Aus dem Inhalt: Deutsch-amerika-nische Familienge-schichte Fahrner The Fahrner letters Telegrafen-anschluss für Huchenfeld Zimtstern-Rezepte ...

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Archivmagazin
Neues aus dem Stadtarchiv Pforzheim
Nr. 2021/3
Mitteilungen für die Mitglieder
Nr. 44/November 2021

Aus dem Inhalt:

Deutsch-amerika-
nische Familienge-
schichte Fahrner
The Fahrner letters

Telegrafen-
anschluss für
Huchenfeld

Zimtstern-Rezepte

www.stadtarchiv.pforzheim.de
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Grußwort des Vorsitzenden                        werden. Mit Reinhard Kölmel wurde eine in
                                                 der Pforzheimer Stadtgesellschaft bekannte
Liebe Mitglieder des Fördervereins,              Persönlichkeit als 2. Vorsitzender einstimmig
                                                 nachgewählt. Er wird den meisten Mitgliedern
auch in diesem Herbst haben die Begleiter-       für sein langjährig führendes Engagement
scheinungen der Corona-Pandemie Auswir-          im Kulturhaus Osterfeld als Vorsitzender des
kungen auf die Arbeit unseres Vereins. So        Amateurtheatervereins bekannt sein. Wir
konnten wir die Mitgliederversammlung für        freuen uns sehr über seine Unterstützung.
das Jahr 2020 erst am 11. Oktober dieses Jah-
res nachholen. Wegen der fortdauernden Be-       Der Höhepunkt unserer Mitgliederversamm-
schränkungen konnten wir nicht, wie es bisher    lung war die einstimmige Wahl von Dr. Rolf
üblich war, unsere Mitgliederversammlung         Hönninger und Dr. Thomas Paeffgen zu
mit einem öffentlichen historischen Vortrag      Ehrenvorsitzenden des Fördervereins. Dr. Rolf
verbinden. Auch konnten wir uns auf Grund        Hönninger hat als Gründungsvorsitzender seit
der geltenden Regelungen nicht im Veranstal-     2006 dem Verein sein Gepräge als Zusam-
tungsraum des Stadtarchivs treffen, sondern      menschluss von Bürgerinnen und Bürgern
mussten in den Gemeindesaal der Evangeli-        verliehen, die dem Archiv verbunden sind und
schen Johannesgemeinde ausweichen.               sich damit besonders für die Förderung des
                                                 historischen Bewusstseins unserer Stadt ein-
Als Vorsitzender konnte ich in einem Bericht     setzen. 2012 bis 2019 leitete dann Dr. Thomas
einen Rückblick auf ein noch „normales“ Jahr
2019 geben. Danach gab Thomas Dörflinger
seinen Bericht als Schatzmeister ab. Die
Kassenprüfung von Andrea Binz-Rudek und
Matthias Stuhlinger ergab keine Beanstan-
dungen, so dass die einstimmige Entlastung
des Vorstandes für das Jahr 2019 durch die
Versammlung erfolgte. Alle in Vereinen ehren-
amtlich Engagierte wissen, dass gerade die
Kassenführung eine wichtige und verantwor-
tungsvolle Aufgabe ist, für die oft nur schwer
Mitglieder zu finden sind. Umso mehr gilt
Thomas Dörflinger hier ein Wort des Dankes.
Andrea Binz-Rudek und Matthias Stuhlinger
erklärten sich dankenswerterweise zur Wie-
derwahl als Kassenprüfer bereit und wurden
in ihrem Amt bestätigt.

Der Tod unseres langjährigen 2. Vorsitzen-
den Claus Kuge hatte 2019 eine schmerzliche
Lücke im Vorstand des Fördervereins hinter-
lassen. Bedingt durch die Corona-Pandemie
konnte erst jetzt diese Lücke geschlossen

2    Stadt Pforzheim | Archivmagazin 2021/3
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Paeffgen den Verein. Er setzte die Arbeit mit
den Schwerpunkten bei der Verleihung des          Förderverein für das Stadtarchiv Pforz-
Georg-Simler- und des Eberhard-Gothein-           heim e. V.
Preises, den Exkursionen gemeinsam mit der
Löblichen Singergesellschaft von 1501 Pforz-      Kronprinzenstr. 28
heim oder den Montagabenden im Archiv             75177 Pforzheim
erfolgreich fort. Beiden Persönlichkeiten gilt    Foerderverein.Stadtarchiv@pforzheim.de
unser Dank für ihr herausragendes Engage-         07231 39-1836
ment.
                                                  Bankverbindungen:
Lassen Sie mich noch einen hoffnungsvollen
Ausblick auf das kommende Jahr mit vielen         Sparkasse Pforzheim Calw
bereichernden Terminen und Veranstaltungen        IBAN DE68666500850007619197
wagen. 2022 steht wieder die Verleihung des       BIC PZHSDE66XXX
Georg-Simler-Preises an. Dieser Preis wird in
Kooperation mit der Reuchlin-Gesellschaft         Volksbank Pforzheim
und der Löblichen Singergesellschaft ver-         IBAN DE65666900000003178470
liehen. Mit diesem Preis werden besondere         BIC VBPFDE66XXX
stadtgeschichtliche Arbeiten von Schülerin-
nen und Schülern ausgezeichnet. Besonders
                                                 freue ich mich auf die geplante Exkursion zur
                                                 Geschichte der Waldenser in unserer Region
                                                 im Mai 2022. Ich hoffe, dass wir bis dahin sol-
                                                 che Veranstaltungen wieder ohne Beschrän-
                                                 kungen durchführen können.

                                                 Abschließend möchte ich Ihnen dafür dan-
                                                 ken, dass Sie den Förderverein und damit das
                                                 Stadtarchiv auch in dieser nicht einfachen
                                                 Zeit unterstützen. In diesem Sinn wünsche ich
                                                 Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein
                                                 frohes neues Jahr.

                                                 Ihr Kai Adam

                                                 Vorsitzender des Fördervereins für das Stadt-
                                                 archiv Pforzheim e. V.

                                                 Zwei repräsentative großformatige Urkunden für
                                                 die Ehrenvorsitzenden wurden dankenswerter-
                                                 weise von Fördervereinsmitglied Bernhard Lay-
                                                 er (Druck + Medien Pforzheim) zur Verfügung
                                                 gestellt

                                                        Stadt Pforzheim | Archivmagazin 2021/3    3
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„Montagabend im Archiv“: Programm 2022                    anderen Archiven möchte die DRG sie aus
                                                          dem Erinnerungsschatten holen. Daher stehen
                     In Kooperation mit der Löblichen
                                                          im Mittelpunkt des Vortrags die Menschen
                     Singergesellschaft von 1501 Pforz-
                                                          aus der ehemaligen Sowjetunion und ihre
                     heim
      LÖBLICHE
SINGERGESELLSCHAFT
       VON 1501
                                                          konkreten Lebensumstände in Pforzheim bis
     PFORZHEIM
                                                          zum Kriegsende. – Mit einer Einführung von
                                                          Archivleiterin Dr. Klara Deecke.

