Zürich/Aargau: Erfolgreiche Finanzmetropole mit exzellenten Standortbedingungen

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Zürich/Aargau: Erfolgreiche Finanzmetropole mit exzellenten Standortbedingungen
Serie

Zürich/Aargau: Erfolgreiche Finanzmetropole
mit exzellenten Standortbedingungen
Die pulsierende Metropolitanre-
gion Zürich/Aargau ist der grösste
wirtschaftliche Ballungsraum der
Schweiz. Sie erwirtschaftet 29%
des Schweizer Bruttoinlandpro-
dukts (BIP) und bietet 26% der
Schweizer Erwerbstätigen einen
Arbeitsplatz. Dank ausgezeichne-
ter Standortbedingungen und
einem hochproduktiven Bran-
chenmix ist die Region Anzie-
hungspunkt für natürliche und
juristische Personen aus dem In-
und Ausland. Neben ihrer Rolle als
Finanzzentrum und Industrie-
standort verfügt die Region auch
über ein hervorragendes For-            Mit einem Wertschöpfungsanteil von 29% und einem Bevölkerungsanteil von 26% ist die Region Zürich/Aargau mit
                                        Abstand der grösste wirtschaftliche Ballungsraum der Schweiz. Die zwei wichtigsten Erklärungsfaktoren für die Wirt-
schungs- und Bildungswesen so-          schaftskraft der Region sind der Zustrom von Pendlern und die hohe Erwerbstätigenproduktivität.           Bild: Keystone

wie über einen gut ausgebauten
Gesundheitssektor. Seine wirt-
                                                                                                           dern auch diejenige von ausserhalb. Gerade
                                        Hohe Wirtschaftskraft…
schaftliche Potenz strahlt weit bis                                                                        die vielen Zupendler spielen für Zürich/Aar-
                                           Ein gutes Mass für die wirtschaftliche                          gau eine entscheidende Rolle. Die letzten
über die politischen Grenzen der
                                        Leistungsfähigkeit einer Region ist das BIP                        verfügbaren exakten Daten hierzu stammen
beiden Kantone Zürich und               pro Kopf. Es liegt in Zürich/Aargau deutlich                       aus der Volkszählung 2000. Damals pendel-
                                        über dem Schweizer Durchschnitt (vgl. Ta-                          ten rund 110 000 ausserhalb der Region
Aargau hinaus.
                                        belle 1). Dieser Wert ist hauptsächlich auf                        wohnhafte Personen nach Zürich/Aargau
                                        zwei Ursachen zurückzuführen: Einerseits                           zur Arbeit, was etwa 10% aller Erwerbstäti-
                                        weist die Region im Verhältnis zur Bevölke-                        gen der Region entsprach. Seither haben die
                                        rung eine relativ hohe Anzahl Erwerbstätiger                       Pendlerströme weiter zugenommen.
                                        auf (d.h. die Erwerbstätigenquote ist hoch).                           Wie oben erwähnt, ist eine hohe Erwerbs-
                                        Anderseits arbeitet ein Grossteil dieser Per-                      tätigenproduktivität der zweite wichtige Er-
                                        sonen in sehr produktiven Branchen (d.h.                           klärungsfaktor neben dem Zustrom von
                                        die regionale Wirtschaft weist eine hohe Pro-                      Pendlern für die Wirtschaftskraft der Region
                                        duktivität auf).                                                   Zürich/Aargau. Die Erwerbstätigenproduk-
                                                                                                           tivität liegt in der Region gut 10% über dem
                                                                                                           Schweizer Durchschnitt. Dieser Wert kommt
                                        …dank Pendlern und hoher Produktivität
                                                                                                           durch die Konzentration auf hoch produkti-
                                           Eine hohe Erwerbstätigenquote kommt                             ve, spezialisierte Branchen zustande. Auf die
                                        zustande, indem ein möglichst grosser Anteil                       wichtigsten dieser Schlüsselbranchen wird
                                        der Bevölkerung in den Erwerbsprozess ein-                         im Folgenden kurz eingegangen.
                                        gebunden ist. Die Partizipationsrate der
                                        Männer ist in Zürich/Aargau relativ hoch.
                                                                                                           Finanzsektor prägt Stadt Zürich
                                        Diejenige der Frauen liegt hingegen tiefer
                                        und bietet noch Potenzial für die Rekrutie-                           Die eindeutig höchste Branchenkonzen-
                 Thomas Dietzi          rung von Arbeitskräften.                                           tration besteht beim Finanzsektor, der über
                 Economist, BAK Basel      Doch nicht nur die lokale Bevölkerung                           einen Fünftel der Wertschöpfung der Region
                 Economics
                                        trägt zur wirtschaftlichen Leistung bei, son-                      Zürich/Aargau ausmacht (vgl. Grafik 1). Er

