Die Schulbücher- und Schulschriftensammlung des BMUKK als pädagogische Quellensammlung

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Die Schulbücher- und Schulschriftensammlung des BMUKK als pädagogische Quellensammlung
Kleiner Katalog zur Präsentation

         Die Schulbücher- und Schulschriftensammlung
                         des BMUKK
              als pädagogische Quellensammlung
                        in der Präsenzbibliotheks-Vitrine
             des Instituts für Bildungswissenschaft der Univ. Wien
                                   (Jänner 2007)

                              Aus dem Proseminar
„Österreichische Bibliotheken und Archive bildungswissenschaftlicher Relevanz I“
                       WS 2006/07, Leitung: Walter Kissling
Die Schulbücher- und Schulschriftensammlung des BMUKK als pädagogische Quellensammlung
Inhalt

1. Ankündigung des Proseminars „Österreichische Bibliotheken und
   Archive bildungswissenschaftlicher Relevanz I: Die Schulbücher- und
   Schulschriftensammlung des BMBWK in Geschichte und Gegenwart“
   (WS 2006/07) .................................................................................. 1
    Abbildung 1: Teile der Schulbuch- und Schulschriftensammlung,
    Minoritenplatz 5, Keller
    Abbildung 2: Teile der Schulbuch- und Schulschriftensammlung,
    Amtsgebäude Rosengasse, Garage

2. Die Schulbuch- und Schriftensammlung des BMUKK ..................... 3

3. Bibliothekare der Amtsbibliothek des österreichischen
   Unterrichtsministeriums ................................................................... 5
    3.1   Übersicht (1849-2007)
    3.2   Salomon Hermann Ritter v. Mosenthal – Ein Leben zwischen Bibliothek
          und Bühne
    3.2.1 Werke Mosenthals
    3.2.2 Sekundärliteratur zu Mosenthal im UBW-OPAC

4. Der große Anteil religiöser Texte in österreichischen Grundschul-
   Lesebüchern des 18. und 19. Jahrhunderts ..................................... 7

5. Welcher Lehrer unterrichtete in welcher Schule in Wien? ................ 9

6. Die ersten Ausbildungskurse für Kindergärtnerinnen als Antwort
   auf veränderte Zielsetzungen von Kindergärten und
   Kinderbewahranstalten um 1870 .................................................... 10
    6.1 Die Lehrpläne der „Schulbuch- und Schulschriftensammlung“ als Quelle
        für die Geschichte der Kindergärtnerinnenausbildung in Österreich
    6.2 Die KindergärtnerInnenausbildung damals und heute: Der Lehrplan
        von 1886 im Vergleich zum Lehrplan von 2004
    6.3 Das „Jahrbuch“ – eine weitere Quellensorte aus der „Schulbuch- und
        Schulschriftensammlung“

7. Die Festschrift als Informationsquelle über historische
   Bildungsinstitute .............................................................................. 14
    7.1 Das k. u. k. Offizierstöchter-Erziehungsinstitut in Hernals
    7.2 Das k. u. k. Offizierstöchter-Erziehungsinstitut in Ödenburg
    Abbildungen 3 und 4: Die beiden k.u.k.Offizierstöchter-Erziehungsinstitute

8. Die Schulbücher- und Schulschriftensammlungen aus der
   Perspektive ihrer NutzerInnen ........................................................ 16
    8.1 Zitate aus einem Gespräch mit einem Nutzer
Die Schulbücher- und Schulschriftensammlung des BMUKK als pädagogische Quellensammlung
1

1. Ankündigung des Proseminars „Österreichische Bibliotheken
   und Archive bildungswissenschaftlicher Relevanz I:
   Die Schulbücher- und Schulschriftensammlung des BMBWK in
   Geschichte und Gegenwart“ (WS 2006/07)1
    Walter Kissling

Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur,2 mithin die Republik,
besitzt eine in Österreich einmalige und international herausragende Sammlung
österreichischer Schulbücher (120.000 Bände) und Schulschriften, insbesondere
Schulprogramme, Jahresberichte, Schulfestschriften und Vorlesungsverzeichnisse,
beides vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart (170.000 Bände).3 Die Sammlung
umfasst weiters Schulgesetze und Verordnungsblätter, Lehrpläne, Amts-, Schul- und
Personalverzeichnisse, ebenfalls aus diesem langen Zeitraum, somit aus den
Gebieten der Habsburgermonarchie, dem heutigen österreichischen Territorium und
dem NS-Staat.

Abbildung 1: Teile der Schulbuch- und Schulschriftensammlung, einkartoniert gelagert auf dem Boden
des Kellers Minoritenplatz 5 (30.6.2006)

1
  Für den Katalog umgearbeiteter Text aus dem kommentierten Vorlesungsverzeichnis (KOVO) der
Studienrichtung Pädagogik, Univ. Wien.
2
  Infolge der Teilung des bisherigen Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur
(BMBWK) in zwei Bundesministerien (Beschluss des Ministeriengesetzes v. 30. I. 07) – in ein
Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur und in ein Bundesministerium für Wissenschaft
und Forschung - und entsprechend der noch aus dem BMBWK stammenden Sektionszuordnung der
Bibliothek ressortiert diese nun beim Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur.
3
  Zahlenangaben: Sammlungsleiterin Ingrid Höfler.
2

