Auswertungen und Analysen zur International Grid Control Cooperation
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
9. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2015 Auswertungen und Analysen zur International Grid Control Cooperation Steffen Fattler 1, Christoph Pellinger Forschungsstelle für Energiewirtschaft e.V., Am Blütenanger 71, 80995 München, +49 (0)89 158121-57, sfattler@ffe.de, www.ffe.de Kurzfassung: Die International Grid Control Cooperation (IGCC) ist eine Kooperation zwischen sieben europäischen Übertragungsnetzbetreibern, die darauf abzielt den Einsatz von Sekundärregelenergie zu reduzieren. Strukturell kann sie als Erweiterung des deutschen Netzregelverbundes betrachtet werden, jedoch beschränkt auf dessen erstes Modul, der Saldierung des Sekundärregelenergiebedarfs vor dem tatsächlichen Abruf. Im Rahmen dieses Beitrags werden zunächst die regulatorischen Rahmenbedingungen der Kooperation sowie die der Mitgliedsländer im Bereich der Sekundärregelleistung erarbeitet. Darauf aufbauend folgt eine detaillierte Auswertung der von den Übertragungsnetzbetreibern veröffentlichten Daten zum Sekundärleistungsabruf mit dem Ziel die durch die Teilnahme am IGCC erzielten Ersparnisse energetisch sowie monetär zu quantifizieren. Keywords: Regelenergie, IGCC, Europäischer Strommarkt 1. Einleitung Seit dem Beschluss des Europäischen Rates vom 4. Februar 2011 zur Realisierung eines integrierten europäischen Strombinnenmarktes bis 2014 wird dessen Vorbereitung im Bereich der klassischen Strombörsen konsequent vorangetrieben. Im Gegensatz dazu existieren im Bereich der Regelenergiemärkte noch immer stark ausgeprägte regulatorische Diskrepanzen, sowie eine fast vollständige Entkopplung entlang der Ländergrenzen. Die daraus resultierenden Ineffizienzen sollten im Rahmen der europäischen Strommarktkopplung gehoben werden. Zwar existieren einige bilaterale Kooperationen, hauptsächlich im Bereich der Primärregelleistung, diese beschränken sich bisher allerdings auf die teilweise gemeinsame Ausschreibung der vorgehaltenen Leistungen (Bsp.: Niederlande/Deutschland, Schweiz/Deutschland). Ein Effekt dieser unabhängig voneinander geführten Regelzonen sind gegenläufige, und somit, rein physikalisch aus Sicht des Gesamtnetzes gesehen, unnötige Regelleistungsabrufe. Genau an dieser Stelle greift die Ende 2011 gegründete, und seit dem mehrfach erweiterte International Grid Control Cooperation an. Sie zielt darauf ab durch eine regelzonenübergreifende Onlinesaldierung der Leistungsungleichgewichte vor dem tatsächlichen Abruf die unnötigen Abrufe zu unterbinden und somit die Gesamtsystemkosten zu reduzieren. Im Rahmen der vorliegenden Veröffentlichung soll untersucht werden wie sich Regelenergiemärkte im Bereich der 1 Jungautor Seite 1 von 27
9. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2015 Sekundärregelenergie der beteiligen Regelzonen im Verlauf der letzten Jahre entwickelt haben. Außerdem soll eine energetische wie monetäre Quantifizierung des Einflusses der IGCC auf diese Entwicklung durchgeführt werden. Zu Beginn des Berichts soll zunächst der im Rahmen der IGCC verwendete Saldierungsvorgang und die Abrechnung der ausgetauschten Energiemengen erläutert werden. Im darauf folgenden Kapitel werden die den vorgenommenen Auswertungen zugrundeliegenden Annahmen erläutert. Der Fokus der Analyse liegt dabei auf dem Einfluss der IGCC auf die Regelenergiemärkte. Aus diesem Grund wird ausschließlich die Entwicklung der SRL und im Speziellen die der abgerufenen Energiemengen und den mit Abrufen verbundenen Kosten betrachtet. Abschließend erfolgt eine Zusammenfassung der Ergebnisse in Bezug auf die durch die IGCC eingesparten Regelenergiemengen und Kosten sowie den der Regelenergiebereitstellung zugrundeliegenden Regularien. Für detaillierte Auswertungen der Marktstrukturen und Einsatzcharakteristika der einzelnen Mitglieder im Bereich der Sekundärregelleistung sowie eine Darstellung der Marktdaten jedes Mitgliedslandes inklusive der durch die Kooperation vermiedenen SRL-Abrufe und den damit verbundenen Kosteneinsparungen sei auf den Anhang verwiesen. Die Arbeit entstand in dem Projekt „PiVO - Tanken im Smart Grid“ (Förderkennzeichen: 16SNI005B), das von den Bundesministerien für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), Wirtschaft und Technologie (BWMi), Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) und Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Schaufensters Elektromobilität zusammen mit weiteren acht Partnern aus Industrie und Forschung gefördert wird. 2. Grundlagen IGCC – International Grid Control Cooperation Innerhalb der deutschen Regelzone sind die vier Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB), Tennet, Amprion, Transnet BW und 50Hertz für die Wahrung eines stabilen Netzbetriebs verantwortlich. Vor der Implementierung des deutschen Netzregelverbundes erfolgte die Netzregelung unabhängig voneinander innerhalb der vier Regelzonen. Seit 2001 beschaffen sich die vier Übertragungsnetzbetreiber die Regelleistungsprodukte über die gemeinsame Ausschreibungsplattform regelleistung.net. Die gemeinsame Ausschreibung soll eine möglichst kostenoptimale Beschaffung der Regelleistung ermöglichen. Zu Beginn war jeder der ÜNB alleine für die Frequenzhaltung in seiner Regelzone zuständig. Dies führte oft dazu, dass zum gleichen Zeitpunkt eine Überdeckung in einer Regelzone sowie eine Unterdeckung in einer anderen Regelzone kompensiert wurden, obwohl physikalisch bereits ein gegenseitiger Ausgleich gegeben war. Um diese überflüssigen Kosten zu minimieren entstand eine intensive Kooperation der Übertragungsnetzbetreiber, die schließlich 2010 in der Gründung des bundesweit optimierten Netzregelverbunds (NRV) resultierte (siehe Abbildung 1). Seite 2 von 27
9. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2015 Abbildung 1: Entwicklung des Netzregelverbunds (Eigene Darstellung) Ausgehend von den positiven Erfahrungen des deutschen Netzregelverbundes erschien eine internationale Erweiterung außerordentlich vielversprechend. Laut Prognosen der teilnehmenden Partner sollen durch diese Kooperation je Teilnehmer und Jahr Einsparungen von bis zu 10 Mio. € möglich sein [1]. Zunächst beschränkt auf Modul 1, der Vermeidung von gegenläufigem SRL Einsatz durch vorherige Saldierung der Leistungsungleichgewichte, wurde der Netzregelverbund nach und nach durch weitere Länder erweitert (siehe Abbildung 2). Abbildung 2: Entwicklung des IGCC (Eigene Darstellung) Grundsätzlich ist die austauschbare Leistung innerhalb der IGCC auf die in den einzelnen Mitgliedsländern vorgehaltene Sekundärregelleistung begrenzt und beläuft sich damit insgesamt auf etwa 3780 MW (Stand 2015, [1]). Sie teilt sich wie folgt auf die Mitgliedsländer auf: Tabelle 1: Vorgehaltene SRL der IGCC-Mitglieder Deutschland: ± 2300 MW Dänemark: ± 300 MW Niederlande: ± 300 MW Schweiz: ± 400 MW Tschechien: ± 350 MW Belgien: ± 140 MW Österreich: ± 200 MW Seite 3 von 27
9. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2015 2.1 Technische Umsetzung Die bisherige Kooperation innerhalb der IGCC beschränkt sich auf das erste Modul des deutschen Netzregelverbundes, der Saldierung von Leistungsungleichgewichten vor dem tatsächlichen Abruf der SRL. Zu diesem Zweck tauschen die Teilnehmer über das Optimierungssystem des deutschen Netzregelverbundes in Echtzeit die Leistungsungleichgewichte ihrer Regelzonen aus. Auf dieser Basis wird das Saldierungspotential ermittelt und die angepassten Werte an die Leistungs-Frequenz-Regler der beteiligten Regelzonen übermittelt. Somit wird ein gegenläufiger Abruf innerhalb der Verbundzone vermieden, die im Gesamtsystem eingesetzte Menge an SRL wird reduziert. Zu beachten ist, dass der mögliche Austausch an den Kuppelstellen zwischen den einzelnen Regelzonen auf die nach Abschluss des Intraday-Handels freien Kapazitäten beschränkt ist. Dies und die Tatsache, dass diese Art der Kooperation keinen Eingriff in die Regelmarktstrukturen der teilnehmen Länder darstellt, ermöglicht eine relativ unkomplizierte Realisierung und Einbindung weiterer Teilnehmer. 2.2 Verrechnungsmodell Das implementierte Verrechnungsmodell, auch Settlement Modell genannt, zielt darauf ab, die durch die Saldierung der SRL eingesparten Kosten möglichst fair auf die teilnehmenden Regelzonen zu verteilen. Hierbei ist zu beachten, dass durch die Vermeidung von positiver Regelenergie zwar grundsätzlich eine Kostenersparnis erzielt wird, durch die Vermeidung von negativer Regelenergie bei positiven Arbeitspreisen dem beteiligten ÜNB aber auch ein Erlös entgehen kann. Aufgrund des systematischen Preisspreads zwischen positiver und negativer Regelenergie sind die erzielten Ersparnisse dabei meistens größer als die entgangenen Erlöse, sodass im Gesamtsystem insgesamt eine finanzielle Einsparung erzielt werden kann. Um diese fair auf die beteiligten Regelzonen zu verteilen wurde ein internationales Settlementpreis-Modell entwickelt welches vor allem den folgenden Anforderungen gerecht werden soll [1]: • Ein Preis für jede Abrechnungsperiode (eine Viertelstunde) • Berücksichtigung des Wertes des vermiedenen Abrufs von Sekundärregelenergie (Opportunitätskosten) • Möglichst einfache und transparente Berechnung • Einfach Erweiterbarkeit um weitere Teilnehmer In den Mitgliedsländern der IGCC existieren zum Teil sehr unterschiedliche regulatorische und marktwirtschaftliche Randbedingungen in der Beschaffungsstruktur und Abrechnung von Regelleistung. Deswegen berücksichtigt das Settlement-Modell den für jedes Mitgliedsland individuell berechneten Opportunitätspreis welcher auf den jeweiligen Opportunitätskosten (also den Kosten, die durch die Saldierung vermieden werden und die damit die strukturellen Unterschiede in der Regelenergiebeschaffung berücksichtigen) basiert. So soll erreicht werden, dass keinem der Mitglieder über einen längeren Zeitraum ein finanzieller Nachteil entsteht. Auf die genaue Berechnung des jeweiligen Opportunitätspreises wird in den folgenden Kapiteln zu den Marktstrukturen der einzelnen Mitgliedsstaaten eingegangen. Der Settlement-Preis selbst hängt von der ausgetauschten Energiemenge der Mitglieder und den jeweiligen Opportunitätspreisen ab und wird für jede Abrechnungsperiode nach Formel 1 berechnet. Seite 4 von 27
9. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2015 Formel 1 CIGCC: Resultierender Settlementpreis in €/MWh Ei,Imp: Importierte Energiemenge der Regelzone i in MWh Ei,Exp: Exportierte Energiemenge der Regelzone i in MWh Ci,Imp: Opportunitätspreis der Regelzone i für positive SRL in €/MWh Ci,Exp: Opportunitätspreis der Regelzone i für negative SRL in €/MWh Hierbei ist zu beachten, dass alle Energiemengen mit dem Wert ihres Betrages in die Rechnung eingehen. Die Vorzeichenkonvention der Opportunitätskosten ist der folgenden Tabelle zu entnehmen: Tabelle 2: Vorzeichenkonvention Opportunitätspreis Zahlungsrichtung Opportunitätspreis Positive SRL ÜNB zahlt an Lieferant (+) Positive SRL Lieferant zahlt an ÜNB (-) Negative SRL ÜNB zahlt an Lieferant (-) Negative SRL Lieferant zahlt an ÜNB (+) Der so berechnete Settlementpreis gilt für alle Mitglieder des IGCC für jeweils eine Viertelstunde und ist für Importe zu zahlen und wird für Exporte vergütet. Die resultierenden Zahlungsströme für jedes Land und jede Abrechnungsperiode ergeben sich dementsprechend nach Formel 2: Formel 2 Mi,IGCC: Resultierender Zahlungsstrom Regelzone i in € Hierbei entspricht ein positiver Zahlungsstrom einer Zahlung, ein negativer einer Einnahme. Da die Opportunitätskosten aufgrund der Vermarkungsstruktur einzelner Länder erst nach der tatsächlichen Lieferung der Energiemengen berechnet werden können, wird auch der Settlement-Preis ex post ermittelt. 3. Erläuterungen zu den vorgenommenen Auswertungen und zur Datengrundlage Die Daten zu abgerufener Sekundärregelleistung und den mit den Abrufen verbundenen Arbeitspreisen werden von den jeweiligen Übertragungsnetzbetreibern der Regelzone in regelmäßigen Abständen auf deren Websites veröffentlicht [2]-[8]. Die im Zusammenhang mit der IGCC ausgetauschten Energiemengen sowie die entsprechenden Settlementpreise werden von den deutschen Übertragungsnetzbetreibern auf der Internetplattform regelleistung.net zur Verfügung gestellt [8]. Seite 5 von 27
9. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2015 Die Summen der Abrufe von SRL und der vermiedenen Abrufe durch die IGCC lassen sich durch die Aufsummierung der für alle Länder vorhandenen Viertelstundenwerte errechnen. Die Berechnung der resultierenden Kosten der SRL-Abrufe geschieht durch Multiplikation der abgerufenen Regelenergiemenge mit den entsprechenden Arbeitspreisen zu jeder Viertelstunde. Die durch IGCC-Saldierung vermiedenen Kosten werden anhand der Formel 3 berechnet: Formel 3 KIGCC,saved: Durch IGCC-Saldierung vermiedene Kosten in € APp_SRL Arbeitspreis für positive SRL in €/MWh APn_SRL: Arbeitspreis für negative SRL in €/MWh CIGCC: IGCC-Settlementpreis in €/MWh EImp: Importierte Energiemenge in MWh EExp: Exportierte Energiemenge in MWh Diese Formel beruht auf der Annahme, dass die durch die IGCC vermiedenen SRL-Abrufe ohne Saldierung trotzdem vollständig abgerufen und über den entsprechenden Arbeitspreis vergütet werden müssten. Von diesen theoretischen Kosten werden dann die tatsächlich entstandenen Kosten, die durch den Austausch über die IGCC entstehen, subtrahiert. Bei dieser Berechnung treten hauptsächlich zwei Probleme auf, welche zu Abweichungen von den tatsächlichen Werten führen können. • Ersteres betrifft alle Länder in denen die eingesetzten Energiemengen nach dem Merit-Order-Prinzip vergütet werden. Der veröffentlichte Preis der Abrechnungsperiode entspricht hier dem mengengewichteten Mittelwert der abgerufenen Energiemenge. Zur Berechnung der tatsächlichen Ersparnisse wäre jedoch der mengengewichtete Mittelwert der abgerufenen Energiemenge ohne IGCC heranzuziehen, was zu einem höheren Referenzpreis führen würde. Dieser müsste über die individuellen Merit-Order-Listen (MOL) neu berechnet werden. Diese MOL stehen aber nur für die deutsche Regelzone zur Verfügung, sodass eine Neuberechnung der tatsächlichen Arbeitspreise nicht möglich ist. Der tatsächliche mittlere Arbeitspreise wäre also in jedem Fall höher als der von den ÜNB veröffentlichte. Die aus der Berechnung hervorgehenden Ersparnisse sind also als Minimum zu betrachten und würden eigentlich höher ausfallen. • Des Weiteren werden in allen Ländern nur dann Arbeitspreise veröffentlicht, wenn auch tatsächlich ein Abruf vorliegt. Wird nun der gesamte Bedarf an SRL durch den IGCC-Austausch kompensiert, wird ein mittlerer Arbeitspreis von 0 €/MWh veröffentlicht welcher so auch in Formel 3 eingehen würde. Die theoretischen Kosten würden also falsch berechnet werden. Um diesem Sachverhalt Rechnung zu tragen, gehen in diese Formel nicht die viertelstündlich veröffentlichten Arbeitspreise sondern deren monatliche Mittelwerte ein. 4. Ergebnisse Insgesamt konnten durch die IGCC deutliche Einsparungen erzielt werden. Diese sollen im Verlauf dieses Kapitels zusammenfassend dargestellt und diskutiert werden. Als Einstieg soll zunächst die Bruttostromerzeugung und das Erzeugungsportfolio aller Mitglieder der IGCC Seite 6 von 27
9. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2015 miteinander verglichen werden, um eine Übersicht über die Proportionen der einzelnen Regelzonen zu erlangen (siehe Abbildung 3 und Abbildung 4, links). 100% 90% 80% Sonstige 70% Erneuerbare 60% Laufwasser 50% Pumpspeicher 40% Kernenergie 30% Öl 20% Gas 10% Kohle 0% Abbildung 3: Erzeugerportfolio der IGCC Mitglieder 2012 (Eigene Darstellung, Daten von [4] & [9]) Die Bruttostromerzeugung der deutschen Regelzone ist mit 629 TWh etwa sechsmal so groß wie die der nächstkleineren Regelzone der Niederlande. Mit Ausnahme Dänemarks befinden sich die aller übrigen Regelzonen im Bereich zwischen etwa 70 und 100 TWh pro Jahr. Dänemark besitzt mit etwa 30 TWh die mit Abstand kleinste Bruttostromerzeugung. Der Regelenergiebedarf hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. Es wird angenommen, dass die absolute Höhe aber grundsätzlich mit der Größe des Regelgebiets, also auch der Bruttostromerzeugung in Verbindung steht. Um eine Vergleichbarkeit der Werte der einzelnen Länder zu ermöglichen, wurde deswegen die Bruttostromerzeugung als Normierungsgröße gewählt. In Abbildung 4 sind links die Bruttostromerzeugung und rechts der jährliche Durchschnitt von abgerufener SRL der einzelnen Länder dargestellt. Abbildung 4: Bruttostromerzeugung (BSE) 2012, fiktiver Jahresdurchschnitt der eingesetzten SRL (Eigene Darstellung, Daten von [2]-[8]) Da die Zeiträume zu denen Daten zur Regelenergie zur Verfügung stehen nicht alle gleich sind, wurden bei der Berechnung der durchschnittlichen Abrufmenge pro Jahr nur die Jahre 2012 bis 2014 berücksichtigt. Außerdem ist in Abbildung 4, links die durch die Bruttostromerzeugung des Landes normierte Höhe der Jahressumme von abgerufener SRL dargestellt. Es ist zu erkennen, dass die Unterschiede der normierten Energiemenge deutliche weniger ausgeprägt sind als die der absoluten Menge. Unterschiede bei dieser normierten Höhe sprechen nicht zwangsläufig für ein „besseres“ Regelsystem oder höhere Prognosegüten, sondern können beispielsweise auch durch eine andere Zielsetzung in der Seite 7 von 27
9. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2015 Regelungstrategie erklärt werden. Den höchsten Wert nimmt hier beispielsweise Belgien ein, dessen ÜNB Elia seinen Fokus deutlich mehr auf die Regelung durch SRL anstatt Tertiärregelleistung gesetzt hat. Die TRE-Abrufmengen sind dafür dementsprechend deutlich geringer als in vergleichbaren Regelzonen. Bei der Betrachtung der Einsparungen durch die Teilnahme an der IGCC ist zu beachten, dass die Mitglieder zu sehr unterschiedlichen Zeitpunkten beigetreten sind. Um eine Vergleichbarkeit zu gewährleisten wurde die mittlere Abrufmenge pro Monat für jedes Land berechnet und dieses auf ein Jahr extrapoliert um zur Darstellung der vermiedenen Abrufmengen in Abbildung 4, rechts zu gelangen. Einsparungen der eingesetzten SRL Abbildung 5 zeigt links die relative Einsparung durch die Teilnahme am IGCC, bezogen auf die gesamte benötigte SRL der jeweiligen Regelzone, rechts ist die durchschnittliche absolute Einsparung pro Jahr dargestellt. Wie zu erwarten ist diese absolute Einsparung vom Bedarf der Länder abhängig und dementsprechend in der „größten“ Regelzone Deutschland am größten. Es ist weiterhin zu erwarten, dass die austauschbare Menge der Länder unter anderem von dem mittleren Bedarf der Gesamtzone abhängt und somit gerade die möglichen Einsparungen in Deutschland begrenzt. Da die dänische Regelzone im Vergleich einen prinzipiell sehr niedriegen Grundbedarf hat, fällt die relative Ersparnis bezogen auf diesen mit über 50 % bei positiver SRL verhältnismäßig groß aus, während sie in Deutschland relativ gesehen eher gering ausfällt. Im verbundweiten Durchschnitt konnte durch die Teilnahme am IGCC die abgerufene SRE um etwa 30 % reduziert werden. Abbildung 5: Durchschnittliche relative und absolute Einsparungen, (Eigene Darstellung, Daten von [2]-[8]) Hier ist anzumerken, dass die Größe und der damit einhergehende Bedarf an SRL nur eine von vielen Einflussfaktoren auf die über den IGCC ausgetauschte Energiemenge darstellt. Außerdem spielen die freien Kuppelstellenkapazitäten zwischen den Ländern und die geographische Lage innerhalb der Verbundzone eine entscheidende Rolle. Insgesamt konnten seit Gründung der IGCC bis Dezember 2014 jeweils 2,98 TWh positive und negative SRL-Abrufe vermieden werden. Monetäre Einsparungen Im Folgenden werden die monetären Einsparungen, die durch die Saldierung erzielt werden konnten gegenübergestellt. In Abbildung 6 sind die finanziellen Einsparungen pro Land und Jahr dargestellt, die nach den in Kapitel 1.2 vorgestellten Annahmen berechnet wurden. Seite 8 von 27
9. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2015 Abbildung 6: Durch IGCC eingesparte Kosten (Eigene Darstellung, Daten von [2]-[8]) Auffällig ist hier, dass die Einsparungen Österreichs besonders groß ausfallen, obwohl der Beitritt zum IGCC erst im April 2014 umgesetzt wurde. Die lässt sich durch die sehr niedrigen Arbeitspreise im Bereich der negativen Sekundärregelenergie erklären. Der österreichische Übertragungsnetzbetreiber APG muss die Anbieter negativer SRE bei Abruf vergüten, während der Zahlungsstrom in allen anderen an der IGCC beteiligten Ländern diesem entgegengesetzt ist. Auf eine weitere Untersuchung dieses Sachverhalts wird im Rahmen dieser Veröffentlichung verzichtet. Für eine detailliertere Darstellung sei allerdings hier noch einmal auf die länderspezifischen Auswertungen im Anhang verwiesen. Insgesamt konnten im IGCC-Gebiet seit Bestehen der Gründung allein durch die Saldierung der Leistungsungleichgewichte vor dem eigentlichen Abruf von SRL Einsparungen von etwa 158 Mio. € erzielt werden. Über die Bildung eines extrapoliertes Jahresmittels aus den monatlichen Mittelwerten der einzelnen Teilnehmer berechnen sich mittlere jährliche Einsparungen von 10,48 Mio. € je internationalem Teilnehmer, womit die nach [1] prognostizierten jährlichen Einsparungen von ca. 10 Mio. € bestätigt werden können. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die individuellen, mittleren jährlichen Ersparnisse von Land zu Land deutlich variieren und von verschiedenen Faktoren abhängen, welche im Verlauf dieses Berichts beschrieben wurden. Dazu zählen unter anderem die grundsätzliche Höhe des Regelenergiebedarfs sowie die individuellen Vergütungsstrukturen der einzelnen Regelenergiemärkte. Weitere Auswirkungen der Kooperation Die im Verlauf dieses Kapitels analysierten und dargestellten Einsparungen betreffen zunächst einmal nur die tatsächlich abgerufene Menge an SRL. Aufgrund der systematischen Zusammenhänge im Bereich der Regelenergie ist zu erwarten, dass eine Reduktion der abgerufenen SRL auch den Bedarf an TRE beeinflussen wird. Außerdem ist davon auszugehen, dass auf lange Sicht auch die Dimensionierung der vorzuhaltenden SRL durch den IGCC beeinflusst wird, da die verwendeten Dimensionierungsverfahren meistens, wie z.B. in Deutschland [10], die im vorhergehenden Dimensionierungszeitraum eingesetzte Regelenergie als Eingangsgröße mit berücksichtigen. Vergleich der SRL-Regularien In Tabelle 3 sind die Rahmenbedingungen der SRL-Abwicklung der einzelnen IGCC-Mitglieder zusammenfassend dargestellt ([3]-[7], [11]-[14]). Es wird deutlich, dass die Marktstrukturen der IGCC-Mitglieder zwar zum Teil ähnlich sind, sie insgesamt aber doch starke strukturelle Unterschiede aufweisen. Ohne eine weitere Harmonisierung dieser Seite 9 von 27
9. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2015 Rahmenbedingungen ist eine Ausweitung der Kooperation nach dem Vorbild des deutschen Netzregelverbunds nicht umsetzbar. Tabelle 3: Übersicht der SRL-Regularien Leistungsvorhaltung DE DK NL CH CZ BE AT Verm arktungsinteravall w öchentlich monatlich jährlich w öchentlich N/A jährlich w öchentlich Anzahl von Produkten 4 1 1 1 N/A 2 6 Mindestangebotsgröße 5 MW N/A N/A 5 MW 20 MW N/A 5 MW Sym m etrisches Produkt nein ja ja ja ja nein nein Produktgröße zeitl. 12 h 1 Monat 1 Jahr 1 Woche N/A 1 Jahr 12h Vergütung nach… pab pab pab pab pab u.a. pab pab Abruf Zw eiter Markt? nein nein ja nein nein ja nein 7% 15 % Aktivierungs- 30 sek - 2 MW/min, 5 min Rampe, N/A Rampe, max 5 min geschw indigkeit 15 min max 10 min max 15 min 15 min Art des Abrufs MO pro-rata MO pro-rata pro-rata pro-rata MO Preisbeschränkung nein entfällt ja entfällt enfällt ja nein Abrechungsintervall 15 min 1h 15 min 15 min 1h 15 min 15 min Vergütung nach… pab Spot +/- x MO Spot +/- x festgelegt pab pab 5. Fazit Ziel der vorliegenden Studie war es, den Einfluss der International Grid Control Cooperation auf die Regelenergiemärkte der beteiligten Regelzonen energetisch, wie monetär zu quantifizieren. In diesem Zusammenhang wurden zunächst die regulatorischen Rahmenbedingungen im Bereich der Beschaffung, des Einsatzes und der Vergütung von Sekundärregelleistung herausgearbeitet. Dabei ergab sich, dass die Regularien starke strukturelle Unterschiede aufweisen, wodurch eine weitere Kopplung der Märkte, analog der des deutschen Netzregelverbundes, ohne eine Angleichung dieser Regularien zunächst als nicht umsetzbar betrachtet werden muss. Bei der Auswertung der historischen Daten konnte festgestellt werden, dass durch die Einführung der IGCC in allen beteiligten Regelzonen energetisch, wie monetär signifikante Einsparungen erzielt werden konnten. Die von den ÜNB der deutschen Regelzone prognostizierte Einsparungen von 10 Mio. € pro internationalem Teilnehmer und Jahr konnten bestätigt werden. Für weiterführende Auswertungen zu den Regelenergiemärkten der beteiligten Regelzonen, sowie einen Ausblick auf die zukünftigen Entwicklungen in diesem Bereich sei auf den Anhang und [15] verwiesen. Seite 10 von 27
9. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2015 Anhang 1. Deutschland Deutschland ist mit einer Bruttostromerzeugung von 627 TWh [9] das erzeugungsstärkste Mitglied der IGCC. Die Fläche des Landes ist in vier Regelzonen aufgeteilt, für die jeweils einer der vier ÜNB Tennet, Amprion, TransnetBW und 50Hertz verantwortlich ist. Seit dem endgültigen Zusammenschluss der vier Regelzonen zum Netzregelverbund im Jahre 2012 beschaffen sich die vier ÜNB die benötigte Regelleistung über die gemeinsame Internetplattform www.regelleistung.net. Auch der Abruf der Regelenergie geschieht regelzonenübergreifend über einen zentralen Merit-Order-List-Server. 