zu vermitteln. Von einer noten-
Mythen.                                            relevanten Bewertung des MemorARy-Projekts
                                                   rate ich ab, es sollte auch nicht auf Grundlage
                                                   der technischen Umsetzung, sondern besten-
AR in der Praxis                                   falls auf Grundlage der Originalität der Bot-
                                                   schaft, Eigenständigkeit der Umsetzung und
Aufgrund der Benutzer*innenfreundlichkeit          einer Art Impact-Faktor beruhen, der auf den
der kostenlosen App HP Reveal1 müssen Stu-         Interaktionen beruht, die das Projekt auslöst.
dierende und Lehrende keine Programmierge-
nies oder Computerfachleute sein, um ein Aug-      Das Projekt besteht aus drei verschiedenen
mented Reality-Erlebnis zu kreieren. Studieren-    Phasen, wobei die schriftliche Planung und
de können ihre eigenen mobilen Geräte benut-       Dokumentation dieser Schritte Teil der Auf-
zen. Sie müssen dazu ein Konto bei HP Reveal       gabe ist.
(alternativ BlippAR) erstellen und sich in ihrem
Konto anmelden. Im Reveal Studio (bzw. Blipp-      1) Planung. Dies ist die Phase, in der sich die
builder) können eigene AR-Projekte erstellt        Studierenden überlegen, wie ihr MemorARy
werden, indem durch Hochladen und Aus-             aussehen und funktionieren soll.
wählen einer Bilddatei ein Trigger-Bild festge-
legt wird (für eine sehr gute Beschreibung,        2) Produktion. Dies beinhaltet das Erstellen,
siehe Buchner, 2018, S. 149). Ich rate Studie-     Sammeln, Aufzeichnen und/oder Filmen aller
renden, ein hochaufgelöstes Bild mit vielen        Artefakte (z. B. Bilder, Videos, Geräusche, Tex-
Details des Objekts, das sie mit ihrem AR-         te), die Studierende für ihr MemorARy verwen-
Projekt verbinden möchten, zu verwenden.           den wollen. Hilfreich hat sich für die Medien-
Wenn Benutzer*innen später versuchen, das          produktion das Prinzip Learning-Technology-
AR-Projekt freizuschalten, müssen sie ihre         by-Design erwiesen (Koehler & Mishra, 2005).
mobilen Geräte auf genau dieses „Bild“ in der
realen Welt richten. Der nächste Schritt ist die   3) Bearbeitung. In dieser Phase wird eine
Auswahl eines Overlays, z. B. eines Videos oder    Videobearbeitungssoftware wie PowerPoint,
eines Bildes. Das Overlay kann alle möglichen      iMovie oder Movie Maker verwendet, mit der
Formen haben, vom sorgfältig animierten            die Artefakte zusammengefügt werden kön-
Video zum einfachen textbasierten Datenblatt.      nen, die zur Erstellung des Overlays in HP
Die Studierenden sollten ihre AR-Kreation in       Reveal (BlippAR) benötigt werden.
der Voransicht prüfen und speichern. Wenn sie
mit dem Ergebnis zufrieden sind, können sie        Für Studierende ist es hilfreich zu verstehen,
ihr Projekt für andere sichtbar machen. Ab         was genau sie selbst produzieren sollen, be-
diesem Zeitpunkt können alle, die ein mobiles      vor sie mit ihrer Arbeit beginnen. Ich stelle

                                                                 Pädagogische Hochschule Vorarlberg | F&E Edition 26 | 2020 65
ihnen deshalb das Kulturerbe- und Denkmal-                 sondern auch Erinnerungen zu bewahren und
     pflegeprojekt „Mi querido barrio“ (Meine ge-               Menschen zu verbinden. Ich denke, je mehr
     liebte Nachbarschaft) vor (https://cccadi.org/             Menschen, vor allem die jüngere Generation,
     miqueridobarrio). „Mi querido barrio“ wurde                anfangen, AR einzusetzen, desto mehr werden
     vom Caribbean Cultural Center African Dia-                 sie ihre Sichtweise ändern und sich neu erfin-
     spora Institute (CCCADI) in East Harlem, New               den wollen“ (zit. in Bryan, 2016). Ein anderes
     York City, in Auftrag gegeben und verbindet                Beispiel ist „El Barrio is Home“, ein Projekt
     Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft mit Fra-              der Videokünstlerin Tamiko Thiel, in dem
     gen sozialer und ökonomischer Gerechtigkeit.               Anwohner*innen ausdrücken, was ihr Viertel
     Als die Gentrifizierung das Viertel in seiner              für sie bedeutet (https://cccadi.org/mqb-
     Identität bedrohte und immer mehr Hochhäuser               about-the-artists). Wenn die AR-App aktiviert
     an die Stelle der typischen Brownstones traten,            ist, ist man von goldenen Worten und Sätzen
     entschied sich Marta Moreno Vega, die Gründe-              umgeben, die beschreiben, was East Harlem
     rin des Instituts, AR-Technologie einzusetzen,             für die Menschen, die dort leben, ausmacht.
     um das kulturelle Erbe von East Harlem zu er-              Die einzelnen Studierendengruppen präsen-
     halten. Um das Unsichtbare sichtbar zu ma-                 tieren ihre Beobachtungen und Erkenntnisse
     chen, benutzten mehrere lokale Künstler und                der gesamten Gruppe.
