Bauen im Außenbereich - Kreis Borken
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Achtung: Vor dem Ausdruck dieser Broschüre beachten Sie bitte den Hinweis auf der Seite 2. Bauen im Außenbereich
Hinweis: Beachten Sie bitte, dass bei Ausdruck dieser Datei im Druckmenü unter der Rubrik Kommentare und Formulare die Einstellung "Dokument und Markierung"auszuwählen ist (siehe nachfolgenderScreenshot). Impressum Herausgeber: Kreis Borken – Der Landrat Fachbereich Bauen und Wohnen Burloer Str. 93, 46325 Borken Telefon: 02861 / 82 2310 Telefax: 02861 / 82 1147 Internet: www.kreis-borken.de Email: bauen@kreis-borken.de Stand: August 2009 Druck: Hötzel, RFS & Partner GmbH Boschstr. 1, 48703 Stadtlohn Kreis Borken - Bauen im Außenbereich
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, kommt, dass der § 35 des Baugesetzbuches als die zentrale Rechtsgrundlage für das Bauen im Außenbe- der Kreis Borken umfasst reich wie kaum eine andere Vorschrift im Baurecht mit seinen 17 Städten und durch die hierzu ergangene Rechtsprechung geprägt Gemeinden eine Gesamt- ist und noch in diesem Sommer erneut geändert fläche von über 1.400 Qua- wurde. dratkilometern und gehört damit zu den flächengröß- Der Fachbereich Bauen und Wohnen hat dies zum ten Kreisen in Nordrhein- Anlass genommen, mit der vorliegenden Broschüre Westfalen. Die Landschaft umfassend über die planungsrechtlichen Vorausset- des Kreises Borken stellt zungen für das „Bauen im Außenbereich“ zu informie- sich als vielfältig strukturier- ren. Den Schwerpunkt bilden die landwirtschaftlichen te, landschaftsästhetisch Bauvorhaben sowie die begünstigten Vorhaben wie ansprechende Kulturland- z.B. die Folgenutzung für leer stehende landwirt- schaft dar. Zu ihren prägenden Elementen gehören schaftliche Gebäude und die Wohnhauserweiterung beispielsweise die Wallhecken, aber auch und gerade im Außenbereich. die charakteristischen Einzelhöfe. Gerne sprechen wir hier auch von der einzigartigen münsterländischen Im Leitbild der Kreisverwaltung haben wir das Ziel Parklandschaft. formuliert, mit den Bürgerinnen und Bürgern offen, engagiert und lösungsorientiert umzugehen. Ich sehe Die Landwirtschaft hat im Münsterland und diese Broschüre neben den vom Fachbereich Bauen besonders im Kreis Borken eine herausragende und Wohnen abgegebenen Servicegarantien als wei- Bedeutung. Mit weit über zwei Millionen Nutztieren teren Baustein, um unserem Anspruch als modernes gilt der Kreis Borken als eine außerordentlich „vieh- Dienstleistungsunternehmen gerecht zu werden. eiche“ Region. Aber auch im Kreisgebiet hat die Landwirtschaft in den vergangenen Jahren einen viel- Mein Dank gilt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern schichtigen Strukturwandel durchlaufen. Waren es im Hause, die an der Erarbeitung der Broschüre mit- 1990 noch 4.116 landwirtschaftliche Betriebe (über 5 gewirkt haben. Besonders danke ich auch der Hektar), so sind es mittlerweile nur noch 3.056. Bezirksregierung Münster, dem Staatlichen Umwelt- amt Herten und der Kreisstelle Borken der Landwirt- Strukturbedingt sind deshalb Bauvorhaben im schaftskammer Nordrhein-Westfalen für die Zu- Außenbereich -insbesondere auch Nutzungsänderun- sammenarbeit und Unterstützung bei der Erstellung gen- in der täglichen Arbeit des Fachbereiches Bauen der Broschüre. und Wohnen ein ständig aktuelles Thema. Der Wunsch, im Außenbereich zu bauen, steht dabei häu- Mit freundlichen Grüßen fig im Konflikt zu der Vorgabe des Gesetzgebers, den Außenbereich in seiner besonderen Bedeutung für die naturgegebene Bodennutzung und als Erholungs- landschaft für die Allgemeinheit zu erhalten. Hinzu Gerd Wiesmann · Landrat Borken, Dezember 2004 Kreis Borken - Bauen im Außenbereich 3