Die nächsten Termine:
                                                          Katharina Leicht hat in Freiburg Slavistik und
                                                          Germanistik studiert. Sie war u.a. über 30 Jah-
Hinweis: Wir bitten um Verständnis, dass
                                                          re Dozentin für Russisch an der VHS und ist
der Veranstaltungsort coronabedingt noch
                                                          Vorsitzende der Deutsch-Russischen Gesell-
nicht angekündigt werden kann. Bitte infor-
                                                          schaft Pforzheim und Enzkreis e.V.
mieren Sie sich im Veranstaltungskalender
der Stadt oder auf der Website des Stadtar-
chivs über Veranstaltungsort und -zeit sowie
                                                          28. März 2022, 19 Uhr, Ort wird noch be-
die Anmeldemodalitäten oder schreiben Sie
                                                          kannt gegeben
uns eine E-Mail oder rufen uns an.
                                                          Gerald Manz und Dr. Klara Deecke
                                                          Stadtrundgang mit spitzer Feder. Eine Ar-
24. Januar 2022, 19 Uhr, Ort wird noch be-
                                                          chivführung in zehn Karikaturen
kannt gegeben
                                                          In Zusammenarbeit mit der Löblichen Singer-
Katharina Leicht
                                                          gesellschaft von 1501 Pforzheim
Spurensuche … Sowjetische
Zwangsarbeiter*innen in Pforzheim
                                                          Als der Karikaturist Gerald Manz 2020 seine
                                                          Zeichnungen zu 30 Jahren Pforzheimer Kom-
Zugleich Gedenkveranstaltung der Stadt
                                                          munalpolitik dem Stadtarchiv übergab, wur-
Pforzheim anlässlich des Tags des Gedenkens
                                                          de schnell klar, wie viele Themen sich in der
an die Opfer des Nationalsozialismus
                                                          Stadtgeschichte wiederholen. Gerald Manz
Grußwort: Oberbürgermeister Peter Boch
                                                          und Archivleiterin Dr. Klara Deecke zeigen bei
                                                          dieser Archivführung, begleitet von einer klei-
80 Jahre nach Beginn des Vernichtungs-
                                                          nen Auswahl von zehn Karikaturen aus den
krieges gegen die Sowjetunion geht die
                                                          Bereichen Verkehr, Kultur, Politik, Wirtschaft,
Deutsch-Russische Gesellschaft den Spuren
                                                          Umwelt und Sport, welche historischen Quel-
von Menschen nach, die nach dem Überfall
                                                          len und Dokumente dazu im Stadtarchiv
zur Zwangsarbeit hierher verschleppt wur-
                                                          verwahrt werden und wie sie recherchiert und
den. Wie überall in Deutschland wurden sie
                                                          genutzt werden können.
auch in Pforzheim u.a. in Fabriken, Betrieben,
in der Landwirtschaft, in Kirchen und Privat-
                                                          Der Pforzheimer Gerald Manz zeichnet seit
haushalten eingesetzt. In der öffentlichen
                                                          vielen Jahren Karikaturen, die u. a. im „Pforz-
Erinnerung wird ihrer nur selten ausdrücklich
                                                          heimer Kurier“ publiziert wurden.
gedacht. Mit Recherchen im Stadtarchiv und

4         Stadt Pforzheim | Archivmagazin 2021/3
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Bebilderte deutsch-amerikanische Familien-       len Jahren erhalten geblieben sind und zudem
geschichte Fahrner                               noch einen Weg zurück nach Pforzheim ge-
Sonja Anžič-Kemper und Andrea Binz-Rudek         funden haben, sagt viel über die Bedeutung

Ein Teil des Nachlasses Familie Fahrner (N160;
Fotografin: Sonja Anžič-Kemper)                  von Kontakten für die Familie aus. Zu solchen
                                                 Rückgaben kommt es normalerweise nicht.
Mit dem Namen Fahrner verbindet man in
Pforzheim die ehemals weltweit agierende         Ursprünglich stammte die Familie aus Lud-
und bekannte Firma Theodor Fahrner.              wigsburg. Der Vater Ludwig Fahrner (1795–
                                                 1876) war dort Gürtlermeister, die Mutter
Der hier vorgestellte Nachlass des Stadtar-      Eleonore Magdalene, geb. Reikert, geb. 1804
chivs (Bestand N160) ist geprägt durch die       starb früh im Jahre 1843; daraufhin heirate-
Korrespondenz der verschiedenen Familien-        te der Vater ein zweites Mal die Louise, geb.
mitglieder vor allem aus Pforzheim, aber auch    Neubert (gest. 1885).
aus Ludwigsburg und Balingen mit dem nach
Amerika ausgewanderten Gottlob Friedrich         Alle vier überlebenden Fahrner-Söhne haben
(Fritz) Karl Fahrner. Durch drei Fotoalben mit   Ludwigsburg verlassen.
fast 150 Jahre alten Porträtfotos der Famili-
enmitglieder bekommen die Personen, die in       Theodor (1823-1883), der älteste Sohn suchte
den Briefen auftreten, Gesichter, die Inhalte    gemeinsam mit seinem jüngsten Bruder Wil-
der Briefe werden lebendiger. Die Tatsache,      helm (1840-1861) sein Glück in Pforzheim.
dass die Briefe und die Fotoalben nach so vie-

                                                        Stadt Pforzheim | Archivmagazin 2021/3   5
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des Auswanderers Friedrich Fahrner (1825-
                                                 1894) lässt sich aus den erhaltenen Dokumen-
                                                 ten1 und Fotoalben2 rekonstruieren. Friedrich
                                                 heiratete in Pennsylvania Anna Katharine, geb.
                                                 Walker (1827–1902). Sie wurde in Balingen
                                                 geboren und kam schon früh nach Amerika.

                                                 Sie hatten sieben Kinder:
                                                 Emma Katharina (geb. 30.7.1855, gest.
                                                 7.9.1863)
                                                 Karl (Charles oder Charlie) Friedrich Wilhelm
                                                 (geb. 26.4.1857, gest. 25.1.1945)
                                                 Eleonora Louise (geb. 4.5.1859, gest. 3.9.1919)
                                                 Otto Louis (geb. 30.9.1862 in Pennsylvania,
                                                 gest. 28.9.1943 in Mc Kittrick, Montgomery
                                                 County)
                                                 Eduard William (Willie) (geb. 18.3.1865 in
                                                 Pennsylvania, gest. 26.3.1940 in Boonville,
                                                 Cooper County)
                                                 Minna Bertha (geb. 8.5.1867, gest. ?)
                                                 Friedrich Arthur (Fred A.) (geb. 20.3.1870,
                                                 gest. 15.3.1943).

