Auswirkungen der Corona Pandemie - auch der Profi Fußball ist davon betroffen
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386 COVuR 7/2021 Kuhr/Weiss-Bölz, Profi Fußball Beiträge Beiträge Helmut Kuhr / Dr. Verena Weiss-Bölz* Auswirkungen der Corona Pandemie – auch der Profi Fußball ist davon betroffen Die Corona- Krise belastet die Wirtschaft nach wie vor stark Ticketeinnahmen fehlten auch TV-Gelder in erheblicher Hö- und war durch den Lockdown sehr einschneidend. Nicht he, so dass viele der Vereine in eine extreme Schieflage nur Hotels, Gaststätten und Messebauer sind besonders geraten sind, da die Spieler gleichwohl ihren hohen Lohn- schwer betroffen, auch Fußball-Clubs der Profiliga haben anspruch geltend machten. Die Arbeitsleitung war den Spie- Einnahmenverluste in Millionenhöhe zu verzeichnen. So wa- lern nämlich nicht unmöglich, aber sie erfolgte dennoch ren die Clubs in der plötzlich auftretenden Corona-Krise auf abweichend vom „Normalverlauf“ nicht in der üblichen Art freiwillige Vereinbarungen mit ihren Spielern angewiesen, und Weise und insbesondere ohne entsprechende Einnahmen um so wenigstens die enormen Ausgaben für die Spieler auf- für die Fußballclubs. Insofern stellt sich auch in diesen Fällen grund fehlender Einnahmen reduzieren zu können. Deshalb die Frage nach der rechtlichen Grundlage für die Ver- stellt sich die Frage, ob künftig durch entsprechende vertrag- gütungszahlung gegenüber den Spielern bzw. Möglichkeiten liche Gestaltungen bereits im Vorhinein Vorsorge vor sol- einer Kürzung der hohen Vergütung. chen Pandemien und Ausnahmesituationen geschaffen wer- den kann, um nicht auf die Freiwilligkeit der Spieler ange- II. Das Betriebsrisiko im Fußball wiesen zu sein. Welche Möglichkeiten bestehen und mit welchen Risiken diese behaftet sind, soll der folgende Beitrag In den Fällen, in denen aufgrund behördlicher Anordnungen aufzeigen. der Spiel- und weitestgehend auch der Trainingsbetrieb ruh- ten und somit die Arbeitsleistung der Spieler unmöglich war, stellt sich die Frage, ob dieses Risiko nach wie vor vom I. Unterschiedliche Konstellationen und Arbeitgeber im Rahmen des ihm zugewiesenen Betriebsrisi- Auswirkungen der Corona Pandemie auf kos zu tragen ist, so dass der volle Lohnanspruch des Arbeit- Fußballclubs nehmers besteht. Im Rahmen der Corona- Pandemie ist bei vielen Betrieben die Frage aufgetreten, ob aufgrund von Betriebsschließungen 1. Allgemeines zum Betriebsrisiko und behördlichen Anordnungen Möglichkeiten bestehen, Entscheidend geht es bei diesem Sachverhalt um die Frage, sich der Vergütungszahlung gegenüber ihren Mitarbeitern ob die von keiner Partei zu vertretende Unmöglichkeit der zumindest teilweise zu entziehen. Das Dilemma war bei allen Arbeitsleistung zum Untergang des Lohnanspruchs nach betroffenen Betrieben gleich: fehlenden Betriebseinnahmen § 326 Abs.1 Satz 1 BGB führt (nach dem Grundsatz „ohne standen und stehen Betriebsausgaben, insbesondere Lohn- Arbeit kein Lohn“) oder ob der Arbeitgeber nach § 615 S.1 kosten für die Mitarbeiter, gegenüber. Diese Diskussionen und S.3 BGB weiterhin Lohn zahlen muss, obwohl der Ar- ergaben sich in unterschiedlichen Konstellationen auch im beitnehmer auch seinerseits nicht in der Lage ist, seine nach Verhältnis der Fußball-Clubs gegenüber den Spielern; dort dem Arbeitsvertrag geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. sind in erster Linie ebenfalls die allgemeinen Grundsätze des Selbstverständlich ist bei diesen Konstellationen aber voraus- Arbeitsrechts maßgeblich, wenn auch unter Berücksichti- gesetzt, dass der Spieler grundsätzlich leistungsfähig und leis- gung der Besonderheiten im Sport. tungswillig wäre und der Arbeitgeber nicht aus anderen Gründen von der Pflicht zur Lohnzahlung befreit ist. Nur Aufgrund behördlicher Anordnungen waren Sportanlagen dann ergibt sich die Frage, ob gleichwohl eine Lohnzah- und Sportstätten teilweise insgesamt geschlossen, so dass lungsverpflichtung seitens des Arbeitgebers besteht. der Spiel- und weitestgehend auch der Trainingsbetrieb in diesen Fällen ruhten. Davon betroffen war zeitweise der § 615 S.3 BGB enthält eine Ausnahmeregelung zu dem Profifußball, vermehrt aber der Amateursport. Die Schlie- Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“, so dass der Arbeit- ßungen waren nicht durch die Corona Pandemie, also den geber dem Arbeitnehmer die vereinbarte Vergütung grund- Virus selbst bedingt, sondern beruhten auf behördlichen sätzlich zahlen muss, ohne von diesem eine Nachleistung der Verfügungen zur Eindämmung der Pandemie. Die Spieler ausgefallenen Arbeit verlangen zu können. Dies deshalb, (Arbeitnehmer) konnten im Falle der Betriebsverbote ihre weil dem Arbeitgeber vom Gesetzgeber das Risiko zugewie- geschuldete Arbeitsleistung nicht mehr erbringen, der Ar- sen wird, seinen Betrieb betreiben zu können (sog. Betriebs- beitgeber diese nicht annehmen. Dabei stellt sich die Frage risiko). Das Betriebsrisiko verpflichtet den Arbeitgeber dazu, der Vergütungspflicht nach der Betriebsrisikolehre gegen- die vertraglich geschuldete Vergütung auch dann zu zahlen, über den Profifußballern, die im Vergleich zu den übrigen wenn er aus einem von ihm nicht zu vertretenden Grund den Fällen „normaler“ Arbeitsverhältnisse durchaus kontrovers Arbeitnehmer nicht beschäftigen kann, das Risiko aber zu diskutieren ist. durch § 615 S.3 BGB ihm zugewiesen ist. Im Bereich der Bundesliga fielen im Ergebnis zwar keine Spiele gänzlich aus, jedoch bestand von März bis Mai 2020 * Helmut Kuhr ist Gesellschafter-Geschäftsführer und Rechtsanwalt der WIPFLER Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Walldorf, Dr. Verena eine Spielpause und die nachgeholten Spiele durften regel- Weiss-Bölz ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht, mäßig nur noch ohne Publikum erfolgen. Neben fehlenden ebenfalls WIPFLER Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Walldorf.