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, aktuelle Fassung können Sie über die Internetseite www.kreis-borken.de aufrufen. das „Bauen im Außenbereich“ hat in der täglichen Praxis im Fachbereich Bauen und Wohnen des Krei- Wenn Sie spezielle Fragen zum Bauen im Außenbe- ses Borken eine immer stärkere Bedeutung einge- reich haben, stehen Ihnen unsere Mitarbeiterinnen nommen. Rund ein Drittel der vom Kreis Borken zu und Mitarbeiter im Fachbereich Bauen und Wohnen bearbeitenden Bauanträge bezieht sich auf Grund- für ein Beratungsgespräch gerne zur Verfügung. Wir stücke im Außenbereich. In vielen Gesprächen mit empfehlen Ihnen, die Beratung möglichst frühzeitig Bauherren und Entwurfsverfassern haben wir die noch vor der Antragstellung in Anspruch zu nehmen, Anregung erhalten, für mehr Transparenz in diesem damit eventuelle baurechtliche Probleme frühzeitig komplexen Themenumfeld zu sorgen. Auf Wunsch erkannt und -nach Möglichkeit- noch gelöst werden der Entwurfsverfasser hat der Fachbereich Bauen können. Auf diese Weise werden die Weichen für ein und Wohnen deshalb eine Informationsveranstaltung zügiges und reibungsloses Antragsverfahren gestellt. über das Bauen im Außenbereich angeboten. Diese Veranstaltung fand am 04.02.2004 statt und stieß mit Bei der Realisierung der Vorstellungen und Ziele für 200 Teilnehmern auf eine große Resonanz. Ihr Bauvorhaben im Außenbereich wünschen wir Ihnen ein gutes Gelingen. Wir haben das große Interesse an diesem Thema zum Anlass genommen, die Ihnen nun vorliegende Bro- schüre zu erstellen. Bewusst haben wir die Novelle Mit freundlichen Grüßen des Baugesetzbuches im Sommer 2004 sowie den Außenbereichserlass des Landes Nordrhein-Westfa- len abgewartet, um Ihnen einen aktuellen Überblick über die baurechtlichen Möglichkeiten im Außenbe- reich zu vermitteln. Ergänzend haben wir die Anforde- rungen an baurechtliche Verfahren sowie die Aufga- ben der beteiligten Behörden und Institutionen darge- stellt, so dass Sie durch die vorliegende Broschüre Informationen aus einer Hand erhalten. Die Broschüre erhebt keinen Anspruch auf Vollstän- digkeit und wird nicht alle Einzelfälle lösen können. Sie soll vielmehr der schnellen Orientierung in einem äußerst diffizilen Rechtsgebiet dienen und Ihnen eine erste Hilfestellung bieten, wenn Sie ein Bauvor- haben im Außenbereich planen. Wesentliche Ände- rungen in der Anwendung der Vorschiften über das Thomas Holzschneider Richard Riedel Bauen im Außenbereich werden wir in der Internet- Kreisbaudezernent Fachbereichsleiter fassung der Broschüre berücksichtigen. Die jeweils Bauen und Wohnen Borken, Dezember 2004 Kreis Borken - Bauen im Außenbereich 5
I N H A LT : Seite 1. Bauen im Außenbereich – Einführung 9 1.1 Grundsätze für das Bauen im Außenbereich 9 1.2 Begriff des Außenbereichs 9 1.3 Aufbau des § 35 Baugesetzbuch 9 2. Öffentliche Belange und Erschließung 11 2.1 Bedeutung der öffentlichen Belange für das Bauen im Außenbereich 11 2.2 Beispiele für öffentliche Belange 11 2.3 Erschließung 16 3. Privilegierte Bauvorhaben 19 3.1 Landwirtschaftliche Bauvorhaben 20 3.1.1 Landwirtschaftlicher Betrieb 20 3.1.2 Dienende Funktion des Vorhabens 24 3.1.3 Untergeordneter Teil der Betriebsfläche 24 3.1.4 Art der landwirtschaftlichen Bauvorhaben 25 3.1.5 Mitziehende Privilegierung 27 3.1.6 Genehmigungsfreie landwirtschaftliche Bauvorhaben 27 3.2 Forstwirtschaftliche Betriebe 28 3.3 Gartenbaubetriebe 28 3.4 Aufgrund besonderer Anforderungen in den 29 Außenbereich gehörende Vorhaben 4. Begünstigte Bauvorhaben 33 4.1 Nutzungsänderung von ehemals land- oder forstwirtschaftlich genutzten Gebäuden 35 4.2 Ersatzbau für mangelhafte Wohngebäude 40 4.3 Ersatzbau aufgrund außergewöhnlicher Ereignisse 41 4.4 Änderung von kulturlandschaftsprägenden Gebäuden 42 4.5 Erweiterung eines Wohngebäudes 44 4.6 Erweiterung eines Gewerbebetriebes 46 4.7 Vorhaben im Bereich einer 46 Außenbereichssatzung 6 Kreis Borken - Bauen im Außenbereich
5. Sonstige Vorhaben 48 5.1 Grundsätzliche Unzulässigkeit 48 5.2 Ausnahmen 48 6. Genehmigungsverfahren 49 6.1 Antrag nach Bundes-Immissionsschutzgesetz 49 6.2 Bauantrag 50 6.3 Bauvoranfrage 50 6.4 Beteiligung Fachbehörden 52 6.5 Einvernehmen der Gemeinde 56 6.6 Zustimmung der oberen 56 Bauaufsichtsbehörde 7. Anhang 57 7.1 Wichtige Vorschriften über das Bauen im Außenbereich 57 7.2 Antragsunterlagen für landwirtschaftliche BImSchG-Verfahren 61 7.3 Bauantragsunterlagen 63 7.4 Wichtige Adressen 69 7.4.1 Baugenehmigungsbehörden 69 7.4.2 Obere Bauaufsichtsbehörden 69 7.4.3 Fachbehörden und Institutionen 70 8. Stichwortverzeichnis 73 Kreis Borken - Bauen im Außenbereich 7