                                                 Die amerikanische Familie Fahrner wohnte zu-
                                                 nächst in Ridgway im Bundesstaat Pennsylva-
Vater Ludwig Fahrner aus Ludwigsburg im Jahr
                                                 nia. Aus der Korrespondenz ist zu entnehmen,
1873 (N160-52; Fotograf: August Ducrue)
                                                 dass die klimatischen Bedingungen in Ridg-
Gustav Ludwig (Louis) (geb. 1828) zog 1856       way nicht sehr günstig waren. Vielleicht auch
nach Stuttgart, wo er auch vor 1873 verstarb.    deswegen zog die Familie im Jahr 1869 von
Friedrich (Fritz) Gottlob Fahrner (1825-1894),   dort nach Loutre Island, Missouri, wo auch Ka-
der Nachlassbildner, von dessen Nachfahren       tharinas Schwester Marie (Mary) Baumeister
wir die Dokumente und Fotoalben erhielten,       in der Nähe lebte.3 Das Leben in Amerika war
verließ im Jahre 1853 die württembergische       nicht immer einfach und die Familie musste
Heimat.                                          finanzielle Unterstützung aus Deutschland
                                                 annehmen — ein Vorgriff auf das Ludwigsbur-
Die älteste Tochter Louise (geb. 1835) blieb     ger Familienerbe. In den Erbteilungsunterla-
in ihrer Geburtsstadt Ludwigsburg und über-      gen nach dem Tod des Vaters Ludwig, wird
nahm mit ihrem Ehemann Friedrich Fißler die      Friedrich als Farmer bezeichnet;4 auch in der
elterliche Gürtlerei.                            zweiten vorhandenen Realteilung nach dem

                                                 1   N160–50, 51.
Das jüngste Mädchen Pauline (geb. 1838)
                                                 2   N160–53.
heiratete den Hauptmann Carl Baßmann und         3   N160–50.
wohnte überwiegend in Stuttgart. Die Familie     4   N160–9.

6    Stadt Pforzheim | Archivmagazin 2021/3
Aus dem Inhalt: Deutsch-amerika-nische Familienge-schichte Fahrner The Fahrner letters Telegrafen-anschluss für Huchenfeld Zimtstern-Rezepte ...
Theodor Fahrner im Alter von 55 Jahren (N160-52;   Pauline Fahrner, geb. Schweikert im Alter von 50
Fotograf: Albert Schmidt)                          Jahren (N160-52; Fotograf: Albert Schmidt)

Tod der Stiefmutter wird als Beruf Landwirt        Bijouteriefabrik „Seeger & Fahrner“ in Pforz-
angegeben.5 Friedrich starb im Jahr 1894.          heim. Durch den frühen Tod von Georg See-
Als acht Jahre später (1902) auch Katharina        ger führte Theodor Fahrner die Firma alleine
starb, trauerten an ihrem Sarg sechs Kinder,       weiter. Wahrscheinlich war auch der jüngere
zwei Schwiegersöhne, vier Schwiegertöchter         Bruder von Theodor senior, Wilhelm Fahrner,
und die Schwester. Zwei Brüder von Katharina       in der Schmuckfabrik des Bruders tätig und
konnten wegen der Entfernung (beide lebten         wohnte eventuell auch bei ihm. Er erlernte
in Philadelphia) nicht dabei sein.6                den Beruf des Kabinettmeisters, verstarb
                                                   aber bereits mit 21 Jahren ledig im Jahr 1861
Der „Pforzheimer Theodor“ ist für Pforzheim        in Pforzheim. Mit Theodor Fahrner verließ
und das Stadtarchiv zweifellos viel wichtiger.     seine ebenso aus Ludwigsburg stammende
Er war ein bedeutender Schmuckhersteller           Ehefrau Pauline Schweikert Württemberg
und wurde am 2.4.1823 in Ludwigsburg gebo-         (geb. 8.5.1828 in Ludwigsburg, gest. 27.9.1886
ren. 1855 gründete er mit Georg Seeger die         in Pforzheim). Die Ehe der beiden wurde
                                                   am 11.4.1858 noch in Ludwigsburg geschlos-
5   N160–10.                                       sen. Das Ehepaar Fahrner hatte auch sieben
6   N160–50.

                                                          Stadt Pforzheim | Archivmagazin 2021/3      7
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Kinder — ein Junge, ebenfalls Theodor und        sind im Jahr 2020 wieder nach Pforzheim
sechs Mädchen. Die Töchter wurden bis auf        zurückgekehrt.
zwei, nämlich Emma, die älteste, und Bertha,
die jüngste, „gut verheiratet“. Die Lebensda-    Bereits im Jahr 1859 war das Ehepaar Theo-
ten der Fahrners konnten aus den Kirchen-        dor und Pauline in Pforzheim ansässig, denn
büchern des Evangelischen Kirchengemein-         die erste Tochter Emma Bertha (geb. 5.1.1859,
deamts und den Personenstandsbüchern des         gest. 1.3.1934) wurde in Pforzheim geboren. Ihr
Stadtarchivs Pforzheim ermittelt werden.         Porträtbild im Fotoalbum7 stammt von dem
                                                 Fotografen De Jong aus Lausanne und zeigt
Die meisten Familienmitglieder ließen sich im    Emma im Jahr 1879, als sie 20 Jahre alt war.
Jahr 1878 von dem Pforzheimer Fotografen
Albert Schmidt fotografieren. Nur die Porträt-   Julie, (geb. 19.7.1860, gest. 1943 in Höfen)
fotos von Emma und Theodor stammen von           heiratete am 20.6.1885 in Pforzheim den
anderen Fotografen. Die Fotos wurden nach        Bijouteriefabrikanten Ludwig M. Weeber
Amerika zum Bruder Friedrich geschickt und       (1853-1905).8 Die Familie Weeber lebte in der
                                                 Luisenstraße 1 ganz in der Nähe der Mutter
                                                 bzw. des Bruders Theodor Fahrner, die in der
                                                 Luisenstraße 23 wohnten.

                                                 Der Stammhalter Paul Alfred Theodor, (geb.
                                                 am 4.8.1861 in Pforzheim) vermählte sich mit
                                                 Martha Charlotte Amalie Faber (geb.12.5.1869
                                                 in Stuttgart und gest. 20.12.1948 in Zürich) am
                                                 12.7.1890 in Pforzheim; Theodor starb im Alter
                                                 von nur 57 Jahren am 22.7.1919 in Pforzheim.9

                                                 Pauline Emilie (geb. 21.9.1863) war mit dem
                                                 Stuttgarter Bankier Oskar Friedrich Fischer
                                                 verheiratet.

                                                 Lina (geb. 3.12.1865), verheiratet mit dem
                                                 Kaufmann Ernst Ennöhr aus Riga, (geb.
                                                 12.5.1863) starb am 23.02.1945 beim Bomben-
                                                 angriff auf Pforzheim. Ihr Name ist auf dem
                                                 Massengrab auf dem Hauptfriedhof verewigt.

                                                 Emilie Luise, (geb. 27.5.1868) heiratete 1896 —
                                                 auch standesgemäß — den aus Hoffmansthal
                                                 stammenden Fabrikanten und Witwer Karl
                                                 Ferdinand Reusch (geb. 20.6.1863).