Der Bestand der Bibliothek dokumentiert die Entwicklung des österreichischen
Schulwesens, das Verhältnis Staat – Kirche – Zivilgesellschaft - Schule,
Auswirkungen jeweils neuer politischer Systeme auf Schule, den Umgang mit
Nationalitäten, eine sozial, regional, geschlechtsspezifisch und religiös differenzierte
Partizipation an den Schulen, Vorschriften über das Verhalten von SchülerInnen,
LehrerInnen, Geistlichen, Eltern und der Schulaufsicht, wobei Vorschriften wegen
ihres z.T. reaktiven Charakters den Blick auch auf tatsächliches Verhalten dieser
Personen (freilich vom Standpunkt der Administration aus) freigeben, die Rezeption
und Produktion pädagogischer Ideen in Österreich, den Wandel von Curricula und
Unterrichtsmethoden, etc. Neben der bildungswissenschaftlichen und insbesondere
der schulpädagogischen Forschung ist der Bestand der Sammlung relevant für alle
Fachdidaktiken und alle schulfächer-affinen Fachwissenschaften, aber auch für
Wissenschaftsgeschichte, Soziologie, Politikwissenschaft, Psychologie und
allgemeine Sprachwissenschaft.
Diese Sammlung nun entzieht das BMBWK seit Dezember 2004 der Forschung,
indem es die Bestände weitgehend unzugänglich macht. Die Bücher liegen verpackt
in übereinander gestapelten Kartons, die an drei Standorten eingelagert sind. Im
Frühjahr 2006 wurde eines der noch verbliebenen Büchermagazine umgewidmet als
ein weiterer Gastraum für das Ministeriumsbuffet – nachdem die Wirtin vorher schon
Zugang zu den Magazinen hatte und neben den Bücherregalen Erdäpfel und andere
Küchenmaterialien lagerte.
In dieser Situation ergeben sich zwei Lehrveranstaltungsaufgaben:
   1. Auseinandersetzung mit dem Literaturbestand der Sammlung als Gegenstand
       pädagogischer Forschung und Quelle österreichischer und mittel- und
       südosteuropäischer Bildungsgeschichte; Erschließung dieser Literatur für
       vielfältige SE- und DA-Themen an einigen Beispielen. Durch diesen
       Lernprozess sollen die Sammlung und ihre besonderen Textsorten in unseren
       eigenen bildungswissenschaftlichen Kreisen bekannter werden, als sie es
       derzeit sind.
   2. Vorarbeit für eine öffentliche Darstellung von Geschichte und Gegenwart der
       Sammlung, um dadurch zur Sicherung und Zugänglichkeit der Bestände
       beizutragen. Im Interesse von „Bildung, Wissenschaft und Kultur“ darf
3

        Forschung von diesem Untersuchungsgegenstand nicht länger ausgesperrt
        werden.4 5
Neben der Auseinandersetzung mit der Sammlung werden wir uns mit Personen
auseinandersetzen, die diese Bibliothek aufgebaut und ausgebaut haben, mit
WissenschafterInnen, die dort geforscht haben, mit ressortzuständigen Beamten und
mit MitarbeiterInnen anderer Bibliotheken. Die Recherchen werden wir (hoffentlich)
nachvollziehbar dokumentieren.

Abbildung 2: Teile der Schulbuch- und Schulschriftensammlung in der Garage des Amtsgebäudes
Rosengasse 2-6 (30.6.2006; bis dato unverändert, 13.2.2007)

2. Die Schulbuch- und Schriftensammlung des BMUKK
    Ursula Langbein

Adresse:
Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur
A-1014 Wien, Minoritenplatz 5
http://www.bmbwk.gv.at/schulen/service/bibl/Schulbuch-_und_Schulschr1909.xml

Öffnungszeiten: dzt. nur nach Voranmeldung
4
  Mit 1. November 2006 ging die Zuständigkeit für die Bibliothek von der Sektion V (Allgemeine päd.
Angelegenheiten; Statistik und IT-Angelegenheiten; Erwachsenenbildung) über auf die Sektion I
(Allgemein bildendes Schulwesen; Bildungsplanung; internat. Angelegenheiten), Abt. 7
(Budgetplanung, Polytechnische Schulen; Investitionssteuerung AHS). Seitdem sind im Ministerium
endlich Vorarbeiten zur Neuaufstellung der Schulbuch- und Schulschriftensammlung im Gange.
5
  Nachtrag im Mai 2008: Seit Spätherbst 2007 sind die Schulschriften wiederum zugänglich; sie sind in
der Teinfaltstraße 8 aufgestellt. (Zugänglichkeit nur nach Absprache mit dem Bibliothekspersonal am
Minoritenplatz.) Die Schulbüchersammlung wird derzeit gerade aufgestellt; ihr Standort ist der
Minoritenplatz 5.
4

Ansprechperson: ADir. Ingrid HÖFLER
Tel.: +43/1/53120 – 3072
Fax: +43/1/53120 - 3079
Ingrid.Hoefler@bmbwk.gv.at

In der Schulbuchsammlung der Bibliothek befinden sich die vor allem seit Einführung
der Schulbücherapprobation 1850 vom Ministerium zugelassenen Schulbücher; also
auch jene des derzeit laufenden Schuljahres. Eine Besonderheit der Bibliothek ist
die Sammlung Jugendhalle, welche Schulbücher (und einige Methodenbücher) aus
der Zeit vor 1848, dem Gründungsjahr des Ministeriums für Cultus und Unterricht,
umfasst und deren Bestand zurückreicht bis ca. 1774, dem Jahr der Einführung der
Unterrichtspflicht durch die Allgemeine Schulordnung. Der merkwürdige Name
Jugendhalle erklärt sich folgendermaßen: 1898 fand aus Anlass des 50-jährigen
Regierungsjubiläums von Kaiser Franz Josef am Rotundengelände in Wien eine
große „Messe“, eine Leistungsschau der Habsburgermonarchie statt, die viele
Lebens- und Produktionsbereiche umfasst hat. In einem Ausstellungsgebäude
wurden Leistungen des Unterrichts, der Erziehung und der Körperpflege gezeigt,
weshalb das Gebäude die „Jugendhalle“ genannt wurde. Die damals
zusammengeschnorrten und ausgestellten alten Schulbücher wurden nach Ende der
Jubiläumsausstellung der Amtsbibliothek des Unterrichtsministeriums übergeben, wo
dieser älteste und durch Zukäufe seitdem erweiterte Bestand von nunmehr 364 Titeln
unter dem Begriff Jugendhalle im Kapselkatalog inventarisiert ist.6 Die
Amtsbibliothek, deren Bestände die bildungspolitische Entwicklung in Österreich
dokumentierten, wurde 2002 filetiert: Große Bestände wurden der Administrativen
Bibliothek des Bundeskanzleramtes übergeben (Wien 1, Herrengasse 23, Online-
Kataloge: www.opac.bka.gv.at). Die Schulbuch- und Schulschriftensammlung
mitsamt der Jugendhalle-Sammlung verblieb im Bundesministerium für Bildung,
Wissenschaft und Kultur, ist dort aber seit Ende 2004 grosso modo nicht mehr
zugänglich.