1. BAUEN IM AUSSENBEREICH 1.2 B EGRIFF DES A USSENBEREICHS EINFÜHRUNG Landläufig wird der Außenbereich als „freie, nicht besiedelte Landschaft“ verstanden. Hiervon 1.1 G RUNDSÄTZE FÜR DAS weicht der baurechtliche Begriff des Außenbe- B AUEN IM A USSENBEREICH reichs ab. So gehören zum Außenbereich die Flä- chen einer Gemeinde, die außerhalb Der Außenbereich soll grundsätzlich von Bebau- eines Bebauungsplangebietes und ung frei bleiben. Mit dieser Vorgabe will der eines im Zusammenhang bebauten Ortstei- Bundesgesetzgeber den Außenbereich in seiner les (durchgehende, geschlossene Bebau- besonderen Bedeutung für die naturgegebene ung) liegen. Bodennutzung und als Erholungslandschaft für Der Außenbereich beginnt nach dem letzten die Allgemeinheit erhalten. Gebäude des Innenbereichs. Gleichwohl hat der Gesetzgeber in bestimmtem Der Außenbereich ist also keine geographische Maße Bauvorhaben auch im Außenbereich zuge- Bezeichnung, sondern eine Begriffsbestimmung lassen. Dabei handelt es sich um bauliche Nut- für eine bauplanungsrechtliche Gebietskate- zungen, die wegen ihrer spezifischen Anforderun- gorie. gen gerade auf einen Standort im Außenbereich angewiesen sind oder sonst einen spezifischen Bezug zum Außenbereich haben und nicht in die 1.3 A UFBAU DES § 35 B AUGESETZBUCH durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiete bzw. in den unbeplanten Innenbereich verwiesen Der § 35 BauGB bildet die grundlegende Umwelt- werden können. und Naturschutznorm des gesamten Baurechts. Der Bundesgesetzgeber verfolgt mit dieser Vor- Für alle Bauvorhaben im Außenbereich gilt: Sie schrift das Ziel, den Außenbereich im Interesse sind in einer flächensparenden, die Bodenver- einer geordneten städtebaulichen Entwicklung siegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und insbesondere aus Gründen des Umwelt- und den Außenbereich schonenden Weise auszu- schutzes von einer nicht funktionsgerechten Nut- führen (Gebot größtmöglicher Schonung des zung freizuhalten. Außenbereichs). Das Gebot steht als Leitgedan- ke über allen Vorschriften, die das Bauen im Außenbereich regeln. Kreis Borken - Bauen im Außenbereich 9
Gliederung nach Vorhaben Bei den nicht privilegierten Vorhaben wird unter- schieden zwischen § 35 BauGB unterteilt die Bauvorhaben sonstigen Vorhaben (Abs. 2), die grundsätz- im Außenbereich in lich unzulässig sind, privilegierte Vorhaben (Abs. 1), die begünstigten Vorhaben (Abs. 2 i.V.m. regelmäßig im Außenbereich zulässig sind, Abs. 4), denen bestimmte Belange nicht und entgegengehalten werden können, und nicht privilegierte Vorhaben (Abs. 2). Vorhaben im Bereich einer Außenbereichs- satzung (Abs. 2 i.V.m. Abs. 6), denen eben- falls bestimmte Belange nicht entgegengehal- ten werden können. Außenbereich § 35 BauGB privilegierte nicht privilegierte Vorhaben Vorhaben § 35 Abs. 1 BauGB § 35 Abs. 2 BauGB Sonstige Begünstigte Außenbereichs- Vorhaben Vorhaben satzung § 35 Abs. 2 BauGB § 35 Abs. 4 BauGB § 35 Abs. 6 BauGB 10 Kreis Borken - Bauen im Außenbereich
2. ÖFFENTLICHE BELANGE Bei der Beurteilung von nicht privilegierten Vor- UND ERSCHLIESSUNG haben (Abs. 2 sowie 4 und 6) sind die öffent- lichen Belange stärker zu gewichten. Diese Vor- haben sind nur dann zulässig, wenn ihre Ausfüh- 2.1 B EDEUTUNG DER ÖFFENTLICHEN B ELANGE rung oder Benutzung öffentliche Belange nicht FÜR DAS B AUEN IM A USSENBEREICH beeinträchtigt. Hier führt die Beeinträchtigung eines öffentlichen Belangs regelmäßig zur Unzu- Bei der Zulassung von Bauvorhaben im Außenbe- lässigkeit des sonstigen Vorhabens. reich sind die so genannten öffentlichen Belange von besonderer Bedeutung. Hierzu gehören alle Der Gesetzgeber hat für die begünstigten Vorha- Gesichtspunkte, die für das Bauen im Außenbe- ben in Abs. 4 sowie für Vorhaben im Geltungsbe- reich rechtserheblich sein können. Sie dienen reich einer Außenbereichssatzung (Abs. 6) fest- dem Schutz des Außenbereiches und seiner spe- gelegt, dass diesen Vorhaben bestimmte öffent- zifischen Zweckbestimmung. Die aus Sicht des liche Belange nicht entgegengehalten werden Gesetzgebers wichtigsten öffentlichen Belange können (siehe Seite 35). Sie sind insofern gegen- sind in § 35 Abs. 3 und 5 BauGB aufgeführt. über den anderen sonstigen Vorhaben teilprivile- giert. Jeder öffentliche Belang kann für sich genommen einem Außenbereichsvorhaben entgegengehalten werden und ggf. seine Unzulässigkeit begründen. 