Kuhr/Weiss-Bölz, Profi Fußball COVuR 7/2021 387 Beiträge Die aktuelle Pandemie und insbesondere auch der einschnei- schaftliche Surrogation der betrieblichen Arbeit im Home- dende Lockdown haben erneute Fragen zum Betriebsrisiko office kaum bis gar nicht möglich ist.4 und insbesondere zu dessen Reichweite und arbeitsrechtliche Möglichkeiten der Begrenzung der Zahlungsverpflichtung aa) Meinungsstand in der Literatur zum Betriebsrisi- des Arbeitgebers aufgeworfen. Die Diskussion ist in der Co- ko aufgrund Corona rona-Krise vor allem deshalb wiederaufgekommen, weil Besonders zu Beginn der Corona Pandemie wurde heftig dis- nicht nur individuelle Betriebsverbote erfolgten, sondern re- kutiert, ob der Arbeitgeber auch im Falle von behördlichen gelmäßig, wie etwa auch im Fußball, landes- oder europa- Maßnahmen das Betriebsrisiko zu tragen hat. Eine Ansicht weite Betriebsverbote bestanden. Hat dieses Risiko immer in der Literatur bejaht auch in diesen Fällen generell das noch der Arbeitgeber zu tragen oder sind dabei die Grenzen Betriebsrisiko des Arbeitgebers und damit die Vergütungs- des Betriebsrisikos überschritten und es ist ggf. ein allgemei- pflicht hinsichtlich der Grundvergütung.5 Dies vor allem nes Lebensrisiko betroffen, welches auch Auswirkungen auf auch unter Heranziehung der Rechtsprechung, dass der Ar- die Lohnzahlung des Arbeitnehmers hat? beitgeber bei höherer Gewalt ebenfalls das Betriebsrisiko zu tragen hat.6 a) Fallgestaltungen des Betriebsrisikos und dessen Grenzen Die andere – unseres Erachtens vor allem im Profisport vorzugswürdigere Ansicht – zählt solche Fälle nur dann zum Eine nähere Betrachtung der in § 615 S.1 und S.3 BGB Betriebsrisiko des Arbeitgebers, wenn die Arbeitnehmer die bezweckten gerechten Risikoverteilung ist zur Beantwor- vertraglich geschuldete Arbeitsleistung noch woanders er- tung dieser Frage unausweichlich. Das Betriebsrisiko des bringen können.7 Ist die Arbeitskraft des Arbeitnehmers hin- Arbeitgebers ist nicht grenzenlos, wobei die Grenzen im gegen auch anderweitig nicht mehr verwertbar, müsse der Gesetz selbst nicht genannt werden. Die Rechtsprechung Arbeitgeber dieses Risiko nicht mehr tragen. Solche Situatio- hat dazu bereits zahlreiche Fallgruppen entwickelt, bei de- nen sind in Deutschland zwar äußerst selten und müssen von nen der Arbeitgeber das Betriebsrisiko trägt: Der Arbeit- der weiteren Situation unterschieden werden, dass die Ar- geber muss nach den vorgenannten gesetzlichen Regelungen beitsleistung unter Umständen wirtschaftlich unsinnig, aber das Lohnrisiko dann tragen, wenn und soweit er den Ar- dennoch noch rechtlich möglich ist. Denn dieses Wirtschafts- beitnehmer vertraglich gebunden hat und ihm dadurch eine risiko trägt der Arbeitgeber ohnehin nach § 615 S.1 BGB.8 alternative Verwertung seiner Arbeitskraft unmöglich ge- Während der Arbeitgeber beim Betriebsrisiko die Arbeitsleis- macht hat. An dem vom Arbeitgeber zu tragenden Betriebs- tung seiner Arbeitnehmer entgegennehmen will, dies aber risiko ändert sich nach der Rechtsprechung grundsätzlich nicht kann, kann er sie bei den Fallgestaltungen, die zum auch dann nichts, wenn die Umstände, die die Betriebs- Wirtschaftsrisiko gehören, entgegennehmen, will sie aber störung verursachen, von außen kommen und sich aus nicht, insbesondere weil dies aus seiner Sicht wirtschaftlich seiner Sicht als Fälle höherer Gewalt darstellen, wie dies unsinnig ist.9 Ein solcher Fall des Wirtschaftsrisikos lag aber bspw. bei Erdbeben, extremen Wetterbedingungen und in den Fällen der Spielverbote gerade nicht vor, so dass die Überschwemmungen eines Fabrikgebäudes aufgrund einer Verwirklichung des Betriebsrisikos durchaus vertretbar ab- Naturkatastrophe der Fall ist.1 Das BAG war bereits im gelehnt werden kann, wenn der Fußball aufgrund landes- Jahr 1963 der Auffassung, dass der Arbeitgeber auch dann oder gar europaweiter Betriebsverbote eingestellt wird. Den das Betriebsrisiko trage, wenn die Arbeitsleistung infolge Fußballern war eine alternative Verwertung ihrer Arbeits- behördlicher Maßnahmen, wie etwa Verbote oder ähn- leitung nicht möglich. liches, unmöglich wird und dessen Verwirklichung durch die besondere Art des Betriebs bedingt ist.2 Bei dieser Fall- Es wird auch vertreten, dem Arbeitgeber nur dann das Be- gestaltung müsste aber ein behördliches Verbot zum Risiko triebsrisiko aufzuerlegen, wenn die Arbeitsleistung des Ar- zählen, den eigenen Betrieb betreiben zu können, so dass beitnehmers und die Entgegenahme der Arbeitsleistung ein Verbot für einen individuellen Betrieb sicherlich zum durch ihn aus Gründen unmöglich werden, die im betriebli- Betriebsrisiko zählt. Vorliegend