Basisanalyse mittels KV-Daten vor Einführung einer neuen Impfempfehlung - 15 Jahre KV-Impfsurveillance 23. Januar 2019 Wiebe Külper
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Basisanalyse mittels KV-Daten vor Einführung einer neuen Impfempfehlung 15 Jahre KV-Impfsurveillance 23. Januar 2019 Wiebe Külper
Von der vermeintlichen Kausalität des zeitlichen Zusammenhangs… Wenn zwei Ereignisse in einem zeitlichen Zusammenhang stehen, wird häufig auch ein kausalen Zusammenhang vermutet. Vor allem bei Impfungen. „Ich habe mich an der Grippeimpfung mit der Grippe angesteckt!“ pixabay.com 23. Januar 2019 2
Von der vermeintlichen Kausalität des zeitlichen Zusammenhangs… Wenn zwei Ereignisse in einem zeitlichen Zusammenhang stehen, wird häufig auch ein kausalen Zusammenhang vermutet. Vor allem bei Impfungen. a)„Ich habe eine Erkältung!“ b) „Ich hatte bei Impfung bereits die Grippe!“ c) „Ich habe trotz Impfung die Grippe!“ d) „Ich habe eine normale Impfreaktion!“ pixabay.com 23. Januar 2019 3
Wie können vermutete Impfnebenwirkungen eingeordnet werden? Einordnung seltener Erkrankungen, die nach einer Impfung auftreten schwierig. Kausalität zwischen Impfung und Erkrankung erst durch große weitere Studien zu belegen/widerlegen. Seltene Nebenwirkungen (z.B. neuer Impfstoffe) lassen sich auch im Rahmen großer klinischer Zulassungsstudien teilweise nicht detektieren und zeigen sich erst bei breiter Anwendung. pixabay.com 23. Januar 2019 4
Passive Surveillance von Impfnebenwirkungen Namentliche Meldepflicht für Ärzte (IfSG §6, 1) Nebenwirkungsmeldung durch betroffene Personen Berufsrechtliche Verpflichtung der Nebenwirkungsmeldung für Angehörige von Heilberufen an Arzneimittelkommission der jeweiligen Standesorganisationen Einschränkungen: Zusammenhang zwischen Impfung und Erkrankung muss https://humanweb.pei.de/index_form. erkannt werden Abhängig von Meldebereitschaft (bekanntes underreporting durch Ärzte) (Mentzer et al., Bundesgesundheitsblatt 2013 ) Retrospektive Auswertung Ziel: Mögliche Nebenwirkungen rasch detektieren (Impfsicherheit) Vermutete Nebenwirkungen einordnen (Impfkommunikation) https://nebenwirkungen.pei.de/nw/DE/home 23. Januar 2019 5
KV-Impfsurveillance: Ergänzendes Instrument zur Einordnung von Impfnebenwirkungen Zielsetzung: Detektion über das zu erwartende Maß hinausgehende Reaktionen/ Erkrankungshäufungen (= Signal möglicher Nebenwirkungen) Einordnung vermuteter Impfnebenwirkungen anhand des „üblichen“ Auftretens von Erkrankungen Methodik: Inzidenzenvergleich vor versus nach Einführung eines neuen Impfstoffs Geimpfte versus Nicht-Geimpfte Bedarf: Jahres-/Quartalsinzidenzen von Erkrankungen in der zu impfenden Bevölkerung (Kinder, Jugendliche, Erwachsene); Datenlage in Deutschland eingeschränkt (Prävalenzen, andere Altersgruppen,…) 23. Januar 2019 6
Neue Impfempfehlung für Herpes zoster-Totimpfstoff Mai 2018: Zulassung eines Totimpfstoffs gegen Gürtelrose (Herpes zoster; Shingrix®) ab dem 50. Lebensjahr Dezember 2018: Standardimpfung für ≥ 60-Jährige und Indikationsimpfung für ≥ 50-Jährige mit Grundkrankheit oder Immunschwäche Impfstoff mit neuartigem Adjuvanz AS01B: Verstärkung der zellulären und humoralen Immunantwort auf die Impfung Relevant bei Funktionsabnahme des Immunsystems Theoretische Überlegung: Durch Einfluss auf Immunregulation möglicherweise vermehrtes Auftreten immunvermittelter Reaktionen Aktuelle Studienlage: kein vermehrtes Auftreten immunvermittelter Erkrankungen 23. Januar 2019 7
