Schöner Wohnen in Altona? Stadtentwicklung im 20. und 21. Jahrhundert - Historische Museen Hamburg

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Schöner Wohnen in Altona? Stadtentwicklung im 20. und 21. Jahrhundert - Historische Museen Hamburg
Schöner Wohnen in Altona?
Stadtentwicklung im 20. und 21. Jahrhundert
Eine Ausstellung im Altonaer Museum
29. September 2018 bis 24. Juni 2019

In diesem Jahr werden die ersten Wohnungen von insgesamt 1.600 des ersten
Bauabschnittes in der neuen „Mitte Altona“ bezogen. Der Einzug der ersten Mieter in
eines der bedeutendsten aktuellen städtebaulichen Projekte in Hamburg ist der
Ausgangspunkt der neuen Sonderausstellung im Altonaer Museum. „Schöner Wohnen in
Altona?“ setzt sich mit dem vielfältigen Wandel des Stadtteils im 20. Jahrhundert, aber
auch mit den aktuellen Veränderungsprozessen auseinander. Dabei zeigt sich, dass
Altona im Laufe des letzten Jahrhunderts geradezu paradigmatisch für die Entwicklung
von Ideen zum Wohnbau steht.

In Form eines Parcours durch die Geschichte präsentiert die Ausstellung die
verschiedenen Wohnungsbauvorhaben der letzten 130 Jahre in Altona und die damit
verbundenen wichtigsten Phasen der Stadtentwicklung. Neben der Schaffung von
gesundem Wohnraum für breite Bevölkerungsschichten in den 1920er Jahren, über die
Vision einer autogerechten Stadt in den 1950er und 1960er Jahren werden die
funktional organisierte Stadt der 1970er Jahre und die selbstbestimmte und von den
Bürgern selbst getragene Stadtentwicklung der 1980er Jahre thematisiert.

Um auch die aktuellen Auseinandersetzung um die Zukunft des Stadtbezirks
einzubeziehen, werden die anstehenden Planungen zum Holstenareal und zu den
Kolbenhöfen präsentiert und die Besucher eingeladen, die weitere Zukunft des
Stadtbezirks zu kommentieren. Gemeinsam mit den Besuchern möchte das Museum auf
diesem Weg den sich ständig verändernden Charakter des Stadtbezirks erkunden und
zu Reflexionen über die Fragen anregen: Inwiefern ist die rasante und vielschichtige
Entwicklung Altonas beispielhaft für das urbane Leben im 21. Jahrhundert? Welche
Zukunftsvisionen haben Experten und Stadtplaner und welche Wünsche, Hoffnungen
und Befürchtungen haben die Bewohner Altonas, wenn sie sich die Zukunft in ihrem
Stadtteil vorstellen?
Schöner Wohnen in Altona? Stadtentwicklung im 20. und 21. Jahrhundert - Historische Museen Hamburg
Historische Museen Hamburg
Altonaer Museum
Museumstraße 23
22765 Hamburg
Tel. 040 428 135 0
info@altonaermuseum.de / www.altonaermuseum.de

Öffnungszeiten
Montag 10 - 17 Uhr / Dienstags geschlossen
Mittwoch bis Freitag 10 - 17 Uhr / Samstag bis Sonntag 10 - 18 Uhr

Eintrittspreise
8,50 Euro, ermäßigt 5 Euro
Freier Eintritt für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren

Pressekontakt Historische Museen Hamburg
Matthias Seeberg
Pressesprecher
Tel. +49 40 428 131 171
matthias.seeberg@shmh.org

Die Ausstellung wird präsentiert im Rahmen des Hamburger Architektur Sommer 2019
und des Jubiläums 100 jahre bauhaus

Die Realisierung der Ausstellung wurde ermöglicht durch die großzügige Förderung von
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Führungen und Veranstaltungen

Führungen durch die Ausstellung

jeden Sonntag 14 Uhr, 60 Minuten
Kosten: € 1,50 pro Teilnehmer zzgl. Museumseintritt

Kuratorenführungen mit Dr. Kerstin Petermann

jeden 1. Samstag im Monat, 14 Uhr, Dauer 90 Minuten
Kosten: € 1,50 pro Teilnehmer zzgl. Museumseintritt

Gruppenführungen/Angebote für Schulen

Führungen für Schulklassen, Studierende, Gruppen aller Art oder in deutscher
Gebärdensprache können gebucht werden über: Museumsdienst Hamburg,
Tel. 040 428 131 0 oder www.museumsdienst-hamburg.de

Stadtgänge

Stadtgänge mit Dr. Holmer Stahnke, in Kooperation mit der altoba

Rundgang am Diebsteich
Samstag, 29.09.2018, 14.30 Uhr, ca. 90 Minuten

Der Diebsteich gehört seit Jahrhunderten zu Altona. Doch er lag früher weit außerhalb
der Stadt – so weit, dass man hier den Galgen aufstellte. Vom Galgen zur Diebsteich-
Mühle waren es nur wenige Meter. Im 19. Jahrhundert (der Galgen stand nicht mehr)
wurde das Gelände dann von zwei Bahnlinien eingerahmt. Kurz vor Ausbruch des Ersten
Weltkriegs wurde der Diebsteich dann zu einer Attraktion für Vergnügungssuchende. Im
„Luna Park“ gab es alle Attraktionen, die man sich nur wünschen konnte.

Rundgang durch das Gerichtsviertel
Samstag, 13.10.2018, 13 Uhr, ca. 90 Minuten

Wohl kaum ein Quartier in Altona wurde so sehr vom Altonaer Spar- und Bauverein
geprägt wie das Gerichtsviertel (andere nennen es Bahnhofs- oder Haubachviertel). Hier
wurde nicht nur 1892 das erste Haus der altoba gebaut, im Laufe der folgenden drei
Jahrzehnte kamen so viele Genossenschaftshäuser hinzu, dass sich das Wohngebiet
zwischen Allee und Bahnhof, gegen den Willen der Stadt Altona, zum Arbeiterviertel mit
genossenschaftlichem Wohnungsbau entwickelte.
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Beide Stadtgänge nur mit Anmeldung, höchstens 25 Teilnehmer.

Voranmeldung über die altoba:
Angela Hoier-Quassdorf,
Tel. 040 38 90 10-174,
Mail: ahoier-quassdorf@altoba.de,
Kosten: € 11,– pro Teilnehmer

Stadtgänge in Kooperation mit Stadtteiltourismus Osdorfer Born

Samstag, 29.09.2018, 15 Uhr und Samstag, 20.10.2018, 15 Uhr,
Treffpunkt am Bürgerhaus Bornheide, Bornheide 76 (rotes Haus)
Anmeldung unter: kontakt@proquartier.hamburg , die Teilnahme ist kostenlos.