Die Schulschriftensammlung, die noch umfänglicher als die Schulbüchersammlung
ist, umfasst vor allem Jahresberichte und Festschriften österreichischer Schulen.
Weiters findet man Schulgesetze, Verordnungen und Erlässe seit 1848, Lehrpläne

6
 Ausführlich zur Jugendhalle vgl. „Schulbücher als Erinnerungen an die Jubiläumsausstellung 1998
anlässlich des 50-jährigen Regierungsjubiläums Kaiser Franz Joseph I.“
http://www.bmbwk.gv.at/schulen/service/bibl/Schulbuch-_und_Schulschr1909.xml (20.01.2007)
5

und Bücher zur Methodik und Didaktik, Biographien und Bibliographien, sowie einige
Bücher zur Bildungsgeschichte. - Im vorliegenden kleinen Katalog beziehen sich drei
Beiträge auf Quellen aus der Schulschriftensammlung.

3. Bibliothekare der Amtsbibliothek des österreichichen
   Unterrichtsministeriums
    Gabriele Abpfolter, Sonja Eggertsberger

3.1 Übersicht (1849-2007)
   Sekt. Rat Joseph Mozart (später Hofrat)                     1849
   Konzeptsadjunkt Johann Frh. v. Päumann                      1849 – 1853
   Dr. theol. Johann Baptist Salfinger                         1853 – 1854
   Johann Frh. v. Päumann                                      1854 – 1864
   Kaiserl. Rat Salomon Hermann Rr v. Mosenthal                1864 – 1877
   Stelle vakant                                               1877 – 1880
   Min. Konzipist Otto Steiner Frh. Von Pfungen                1880 – 1886
   Dr. phil. Thomas Fellner (später Priv. Dozent)              1886 – 1887
   Dr. jur. Richard Frh. v. Bienert
    (1906/08 Minister des Innern, 1908/11 Ministerpräsident,
    ab 1915 Graf v. Bienerth-Schmerling)                        1887 – 1889
   Statthalterei-Konzipist Günther Frans v. Sagburg            1889 – 1890
   Min. Konzipist Oskar Frh. v. Villani                        1890 – 1891
   Dr. Jur. Wilhelm Pöztl (später Archivdirektor)              1891 – 1910
   Archivdirektor Franz Josef Staub                            1910 – 1925
   Archivdirektor Dr. phil. Viktor Kreuzinger                  1925 – 1942
   Oberarchivrat Dr. phil. Friedrich Antonius                  1942 – 1945
   Wirkl. Hofrat Dr. phil. Otto Guglia                         1946 – 1969
   Sektionsrat abs. jur. Gerhard Silvestri                     1970 – 1994
   MR Dr. Norbert Neumann                                      1991 - 2000
   ADir. Ingrid Höfler                                         seit 1994

3.2 Salomon Hermann Ritter v. Mosenthal – Ein Leben zwischen Bibliothek und
   Bühne
6

Mosenthal entspricht nicht den allgemeinen Vorstellung von einem typischen
Bibliothekar, und aus diesem Grund haben wir ihn aus den zahlreichen
Bibliothekaren hervorgehoben.
Geboren wurde Mosenthal am 14. Januar 1821 in Kassel, er besuchte das
Gymnasium in Kassel und ein Polytechnikum in Karlsruhe. Durch eine Aufforderung
des angesehen Wiener Bankiers Goldschmidt, in sein Haus als Erzieher zu kommen,
wurde Wien zu seiner zweiten Heimat.
1846 führt er sein erstes Theaterstück „Der Holländer Michel“ auf und feiert 1850 mit
„Deborah“ seinen ersten großen Bühnenerfolg. Sein wohl bekanntestes Werk aber ist
das Libretto zu Otto Nicolais Oper „Die lustigen Weiber von Windsor“.
Seine Popularität öffnete Mosenthal die Tür für eine erfolgreiche Karriere, obwohl das
für einen Juden in seiner Zeit nicht selbstverständlich war. Er bekam 1849 das
Ehrendoktorat der Universität Marburg verliehen und 1850 begann er als Official in
einem der Hilfsämter des Ministeriums für Cultus und Unterricht in Wien. Er bewarb
sich 1861 um die Stelle als Bibliothekar für die Amtsbibliothek des Ministeriums, die
er dann 1864 antrat.
In dieser Stellung konzentrierte er sich darauf, nicht nur Neuanschaffungen für die
unmittelbar administrativen Erfordernisse des Ministeriums zu tätigen, sondern auch
Literatur zu wichtigen kulturellen und wissenschaftlichen Entwicklung seiner Zeit zu
beschaffen, Literatur also, die für das Ressort relevant ist bzw. wäre.7 Es entstand so
eine Bibliothek, die zu den vollständigsten und bedeutendsten Sammlungen des
österreichischen Unterrichtswesens zählte.
1867 erhielt Mosenthal den Titel eines Kaiserlichen Rates, vier Jahre später den
Orden der eisernen Krone und den Titel eines Ritters. Im Alter von 56 Jahren starb
Salomon Hermann Ritter von Mosenthal im Jahre 1877 und wurde auf dem
israelitischen Friedhof in Wien-Währing beigesetzt.