                                                 7   N160–52.
Julie Fahrner im Alter von 18 Jahren (N160-52;   8   B35-61 Nr. 78/188.
Fotograf: Albert Schmidt)                        9   B35-66 Nr. 112/1890 und B35-182.

8     Stadt Pforzheim | Archivmagazin 2021/3
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Theodor Fahrner im Alter von 17 Jahren (N160-52;   Pauline Fahrner im Alter von 15 Jahren (N160-52;
Fotograf: Friedrich Brandseph)                     Fotograf: Albert Schmidt)
                                                   Paul Alfred Theodor übernahm nach dem
Das Nesthäkchen Bertha kam am 31.3.1870
                                                   frühen Tod des Vaters im Jahr 1883 mit 24
zur Welt. Sie starb unverheiratet 1948 und ist
                                                   Jahren die Firma und war dadurch an seine
im Familiengrab auf dem Pforzheimer Haupt-
                                                   Vaterstadt gebunden. Eigentlich war geplant,
friedhof10 begraben.
                                                   dass Theodor (jun.) auch Zeit in Amerika
                                                   (beim Onkel) verbringen sollte,11 aber er wur-
In einem Brief an den Bruder beklagte sich
                                                   de auch ohne Auslandserfahrung ein innova-
Theodor Fahrner (senior), dass er nur einen
                                                   tiver und erfolgreicher Schmuckunternehmer
Sohn hat. Dieser Sohn verhalf der Firma aber
                                                   des Art nouveau.
erst zu ihrem Ruhm.

                                                   Aus seiner Ehe mit Martha Charlotte Amalie
                                                   Faber gingen künstlerisch begabte Töchter
                                                   hervor:
10 Quelle: http://grabsteine.genealogy.net/tomb.
   php?cem=884&tomb=3584&b=F, Stand Okt. 2015.     11   N160-25.

                                                            Stadt Pforzheim | Archivmagazin 2021/3    9
Aus dem Inhalt: Deutsch-amerika-nische Familienge-schichte Fahrner The Fahrner letters Telegrafen-anschluss für Huchenfeld Zimtstern-Rezepte ...
Emilie Fahrner im Alter von 10 Jahren (N160-52;
Fotograf: Albert Schmidt)                                   Lina Fahrner im Alter von 13 Jahren (N160-52;
                                                            Fotograf: Albert Schmidt)
Die Malerin und Schmuckentwerferin Vera
Pauline Martha (geb. 15.4.1895, gest. am                    1921 in ihrer Heimatstadt den Kunsthistoriker,
19.9.1987 in Mexiko) heiratete 1916 den Künst-              Theaterleiters, etc. Dr. ph. Hans Richard Curjel
ler Albert (Bert) Joho (geb. 23.2.1877 in                   (geb. 1.5.1896 in Karlsruhe, gest. 3.1.1974 in Zü-
Bruchsal, gest. 6.10.1963 in Zürich).12 Er war              rich). Als Jude verfolgt, emigrierte er gemein-
seit 1904 Lehrer bzw. später Professor an der               sam mit seiner Frau 1933 in die Schweiz. Sein
Kunstgewerbeschule Pforzheim.                               Vater war der bekannte deutsch-dänische
                                                            Architekt Robert Curjel (1859-1925).
Das zweite Kind Gabriele Elfriede Margarethe,
genannt Yella, (geb. 12.10.1897 in Pforzheim,               Nach dem frühen Tod des „Künstlerfabrikan-
gest. 8.1.1977) hatte ein musisches Talent und              ten“ Theodor Fahrner (jun.) im Jahr 1919 wur-
wurde Sängerin und Cellistin. Sie heiratete                 de die Firma Theodor Fahrner von dem Ess-
                                                            linger Juwelier Gustav Brändle übernommen
12   Hofmann, Karl-Ludwig/Hübner, Alfred: In und aus
                                                            und firmierte unter „Gustav Brändle — Theo-
     Pforzheim, Bd. 1: 63 Künstler Innen, Pforzheim 1992.

10      Stadt Pforzheim | Archivmagazin 2021/3
Bertha Fahrner im Alter von ca. 20 Jahren (N160-
Bertha Fahrner im Alter von 8 Jahren (N160-52;               55-11; Fotograf: Albert Schmidt)
Fotograf: Albert Schmidt)

dor Fahrner Nachf[olger]“. Nach dem Tod des                  Mehr Informationen zu den anderen Famili-
letzten Firmeninhabers Herbert Brändle 1979                  enmitgliedern und Korrespondenzpartnern
kam es zur Auflösung der Firma.13                            finden sich im Findbuch und natürlich in den
                                                             Archivalien des Nachlasses N160 Friedrich
                                                             Fahrner im Stadtarchiv Pforzheim.

13   Mehr zur Firmengeschichte ist aus Brigitte Leonhard/
     Dieter Zühlsdorff (Hrsg.): Theodor Fahrner. Schmuck
     zwischen Avantgarde und Tradition, Stuttgart 1990
     zu entnehmen. Es handelt sich hierbei um einen
     Ausstellungskatalog. Diese Ausstellung, unter der
     Schirmherrschaft des damaligen baden-württember-
     gischen Ministerpräsidenten Dr. h.c. Lothar Spät, war
     im Schmuckmuseum Pforzheim vom 21.9.1990 bis
     13.1.1991 zu sehen.

                                                                     Stadt Pforzheim | Archivmagazin 2021/3     11
The Fahrner letters                               In einem Brief an „Meine lieben Amerika-
Annette Nußbaum                                   ner!“ vom 09.08.1881 erzählte Emma Fißler,
                                                  die Nichte des Pforzheimer Ringfabrikanten
Im Jahr 2011 knüpfte das Stadtarchiv Pforz-       Theodor Fahrner (sen.), von einem Besuch in
heim Kontakt zu Nachfahren ausgewander-           Pforzheim Folgendes:
ter Familienangehöriger der Familie Fahrner
in den USA, die uns einige Dokumente zur
Familie des Pforzheimer Schmuckfabrikanten
Theodor Fahrner übereigneten. Im Dezem-
ber 2020 meldete sich dieser Fahrner’sche
Verwandte wiederum bei uns und berichtete,
er habe von einer Verwandten weitere Briefe
und Fotoalben erhalten, die er dem Stadtar-
chiv gerne übergeben wolle. Und so erhiel-
ten wir kurz vor Weihnachten, sozusagen als
vorgezogenes Weihnachtsgeschenk, Fotoal-
ben mit wunderbaren Portraitaufnahmen fast
der gesamten Familie Fahrner und zahlreiche
Briefe aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhun-
derts, in denen das Alltagsleben einer bür-
gerlichen Familie wieder lebendig wird. Die
                                                  Brief der Emma Fißler an Friedrich Fahrner vom
Briefe handeln von Geburt, Krankheit und Tod,
                                                  09.08.1881 (N160-45)
außergewöhnlichen Wetterphänomenen und
Ängsten um die Ernte, aber auch von Freizeit-     „Onkel Theodor & seine familie
gestaltung, Ausflügen und Reisen.                 befinden sich ebenfalls gut; vor kurzer
                                                  Zeit waren meine Schwester & ich einige
                                                  Tage bei Ihnen, & hat es uns dort sehr gut
                                                  gefallen, denn der Onkel hat ein sehr schönes
                                                  Haus1 & ist sehr bequem & elegant einge-
                                                  richtet. Seit 1 Juli ist Tante Pauline
                                                  ihr Sohn Carl bei Onkel Theodor im
                                                  Geschäft, & zwar als Buchhalter ange-
                                                  stellt.“