Stadtgänge rund um den Diebsteich mit der steg Hamburg mbH

Freitag, 19.10.2018, 16 Uhr, Samstag, 20.10.2018, 11 Uhr
Die Teilnahme ist kostenlos. Die Teilnehmerzahl ist pro Rundgang beschränkt, weshalb
die Plätze nach der Reihenfolge der Anmeldung vergeben werden.
Voranmeldung über: www.hamburg.de/buergerdialog

Stadtgänge mit Wolfgang Vacano, in Kooperation mit dem Altonaer Stadtarchiv

Die Königstraße - Von der feinen Einkaufsstraße zu Neu-Altona
06.10.2018, 15 Uhr, Treffpunkt: vor dem Altonaer Museum

Die Neue Große Bergstraße - Von der Einkaufsstraße der kleinen Leute zu Ikea
(Treffpunkt: vor IKEA, direkt am Goetheplatz)
20.10.2018, 15 Uhr, Treffpunkt: vor dem Altonaer Museum

Die Neue Mitte - Vom Güterbahnhof zum Wohnquartier
27.10.2018, 15 Uhr, Treffpunkt: Harkortstraße, am Eingang zur Holsten-Brauerei,
Dauer: 75 Minuten

Mit Anmeldung: höchstens 20 Teilnehmer pro Termin
Voranmeldung über info@altonaermuseum.de
Kosten: € 10,– pro Teilnehmer
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Vorträge und Diskussionen

Nach dem Exil. Gustav Oelsner und Ernst May
Prof. Dr. Burcu Dogramaci (München)
Sonntag, 21.10.2018, 13 Uhr, im Rahmen der „Tage des Exils“
Kosten: € 1,50 pro Teilnehmer zzgl. Museumseintritt

Gustav Oelsner (1879-1956) und Ernst May (1886-1970) übten beide einen prägenden
Einfluss auf die Architektur Altonas aus und teilten die Erfahrung des Exils. Gustav
Oelsner setzte in den 1920er Jahren bedeutende Bauten im Stil des Neuen Bauens um,
wurde 1939 ins Exil in der Türkei gezwungen und arbeitete ab 1949 am Wiederaufbau
Hamburgs mit. Ernst May arbeitete ab 1930 in der Sowjetunion und legte 1954 den
Aufbauplan für Neu-Altona nach den Ideen der Nachkriegsmoderne vor.

Ins Exil getrieben: Oskar Gerson und Karl Schneider
Dr. Ralf Lange (Hamburg)
Sonntag, 04.11.2018, 13 Uhr, im Rahmen der „Tage des Exils“
Kosten: € 1,50 pro Teilnehmer zzgl. Museumseintritt

Der Vortrag von Dr. Ralf Lange thematisiert die Biografien der vor 1933 überregional
viel beachteten Hamburger Architekten Oskar Gerson (1886-1966) und Karl Schneider
(1892-1945). Karl Schneiders Bauten wurden in den 1920er Jahren breit beachtet und
als Bauhaus-Architektur rezipiert. Im ersten Bauhaus-Buch 1925 wurde über Schneiders
Haus Michaelsen berichtet. Sowohl Schneider als auch Gerson wurden von den
Nationalsozialisten ins US-amerikanische Exil getrieben und ihre Karrieren
unterbrochen. In den USA konnte Oskar Gerson erst ab 1944 wieder als selbständiger
Architekt tätig sein, Schneider erhielt seine Architektenlizenz erst kurz vor seinem Tod
1945.

Gentrifzierungsturbo?
Der Kampf um Ikea in Altona und die Folgen
Christoph Twickel (Hamburg), Vortrag mit Diskussion
24.01.2019, 18.30 Uhr
Kosten: € 1,50 pro Teilnehmer zzgl. Museumseintritt
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Schnittchen im Schmidtchen
After Work-Veranstaltungsreihe im Café Schmidtchen im Altonaer Museum

Die Große Bergstraße. Ein Abend mit der Fotografin Johanna Klier
Donnerstag, 29.11.2018, 18 Uhr
Changing Climate. Ein Abend mit dem Fotografen André Lützen

Donnerstag, der 06.12.2018, 18 Uhr

Kosten: 10 €, inkl. Schnittchen, Getränke werden individuell abgerechnet.
Anmeldung bitte per Email an: info@altonaermuseum.de

Auch Fotografen beschäftigen sich mit der Frage, wie Menschen wohnen. Bei
Schnittchen und Getränk stellen zwei Hamburger Fotografen aktuelle Projekte im
Gespräch vor. Johanna Klier hat von 2010 bis 2017 die architektonischen Veränder-
ungen in der Großen Bergstraße in Hamburg-Altona dokumentiert. Welche Änderungen
ergeben sich in einem Sanierungsgebiet, welche Auswirkungen hatte die Eröffnung der
ersten innerstädtischen Ikea-Filiale Europas? André Lützen reiste nach Kochi in Indien,
nach Archangelsk in Russland und nach Karthoum im Sudan. Ihn interessierten die
Auswirkungen des Klimawandels auf die Wohnsituation der Bewohner.
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Pressebilder zur Ausstellung (Auswahl)
Diese und weitere Pressebilder zur Ausstellung stehen zum Download zur Verfügung
unter: http://www.historische-museen-hamburg.de/de/presse
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Texte zur Ausstellung
Schöner Wohnen in Altona? Stadtentwicklung im 20. und 21. Jahrhundert

Altona verändert sich. Ende 2017 wurden die ersten Wohnungen im neuen Quartier
„Mitte Altona“ bezogen. Weitere Neubauquartiere wie das „Holstenareal“ sind in
Planung. Die Sonderausstellung im Altonaer Museum nimmt lädt die Besucher zu einer
Erkundungstour durch die Geschichte des Wohnungsbaus ein, der schon seit über 100
Jahren die Stadtentwicklung in Altona bestimmt. Oftmals mit wegweisenden Ideen.

Der historische Rundgang präsentiert die wichtigsten Phasen der Stadtentwicklung der
letzten 130 Jahre: Der Kampf gegen die Wohnungsnot um 1890, die Schaffung von
gesundem Wohnraum für alle in den 1920er Jahren und die gleichgeschaltete
Wohnungspolitik im Nationalsozialismus. Nach 1945 steht die Vision der durchgrünten
und autogerechten Stadt im Mittelpunkt, ab 1965 die Schaffung neuer Zentren am
Stadtrand. Die selbstbestimmte und von den Bürgern getragene Stadtentwicklung der
1970er Jahre leitet über zu den Entwicklungen der Gegenwart. Farbige Wohnräume im
historischen Rundgang erkunden Themen rund ums Wohnen, die immer aktuell
scheinen. Fragen zur Bodenpolitik finden sich im Flur, Nachbarschaft wird im
Wohnzimmer diskutiert, Mietrecht im Schlafzimmer. Fragen zur Mobilität werden in der
Garage angesprochen. Städtische Infrastruktur ist Thema in der Küche und mit urbaner
Ästhetik können Sie sich im Esszimmer beschäftigen.

Heute gilt es, die Frage zu lösen, wie für eine wachsende Stadt zusätzlicher Wohnraum
geschaffen werden kann. Der letzte Raum lädt zur Auseinandersetzung mit der Zukunft
des Wohnens ein: in Altona und darüber hinaus. Welche Ideen zur Zukunft des Wohnens
gibt es? Könnte Altona beispielhaft sein für das urbane Leben im 21. Jahrhundert? Was
denken Sie?