     Aktivisten Fotografien von Orten, die bereits
     verschwunden waren, und projizierten diese                 Bevor die Studierenden beginnen, ihre eigenen
     mit Hilfe von AR auf das heutige Stadtbild.                Ideen zu konzeptualisieren, unternehmen wir
     Wenn das Smartphone auf eine Standortmar-                  eine Exkursion an einen Ort in der Nähe, an
     kierung gerichtet wird, werden verschiedene                den Erinnerungen geknüpft sind; dies kann
     Kunstwerke und ehemalige Gebäude sichtbar,                 eine Museumsausstellung, ein Gebäude oder
     die die Vergangenheit zum Leben erwecken.                  ein Denkmal sein. Ziel ist es, den Ort zu „ha-
                                                                cken“, indem wir fragen, was zu sehen und
     Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, die               was nicht zu sehen ist. Der „Hack“ besteht
     Studierenden in kleinere Gruppen aufzuteilen               darin, die Darstellung zu verändern, indem
     und sie die einzelnen Projekte der beteiligten             wir neue Fragen, Texte, Gegenstände oder
     Künstler auf der CCCADI-Webseite genauer un-               Kunstobjekte einbeziehen, um beispielsweise
     tersuchen zu lassen. Beispielhaft sei Oliver Rios          normative oder diskriminierende Aussagen
     erwähnt, ein aus Puerto Rico-stammender ame-               in Frage zu stellen. Eine Intervention kann
     rikanischer Graffiti-Künstler, der in East Harlem          beispielsweise darin bestehen, ein Pappschild
     aufgewachsen ist. Rios’ Kunstwerke, die längst             an einer Schnur an einer Statue zu befestigen.
     von den Wänden des Viertels verschwunden                   Selbst wenn das Schild am nächsten Tag ent-
     sind, erwachen durch AR wieder zum Leben.                  fernt wird, löst es bis dahin bei Passanten
     Durch das Display des Smartphones, sind die                möglicherweise ein Schmunzeln und vielleicht
     Wandmalereien wie einst in den 1980er Jahren               ein Umdenken aus.2 Die Ideen der Studieren-
     erlebbar, können vergrößert werden und man                 den werden idealerweise in Mini-Forschungs-
     kann sogar um sie herumgehen. Besucher*in-                 projekten umgesetzt, z. B. kann eine Person
     nen werden in der App dazu aufgefordert, ihre              zum Thema gemacht werden, die bisher nicht
     Reaktionen durch das Hochladen von Screen-                 Teil des Diskurses ist. Am Ende steht die Er-
     shots oder Audiodateien hinzuzufügen. Es ent-              stellung eines AR-Projekts, ein Mosaik aus
     spinnt sich ein Dialog zwischen Betrachter*in,             Geschichten, Bildern und Fragen in digitalen
     AR-Objekt und dem Ort der Interaktion und                  MemorARies.
     es entsteht ein auf Crowd Sourcing-basierendes
     Archiv der Erinnerung (Gessner, 2018, S. 464).             Studierende meines Seminars in Regensburg,
     Rios glaubt, dass AR-Technologie seine Com-                dessen Altstadt zum UNESCO-Weltkulturerbe
     munity stärken kann: „Es ist eine großartige               gehört, haben die Walhalla für ihre MemorARy-
     Möglichkeit, sich nicht nur zu informieren,                Projekte ausgewählt. Die Walhalla ist eine

66 Pädagogische Hochschule Vorarlberg | F&E Edition 26 | 2020
Abb. 1: Wo sind die Frauen? MemorARy in der Walhalla (nahe Regensburg). Foto: Markus Gloede, 28. Oktober 2019.