wurden aber teilweise lan- chen Bereich liegen. Somit müsse es die Eigenart des Betriebs des- und gar europaweite Betriebsverbote für eine Vielzahl mit sich bringen, dass gerade dieser Arbeitgeber von der von Betrieben unterschiedlicher Branchen erlassen, so dass behördlichen Maßnahme aufgrund öffentlich-rechtlicher sich hier berechtigterweise die Frage stellt, ob die Betriebs- Vorschriften in ganz besonderer Weise betroffen ist.10 Hin- risikolehre so weit reicht und auch solche Fallgestaltungen tergrund der flächendeckenden Betriebsschließungen, von umfasst. denen auch der Profifußball betroffen war, war das Ziel, dadurch die Verbreitung des Corona-Virus zu verhindern Die Grundsätze der Betriebsrisikolehre nach § 615 S.3 BGB und das Virus einzudämmen, unabhängig davon, ob in dem sind nach der Rechtsprechung nicht anwendbar, wenn das jeweiligen Betrieb ein enger körperlicher Kontakt bestand die Betriebsstörung herbeiführende Ereignis den Betrieb oder nicht. Mit der Ausübung der Fußballtätigkeit geht zwar wirtschaftlich so schwer trifft, dass bei Zahlung der vollen ein Körperkontakt über das Maß im Vergleich zu einer Büro- Löhne die Existenz des Betriebs gefährdet wäre.3 Die Recht- sprechung hat einen solchen Fall allerdings noch nicht be- jaht. Unter Umständen könnte dies aufgrund der noch nie 1 Vgl. etwa BAG Urt. v. 23.9.2015 – 5 AZR 146/14, NZA 2016, 293. 2 BAG Urt. v. 30.5.1963 – 5 AZR 282/62, AP BGB § 615 Betriebsrisiko dagewesenen Situation der Corona-Pandemie deshalb anders Nr. 15. ausfallen und als weitere Fallkonstellation in der Praxis gel- 3 BAG NZA 1995, 468 (469). ten. Insbesondere im Sport und speziell im Profi-Fußball- 4 So Fischinger SpuRT 2020, 158 (161). 5 So etwa Fischinger in Bezug auf die Auswirkungen der Coronakrise im bereich wird dies befürwortet, weil bei Sportclubs die Lohn- Profisport, SpuRT 2020, 158. verpflichtungen oft einen Großteil der Betriebsausgaben aus- 6 Fischinger/Hengstberger NZA 2020, 559. machen und bei länger andauernder Saisonunterbrechung 7 Vgl. Hohenstatt/Krois NZA 2020, 413; Hohenstatt/Krois, Arbeitsrecht oder vollständigem Abbruch vor allem TV-Gelder und Ti- in Zeiten von Corona II. c) S.9. 8 Hohenstatt/Krois NZA 2020, 413. cketerlöse als ein erheblicher Teil der Einnahmen wegbre- 9 Vgl. Kleinebrink DB 2020, 1457 (1459). chen und anders als in vielen anderen Branchen eine wirt- 10 Kleinebrink DB 2020, 1457 (1459).
388 COVuR 7/2021 Kuhr/Weiss-Bölz, Profi Fußball Beiträge tätigkeit einher, aber es mussten auch Bekleidungsgeschäfte, liche Entscheidungen in anderen Fällen das Betriebsrisiko Kinos etc schließen, so dass keine behördliche Schließung im auch im Falle der Pandemie bejaht haben, andererseits aber Sinne der zuvor genannten Rechtsprechung des BAG aus auch weil diese nach der Pandemie auf die Leistungen und dem Jahr 1963 vorlag.11 In diesen Fällen entfällt somit nach Motivation der Spieler angewiesen sind. Teilweise wurden dieser Ansicht die Vergütungspflicht des Arbeitgebers und es hohe Ablösesummen für die Spieler gezahlt, so dass die bleibt beim Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“.12 Clubs die gute Zusammenarbeit – auch in schwierigen Zei- ten – nicht durch solche Diskussionen riskieren wollen. Da- bb) Erste Entscheidungen der Arbeitsgerichte rüber hinaus ist nicht prognostizierbar, ob die Rechtspre- Erste arbeitsgerichtliche Entscheidungen zu bestimmten chung die Corona-Pandemie als Ausnahme im Bereich der Branchen liegen bereits vor, die urteilen, dass behördliche Nichtanwendung des Betriebsrisikos im Falle der Existenz- Betriebsschließungen in der Pandemie zumindest in Einzel- gefährdung ansieht und weiter, ob die Existenz der Fußball- fällen zum Betriebsrisiko des Arbeitgebers gehören. Das clubs tatsächlich gefährdet ist, was im Einzelnen auch dar- LAG Düsseldorf beispielsweise urteilte – soweit ersichtlich zulegen wäre. Besonders bei den großen Vereinen dürfte dies – als erstes Landesarbeitsgericht zu der Frage und führte – zumindest derzeit – (noch) nicht der Fall sein. Bislang ist – aus, dass es sich bei pandemiebedingten behördlichen Be- soweit ersichtlich – beispielsweise beim 1. FC Köln und triebsschließungen um ein Ereignis handelt, bei dem sich Schalke 04 lediglich bekannt, dass dieser nach großen Ver- das Betriebsrisiko des Arbeitgebers verwirkliche.13 Entschie- lusten Landesbürgschaft beantragt hat.16 den wurde dies im Zusammenhang mit einem Arbeitgeber, der eine Spielhalle betrieb und in dem der klagende Arbeit- 2. Abdingbarkeit von § 615 S.3 BGB und nehmer auf Stundenlohnbasis beschäftigt war. Der Arbeit- Gestaltungsmöglichkeiten geber war aufgrund behördlicher Anordnungen