1890 – Wohnen in einer überbevölkerten Industriestadt

 Um 1890 war Altona eine rasant wachsende Industriestadt. 105.000 Menschen lebten in
der überbevölkerten Stadt. Die meisten waren Arbeiterinnen und Arbeiter. Auch im
benachbarten Ottensen stiegen die Einwohnerzahlen. Dort siedelten sich viele
Industriebetriebe an. Die Wohnverhältnisse der Mehrheit der Bevölkerung waren
schlecht. Es herrschte Wohnungsnot. 1889 wurde Ottensen eingemeindet, 1890 dann
Bahrenfeld, Othmarschen und Oevelgönne. Das vergrößerte Stadtgebiet schuf neue
stadtplanerische Möglichkeiten. Als erste deutsche Stadt betrieb Altona eine aktive
Bodenpolitik, um neues Bauland zu erschließen und strengere Bauvorschriften
durchzusetzen. 1914 war die Stadt im Besitz von einem Drittel des Stadtgebietes. Der
Stadterweiterungsplan von 1889 sah Villengebiete im Westen, bürgerliche Wohnviertel
im Norden und neue Gewerbeflächen in Bahrenfeld vor. Ziel der Stadtplanung war die
Erhöhung der Steuereinnahmen. Pläne für eine grundlegende Verbesserung der
Wohnsituation der Mehrheit bestanden nicht.
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Wohnungsnot in Altona

Um 1890 wohnten vor allem Arbeiterinnen und Arbeiter in Altona. In der wachsenden
Stadt gab es nicht genügend Wohnungen und die Mieten waren hoch. Daher waren die
meisten Unterkünfte überbelegt. Die Häuser in der historischen Altstadt waren baufällig
und ohne Sanitäranlagen. In neueren Mietshäusern waren Wohnungen auf engen
Hinterhöfen die Regel. Viele Mieter übten ein Gewerbe in Heimarbeit aus. Einige
Familien vermieteten Betten an Schlafgänger, die sich keine Wohnung leisten konnten.
Industriebetriebe standen direkt neben Wohnhäusern. Armut und Krankheit waren
allgegenwärtig. Schon 1877 waren Bauvorschriften für Neubauten erlassen worden. Sie
schränkten die Höhe und die Dichte der Bebauung ein und verboten Kellerwohnungen.
Jedoch führte dies zu einer Verschärfung der Wohnungsnot, da sich die Kosten für
Neubauwohnungen erhöhten.

Die erste Wohnungsbaugenossenschaft

Als Maßnahme gegen die Wohnungsnot gründeten Handwerker und Arbeiter 1892 eine
Wohnungsbaugenossenschaft: den Altonaer Spar- und Bauverein (altoba). Alle
Mitglieder mussten einen Genossenschafts-Anteilsschein erwerben. Das Kapital wurde
für den Grundstückskauf und zum Bau von Mietshäusern mit gesunden und preiswerten
Kleinwohnungen angelegt. Bauherr und Eigentümer war die Genossenschaft. Ein
Wohnrecht hatten ausschließlich die Mitglieder. Dem Vorstand gehörte der
Großkaufmann Dr. Ferdinand Baur an. Seine Kontakte ermöglichten den Kauf
städtischer Grundstücke im heutigen Gerichtsviertel. Später wurden auch private
Grundstücke bebaut. Um 1910 war die Genossenschaft einer der größten
Immobilienbesitzer der Stadt. Der Magistrat sah diese Entwicklung kritisch und
erschwerte dem Altonaer Spar- und Bauverein weitere Bauvorhaben.

Gartenstadt Steenkampsiedlung

Wohnungsreformer forderten um 1900 den Bau von Gartenstädten: Kleine Häuser im
Grünen sollten Arbeiterfamilien Privatsphäre und Selbstversorgung ermöglichen. Ab
1914 entstand Altonas erste Gartensiedlung für Arbeiter und Angestellte in Bahrenfeld:
die Steenkampsiedlung. Gemeinsame Aktivitäten wie Erntedankumzüge und Sportfeste
stärkten den Zusammenhalt. Bei Planung und Ausführung der Steenkampsiedlung
arbeiteten die städtischen Behörden mit dem Bauverein Altona-Ottensen zusammen. Die
Siedlung wurde bis 1926 in drei Bauabschnitten mit 670 Einfamilienhäusern und 92
Wohnungen realisiert. Während der Inflationszeit war die Finanzierung des Vorhabens
gefährdet. Deshalb gründete die Stadt Altona 1922 die SAGA (Siedlungs-
Aktiengesellschaft Altona) als kommunales Wohnungsunternehmen. Die SAGA
übernahm die Fertigstellung der Steenkampsiedlung.
1924 – Licht, Luft und Sonne für das »Neue Altona«

Die Jahre um 1919 waren geprägt von sozialen Problemen: Nach dem Ersten Weltkrieg
herrschten hohe Arbeitslosigkeit und Wohnungsnot. 1924 wurde Max Brauer für die
SPD zum Oberbürgermeister gewählt. Im Fokus seiner Politik stand das »Neue Altona«.
Ziel war die Erneuerung der Infrastruktur und die Verbesserung der
Lebensbedingungen für die ärmere Bevölkerung. Durch ein großes öffentliches
Bauprogramm entstand gesunder und preiswerter Wohnraum. Bauherren waren die
Stadt Altona, aber auch Wohnungsgenossenschaften und Gewerkschaften. Die
Stadtplanung sah die Trennung von Wohn- und Gewerbegebieten vor sowie die
Schaffung von drei Grüngürteln. »Licht, Luft und Sonne« lautete das Motto. Das »Groß-
Altona-Gesetz« 1927 ermöglichte die Umsetzung der Planungen. Durch die
Eingemeindung der Nachbargemeinden Stellingen-Langenfelde, Eidelstedt, Lurup,
Osdorf, Groß Flottbek, Klein Flottbek, Nienstedten, Blankenese, Sülldorf und Rissen
vergrößerte sich das Stadtgebiet um zwei Drittel. Die Weltwirtschaftskrise 1929
verhinderte weitere Maßnahmen.

Bauzonen und Grünflächen

Um 1920 war Altona eine der am dichtesten bebauten Städte Deutschlands. Im
Verhältnis zur Einwohnerzahl von 168.000 Bewohnern war das Stadtgebiet jedoch klein,
Bauland für städtische Wohnungsbauvorhaben stand kaum noch zur Verfügung. 1923
legte das städtische Bauamt Altona einen Generalsiedlungsplan vor, der auch die
angrenzenden Gemeinden einbezog. Vorgesehen war die Erschließung neuer Gebiete
für den Wohnungsbau und die Konzentration von Industriebetrieben in einem eigenen
Bereich. Die Trennung von Wohnen und Arbeiten sowie weniger dicht bebaute
Wohngebiete sollten die Gesundheit der Bevölkerung verbessern. Grüngürtel boten den
Einwohnern Erholungsmöglichkeiten. Bausenator Gustav Oelsner setzte die Pläne ab
1924 um. Das »Neue Altona« galt deutschlandweit als vorbildlich.

Kommunaler Wohnungsbau

Nach dem Ersten Weltkrieg herrschte größte Wohnungsnot in Altona. 1924 veranlasste
Oberbürgermeister Max Brauer ein kommunales Wohnungsbauprogramm. Umgesetzt
wurde es vom städtischen Bauamt unter der Leitung des Architekten Gustav Oelsner im
Stil des Neuen Bauens. Finanziert wurde das Vorhaben durch die Hauszinssteuer. Sie
wurde auf Wohneigentum erhoben, das vor 1918 entstanden war. Die Wohnanlage an
der Helmholtzstraße war eine der ersten Wohnanlagen in Zeilenbauweise. Dank kleiner
Grünzüge zwischen den Häusern waren die Kleinwohnungen von zwei Seiten belichtet
und durchlüftet. Die Mieten konnten sich allerdings nur Angestellte leisten. Die
Verwaltung     aller  kommunalen       Wohnbauten    übernahm      die    städtische
Wohnungsbaugesellschaft SAGA. Mit der Weltwirtschaftskrise 1929 kam das
Wohnungsbauprogramm zum Erliegen.
Neues Bauen in Eidelstedt

1926/27 errichtete Karl Schneider einen Wohnblock in Eidelstedt, das damals zu Altona
gehörte. Ein Pavillon mit Läden und einer Sparkassenfiliale diente der Nahversorgung
der Mieter. Modern waren die Grundrisse der Kleinwohnungen. Küchen und
Badezimmer lagen bevorzugt auf der Hofseite, Wohnräume zur Straße hin. Alle
Wohnungen wurden von zwei Seiten belichtet. Balkone oder Loggien boten den
Bewohnern Zugang zu Licht, Luft und Sonne. Die kleinen Küchen waren mit
platzsparenden Einbauten ausgestattet. Die Bäder besaßen Duschen oder Wannen.
Deutschlandweit wurden die Bauten von Karl Schneider als Vorbilder für das Neue
Bauen wahrgenommen. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Anlage zerstört.