3.2.1 Werke Mosenthals

   Der Holländer Michel, 1846
   Deborah, 1848
   Ein deutsches Dichterleben, 1850
   Der Sonnwendhof, 1857
7
 Ich bin mit Ihrer Formulierung nicht klargekommen und habe das jetzt freihändig und als eine noch
zu prüfende Vermutung so in ihren Text hineinformuliert. Dabei fällt mir auf, dass sich im Text keine
Angaben darüber finden, woher Ihre Informationen stammen. (Orange Ordner des RR Vogel? Oder
anderes? Bitte bei PSA darauf achten. W.K.)
7

   Die lustigen Weiber von Windsor, 1871
   Die Königin von Saba, 1875
   Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben, 1878

3.2.2 Sekundärliteratur zu Mosenthal im UBW-OPAC

   Damböck, Rafaela: Salomon Hermann von Mosenthal. Der Deborah-Dichter und
    die Wiener Gesellschaft. - DA Uni Wien, 1994.
   Kostjak, Franz: Hermann Salomon Mosenthal als Dramatiker. – Wien, 1928.
   Schug, Karl: Salomon Hermann Mosenthal. Leben und Werk in der Zeit. Ein
    Beitrag zur Problematik der literarischen Geschmacksbildung. – Diss. Uni Wien,
    1966.
   Die von Ruth Klüger vorgelegte Ausgabe von Mosenthals Erzählungen aus dem
    jüdischen Familienleben (Wallstein und dtv) enthält ein instruktives Nachwort über
    Mosenthal.8

4. Der große Anteil religiöser Texte in österreichischen Grundschul-
   Lesebüchern des 18. und 19. Jahrhunderts
    Iris Bichler-Heinisch, Agnezia-Maria Resetarits-Tincul

Im Gegensatz zum Lesebuch, das den Titel „Erster Theil des Lesebuches für die
Landschulen“ trägt und in dem sich ausschließlich religiöse Texte finden, beinhaltet
der „Zweyte Theil des Lesebuches für die Landschulen ohne Fragen zum Gebrauche
der Schüler“ (Prag 1779, Verlag der k.k. Normalschulbuchdruckerey) alltägliche,
lebensnahe Geschichten, die neben anderen Themen auch religiöse Aspekte und
Verhaltensregeln aufweisen. Allerdings ist der Anteil der religiösen Textpassagen
sehr groß, vor allem wenn man berücksichtigt, dass bereits der gesamte erste Band
religiösen Texten gewidmet war: So haben von den 36 Geschichten des ersten
Kapitels (Kapitel werden im Lesebuch „Stücke“ genannt) 22 Geschichten
ausdrücklichen religiösen Bezug.9
Das Lesebuch beinhaltet Texte und Geschichten zu folgenden Themenbereichen:

8
  Für die PS-Arbeit bitte Literaturrecherche ausdehnen auf den Verbundkatalog und auf den alten NB-
Katalog! (W.K.)
9
  Was unter „religiösem Bezug“ verstanden wird und wodurch sich Texte mit diesem Bezug von
solchen ohne ihn unterscheiden, muss in der PS-Arbeit erläutert und diskutiert werden. (W.K.)
8

       -   „Leseübungen“ mit kurzen „Sittenlehren“ und Kurzgeschichten mit
           moralisierendem Schluss: z.B. „Der nachlässige und boshafte Schulknabe“,
           „Paul und Franz“, „Die Taglöhner“ etc.;
       -   „Schulgesetze“, um die Jugend zu „rechtschaffenen“ Schülern zu machen.
           Dazu gehören Verhaltensregeln, z.B. wie sich „die Kinder gegenüber Gott und
           in der Kirche verhalten sollen“, „wie sich Kinder in Ansehung der Schule
           verhalten sollen“, „wie sich Schüler gegen den Schulmeister und gegen ihre
           Mitschüler verhalten sollen“ und „wie sich Schüler in ihrem ganzen Betragen
           verhalten sollen“;
       -   „Allgemeine Haushaltungskunst“ und richtiges Wirtschaften
       -   Anleitungen zur „Rechtschaffenheit des Bauernstandes“ und „zur Erkenntnis
           der Gründe der Landwirtschaft“.

Die beiden Teile des Lesebuchs waren fast unverändert über mehrere Jahrzehnte in
den Trivialschulen in Gebrauch.
Aus dem „Zweyten Theil des Lesebuches für die Landschulen ohne Fragen zum
Gebrauche der Schüler“ bringen wir nun die folgende Textpassage, die im Sinne der
Aufklärung und stellvertretend für die damalige Zeit steht. In diesem Text wurde ein
besonderes Augenmerk auf die „kindliche (Ehr-)Furcht“ vor Gott gelegt. Dieses
Thema findet sich auch in vielen anderen Passagen des Lesebuches. Angestrebt
wird ein Handeln aus eigenem Antrieb, aus Einsicht, und nicht aus Furcht vor Strafe.
       „Kinder sollen Gott lieben aus ganzem Herzen, aus ganzer Seele, und aus allen
       Kräften. Kinder lieben Gott, wenn sie seine Gebethe halten, ihn durch Sünden
       nicht beleidigen, an dem, was die Ehre und den Dienst Gottes betrifft, ein
       Wohlgefallen haben. Kinder sollen Gott fürchten. Der Anfang aller Weisheit ist die
       Furcht Gottes.10 Man fürchte Gott kindlich, und man thue nichts, was den besten,
       und den gütigsten Herrn beleidigen, oder ihm auch nur missfallen kann, und
       dieser zwar aus Liebe gegen Gott, und nicht allein wegen der Strafe, welche auf
       jede Sünde gewiß folget.“ (S. 51)

10
     Gemeint ist die Furcht vor Gott.
9

5. Welcher Lehrer unterrichtete in welcher Schule in Wien?
     Wie groß waren die Schulen? Der „Wiener Kommunal-Kalender“ gibt
     Auskunft.
     Esther Hofbauer