                                        35 Die Volkswirtschaft Das Magazin für Wirtschaftspolitik 5-2008
Serie

           Tabelle 1                                                                                                                   auch ein erhebliches Klumpenrisiko dar.
           Zürich/Aargau – Kennzahlen 2007                                                                                             Wenn nämlich dieser Wachstumsmotor – wie
                                                                                                                                       nach der Börsenschwäche 2001/2002 – ins
                                                                                   Zürich/Aargau                        Schweiz
                                                                                                                                       Stottern gerät, so bekommt das die gesamte
            BIP pro Kopf (nominal)                       in CHF                              77 224                       66 703
                                                                                                                                       regionale Wirtschaft zu spüren. Zahlreiche
            Arbeitsproduktivität (nominal)               in CHF                            126 762                       114 505
                                                                                                                                       Branchen sind direkt oder indirekt vom Fi-
            Volkseinkommen pro Kopf (2005)               in CHF                              63 433                       54 336
                                                                                                                                       nanzsektor abhängig. Direkt abhängig sind
            Exportvolumen (Waren)                        in Mio. CHF                         26 589                      193 166
                                                                                                                                       die Zulieferbranchen des Finanzsektors wie
            Arbeitslosenquote                            in %                                    2.5                          2.8      Unternehmens- oder IT-Dienstleistungen.
                                                                                   Quelle: BAK, SECO, BFS, OZD / Die Volkswirtschaft
                                                                                                                                       Diese Branchen bilden zusammen mit dem
                                                                                                                                       Finanzsektor eine Art Finanzcluster.

           Grafik 1
                                                                                                                                       Prosperierende Industrie im Aargau
           Branchenstruktur der Region Zürich/Aargau, 2007
           Anteil der nominalen Bruttowertschöpfung an der Gesamtwirtschaft in % und Differenz zur Schweiz                                 Während in der Stadt Zürich und der nä-
           in Prozentpunkten                                                                                                           heren Umgebung die Kosten für rauminten-
                                                                                                                                       sive Branchen häufig zu hoch sind, bieten das
                Wertschöpfungsanteil                       Differenz zur Schweiz                                                       weitere Umland von Zürich und weite Teile
                                                                                                                                       von Aargau ideale Standortbedingungen. So
           In %
    25
                                                                                                                                       hat in der Vergangenheit ein Strukturwandel
                                                                                                                                       stattgefunden. Die aus den Zentren ver-
    20                                                                                                                                 drängten Industriebranchen konnten sich –
                                                                                                                                       zum Teil sehr erfolgreich – in den Agglome-
    15
                                                                                                                                       rationsgegenden oder in peripheren Lagen
                                                                                                                                       ansiedeln.
                                                                                                                                           Der Erfolg dieser Unternehmen reflek-
    10
                                                                                                                                       tiert sich in einer erfreulichen Aussenhan-
                                                                                                                                       delsdynamik. So ist der gesamte Wert der ex-
       5
                                                                                                                                       portierten Güter seit 1990 um die Hälfte
                                                                                                                                       gestiegen. Die Struktur der einzelnen Export-
       0                                                                                                                               kategorien blieb in diesem Zeitraum relativ
                                                                                                                                       stabil. Einzig der Anteil der Fahrzeugex-
    –5                                                                                                                                 porte ging deutlich zurück. Eindeutig am
                                                                                                                                       wichtigsten sind die Maschinenexporte, die
   –10
                                                                                                                                       nach wie vor rund die Hälfte ausmachen.
                                                                                                                                       Sehr dynamisch hat sich ausserdem die hoch
                                                                                or
                                                                                 r