Gewerkschaften und Wohnungsbau

Von 1928 bis 1930 errichtete Friedrich Ostermeyer den Friedrich-Ebert-Hof am
westlichen Rand von Ottensen. Die Großwohnanlage umfasste mehrere Hundert
Kleinwohnungen mit begrünten Innenhöfen. Große Fenster sorgten für helle
Wohnungen. Alle Wohnungen besaßen ein Bad und eine Zentralheizung.
Gemeinschaftseinrichtungen wie Waschküchen sollten eine neue, solidarische
Wohnkultur ermöglichen. Flachdächer und die Fassade aus rotem Backstein waren nach
den Grundsätzen des Neuen Bauens gestaltet. Bauherr war die »Selbsthilfe e.V.«, eine
Tochtergesellschaft der gewerkschaftlichen Wohnungsbaugesellschaft DEWOG.
Während der 1920er Jahre wurden die meisten Mietwohnungen in Altona von
städtischen oder von gemeinnützigen Bauherren errichtet. Für private Vermieter waren
Kleinwohnungen selten rentabel.

Villenviertel im Westen

Im Altonaer Stadtzentrum wurden vor allem Geschosswohnungen gebaut. In den
westlichen Vororten dagegen wurden Villenbauten errichtet. Die privaten Bauherren
legten Wert auf Komfort und Möglichkeiten zur Repräsentation. Ihre großzügigen
Budgets ermöglichten den Architekten experimentelle Lösungen und aufwendige
Innenausstattungen. Das Haus Michaelsen von Karl Schneider ist das erste Gebäude in
Hamburg, das von Walter Gropius in einem der Bauhaus-Bücher vorgestellt wurde. Auch
Schneiders eigenes Wohnhaus in Bahrenfeld war ein weiß verputzter Bau mit Flachdach
und großen Fensterbändern. Andere Bauherren bevorzugten einen traditionelleren Stil.
Die Villen der Gebrüder Gerson führten den »Heimatschutzstil« auch in den 1920er
Jahren fort.
„Fischkistensiedlungen“ in Lurup und Osdorf

Mit der Weltwirtschaftskrise 1929 stieg die Zahl der Arbeitslosen. Viele konnten sich die
Miete für eine Wohnung nicht mehr leisten. In Selbsthilfe errichteten sich arme Familien
Unterkünfte am Stadtrand, in Lurup und Osdorf. Billiges Baumaterial für die Hütten
waren Fischkisten und Abbruchmaterial, weshalb sie „Fischkistensiedlungen“ genannt
wurden. Andere schlossen sich zusammen und bemühten sich um städtische Förderung.
Die 1931 gegründete „Siedlervereinigung Altona“ errichtete Siedlungen für Erwerbslose
am Rugenbarg. Die Planung übernahm das Altonaer Bauamt, die Ausführung erfolgte in
Eigenarbeit. Die Stadt stellte Grundstücke zur Verfügung und vergab Kredite. Nach 1933
entstanden weitere Siedlungen. Bewerber für die Häuser mussten nun allerdings den
politischen Kriterien des NS-Regimes entsprechen und z.B. ihre „Erbgesundheit“
nachweisen.

1933–1945 – Stadtplanung und Wohnen im Nationalsozialismus

Die Nationalsozialisten wollten die Spuren des „Neuen Altona“ der 1920er Jahre
beseitigen. Die Verantwortlichen wurden aus ihren Ämtern entlassen und ins Exil
getrieben. Für die Architektur galten nun politisch motivierte Stilvorgaben. Flachdächer
wurden nicht mehr geduldet. Stadtplanung erfolgte nach ideologischen Kriterien. Der
nationalsozialistische Herrschaftsanspruch zeigte sich in der Planung zur Neubebauung
des Elbufers und den Wohnsiedlungen aus den 1930er Jahren. 1933 lebten 242.000
Menschen in Altona, das als selbständige Stadt zur preußischen Provinz Schleswig-
Holstein gehörte. Das benachbarte Hamburg hatte 1.127.917 Einwohner. Schon seit
1910 gab es Überlegungen zu einer Zusammenlegung von Hamburg und Altona: Für die
beiden dicht besiedelten Städte erschien eine gemeinsame Infrastruktur sinnvoll. Unter
den Nationalsozialisten wurden die Konzepte 1937 plötzlich Realität. Schon 1938 war
das »Groß-Hamburg-Gesetz« vollzogen und Altona ist seitdem ein Teil von Hamburg.

Wohnungspolitik unter dem NS-Regime

1933 begannen die Nationalsozialisten, alle Bereiche der Politik und Gesellschaft neu zu
organisieren. Die „Gleichschaltung“ erfasste auch die Wohnungsbaugenossenschaften.
Sozialdemokraten und Gewerkschaftsmitglieder wurden aus ihren Ämtern als
Vorstände oder Aufsichtsräte gedrängt. Die Verwaltung der Wohnungsbau-
genossenschaften stand nun unter dem Einfluss der nationalsozialistischen Ideologie.
1938 änderte der Altonaer Spar- und Bauverein seine Satzung. Jüdische Mieter verloren
die Mitgliedschaft und mussten ihre Wohnungen verlassen. Ein neues Mietgesetz
bedrohte ab 1939 alle Juden in Deutschland. Jederzeit konnte ihnen die Wohnung
gekündigt werden. Jüdische Vermieter durften nur noch an Juden vermieten. Für
jüdische Mieter gab es in Deutschland keinen Mieterschutz mehr.
Altstadtsanierung in Altona

1934 erhielt die Stadt Altona Sondermittel der Reichsregierung zur Sanierung alter
Stadtviertel. Eine Altstadtsanierung hatten Stadtplaner schon seit Jahrzehnten gefordert.
Nun wurde der Abriss der südlichen Altstadt angeordnet. Der Abriss der Altstadt hatte
auch politische Gründe. Vor 1933 war die KPD die stärkste Partei im Viertel und hier
lebten noch immer Regimekritiker. In einem „Dringlichkeitsgebiet“ nördlich der Breiten
Straße wurde die Hälfte der Wohnungen für unbewohnbar erklärt und geräumt. Der
Beginn der Abbrucharbeiten im Mai vertrieb weitere Bewohner. Verkaufsver-
handlungen mit den Hausbesitzern fanden ohne Rechtsanwälte statt. Für den
Wiederaufbau des Abbruchgebietes veranstaltete die Stadt einen Ideenwettbewerb. Nur
ein kleiner Teil der geplanten Wohnbebauung wurde verwirklicht. 1937 wurde das
Projekt eingestellt.

