Auf dem Weg in eine hybride Arbeitswelt - Büros und Büroarbeit in der Post-Corona-Epoche - Auf dem Weg in eine hybride Arbeitswelt

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DGUV Forum 3/2021        Schwerpunkt Ein Jahr Pandemie

Auf dem Weg in eine hybride Arbeits-
welt – Büros und Büroarbeit in der Post-
Corona-Epoche
Key Facts                                                                                    Autor

•   Die Arbeit aus dem Homeoffice hat überraschend gut funktioniert. Diese                     Dr. Stefan Rief
    Erfahrung wird unsere Arbeitswelt verändern
•   Wir erleben einen Paradigmenwechsel in der Einstellung gegenüber dem
    Arbeitsort und dem Büro. Die Nutzung von Homeoffice wird dauerhaft und
    deutlich ansteigen
•   Das Büro der Zukunft könnte ein Mix aus Rückzugsräumen für fokussiertes
    Arbeiten, hybriden Besprechungs- und Projekträumen sowie lounge-ähnli­
    chen Arbeits-, Begegnungs-, Lern- und Erlebnisangeboten sein

Die Erfahrungen mit dem Homeoffice werden die Arbeit im Büro und die Einstellung zum Arbeits-
ort dauerhaft verändern. Das Büro ergibt in Zukunft dann Sinn, wenn sich der Weg dorthin lohnt.
Dafür müssen dort optimale Voraussetzungen für ein Produktivitätserlebnis als Individuum und
als Gruppe sowie für Inspiration herrschen.

V
        or der Coronapandemie galt räum-       traktivität. Und dennoch blieb das Büro für   Erfahrungen waren dabei teilweise über-
        liche Nähe als essenziell für eine     die allermeisten Arbeitnehmer und Arbeit-     raschend. So kann durch an die Virtuali-
        effektive und effiziente Zusam-        nehmerinnen, Selbstständigen oder Grün-       tät angepasste Kommunikation manchmal
menarbeit in Teams und Organisationen.         derinnen und Gründer der feste Bezugs-        mehr Nähe zwischen Führungskräften und
Wenn es darum ging, Neues zu schaffen          punkt für die Arbeit, ob nun als Büro der     Mitarbeitenden entstehen oder es wird
und kreative Lösungen für neue Produkte        eigenen Organisation, als Schreib- oder Be-   berichtet, dass die Zusammenarbeit zwi-
oder Dienstleistungen zu entwickeln, war       sprechungstisch bei Kundinnen und Kun-        schen unterschiedlichen Bereichen und
sie das Mittel der Wahl. Um zufällige Be-      den oder als oft ungewöhnlich gestalteter     Standorten durch die breite Anwendung
gegnungen und kreative Zusammenarbeit          Co-Working-Space. Die positive Wirkung        virtueller Werkzeuge verbessert wurde,
zu provozieren, entstanden zahllose Co-        zufälliger Begegnung und räumlicher Nähe      während diese mit Kolleginnen und Kol-
Working-Spaces, die nicht nur von Freelan-     war unbestritten, im praktischen Erleben      legen – also genau jenen, mit denen man
cerinnen und Freelancern, sondern auch         ebenso wie in Studien.                        vor der Pandemie in räumlicher Nähe ar-
mit wachsender Begeisterung von Projekt-                                                     beitete – leidet. So berichten im November
gruppen unterschiedlichster Unternehmen        Ohne räumliche Nähe beflügeln                 2020 während der zweiten Pandemiewelle
genutzt wurden. Gleichzeitig wurden die        virtuelle Werkzeuge die Zusam-                70 Prozent der Befragten einer repräsentati-
Bürowelten der Unternehmen offener, viel-      menarbeit                                     ven Umfrage unter Arbeitnehmerinnen und
fältiger und bunter. Parallel zu dieser Ent-                                                 Arbeitnehmern in Bayern, die regelmäßig
wicklung wurden mobile Arbeitsmodelle in       Wie hat sich nun diese Erfahrungs- und        zu Hause arbeiten, dass ihnen der direkte
zahlreichen Firmen eingeführt, die es den      Büroarbeitswelt durch die nahezu kollek-      soziale Kontakt mit den Kolleginnen und
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht        tive Nutzung des Homeoffices während          Kollegen fehlt (Forsa, 2020, S. 15). Vor der
nur erlaubten von unterwegs, sondern           der beiden Coronawellen verändert? Vie-       Pandemie war es si­cherlich kaum vorstell-
auch zeitweise von zu Hause zu arbeiten.       les funktioniert auch von zu Hause aus        bar, dass die Zusam­menarbeit mit Kundin-
Mobiles Arbeiten zu ermöglichen war ein        überraschend gut. Das zeigen zumindest        nen, Kunden oder Ex­ternen vom Homeof-
wesentliches Mittel im Wettbewerb um Ta-       zahlreiche Befragungen, die in dieser Zeit    fice aus recht gut funktionieren kann. So
lente und zur Steigerung der Arbeitgeberat-    durchgeführt wurden. Die Ergebnisse und       berichten 63 Prozent der Teilnehmenden

                                                                                                                                      19
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                                                und zwischen den Teams zu stimulieren,         Studie konstatierte aber auch, dass noch
                                                den Informationsfluss durch Begegnung zu       stärkere signifikante Zusammenhänge zwi-