2.2 B EISPIELE FÜR ÖFFENTLICHE B ELANGE Werden öffentliche Belange teils positiv und teils negativ betroffen, findet insoweit keine Kompen- Widerspruch zu den Darstellungen sation innerhalb der Belange statt. des Flächennutzungsplanes Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange Die Bedeutung der öffentlichen Belange ist je liegt vor, wenn das Bauvorhaben den Darstel- nach Art des Vorhabens unterschiedlich. Ein pri- lungen des Flächennutzungsplanes wider- vilegiertes Vorhaben (Abs. 1) scheitert nur dann spricht. Mit dem Flächennutzungsplan als an öffentlichen Belangen, wenn sie dem Vorhaben vorbereitendem Bauleitplan stellt die Gemein- entgegenstehen. Hier ist im Einzelfall eine de ihre städtebaulichen Entwicklungsvor- Bewertung vorzunehmen, ob die Belange dem stellungen für das gesamte Gemeindegebiet Vorhaben am konkreten Standort entgegenstehen dar. Deshalb ist der Flächennutzungsplan als oder das privilegierte Vorhaben sich unter öffentlicher Belang für die Zulässigkeit von Berücksichtigung der gesetzlich gewollten Privi- Vorhaben im Außenbereich von besonderer legierung gegen diese Belange durchsetzt. Bei Bedeutung. den privilegierten Vorhaben wird eine gewisse Beeinträchtigung öffentlicher Belange in Kauf Einem privilegierten Vorhaben (§ 35 Abs. 1 genommen. Es besteht ein gesteigertes Durchset- BauGB) stehen Darstellungen des Flächen- zungsvermögen privilegierter Vorhaben gegenü- nutzungsplanes nur dann entgegen, wenn im ber den öffentlichen Belangen. Flächennutzungsplan eine auf den konkreten Kreis Borken - Bauen im Außenbereich 11
Standort bezogene Darstellung (z.B. als Widerspruch zu den Darstellungen Sonderbaufläche für Sport- und Erholungsan- eines Landschaftsplanes lagen) sachlich und räumlich dem privilegier- Wenn ein Vorhaben den Darstellungen eines ten Vorhaben widerspricht (sog. qualifizierte Landschaftsplanes widerspricht, liegt eben- Standortzuweisung). Durch qualifizierte falls eine Beeinträchtigung öffentlicher Belan- Standortzuweisungen (Konzentrationszonen) ge vor. In Nordrhein-Westfalen werden die im Flächennutzungsplan kann die Gemeinde Landschaftspläne aufgrund des Landschafts- auch die Zulässigkeit von privilegierten Vor- gesetzes durch die Kreise und kreisfreien haben (mit Ausnahme von land- und forstwirt- Städte als Satzung beschlossen. Die Land- schaftlichen Vorhaben) steuern. Diese Fest- schaftspläne sind mit ihrem gesamten Inhalt setzungen setzen voraus, dass bestimmte auch für die baurechtliche Zulässigkeit von Bereiche ausdrücklich für privilegierte Vorha- Vorhaben im Außenbereich verbindlich. In ben der entsprechenden Kategorie (z.B. Gar- einigen Fällen (z.B. in einem Naturschutzge- tenbaubetriebe oder Windenergieanlagen) biet) können die Darstellungen und Festset- vorgesehen und zugleich für die anderen zungen der Landschaftspläne sogar dazu füh- Bereiche im Geltungsbereich des Flächennut- ren, dass privilegierte Vorhaben unzulässig zungsplanes ausgeschlossen sind. sind. Von den Festsetzungen eines Land- schaftsplanes sind unter bestimmten Voraus- Dagegen steht eine allgemeine Gebietsaus- setzungen Ausnahmen oder Befreiungen weisung im Flächennutzungsplan (z.B. Fläche möglich. für die Land- und Forstwirtschaft) einem privi- legierten Vorhaben nicht entgegen, weil sie dem Außenbereich nur die Funktion zuweist, Schädliche Umwelteinwirkungen die ihm ohnehin nach dem Gesetz zukommt. Öffentliche Belange sind auch dann beein- trächtigt, wenn das Vorhaben schädliche Bei den nicht privilegierten Vorhaben (§ 35 Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder Abs. 2 BauGB) sind öffentliche Belange ihnen ausgesetzt wird. Das Gebot der Vermei- bereits dann beeinträchtigt, wenn das Vorha- dung schädlicher Umwelteinwirkungen ist ben den Darstellungen des Flächennutzungs- eine Ausprägung des allgemeinen Gebots der planes widerspricht (z.B. Wohnbauvorhaben Rücksichtnahme, dessen Anwendungsbereich bei der Darstellung von Flächen für die Land- sich auf alle Bauvorhaben erstreckt. Im wirtschaft). Hierbei spielt es dann keine Rolle, Außenbereich werden durch verschiedene ob der Flächennutzungsplan weitere konkrete Bauvorhaben (z.B. Tierhaltungsbetriebe, stö- standortbezogene Aussagen hinsichtlich der rende Gewerbebetriebe, Windenergieanlagen) Schutzbedürftigkeit der Flächen trifft. Emissionen verursacht, die insbesondere dann von Bedeutung sind, wenn die Bauvor- haben in der Nähe von Wohnhäusern geplant sind. Zu den Emissionen zählen Luftverunrei- nigungen, Gerüche, Geräusche, Erschütterun- 12 Kreis Borken - Bauen im Außenbereich