Wohnen für die Volksgemeinschaft

Der Wohnungsbau im Nationalsozialismus war Teil der politischen Ideologie und
Kontrolle der Gesellschaft. Im Sanierungsgebiet der Altonaer Altstadt planten
Architekten unter der Leitung von Konstanty Gutschow Häuser für Kleinwohnungen.
Ziel war die »aufgelockerte Stadt«. Die Gemeinnützige Kleinwohnungsbaugesellschaft
Groß-Hamburg baute Wohnhäuser in Ottensen. Aus ihr ging 1939 die »Neue Heimat«
hervor. Die bevorzugte Wohnform der Nationalsozialisten war die Kleinsiedlung am
Stadtrand. 1939 entwickelten Architekten die Idee der »Ortsgruppe als Siedlungszelle«.
Die Organisationsstruktur der Partei war Vorbild für die Anordnung von
Einfamilienhäusern in der Siedlung. Den Bewohnern wurde ihr Platz in der
ideologischen „Volksgemeinschaft“ zugewiesen. Pläne zeigen gleichförmige Siedlungs-
häuser, Läden, Schulen, Sportstätten und ein Ortsgruppenhaus in der Mitte.

Stadtplanung für eine »Führerstadt«

Mit dem Groß-Hamburg-Gesetz verlor Altona 1937 seine Eigenständigkeit. Die
Stadtplanung lag nun in den Händen der Hamburger Verwaltung und des
Reichsstatthalters Karl Kaufmann. Hamburg sollte eine »Führerstadt« werden. Der
Architekt Konstanty Gutschow erhielt den Auftrag zur Neugestaltung des Elbufers. Das
neue Zentrum der Stadt war am heutigen Altonaer Balkon geplant. Für das neue
Zentrum entwarf Gutschow ein Hochhaus als Verwaltungssitz des Reichsstatthalters
und eine Versammlungshalle für 50.000 Menschen. Das Altonaer Museum und das
Rathaus wären abgerissen worden. 40.000 Familien hätten ihre Wohnhäuser verlassen
müssen. Das Baumaterial sollten Häftlinge des Konzentrationslagers Neuengamme
produzieren. Die Pläne wurden nicht
umgesetzt.
1947 – Ideen für den Wiederaufbau: aufgelockert, durchgrünt und autogerecht

Hamburg lag in Trümmern. Für den Wiederaufbau folgten die Stadtplaner dem Ideal der
gegliederten und aufgelockerten Stadt. Grundlage waren die Planungen von Konstanty
Gutschow von 1941 bis 1944. Vorgesehen war eine Trennung von Wohnen und Arbeiten
in jeweils eigenen Gebieten. Außerdem sollte ein hoher Grünanteil gesunde
Wohnverhältnisse für breite Bevölkerungsschichten schaffen. Enge und Schmutz der
Vorkriegsbebauung sollten überwunden werden. Ein weiteres Ziel war eine
autogerechte Stadt mit breiten innerstädtischen Trassen sowie einem System von
Autobahnen um Hamburg. 1954 wurden Pläne für den Wiederaufbau der Altonaer
Kernstadt veröffentlicht. Diese hatte Ernst May für die Wohnungsbaugesellschaft »Neue
Heimat« erarbeitet. Die Menschen sollten in komfortablen Zeilenbauten und
Punkthochhäusern inmitten von Grünstreifen leben. Generell sahen die Planungen eine
geringere innerstädtische Bevölkerungsdichte vor als in der historischen Bebauung. Im
Gegenzug wurden Wohngebiete in den Vororten geschaffen. Stilistisch orientierte man
sich an den Bauten der internationalen Moderne und dem Bauen der 1920er Jahre.

Kriegszerstörung und Wohnungsnot

Im Zweiten Weltkrieg wurde Hamburg durch Bombardierungen großflächig zerstört.
Mehr als 35.000 Menschen kamen ums Leben, 900.000 verloren ihre Wohnung. Die
schwersten Schäden entstanden bei der „Operation Gomorrha“ im Juli 1943. Das dicht
besiedelte historische Zentrum Altonas wurde nahezu völlig zerstört. In den westlichen
Stadtteilen waren die Schäden deutlich geringer. Die Bevölkerung wurde evakuiert oder
lebte in Behelfsheimen und Ruinen. Ein Generalbebauungsplan legte 1947 die
allgemeinen Strukturen für den Wiederaufbau fest. Ein Ziel war die Trennung der
Funktionen Arbeiten und Wohnen. Ähnlichen Leitlinien folgten die Planungen von
Konstanty Gutschow 1941 und 1944. Zur Linderung der Wohnungsnot nahmen
gemeinnützige Wohnungsunternehmen ihre Bautätigkeit wieder auf. Die Baubehörde
startete ein Sofortprogramm für den Wohnungsbau.

Aufbaugebiet Neu-Altona

Nach 1945 waren Teile von Altona noch jahrelang Ruinenlandschaften. Viele Menschen
lebten in Behelfsunterkünften. 1954 stellte Ernst May einen Bebauungsplan für »Neu-
Altona« vor, den er für die Wohnungsbaugesellschaft „Neue Heimat“ erarbeitet hatte.
Auf dem 210 Hektar großen Gelände waren 12.000 Wohnungen für 36.000 Menschen
vorgesehen. 4.000 unzerstörte Vorkriegsbauten sollten abgerissen, der historische
Stadtgrundriss vollkommen überbaut werden. Geplant waren eine Einkaufsstraße an
der Großen Bergstraße, separate Gewerbegebiete, Wohnhochhäuser inmitten von
Grünflächen, Anliegerstraßen und breite Verkehrsschneisen für den Autoverkehr. All
das entsprach den Idealen der gegliederten, aufgelockerten und autogerechten Stadt.
Umgesetzt wurden die Planungen nur zum Teil, etwa an der Königstraße oder dem
Grünzug vom Wohlerspark bis Fischmarkt.

Wohnsiedlungen in Lurup

1950 war Lurup überwiegend mit Behelfsheimen und kleinen Siedlungshäusern bebaut.
Die Wiederaufbauplanung sah eine flächendeckende Bebauung für 25.000 Menschen
vor. Dafür mussten 1.000 Behelfsheime weichen. Der Architekt Bernhard Hermkes
plante vier Wohnsiedlungen in direkter Nachbarschaft: Fahrenort, Veermoor,
Kleiberweg und Morgenröte mit 3.505 Wohnungen. Kennzeichnend waren weite
Grünflächen zwischen den Häusern. Die Wohnungsbaugesellschaft SAGA realisierte das
Großprojekt von 1957 bis 1969. In Fahrenort und Veermoor wurden Einfamilienhäuser,
Wohngebäude mit drei bis vier Geschossen und Hochhäuser mit sechs Geschossen
locker um Wohnstraßen gruppiert. Ein Großteil der Wohnungen war sozial gefördert.
Einkaufsmöglichkeiten, Ärzte und Schulen lagen für die meisten Bewohner in weiter
Entfernung und waren nur per Bus zu erreichen.

Constanze-Wettbewerb für Lurup

1958 schrieb die Frauenzeitschrift »Constanze« den damals größten Architektur-
wettbewerb der Welt für Lurup aus. Gefragt waren Entwürfe für preisgünstige
Einfamilienhäuser. Für eine Familie mit drei Kindern waren maximal 72 Quadratmeter
vorgegeben. Die Baukosten sollten 32.000 DM nicht überschreiten. Die Käufer sollten
über ein Monatseinkommen von 500 bis 1.000 DM verfügen. Unter 521 Einsendungen
wählte eine hochkarätige Jury 21 Entwürfe aus. Die jungen Architekten hatten zumeist
Bungalows mit Flachdächern und flexiblen Grundrissen entworfen. Unter der Bauleitung
des Jurymitglieds Bernhard Hermkes realisierte die SAGA in Lurup schließlich 43
Häuser nach sechs Entwürfen von Preisträgern. Die Verkaufspreise lagen bei circa
100.000 DM.