Das Buch Wiener Kommunal-Kalender und Städtisches Jahrbuch für 1919 ist ein
amtliches Nachschlagewerk, herausgegeben von der Gemeinde Wien. Es beinhaltet
ein Verzeichnis aller Behörden, Ämter und Einrichtungen der Wiener
Stadtverwaltung, angefangen vom Bürgermeister über die Städtischen Bäder bis hin
zum Personalverzeichnis der Angestellten des Zentralfriedhofs. Es werden Angaben
über Adressen und Personalstand der einzelnen Behörden gemacht und die
Beamten mit Namen, Wohnadresse und Dienstgrad aufgelistet.
Der Wiener Kommunal-Kalender wurde als Nachschlagewerk für die Mitarbeiter der
Stadt Wien konzipiert. Er sollte als Hilfsmittel dienen, um innerhalb der Verwaltung so
rasch wie möglich nötige Informationen über Zuständigkeiten und Ansprechpartner
zu finden.11 Er zeigt die Vielfältigkeit der Bereiche der Wiener Stadtverwaltung.
Ein Kapitel ist dem Schulwesen der Stadt Wien gewidmet. Folgende Informationen
sind daraus zu entnehmen: Leitung des Wiener Stadtschulrats und seine Beamten,
Namen von Schulinspektoren, Schulleitern und Lehrern.12
Alle Schulen des Jahres 1919 sind dokumentiert.13 Bei der jeweiligen Schule sind
Adresse und Anzahl der Schüler vermerkt, sowie die Namen der Lehrer. Die
Eintragung für meinen Großvater, der an der Volksschule für Knaben,
Goldschlagstrasse 113, unterrichtete, lautet:
„Schiebl Andreas, Vl, I. Kl., XIII., Gurkgasse 42-44“
Zuerst steht der Name des Lehrers, dann sein Titel, in diesem Fall „Vl“ für
Volksschullehrer, dann schließt die Nummer der Fachgruppe an, 14 also die Klasse I,
gefolgt von der Wohnadresse des betreffenden Lehrers.

11
   Wurden diese Aussagen dem Vorwort entnommen (dann bitte anführen) oder basieren sie auf einer,
nicht unplausiblen, Vermutung? (dann entsprechend vorsichtiger formulieren; W.K.)
12
   Hier wäre eine Anmerkung über Zuständigkeiten für das Schulwesen sinnvoll: Werden deshalb
bestimmte Schularten im Wiener Kommunal-Kalender nicht geführt und welche sind das? (W.K.)
13
   Vgl. Anm. 11
14
   Laut heute gültigem Schulorganisationsgesetz § 113: Der Lehrer hat Matura abgelegt. (Ob diese
Bedeutung der „Fachgruppe“ mit jener des Jahres 1919 übereinstimmt, konnte bisher nicht
herausgefunden werden; W.K.)
10

Das in der Schulbuch- und Schulschriftensammlung des BMBWK vorliegende Buch
Wiener Kommunal-Kalender und Städtisches Jahrbuch für 1919 bietet Informationen
über Schule und Lehrer, die für weitere Forschungsfragen von Interesse sein
können, besonders im Vergleich mit späteren Ausgaben des Wiener Kommunal-
Kalenders.15

6. Die ersten Ausbildungskurse für Kindergärtnerinnen als Antwort
   auf veränderte Zielsetzungen von Kindergärten und
   Kinderbewahranstalten um 1870
     Ursula Langbein

In der Bibliothek der Schulbuch- und Schulschriftensammlung des BMBWK habe ich
den Erlass von 1872 gefunden, der die ersten Ausbildungskurse für
Kindergärtnerinnen anordnete (siehe Ausstellungstisch).
Durch die Vielzahl an neu erstandenen Kindergärten und Kinderbewahranstalten und
deren veränderte Zielsetzungen - von humanitären zu pädagogischen - wuchs der
Bedarf an ausgebildeten Kräften. Ein erster Kurs für Erzieherinnen in Kindergärten
und Privathäusern entstand im Herbst 1868 in Wien in Verbindung mit der
israelitischen Kinderbewahranstalt. - 1872 wurde ein Kurs in Kufstein eröffnet, wo
Erzieherinnen für die Kleinkinder der gesamten Monarchie ausgebildet wurden.16

Der Ministerialerlass von 1872 beschreibt im ersten und umfangreichsten Teil der
Verordnung Bedeutung und Aufgaben des Kindergartens, sowie Kriterien zur
Errichtung öffentlicher Kindergärten. Im zweiten Teil behandelt er die Heranbildung
derjenigen, die im Kindergarten „wirken“ sollen. Und im knappen dritten Teil verweist
er auf die Wichtigkeit des Kindergartens als Bildungsstätte für die dort arbeitende
weibliche Jugend, die sich dabei jene Fähigkeiten aneignen kann, die Erzieherinnen,
aber auch künftige Mütter, brauchen.
Laut Verordnung waren für die Leitung der Kindergärten ausschließlich Männer
vorgesehen, die als Voraussetzung dafür ein wenig Bekanntschaft mit der
Organisation eines Kindergartens gemacht haben mussten. Die Eignung zur

15
   Wie lange es den Kalender gab und ob er eine Vorläuferpublikation hatte, wäre wohl am Besten in
der Wiener Stadtbibliothek herauszufinden, wo er freihand aufgestellt ist.
16
   Vgl. Helmut Engelbrecht: Geschichte des österreichischen Bildungswesens. Erziehung und
Unterricht auf dem Boden Österreichs. Band 4: Von 1848 bis zum Ende der Monarchie. Wien:
Österreichischer Bundesverlag, 1986, S. 102f.
11

eigentlichen Kindergarten-Erziehung hatte nach verbreiteter Vorstellung nur das
weibliche Geschlecht.
Der Erlass regelte die Ausbildungskurse für angehende Kindergärtnerinnen und
ordnete einjährige Lehrkurse für Kindergärtnerinnen an Lehrerinnenbildungsanstalten
an. Für Übungszwecke sollen Übungskindergärten eingerichtet bzw.
Privatkindergärten herangezogen werden.
Engelbrecht zufolge waren die Ausbildungsmöglichkeiten für Kindergärtnerinnen auf
heutigem österreichischen Staatsgebiet gering: im Schuljahr 1889/90 gab es drei
Kurse in Wien, einen in Graz und einen in Kufstein. Insgesamt 107 Mädchen
besuchten damals diese Kurse.17