                                                  Im gleichen Brief berichtete Emma Fißler
                                                  auch über einen Ausflug zur ersten würt-
                                                  tembergischen Landesgewerbeausstellung
                                                  in Stuttgart, die unter der Schirmherrschaft
Foto der Luisenstraße; beim zweiten Gebäude       König Karls von Württemberg stand, am Ende
nach der Hauptpost handelt es sich um das Wohn-
                                                  fast 540000 Besucher zählte und für die
haus der Familie Fahrner (S1-08-L-035-R-001;
Fotografen: Gebrüder Metz; Glasnegativ im Haus    extra eine Gewerbehalle gebaut wurde. Dabei
der Geschichte Baden-Württemberg, Sammlung
Gebrüder Metz)                                    1   Luisenstraße 23.

12   Stadt Pforzheim | Archivmagazin 2021/3
offenbarte sie interessante Details zur Stutt-   deren guter Ruf, auch über den Ocean
garter Stadtgeschichte:                          gedrungen sein wird. Natürlich kann
                                                 man solche nicht mit einer Welt-Aus-
                                                 stellung zu Philadelphia vergleichen;
                                                 aber immerhin kann man sagen, daß
                                                 unser Württemberger Land hiedurch großes
                                                 ja unerwartetes geleistet hat, denn
                                                 die Kunst & Gewerbe sind durch sehr schöne,
                                                 pünktlich ausgeführte Gegenstände ver-
                                                 treten.
                                                 Die Ausstellungs-Gebäute befinden sich
                                                 im lebhaftesten Theile Stuttgarts, die
                                                 Ausstellung ist von Morgens 9 Uhr
                                                 bis Abend 6 Uhr geöffnet, nach Schluß der-
                                                 selben, ist jeden Abend in dem daran
                                                 grenzenden Stadtgarten Concert, wo
                                                 hin man, von der Ausstellung aus,
                                                 freien Zutritt hat, beleuchtet mit electrischem
                                                 Licht. Der Besuch dorthin ist ein solch starker,
                                                 daß man schon nach tausenden zählen
                                                 könnte & für einen Stuhl 5 Mark geboten
                                                 wurde.“

                                                 Der große Wunsch, auch einmal eine Reise
                                                 über den Atlantik anzutreten und die Ver-
                                                 wandten in den USA zu besuchen, scheint in
                                                 mehreren Briefen durch, war aber aus finanzi-
                                                 ellen Gründen nicht realisierbar. Pauline Fahr-
                                                 ner stellte sich in einem Brief aus dem Jahr
                                                 1879 an ihren Schwager Friedrich das Leben
                                                 auf einer amerikanischen Farm wohl etwas zu
                                                 pittoresk vor:

                                                 „…o! wie gerne möchte
                                                 ich Eurer Heim sehen, wie
Brief der Emma Fißler an Friedrich Fahrner vom   muß das herrlich sein!
09.08.1881 (N160-45)                             so 100 Hühner, (wie Deine
                                                 l[iebe] Frau einmal geschrieben) u[nd]
„Was Euch wohl nicht unbekannt geblieben         wie Ihr Euer Brod selbst
sein wird, & wie ich hoffe, (als vielleicht      backt, nebst einem Flamm oder
etwas eingebildete Schwäbin,) ist die            Zwiebelkuchen u[nd] schlachtet
Württemberg[ische] Landen-Gewerbe-Aus-           u[nd] Würste u[nd] Schinken bereitet
stellung,                                        das denke ich mir zu schön.“

                                                        Stadt Pforzheim | Archivmagazin 2021/3   13
Die Geburt, Krankheit und der Tod von Fami-                   Jahre nach Amerika schicken meine Kinder
lienangehörigen waren oftmals der Anlass für                   sind Alle gesund u[nd] kräftig u[nd] würdest
einen Brief an die Verwandten in der Neuen                     du dich
Welt. Und so schrieb Theodor Fahrner (sen.)                    wundern diese Bande einmal beieinander
am 16.01.1871 an seinen Bruder Friedrich in                    zu sehen.“
den USA:

Brief der Pauline Fahrner an Friedrich Fahrner vom             Brief des Theodor Fahrner (sen.) an Friedrich
27.05.1879 (N160-41)                                           Fahrner vom 16.01.1871 (N160-40)

„…daß sich deine Famillie wieder um ein Glied                  Acht Jahre später informierte Schwägerin
vermehrt hat berechtigt uns zu der Hoffnung                    Pauline Fahrner über den schlechten Gesund-
daß die Famillie Fahrner so bald nicht erlö-                   heitszustand ihres auf Kur befindlichen Ehe-
schen                                                          manns Theodor Fahrner (sen.):
wird, meine Famillie hat sich zwar auch ziem-
lich
gesteigert u[nd] ist bis auf 7 Stück herange-
wachsen worunter aber nur
ein Sohn2 von 9 Jahren ist, wenn dieser einmal
herangewachsen ist werde ihn auch auf einige

2    Paul Alfred Theodor Fahrner (jun.): Er wurde am
     04.08.1859 als Sohn des Ringfabrikanten Theodor
     Fahrner (sen.) in Pforzheim geboren. Er besuchte
     die Kunstgewerbeschule in Pforzheim und absolvier-
     te eine Lehre als Stahlgraveur. Im Alter von nur 24
     Jahren übernahm er nach dem Tod des Vaters dessen
     Ringfabrik und baute sie sukzessive weiter aus. Als ei-
                                                               Brief der Pauline Fahrner an Friedrich Fahrner vom
     ner der ersten beschäftigte er freiberufliche Designer
                                                               27.05.1879 (N160-41)
     für seine Schmuckentwürfe und gilt als Wegbereiter
     des Jugendstilschmucks. Seinen endgültigen Durch-
                                                               „Im Auftrage meines lieben
     bruch feierte er auf der Pariser Weltausstellung 1900,
     wo er eine Silbermedaille erhielt. Theodor Fahrner        Theodors, welcher wirklich im
     (jun.) starb am 22.07.1919 in Pforzheim.                  Bade, zu seiner Erholung ist!