gezwungen, seinen Spielhallenbetrieb zu schließen. Das LAG Düsseldorf § 615 S.3 BGB kann durch einzelvertragliche Regelung abge- bejahte ein Fall der höheren Gewalt auch im Rahmen der ändert werden. Allerdings kann eine Änderung nur in den aktuellen Pandemie. Mangels klarer Abgrenzung sei nicht Grenzen des AGB-Rechts und unter Beachtung des Umstan- darauf abzustellen, ob die Schließung eine gesamte Bran- des, dass regelmäßig schutzwürdige Arbeitnehmer dem die che, die zunächst als solche abzugrenzen wäre, oder nur Regelungen vorgebenden Arbeitgeber gegenüberstehen. Eine einzelne Betriebe dieser Branche, ggf. bundesweit, nur in Vereinbarung darf die Wertung des § 615 Satz 3 BGB nicht einzelnen Ländern oder örtlich begrenzt erfasse. Es könne in ihr Gegenteil verkehren.17 So käme aber in Betracht, den daher nicht auf die Reichweite des behördlichen Verbots Arbeitnehmer entgegen dem Grundsatz der Fixschuld im abgestellt werden. Nach Auffassung des Gerichts wäre das Arbeitsverhältnis zur Nacharbeit zu verpflichten oder aber allgemeine Lebensrisiko allenfalls betroffen, wenn der Ar- eine zeitliche Begrenzung für die Tragung des Betriebsrisikos beitnehmer seine Arbeitskraft überhaupt nicht mehr hätte vorzusehen. Etwaige Klauseln sollten aber transparent und verwerten können, was es im vorliegenden Fall abgelehnt hinreichend klar bestimmt werden, auch um die Akzeptanz hatte. bei den Spielern zu erhalten. Bei Profifußballspielern, die über besondere Qualifikationen verfügen, ist im Rahmen der Auch das Arbeitsgericht Mannheim hatte einem Minijobber, Vertragsgestaltung von Formulararbeitsverträgen im Übri- der als Barkeeper in einem Tanzlokal beschäftigt war, für die gen zu beachten, dass diese nicht in gleicher Weise schutz- Monate Annahmeverzugslohnansprüche zugesprochen, in bedürftig sind wie „normale“ Arbeitnehmer.18 Die Profifuß- denen das Lokal aufgrund des Lockdowns durch Verord- ballspieler verhandeln die Verträge meist nicht persönlich, nung schließen musste.14 sondern haben dafür entsprechende Berater und besitzen im Übrigen auch aufgrund ihrer Qualifikationen und ihres Be- Die bislang bestehenden Entscheidungen, welche Annahme- kanntheitsgrades weitreichendere Einflussmöglichkeiten auf verzugslohnklagen geringfügig Beschäftigter oder Beschäftig- die Vertragsgestaltung als bei übrigen Arbeitnehmern. Inso- ter im mindestlohnrelevanten Sektor betrafen, betonen in fern ist das klassische Unter-Überordnungsverhältnis, wel- den Urteilsgründen die Einzelfallrechtsprechung, so dass ins- ches im Arbeitsrecht grundsätzlich prägend ist, weniger ge- besondere in spezielleren Branchen mit höherer Vergütung geben, was letztlich auch Auswirkungen bei der Beurteilung abzuwarten bleibt, wie andere Gerichte oder das BAG ent- von vertraglichen Regelungen im Rahmen von allgemeinen scheiden. Geschäftsbedingungen hat. b) Auseinandersetzung mit der Betriebsrisikolehre im Bereich des Fußballs 3. Zwischenergebnis Aufgrund der teilweise bundesweit bzw. sogar europaweit Nach der Betriebsrisikolehre haben die Profifußballer aktuell bestehenden Spielverbote lässt sich unseres Erachtens für die gute Chancen, ihre Vergütungsansprüche mit Erfolg durch- Fälle, in denen aufgrund dieser behördlichen Verbote keine zusetzen. Je nach Ausgestaltung des Vertrags müsste die Arbeitsleistung im Bereich Fußball entgegengenommen wer- gesamte Vergütung, mindestens aber die Grundvergütung, den konnte, deshalb mit guten Argumenten vertreten, dass die Grenzen des Betriebsrisikos überschritten waren und es 11 Kritisch diesbezüglich auch Henseler SpuRt 2021, 59 (61). somit bei dem Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ ver- 12 So auch Sagan/Brockfeld NJW 2020, 1112 (1116). bleibt, weil die Arbeitsleistung des Spielers auch nicht ander- 13 Vgl. LAG Düsseldorf Urt. v. 30.3.2021 – 8 Sa 674/20, becklink weitig wäre einsetzbar gewesen. Hintergrund der Verfügun- 2019345. 14 ArbG Mannheim Urt. v. 25.3.2021 – 8 Ca 409/20, BeckRS 2021, gen war die Reaktion auf das allgemeine Risiko einer Pande- 6492. mie, nicht auf ein dem zu schließenden Betrieb anhaftendes 15 Vgl. auch Sagan/Brockfeld NJW 2020,1112 (1116). Risiko, so dass dies kein Betriebsrisiko des Arbeitgebers dar- 16 Vgl. etwa zum 1.FC Köln, ttps://www.kicker.de/der-1-fc-koeln-be- antragt-landesbuergschaft-801107/artikel (zuletzt abgerufen am 15.5. stellen kann.15 2021). 17 Vgl. etwa Kleinebrink DB 2020, 1457 (1462). In tatsächlicher Hinsicht werden die Clubs diese Diskussio- 18 Vgl. dazu auch Maschmann in Maschmann/Sieg/Göpfert, Vertrags- nen aber nicht führen (wollen), einerseits weil erste gericht- gestaltung im Arbeitsrecht, 3. Aufl. 2020, A. II. Rn.135.