gen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Unwirtschaftliche Aufwendungen Umwelteinwirkungen. Im Immissionsschutz- für öffentliche Einrichtungen recht gibt es eine Vielzahl von technischen Wenn durch ein Außenbereichsvorhaben Regelwerken, wie z.B. unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen, – die Technische Anleitung Ver- oder Entsorgungsanlagen oder für sonsti- zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm), ge Aufgaben verursacht werden, kann dies als – die Technische Anleitung zur öffentlicher Belang einer Baugenehmigung Reinhaltung der Luft (TA Luft), entgegenstehen. So ist der Fall denkbar, dass – Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL), ein gemeindlicher Wirtschaftsweg nicht in der – die VDI-Richtlinie 3471 (Schweinehaltung) Lage ist, den durch eine neue Nutzung verur- oder sachten Kraftfahrzeugverkehr aufzunehmen. – die VDI-Richtlinie 3472 (Hühnerhaltung), Neben den Aufwendungen für den Ausbau der die Grenzwerte für bestimmte Schadstoffe Straße sind auch Unterhaltungskosten zu und Mindestabstände zur nächsten Wohnbe- berücksichtigen. Die Aufwendungen sind bauung festlegen. Diese Regelwerke bilden unwirtschaftlich, wenn die für das Vorhaben für die Beurteilung der Zumutbarkeit einen notwendigen Erschließungsanlagen anson- Orientierungsrahmen. Im konkreten Einzelfall sten für eine geordnete Entwicklung der ist zu ermitteln, ob von einer erheblichen Gemeinde ohne Bedeutung sind und überwie- Belästigung und damit von schädlichen gend den Interessen des einzelnen Bauherrn Umwelteinwirkungen auszugehen ist, die zugute kommen. Im Einzelfall kann dann aber einer Baugenehmigung entgegenstehen. Ggf. die Möglichkeit bestehen, die Erschließung kann eine Genehmigungsfähigkeit auch durch durch eine privatrechtliche Vereinbarung zwi- besondere Maßnahmen (z.B. Einbau von schen Bauherrn und Gemeinde zu regeln. Abluftreinigungsanlagen bei Intensivtierhal- tungen) erreicht werden. Dagegen ist es nicht möglich, dass ein betroffener Nachbar auf Belange des Naturschutzes und seine Abwehrrechte verzichtet, um eine der Landschaftspflege Genehmigungsfähigkeit zu erreichen. Belange des Naturschutzes und der Land- Zumutbarkeitsfragen stellen sich nicht nur bei schaftspflege zielen darauf, die Leistungsfä- Abwehransprüchen von Eigentümern wohnge- higkeit des Naturhaushalts, die Nutzfähigkeit nutzter Grundstücke gegenüber emittierenden der Naturgüter, die Tier- und Pflanzenwelt Betrieben, sondern auch umgekehrt. So kann sowie die Vielfalt, Eigenart und Schönheit von ein Landwirt Abwehrrechte geltend machen, Natur und Landschaft als Lebensgrundlagen wenn die Wohnbebauung an seinen Betrieb des Menschen nachhaltig zu sichern. Sowohl heranrückt und er in seinen betrieblichen Ent- das Bundesnaturschutzgesetz als auch das wicklungsmöglichkeiten eingeschränkt wird. Landschaftsgesetz des Landes Nordrhein- Dabei ist die realistische Entwicklung des Westfalen legen fest, dass vermeidbare Betriebes über einen überschaubaren Zeit- Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft raum zu berücksichtigen. zu unterlassen sowie unvermeidbare Beein- Kreis Borken - Bauen im Außenbereich 13
Bodennutzung. Vorhaben, die dieser Boden- nutzung nicht entsprechen, beeinträchtigen die natürliche Eigenart der Landschaft. Der öffentliche Belang umfasst den Schutz des Außenbereichs vor einer wesensfremden Nut- zung (z.B. Wochenendhäuser oder gewerbli- che Betriebe). Dieser Belang ist dann nicht mehr von Bedeutung, wenn in der Umgebung bereits eine nicht nur unbedeutende Zahl von vergleichbaren baulichen Anlagen vorhanden ist, die dann ebenfalls den Charakter der Landschaft mitbestimmen. Verunstaltung des Orts- und Landschaftsbilds trächtigungen durch Maßnahmen des Natur- Bei diesem Belang geht es um den ästheti- schutzes und der