Die Bürokonzep-                                 verbessern, die Zusammenarbeit sowie das
                                                Entstehen von Ideen und Innovationen zu
                                                                                               schen der Zufriedenheit der Nutzenden mit
                                                                                               der räumlichen Arbeitsumgebung und den
te und -strukturen                              erleichtern. Um diese Effekte zu stärken,      Erfolgskriterien Leistungsfähigkeit, Moti-
                                                wurde zudem bei mehr und mehr Organi-          vation und der Bindung an das Unterneh-
haben sich bereits                              sationen die feste Zuordnung von Perso-        men bestehen. Besonders interessant war
                                                nen und Arbeitsplätzen zugunsten eines         in diesem Zusammenhang festzustellen,
in den Jahren vor                               aktivitätsbasierten Arbeitsraumkonzeptes       dass dieser Effekt besonders für die Per-
dem Coronaausbruch                              aufgehoben, das für unterschiedliche Tä-
                                                tigkeiten jeweils spezifische Arbeitsumge-
                                                                                               sonen gilt, die eine gewisse Mobilität auf-
                                                                                               weisen und nicht ständig im Büro arbeiten.
begonnen zu ver-                                bungen anbietet.
                                                                                               Was wirkt aber laut Studie positiv auf die
ändern.“                                        Die neuen, offeneren Räume wurden dann         Zufriedenheit mit der Büroumgebung?
                                                flexibel genutzt und oft in sogenannte         Gute Akustik, Rückzugsmöglichkeiten
                                                Homebases strukturiert, denen jeweils          sowie die Verfügbarkeit und Vielfältigkeit
in einer Befragung des Fraunhofer-Insti-        eine oder mehrere Organisationseinhei-         von Besprechungsräumen führen die posi-
tuts für ­Arbeitswirtschaft und Organisation    ten zugeordnet wurden. Zeitgleich räumte       tiven Einflussfaktoren an, aber auch Erho-
IAO, dass es ihnen gelingt, mit virtuellen      man den Mitarbeitenden unter dem Begriff       lungs- und Pausenmöglichkeiten spielen
Werkzeugen Vertrauen zu Externen außer-         der mobilen Arbeit in der Regel die Mög-       eine wichtige Rolle. Blickt man vor diesem
halb der eigenen Organisation aufzubauen.       lichkeit ein, zu gewissen Anteilen von zu      Erkenntnishintergrund wiederum auf man-
Für die Gestaltung der zukünftigen Büros        Hause aus zu arbeiten. Vor diesem Hinter-      che Projekte in der Zeit vor Corona, dann
und Büroumgebungen dürfte aber auch der         grund konnte häufig die Anzahl der reinen      wird deutlich, dass diese häufig sehr of-
Anteil der Rückkehrenden nach dem Über-         Schreibarbeitsplätze im Büro reduziert, die    fen gestaltet wurden und dass Räume, ob
winden der Pandemie von entscheidender          Nutzungsvielfalt erhöht und dennoch Flä-       für Kommunikation in unterschiedlichster
Bedeutung sein. Zahlreiche Unternehmen          chen eingespart werden.                        Form oder für Rückzug und fokussiertes
haben bereits angekündigt, nach der Pan-                                                       Arbeiten, in vielen Umsetzungen Mangel-
demie an einem ausgeweiteten Homeoffice-        Forschungsprojekt „Office 21“                  ware waren. Das wird anhand eines wei-
angebot festzuhalten. Dass ist sicherlich ei-                                                  teren Studienergebnisses noch deutlicher:
ner der Gründe, warum die Nachfrage nach        In Verbindung mit der Möglichkeit, auch        Im Durschnitt wenden die mehr als 10.000
Büroflächen sinkt, zuletzt um 41 Prozent        von zu Hause aus arbeiten zu können, er-       Studienteilnehmenden nur rund 50 Pro-
(Wirtschaftswoche, 01.10.2020). Es wird         langten flexible Bürokonzepte bei Unter-       zent ihrer Arbeitszeit für fokussierte Tätig-
offensichtlich, dass eine neue Normalität       nehmen und Beschäftigten eine gewisse          keiten auf. Die beiden am stärksten negativ
deutlich von dem abweichen wird, was vor        Popularität. Sie galten zudem als Mittel zur   wirkenden Faktoren auf die Zufriedenheit
der Pandemie geübte Praxis war.                 Steigerung der Arbeitgeberattraktivität und    mit der räumlichen Umgebung sind dem-
                                                als Vorteil im Werben um gesuchte Talen-       nach ein als zu gering empfundener Ab-
Welche Bedeutung haben Büros in Zukunft         te. In einer Studie mit rund 10.000 Teil-      stand zu anderen Arbeitsplätzen und Stö-
und welche nachhaltigen Veränderungen           nehmenden, die vom Fraunhofer IAO im           rungen durch vorbeigehende Personen.
ergeben sich hier für die Zeit nach der Pan-    Rahmen des Verbundforschungsprojektes
demie? Und welche von Corona unabhän-           „Office 21“ durchgeführt wurde, konnten        Flexibel genutzte Bürokonzepte
gigen Entwicklungen beeinflussen darüber        positive Effekte einer im Hinblick auf Ar-     schneiden gut ab
hinaus die Anforderungen? Um diese Fra-         beitsort und -zeit selbstbestimmteren Ar-
gestellungen geht es im Folgenden.              beitsweise festgestellt werden. So bestehen    Das Fraunhofer IAO hat vor der Pande-
                                                nicht nur signifikante und starke Zusam-       mie zudem die Wirksamkeit beziehungs-
Veränderung des Büros setzte                    menhänge zwischen einer autonomeren            weise den Einfluss unterschiedlicher Bü-
lange vor der Pandemie ein                      Gestaltung von Arbeit und der Vereinbar-       rokonzepte auf Leistung, Motivation und
                                                keit von Beruf und Privatem, sondern eben-     Wohlbefinden untersucht und tatsächlich
Die Bürokonzepte und -strukturen ha-            so bei der Leistungseinschätzung, der Mo-      wirken diese unterschiedlich bei unter-
ben sich bereits in den Jahren vor dem          tivation und dem Wohlbefinden.                 schiedlichen Aufgaben- und Tätigkeitsty-
­Coronaausbruch begonnen zu verändern.                                                         pologien, wobei flexibel genutzte Bürokon-
 Kleinteilige Zellenstrukturen wurden von       Schon zu dieser Zeit stellte sich die Frage,   zepte in vielen Fällen überdurchschnittlich
 offeneren und zusammenhängenden Büro-          welche Rolle das physische Büro in diesem      abschneiden. Allerdings nur unter der Vor-
 raumstrukturen abgelöst. Ziel dieser Ver-      Kontext noch spielt und welche Bedeutung       aussetzung, dass sie ausreichend viele und
 änderung war es, die Kommunikation in          ihm zufallen würde. Die Office-Analytics-      zugleich vielfältige Angebote enthalten:

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für konzentriertes Arbeiten, für Bespre-       Sind nun also Co-Working-Spaces die           hieraus keine Nachteile für die Organisa-
chungen aller Art, für Erholung und aus-       Blaupause für das Büro in der Post-Coro-      tion resultieren würden (Hofmann, Piele
reichend informelle Kommunikation – so-        na-Epoche, als Gegenpol zum Homeoffice        und Piele, 2020). Eine weitere Studie mit
wie ausreichend Abstand zu Kolleginnen         und Sehnsuchtsort der Begegnung mit den       mehr als 2.100 Büroangestellten ergab,
und Kollegen, wenn die Arbeitsplätze           Kolleginnen und Kollegen? Derzeit wird in     dass sich zwei Drittel der Befragten zu
und -angebote schon miteinander geteilt        den Medien und Fachkreisen genau dar-         Hause besser konzentrieren können und
werden. Zu offene und zu dichte Arbeits-       über diskutiert: das Post-Corona-Büro als     es sogar einem Drittel zu Hause besser ge-
platzstrukturen waren somit schon vor          Ort der Begegnung und Zusammenarbeit,         lingt, kreative Gedanken zu entwickeln.
der COVID-19-Pandemie keine wirklich           aber ist das ausreichend? Meine Antwort ist   Zudem stellten 60 Prozent der Befragten
gute Lösung, denn bei diesen Konzepten         Nein. Sicherlich wird und muss das Büro       ihren Führungskräften ein positives Zeug-
ist der Erfolg mit einer sehr durchdach-       in Zukunft noch mehr Ort der Begegnung        nis aus im Hinblick auf das Erzeugen einer
ten Konzeption und ihrer konsequenten          sein; vom Betrieb und Erfolg der Co-Wor-      Atmosphäre, die Leistungsbereitschaft und
Umsetzung verknüpft. Werden diese Fak-         king-Spaces lässt sich insbesondere die       Zufriedenheit fördert (Bockstahler, Jurecic,
toren nicht berücksichtigt, dann nähern        Inszenierung von Begegnung, Kommuni-          Rief, 2020). Diese Werte wurden vor dem
sich diese offenen Konzepte dem klassi-        kation und Austausch lernen, denn zahl-       Hintergrund erhoben, dass rund ein Drittel
schen Großraumbüro an, das nicht nur von       reiche Veranstaltungen für die Nutzerin-      der Studienteilnehmenden Angehörige zu
zahlreichen Nutzenden, sondern auch in         nen und Nutzer sowie bewusst inszenierte      betreuen hatte und zudem in einer für die
wissenschaftlicher Literatur selten gut ab-    Austauschformate gehören seit jeher zum       meisten neuen, stark virtuellen und ver-
schneidet.                                     konstituierenden Merkmal erfolgreicher        teilten Situation arbeitete.
                                               Spaces. Dennoch bin ich überzeugt davon,
Co-Working-Spaces                              dass das nicht ausreichen wird, denn in       Andere Studien, beispielsweise von McKin-
                                               den wenigsten größeren Organisationen         sey, kommen zu recht ähnlichen Ergebnis-
Wie lässt sich vor diesen Hintergründen        sowie Berufen und Tätigkeiten wird sich       sen (Boland, De Smet, Palter und Sanghvi,
die Anziehungskraft von Co-Working-Spa-        die Arbeit in eindeutig abgrenzbare Tage      2020). Eine ganz aktuelle und repräsenta-
ces einordnen? Sind diese häufig noch viel     der Zusammenarbeit, des Begegnens und         tive Befragung von abhängig Beschäftigten
offener gestaltet und dichter belegt als Un-   Voneinanderlernens und der fokussierten       in Bayern bestätigt Ende 2020 die positiven
ternehmensbüros? Co-Working-Spaces be-         Arbeit von zu Hause gliedern lassen. Zum      Erfahrungen aus der ersten Jahreshälfte:
dienen ein anderes Bedürfnis als das Un-       Post-COVID-Büro aber später mehr. Im fol-     85 Prozent derjenigen, die regelmäßig im
ternehmensbüro. Co-Working beschreibt          genden Abschnitt geht es zunächst um die      Homeoffice arbeiten, geben an, eine Men-
das flexible, weitgehend voneinander un-       Erfahrungen aus der Pandemie.                 ge Zeit durch den Wegfall des Arbeitswe-
abhängige Arbeiten von Wissensarbeitern                                                      ges zu gewinnen. 81 Prozent geben an,
an einem gemeinsamen, institutionalisier-      Homeoffice – die Produktivitäts-              Privat- und Arbeitsleben besser vereinba-
ten Ort, wobei das hierarchielose soziale      überraschung                                  ren zu können, und 73 Prozent berichten,
Netzwerk den Teilnehmern weitreichende                                                       zu Hause produktiver arbeiten zu können
Kooperationsvorteile ermöglicht. In die-       Mit der Pandemie scheint das Büro obso-       (Forsa, 2020).
ses Netzwerk kann man eintauchen und           let geworden zu sein. Innerhalb kürzester
sich daraus auch wieder folgenlos zu-          Zeit wurden zahllose Mitarbeitende aus        Welche Rolle spielt das Büro
rückziehen – im Unternehmensbüro ist           den Büros nach Hause geschickt, um in         nach Corona?
dieses lose, unverbindliche Eintauchen         einer sicheren, virusfreien Umgebung zu
nicht möglich, darin besteht der wesent-       arbeiten. Digitale Werkzeuge zur Zusam-       Bei diesen ersten Ergebnissen ist die Fra-
liche Unterschied zwischen dem Arbeiten        menarbeit wurden in Windeseile einge-         ge berechtigt, welche Rolle das Büro in ei-
im Co-Working-Space zwischen einer Viel-       führt und in den allermeisten Organisa-       ner Zeit nach Corona spielen wird. Noch
zahl anderer Unternehmen, Gründerinnen         tionen konnte die Arbeitsfähigkeit wieder     dringlicher wird diese Frage vor dem Hin-
und Gründern sowie Selbstständigen und         hergestellt werden.                           tergrund von Rückkehrprognosen in die
dem Büro der eigenen Organisation mit sei-                                                   Büros. In einer weiteren Studie des Fraun-
nen klaren organisatorischen Strukturen.       Die Arbeit von zu Hause aus ist nun fast      hofer IAO geben die mehr als 2.000 Be-
Co-Working-Spaces wurden zu Beginn für         flächendeckend eingeführt oder zumin-         fragten an, dass sie zukünftig vorzugsweise
den Austausch, die wechselseitige Unter-       dest erprobt. Befragungen ergeben über-       im Durchschnitt 7,2 Tage pro Monat, also
stützung und die zufällige Begegnung als       wiegend positive Rückmeldungen. So            mehr als ein Drittel der Arbeitszeit, im Ho-
Grundlage für den Ausbau des eigenen           berichten in einer Anfang Juli 2020 veröf-    meoffice arbeiten wollen. Dieser Erwartung
Netzwerks mit dem Fokus auf Selbststän-        fentlichten Studie mehr als die Hälfte der    scheinen auch die Unternehmen Rechnung
dige sowie Gründerinnen und Gründer und        rund 500 befragten Personalverantwortli-      zu tragen, denn bereits im Mai 2020 gaben
als Gegenpol zur isolierten Arbeit von zu      chen, dass ihre Organisationen Home­office    42 Prozent der befragten Personalverant-
Hause konzipiert.                              in größerem Umfang umsetzen und dass          wortlichen an, dass sie die Möglichkeiten