6.1 Die Lehrpläne der „Schulbuch- und Schulschriftensammlung“ als Quelle für
   die Geschichte der Kindergärtnerinnenausbildung in Österreich

Bei Durchsicht der Lehrpläne der „Schulbuch- und Schulschriftensammlung“
entdeckte ich das Verordnungsblatt für den Dienstbereich des Ministeriums für Cultus
und Unterricht, Jahrgang 1886. Diese Verordnung liefert Informationen zur
Geschichte der Kindergärtnerinnenausbildung. Nach dem Erlass von 1872 scheint
das nun der erste Lehrplan für die Kindergärtnerinnenausbildung in der
Habsburgermonarchie zu sein; er umfasst neun Seiten (siehe Ausstellungstisch).
Für den Bildungscurs für Kindergärtnerinnen werden in der Verordnung die
Bildungsziele, die Aufnahmeerfordernis, die Kursdauer, die Unterrichtsgegenstände
und der Lehrplan beschrieben.
Die 1886 geregelte Ausbildung war einjährig und der Unterricht wurde vom
(überwiegend männlichen) Lehrpersonal der Lehrerinnenbildungsanstalt abgehalten.
Die Unterrichtsgegenstände waren: Religion, Erziehungslehre und Theorie des
Kindergartens, praktische Übungen im Kindergarten, Sprach- und Sachunterricht,
Freihandzeichnen, Formenarbeiten, Gesang, Turnen. Die heutigen
Unterrichtsgegenstände Pädagogik, Didaktik und Kindergartenpraxis wurden
Erziehungslehre und Theorie des Kindergartens (3 Stunden wöchentlich) und
Praktische Übungen im Kindergarten (8 Stunden wöchentlich) genannt.
Zum Abschluss erhielten die Absolventinnen ein Befähigungszeugnis.

17
     Ebd.
12

Der heute aktuelle Lehrplan der Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik (BGBl
Teil II v. 12. 8. 2004) versteht sich als Lehrplan mit Rahmencharakter, der die Ziele
und Inhalte des Unterrichts und die Verfahren zur Planung und Realisierung von
Lernprozessen angibt.
Anders als der 10seitige Lehrplan von 1886 umfasst jener von 2004 90 Seiten; er
beinhaltet: Das allgemeine Bildungsziel, die allgemeinen didaktischen Grundsätze,
die schulautonomen Lehrplanbestimmungen, die Stundentafel und die Bildungs- und
Lehraufgaben, die didaktischen Grundsätze sowie den Lehrstoff der einzelnen
Unterrichtsgegenstände (siehe Ausstellungstisch). Lehrplan im Internet:
www.ris.bka.gv.at.18

6.2 Die KindergärtnerInnenausbildung damals und heute: Der Lehrplan von
   1886 im Vergleich zum Lehrplan von 2004

                       Bildungscurs 1886                         Lehrplan der Bildungsanstalt
                                                                 für Kindergartenpädagogik
                                                                 vom 12. 8. 2004
Aufnahme               a) 16 Jahre                               Abschluss der 8. Schulstufe
                       b) sittliche Unbescholtenheit u.
                       physische Tüchtigkeit                     Aufnahms- und
                       c) Vorbildung                             Eignungsprüfung
                       d) musikalisches Gehör                    (siehe Ausstellungstisch)
                       c) und d) sind durch eine
                       Aufnahmsprüfung zu erproben

                       Zöglinge, welche innerhalb der
                       ersten drei Monate nach ihrer
                       Aufnahme nach Ansicht des
                       Lehrkörpers sich als unfähig
                       erweisen, sind zu entfernen.
Bildungsdauer          einjährig                          fünfjährig
Lehrer                 Lehrkräfte der                     Lehrkräfte der
                       Lehrerinnenbildungsanstalten       Bildungsanstalten für
                                                          Kindergartenpädagogik
Unterrichts-           a) Religion              (1 Std.) A. Pflichtgegenstände (24)
Gegenstände            b) Erziehungslehre und Theorie     B. Verbindliche Übungen (1),
                          des Kindergartens     (3 Std.) C. Pflichtgegenstände der
                       c) praktische Übungen im               Zusatzausbildung
                          Kindergarten           (8 Std.)     Hortpädagogik
                       d) Sprach- und Sachunterricht      D. Freigegenstände
                                                (6 Std.) E. Unverbindliche Übungen
                       e) Freihandzeichnen      (2 Std.) F. Förderunterricht
                       f) Formenarbeiten       (2 Std.) (siehe Stundentafel in der
18
     auch zu finden unter http://www.berufsbildendeschulen.at/upload/655_lp_bakip_anl.pdf
13

                    g) Gesang                    (2 Std.)    Vitrine)
                    h) Turnen                    (1 Std.)
                                                             1. Klasse: 33 Wochenstunden
                                                             2. Klasse: 35 Wochenstunden
                                                             3. Klasse: 35 Wochenstunden
                                                             4. Klasse: 34 Wochenstunden
                                                             5. Klasse: 31 Wochenstunden
Gesamtstunden                         25 Std.                Summe: 168
Prüfungen und Befähigungszeugnis                             Reife- und Diplomprüfung
Zeugnisse
              Die Befähigung kann für zwei
              oder mehrere Sprachen im
              Kindergarten durch eine Prüfung
              erworben werden

6.3 Das „Jahrbuch“ – eine weitere Quellensorte aus der Schulbuch- und
   Schulschriftensammlung

Das Jahrbuch des höheren Unterrichtswesen in Österreich mit Einschluss der
gewerblichen Fachschulen und Erziehungsanstalten19 verzeichnet Schulen - so auch
jene für Kindergärtnerinnen - und ihre Standorte; auch das Lehrpersonal der Schulen
kann nachgelesen werden.
Das Jahrbuch von 1889 nennt zwei Ausbildungsstätten für Kindergärtnerinnen (unter
der Rubrik „Erziehungsanstalten. Privatanstalten“)20:
„Bildungsanstalt für Kindergärtnerinnen.
[Wien] II., Schiffamtsgasse 15.
Oeffentlichkeitsrecht mit h. Min.- Erl. vom 21. Jun. 1873.
Zahl der Zöglinge: 30.“
Sowie:
„Bildungsanstalt für Kindergärtnerinnen.
[Wien] VII., Burggasse 16.
Zahl der Zöglinge 1887/8: 23.“

Direktor und Lehrkräfte werden angeführt (Alter, Wohnort, Unterrichtsfach - siehe
Vitrine).