Neubau im Villenviertel

Nach 1945 blieb der Charakter der Elbvororte als durchgrüntes Villenviertel erhalten.
Etliche historische Villen wurden abgebrochen und die großen, parkartigen Grundstücke
parzelliert. Hier entstanden oft kleine Reihenhäuser für die mittlere Einkommensschicht
oder Mietshäuser. Großbürgerliche Bauherren beauftragten Villen mit einer
großzügigen Raumfolge. Wohn- und Esszimmer dienten zur Repräsentation. Auch
Wohnräume für das Personal waren einzuplanen. Im individuell geplanten
Architektenhaus waren alle Stilwünsche möglich: Rückgriff auf klassizistische
Formensprache oder eine Gestaltung im Sinn der klassischen Moderne. Mit dem Haus
Pinckernelle griff Werner Kallmorgen 1954 ein Konzept von 1930 wieder auf. Der
zweigeschossige Flachbau ist zur Straße fast fensterlos. Die Rückseite prägt eine Loggia.
Siedlung am Hexenberg

Schon in den 1950er Jahren sollte das dicht besiedelte Areal nördlich des Fischmarkts
im Zuge der Neu-Altona-Planungen überbaut werden. Aufgrund der relativ gut
erhaltenen Vorkriegsbebauung wurde das Vorhaben aufgeschoben. 1969 wurden die
Planungen für eine Flächensanierung und den Abriss der Altbauten wieder
aufgenommen. Nach Entwürfen der Architektengemeinschaft Kallmorgen und Partner
bebaute die SAGA ab 1971 das Gelände mit 446 Sozialwohnungen. In den Innenhöfen
wurden Spielplätze und kleine Gärten für die Bewohner der Erdgeschosse angelegt. Die
modern ausgestatteten Wohnungen waren sonnig und erlaubten Ausblicke auf den
Hafen. Trotz der hohen Dichte in den bis zu sechsgeschossigen Häusern erhofften sich
die Architekten ein gutes Miteinander der Bewohner. Die Hamburger Baubehörde
zeichnete die Umsetzung 1976 als vorbildlich aus.

1965 – Urbanität durch Dichte und neue Zentren am Stadtrand

Um 1965 fehlten in Hamburg immer noch Wohnungen. Viele Menschen lebten nach wie
vor in Behelfsunterkünften. Die Stadtplaner wollten deshalb neue Wohngebiete am
Stadtrand schaffen. Breite Bevölkerungsschichten sollten im Grünen wohnen und im
Stadtzentrum oder in einem der Büroviertel wie der »City Nord« arbeiten. Mehrspurige
Straßen verbanden Wohn- und Geschäftsviertel. Immer mehr Menschen besaßen nun
ein eigenes Auto. Bei der Planung der Trabantenstadt Osdorfer Born war eine hohe
Bevölkerungsdichte gewünscht. Man wandte sich vom Ideal des Zeilenbaus und der
„aufgelockerten Stadt“ ab. „Urbanität durch Dichte“ lautete das neue Leitbild. Die
Architekten planten Bänder aus Hochhäusern inmitten von Grünflächen. Eine
autogerechte Infrastruktur entstand am Stadtrand. Das Elbe-Einkaufszentrum war für
den gesamten Hamburger Westen und das Umland konzipiert. Die Innenstädte sollten so
entlastet werden.

Elbe-Einkaufszentrum

Nach zweijähriger Bauzeit wurde das Elbe-Einkaufszentrum am 12. Mai 1966 eröffnet.
Es war das fünfte Shoppingcenter nach US-amerikanischem Vorbild in Deutschland.
Zielgruppe waren die Bewohner des Umlands. 130.000 Menschen lebten in fünf
Kilometern Umkreis. Das Einkaufszentrum lag verkehrsgünstig an der
Hauptverkehrsachse Osdorfer Landstraße nahe der A7. Publikumsmagnete waren das
Warenhaus Hertie und das Bekleidungsgeschäft Peek & Cloppenburg. 55
Einzelhandelsgeschäfte und ein Supermarkt hatten auf 33.000 Quadratmeter
Verkaufsfläche ein breites Sortiment im Angebot. Die Besucher flanierten in autofreien
und überdachten Ladenpassagen. 2.500 Kundenparkplätze standen zur Verfügung. So
konnten alle Einkäufe an einem Ort mit dem Auto erledigt werden.
Trabantenstadt am Osdorfer Born

1962 entwickelte die SAGA erste Konzepte für ein Wohngebiet am Hamburger
Stadtrand. 1963 beauftragte die Baubehörde die Wohnungsbaugesellschaft »Neue
Heimat« mit einem städtebaulichen Gutachten. Für die Großsiedlung Osdorfer Born
wurde eine Alternative zum Zeilenbau gewünscht. Hamburgs erste »Trabantenstadt«
entstand zwischen 1967 und 1971 in Montage-Bauweise als Plattenbau. Hochhäuser
verliefen als »Wohnbänder« entlang der Straßen. Die Infrastruktur für etwa 12.000
Bewohner bestand aus einem Einkaufszentrum, Schulen, Kindertagesstätte,
Gemeindezentrum und Schwimmbad. Die Realisierung einer U-Bahnlinie wurde kurz
vor Baubeginn 1974 gestoppt. Schon kurz nach Fertigstellung klagten Anwohner über
die Anonymität des Wohnens oder die Verwahrlosung einzelner Häuser. Schnell
bekamen die Hochhäuser den Spitznamen „Affenfelsen“.

1970 – Wiederentdeckung der Altbauquartiere

 Um 1970 folgten die Stadtplaner weiterhin den Idealen der »Urbanität durch Dichte«
und der autogerechten Stadt. Hochhäuser sollten preiswerten und komfortablen
Wohnraum am Stadtrand bieten. Ottensen mit seiner gründerzeitlichen Bebauung sollte
seit 1961 flächensaniert, das heißt zu großen Teilen abgerissen werden. Eine 1969
vorgestellte stadtplanerische Studie wollte Ottensen in die Bürostadt „City-West“
verwandeln. Der von 1968 bis 1975 erbaute Elbtunnel bot einen Autobahnanschluss an
die A7. Bei Umsetzung des Konzepts hätte der Stadtteil seinen Charakter als
durchmischtes Wohnviertel verloren. Die Bewohnerinnen und Bewohner von Ottensen
gingen gegen die Pläne auf die Straße und setzten sich durch. Die historische Bebauung
in Ottensen blieb erhalten. Seitdem bringen sich Bürgerinitiativen regelmäßig in
stadtplanerische Prozesse ein. Heute sind Beteiligungsverfahren in Planungsprozessen
verankert. Ein Umdenken in der Stadtplanung hat stattgefunden. Gewachsene
Stadtviertel mit historischer Bebauung werden im Vergleich zu Neubauten als
attraktiver wahrgenommen.