Kooperationsprojekt zur Berechnung von Basisschätzern (Paul-Ehrlich-Institut und Robert Koch-Institut ) Prospektive Inzidenzberechnung ausgewählter Erkrankungen vor Implementierung von Shingrix® für Bevölkerung ≥ 50. Lebensjahr Zeitraum: 2014, 2015, 2016 Auswahl der Erkrankungen: Primäre immunvermittelte Erkrankungen (Wirkmechanismus) Häufige Erkrankungen in der zu impfenden Bevölkerung In Studien beobachtete Erkrankungen (ohne signifikante Inzidenzunterschiede zwischen Placebo- und Shingrix®-Geimpften): Polymyalgia rheumatica, Rheumatoide Arthritis, Psoriasis, Autoimmunthyreoiditis 23. Januar 2019 8
Methodik der Berechnung Beobachtungszeit: 2014, 2015, 2016 + zweijährige Vorbeobachtung (Ausschluss von Vorerkrankungen) + einjährige Nachbeobachtung (Ermittlung Nicht-Erkrankter mit „Ausschluss von“-Diagnose) Dokumentierter Arztkontakt im ersten und letzten Halbjahres des Untersuchungszeitraums mit Wohnsitz des Patienten im Gebiet der abrechnenden KV Untersuchungszeitraum = 4 Jahre Vorbeobachtung + Beobachtung + Nachbeobachtung Arztkontakt 23. Januar 2019 9
Standardanalyse Berliner Studienpopulation 2016: Definition „Neuerkrankung“ (NE): 1.219.229 GK-Versicherte Zweimalige, neu dokumentierte Abrechnungsdiagnose (Verdachts- oder - 10.251 Personen mit Vordiagnose Polymyalgia rheumatica (PMR) gesicherte Diagnose) Berechnung von: Personen unter Risiko für PMR in 2016: Jahresinzidenzen 1.208.979 Quartalsinzidenzen (saisonale Schwankungen) Für acht Altersgruppen (50-54-, 55-59-, 60-64-… , ≥ 85-Jährige) 1.391 Neuerkrankungen Quartal 1: Quartal 2: Quartal 3: Quartal 4: 339 NE 357 NE 364 NE 331 NE 23. Januar 2019 10
Beispiel 1: Jahresinzidenz Polymyalgia rheumatica 2016 in Berlin (1.391 Neuerkrankungen) (unveröffentlichte Daten) 600 500 Inzidenz/100.000 Personen 400 300 200 100 0 Altersgruppe „Die Polymyalgia rheumatica ist eine häufige entzündliche Erkrankung, die (fast) ausschließlich bei Menschen oberhalb des 50. Lebensjahr auftritt. (…) Die höchste Inzidenz wird im Alter von 73 Jahren beobachtet. (…) Frauen sind in etwa 3-mal häufiger betroffen als Männer.“ (Dejaco et al. Z Rheumatologie (2016)) 23. Januar 2019 11
Jahresinzidenzen Polymyalgia rheumatica in 2016 in anderen KVen (unveröffentlichte Daten) Berlin Bayern 800 800 Inzidenz pro 100.000 Personen Inzidenz/100.000 Personen 700 700 600 600 500 500 400 400 300 300 200 200 100 100 0 0 Altersgruppe Altersgruppe 800 Sachsen-Anhalt 800 Thüringen Inzidenz pro 100.000 Personen Inzienz pro 100.000 Personen 700 700 600 600 500 500 400 400 300 300 200 200 100 100 0 0 Altersgruppe Altersgruppe 23. Januar 2019 12