14      Stadt Pforzheim | Archivmagazin 2021/3
benachrichtige ich Dich daß er                      Auch der Topos von der bösen Stiefmutter
im Besitze Deiner beiden                            war in diesem Fall ganz offensichtlich nicht
Briefe ist, als er den ersten                       zutreffend, da selbst die Stief-Enkelkinder in
erhielt, lag er schwer krank                        den USA laut ihres Weihnachtsbriefes 1877
an Lungenendzündung dar-                            mit Weihnachtsgeschenken bedacht wurden:
nieder, wir hatten viel Kummer
u[nd] Sorge um Ihn!“

Und bereits im November 1876 berichtete
Stiefmutter Louise Fahrner von der aufop-
fernden Pflege und der „Scheide Stunde“ mit
dem Vater, dem Gürtler Ludwig Fahrner:

                                                    Brief der Louise Fahrner an Friedrich Fahrner vom
                                                    29.12.1877 (N160-43)

                                                    „Zum Schluße lege ich meinen l[ieben] Ame-
                                                    rikische
                                                    Enkelkinder, eine Weihnachts Gabe von 50 f3
Brief der Louise Fahrner an Friedrich Fahrner vom
November 1876 (N160-42)                             bey, zum
                                                    Andenken an ihre Ludwigsburger Grosmutter,
„Es wird ihm jezt wohl seyn von allen seinen        sie sollen etwas nützliches dafür anschaffen,
Leiden                                              den l[ieben] Theodor will ich bitten, daß Er dir
erlößt, und in die l[iebe] Heimath u[nd] Herr-      einen
lichkeit,                                           Wechsel dafür schikt, weil ichs nicht verstehe
einzugehen durfte, wo kein Leid noch                wie es
Schmerz                                             behandelt werden muß.
mehr ist. Er ruhe sanft!                            Es grüßt u[nd] küßt Euch Alle in inniger Liebe
Bey seiner Beerdigung ist ihm von allen Seiten      Eure
noch sehr viel Liebe u[nd] Ehre erwisen wor-        Mutter
den,                                                Louise Fahrner“
sein Grab u[nd] Sarg war mit den schönsten
Blumen reichlich ausgeschmükt, der Krieger-         Die interessantesten Berichte über Ernteaus-
verein                                              fälle und Wetterphänomene stammten von
hat ihn mit umflorter Fahne begleitet, am           Caspar Walker aus Balingen, dem Schwieger-
Grabe wurde ihm auch gesungen, u.s.w.“
                                                    3   Florentiner Gulden.

                                                             Stadt Pforzheim | Archivmagazin 2021/3   15
vater Friedrich Fahrners, der eher in einem       Sonne gescheint, es wurde nichts gehörig reif,
ländlichen Umfeld beheimatet war. Er schrieb      der Wein ganz schlecht sauer, und wenig, -
beispielsweise in seinem Brief vom 13.02.1880     Obst und Vieh Futter ist noch am besten
an seine Tochter Katharina Fahrner:               gerathen, mit den Kartoffel ist es schon
                                                  seyd 20 Jahren nichts guthes mehr, die leidi-
                                                  ge
                                                  Kartoffel Krankheit ist immer noch nicht aus
                                                  es ist meistens theil der 5te bis 6te Theil
                                                  krank und giebt auch sonst nicht mehr so
                                                  viel als wo du noch bey uns warst und dieses
                                                  Jahr sind auch die gesunden nicht gut nicht
                                                  Mehlig…“

                                                  Und vier Briefseiten weiter fuhr Caspar Wal-
                                                  ker fort:

                                                  „…ich muß nochmals auf den nun wohlver-
                                                  gangnen
                                                  Winter zurük kommen, es ist etwas auseror-
                                                  dentliches
                                                  ungewöhnliches, in höher gelegen Orten war
                                                  es warm
                                                  und im Thal grimige Kälte, und schon so lan-
                                                  ge, wir
                                                  hatten in unsern Bronnen immer noch ziem-
                                                  lich
                                                  Wasser, aber in Stuttgart in den Anlagen sind
                                                  die Fische verfrohren, eingefrohren, um die
                                                  Zeit deß
                                                  Neujahres war es einige Zeit Thauwetter so
                                                  daß das
                                                  Eiß auf den Flüssen schnell abgieng, und
                                                  weil wir viel Schnee hatten welcher schnell
                                                  geschmolzen
                                                  so gab es grosse Wasser, aber nicht auf den
                                                  Seen,
                                                  da bald wieder Kälte gekommen, so ist dorten
Brief des Caspar Walker an Katharina Fahrner
                                                  zum
vom 13.02.1880 (N160-46)
                                                  alten wieder neues Eiß aufgewachsen so auch
„…hier war es nicht so, es hat zu viel geregnet   auf
zwar                                              dem Bodensee und auf allen den vielen
ein grosse Wasser gehabt, aber eben zu we-        Schweizer
nig                                               Seen, wo ganze Volksversamlungen wie Jahr-

16    Stadt Pforzheim | Archivmagazin 2021/3
märkte                                          baldigen Frieden zu hoffen haben u[nd] wer-
gehalten werden auf dem Eiß seyd 50 Jahrn       den
im Winter                                       die elenden niederträchtigen Franzosen die
von 1829.“                                      Zeche zu bezalen haben, u[nd] glaube ich
                                                daß wir
Auch die internationale Politik war bei der     dann im Allgemeinen wieder einen bessern
Korrespondenz zwischen Männern natürlich        Zustand
immer ein Thema. Und so schrieb Theodor         in Deutschland bekommen werden was sehr
Fahrner (sen.) am 16.01.1871 noch ahnungslos,   zu
dass zwei Tage später im Versailler Spiegel-    wünschen wäre denn bisher war eine ewige
saal der Reichsgründungstag stattfinden wür-    Unzu
de, im damals üblichen deutsch-nationalen       friedenheit u[nd] Unruhe unter dem Volk.“
Duktus an seinen Bruder Friedrich:
                                                Die Fahrner Briefe beinhalten ein wahres
                                                Potpourri an privaten und historischen Er-
                                                eignissen, von denen wir hier nur eine sehr
                                                begrenzte Auswahl wiedergeben konnten.
                                                Wer den Lebensalltag und die Ansichten einer
                                                bürgerlichen Familie am Ende des 19. Jahr-
                                                hunderts kennenlernen möchte, dem sei die
                                                Lektüre dieser Briefe ans Herz gelegt.