19
   Jahrbuch des höheren Unterrichtswesen in Österreich mit Einschluss der gewerblichen Fachschulen
und Erziehungsanstalten 2. Jahrgang, 1889. Prag und Wien: F. Tempsky, Leipzig: G. Freytag, 1889
20
   Ebd., S. 284
14

7. Die Festschrift als Informationsquelle über historische
   Bildungsinstitute
     Astrid Hubmayer

Eine Festschrift ist ein zu „festlichem“ Anlass (Jubiläum) gefertigter Text- und/oder
Bildband, welcher die Aufgabe hat, eine bestimmte Einrichtung (Schule, Firma) oder
eine verdienstvolle Person vorzustellen.21 Die jeweilige Institution wird durch
Darstellung ihrer Entstehungsgeschichte und ihres status quo und häufig mit
Unterstützung von geeignetem Bildmaterial der Öffentlichkeit präsentiert. Während
der Verfasser schulischer Jahresberichte und Festschriften meist aus dem
Schulbetrieb selbst stammt oder zumindest in Verbindung damit steht, werden
Firmenfestschriften oft als Auftragsarbeiten an außenstehende Personen vergeben.22
Die Schulbuch- und Schulschriftensammlung des BMBWK hat in ihrem Bestand
zahlreiche Festschriften pädagogischer Einrichtungen. Eine davon ist die hier
vorliegende Festschrift von Karl Rosenberg, welche zwei der ersten staatlichen
Bildungseinrichtungen für Mädchen und Frauen in der Österreich-Ungarischen
Monarchie vorstellt: die Offizierstöchter-Erziehungsinstitute zu Hernals (gegründet
1775 in St. Pölten, ab 1786 in Hernals) und Ödenburg (gegründet 1869, ab 1877 mit
dem Hernalser Institut verbunden).
Der Zweck der Institute war darin zu sehen, dass den Töchtern verdienstvoller
Offiziere eine Ausbildung ermöglicht werden sollte, nach deren Absolvierung sie in
der Lage waren, ihren Lebensunterhalt als Erzieherinnen selbst zu bestreiten. Im
Jahre 1877 wurde die Schule zur Lehrerinnenbildungsanstalt erweitert und mit einer
Übungsschule und einem Kindergarten ausgestattet.
Karl Rosenberg, selbst als Professor am Hernalser Institut tätig, verfasste nicht nur
den Text der Festschrift, sondern fertigte auch sämtliche enthaltenen Fotos an.23
Gedacht war dieses aufwändig gestaltete Werk als „liebes Andenken“ für ehemalige

21
   Da Festschriften die Tendenz haben, insbesondere die positiven Seiten einer Einrichtung
darzustellen, erfordert ihr oft reiches Datenmaterial besonderen quellenkritischen Umgang, so die
Inblicknahme des Verfassers und seines Verhältnisses zur dargestellten Institution sowie eine
Kontextualisierung der Festschrift mit anderen Quellen. (W.K.)
22
   Hier wäre eine Problematisierung von Festschriften als historische Quelle empfehlenswert, unter
Heranziehung geschichtswissenschaftlicher Sek. Lit. (W.K.)
23
   Ob dieser Karl Rosenberg identisch ist mit dem gleichnamigen Autor der zu Beginn des 20.
Jahrhunderts erscheinenden Mathematik- und Physikschulbücher und mit dem späteren
Landesschulinspektor, konnte noch nicht geklärt werden. Eine Angabe über die Fächer, die
Rosenberg im Offizierstöchterinstitut unterrichtete, könnte der Klärung einen Schritt näher bringen.
(W.K.)
15

„Zöglinge“ der Einrichtung. Die Festschrift bietet somit auch umfangreiches
historisches Bildmaterial: Die im Rahmen dieser Ausstellung präsentierten Bilder
sollen einen Eindruck des Hernalser Institutsgebäudes im Jahre 1896 vermitteln.

7.1 Das k. u. k. Offizierstöchter-Erziehungsinstitut in Wien-Hernals,
   Calvarienberggasse 28.

Im Jahre 1775 auf Initiative von Joseph II. in St. Pölten eingerichtet, übersiedelte die
Schule im Jahre 1786 nach Hernals. Sie hatte die Aufgabe, Töchter von Offizieren
des k. u. k. Militärs erst zu Erzieherinnen, später auch zu Lehrerinnen heranzubilden.
Obwohl sich das Institut lehrplanmäßig nicht an der Vermittlung von militärischen
Kenntnissen und Fertigkeiten orientierte, war es aufgrund der Herkunft der „Zöglinge“
dem Militärwesen zugeordnet und unterstand dessen oberster Behörde (Hof-
Kriegsrat, später dem Reichs-Kriegsministerium).