Beispiel 2: Quartalsinzidenzen Psoriasis in Sachsen-Anhalt 2016 (Neuerkrankung: 7.919) (unveröffentlichte Daten) 250 Inzidenz der Polymyalgia rheumatica in Berlin 2016 200 80 Inzidenz pro 100.000 Personen 70 150 Inzidenz pro 100.000 Personen 60 50 Quartal 1 40 100 Quartal 2 30 Quartal 3 20 Quartal 4 50 10 0 0 Altersgruppe Frauen Altersgruppe Männer Prävalenz der Psoriasis gemäß Analyse aus GEK-Routinedaten 2005: Höchste Prävalenz zwischen dem 50.-79. Lebensjahr (3,99-4,18%) (Schäfer et al; Gesundheitswesen 2011) 23. Januar 2019 13
Quartalsinzidenzen Psoriasis in Sachsen-Anhalt: (unveröffentlichte Daten) 2014 2015 300 300 Inzidenz pro 1000.000 Personen Inzidenz pro 100.000 Personen 250 250 200 200 150 150 100 100 50 50 0 Inzidenz der Polymyalgia rheumatica 0 in Berlin 2016 80 Altersgruppe Altersgruppen 70 2016 Inzidenz pro 100.000 Personen 300 Inzidenz pro 100.000 Personen 60 250 50 200 Quartal 1 40 150 Quartal 2 30 100 Quartal 3 20 50 Quartal 4 10 0 0 23. Januar 2019 Altersgruppe 14 Altersgruppe
Limitationen der Untersuchung Eingeschränkte Validität der Diagnosestellung keine Verknüpfung mit anderen Verordnungsdaten (bspw. Verschreibung von Insulin für Diagnosevalidität von Diabetes mellitus Typ 1) Einschränkung auf GK-Versicherte Wenige Vergleichsdaten zur Validierung der Daten Sensitivitätsanalyse (nur gesicherte Diagnosen) zur Konsistenzprüfung der Ergebnisse „Eingeschränkter“ Datensatz: einige Unterformen können nicht erfasst werden, da einige ICD-10-Code nur „abgeschnitten“ (trunkiert) abgefragt werden aufgrund Datensparsamkeit 23. Januar 2019 15
Besonderheiten der KV-Impfsurveillance-Daten Durch die Größe des Datensatzes lassen sich auch seltene Ereignisse abbilden und in möglichen Zusammenhang bei Neueinführung einer Impfung, wie Shingrix® stellen (Signaldetektion) Unabhängige Erhebung (Meldefreudigkeit; Studiendurchführung) Prospektiv Vergleich mit Impfdaten: Vergleich der Inzidenzen zwischen Geimpfte versus Nicht-Geimpfte 23. Januar 2019 16
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. pixabay.com 23. Januar 2019 17
Literatur Studienprotokoll „Retrospektive datenbankbasierte Kohortenstudie zu den Hintergrundinzidenzen ausgewählter immunvermittelter Erkrankungen, orthostatischer Hypotonie sowie von Myokardinfarkt, Apoplex und plötzlichen Todesfällen bei Personen ab einem Alter von 50 Jahren in Deutschland“ Schubert I., Köster I. (2014): Krankheitsereignis: Operationalisierung und Falldefinition. aus: Swart E., Ihle P.: Routinedaten im Gesundheitswesen, Handbuch Sekundärdatenanalyse: Grundlagen, Methoden und Perspektiven S. 358-360 EMA: Summary of opinion (initial authorisation). Shingrix. Online verfügbar unter http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Summary_of_opinion_- _Initial_authorisation/human/004336/WC500242399.pdf. Dejaco C et al. (2016) Diagnostik und Therapie der Polymyalgia rheumatica; Z Rheumatol; 75: 687–700 Schäfer I., Rustenbach SJ., Radtke M., Augustin J., Glaeske G. (2011) Epidemiologie der Psoriasis in Deutschland –Auswertung von Sekundärdaten einer gesetzlichen Krankenversicherung Gesundheitswesen; 73: 308 – 313 Mentzer D., Meyer H., Keller-Stanislawski B. (2013) Sicherheit und Verträglichkeit von monovalenten Masern- und kombinierten Masern-, Mumps-, Röteln- und Varizellenimpfstoffen; Bundesgesundheitsblatt; 56:1253–1259 23. Januar 2019 18
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