Ruhmeshalle, die herausragende Persönlich-                 künftig jede Besucherin und jeder Besucher mit
keiten der deutschen Geschichte ehrt. Die                  einem Smartphone und der HP Reveal App frei-
Walhalla selbst ist ein neoklassizistischer Bau            schalten kann. Eine andere Studierendengruppe
im Parthenon-Stil über der Donau, der 1807                 arbeitete mit der Büste der Widerstandskämp-
von Kronprinz Ludwig entworfen wurde. Im                   ferin Sophie Scholl und erstellte ein kurzes Vi-
Inneren des Tempels sind 65 Tafeln und 130                 deo über sie und ihre Widerstandsgruppe „Die
Büsten ausgestellt, die 2.000 Jahre Geschichte             Weiße Rose“ (Rickard, 2009). Scholl und die
umspannen. Es handelt sich um eine länder-                 anderen fünf Mitglieder der Gruppe schrieben
übergreifende, illustre Sammlung von Persön-               und verteilten zwischen 1942 und 1943 sechs
lichkeiten, darunter der niederländische Maler             Flugblätter, die zum Widerstand gegen die Hit-
Jan van Eyck, Desiderius Erasmus von Rotter-               ler-Diktatur aufriefen, bevor sie entdeckt und
dam und der österreichische Komponist Wolf-                hingerichtet wurden.
gang Amadeus Mozart – zumindest diese drei
keine Deutschen im heutigen Sinn. In der Re-
gel dauert es nicht lange, bis die Studierenden            Schlussbemerkung und Blick in die Zukunft
Fragen stellen. Wenn nicht, dann frage ich an-
gesichts der Leerstellen: wen sehen wir? Wen               Die Pädagogische Hochschule Vorarlberg, wo
sehen wir nicht? Wer wurde zu welcher Zeit                 ich lehre und forsche, hat ihren Sitz in Feld-
hinzugefügt? Wo sind die Frauen? Einige Stu-               kirch, an der Grenze zwischen Österreich, der
dierende formulierten diese letzte Frage als               Schweiz und Liechtenstein (nicht weit von
ein MemorARy innerhalb der Walhalla, die zu-               Deutschland im Norden und Italien im Süden).

                                                                          Pädagogische Hochschule Vorarlberg | F&E Edition 26 | 2020 67
Als die Stadt 2018 ihr 800-jähriges Bestehen               sen sind. Sie hinterlassen ihre Spuren in Form
     feierte, fragte ich meine Studierenden, wer Teil           der programmierten Erweiterungen dauerhaft
     der Stadtgeschichte ist und wer nicht, und wer,            in der realen Welt. Wo Studierende sie platziert
     glauben sie, sollte Teil der Geschichte sein               haben, können andere auf ihre Texte, Geschich-
     (Gruber, 2018)? Feldkirch war im Laufe seiner              ten, Bilder und Filmausschnitte zugreifen.
     Geschichte immer ein Verkehrs- und Handels-
     knotenpunkt und ein Ort intensiven Austauschs              Letztendlich schafft das MemorARy-Projekt zu-
     (siehe Pratt, 1991 und ihr Konzept der “contact            sätzliche Möglichkeiten für die Studierenden,
     zone”) und ist es bis heute geblieben. Ziel                neu erworbenes Wissen zu verarbeiten und in
     eines zukünftigen Seminars wäre es, dies im                adaptierter Form zu kommunizieren. Das Semi-
     Stadtbild sichtbar(er) zu machen, indem so-                nar und das AR-Projekt fordern sie dazu he-
     wohl die Idee des Knotenpunkts als auch das                raus, über den Tellerrand hinauszudenken und
     Konzept der „contact zone“ mit AR-Mitteln                  Entscheidungen zu treffen, wie sie das, was sie
     umgesetzt wird.                                            in ihrem Umfeld und in der Forschungsliteratur
                                                                gefunden haben, zusammenbringen und ver-
     Für ein bestimmtes Grenzerlebnis ist dies be-              mitteln können.
     reits geschehen. Der irische Schriftsteller und
     Nobelpreisträger James Joyce hat es aufge-                 Mit diesem Beitrag möchte ich eine breitere
     zeichnet, als er 1915, mitten im Ersten Welt-              Diskussion darüber in Gang setzen, wie kri-
     krieg mit dem Zug nach Feldkirch kam. Er                   tische digitale AR-Praxis dazu beitragen kann,
     musste aus Triest fliehen, wo er durch verän-              Fähigkeiten zu fördern, die für die Kultur-, Lite-
     derte Machtkonstellationen plötzlich als „feind-           ratur-, Medien- und Sozialwissenschaften ent-
     licher Ausländer“ angesehen wurde. Auf dem                 scheidend sind, die aber oft nur implizit for-
     Weg nach Zürich wurde der Zug, in dem Joyce                muliert und bisher selten umgesetzt werden.