Landschaftspflege auszu- schen Schutz der Landschaft vor nachteili- gleichen sind. Zu den Ausgleichsmaßnah- gen Veränderungen. Die bloße Beeinträchti- men zählen z.B. Anpflanzungen, um die gung führt noch nicht zur Unzulässigkeit. Das optisch nachteiligen Wirkungen des Vorha- Bundesverwaltungsgericht hat dazu ausge- bens zu mildern. Weiterhin kommen Ersatz- führt, dass eine Verunstaltung dann vorliegt, maßnahmen in Frage, wenn ein Ausgleich am wenn das Bauvorhaben dem Orts- und Land- Ort des Vorhabens nicht möglich ist. Die schaftsbild in ästhetischer Hinsicht grob Ersatzmaßnahmen können an anderer Stelle unangemessen ist und auch von einem für durchgeführt werden, sie müssen nach Art ästhetische Eindrücke offenen Betrachter als und Umfang geeignet sein, die Funktionen belastend empfunden wird. des Naturhaushaltes oder der Landschaft wieder herzustellen. Unter besonderen Vor- aussetzungen, wenn Ausgleichs- oder Ersatz- Gefährdung der Wasserwirtschaft maßnahmen nicht möglich sind, kann die Zah- Der öffentliche Belang der Gefährdung der lung eines Ersatzgeldes in Anspruch genom- Wasserwirtschaft steht im unmittelbaren men werden. Zusammenhang mit den Zielen des Wasser- rechtes. Eine Gefährdung der Wasserwirt- schaft kann z.B. durch Grundwasserverunrei- Beeinträchtigung der natürlichen nigungen vorliegen. Die Gefahr einer Grund- Eigenart der Landschaft wasserverunreinigung ist im Außenbereich Die natürliche Eigenart der Landschaft ist insbesondere gegeben, weil es häufig an gekennzeichnet durch die dort vorkommende einer ordnungsgemäßen Kanalisation fehlt. Im 14 Kreis Borken - Bauen im Außenbereich
Einzelfall wird zu prüfen sein, ob die Vorkeh- Zu einer Splittersiedlung können alle bau- rungen zum Grundwasserschutz ausreichen. lichen Anlagen beitragen. Es kommt nicht auf die Anzahl der vorgesehenen Gebäude an. Bereits wenn ein Bauvorhaben im Außenbe- Unerwünschte Splittersiedlung/ reich beabsichtigt ist, ist die Entstehung einer Zersiedelung der Landschaft Splittersiedlung und damit die Einleitung der Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange Zersiedelung der Landschaft zu befürchten. liegt auch dann vor, wenn die Entstehung, Der Gesetzgeber hatte bei der Regelung des Verfestigung oder Erweiterung einer Split- § 35 BauGB gerade das Ziel, die freie Natur tersiedlung zu befürchten ist. Die Splitter- vor einer solchen Zersiedelung zu schützen. siedlung grenzt sich von einer geschlossenen Ortslage ab, sie ist gekennzeichnet durch eine zusammenhanglose Bebauung von gerin- Gebot des flächensparenden Bauens gem städtebaulichen Gewicht. Durch die Für die Zulässigkeit von Bauvorhaben im Beschreibung als öffentlichen Belang will der Außenbereich ist das Gebot der größtmög- Gesetzgeber vermeiden, dass Splittersiedlun- lichen Schonung des Außenbereichs von gen entstehen oder sich verfestigen und besonderer Bedeutung. Für alle Bauvorha- erweitern. Es geht darum, die Entstehung ben im Außenbereich gilt, dass sie in einer unorganischer Siedlungsstrukturen und damit flächensparenden, die Bodenversiegelung jede Zersiedelung des Außenbereichs zu ver- auf das notwendige Maß begrenzenden und hindern. Auch soll vermieden werden, dass den Außenbereich schonenden Weise aus- die Bewohner der Splittersiedlung zusätzliche zuführen sind (§ 35 Abs. 5 BauGB). Insoweit Ansprüche insbesondere im Hinblick auf die können sich aus dem Gebot größtmöglicher Infrastruktur geltend machen können. Schonung des Außenbereichs auch Anforde- rungen an die Ausführung von privilegierten Bauvorhaben ergeben. So kann z.B. gefordert werden, die Standorte der baulichen Anlagen einer Hofstelle enger zusammenzufassen bzw. im Interesse einer Vermeidung von übermäßi- gen Bodenversiegelungen zu verschieben. Im Übrigen ist die Bauausführung so auszuge- stalten, dass Bodenversiegelungen möglichst vermieden werden. Dies gilt nicht nur für die Gebäude, sondern auch für die weiteren bau- lichen Anlagen wie z.B. Zufahrt, Zuwegung und Terrasse. Kreis Borken - Bauen im Außenbereich 15