Kuhr/Weiss-Bölz, Profi Fußball COVuR 7/2021 389 Beiträge auch im Falle der Saisonunterbrechung oder gar des gesam- Denkbar wäre grundsätzlich auch eine Änderungskündigung ten Abbruchs weitergezahlt werden. Aus diesem Grunde gegenüber den Fußballspielern, wobei diese regelmäßig auf- sollte in künftigen Vertragsgestaltungen besonders auf diese grund des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung in den Risiken geachtet und mit entsprechenden Regelungen rea- Arbeitsverträgen, nur als außerordentliche Änderungskündi- giert werden. gung möglich wäre. Die Anforderungen an eine solche au- ßerordentliche Änderungskündigung sind äußerst hoch und III. Abweichungen im Betrieb der Bundesliga vom hätten auch das Risiko zur Folge, dass Verträge mit den Normalverlauf Fußballern gänzlich beendet wären, würden diese die Ände- rung der Arbeitsbedingungen ablehnen. Zur schnellen Kos- Insbesondere in der Bundesliga sind Spiele nicht gänzlich tensenkung war und ist dieses Instrument vorliegend somit ausgefallen, sondern wurden letztlich verschoben und es nicht geeignet, so dass die Regelung des § 313 BGB näher in durften zahlreiche Spiele nur ohne oder mit deutlich einge- den Blick zu nehmen ist. schränkten Zuschauern erfolgen (sog. Geisterspiele). Durch fehlende Ticketeinnahmen und fehlende TV-Gelder ergaben Die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB setzt sich erhebliche finanzielle Einbußen der Fußballclubs. Die ein Leistungshindernis voraus, wobei die Leistung als solche Arbeitsleistung war den Fußballern in diesen Fällen nicht noch möglich sein muss. Über diese Norm soll ein gerechter unmöglich, weil sie nach wie vor ihre geschuldete Arbeits- Interessenausgleich erfolgen, wobei die Regelungen vorran- leistung, nämlich das Fußballspielen, erbringen konnten, gig darauf gerichtet sind, die Vertragsbeziehung möglichst wenn auch ggf. zu einem späteren Zeitpunkt aufgrund der aufrechtzuerhalten. Zu beachten ist dabei, dass derjenige, Verschiebung mancher Spiele. Eine Diskussion über das vom der die Störung zu vertreten hat, sich regelmäßig nicht auf Arbeitgeber zu tragende Betriebsrisiko scheidet deshalb man- § 313 BGB berufen kann, da die Störung dann in seinen gels Unmöglichkeit der Arbeitsleistung aus. Risikobereich fällt. In diesem Zusammenhang können die Erkenntnisse aus der Diskussion über die Anwendbarkeit Die Ausführung der Arbeitsleistung war allerdings nicht in der Betriebsrisikolehre in Fällen der Pandemie und der Be- der für die Fußballclubs üblichen Art und Weise, nämlich triebsschließung herangezogen werden. Auch wenn gute Ar- unter Teilnahme von Zuschauern mit entsprechenden Ti- gumente dafür vorliegen, insbesondere im Bereich Fußball, cketeinnahmen und entsprechenden TV-Gelder der Verwer- die Grenzen des vom Arbeitgeber allein zu tragenden Be- tung, möglich. Diese Einnahmen der Fußballclubs liegen triebsrisikos im Falle der Betriebsverbote als überschritten aber regelmäßig – zumindest konkludent – den Zahlungen anzusehen, so sprechen die ersten Entscheidungen und auch der hohen Gehälter an die Fußballer zugrunde. Es bestand die überwiegende Ansicht in der Literatur dafür, dass auch also auch in diesen Fällen eine Art Leistungsstörung, die im Falle der Pandemie der Arbeitgeber das Risiko zu tragen die Frage nach einer Vertragsanpassung in Bezug auf die hat. Erst Recht wird dies gelten müssen, wenn der Arbeit- Fußballspieler und deren Vergütungsanspruch nach sich geber seinen Betrieb zwar nicht in der üblichen Art und zieht. Weise betreiben kann, der Arbeitnehmer aber seine Arbeits- leistung dennoch erbringt. Dieses Risiko, dass aufgrund be- 1. Grundlage der vertraglichen Vereinbarung hördlicher Anordnungen erhebliche Einnahmen wegfallen, So könnte man vertreten, beide Parteien sind bei Vertrags- ist den Fußballclubs unter Umständen auch bereits über das schluss davon ausgegangen, dass die hohe Vergütung der vom Arbeitgeber immer zu tragende Wirtschaftsrisiko zu- Fußballspieler sich daraus ergibt und damit rechtfertigt, dass zurechnen. Darüber hinaus ist fraglich, ob die Einschrän- die Arbeitsleistung im Normalverlauf des Betriebs erbracht kung im Betrieb der Fußballclubs durch fehlende oder einge- wird, also mit Zuschauern und einem gefüllten Stadion so- schränkte Teilnahme von Zuschauern und damit einher- wie durch entsprechende Einnahmen hoher Werbe- und TV- gehender fehlender weiterer Einnahmen so erheblich ist, dass Gelder. Dieser Umstand, den beide Teile demnach ihrer ver- von einer Störung der Geschäftsgrundlage und einer Pflicht traglichen Vereinbarung immanent zugrunde gelegt haben, zur Vertragsanpassung für den Spieler auszugehen wäre. hat sich durch die behördlichen Einschränkungen im Nach- Dies wird immer eine Frage des Einzelfalls sein.19 hinein wesentlich verändert. Gleichwohl finden sich in den Arbeitsverträgen keine Definitionen oder Hinweise darüber, 3. Zwischenergebnis dass die vereinbarte Vergütung nur geschuldet wird, wenn Für den Fall, dass Spielverbote nicht gänzlich bestanden der Fußballer seine Arbeitsleistung unter normalen Spielbe- und Fußballspiele demnach nur verschoben wurden bzw. dingungen, dh mit Zuschauern und Werbeeinnahmen, er- Auflagen erfolgten, dass keine oder weniger Zuschauer teil- bringt. So war die Situation in der Bundesliga besonders nehmen dürfen und somit Einnahmen für die Fußballclubs misslich, weil die Arbeitsleistung den Spielern nach wie vor wegfallen, besteht keine Frage hinsichtlich des Betriebsrisi- möglich war, ggf. auch mit Verzögerung, etwa wenn Spiele kos, so dass sich noch größere Schwierigkeiten ergeben, sich verschoben wurden. einer Vergütungszahlung für die Fußballspieler zu entzie- hen. Eine Änderungskündigung zur Herabsetzung der Ver- 2. Möglichkeiten der Vertragsanpassung gütung wird praktisch aufgrund des erheblichen Risikos der Mangels Unmöglichkeit der Arbeitsleistung scheidet somit – vollständigen Beendigung des Vertragsverhältnisses – un- ungeachtet der bereits besprochenen rechtlichen Hinter- geachtet der hohen Anforderungen an eine solche Ände- gründe – eine Verweigerung der Lohnzahlung mit dem Hin- rungskündigung – nicht in Betracht kommen. Schließlich weis auf ein nicht mehr vom Arbeitgeber zu tragendes ergeben sich auch keine rechtlich überzeugenden Argumen- Betriebsrisiko aus. Es stellt sich die Frage, ob unter dem te, dass eine Vertragsanpassung über § 313 BGB nach den Gesichtspunkt „Störung der Geschäftsgrundlage“ oder aus Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage erfolgen anderen Gründen eine Vertragsanpassung möglich ist und kann. somit auch zumindest ein Teil der Vergütung nicht zu zah- len wäre. 19 Vgl. dazu auch näher Henseler SpuRt 2021, 59 (63).