Brief des Theodor Fahrner (sen.) an Friedrich
Fahrner vom 16.01.1871 (N160-40)

„Ueber den so schweren deutsch französi-
schen Krieg
werdet ihr durch die Zeitungen unterrichtet
sein
es ist dieß wirklich das Wichtigste was einen
besonders interesirt u[nd] auch für die Zu-
kunft von
erfolgenreicher Bedeutung ist Gott gebe daß
der Krieg zu unserm Vortheil beendigt u[nd]
wie es
bis jezt den Anschein hat werden wir einen

                                                       Stadt Pforzheim | Archivmagazin 2021/3   17
Ein Telegrafenanschluss für Huchenfeld?                   parat sollten von den Gemeinden übernom-
Sonja Hillerich                                           men werden.2 Die Verlegung des Drahts und
                                                          die Einrichtung der Telegrafenstelle dagegen
Während Pforzheim schon 1855 an das ba-                   fielen in die Zuständigkeit der Deutschen
dische Telegrafennetz angeschlossen wurde                 Reichspost- und Telegraphenverwaltung und
(siehe dazu Archivmagazin Nr. 2021/2), muss-              wurden aus staatlichen Mitteln finanziert.
ten die umliegenden Gemeinden, die heute
als Stadtteile zu Pforzheim gehören, deutlich             Der Gemeinderat besprach die Angelegenheit
länger auf den Anschluss an die Moderne                   am 1. August 1891 und stimmte der Einrich-
warten.                                                   tung einer Telegrafenstelle mit Unfallmelde-
                                                          dienst zu. Allerdings betonten die Gemeinde-
Der Ausbau des Telegrafennetzes war auf-                  räte, dass über die im Schreiben erwähnten
wändig und teuer, und so fielen gerade                    50 Mark hinaus keine Zahlungen geleistet
kleinere Gemeinden lange Zeit noch durch                  werden könnten. Die Entscheidung des Ge-
die groben Maschen dieses Netzes. Für die                 meinderats ist im Gemeindebeschlussbuch
Gemeinde Huchenfeld bot sich eine Chan-                   der Gemeinde Huchenfeld dokumentiert, das
ce auf den Anschluss an den Telegrafen im                 das Stadtarchiv im Bestand C6 – Gemein-
Sommer 1891. Am 25. Juli jenes Jahres ging                dearchiv Huchenfeld aufbewahrt.3 Die Ant-
beim dortigen Gemeinderat ein Rundschrei-                 wort nach Karlsruhe ist nicht überliefert, der
ben ein, das der Geheime Ober-Postrat Jo-                 Vermerk „erledigt“ vom 1.8.1891, der auf dem
hann Friedrich Heß, Direktor der Kaiserlichen             Brief der Oberpostdirektion gemacht wurde,
Ober-Postdirektion des Bezirks Karlsruhe, ver-            ist aber ein starkes Indiz dafür, dass die Hu-
fasst hatte. Er bot dem Gemeinderat an, der               chenfelder Gemeindeverwaltung ein entspre-
zuständigen Reichsbehörde Huchenfeld für                  chendes Schreiben versandte. In den Akten
den Anschluss an das Telegraphennetz vorzu-               ist zu diesem Vorgang nichts weiter überlie-
schlagen, wenn die Huchenfelder sich bereit               fert. Ob Huchenfeld tatsächlich in der Folge
erklärten, zugleich einen Unfallmeldedienst in            eine Telegrafenstelle erhielt, geht aus den im
ihrer Stadt einzuführen (siehe Abbildung und              Stadtarchiv überlieferten Unterlagen leider
Transkription).1                                          nicht hervor.

Die Einrichtung des Unfallmeldedienstes be-               Wenige Jahre später wurde in Huchenfeld
traf in erster Linie die Ausrüstung der Station           aber immerhin ein öffentlicher Telefonan-
mit einem Apparat, der außerhalb der regu-                schluss eingerichtet, wie aus dem „Verzeichnis
lären Betriebszeiten bei Eingang eines Tele-              der vom 1. Juli 1898 ab zum Sprechverkehr
gramms automatisch ein Wecksignal an den
Telegrafisten sandte. Brach nachts ein Feuer
                                                          2   Unfallmeldedienst der Reichspost- und Telegraphen-
aus, scheiterte der Notruf an umliegende Feu-
                                                              verwaltung, in: Meyers Großes Konversations-Lexikon,
erwehren nämlich oft daran, dass die kleinen                  Bd. 19, Leipzig 1909, S. 893. Für eine Erläuterung der
Telegrafenstellen dann nicht besetzt waren                    Funktionsweise siehe Verhandlungen der Kammer
und der Notruf bis zum nächsten Morgen                        der Abgeordneten des bayerischen Landtages im
liegen blieb. Die Kosten für diesen Weckap-                   Jahre 1893/94, II. Band, München 1894, 74. Sitzung
                                                              vom 10. Februar 1894, S. 787.
1    Enthalten in der Akte Telegraphen- und Fernsprech-   3   Sitzung Nr. 31 am 1.8.1891, Gemeindebeschlussbuch
     verkehr (C6-515).                                        der Gemeinde Huchenfeld 1846-1899 (C6-B-153).

18      Stadt Pforzheim | Archivmagazin 2021/3
innerhalb des Ober-Postdirectionsbezirks               maligen Zahlung des Betrages von 50 Mark
Karlsruhe (Baden) zugelassenen öffentlichen            gefälligst in Erwägung zu ziehen und mich
Fernsprechstellen in Orten ohne Stadt-Fern-            von dem gefaßten Beschluß spätestens bis
sprecheinrichtung“ hervorgeht.4                        zum 5. August in Kenntniß zu setzen. Falls
                                                       mir innerhalb dieser Frist ein entsprechender

„Karlsruhe (Baden), 25. Juli 1891

An den Gemeinderath in Huchenfeld.

Es ist in Anregung gekommen, die Ein-
richtung einer Telegraphenanstalt bei der
dortigen Posthülfsstelle für das nächste
Jahr in Vorschlag zu bringen.

Nach den bestehenden Grundsätzen soll
der Anschluß kleiner Ortschaften an das
Telegraphennetz nur stattfinden, wenn die
betreffenden Gemeinden sich zugleich
mit der Einführung des Unfallmeldediens-
tes einverstanden erklären und für die zu
letzterem Zweck zu treffenden Einrichtun-
gen einen einmaligen Betrag von 50 Mark
an die Postkasse entrichten. Die Vortheile
des Unfallmeldedienstes bestehen darin,
daß die daran betheiligten Gemeinden
in die Lage versetzt sind, bei Brand- und
sonstigen Unfällen auch während der
Nacht bei den nächstgelegenen Tele-
graphenanstalten telegraphisch Hülfe zu
errufen.

Indem ich auf den erheblichen Nutzen,
welchen eine derartige Einrichtung auch
für die dortige Gemeinde gegebenen
Falls haben könnte, aufmerksam mache,
ersuche ich den löblichen Gemeinderath
ergebenst, die Frage der Einrichtung einer
Telegraphenanstalt dortselbst bez. der ein-            Rundschreiben des Direktors der Kaiserlichen
                                                       Ober-Postdirektion des Bezirks Karlsruhe vom
4   Ebenfalls enthalten in der Akte Telegraphen- und   25. Juli 1891 zum Anschluss an das Telegrafennetz
    Fernsprechverkehr (C6-515).                        (C6-515)

                                                               Stadt Pforzheim | Archivmagazin 2021/3   19
Rundschreiben des Direktors der Kaiserlichen
Ober-Postdirektion des Bezirks Karlsruhe vom        für das nächste Jahr nicht mehr aufnehmen
25. Juli 1891 zum Anschluss an das Telegrafennetz   können.
(C6-515)

Antrag des Gemeinderaths zugeht, so werde           Der Kaiserliche Ober-Postdirector, Geheime
ich gern bereit sein, die Einrichtung des Te-       Ober-Postrath Heß“
legraphenbetriebes und Unfallmeldedienstes
dortselbst beim Reichspostamt zu befürwor-
ten; eine Zusicherung über das Zustandekom-
men der Beabsichtigten Anlage vermag ich
jedoch nicht zu geben, weil die Entscheidung
über die Angelegenheit dem Reichs-Postamt
vorbehalten bleiben muß.