1.1 Ökonomische und regulatorische Grundlagen der Sekundärregelleistung Die Dimensionierung der benötigten SRL obliegt in Deutschland den ÜNB der jeweiligen Regelzone. Das Dimensionierungsverfahren basiert auf dem Ansatz der Faltung von Wahrscheinlichkeitsdichteverteilungen und berücksichtigt auf diese Weise verschiedenste Ursachen für Bilanzungleichgewichte wie Kraftwerksausfälle, Lastprognosefehler und Fahrplansprünge. Die Dimensionierung wird alle drei Monate durchgeführt und führt aktuell zu einer ausgeschriebenen Reserveleistung von 2003 MW bei positiver und 1919 MW bei negativer SRL [7]. Vermarktung der Leistungsvorhaltung Die vorzuhaltende Leistung wird in Deutschland wöchentlich separat für jede Regelrichtung vermarktet. Außerdem erfolgt eine weitere Differenzierung in Hochtarif (HT, werktags von 08:00 bis 20:00) und Niedertarif (NT, werktags von 20:00 bis 08:00, an Wochenenden sowie gesetzlichen Feiertagen), sodass insgesamt vier verschiedene Produkte existieren. Die Mindestangebotsgröße beträgt 5 MW. Der Zuschlag erfolgt nach Merit-Order und die vorgehaltene Leistung wird nach pay-as-bid durch den angebotenen Leistungspreis pro vorgehaltene Stunde vergütet. Abrufcharakteristika und Vergütung der Arbeit Im Falle von Bilanzabweichungen erfolgt der Abruf von SRL automatisch durch Leistungs-Frequenz-Regler entsprechend der Merit-Order der angebotenen Arbeitspreise. Diese Aufreihung nach Arbeitspreisen wird Merit-Order-Liste genannt. Das Vorgehen zielt darauf ab, die resultierenden Kosten durch den Abruf zu minimieren. Bei einem Abruf muss die Leistung nach spätestens fünf Minuten vollständig aktiviert und eine Verfügbarkeit von 100 % über den vermarkteten Zeitraum gewährleistet werden. Auch bei der Arbeitsvergütung erfolgt die Preisbildung nach dem pay-as-bid-Prinzip basierend auf der aktuellen Merit-Order-Liste. Der für die Berechnung des IGCC-Settlementpreises relevante Opportunitätspreis wird für positive wie negative SRL je viertel Stunde ermittelt. Er errechnet sich jeweils aus dem Quotienten der Kosten (bzw. Erlöse) je Viertelstunde und der in der gleichen Zeit eingesetzten SRL-Menge, entspricht also dem gewichteten Mittelwert der Arbeitspreise. (Beschreibung nach [11]) Seite 11 von 27
9. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2015 1.2 Auswertungen Die Entwicklung der in Bezug auf die Ersparnisse durch die IGCC relevanten Werte der tatsächlich abgerufenen SRL und den damit verbundenen Kosten sind in Abbildung 7 für die Jahre 2009 bis 2014 dargestellt. Abbildung 7: SRL-Abrufe und Kosten – Deutschland (Eigene Darstellung, Daten von [8]) Abbildung 7 zeigt die jährlich aufsummierten Mengen an positiver wie negativer abgerufener SRL, sowie die seit 2012 durch die IGCC vermiedenen SRL-Abrufe. Rechts sind in Blau die aufsummierten Kosten aufgezeigt, die durch die dem ÜNB durch die Abrufe entstanden sind. In Rot dargestellt sind die Einsparungen durch die Teilnahme am IGCC. Es ist hier zu beachten, dass die Kosten der Leistungsvorhaltung nicht mit inbegriffen sind, da die Teilnahme am IGCC keinen unmittelbaren Einfluss auf diese hat. Insgesamt ist sowohl bei den jährlich abgerufenen Energiemengen sowie den damit in Verbindung stehenden Kosten seit dem Jahr 2012 eine deutlich fallende Tendenz zu erkennen, welche durch die Teilnahme am IGCC noch weiter verstärkt wird. Die niedrigen Gesamtkosten im Jahr 2011 werden durch die starken Unterschiede zwischen der aufsummierten Menge an positiver und negativer SRL hervorgerufen. Während dem Anbieter positive Regelenergie bei positiven Arbeitspreisen vergütet wird, muss er für abgerufene negative Regelenergie bei positiven Arbeitspreisen aufkommen. Da im Jahr 2012 besonders wenig positive SRL abgerufen wurde, fallen die Gesamtkosten vergleichbar gering aus. Abbildung 8: Verlauf der mittleren Arbeitspreise (AP) - Deutschland (Eigene Darstellung, Daten von [8]) Seite 12 von 27
9. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2015 2. Dänemark Abbildung 9: Dänemark West und Ost (Eigene Darstellung) Das dänische Energiesystem ist in zwei Teile aufgeteilt, Dänemark West (auch DK1) und Dänemark Ost (auch DK2). Dänemark Ost ist Teil des Nordeuropäischen Verbundnetzes (ehemals NORDEL) während Dänemark West mit dem zentraleuropäischen Verbundnetz (ehemals UCTE) verbunden ist. Zwar sind die beiden Verbundnetze über HGÜ verbunden und haben die gleiche Nenn-Netzfrequenz, sind aber aufgrund der fehlenden Wechselstromverbindung als asynchron zu bezeichnen. Das heißt konkrete Frequenzabweichungen und Phasenlage des Wechselstroms können unterschiedlich sein. Für beide Teile des dänischen Energiesystems ist der ÜNB Energinet.dk verantwortlich, die Struktur der Regelenergiebeschaffung und -Bereitstellung ist allerdings grundsätzlich verschieden. Da nur Dänemark West Teil der IGCC ist, wird in den folgenden Ausführungen und Analysen auch nur auf die Produkte und Daten dieser Zone eingegangen. Wird von „Dänemark“ gesprochen, ist damit nur der westliche Teil gemeint. Grundsätzlich zu beachten ist, dass in Dänemark im Gegensatz zu den anderen Mitgliedern der IGCC eine Abrechnungsperiode von einer Stunde implementiert ist (im Vgl. zu 15 Minuten in den anderen Ländern). 2.1 Ökonomische und regulatorische Grundlagen der Sekundärregelleistung In Dänemark wird Sekundärregelleistung unter dem Namen „load frequency control“ (LFC) geführt. Deren ökonomischen und regulatorischen Grundlagen werden im folgenden Abschnitt zusammenfassend vorgestellt. Vermarktung der Leistungsvorhaltung Die vorzuhaltende Leistung wird einmal monatlich auf Basis des maximalen Stromverbrauchs des Monats dimensioniert und ausgeschrieben. Sie beträgt aktuell ungefähr ±90 MW. Positive und negative Leistung werden hier in einem gemeinsamen Produkt vermarktet und nach dem pay-as-bid-Prinzip nach den gebotenen Leistungspreisen vergütet. Eine Mindestangebotsgröße existiert nicht. Abrufcharakteristika und Vergütung der Arbeit Der Abruf der LFC sowie deren Vergütung unterscheiden sich deutlich von der deutschen SRL. Der Abruf geschieht hier nicht nach der Merit-Order-Reihenfolge sondern „pro rata“. Das heißt, dass alle Anbieter gleichzeitig, anteilig ihrer vermarkteten Leistung abgerufen Seite 13 von 27
9. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2015 werden. Die Aktivierung muss hier innerhalb von 30 Sekunden begonnen werden und spätestens nach 15 Minuten vollständig abgeschlossen sein. Die Arbeitspreise für abgerufene Leistung richten sich in Dänemark nach den Preisen der manuell abgerufenen Tertiärregelenergie und den Nordpool-Spot-Preisen und gelten für die gesamte Abrechnungsdauer von einer Stunde. Der Preis für positive LFC entspricht dem Arbeitspreis der positiven Tertiärregelenergie, es sei denn, dieser ist niedriger als der aktuelle Nordpool-Spot-Preis. In diesem Fall berechnet er sich aus diesem + 100 DKK. Für den negativen LFC-Arbeitspreis gilt der Arbeitspreis für negative Tertiärregelenergie, es sei denn dieser ist höher als der Nordpool-Spot-Preis in der aktuellen Stunde. In diesem Fall entspricht er diesem -100 DKK. Eben nach diesem Prinzip berechnet sich auch der dänische Opportunitätspreis für die Berechnung des IGCC-Settlement-Preises, welcher für eine ganze Stunde gilt. (Beschreibung nach [12]) 2.2 Auswertungen In Abbildung 10 sind die aufsummierten Abrufmengen von SRL in Dänemark, die über die IGCC ausgetauschten Mengen und die damit verbundenen Kosten dargestellt: Abbildung 10: SRL-Abrufe und Kosten – Dänemark (Eigene Darstellung, Daten von [2] & [8]) Wie bereits