390 COVuR 7/2021 Kuhr/Weiss-Bölz, Profi Fußball Beiträge Aus diesen Gründen ist es für die Fußballclubs künftig be- – die Vergütung nur unter einem bestimmten Widerrufsvor- sonders wichtig, bei der Vertragsgestaltung Krisen, ver- behalt steht. gleichbar der Corona- Pandemie, zu berücksichtigen und Vorsorge zu treffen. 2. Aufteilung der Vergütung in drei Komponenten In Betracht kommt etwa eine künftige Aufteilung der Ver- IV. Vertragliche Kürzungsklauseln der Vergütung gütung in drei Teile, so dass der aktuelle Teil der Fixver- Es ist aufgrund der vorangegangenen Diskussion künftig gütung nochmals unterteilt wird. Danach wäre eine Fixver- besonders zu empfehlen, die vertraglichen Regelungen in den gütung in einer (deutlich niedrigeren Höhe) ohne weitere Blick zu nehmen. Im Rahmen des Vertragsrechts gilt der Bedingung zugesagt, die selbstverständlich die allgemeinen Grundsatz „pacta sunt servanda“ (Verträge sind einzuhal- Mindestlohngrenzen berücksichtigt und so bemessen ist, ten), so dass eine einseitige Gehaltskürzung ohne vertragli- dass der Lebensunterhalt ohne Weiteres bestritten werden che Regelung nicht möglich ist. Aus der Treuepflicht allein kann. Gleichwohl wäre ein beträchtlicher Teil der aktuell würde für den Arbeitnehmer keine Pflicht zum Gehaltsver- vereinbarten Fixvergütung als zweiter Vergütungsbestandteil zicht bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Arbeitgebers mit der Bedingung verknüpft, dass die Arbeitsleistung unter folgen. normalen Spielbedingungen erfolgt und auch nur dann ge- schuldet wird. Voraussetzung für diesen Teil der Vergütung Erste Bundesliga-Clubs vereinbaren deshalb in ihren neuen wäre somit konkret, dass die Fußballspiele unter Teilnahme Spielerverträgen bereits sog. „Pandemie-Klauseln“. Bekannt einer zu bestimmenden Mindestanzahl von Zuschauern er- wurde dies etwa bei Werder Bremen, Schalke 04, RB Leipzig folgen kann und entsprechende TV-Gelder vereinnahmt wer- und Arminia Bielefeld.20 Darin werden Fallgestaltungen ge- den. Die Modalitäten dazu wären im Vertrag konkret und regelt, in denen der Verein einen bestimmten Anteil des Ge- transparent aufzuführen, so dass die Fußballspieler genau halts bei coronabedingten Einnahmeausfällen einbehalten erkennen können, wann welche Vergütungskomponente be- kann, so etwa wenn ohne Zuschauer gespielt werden muss ansprucht werden kann. Im Unterschied zu einem Wider- oder falls die Saison unterbrochen wird. Nach dem Vertrag rufsvorbehalt wäre hier von vornherein kein Anspruch der besteht für die Spieler somit grundsätzlich ein Anspruch, der Spieler gegeben, wenn die Voraussetzungen der Vergütungs- unter dem Vorbehalt des Widerrufs steht. komponente nicht gegeben sind. Da durch die zuerst genann- te Fixvergütung bereits eine ausreichende Lebensgrundlage Kritiker lehnen auch solche vertraglichen Klauseln mit dem geschaffen ist und sich die hohen Gehälter erheblich auch Hinweis darauf ab, dass der Arbeitgeber immer das (volle) durch die vom Club vereinnahmten Ticketerlöse und TV- Betriebs- und Wirtschaftsrisiko tragen muss, so dass Alterna- Gelder rechtfertigen, ist die Risikoverteilung bei der zweiten tivmöglichkeiten gesucht werden. Vergütungskomponente nach unserem Dafürhalten auch rechtens. Schließlich empfiehlt sich – wie bisher auch – eine Unabhängig davon muss eine etwaige „Pandemie-Klausel“ weitere Vergütungskomponente durch Prämien- und Bonus- klar und verständlich formuliert sein, so dass der Arbeitneh- zahlungen zu gewähren, die im Rahmen der Definition der mer konkret erkennen kann, mit welchen Gehaltseinbußen Ziele und Voraussetzungen aber auch die außergewöhnli- er in welchen Fällen zu rechnen hat. Die Beurteilung, ob chen Umstände, wie etwa die Corona- Krise, berücksichtigen eine solche Klausel zulässig ist, richtet sich nach der Art sollten. und Höhe der widerrufenen Leistung, des verbleibenden Verdienstes – insbesondere unter Beachtung der Mindest- Auch wenn die derzeitigen Verträge – insbesondere vom lohngrenzen, die vorliegend aber in jedem Fall eingehalten DFB – regelmäßig neben einem Grundentgelt bereits Prä- würden – sowie der Stellung des Arbeitnehmers im Unter- mien- und Bonuszahlungen vorsehen, könnte durch die Auf- nehmen. Nach der Rechtsprechung des BAG ist der Kern- teilung der Vergütung in eine Dreiteilung stärker auf solche bereich des Arbeitsverhältnisses jedenfalls dann nicht tan- Ausnahmesituationen, wie die der Pandemie und deren Aus- giert, wenn der widerrufliche Teil einer im Gegenseitigkeits- wirkungen für die Clubs reagiert werden. Dann werden im verhältnis stehenden Leistung weniger als 25 % der Gesamt- Unterschied zu Vertragsgestaltungen mit Widerrufsvorbehalt vergütung ausmacht.21 Bei Spitzenverdienern wird auch ein von vornherein die Voraussetzungen der Anspruchsbegrün- höherer Anteil der widerruflichen Leistung, etwa bei 35- dung anders ausgestaltet, so dass kein Widerrufsvorbehalt 40 % als zulässig