„City-West“ statt Altbauviertel Ottensen

In Ottensen hatte sich nach 1945 die Bebauung aus dem 19. Jahrhundert weitgehend
erhalten. Der Zustand der Gebäude war schlecht und der Stadtteil galt als unattraktiv.
Schon seit 1961 sah der Bebauungsplan eine sogenannte Flächensanierung, das heißt
einen Abriss der Altbauten vor. Seither investierten Vermieter nicht mehr in den Erhalt
der Gebäude, in denen viele »Gastarbeiter« und Studierende lebten. 1969 hatte die
Baubehörde die Kosten für die Freimachung des Geländes und den Umzug der
Bewohner auf 28,5 Millionen DM ermittelt. 1969 stellte die CDU konkrete Entwürfe für
ein flächensaniertes Ottensen vor. Die Vision der Planer war eine verkehrsgünstig in der
Nähe von A7 und Elbtunnel gelegene, neu gebaute „City-West“. In dem geplanten
Büroviertel sollte Wohnbebauung kaum eine Rolle spielen. Die Anbindung an die
Autobahn war als mehrspurige Hochstraße über die Lobuschstraße geplant.
Proteste in Ottensen

Die Bewohnerinnen und Bewohner von Ottensen nahmen die Planungen zur
Flächensanierung von Ottensen nicht widerspruchslos hin. Sie gründeten
Bürgerinitiativen und forderten die Sanierung der Altbauten. Demonstriert wurde auch
gegen den geplanten Autobahnzubringer, der als Hochstraße durch Bleickenallee und
Lobuschstraße verlaufen sollte. Seit 1972 erschien die „Ottenser Zeitung“ und
informierte aus Bewohnersicht. 1973 wurden die Pläne für die „City-West“ offiziell
aufgegeben. Die SPD forderte eine behutsame Sanierung und die Beteiligung der
Bewohner. Die Bürgerinnen und Bürger begleiteten die Entwicklung weiterhin kritisch.
Nach Eröffnung des Elbtunnels 1975 stand die „Verkehrslawine“ durch Ottensen im
Fokus der Proteste. Außerdem setzten sich die Bewohner für den Schutz der
historischen Bebauung ein und forderten die Begrünung des Viertels.

Modellprojekt Karl-Theodor-Straße

Um 1970 gab es kaum Vorbilder für die Sanierung von Altbauten. 1973 beschlossen die
Wochenzeitung „Die Zeit“ und die kommunale Wohnungsbaugesellschaft SAGA,
gemeinsam ein Modellprojekt umzusetzen. Ausgewählt wurde die Karl-Theodor-Straße
in Ottensen, wo viele Häuser im Besitz der SAGA waren. Die Zeitung schrieb einen
Architektenwettbewerb aus und begleitete das Projekt medial. Die Bewohnerinnen und
Bewohner wählten Mieter-Vertrauensleute und diskutierten ihre Wünsche für die
Sanierung. Zusätzlich zur Sanierung der Altbauten wurden auch einige Neubauten
realisiert. Es bildete sich eine Bürgerinitiative, da man Mieterhöhungen befürchtete. Das
Projekt endete 1984. Der intensiv geführte Dialog mit den Anwohnern galt als
vorbildlich.

Wohnen statt Industrie

Während der 1970er Jahre stellten viele Ottenser Industriebetriebe die Produktion ein.
Die gewerkschaftseigene Wohnungsgesellschaft „Neue Heimat“ kaufte 1971 das Gelände
des Bagger-Herstellers Menck & Hambrock an der Ottenser Hauptstraße. Nach dem
Abbruch lag das Gelände jahrelang brach. 1982 gründete sich eine Bürgerinitiative zur
Bewahrung der Grünfläche. Sie kritisierte außerdem die Einfallslosigkeit der geplanten
Bebauung. Das Gelände wurde besetzt und als Park genutzt. Auf einem Teil des
ehemaligen Betriebsgeländes errichtete die „Neue Heimat“ 1981/82 insgesamt 500
Wohnungen: 215 Eigentumswohnungen und 285 Sozialwohnungen. Die Gestaltung der
vier bis sechsgeschossigen Gebäude mit rotem Mauerwerk und steilen Dächern sollte
sich an die gründerzeitliche Bebauung anlehnen. Ein Teil der ehemals besetzten
Grünfläche ist bis heute ein Park.
Szenequartier Ottensen

Während der 1980er Jahre wurden die Sanierungen in Ottensen fortgesetzt. Viele
Anwohner modernisierten ihre Häuser und Wohnungen in Eigenregie und bauten
erstmals Bäder und Zentralheizungen ein. Ehemalige Industriegebäude wurden zu
Wohnhäusern umgebaut oder als Büros genutzt. Die Stadtentwicklungsbehörde wies
Sanierungsgebiete wie den Spritzenplatz aus. Neben der Modernisierung der Gebäude
lag das Augenmerk auf der Begrünung von Innenhöfen oder der Schaffung von
Wohnstraßen. Immer wieder kam es zu Protesten gegen die Räumung besetzter
Gebäude und gegen Luxussanierungen. Dennoch wurde der Stadtteil immer beliebter
und das Wohnen damit teurer. Seit den 1990er Jahren wurden Mietwohnungen vielfach
zu Eigentumswohnungen umgewandelt. Bis heute steigen die Preise für Mieten und
Wohneigentum in Ottensen an.

1998 – Bauen für eine wachsende Stadt

Seit 1998 wächst Hamburgs Bevölkerung kontinuierlich und es wird mehr Wohnraum
gebraucht. Der Bezirk Altona spielt in der Wohnbauplanung Hamburgs eine besondere
Rolle. Unter dem Motto „Mehr Stadt in der Stadt“ werden ehemalige Gewerbeflächen
bebaut, Baulücken geschlossen, Hinterhöfe genutzt und bestehende Gebäude
aufgestockt. Das bedeutendste Projekt ist die Umnutzung des Geländes am Bahnhof
Altona zum Wohnquartier. Die Planungen begannen 2010. 2011 gründeten Senat,
Wohnungswirtschaft, Verbände und Bezirke das „Bündnis für das Wohnen“ in Hamburg.
Ziel ist die Erteilung von Baugenehmigungen für derzeit 10.000 Wohneinheiten pro Jahr.
Bei größeren Neubauprojekten ist der „Drittelmix“ Standard: ein Drittel sozial
geförderte Wohnungen, ein Drittel Mietwohnungen, ein Drittel Eigentumswohnungen.
Soziale Erhaltungsverordnungen sollen die Bewohner besonders attraktiver Viertel wie
Ottensen vor Preissteigerungen schützen. Alle Nutzungs-änderungen und baulichen
Maßnahmen bei Wohnhäusern sind in diesen Vierteln genehmigungspflichtig.

Neubauten auf ehemaligen Industrieflächen

In einer wachsenden Stadt ist Bauland knapp. In Altona werden zunehmend
Industrieflächen in Wohngebiete umgewandelt. Neue Wohnquartiere entstehen vor
allem in Ottensen und Bahrenfeld. Auf dem Gelände der Firma Kühne begannen 2004
die Bauarbeiten für das Quartier Kühnehöfe zunächst mit zehn Gebäuden. Sie vereinen
die Funktionen Wohnen, Arbeit und Freizeit. Auch kleinere Areale werden genutzt und
historische Gebäude umgebaut. Auf dem Gelände der Arzneimittelfirma Asche wurden
2008 die Fischers Höfe erbaut. Die Baugemeinschaft „StattSchule“ wandelte 2011 ein
altes Schulgebäude in Miet- und Eigentumswohnungen um. Die Konversion von
Industrieflächen und Baudenkmalen steht für die Idee der Nachhaltigkeit. Der
Verbrauch von Landschaftsflächen wird reduziert.
Nachverdichtung und Verbesserung im Bestand

Nachverdichtung ist eine Antwort auf fehlendes Bauland in der wachsenden Stadt. Freie
Flächen in bestehenden Wohnanlagen werden bebaut und Dachgeschosse aufgestockt.
Stadtplaner sehen die Vorteile der Nachverdichtung in der Nutzung der vorhandenen
Infrastruktur. Anwohner fürchten die Verdichtung ihrer gewachsenen Nachbarschaft
und den Baulärm. Nachverdichtung ist häufig mit der Modernisierung bestehender
Gebäude verbunden. Dadurch werden benachteiligte Quartiere aufgewertet. Das
Programm „Integrierte Stadtteilentwicklung“ fördert einzelne Stadtteile. Unter der
Beteiligung der Bürger wird die Lebensqualität vor Ort verbessert und der soziale
Zusammenhalt gestärkt. Im Bezirk Altona sind die Stadtteile Osdorfer Born/Lurup und
Altona-Altstadt Teil des Programms.