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                                              cken funktioniert hat und noch immer                                                                  sicherlich auch bei vielen Motivation und
                                              funktioniert. Die Erfahrung wird unsere                                                               Engagement ausgelöst hat, die weder im

Das bedeutet, dass                            Arbeitswelt und unsere Art der Zusammen-
                                              arbeit in den Büros verändern. Es war be-
                                                                                                                                                    alten, noch in einem neuen Normal das
                                                                                                                                                    Maß der Dinge sein könnten. Es wurde zum
wir einen echten                              eindruckend zu erleben, wie schnell sich                                                              Teil auch von Inspirationen gelebt, die in
                                              Organisationen und ihre Mitarbeitenden an                                                             den Jahren vor der Krise aufgebaut wur-
Paradigmenwechsel                             die neue Situation anpassen konnten und                                                               den und in Kombination mit den neuen
                                              wie teilweise in der Virtualität eine neue                                                            Impulsen durch die Krise selbst zu neuen,
in der Einstellung                            Nähe zwischen Führungskräften sowie                                                                   zuvor nicht denkbaren Lösungswegen und
gegenüber dem                                 Kolleginnen und Kollegen, aber auch zu
                                              Kundinnen und Kunden entstehen konnte,
                                                                                                                                                    Lösungen geführt haben.

Arbeitsort und dem                            sogar ohne Reisen zueinander zu unter-                                                                Ableitungen für das Büro der
                                              nehmen. Gerade der letzte Aspekt des ge-                                                              ­Zukunft
Büro erleben.“                                schäftlichen Reisens wird nach Einschät-
                                              zung der IAO-Fachleute das Arbeitsleben in                                                            Büroarbeiterinnen und Büroarbeiter lernen
                                              der Post-Corona-Epoche ebenso nachhaltig                                                              gerade durch virtuelle Zusammenarbeit,
für die Arbeit von zu Hause erweitern wer-    verändern wie die gemeinsame Erfahrung                                                                digitale Meetings und Veranstaltungen,
den (Hofmann, Piele, Piele, 2020, S. 10),     der virtuellen Arbeit im Homeoffice.                                                                  dass räumliche Distanzen durch virtuelle
und im Herbst 2020 hat sich dieser Wert                                                                                                             Nähe zumindest teilweise überbrückt wer-
bei den Unternehmen auf 70 Prozent er-        Wenn man sich nun Gedanken zur Ge-                                                                    den können. Viele haben gelernt, räumlich
höht (Hofmann, Piele, Piele, 2020, S. 2).     staltung von Büros und Büroarbeit in ei-                                                              voneinander getrennt gemeinsam am sel-
                                              ner neuen Normalität macht, erscheint                                                                 ben Dokument zu arbeiten. Sie haben sich
Dennoch und trotz dieser Erfahrungen          es wichtig, darauf hinzuweisen, dass die                                                              an eine einfache Erreichbarkeit und höhere
zeigen sich auch gewisse Ermüdungser-         aktuellen Erfahrungen einer Ausnahme-                                                                 Verfügbarkeit ihrer Ansprechpersonen –
scheinungen der sehr starken Virtualität.     situation entspringen und nicht nur ein-                                                              ob Kundinnen und Kunden oder Kollegin-
So konnten wir bereits während der ers-       fach fortgeschrieben werden können. Vie-                                                              nen und Kollegen – aufgrund wegfallender
ten Pandemiewelle nach einem Ansteigen        les hat deshalb so gut funktioniert, weil die                                                         Pendel- und Reisezeiten und eventuell ent-
positiver Erfolgsindikatoren ein gewisses     Arbeitsbeziehungen bereits auf stabilen                                                               fallener Urlaubsreisen gewöhnt.
Abflauen ab der 16. Woche im dauerhaften      gewachsenen Strukturen basierten. Zu-
Homeoffice feststellen (siehe Abbildung 1).   gleich waren und sind die Beschäftigten                                                               Der wesentliche Unterschied vor und nach
                                              teilweise in einem Krisenmodus, insbe-                                                                der Pandemie im Hinblick auf die Arbeit im
Und in der bereits erwähnten Forsa-Be-        sondere während der ersten Coronawelle,                                                               Homeoffice wird sein, dass es nun fast alle
fragung in Bayern geben 70 Prozent an,        der zu mehr bewusster und unbewusster                                                                 erlebt, erlernt und teilweise verinnerlicht
dass ihnen bei der Arbeit im Homeoffice       Aufmerksamkeit füreinander führte und                                                                 haben. Damit wird es nicht nur einfacher,
direkter Kontakt und sozialer Austausch
mit den Kolleginnen und Kollegen fehlen,                                                                                                                                                                                               Grafik: Fraunhofer IAO
ein Drittel vermisst die gewohnte Struktur      Studie Homeoffice Experience
im Arbeitsalltag (Forsa, 2020). Aufseiten       Entwicklung von Erfolgsindikatoren im Homeoffice im zeitlichen Verlauf
der Unternehmen, die keine Ausweitung
                                                  Zeitraum der Befragung Mai-Juli 2020, n=1.952
mobiler Arbeitsformen und Homeoffice
                                                                                                             Informationsfluss                         Performance                       Kreativität
planen, wird insbesondere der Verlust von             hoch       4,3
Kreativität als maßgeblicher Grund angege-                       4,1
ben, der gegen eine dauerhafte Ausweitung
                                                   Skala (1-5)