Bei verspäteter Beantwortung dieser Zu-
schrift würde ich den dortigen Ort in die dem
Reichs-Postamt vorzulegende Vorschlagsliste

20    Stadt Pforzheim | Archivmagazin 2021/3
Zimtsterne für Amerika
Annette Nußbaum

Bei der Immigration in ferne Länder brachten
auch viele deutsche Einwanderer ihre Tradi-
tionen und kulturellen Werte mit in die neue
Heimat, und so entstand ein „Melting Pot“ an
neuen Traditionen, Kulturgütern, Gerichten
etc.

               Berühmt ist beispielsweise die
                  Geschichte des deutschen
                  „Auswanderers“ Albert von
               Sachsen-Coburg und Gotha,
              der nach seiner Eheschließung
mit Queen Victoria in Großbritannien den
geschmückten Tannenbaum zu Weihnachten
populär machte. Heute glauben die meisten
Engländer, geschmückte Weihnachtsbäume          Bäcker und Fotograf der Zimtsterne: Detlef
seien eine urenglische Tradition. Kaum einer    Wagner
weiß noch, dass sie aus Deutschland impor-
tiert wurden.                                   Das Stadtarchiv Pforzheim erfuhr von dieser
                                                neuen deutschen Backkunst in den USA von
       Noch eine weitere deutsche Weih-         Nachfahren der Familie Fahrner aus Amerika,
          nachtstradition fand ihren Weg so-    die dem Stadtarchiv Pforzheim einige überlie-
          gar über den „Großen Teich“ – das     ferte Briefe der deutschen Fahrners überga-
        deutsche Weihnachtsgebäck.              ben. Darunter fanden sich auch die folgenden
                                                Zimtstern-Rezepte:
       Nach ihrer Auswanderung in die USA
wollten beispielsweise Friedrich Fahrner, der
Onkel des bekannten Pforzheimer Schmuck-
fabrikanten Theodor Fahrner (jun.), und seine
aus Balingen stammende Ehe-
frau Katharina Walker nicht
auf die liebgewonnenen Le-
ckereien verzichten. Des-
halb sandte die Schwes-
ter Marie Walker gleich
zwei Zimtstern-Rezepte nach
Pennsylvania. Und so wurden
diese aus Schwaben stammenden Plätzchen
aus Eischnee, Zucker, Mandeln, Zimt, Zitrone
und Mehl auch in Amerika heimisch.

                                                       Stadt Pforzheim | Archivmagazin 2021/3   21
Zimmtstern
Mann schlägt 6. Eierweiß zu einem steifen
Schaum, vermengt ihn mit 1 lb.1 staubfeinen
Zuker, u[nd] 2 Loth2 gestoßenen Zimmt, u[nd]
rührt die Masse drei Viertelstunden tüchtig.
wenn dieß geschehen ist, träufelt man den
Saft von einer Citrone darein, giebt 1 lb. fein
gewiegte Mandeln u[nd] eine feingeschnit-
ten Citronenschale dazu. dann nimt man die
Masse auf ein mit Mehl u[nd] feinem Zuker
bestreutes Nudelbrett, wellt ihn stark zwei
Messerrüken dick aus, sticht mit dem Stern-
model Sterne aus, sezt sie auf ein mit Butter
bestrichenes u[nd] mit Mehl bestreutes Bach-
blek, und giebt sie in einen nicht zu heißen
Ofen. wenn man will kann man sie auch mit                 Vorderseite der Zimtstern-Rezepte (N160-49)
dem Guß, wie bey der schwarzen Brodtorte
bestreichen.

Andere Art Zimmtstern
Der Schnee von 3 Eiweiß wird mit ½ lb ge-
siedem Zucker eine halbe Stunde gerührt. ½
lb ungeschälte Mandeln werden gelesen mit
einem reinen Tuche abgerieben, dann fein ge-
stoßen ebenso die Schale einer Zitrone, 1 L[o]
th gestoßenen Zimmt; dieß alles rührt man
mit dem Zucker durcheinander, streut auf ein
Backbrett halb Mehl u[nd] Zucker wüllt den
Teig so aus daß man einen Sternmodel darin
ausdrücken kann, setzt diese dann auf ein mit
Butter bestrichenes Blech läßt sie über Nacht
stehen ehe man sie in den Ofen stellt dann
werden sie um so schöner.

                                                          Rückseite der Zimtstern-Rezepte (N160-49)
Deine Schwester Marie

1    Abkürzung für librum (lateinisch) = Pfund = 500 g.
2    1 württembergisches Loth = 15,625 g.

22      Stadt Pforzheim | Archivmagazin 2021/3
Wir wünschen allen Leserinnen
 und Lesern frohe Weihnachten
und einen guten Rutsch ins neue
          Jahr 2022!

      N183-30-71; Foto: Römpler & Bolz

                                         Stadt Pforzheim | Archivmagazin 2021/3   23
Archivmagazin.
                                               Haben Sie Hinweise, Anmerkungen oder
Neues aus dem Stadtarchiv Pforzheim            Fragen?

Nr. 2021/3                                     Wollen Sie im Stadtarchiv als Nutzerin oder
                                               Nutzer recherchieren?
Herausgeber
Stadtarchiv Pforzheim in Zusammenarbeit mit    Möchten Sie historische Briefe, Fotos und
dem Förderverein für das Stadtarchiv Pforz-    andere Unterlagen, die Archivgut sein könn-
heim e. V.                                     ten, dem Stadtarchiv übergeben?

                                               Kontakt:
Autorinnen und Autoren dieser Ausgabe          Stadtarchiv Pforzheim
Sonja Anžič-Kemper                             Institut für Stadt­geschichte
sonja.anzic-kemper@pforzheim.de                Kronprinzenstr. 28
                                               75177 Pforzheim
Andrea Binz-Rudek
andrea.binz-rudek@pforzheim.de                 E-Mail: archiv@pforzheim.de
                                               Tel.: 07231 39-2899
Dr. Sonja Hillerich                            Web: www.stadtarchiv.pforzheim.de
sonja.hillerich@pforzheim.de
                                               Benutzungszeiten des Lesesaals
Annette Nußbaum                                Di. u. Mi.: 9–12 u. 14–16 Uhr
annette.nussbaum@pforzheim.de                  Do.:        9–18 Uhr

Redaktion                                      (Vorherige Anmeldung erforderlich).
Dr. Klara Deecke
klara.deecke@pforzheim.de

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nicht anders angegeben, aus den Beständen
des Stadtarchivs Pforzheim; Archivsignaturen
beziehen sich auf das Stadtarchiv Pforzheim,
sofern nicht anders angegeben.

Titelbild: StadtA PF, N160-55-11; Fotograf:
Albert Schmidt

24   Stadt Pforzheim | Archivmagazin 2021/3
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