        Abbildung 3: k. u. k. Offizierstöchter-   Abbildung 4: k. u. k. Offizierstöchter-
        Erziehungsinstitut in Wien-Hernals,       Erziehungsinstitut in Ödenburg, 1896
        Calvarienberggasse, 1896

Beide Institute wurden als Internate geführt und nahmen Mädchen vom 7. bis zum
13. Lebensjahr auf. Die insgesamt acht Jahre dauernde Ausbildung begann mit dem
Besuch der dreijährigen Bürgerschule. Danach musste vor Beginn der vierjährigen
Lehrerinnenausbildung eine Vorbereitungsklasse besucht wurde. Den Abschluss
bildete die Reifeprüfung, welche die Absolventinnen zur Anstellung an einer Volks-
oder Bürgerschule berechtigte. Unter der Leitung einer „Obervorsteherin“ waren im
Jahre 1892 bereits 90 Lehrpersonen mit der Erziehung und Bildung von 170
„Zöglingen“ betraut. 1881 wurde der Ausbildungsstätte eine Übungsschule, ein Jahr
16

später auch ein Kindergarten angeschlossen. Das Institut der Offizierstöchter
bestand bis zum Ende der Monarchie im Jahre 1918, in welchem es, wie sämtliche
andere militärische Erziehungs- und Bildungsanstalten, aufgelöst wurde.24

7.2 Das k. u. k. Offizierstöchter-Erziehungsinstitut in Ödenburg

Das Ödenburger Institut diente demselben Zweck wie die Wiener Schule, wurde
jedoch von einem privaten Frauenverein und erst 1869 gegründet. Ein Finanzier der
Einrichtung war Feldmarschall Graf Radetzky. Nachdem es innerhalb des Vereines
zu Unstimmigkeiten kam, wurde 1877 die Auflösung desselben beschlossen und das
Institut so wie die Wiener Anstalt den militärischen Behörden unterstellt. Eine
Verbindung zum Hernalser Institut bestand insofern, als die „Zöglinge“ nur bis zum
Erreichen des Bürger- bzw. Volksschulbildungszieles in Ödenburg verblieben, für die
Erzieherinnen-/Lehrerinnenausbildung jedoch nach Wien wechselten.

In der Vitrine gezeigte Quelle: Karl Rosenberg: Die k. u. k. Officierstöchter-
Erziehungs-Institute in Wort und Bild. Lichtdruckreproduction vom k. u. k. Militär-
Geographischen Institute in Wien. - Wien: Selbstverlag des k. u. k. Officierstöchter-
Erziehungs-Institutes zu Hernals, 1896.25

8. Die Schulbücher- und Schulschriftensammlungen aus der
   Perspektive ihrer NutzerInnen.
     Georg Jäggle, Elisabeth Wolf

Wir haben Gespräche geführt, in denen wir NutzerInnen der Schulbücher- und
Schulschriftensammlung nach Forschungsmöglichkeiten und den diesbezüglichen
Erfahrungen in dieser Bibliothek gefragt haben. Im Folgenden teilen wir Ausschnitte
aus dem Gespräch mit Wolfgang Bahr mit, der in Memoria Austriae, Bd. 2, einen
Beitrag mit dem Titel Die Tschechen veröffentlichte26 und dafür in der Schulbuch-
und Schulschriftensammlung recherchierte.

24
   Quelle? (W.K.)
25
   Mir fällt auf, dass das Wort „Festschrift“ im Titel nicht aufscheint? Und: War der Anlass der
Herausgabe der Festschrift das 110jährige Bestehen des Offizierstöchterinstituts am Standort
Calvarienberggasse? (W.K.)
26
   Wolfgang Bahr: Die Tschechen. Aus: Emil Brix (Hg.): Memoria Austriae. Bd. 2: Bauten, Orte,
Regionen. – Wien: Verl. f. Geschichte u. Politik, 2005, S. 442-474.
17

Gespräch mit Wolfgang Bahr, 20.12. 2006

     -   Die Schulbücher- und Schulschriftensammlung ist einzigartig in Europa.
     -   ForscherInnen aus den Disziplinen Geschichte und Pädagogik nutzen die
         Sammlung, aber auch für andere Disziplinen (Slawistik z. B.) ist sie sehr
         nützlich.
     -   Dem Bestand polnischer und tschechischer Schulbücher aus den ehemaligen
         Kronländern kommt angesichts neuer EU-Mitgliedsländer und in der Zeit der
         EU-Erweiterung großer Bedeutung zu.
     -   Förderungen und Programme auf EU-Ebene sollen vom Ministerium genutzt
         werden um die Sammlung zu unterstützen.

Hier einige Statements…….

     -   Der Umgang des Bildungsministeriums mit der Amtsbibliothek ist kritisch.
     -   Die derzeitigen Räumlichkeiten der Bibliothek sind eng und klein.
     -   Kritisch ist die Lagerung von Teilen der Bücher in den Magazinen und in
         Kartons.
     -   Gutes Personal ist wichtig für die angemessene Archivierung und
         Inventarisierung der Bibliothek.

8.1 Zitate aus einem Gespräch mit einem Nutzer27

„Die Bibliothek hat eine schöne Homepage, und ich bin hingegangen und mit einem
Handgriff habe ich alles gehabt, was ich gebraucht habe, das war fantastisch. Es ist
gut, dass die Homepage auch sehr attraktiv aufgemacht ist, nicht verstaubt
wissenschaftlich, sondern für ein breites Publikum.“
„…da hat es eine wunderbare Zusammenstellung gegeben über diese Schulbücher.
Entscheidend aber ist, dass sie komplett vorhanden sind, also lückenlos, ich wollte ja
wirklich ein solides Fundament haben, und das ist nur so möglich.“
„…es ist natürlich immer angenehm, in einer Präsenzbibliothek zu sein, wo die
Bücher nicht erst aus dem Keller geholt werden müssen, was lang dauert.“

27
  Die Gliederung in „Gespräch mit...“ und „Hier einige Statements...“ und dann „8.1 Zitate“ ist mir
unklar: Warum so? Was unterscheidet die ersten beiden Gliederungspunkte voneinander? Warum
bekommen die Zitate das „8.1“? (W.K.)
18

„Die Instandhaltung des Archivs ist unerlässlich. Die ist unerlässlich, und die Leute,
die das tun, kennen sich dann natürlich aus und können auch Auskunft geben, wo
etwas steht. Im Vordergrund steht also die ständige Inventarisierung…“
„Die Amtsbibliothek ist für mehrere Forschungszweige und –zwecke da ...“
„…die Bestände sollen möglichst sicher gelagert werden und die Inventarisierung soll
jedenfalls auf dem jetzigen Stand weiterbetrieben werden. Ich vermute, dass man
auch noch mehr tun könnte.“
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