                                                                                 g
           or

                                                                                 n

                                                                               en
                       el

                                                                                 n

                                                                               rie

                                                                               en

                                                                               be

                                                                               be

                                                                                ie

                                                                                ft
                                                                              to

                                                                             un
                                                                              io
                                                                             ge

                                                                             ha
                       nd

                                                                             tr
                                                                             kt
           kt

                                                                                                                                       innovative chemisch-pharmazeutische In-
                                                                            er

                                                                            er
                                                                            ng
                                                                            es
                                                                            st
                                                                           ek

                                                                           at
                                                                          un

                                                                          us
                                                                          rg
                                                                         Se
        se

                                                                          sc
                  Ha

                                                                        ew

                                                                        ew
                                                                        nw
                                                                        du

                                                                          u
                                                                        ik
                             rS

                                                                       so

                                                                      nd
                                                                        t
                                                                       st

                                                                       rt
    nz

                                                                     er

                                                                    ug

                                                                     is

                                                                      g
                                                                   un
                                                                    in

                                                                      e
                            he

                                                                     r

                                                                  wi
                                                                     i

                                                                   st

                                                                  eI
   na

                                                                  ili

                                                                 tle
                                                                tle

                                                                   e
                                                                  är

                                                                                                                                       dustrie entwickelt. Der Strukturwandel hat
                                                                 er

                                                               Ba
                                                                m

                                                                rv
                         lic

                                                               Ga

                                                              nd
                                                              ob

                                                             nd

                                                              ch
  Fi

                                                             üt

                                                             ns
                                                             ns

                                                             m

                                                            se
                        nt

                                                           La
                                                           m

                                                          tis
                                                          ku
                                                         Ko
                                                          sg

                                                          ie
                                                          ie

                                                         as
                       fe

                                                       Im

                                                      eD
                                                      on
                                                      .D

                                                       se

                                                      eu

                                                                                                                                       demnach weniger zu einer Verdrängung ein-
                                                       r/

                                                       W
                   Öf

                                                    eh
                                                   iti
                             ez

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                                                                                   Quelle: BAK Basel Economics / Die Volkswirtschaft
                                                                                                                                       basierte Bereiche geführt. Die Industrie-
                                                                                                                                       unternehmen haben sich stark gewandelt:
                                                                                                                                       Sie sind von reinen Produktionsstätten zu
                                                                                                                                       Forschungs- und Entwicklungsstätten ge-
                                                             ist im Wesentlichen auf die Stadt Zürich und                              worden.
                                                             nahe liegende Gemeinden konzentriert. In
                                                             der Stadt Zürich macht der Finanzsektor so-
                                                                                                                                       Öffentlicher Sektor, Transport und
                                                             gar rund 40% der Wertschöpfung aus. Ent-
                                                                                                                                       Grosshandel: ein Viertel der Wirtschaft
                                                             sprechend gross ist auch der Platzbedarf. Die
                                                             hohe Nachfrage des Finanzsektors nach                                        Die zunehmende Spezialisierung und
                                                             Bürofläche ist mit ein Grund für hohe Im-                                 Konzentration auf hoch produktive, wissen-
                                                             mobilienpreise, was wiederum eine Verdrän-                                sintensive Branchen – wie im Finanz- oder
                                                             gung raumintensiverer und weniger produk-                                 Hightechbereich – bringt auch deutlich hö-
                                                             tiver Branchen aus dem Zentrum zur Folge                                  here Qualifikationsanforderungen an das
                                                             hat.                                                                      Personal mit sich. Die lokalen Bildungsein-
                                                                 Die Finanzdienstleister erreichten seit                               richtungen sind gefordert, genügend Leute
                                                             1990 ein kräftiges durchschnittliches jährli-                             auszubilden. Starke, international renom-
                                                             ches Wertschöpfungswachstum von 5% (vgl.                                  mierte Institutionen – wie die ETH Zürich,
                                                             Grafik 2). Sie sind damit der Wachstumsmo-                                die Universität Zürich und die Fachhoch-
                                                             tor der Stadtzürcher Wirtschaft, stellen aber                             schulen der Region – tragen sowohl durch