diskutiert.22 Unter Berücksichtigung dieser erforderlich ist, da der Anspruch auf eine bestimmte Ver- Grundsätze wäre demnach ein Widerrufsvorbehalt hinsicht- gütung nur besteht, wenn die im Vertrag definierten Voraus- lich der Grundvergütung anzudenken, wobei zu beachten setzungen vorliegen. Im Vertrag sollte somit konkret geregelt ist, dass die Profifußballer mit einer solchen Regelung ein- werden, was unter einem normalen Saisonbetrieb zu verste- verstanden sein müssten und diese deshalb und auch aus hen ist, so dass dies die Grundlage der hohen Vergütung rechtlichen Gründen konkrete Situationen vergleichbar der darstellt und ohne entsprechende Einnahmen der Fußballer Corona-Pandemie und deren Fallgestaltungen beschreiben auch in gewisser Weise an dem Risiko partizipiert. müsste. 3. Anpassungsbedarf bei Bonus- und Prämienregelungen V. Alternative Lösungsmöglichkeiten Die bereits bestehenden Bonus- und Prämienregelungen soll- 1. Allgemeines zur Vergütungsstruktur ten künftig ebenfalls einer Anpassung unterzogen werden, Alternativ kommt das Überdenken der generellen Ver- gütungsstruktur bei den Fußballspielern in Betracht. So 20 Vgl. Absicherung oder Risiko? Corona-Klauseln in der Bundesliga, könnte sich eine anderweitige Aufteilung und Zusammenset- https://www.sol.de/sport/fussball-1-bundesliga/Absicherung-oder-Risi- zung der Vergütung anbieten, so dass von vornherein ein ko-Corona-Klauseln-in-der-Bundesliga,496298 (zuletzt abgerufen am 17.5.2021). Anspruch nur in den im Vertrag genannten Fällen besteht 21 BAG NZA 2017, 931. und nicht – wie bei vertraglichen Möglichkeiten der Kürzung 22 Henseler SpuRt 2021, 59, (66) mwN.
Kuhr/Weiss-Bölz, Profi Fußball COVuR 7/2021 391 Beiträge um Auslegungsstreitigkeiten zu vermeiden. Sie stellen nach unterbrechung ist somit der Anspruch auf die Prämie mög- wie vor einen wichtigen Bestandteil der Gesamtvergütung lich, auch wenn die Spiele ggf. ohne Zuschauer und dar. demnach ohne entsprechende Einnahmen erfolgen. Dieses Ergebnis entspricht sicher nicht dem Interesse des Fußball- a) Berücksichtigung außergewöhnlicher Umstände clubs, so dass in jedem Fall Anpassungsbedarf besteht und Bei einem leistungsabhängigen Ermessensbonus besteht nach die konkreten Voraussetzungen eines Normalbetriebs, die der bereits existierenden höchstrichterlichen Rechtsprechung anspruchsbegründend sind, zu definieren wären. des Bundesarbeitsgerichts in Extremfällen die Möglichkeit, den Bonus bei Vorliegen besonders gewichtiger, außerge- Eine Meisterprämie wird hingegen regelmäßig dann fällig, wöhnlicher Umstände trotz Erreichens persönlicher Ziele auf wenn es tatsächlich einen Meister gibt. Die Umstände, wie „Null“ festzusetzen.23 Derartige außergewöhnliche Umstän- die Mannschaft zu diesem Erfolg gelangt ist, wird regel- de hatte das BAG beispielsweise im Rahmen der Finanzkrise mäßig nicht Voraussetzung für den Prämienanspruch sein, bei Banken aber erst dann anerkannt, als diese nur durch so dass sich auch bei dieser Fallgestaltung Anpassungsbedarf staatliche Liquiditätshilfen eine Insolvenz vermeiden konn- in der Zukunft ergibt. Gleiches gilt bei einer Aufstiegsprä- ten.24 Solche Ausmaße dürfte die Corona-Krise für Profifuß- mie, wenn die Mannschaft aufsteigt – und sei es auch nur ball-Clubs derzeit (noch) nicht haben, so dass sich deshalb durch Vereinbarung, dass in dieser Saison keine Mannschaft eher die Vereinbarung entsprechender Ziele anbietet. Ent- absteigt.27 scheidend dürfte – wie auch in sonstigen Fällen – die kon- 4. Zwischenergebnis krete Ausgestaltung der Vereinbarung unter Berücksichti- gung der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens Die aktuellen Bonus- und Prämienregelungen zeigen, dass sein.25 allein der Wortlaut der entsprechenden Vereinbarung bzw. die fehlende Definition eines Normalbetriebs häufig zu ei- Insofern sollten auch die Entlastungsmöglichkeiten der Fuß- nem Anspruch des Profifußballers auch auf Zahlung ent- ballclubs im Hinblick auf die variablen Vergütungsbestand- sprechender Prämien führen dürfte. Teilweise wird man mit teile bei der künftigen Vertragsgestaltung nicht außer Acht entsprechender ergänzender Vertragsauslegung Ansprüche gelassen werden. Wichtig sind allerdings eine entsprechende auf die variable Vergütung der Höhe nach begrenzen kön- Ausgestaltung der vertraglichen Vereinbarungen sowie eine nen, gleichwohl zeigt dies die Dringlichkeit einer künftigen Akzeptanz für die entsprechenden Vertragsverhandlungen. anderweitigen Vertragsgestaltung auch in diesen Punkten. Anders ausgedrückt: Es können für Arbeitnehmer auch po- Neben den Anpassungen hinsichtlich der Anspruchsvoraus- sitive Anreize dadurch geschaffen werden, dass Prämien- setzungen, die somit auch klar zum Ausdruck bringen, dass und Bonuszahlungen für bessere Zeiten deutlich höher aus- die Prämien nur bei „Normalbetrieb“ und entsprechendem fallen. sportlichen Wettkampf und Einsatz der Profifußballer ge- schuldet