                                                                 3,9
der Homeofficenutzung spricht (Hofmann,                          3,7

Piele, Piele, 2020, S. 2).                                       3,5
                                                                 3,3

Erfahrungen einer Krisen-                          mittel        3,1
                                                                            1 bis 4 Wochen                    5 bis 8 Wochen                    9 bis 12 Wochen                  13 bis 16 Wochen                     über 16 Wochen
situation
                                                                                          Dauer der überwiegenden Arbeit aus dem Homeoffice
                                                  Jurecic, Bockstahler, Stolze, Rief, Verbundforschungsprojekt Office 21 – Homeoffice Experience: Prognosen für unsere zukünftige Arbeitswelt, Fraunhofer IAO, 2020

Was sind nun also die Erfahrungen aus der
Pandemie und wie lassen sie sich einord-
nen? Am offensichtlichsten ist sicherlich
die kollektive Überraschung, wie gut die      Abbildung 1: Entwicklung unterschiedlicher Erfolgsindikatoren der Arbeit in Abhängig-
Arbeit von zu Hause aus über viele Stre-      keit der Dauer der Arbeit von zu Hause (Bockstahler, Jurecic, Rief, 2020)

22
DGUV Forum 3/2021        Schwerpunkt Ein Jahr Pandemie

sondern auch völlig normal sein, räumlich      steigen bereits die Mietpreise für Wohn-
voneinander getrennt zu arbeiten. Für den      raum jenseits der Metropolen stärker als
Ort der Arbeit wird das bedeuten, dass jede
Fahrt ins Büro – ob mit dem Fahrrad, dem
                                               in Städten, wobei insbesondere die Nach-
                                               frage unter Familien wächst, die die teuren
                                                                                              Ein Teil der ein-
ÖPNV oder dem Auto – auf einer täglich         Städte gegen mehr Platz und mehr Grün          gesparten geschäft-
neu getroffenen bewussten Entscheidung         tauschen. Vielleicht ist das auch eine Er-
für die Arbeit im Büro basieren wird. Die      fahrung aus den Lockdowns (Handelsblatt,       lichen Mobilität wird
Zeit für die Fahrt ins Büro wird immer aufs    24.01.2020).
Neue mit dem dort zu erwartenden Arbeits-                                                     sich als virtuelle
erlebnis, das sich aus Kultur, Begegnung,
Produktivität und Lernen speist, in ein Auf-
                                               Es geht in Zukunft aber nicht nur um das
                                               Verhältnis zwischen Arbeitsanteilen in
                                                                                              Zusammenarbeit in
wand-Nutzen-Verhältnis gesetzt werden.         Büro und Wohnung, sondern um ein neues         Form von Kommuni-
                                               Verhältnis von Arbeiten unterwegs, von Ar-
Das bedeutet, dass wir einen echten Para-      beiten vor Ort bei Kundinnen und Kunden,       kation und Sprache
digmenwechsel in der Einstellung gegen-
über dem Arbeitsort und dem Büro erleben.
                                               von Arbeiten an anderen Standorten des
                                               eigenen Unternehmens und von Arbeiten
                                                                                              an den Arbeitsplät-
Die Nutzung von Homeoffice wird gegen-         im eigenen Zuhause. Dabei trägt ein mög-       zen im Büro nieder-
über dem Vorkrisenniveau dauerhaft und         licher Rückgang von geschäftlichen Reisen
deutlich ansteigen. Ein Teil der Beschäf-      nicht nur zur Lebensqualität von Vielrei-      schlagen.“
tigten wird sich zudem von einem Mon-          senden bei, sondern die eingesparte Abwe-
tag-bis-Freitag-Denken zu einer vielleicht     senheit wird sich anteilig auf die Zeiten im
„saisonaleren“ Arbeitsweise mit bestimm-       Homeoffice und im Büro aufteilen und dort      Flexibilisierung fester Organisations-
ten Präsenzwochen oder -tagen innerhalb        für eine veränderte Raumstruktur sorgen.       strukturen und ein steigendes Zusam-
eines Monats in Richtung digitaler Noma-                                                      menarbeitsbedürfnis in Form von Projek-
den entwickeln. Sicherlich wird auch der       Künstliche Intelligenz verändert               ten und in Ökosystemen als Reaktion auf