Bauen für Geflüchtete und Wohnungslose

Ab 2014 stand Altona vor einer neuen Herausforderung, denn die steigende Zahl von
Geflüchteten musste mit Wohnraum versorgt werden. Aber auch Wohnungslose finden
aus eigener Kraft selten eine Wohnung. Das Unternehmen „f & w fördern und wohnen“
der Stadt Hamburg errichtet und betreut Unterkünfte für Geflüchtete und
Wohnungslose. Es gilt, nicht nur ein Dach über den Kopf zu errichten, sondern
angemessene und nachhaltige Unterkünfte zu bauen. In Bahrenfeld entstanden 2014/15
Unterkünfte für Geflüchtete in Modulbauweise. Die Anlage am Holstenkamp steht auch
wohnungslosen Frauen und Männern zur Verfügung. In einem Haus in der Notkestraße
leben alleinstehende Frauen, bis sie eine eigene Wohnung finden. Die Wahl der
Standorte rief im Vorfeld zuweilen Proteste der Anwohner hervor.

Othmarscher Höfe

Die Othmarscher Höfe bilden ein Quartier aus etwa 925 Wohnungen, Gewerbeflächen
und Läden auf dem Gelände der ehemaligen Margarinefabrik Mohr. 2010 gewann das
Büro LRW Architekten und Stadtplaner den Wettbewerb für das Gelände zwischen den
Trassen von Autobahn und S-Bahn. Ihr Entwurf legte die groben städtebaulichen
Strukturen fest. Er bestimmte das Wegenetz sowie die Größe und Verteilung von
Grünflächen, Wohnen und Gewerbe. Die Wege im Quartier sind autofrei. Unter der
Wohnanlage befindet sich eine Tiefgarage. Zum ersten Mal wurde hier der „Drittelmix“
umgesetzt: ein Drittel sozial geförderte Wohnungen, ein Drittel Mietwohnungen, ein
Drittel Eigentumswohnungen. Die Bauarbeiten begannen mit Verzögerung 2012. Der
Kiebitz hatte auf dem Brachgelände gebrütet und musste umgesiedelt werden.
Mitte Altona

Die neue „Mitte Altona“ ist nach der HafenCity das zweitgrößte Städtebauprojekt in
Hamburg. Auf dem Gleisgelände nördlich des heutigen Altonaer Bahnhofs entsteht
aktuell ein neuer Stadtteil in zwei Bauabschnitten. Im ersten Abschnitt wurden auf einer
Fläche von 16 Hektar 1.600 Wohnungen gebaut. Private Investoren und Bauträger,
Wohnungsbaugenossenschaften, die SAGA und verschiedene Baugemeinschaften
errichteten die Häuser. Im November 2017 zogen die ersten Mieter ein. Der zweite
Abschnitt mit 1.900 Wohnungen kann nach Verlagerung des Fernbahnhofs an den
Diebsteich realisiert werden. Das Büro des Architekten André Poitiers gewann 2010 den
städtebaulichen Wettbewerb. Zwei Themen leiteten die Planung: die Beteiligung von
Bürgerinnen und Bürgern in Planungswerkstätten sowie das Thema Inklusion. Einige
Baugemeinschaften realisieren inklusive Wohnkonzepte.

Zukünftig Wohnen in Altona

Im letzten Raum der Ausstellung geht es um die Zukunft des Wohnens. Das Thema wird
viel und kontrovers diskutiert. Denn Wohnen ist individueller Ausdruck und
gesellschaftliche Aufgabe gleichermaßen. Wie kann ausreichender und günstiger
Wohnraum in Städten geschaffen werden? Diese Frage beschäftigt Stadtplaner,
Architekten und Bürgerinitiativen in Hamburg und darüber hinaus. 2016 veröffentlichte
der Bund Deutscher Architekten unter dem Titel „Neue Standards“ zehn Thesen zum
Wohnen und diskutierte Themen wie Verdichtung, Bauen in Serie und niedrigere
Standards. In Altona sind zwei zukünftige Projekte bereits Gegenwart. Für die
»Kolbenhöfe« auf dem ehemaligen Gelände der Kolbenschmidt-Werke wurde der
Bebauungsplan verabschiedet. Der Masterplan für das „Holstenareal“, das 2019 nach
Verlagerung der Brauerei frei wird, ist in Arbeit. Für andere Gebiete wie die
Trabrennbahn Bahrenfeld oder das Stadion von „altona 93“ haben die Planungen noch
nicht begonnen. Aber sie sollen in Zukunft auch für Wohnbebauung zur Verfügung
stehen.

Kolbenhöfe

Das ehemalige Gelände der Kolbenschmidt AG zwischen Friedensallee und S-Bahntrasse
in Ottensen soll bis 2021/22 bebaut werden. Die Entwicklung des Gesamtareals liegt in
den Händen der Rheinmetall Immobilien GmbH. Geplant ist ein Mix aus Wohnen, Büro,
Handwerk und Gastronomie unter dem Motto „Lebendige Vielfalt“. Stadthäuser,
mehrgeschossige Wohnhäuser und alte Werkshallen sollen Wohnen und Arbeiten in
einem Quartier verbinden. Wie bei allen größeren Bauprojekten in Hamburg begann der
Planungsprozess der Kolbenhöfe mit einem städtebaulichen Wettbewerb und der
Beteiligung von Bürgern. Der Hamburger Drittelmix mit einem Drittel sozial geförderter
Wohnungen wird umgesetzt. Die ersten Bauarbeiten begannen im Januar 2018 in einer
der alten Werkshallen. Nach dem Abbruch des Hochhauses der Euler Hermes
Versicherungsgesellschaft wird auch das angrenzende Areal mit ungefähr 460
Wohnungen neu bebaut werden. Auch das östlich gelegene heutige
„Schwarzkopf/Henkel“–Areal soll mit einem Mix aus neuen Wohngebäuden und
Gewerbeflächen überplant werden.

Holstenareal

In direkter Nachbarschaft zur neuen „Mitte Altona“ wird ab 2019 auf dem Areal der
Holsten-Brauerei ein neues Quartier entstehen. Dann wird ein Großteil der Gebäude der
Brauerei abgerissen. Die Entwicklung des Holstenareals liegt in der Hand der SSN Group
AG, Zug. Zurzeit laufen die Planungen für das Areal, in dem Wohnen und Arbeiten
verbunden werden sollen. Vorgesehen sind circa 1.300 Wohnungen und ein
Handwerkerhof. Im Januar 2017 startete der städtebaulich-freiraumplanerische
Wettbewerb. Elf Architekturbüros erarbeiteten Entwürfe für die städtebauliche
Entwicklung des Areals. Alle Entwürfe wurden im März 2017 öffentlich ausgestellt. Ein
Preisgericht wählte fünf Entwürfe aus, die noch einmal überarbeitet wurden. Nach einer
weiteren öffentlichen Präsentation entschied sich das Preisgericht im Juli 2017 für den
Siegerentwurf des Büros André Poitiers Architekt Stadtplaner RIBA in Zusammenarbeit
mit arbos Freiraumplanung. Zurzeit wird daraus ein Funktionsplan erarbeitet. Er bildet
die Grundlage für den Bebauungsplan, der den rechtlichen Rahmen für sämtliche
Baumaßnahmen vorgibt. Begleitet wird die gesamte Entwicklung durch ein
umfangreiches Beteiligungsverfahren.
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