2.3 E RSCHLIESSUNG Ver- und Entsorgung: Auch die Anforderungen an die Ver- und Ent- Für die Zulassung von Bauvorhaben im Außenbe- sorgung richten sich nach dem konkreten reich ist es grundsätzliche Voraussetzung, dass Bauvorhaben. Für ein Wohnbauvorhaben die Erschließung gesichert ist. Nach § 35 Abs. 1 müssen z.B. Stromanschluss, einwandfreies BauGB reicht für privilegierte Vorhaben eine Trink- und Löschwasser sowie die Möglichkeit „ausreichende“ Erschließung. Durch diese For- der ordnungsgemäßen Abwasser- und Abfall- mulierung bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, beseitigung gegeben sein. dass gerade im Außenbereich die Anforderungen Von besonderer Bedeutung ist die Abwasser- an die Erschließung objektbezogen sind und nicht beseitigungspflicht, die grundsätzlich den die für Baugebiete einschlägigen Maßstäbe anzu- Gemeinden zugewiesen ist. Im wenig besie- setzen sind. Welche Anforderungen an die delten Außenbereich wäre jedoch der Erschließung im einzelnen zu stellen sind, richtet Anschluss aller Grundstücke an das öffentli- sich nach dem konkreten Vorhaben, das auf dem che Kanalnetz aufgrund der großen Entfer- Grundstück realisiert werden soll. Es kommt auf nungen technisch und finanziell zu aufwändig. die Auswirkungen und Bedürfnisse des einzelnen In diesen Fällen überträgt die Untere Wasser- Vorhabens an. behörde die Abwasserbeseitigungspflicht auf den Grundstückseigentümer, so dass dieser Folgende Erschließungsanlagen müssen in der selbst für die ordnungsgemäße Beseitigung Regel mindestens bestehen: des Abwassers verantwortlich ist. Den Klein- kläranlagen kommt hierdurch gerade in dem ausreichende Zuwegung: großflächigen Kreis Borken eine besondere Die Anforderungen an die Zuwegung beurtei- Bedeutung zu. Zurzeit sind hier etwa 5.000 len sich nach dem zu erwartenden Zu- und Kleinkläranlagen in Betrieb. Abgangsverkehr. Je stärker der Verkehr sein Eine Kleinkläranlage besteht aus einer wird, desto höher sind die Anforderungen an mechanischen Vorbehandlung (Mehrkammer- den Weg. Für dauernd bewohnte Gebäude gilt behälter) und einer biologischen Nachbe- für die Zuwegung die Mindestvoraussetzung, handlung. Neben den üblichen Kleinkläranla- dass das Außenbereichsgrundstück von Fahr- gen haben sich in der Praxis auch Pflanzen- zeugen erreicht werden kann, die im öffent- klärstufen als Hauptreinigungsstufen bewährt. lichen Interesse unterwegs sind, wie Polizei-, Ein Beispiel für eine Pflanzenkläranlage ist auf Kranken-, Feuerwehr- und Müllfahrzeuge. der folgenden Seite abgebildet. Wenn das Baugrundstück nicht unmittelbar an Vor Baubeginn ist für die vorgesehene Klein- eine öffentliche Verkehrsfläche angrenzt, kläranlage eine wasserrechtliche Genehmi- muss die verkehrliche Erschließung über Pri- gung zum Bau und Betrieb der Anlage sowie vatgrundstücke durch Baulasteintragung ge- eine wasserrechtliche Erlaubnis zur Einleitung sichert sein. des gereinigten Abwassers in ein Gewässer bei der Unteren Wasserbehörde einzuholen. 16 Kreis Borken - Bauen im Außenbereich
Beispiel für eine Pflanzenkläranlage (System Mettmann) Mechanische Stufe: Mehrkammerbehälter (Mehrkammerabsetz-/ausfaulgrube) Im Mehrkammerbehälter werden die festen Inhaltsstoffe des Abwassers als Schlamm abgeschieden. Die Stoffe, die schwerer als Wasser sind, sinken auf den Boden ab und bilden den Boden- oder Primärschlamm. Die leichteren Stoffe schwimmen an der Oberfläche und bil- den den Schwimmschlamm. Ein Mehrkammerbehälter ist so konstruiert, dass er den Bodenschlamm speichert und den Schwimmschlamm durch Tauchwände im Behälter zurückhält. Der Schlamm wird nach Bedarf durch die Gemeinde entsorgt. Biologische Pflanzenklärstufe: Bepflanzter Bodenfilter Die Reinigungsfunktion in der biologischen Nachbehandlung übernehmen Mikroorganismen, die sich auf dem Bodenfilter und im Wurzelbereich der Pflanzen ansiedeln. Das aus dem Mehrkammerbehälter kommende Abwasser wird im Zulaufbereich des Bodenfilters mit Drainagerohren über die gesamte Breite verteilt. Vor dem Ablauf befindet sich ebenfalls über die gesamte Breite ein Drainagerohr, das das Abwasser wieder aufnimmt und in den nachfolgenden Kontrollschacht leitet. Der Kontrollschacht ermöglicht die Regulierung des Wasserstands und die Entnahme von Wasserproben. Anschließend wird das Abwasser in ein Gewässer abgeleitet. In dem gesamten System der Pflanzenkläranlage besteht keine offene Wasseroberfläche. Kreis Borken - Bauen im Außenbereich 17