Anteil veritabler digitaler Nomaden, also      den Charakter                                  immer neue technologische Entwicklun-
von Personen, die über mehrere Wochen,                                                        gen, die wiederum zu veränderten Märk-
Monate oder gar dauerhaft in Orten und         Wenn man sich nun Gedanken zum Post-           ten, Produkten und Dienstleistungsange-
Ländern abseits des Büros ihres Arbeit-        Corona-Büro machen will, dann lohnt es         boten führen. Diese Entwicklung verlangt
oder Auftraggebenden arbeiten, anstei-         sich, auch über weitere, sich am ­Horizont     neben stark fokussierten Arbeitsphasen
gen. Virtuelle Zusammenarbeit ist in der       abzeichnende Entwicklungen nachzuden-          wiederum deutlich mehr Kommunikation,
Zeit nach Corona eben nicht mehr exotisch,     ken, die Büroarbeitswelt und Büro verän-       Zusammenarbeit und Lernen voneinander.
sondern ein fester Bestandteil von Büro-       dern werden. Ein Teil der eingesparten
und Wissensarbeit. Dabei sollte man nicht      geschäftlichen Mobilität wird sich als         Das Büro als räumliche Fortset-
vergessen, das sich auch Werkzeuge per-        virtuelle Zusammenarbeit in Form von           zung eines sozialen Netzwerks
manent weiterentwickeln und die Über-          Kommunikation und Sprache an den
tragungsbandbreiten ausgebaut werden.          Arbeitsplätzen im Büro niederschlagen.         Das Büro ergibt in Zukunft dann Sinn,
Gleichzeitig eröffnet die virtuelle, ortsun-   Gleichzeitig zeichnet sich ab, dass wir mit    wenn es all diese Aspekte extrem gut be-
gebundene Zusammenarbeit auch Unter-           Anwendungsprogrammen auch sprechen             dienen kann und sich der Weg ins Büro
nehmen, Auftraggeberinnen und Auftrag-         werden – ähnlich wie bereits heute in man-     lohnt. Dafür müssen dort optimale Voraus-
gebern das Anwerben und Einbinden von          chem Zuhause mit Alexa und Co. Für das         setzungen für ein Produktivitätserlebnis
gefragten Talenten, ohne dass diese ihren      Büro bedeutet dies, dass der Sprachein-        als Individuum und als Gruppe sowie für
Wohnort oder ihr bevorzugtes Lebensum-         trag und somit das Störungspotenzial in        Inspiration herrschen. Die Form von Ins-
feld verlassen müssen.                         Zukunft noch einmal deutlich ansteigen         piration, die im Homeoffice nicht frei Haus
                                               werden. Dem gegenüber steht, dass sich         geliefert wird, sondern die im zufälligen
Infolge dieser Entwicklung könnten in Zu-      mit der Automatisierung von Büroarbeit         und zukünftig vielleicht auch inszenier-
kunft attraktive, lebenswerte Metropolen       und der Nutzung von künstlicher Intelli-       ten Miteinander- und Voneinanderlernen
und beliebte Ferienregionen einen Zulauf       genz auch der Charakter der verbleibenden      begründet liegt. Neben Kommunikation,
solcher, digitaler Nomaden erleben. Auch       Arbeit verändert. Sie wird komplexer und       Zusammenarbeit und Lernen wird aber
wen es nicht in andere Regionen zieht,         erfordert von Einzelnen und Gruppen mehr       der Bedarf an konzentriertem und fokus-
könnte sich überlegen – zumindest für          Konzentration und Fokussierung.                siertem Arbeiten ebenfalls zunehmen und
eine gewisse Lebensphase –, in kleinere                                                       dieser muss ebenso im Büro abgedeckt wer-
Orte auf dem Land zu ziehen, jenseits des      Eine weitere Entwicklung wird Büroarbeit       den können. Somit wird auch der Anteil
Speckgürtels der Metropolen. Im Moment         ebenfalls beeinflussen: die zunehmende         an geschlossenen zellularen Strukturen

                                                                                                                                      23
DGUV Forum 3/2021        Schwerpunkt Ein Jahr Pandemie

                                                   situationen, und in Zukunft werden wir hy-                                                     deln von Projektgruppen in Innovations­
                                                   bride Situationen gestalten, erlernen und                                                      laboren jenseits des Unternehmensbüros

Die strenge räumli-                                verinnerlichen müssen.                                                                         angestrebt wurden.