     und seine Lebensgefährtin Nora Barnacle                    MemorARy durchbricht die Mauern der Univer-
     saßen, bei den Grenzkontrollen in Feldkirch                sität, indem es Studierenden die Möglichkeit
     angehalten; Joyce entging der Verhaftung um                bietet, ihre Erkenntnisse auszutauschen und in
     Haaresbreite. Die Episode wird heute mit                   einen Dialog mit einer breiteren Öffentlichkeit
     einem Zitat von Joyce im Bahnhof Feldkirch                 zu treten. Es sind die dialogischen Möglich-
     gewürdigt. Wäre Joyce damals verhaftet wor-                keiten der AR-Installation, die Orte verändern
     den, hätte er den Roman „Ulysses“ in seiner                können. Die Praxis veranschaulicht auch, wel-
     jetzigen Form nicht schreiben können. Ein                  che Rolle die lese- und schreiborientierten
     zusätzlicher AR-Plug könnte die Hintergründe               Geisteswissenschaften in dieser Konstellation
     dieser Episode aufgreifen und mit anderen                  spielen. Die Medien- und Kommunikationskom-
     Projekten am Literaturbahnhof verknüpfen                   petenz der Studierenden fließt in die AR-Pro-
     (Redaktion, 2006).                                         jekte ein und lädt alle zum Dialog und zur Aus-
                                                                einandersetzung mit den jeweiligen Orten ein.
     Die bisher entstandenen AR Memory-Projekte,
     MemorARies, sind eine Ergänzung zu den zahl-
     reichen digitalen Geschichtsprojekten, die in              Endnoten
     oft aufwändig gestalteten Webseiten Archiv-
                                                                1
     material, Sammelobjekte und mündliche Zeit-                    ARpoise und ARvos funktioniert ähnlich wie das
     zeugenberichte einer breiten Öffentlichkeit                    leider seit Januar 2020 nicht mehr verfügbare
     zugänglich machen. Aber im Gegensatz zu                        Tool HP Reveal (früher „Aurasma“). Die ARpoise-
     Websites, die an den Orten, auf die sie sich                   und die ARvos-App läuft auf den meisten iOS-
     beziehen, nicht unmittelbar erlebbar sind, ver-                und Android-Smartphones und -tablets und ist
     bleiben die von den Studierenden geschaffenen                  im Apple App Store und im Google Play Store
     AR-Erlebnisse selbst dann an ihren jeweiligen                  kostenlos erhältlich (https://www.arpoise.com/).
     Orten, wenn diese Projekte längst abgeschlos-                  Eine andere Alternative ist die benutzer*innen-

68 Pädagogische Hochschule Vorarlberg | F&E Edition 26 | 2020
freundlichere, aber kostenpflichtige BlippAR-        American Studies Journal, 59. https://doi.org/DOI
    Lösung, die für Pädagog*innen und Studierende        10.18422/59-04.
    allerdings drei Monate kostenfrei ist, was in der
    Regel ausreicht, um das AR-Projekt durchzu-          Däwes, B., & Gessner, I. (2015). Commemorating
    führen (https://www.blippar.com/ar-studio).          World War II at 70: Ethnic and Transnational Perspec-
    Die BlippAR-App ist im Apple App Store und           tives – An Introduction. American Studies Journal, 59.
    im Google Play Store kostenlos erhältlich.           https://doi.org/DOI 10.18422/59-01.

2   Ein Beispiel für einen „Hack“ bzw. eine Interven-    Doss, E. L. (2010). Memorial Mania: Public Feeling in
    tion (außerhalb des MemorARy-Projekts) ist der       America. U of Chicago P.
    Umgang vieler amerikanischer Gemeinden mit
    den Denkmälern der Konföderierten, die in vie-       Dunleavy, M., & Dede, C. (2014). Augmented Reality
    len Bundestaaten immer noch als alarmierende         Teaching and Learning. In J. M. Spector, M. D. Merrill,
    Zeugnisse der rassistischen Vergangenheit des        J. Elen, & M. J. Bishop (Hrsg.), Handbook of Research
    Landes stehen und in den 2010er Jahren zu            on Educational Communications and Technology (4.
    furchtbaren Gewalttaten geführt haben. Städte        Aufl., S. 735-745). Springer.
    wie Atlanta, Savannah, und Decatur, GA, sowie
    Richmond, VA, und Franklin, TN, haben erklä-         El Sayed, N. A. M., Zayed, H. H., & Sharawy, M. I.
    rende Schautafeln neben den Statuen ange-            (2011). ARSC: Augmented Reality Student Card –
    bracht, auf denen die grausame Geschichte            An Augmented Reality Solution for the Education
    der Sklaverei und des Bürgerkriegs dargestellt       Field. Computers & Education, 56(4), 1045–1061.
    wird (Natanson, 2019). Ich bin weit davon ent-       https://doi.org/10.1016/j.compedu.2010.10.019.
    fernt, diese recht einfache Praxis als Heilmittel
    vorzuschlagen, aber ich glaube, es ist eine Mög-     Gessner, I. (2009). Liberating Dachau: Transnational
    lichkeit, die Diskussion in Gang zu setzen, um       Discourses of Holocaust Memory. In U. J. Hebel
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