                                                             36 Die Volkswirtschaft Das Magazin für Wirtschaftspolitik 5-2008
Serie

        Grafik 2                                                                                                                    ihre Forschungstätigkeit als auch durch die
        Branchenwachstum der Region Zürich/Aargau, 1990–2007                                                                        Ausbildung von Fachpersonal entscheidend
        Durchschnittliches jährliches Wachstum der realen Bruttowertschöpfung in %                                                  zum Erfolg der Region bei. Die Nähe zur
                                                                                                                                    Forschung ist auch für den gut ausgebauten
        In %                                                                                                                        Gesundheitssektor von hoher Bedeutung.
    7
                                                                                                                                    Das Universitätsspital Zürich nimmt eine
    6                                                                                                                               wichtige Zentrumsfunktion wahr: Es stellt
    5
                                                                                                                                    modernste Spitzenmedizin für die ganze Re-
                                                                                                                                    gion und die umliegenden Kantone bereit.
    4                                                                                                                                  Eine entscheidende Rolle für das Wachs-
                                                                                                                                    tum der Region kommt auch den Gross-
    3
                                                                                                                                    handels- und Verkehrsunternehmen zu. Als
    2                                                                                                                               Bindeglied zwischen Produzenten, Händ-
                                                                                                                                    lern und Konsumenten sowie im Personen-
    1
                                                                                                                                    transport üben sie eine wichtige Funktion
    0                                                                                                                               in der Gesamtwirtschaft aus. Dank der aus-
                                                                                                                                    gezeichneten verkehrstechnischen Anbin-
   –1
                                                                                                                                    dung an den Flugverkehr und an das Stras-
   –2                                                                                                                               sen-/Schienennetz bildet die Region eine
                                                                                                                                    der wichtigsten Verkehrsdrehscheiben der
   –3
                                                                                                                                    Schweiz.
                                                  or
                                                    r
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                                  er
                        is sch

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                                                                                                                                    zelnen Branchen ergibt in ihrer Gesamtheit
                                                                             Quelle: BAK Basel Economics / Die Volkswirtschaft
                                                                                                                                    das Wirtschaftswachstum der Region Zürich/
                                                                                                                                    Aargau. Entscheidend ist dabei nicht nur die
                                                                                                                                    Entwicklung bestehender, sondern auch die
                                                                                                                                    Gewinnung neuer Unternehmen. Mit einer
        Grafik 3
                                                                                                                                    mässigen Steuerbelastung für Unternehmen
                                                                                                                                    und einer allgemein vorteilhaften Standort-
        Entwicklung des realen Bruttoinlandprodukts und der Erwerbstätigen der Region Zürich/Aargau,
        1990–2007
                                                                                                                                    qualität ist die Region im internationalen
                                                                                                                                    Standortwettbewerb gut positioniert. Die
                                                                                                                                    hohe Standortattraktivität für Unternehmen
            BIP Zürich/Aargau                           BIP Schweiz
                                                                                                                                    bestätigt sich durch die erfolgreiche Neuan-
            Erwerbstätige Zürich/Aargau                 Erwerbstätige Schweiz
                                                                                                                                    siedlung namhafter internationaler Unter-
        Index 1990 = 100                                                                                                            nehmen in der Region.
  135                                                                                                                                  Betrachtet man die Entwicklung des regi-
                                                                                                                                    onalen BIP seit 1990 (vgl. Grafik 3), so fällt
  130
                                                                                                                                    die relativ grosse Ähnlichkeit mit der gesamt-
                                                                                                                                    schweizerischen Entwicklung auf. Weil die
  125
                                                                                                                                    Region Zürich/Aargau (wie oben beschrie-
  120
                                                                                                                                    ben) fast einen Drittel des gesamtschweizeri-
                                                                                                                                    schen BIP ausmacht, liegt es auf der Hand,
  115                                                                                                                               dass dadurch auch die Entwicklung der
                                                                                                                                    Schweiz als Ganzes wesentlich geprägt wird.
  110                                                                                                                               Die wichtigsten Charakterzüge der Dynamik
                                                                                                                                    stimmen deshalb überein: die Wachstums-
  105                                                                                                                               schwäche Anfang der Neunzigerjahre und
                                                                                                                                    die markante wirtschaftliche Beschleunigung
  100                                                                                                                               seit 2003.
                                                                                                                                       Eine merkliche Abweichung besteht den-
  95                                                                                                                                noch: In Zürich/Aargau bewirkte die grosse
         1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007
                                                                                                                                    Abhängigkeit der Wirtschaft vom Finanz-
                                                                                Quelle: BAK Basel Economics / Die Volkswirtschaft   sektor in der zweiten Hälfte der Neunzi-
                                                                                                                                    gerjahre im Zuge des Börsenbooms eine
                                                                                                                                    deutlich überdurchschnittliche Entwicklung.
                                                                                                                                    Zwischen 2000 und 2003 folgte aufgrund
                                                                                                                                    der Börsenflaute eine deutlich unterdurch-
                                                                                                                                    schnittliche Entwicklung.