che Zuordnung von                                  Digitale Buchungssysteme werden auf brei-                                                      Utopie oder Dystopie?
                                                   ter Front erforderlich, um die Auslastung
Abteilungen zu Eta-                                der unterschiedlichen Arbeitsplatz- und                                                        In einem nächsten Schritt in Richtung Zu-
                                                   Raumangebote wirtschaftlich zu steuern.                                                        kunft entstehen in Büros digitale, kognitive
gen oder bestimmten                                Es könnte aber auch dazu kommen, das                                                           Arbeitsplätze, die die Leistungsfähigkeit
Gebäudebereichen                                   Büroarbeitende künftig, ähnlich wie aus
                                                   sozialen Netzwerken bekannt, Personen,
                                                                                                                                                  stimulieren, indem Temperatur, Beleuch-
                                                                                                                                                  tung und vielleicht sogar Duft auf die ak-
wird sich weiter auf-                              die für ihre Arbeit relevant sind, die zu ak-                                                  tuelle Aufgabenstellung und persönliche
                                                   tuellen Projektteams gehören oder denen                                                        Disposition abgestimmt werden. Das hier-
lösen.“                                            man gern begegnen möchte, ins Büro „fol-                                                       für erforderliche und über Monate und Jah-
                                                   gen“, wenn sich diese dort einbuchen.                                                          re aufgebaute Stimulationsprofil verbleibt
                                                                                                                                                  dabei in der Obhut des Individuums und
gegenüber stark geöffneten Vor-Corona-             Die strenge räumliche Zuordnung von Ab-                                                        wird von diesem nur für die tagesaktuel-
Konzepten deutlich ansteigen.                      teilungen zu Etagen oder bestimmten Ge-                                                        le Nutzung im Büro freigegeben. Das mag
                                                   bäudebereichen wird sich weiter auflösen,                                                      nach einer Utopie klingen und in manchen
Mit dem Homeoffice als alternativem und            wenn ein Team selten zeitgleich vor Ort ist,                                                   Ohren auch nach eine Dystopie, aber es
gleichberechtigtem Arbeitsplatz ist dem            und dennoch können gerade hieraus neue                                                         wäre die konsequente Verschmelzung des
klassischen Büro eine starke Konkurrenz            Chancen in der Zusammenarbeit und in                                                           physischen Raumes mit den Möglichkeiten
erwachsen, insbesondere als Angebot für            der Überwindung bisheriger – auch häu-                                                         der Digitalisierung zu einer neuen, indi-
konzentriertes, unterbrechungsfreies Ar-           fig räumlich abgebildeter Silos – entste-                                                      vidualisierbaren Arbeitsumgebung, die
beiten. Eine zukünftige Struktur könnte aus        hen. Im Prinzip könnte über ein digitales                                                      Kreativität, Fokussierung, Wohlbefinden
Rückzugsräumen für hochproduktives und             System die Begegnung unterschiedlicher                                                         und vielleicht sogar die Gesundheit fördert.
fokussiertes Arbeiten, durchsetzt mit hyb-         Funktionen und Kompetenzen bewusst
riden Besprechungs- und Projekträumen              inszeniert und damit Effekte erzeugt wer-                                                      Großzügige, hybride Räume für die Zu-
mit großzügigen Flächenzuschnitten und             den, die vor der Pandemie durch das Ansie-                                                     sammenarbeit einer Gruppe, von der sich
offenen Lounge-ähnlichen Arbeits-, Begeg-
nungs-, Lern- und Erlebnisangeboten be-        N

                                                                                                                                                                                                      Grafik: Fraunhofer IAO
                                               u

stehen, die durch ein digitales System nicht   r
                                               p
                                               r
                                                     Studie Cognitive Environments
                                                     Kano-Befragung: Hinweise zur eigenen Produktivitätsoptimierung
                                               o
nur im Sinne einer optimalen Auslastung        j
                                               e
                                               k

und Verfügbarkeit gesteuert, sondern in-       t
                                               i
                                               n
                                                                                                                25,7%                              Was würden Sie davon halten, wenn …
szeniert werden.                               t
                                               e                    Kundenzufriedenheit         sehr
                                               r
                                               n
                                                                                                zufrieden
                                                                                                                           Leistungs-
                                                                                                                                                   ... Sie auf Basis gesammelter Daten nach einiger
                                               z
                                               u        Rückweisungs-
                                                                                                                           merkmale       10,5%    Zeit erkennen könnten, bei welchen
                                               v
Hybride Besprechungs- und Projekträume         e
                                                        merkmale                                                                                   Umgebungsparametern Sie besonders produktiv
                                               r
                                               w
                                                             Begeisterungs-
                                                                                                                                                   arbeiten?
sind in einer Weise konzipiert und tech-       e
                                               n
                                               d
                                                             merkmale                                                      realisierte
                                                                                                            Qualitätseigenschaften

nisch ausgestattet, dass sie eine echte Zu-    e
                                               n           wenig                                  indifferent                      viel
                                               !
                                                                                                                 Basismerkmale            2,9%
sammenarbeit zwischen einer Gruppe von
Menschen im Büro und einer Gruppe von
Menschen, die von unterschiedlichen Orten                                                       völlig
                                                                                                unzufrieden                       10,5%
aus arbeiten, möglich macht und natürlich              47,6% sind indifferent

unterstützt. Dabei werden eventuell unter-             Verbundforschungsprojekt Office 21, Fraunhofer IAO, 2019 – unveröffentlicht

schiedliche hybride Situationen abgebil-
det werden müssen, also Gruppen, die mit
Gruppen arbeiten, oder eben Gruppen, die
in einer Gruppe von einzelnen Personen ar-         Abbildung 2: Befragung zur kognitiven Arbeitsumgebung nach dem Kano-Modell.
beiten, und das zusätzlich für unterschied-        Mehr als ein Viertel der Befragten wäre von einer Rückmeldung eines digitalen
liche, sinnvolle Gruppengrößen. Denn was           Systems begeistert, das ihnen Auskunft darüber gibt, unter welchen Bedingungen
wir während des vergangenen Jahres erlebt          sie besonders produktiv arbeiten können. Weitere zehn Prozent erwarten dies von
haben, waren häufig rein virtuelle Arbeits-        einer smarten Umgebung und nur zehn Prozent der Befragten lehnen eine solche
situationen, vor der Pandemie kannten wir          Funktion rundweg ab (Fraunhofer IAO, Verbundforschungsprojekt Office 21, 2019
in der Regel räumliche, integrierte Arbeits-       unveröffentlicht).