sind, sollte auch generell die Verteilung zwischen b) Prämien im Detail Grundvergütung und variabler Vergütung angepasst wer- aa) Individuelle Prämien mit punktuellen Umstän- den, um in künftigen Ausnahmesituationen nicht mit solch den hohen Zahlungsverpflichtungen belastet zu sein. Aufgrund In den aktuellen Verträgen existieren häufig bereits individu- der sehr hohen Gesamtvergütung der Profifußballer und des elle Prämien mit punktuellen Umständen, wie etwa die Zah- grundlegenden, die hohe Vergütung rechtfertigenden sport- lung einer Prämie pro Spieleinsatz oder zusätzlich noch für lichen und persönlichen Einsatzes der Profifußballer dürfte Tor- und Gewinnpunkte. Es gilt zwar das Lohnausfallprin- solch eine Verteilung der Vergütung rechtlich zulässig sein zip, so dass grundsätzlich darauf abzustellen ist, was der und bei flächendeckender Umsetzung auch Anreizfunktion Spieler an Vergütung erzielt hätte, wenn der Annahmeverzug für die Wettbewerbe und den Einsatz der Profifußballer nicht eingetreten wäre. Gleichwohl kommt es doch aber haben. auch auf den tatsächlich weiteren Saisonverlauf an. Die Prä- mie wäre somit bei Saisonunterbrechung oder -abbruch VI. Zusammenfassung und Ergebnis nicht zu zahlen, was in der Literatur auch durch die Einbet- Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass auch die Profifußball- tung in verbandsrechtliche Strukturen begründet wird.26 clubs nach wie vor den zahlreichen Fragen im Hinblick auf Grundlage dieser Prämien ist ein organisierter Wettbewerb, die Vergütungszahlung ihrer Profifußballer trotz der in der der in diesen Fällen gerade nicht stattfand. Wenn Spiele nicht Vergangenheit ausgefallenen bzw. verschobenen Spiele und angesetzt werden, besteht somit auch kein Prämienanspruch. Betriebsverbote ausgesetzt sind. Auch wenn aufgrund der Diese Auslegung könnte man derzeit aller Voraussicht nach Besonderheiten im Fußball und der weitaus höheren Ver- auch durch Vertragsauslegung erzielen, sollte aber im Ver- gütung der Fußballer im Vergleich zu normalen Arbeitneh- trag künftig zur Vermeidung von Streitigkeiten explizit ge- mern gewichtige Argumente bestehen, dass die Frage nach regelt werden. dem Betriebsrisiko in den Fällen der Betriebsverbote zuguns- bb) Prämie für Saisongesamtleistung und Mann- ten des Arbeitgebers zu beantworten ist, tendiert die über- schaftserfolg wiegende Literatur sowie die Rechtsprechung dazu, das Be- triebsrisiko auch im Falle der Corona Pandemie dem Arbeit- Darüber hinaus werden regelmäßig auch Prämien bezahlt, geber aufzubürden. Erst Recht gibt es keine Hoffnung der die auf den Erfolg der Mannschaft abstellen. So erfolgen effektiven Vertragsanpassung in den Fällen, in denen der etwa Prämien für bestimmte erzielte Punkte der Mannschaft Betrieb nur eingeschränkt und nicht im Normalbetrieb mög- oder für den Klassenerhalt bzw. -aufstieg sowie Pokalprä- mien. Dabei könnte ohne weitere vertragliche Regelung im Falle der Saisonunterbrechung ggf. nur eine zeitlich verscho- 23 Vgl. BAG Urt. v. 24.10.2018 – 10 AZR 285/16, NZA 2019, 387. bene Feststellung erfolgen, wobei im Übrigen aber die Vo- 24 BAG Urt. v. 19.3.2014 – 10 AZR 622/13, NZA 2014, 595. 25 Vgl. auch Eckert/Reinbach/Burmeister GWR 2020, 216. raussetzungen der Prämie – nur zu einer anderen als ur- 26 Fischinger SpuRt 2020, 158 (159). sprünglich angedachten Zeit – vorliegen. Im Falle der Saison- 27 Ausführlich dazu auch Fischinger SpuRt 2020, 158 (160).
392 COVuR 7/2021 Franzenburg, Profisport Beiträge lich war, so dass aufgrund fehlender Zuschauer keine Ticket- unter normalen Bedingungen erfolgt. Der dritte Teil der Ver- einnahmen erfolgten oder TV-Gelder in der sonst üblichen gütung sollte nach wie vor Prämien- und Bonuszahlungen Weise ausblieben. Aus diesen Gründen ist vor allem im Pro- vorsehen, wobei die Anspruchsvoraussetzungen auch unter fifußball eine künftig andere Vertragsgestaltung dringend zu Berücksichtigung solcher außergewöhnlichen Umstände, wie empfehlen. Zum einen sollten in den vertraglichen Regula- der Corona Pandemie und der damit einhergehenden ein- rien – bestenfalls einheitlich – Regelungen zur Möglichkeit schneidenden finanziellen Maßnahmen für die Fußballclubs, der Kurzarbeit, Einschränkungen des Betriebsrisikos im Rah- festzulegen sind. Dabei sollte im Vertrag klar und konkret men der Abdingbarkeit getroffen werden, und zum anderen formuliert sein, wie sich die Vergütung zusammensetzt und sollte eine differenzierte Ausgestaltung der Vergütungsstruk- was die jeweiligen konkreten Voraussetzungen sind, so dass tur erfolgen. Die bislang hohe Fixvergütung sollte in zwei weniger über Kürzungsmöglichkeiten einzelner Vergütungs- Teile aufgeteilt werden, so dass nur der erste Teil unbedingt komponenten, als über positive Anreize und klare Regelun- erfolgt, der zweite Teil jedoch voraussetzt, dass der Betrieb gen Transparenz geschaffen wird. &
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