                                                          37 Die Volkswirtschaft Das Magazin für Wirtschaftspolitik 5-2008
Serie

         Grafik 4                                                                                                                      Insgesamt ist die Region Zürich/Aargau
         Reales BIP-Wachstum der Region Zürich/Aargau nach Gemeinden, 1990–2007                                                     zwischen 1990 und 2007 durchschnittlich
         Durchschnittliche, jährliche Veränderung in %                                                                              um 1,4% pro Jahr gewachsen. Diese positive
                                                                                                                                    wirtschaftliche Entwicklung verlief aber
             < 1.2%                < 1.6%       < 2.0%                  > = 2.0%                                                    nicht in allen Gemeinden gleich dynamisch.
                                                                                                                                    Wie zwischen den Branchen, so traten auch
                                                                                                                                    zwischen den Gemeinden beträchtliche Un-
                      N                                                                                                             terschiede in ihrer wirtschaftlichen Entwick-
                    15 km                                                                                                           lung auf. Interessanterweise sind besonders
                                                                                                                                    dynamische und weniger dynamische Ge-
                                                                                                                                    meinden breit über die ganze Region ver-
                                                                                                                                    streut. Es lassen sich einige besonders wachs-
                                                                                                                                    tumsstarke Gemeindegruppen identifizieren,
                                                                                                                                    wie zum Beispiel das Fricktal oder die Ge-
                                                                                                                                    meinden um Dübendorf. Die Zentren Zü-
                                                                                                                                    rich, Winterthur und Aarau liegen bezüglich
                                                                                                                                    ihres Wirtschaftswachstums im Durchschnitt
                                                                                                                                    (vgl. Grafik 4).