24
DGUV Forum 3/2021          Schwerpunkt Ein Jahr Pandemie

ein Teil zeitgleich physisch vor Ort befin-    ten wird noch deutlicher, als das vielleicht
det und der andere Teil räumlich verteilt      früher im Büro wahrgenommen wurde. Es
ist, werden künftig ein wesentlicher Grund
sein, um ins Büro zu kommen. Aber auch
                                               macht einen Unterschied, ob man gerade
                                               neu in einer Organisation startet, wie die
                                                                                                 Gleichzeitig spielt
attraktive Dienstleistungen im Gebäude         Wohnverhältnisse zu Hause sind, wie aktiv         die richtige Ausstat-
oder in seiner unmittelbaren Nähe tragen       sich einzelne Personen in das soziale Ge-
dazu bei, dass die Menschen sich bewusst       füge und Miteinander einer Organisation           tung der Homeoffices
für den Weg ins Büro entscheiden. Gesprä-      einbringen und auch wie viel Bedarf diese
che mit einigen größeren Unternehmen           am Austausch mit den Kolleginnen und              eine wichtige Rolle –
haben ergeben, dass zwar der Bedarf an
Bürofläche in Zukunft sinken, dafür aber
                                               Kollegen haben. Das Büro muss so attraktiv
                                               gestaltet werden, dass es dazu ermutigt,
                                                                                                 insbesondere im
der Büroflächenbedarf pro anwesender           sich immer mal wieder auf den Weg dort-           Hinblick auf ergono-
nutzender Person eher steigen wird.            hin zu machen.
                                                                                                 mische Möblierung,
Flexible Arbeitsplatznutzung als
neue Normalität
                                               Gleichzeitig spielt die richtige Ausstattung
                                               der Homeoffices eine wichtige Rolle – ins-
                                                                                                 Beleuchtung und
                                               besondere im Hinblick auf ergonomische            Ausstattung.“
Aufgrund der insgesamt deutlich sinken-        Möblierung, Beleuchtung und Ausstat-
den Anwesenheitszeiten im Büro und der         tung. Hier sind alle gefordert, die ein In-
gegenüber der Vor-Krisen-Situation stark       teresse an einer dauerhaften Leistungsfä-
erhöhten Nutzung von Homeoffice sowie          higkeit der Beschäftigten haben sollten.
mobiler Arbeit wird sich die flexible Nut-     Das gilt gleichermaßen für Arbeitgeberin-         im Nachbarschaftsbüro, offen gegenüber-
zung von Büroarbeitsplätzen in der Breite      nen und Arbeitgeber sowie Beschäftigte,           stehen. So geben in der aktuellen Forsa-
der Organisationen etablieren. Diese Ent-      aber auch für den Gesetzgeber. Dieser sollte      Befragung 70 Prozent an, dass die Moda-
wicklung dürfte in der ersten Zeit nach der    nicht nur einen fairen Ausgleich zwischen         litäten der Arbeit von zu Hause zwischen
Pandemie sowohl durch einen erhöhten           Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern sowie           Arbeitgebern oder Arbeitgeberinnen und
Kostendruck als auch vor dem Hintergrund       Beschäftigten, zum Beispiel steuerlich,           Beschäftigten beziehungsweise zwischen
der zunehmenden Nachhaltigkeitsdebatte         weiter unterstützen, sondern auch der Viel-       den Tarifparteien geregelt werden sollten.
noch beschleunigt werden. In Anbetracht        fältigkeit der sich herausbildenden Model-        Nur rund ein Viertel bevorzugt eine gesetz-
der Klimaziele dürfte es wenig zielführend     le, ob nun Arbeit im Büro, zu Hause oder          liche Regelung.                        ←
sein, einen Büroarbeitsplatz, der nur einen
kleinen Teil der Woche genutzt wird, zu er-
richten, zu kühlen, zu beleuchten, zu hei-
zen und zu reinigen. Gleichzeitig müssen         Literatur
digitale System helfen, die Auslastung zu
steuern, um die parallele Konditionierung        Bockstahler, M.; Jurecic, M.; Rief, S.: Homeoffice Experience. Eine empirische Untersu-
von Arbeitsplätzen zu Hause und in den           chung aus Nutzersicht während der Corona-Pandemie, Fraunhofer-Verlag, Stuttgart, 2020
Büros unbedingt zu vermeiden.
                                                 Boland, B.; De Smet, A.; Palter, R.; Sanghvi, A. (2020): Reimagining the office and work life
Anstelle eines festen Arbeitsplatzes wer-        after COVID-19
den wir inspirierende, inszenierte und
nachweislich innovations- und produkti-          Forsa, 2020: Erfahrungen mit Homeoffice – eine Befragung unter abhängig Beschäftigten,
vitätsförderliche Büros errichten müssen,        Forsa Politik- und Sozialforschung, Berlin, November 2020
ob in Form des Unternehmensbüros einer
vielleicht dezentral verteilten Organisation     Handelsblatt: Raus aus der Stadt: Auch für Mieter wird das Umland attraktiver, 24.01.2020
oder in einer erneuerten Form von Co-Wor-
king-Spaces oder Serviced Offices.               Hofmann, J.; Piele, A.; Piele C.: Arbeiten in der Corona-Pandemie – auf dem Weg zum New
                                                 Normal, Fraunhofer IAO, Stuttgart, 2020
Wie geht es mit dem Homeoffice
weiter?
                                                 Hofmann, J.; Piele, A.; Piele C.: Arbeiten in der Corona-Pandemie – Leistung und Produkti-
                                                 vität im New Normal, Fraunhofer IAO, Stuttgart, 2020
Der zweite Lockdown macht aber auch
die Grenzen des Arbeitens von zu Hause           Wirtschaftswoche, Mietmarkt für Büroflächen im freien Fall, Abgerufen am 01.10.2020
sichtbar. Die Vielfältigkeit der Belegschaf-

                                                                                                                                                 25
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