in [12] prognostiziert wurde, konnten die SRL-Abrufe durch die vorherige Saldierung mit den IGCC-Partnern um etwa 50 % reduziert werden. Gerade im direkten Vergleich zu Deutschland scheint der IGCC einen viel stärkeren Einfluss auf SRL-Abrufe und resultierende Kosten zu haben. Dies lässt sich vor allem durch das deutlich kleinere, insgesamt aufzubringende Regelvolumen der westdänischen Regelzone erklären. Im jährlichen Mittel ist die aufsummierte Menge von positiver und negativer SRL in Deutschland ungefähr 20-mal so groß, während die durch IGCC vermiedenen mittleren Werte nur etwa fünfmal so groß sind. Damit entsprechen diese Ergebnisse prinzipiell den Erwartungen, dass sich die potentiellen Einsparungen einer Regelzone systembedingt nicht nur an der Höhe der eigenen Regelenergieabrufe sondern vor allem an der gemittelten Höhe aller an der IGCC beteiligten Regelzonen orientieren. Der überproportionale Effekt auf die aus der IGCC Kooperation resultierenden, vermiedenen Kosten lässt sich allerdings allein aufgrund dessen nicht vollständig erklären. Auf eine weitere Untersuchung wird an dieser Stelle verzichtet. Seit Bestehen der IGCC konnten bis Ende 2014 Einsparungen von etwa 9,8 Mio. € erzielt werden. Seite 14 von 27
9. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2015 3. Niederlande Mit einer Bruttostromerzeugung von etwa 102 TWh im Jahre 2012 [9] sind die Niederlande nach Deutschland der zweitgrößte Stromproduzent der IGCC. Dabei nimmt Gas mit einem Anteil von 65 % den Platz als wichtigsten Energieträger ein. Für die Betreibung der Übertragungsnetze und die Netzregelung ist in den Niederlanden der ÜNB TenneT NL verantwortlich. 3.1 Ökonomische und regulatorische Grundlagen der Sekundärregelleistung Auch in den Niederlanden wird Sekundärregelleistung und tatsächlich abgerufene Sekundärregelenergie (auch bekannt unter „Regelvermogen“) über zwei getrennte Ausschreibungen akquiriert. Vermarktung der Leistungsvorhaltung Die Sekundärregelleistungsvorhaltung wird im Gegensatz zu Deutschland nur einmal pro Jahr als symmetrisches Produkt ausgeschrieben und vermarktet. Um an dieser Ausschreibung teilzunehmen müssen die Anlagen in der Lage sein eine Rampensteigerung von 7 % der vermarkteten Leistung pro Minute zu bewältigen, die volle Leistung nach spätestens fünf Minuten zu erreichen und diese für mindestens 15 Minuten zur Verfügung stellen zu können. Bezuschlagte Anbieter sind verpflichtet die vermarktete Leistung über den gesamten Zeitraum zu reservieren und diese am täglich stattfindenden Regelenergiemarkt anzubieten. Insgesamt stellen diese rein technischen Anforderungen eine relativ hohe Hürde dar, sodass fast ausschließlich Großkraftwerke in der Lage sind diese zu erfüllen. Es werden jährlich 300 MW SRL ausgeschrieben, nach der Merit-Order bezuschlagt und nach dem jeweils gebotenen Leistungspreis vergütet (pay-as-bid-Prinzip). Abrufcharakteristika und Vergütung der Arbeit Um den Wettbewerb zwischen den Anbietern noch zu verstärken, können am täglich stattfindenden Regelenergiemarkt auch nicht am Leistungsmarkt bezuschlagte Anbieter Regelenergieprodukte anbieten (sog. „free bids“). Die angebotenen Arbeitspreise können bis zu einer Stunde vor dem Lieferzeitraum geändert werden. Alle Gebote werden anschließend nach der Höhe ihrer Arbeitspreise in der sog. „bid ladder“ (entspricht der deutschen Merit Order List) aufgelistet und im Bedarfsfall in Echtzeit nacheinander bis zu benötigten Leistung abgerufen. Eine parallele Aktivierung (pro rata) wird nur im Falle von größeren Bilanzungleichgewichten vorgenommen. Der Arbeitspreis des höchsten, gerade noch abgerufenen Volumens bestimmt hierbei den Preis für alle aktivierten Angebote des Abrechnungsintervalls (Market-Clearing-Price-Prinzip). Der Opportunitätspreis, der in die Berechnung des IGCC-Settlement-Preises eingeht, entspricht dabei diesem Arbeitspreis. (Beschreibung nach [13]) 3.2 Auswertungen Abbildung 11 zeigt links die Entwicklung der aufsummierten jährlichen Abrufmengen von SRL und rechts die damit verbunden Kosten. Insgesamt ist bei der Abrufmenge sowohl bei positiver als auch bei negativer Regelrichtung eine abnehmende Tendenz zu erkennen, welche durch die Saldierung im Rahmen der IGCC noch einmal verstärkt wird. Seite 15 von 27
9. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2015 Abbildung 11: SRL-Abrufe und Kosten – Niederlande (Eigene Darstellung, Daten von [3] & [8]) Die mit den Abrufen verbundenen Kosten hingegen scheinen eher zuzunehmen, immerhin noch eingedämmt durch die Ersparnisse der vermiedenen Abrufe. Um dieses Phänomen zu erklären ist in Abbildung 12, links die Entwicklung der Arbeitspreise im gleichen Zeitraum dargestellt. Abbildung 12: Entwicklung der Arbeitspreise (AP) und spezifischen Kosten– Niederlande (Eigene Darstellung, Daten von [3]) Insbesondere bei den Arbeitspreisen der positiven SRL ist hier ein steigender Trend mit etwa +10 %/Jahr bis etwa August 2013 zu erkennen. Anschließend brechen die Arbeitspreise positiver SRL stark ein, was zu ebenfalls sinkenden Gesamtkosten im Jahr 2014 führt. Auf eine weitere Analyse der Ursachen hierfür wird an dieser Stelle verzichtet. Die Arbeitspreise der negativen SRL verzeichnen im betrachteten Zeitraum einem Zuwachs von etwa 0,1 %/Jahr. Positive Arbeitspreise bei positiver SRL bedeuten für den ÜNB Kosten, während positive Arbeitspreise bei negativer SRL mit Erlösen verbunden sind. Die durchgeführte Abschätzung ergibt, dass durch die internationale Ausweitung des NRV auf internationale Partner pro Jahr in der niederländischen Regelzone etwa 113 GWh positive und 271 GWh negative SRL-Abrufe vermieden werden konnten. Summiert über den gesamten Zeitraum bis Dezember 2014 entspricht dies einer finanziellen Einsparung von 28,8 Mio. €. 4. Schweiz Der Erzeugerpark in der Schweiz ist, bedingt durch die guten geographischen und topographischen Gegebenheiten, stark von Wasserkraftwerken geprägt. So werden Seite 16 von 27
9. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2015 insgesamt knapp 60 % der nationalen Bruttostromerzeugung durch Wasserkraftwerke bereitgestellt. Weitere 36 % entfallen auf die Kernenergie, während der Anteil konventioneller Kraftwerke mit Brennstoffen fossilen Ursprungs nur etwa 3 % beträgt [4]. Für die Betreibung und Instandhaltung der etwa 6700 km umfassenden Übertragungsnetze und die Bereitstellung von Systemdienstleistungen ist in der Schweiz der Übertragungsnetzbetreiber Swissgrid AG mit Sitz in Laufenburg verantwortlich. 4.1 Ökonomische und regulatorische Grundlagen der Sekundärregelleistung In der Schweiz wird die Menge der vorzuhaltenden SRL jährlich auf Basis von stochastischen Berechnungsverfahren berechnet, welche Größe und Verfügbarkeit des Kraftwerksparks, Güte der Last- und Erzeugungsprognosen und das Lastrauschen der Regelzone berücksichtigen. Zurzeit werden darauf basierend ±400 MW zur Vorhaltung ausgeschrieben. Für die Dimensionierung und Ausschreibung der Regelleistungsprodukte ist die Swissgrid AG zuständig. Vermarktung der Leistungsvorhaltung Im Gegensatz zur deutschen Regelzone werden dazu wöchentlich symmetrische Regelleistungsbänder zu mindestens 5 MW ausgeschrieben. Das heißt die Leistungsvorhaltung bezieht sich sowohl auf positive als auch auf negative SRL. Pro Angebot sind mehrere Menge/Preis-Kombinationen möglich (Stufenangebote), wobei die Mindeststufengröße pro Preis 1 MW entspricht. Die Vergütung der vorgehaltenen Leistung erfolgt über einen Leistungspreis der dem angebotenen Preis des jeweiligen Produkts entspricht (pay-as-bid). Abrufcharakteristika und Vergütung der Arbeit Über einen zentralen Netzregler wird die tatsächlich benötigte Menge an SRL über ein Stellsignal an die Anbieter „pro-rata“ abgerufen. Ähnlich wie in der dänischen Regelzone werden also alle Anbieter gleichzeitig aktiviert, proportional zu der von ihnen angebotenen Menge an Regelleistung. Die Vergütung der abgerufenen Arbeit erfolgt dementsprechend über einen einheitlichen Arbeitspreis der für alle Anbieter gilt und sich an dem über 15 Minuten gemittelten Stellsignal und dem Stundenpreis der Schweizer Energiebörse SwissIX orientiert. Die genaue Preisbildung ist der folgenden Übersicht zu entnehmen, wobei die Vorzeichen der Preise zu berücksichtigen sind. „Wochenbase“ entspricht hier dem ungewichteten Mittelwert aller in der jeweiligen Woche am Day-Ahead-Markt der SwissIX erzielten stündlichen Durchschnittspreise. • Positive SRL + positiver SwissIX-Stundenpreis: mindestens Wochenbase Geldfluss: Swissgrid Anbieter • Positive SRL + negativer SwissIX-Stundenpreis: mindestens Wochenbase Geldfluss: Swissgrid Anbieter • Negative SRL + positiver SwissIX-Stundenpreis: maximal Wochenbase Seite 17 von 27
9. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2015 Geldfluss: Anbieter Swissgrid • Negative SRL + negativer SwissIX-Stundenpreis: maximal Wochenbase Geldfluss: Swissgrid Anbieter Die Vergütung der Arbeit erfolgt demzufolge im Gegensatz zur Leistungsvergütung getrennt nach positiven und negativen Abrufen. Zu beachten ist hierbei, dass nur der über eine Abrechnungsperiode (15 Minuten) saldierte Regelenergiebedarf vergütet wird, sodass es nur einen positiven oder einen negativen Arbeitspreis pro Abrechnungsperiode gibt. Dementsprechend wird sowohl für IGCC-Import als auch Exporte der gleiche Opportunitätspreis angewendet der folglich entweder dem Arbeitspreis positiver oder dem Arbeitspreis negativer SRL entspricht und sich nur durch sein Vorzeichen unterscheidet. (Beschreibung nach [14]) 4.2 Auswertungen In Abbildung 13 ist die Entwicklung der SRL-Abrufe über die letzten vier Jahre dargestellt. Die resultierenden Kosten konnten nur für die letzten vier Jahre ausgewertet werden, weil vor 2011 keine Daten zur Verfügung stehen. Abbildung 13: SRL-Abrufe und Kosten – Schweiz (Eigene Darstellung, Daten von [4] & [8]) Insgesamt ist ersichtlich, dass sowohl die abgerufenen Mengen an positiver und negativer SRL als auch die resultierenden Kosten eine fallende Tendenz aufweisen. Bei der negativen SRL ist allerdings anzumerken, dass die tatsächlich benötigten Energiemengen faktisch gestiegen sind und nur durch die Kooperation im Rahmen der IGCC auf einem konstanten Level gehalten werden konnten. Des Weiteren konnte durch verschiedene Maßnahmen seitens Swissgrid, wie die Anpassung im Ausschreibungsverfahren, welche auch kleineren Anbietern den Zugang zum Regelleistungsmarkt ermöglichte, auch die spezifischen Abrufkosten (also die Arbeitspreise) reduziert werden [9]. Deren Entwicklung ist in Abbildung 14, links dargestellt. Seite 18 von 27
9. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2015 Abbildung 14: Entwicklung der Arbeitspreise (AP) und Leistungspreise (LP) – Schweiz (Eigene Darstellung, Daten von[4]) Abbildung 14, rechts zeigt die Entwicklung der Leistungspreise bis Juni 2014. Dabei ist auffällig, dass diese im Frühjahr jeden Jahres einen Peak aufweisen, welcher im Jahr 2013 besonders ausgeprägt ist. Das lässt sich durch den hohen Anteil von Pump- und Laufwasserkraftwerken an der schweizerischen Elektrizitätsversorgung erklären, welcher wiederum von den Füllständen der Speicherseen beeinflusst wird. Die charakteristisch niedrigen Füllstände zwischen März und Juni verknappen das Angebot auf den Regelleistungsmärkten und erhöhen so die Leistungspreise (siehe Abbildung 15). Der sehr kalte und niederschlagsarme Winter 2012/13 [16] führte zu besonders niedrigen Speicherständen im Frühjahr 2013, wodurch der auffallende Peak der Leistungspreis in diesem Zeitraum zu erklären ist. Abbildung 15: Füllstand Speicherseen – Schweiz 2011-2014 (Eigene Darstellung, Daten von [17]) Die durchgeführte Abschätzung ergibt, dass durch die internationale Ausweitung des NRV auf internationale Partner pro Jahr in der Schweizer Regelzone etwa 93 GWh positive und 164 GWh negative SRL-Abrufe vermieden werden konnten. Summiert über den gesamten Zeitraum bis Dezember 2014 entspricht dies einer finanziellen Einsparung von 12,86 Mio. €. 5. Tschechien Die Stromerzeugung in Tschechien ist mit einem Anteil von 51 % stark durch den Energieträger Kohle geprägt. Einen weiteren großen Anteil nimmt die Kernenergie ein, während Erneuerbare Energie mit 10 % unter dem Durchschnitt der betrachteten Länder liegt. Der ÜNB ČEPS, mit dem tschechischen Staat als Hauptanteilseigner, ist für die Seite 19 von 27
9. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2015 Beschaffung und den Einsatz der Systemdienstleistungen verantwortlich während die tatsächlich eingesetzte Energie von dem tschechischen Energieregulator Energetický Regulační Úřad (ERÚ) vergütet wird. Etwa 90 % der vorgehaltenen Regelleistung wird über langfristige Verträge beschaffen und nach dem pay-as-bid-Prinzip vergütet. Die verbleibenden 10 % werden über einen täglichen Day-Ahead-Markt ausgeschrieben, wobei sich der vergütete Preis hier nach dem Market-Clearing Preis, also nach dem höchsten noch bezuschlagten Angebot richtet. 5.1 Ökonomische und regulatorische Grundlagen der Sekundärregelleistung Vermarktung der Leistungsvorhaltung SRL wird vom tschechischen ÜNB ceps als symmetrisches Produkt mit einer Mindestangebotsgröße von 20 MW ausgeschrieben, wobei auch hier aus Gründen der Redundanz eine maximale Angebotsgröße pro Anlage von 70 MW besteht. Die Vergütung richtet sich nach den jeweiligen Prinzipien der langfristigen Verträge oder des Day-Ahead-Marktes. Abrufcharakteristika und Vergütung der Arbeit Bei einem Abruf von SRL müssen die Anbieter in der Lage sein die vermarktete Leistung innerhalb von 10 Minuten mit einer Rampengeschwindigkeit von 2 MW/min zu aktivieren. Der Abruf erfolgt in Tschechien „pro-rata“, das heißt alle Anbieter werden gleichzeitig aktiviert. Im Gegensatz zu den anderen Regelzonen der IGCC wird der Arbeitspreis für positive und negative SRA einmal pro Jahr von dem tschechischen Energieregulator Energetický Regulační Úřad festgelegt. Seit 2009 beträgt dieser konstant 2350 CZK/MWh (~84,50 €/MWh) für positive SRL und 1 CZK/MWh (~3,5 ct/MWh, wird vernachlässigt) für negative SRL. Bei der Abrechnung wird wie in der Schweiz nur die über eine Abrechnungsperiode (hier eine Stunde!) saldierte Energiemenge vergütet. Wurde in einer Stunde mehr positive als negative SRL abgerufen, wird nur der Saldo mit dem positiven Arbeitspreis vergütet. Ist der Saldo negativ, wird es mit dem negativen Arbeitspreis vergütet. Für die Berechnung des Opportunitätspreises werden zunächst von den Kosten die angefallen wären, wenn CEPS nicht am IGCC teilgenommen hätte die tatsächlichen Kosten der entsprechenden Abrechnungsperiode abgezogen. Diese Kosten werden dann durch den Saldo der Energieimport und -Exporte im Rahmen der IGCC dividiert. Dieser Opportunitätspreis ist über die Abrechnungsperiode von einer Stunde konstant und gilt wegen der zuvor beschriebenen Saldierung bei der Regelenergieabrechnung gleichermaßen für IGCC Import und Exporte. (Beschreibung nach [5]) Seite 20 von 27
9. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2015 5.2 Auswertungen In Abbildung 16 sind die Entwicklung der SRL-Abrufe und die damit verbunden Kosten dargestellt. Abbildung 16: SRL-Abrufe, Tschechien (Eigene Darstellung, Daten von [5] & [8]) Die durchgeführte Abschätzung ergibt, dass durch die internationale Ausweitung des NRV auf internationale Partner pro Jahr in der Tschechischen Regelzone durchschnittlich etwa 107 GWh positive und 83 GWh negative SRL-Abrufe vermieden werden konnten. Summiert über den gesamten Zeitraum bis Dezember 2014 entspricht dies einer finanziellen Einsparung von 22,7 Mio. €. 6. Belgien Die Erzeugung von Elektrizität beruht in Belgien hauptsächlich auf Kernenergie und Gas, wobei sich diese Kraftwerke zu 95 % im Besitz der drei größten Energieversorger, ECS, Electrabel und SPE befinden. Zwar ist der Elektrizitätsmarkt liberalisiert, der Wettbewerb ist allerdings durch diese sehr zentralistisch geprägte Erzeugerstruktur eher eingeschränkt. Für Betrieb und Instandhaltung der Übertragungsnetze sowie die Beschaffung, den Einsatz und die Vergütung der Regelenergie ist der belgische ÜNB Elia verantwortlich. 6.1 Ökonomische und regulatorische Grundlagen der Sekundärregelleistung Aktuell werden in Belgien nach dem Dimensionierungsverfahren von Elia ±140 MW SRL unter dem Namen „Automatic Frequency Restoration Reserves“ (aFRR) vorgehalten. Auch hier werden Leistungsvorhaltung und tatsächlich eingesetzte Leistung über zwei verschiedene Ausschreibungen vermarktet. Vermarktung der Leistungsvorhaltung Die Vermarktung der Leistungsvorhaltung findet dabei einmal pro Jahr statt, wobei positive und negative SRL separat angeboten werden kann und außerdem noch zwischen „peak“ und „off-peak“ Produkten unterschieden wird. Um für die SRL-Bereitstellung präqualifiziert zu werden, muss eine Anlage in der Lage sein eine Rampengeschwindigkeit von 15 % der angebotenen Leistung pro Minute zu realisieren und die gesamte Leistung nach fünf Minuten voll zur Verfügung zu stellen. Für die Angebote gilt eine Mindestangebotsgröße von 5 MW. Außerdem darf pro Anlage nicht mehr als 50 MW vermarktet werden um eine möglichst hohe Versorgungssicherheit in der Regelzone zu gewährleisten. Bezuschlagte Anbieter von SRL werden nach dem pay-as-bid-Prinzip vergütet und müssen eine hundertprozentige Verfügbarkeit über den gesamten Ausschreibungszeitraum gewährleisten. Seite 21 von 27
9. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2015 Abrufcharakteristika und Vergütung der Arbeit Die bezuschlagten Anbieter sind weiterhin verpflichtet ihre vermarktete Leistung am täglich stattfinden Day-Ahead-Regelenergiemarkt anzubieten. Um eine optimale Nutzung aller verfügbaren Ressourcen zu gewährleisten, steht dieser Markt auch allen weiteren Anbietern offen. Es werden nur symmetrische Produkte vermarktet, wobei die möglichen Gebote hier einem „Price-Cap“ unterliegen. Für positive SRL bedeutet das, dass die Arbeitspreise nicht höher sein dürfen als die Brennstoffkosten einer Standard GuD-Anlage mit einer Effizienz von 50 % plus eines Zuschlags von 40 €/MWh. Die Arbeitspreise negativer SRL müssen mindestens 0 €/MWh betragen. Alle Gebote werden zu einer gemeinsamen Merit-Order-Liste zusammengefügt und anhand dieser je nach benötigtem Bedarf für den Folgetag ausgewählt und so für mögliche Abrufe reserviert. Der Abruf erfolgt „pro-rata“, d.h. alle Anlagen werden gleichzeitig über ein Stellsignal aktiviert. Die zu erbringende Leistung jeder Anlage verhält sich dabei proportional zu der vom Anlagenbetreiber insgesamt vorgehaltenen Menge an SRL. Die Vergütung richtet sich hier allerdings trotz des „pro-rata“ -Abrufs nach dem angebotenen Arbeitspreis (pay-as-bid). Der Opportunitätspreis entspricht deswegen dem mengengewichteten mittleren Arbeitspreis pro Abrechnungsperiode (15 Minuten) und wird sowohl für positive als auch für negative SRL berechnet. (Beschreibung nach [5]) 6.2 Auswertungen In Abbildung 17 sind die Entwicklungen von SRL-Abrufen, den damit verbunden Kosten und die Einsparungen durch die Teilnahme am IGCC über den verfügbaren Zeitraum dargestellt. Abbildung 17: SRL-Abrufe und Kosten – Belgien (Eigene Darstellung, Daten von [6] & [8]) Trotz sinkender Abrufmengen ist eine deutliche Kostensteigerung zu erkennen. Dies lässt sich durch die Entwicklung der Arbeitspreise erklären, die im gleichen Zeitraum eine ähnliche Tendenz aufweisen (vgl. Abbildung 18). Die Arbeitspreise der positiven SRL verzeichnen eine leichte Zunahme, während die der negativen im gleichen Zeitraum deutlich abnehmen. Da positive Arbeitspreise bei positiver SRL mit Kosten und positive Arbeitspreise bei negativer SRL mit Erlösen für den ÜNB verbunden sind, haben die vorliegenden Tendenzen einen deutlichen Anstieg der Gesamtkosten durch SRL-Abrufe zur Folge und erklären das vorliegende Phänomen. Auf eine Analyse der Ursachen dieser Entwicklungen soll im Rahmen dieser Arbeit allerdings nicht weiter eingegangen werden. Seite 22 von 27
Sie können auch lesen