                                                                               Zürich
                                                                                                                                    Zuzüger stützen Wirtschaftswachstum
                                                                                                                                        Ein solides Wirtschaftswachstum, wie es
                                                                                                                                    die Region Zürich/Aargau vor allem in der
                                                                                                                                    jüngeren Vergangenheit gesehen hat, benö-
                                                                                                                                    tigt auch zusätzliche Arbeitskräfte. Die Nach-
                                                                                                                                    frage nach Spezialisten kann jedoch schon
                                                                                                                                    längst nicht mehr ausschliesslich durch in-
                                                                                                                                    ländische Fachkräfte gedeckt werden. Gerade
                                                                                Quelle: BAK Basel Economics / Die Volkswirtschaft
                                                                                                                                    die Verfügbarkeit von hoch qualifizierten
                                                                                                                                    Mitarbeitenden ist zentral für das Wachstum
                                                                                                                                    der immer wissensintensiveren Wirtschaft.
         Grafik 5
                                                                                                                                    Es ist deshalb wichtig, auch Arbeitskräfte aus
         Entwicklung der Bevölkerung und des Volkseinkommens der Region Zürich/Aargau, 1990–2007                                    dem Ausland anzuziehen. Und genau da hat
                                                                                                                                    die Region Zürich/Aargau einen entschei-
             Bevölkerung Zürich/Aargau                   Bevölkerung Schweiz
                                                                                                                                    denden Trumpf im Ärmel. Dank ausgezeich-
             Volkseinkommen Zürich/Aargau                Volkseinkommen Schweiz                                                     neten Rahmenbedingungen – wie einer sehr
         Index 1990 = 100
                                                                                                                                    hohen Lebensqualität, einer moderaten Steu-
   155                                                                                                                              erbelastung und einem relativ hohen Lohn-
   150                                                                                                                              niveau – ist die Region für hoch qualifizierte
   145
                                                                                                                                    Arbeitskräfte äusserst attraktiv. Die Öffnung
                                                                                                                                    des Arbeitsmarktes gegenüber der EU hat
   140
                                                                                                                                    zudem die Rekrutierung ausländischer Ar-
   135                                                                                                                              beitskräfte deutlich erleichtert und gefördert.
   130                                                                                                                                  Die hohe Attraktivität der Region Zürich/
                                                                                                                                    Aargau als Wohnstandort wird deutlich,
   125
                                                                                                                                    wenn man dessen Bevölkerungsentwicklung
   120
                                                                                                                                    betrachtet. Lag die Region während den
   115                                                                                                                              Neunzigerjahren noch unter der gesamt-
   110
                                                                                                                                    schweizerischen Dynamik, so wendete sich
                                                                                                                                    das Blatt zu Beginn des neuen Jahrzehnts; die
   105
                                                                                                                                    Region wuchs seither deutlich schneller (vgl.
   100                                                                                                                              Grafik 5). In den einzelnen Gemeinden ver-
    95                                                                                                                              lief das Bevölkerungswachstum sehr unter-
          1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007                                 schiedlich (vgl. Grafik 6). Unterdurchschnitt-
                                                                                                Quelle: BFS / Die Volkswirtschaft   lich war das Wachstum in der Stadt Zürich
                                                                                                                                    sowie den nahegelegenen Gemeinden um
                                                                                                                                    den Zürichsee. In diesen Gemeinden sind die
                                                                                                                                    Baulandreserven begrenzt, und ein Wachs-
                                                                                                                                    tum ist nur durch verdichtetes Bauen mög-
                                                                                                                                    lich. Ein überdurchschnittliches Wachstum
                                                                                                                                    war in der Peripherie nördlich und westlich
                                                                                                                                    der Stadt Zürich zu beobachten. Die ver-

                                                          38 Die Volkswirtschaft Das Magazin für Wirtschaftspolitik 5-2008
Serie

      Grafik 6                                                                                                                                besserte verkehrstechnische Erreichbarkeit
      Bevölkerungswachstum der Region Zürich/Aargau, 1990–2006                                                                                dürfte dazu beigetragen haben. Ausserdem
      Durchschnittliche, jährliche Veränderung in %                                                                                           erfreut sich das Fricktal eines soliden Bevöl-
                                                                                                                                              kerungszuwachses.
           < 0.4%                   0.4–1.2%               1.2–2.0%                  > = 2.0%

                                                                                                                                              Zürich/Aargau schwächer
                     N
                                                                                                                                              als Vergleichs-Finanzmetropolen
                   15 km                                                                                                                          Im Wettbewerb um hoch qualifiziertes
                                                                                                                                              Personal muss sich die Region Zürich/Aar-
                                                                                                                                              gau auch wirtschaftlich in einem interna-
                                                                                                                                              tionalen Kontext messen. Als erfolgreicher
                                                                                                                                              Finanz- und Hightechstandort ist es sinnvoll,
      l                                                                                                                                       die Region mit andern bedeutenden Finanz-
                                                                                                                                              und Industriestandorten zu vergleichen.
                                                                                                                                              Grafik 7 zeigt eine Gegenüberstellung von
                                                                                                                                              neun Standorten in Bezug auf Wirtschafts-
                                                                                                                                              kraft (gemessen am BIP/Kopf) und Wirt-
                                                                                                                                              schaftswachstum. Um die internationale Ver-
                                                                                         Zürich                                               gleichbarkeit zu gewährleisten, sind die Werte
                                                                                                                                              zu Kaufkraftparitäten (PPP) umgerechnet.
                                                                                                                                              Bei den gewählten Vergleichsregionen han-
                                                                                                                                              delt es sich allesamt um starke Regionen,
                                                                                                                                              deren Wirtschaftskraft mindestens im west-
                                                                                                                                              europäischen Durchschnitt liegt.
                                                                                                                                                  Zürich/Aargau schneidet in diesem Ver-
                                                                                                                                              gleich nicht besonders gut ab. Die Finanz-
                                                                                                                                              zentren London, New York, Luxemburg und
                                                                                                          Quelle: BFS / Die Volkswirtschaft
                                                                                                                                              Frankfurt weisen eine deutlich höhere Wirt-
                                                                                                                                              schaftskraft auf und stehen – mit Ausnahme
      Grafik 7                                                                                                                                von Frankfurt – auch in Bezug auf das Wirt-
      Zürich/Aargau im Vergleich mit anderen Regionen                                                                                         schaftswachstum besser da als Zürich/Aar-
      BIP pro Kopf der Bevölkerung 2006 und BIP-Wachstum 1990-2006                                                                            gau. Die stark technologielastigen Regionen
                                                                                                                                              Tampere und Vorarlberg haben zwar eine
      Reales BIP-Wachstum p.a. in %, 1990–2006                                                                                                tiefere Wirtschaftskraft als Zürich/Aargau,
5.0
                                                                                                                                              holen aber in Anbetracht ihres deutlich kräf-
                                                                                                                                              tigeren Wachstums auf.
4.5                                                                                                                Luxemburg                      Das schwache Resultat im internationalen
                                                                                                                                              Vergleich ist von der betrachteten Zeitperio-
4.0                                                                                                                                           de abhängig. In die Zeit zwischen 1990 und
                                                                                                                                              2006 fällt in der Schweiz eine ausgedehnte
3.5
                                                                                                                                              Phase der Wachstumsschwäche. Die Region
               Tampere                                    Greater London                                                                      Zürich/Aargau, die ja rund ein Drittel der
                                                                                                                                              Schweizer Wirtschaft ausmacht, konnte sich
3.0
                                                                                                                                              dem nicht entziehen. Dank wichtigen wirt-
                           Vorarlberg
                                                                                                                                              schaftspolitischen Reformen auf Bundes-
2.5
                                                           New York                                                                           ebene konnte die Wachstumsschwäche in
                                                                                                                                              jüngster Vergangenheit überwunden werden.
2.0
                 Westeuropa (17)                                                                                                              Damit haben sich auch die Zukunftsaus-
                                                                                                                                              sichten der Region deutlich verbessert. Mit-
                                                                                                                                              telfristig wird die Wirtschaft der Region
1.5                          Region Karlsruhe                                  Frankfurt a.M./Offenbach
                                                Zürich/Aargau                                                                                 Zürich/Aargau wieder jährliche Wachstums-
                              Schweiz
                                                                                                                                              raten von deutlich über 2% erreichen.        
1.0       Bassin Lémanique                Milano

0.5

0.0
      30                     40                    50                  60                    70                    80                    90

                                                                                                      Nominales BIP pro Kopf 2006 (PPP)

      Anmerkung: BIP pro Kopf in 1000 USD zu aktuellen Preisen und PPP 1997;              Quelle: BAK Basel Economics / Die Volkswirtschaft
      Wachstumsraten basierend auf USD zu Preisen von 2000 und PPP 1997.

                                                                      39 Die Volkswirtschaft Das Magazin für Wirtschaftspolitik 5-2008
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