18 Kreis Borken - Bauen im Außenbereich
3. PRIVILEGIERTE BAUVORHABEN Die in § 35 Abs. 1 BauGB aufgeführten Vorhaben Der Bundesgesetzgeber hat den Katalog der privi- sind im Außenbereich zulässig, wenn ihnen legierten Vorhaben in den vergangenen Jahren öffentliche Belange nicht entgegenstehen und die mehrfach angepasst. Die Privilegierung für die so ausreichende Erschließung gesichert ist. Sie sind genannten vorgezogenen Altenteilwohnhäuser und damit allen sonstigen Vorhaben gegenüber im für die Landarbeiterstellen ist entfallen, da diese Außenbereich erleichtert zulässig und somit pri- Fälle infolge der veränderten Strukturen in der vilegiert. Die Bedeutung der Privilegierung liegt Landwirtschaft keine praktische Relevanz mehr darin, dass der Gesetzgeber für diese Vorhaben haben. Dem stehen neue Privilegierungstatbestän- „sozusagen eine generelle Planung“ übernommen de gegenüber, die den Strukturwandel in der Land- und ihnen einen Standort im Außenbereich zu- wirtschaft berücksichtigen und insbesondere die gewiesen hat. Nutzung erneuerbarer Energien unterstützen sollen. Privilegierte Bauvorhaben im Außenbereich Landwirtschaftliche Forstwirtschaftliche Gartenbaubetriebe Sonstige privilegierte Vorhaben Betriebe Betriebe • Anlagen der öffentlichen Versorgung • Standortgebundene Betriebe • Zweckgebundene Anlagen • Anlagen der Wind- u. Wasserenergie • Biomasseanlagen § 35 Abs. 1 Nr. 1 § 35 Abs. 1 Nr. 1 § 35 Abs. 1 Nr. 2 • Kernenergieanlagen BauGB BauGB BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 3-7 BauGB Kreis Borken - Bauen im Außenbereich 19
3.1 L ANDWIRTSCHAFTLICHE B AUVORHABEN gewonnen werden. Der Boden muss zum Zwecke der Nutzung seines Ertrags planmä- Privilegiert ist ein Vorhaben, wenn es einem land- ßig und eigenverantwortlich bewirtschaftet wirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen werden. (An der unmittelbaren Bodenertrags- untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt nutzung fehlt es z.B. bei Landschaftsbaube- (§ 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB). trieben, landwirtschaftlichen Lohnunterneh- men oder bei Vieh- und Landhandel mit der 3.1.1 L ANDWIRTSCHAFTLICHER B ETRIEB Folge, dass derartige Betriebe nicht zu den Was gehört zur Landwirtschaft im Sinne des Bau- privilegierten Bauvorhaben im Außenbereich rechts? zählen. Nach dem Willen des Gesetzgebers Der Begriff der Landwirtschaft ist in § 201 sollen sich diese Betriebe in Gewerbe- bzw. BauGB definiert. Danach ist Landwirtschaft Industriegebieten ansiedeln.) im Sinne des Baugesetzbuches insbesondere Tierhaltung und Tierzucht gehören dann zur Ackerbau, Wiesen- und Weidewirtschaft ein- Landwirtschaft, wenn das Futter überwie- schließlich Tierhaltung, so weit das Futter gend auf den zum landwirtschaftlichen überwiegend auf den zum landwirtschaft- Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich ge- lichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich nutzten Flächen erzeugt werden kann. So genutzten Flächen erzeugt werden kann, die reicht es nach der Änderung des Baugesetz- gartenbauliche Erzeugung, der Erwerbsobst- buches im Sommer 2004 aus, wenn genügend bau und der Weinbau, die berufsmäßige Imke- landwirtschaftlich genutzte Flächen, die zum rei und die berufsmäßige Binnenfischerei. landwirtschaftlichen Betrieb gehören, zur Voraussetzung ist die unmittelbare Bodener- überwiegenden Futtererzeugung vorhanden tragsnutzung, bei der pflanzliche und tieri- sind. Auf die unmittelbare Verfütterung des sche Erzeugnisse in nicht unerheblichem Maß erzeugten Futters an die Tiere kommt es nun nicht mehr an. Betriebe, die nicht über ausrei- chende Flächen verfügen, gehören dagegen nicht zur Landwirtschaft im Sinne des Bau- rechts. (Stallanlagen für diese Betriebe kön- nen aber im Einzelfall unter den Vorausset- zungen des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB ebenfalls privilegiert im Außenbereich zulässig sein). 20 Kreis Borken - Bauen im Außenbereich
Es gibt drei Formen von landwirtschaftlicher Tätigkeit: Haupterwerbsbetrieb Nebenerwerbsbetrieb Hobbylandwirtschaft ➩ ➩ ➩ Privilegierung Privilegierung gegeben Privilegierung gegeben nicht gegeben Voraussetzung für einen privilegierten landwirtschaftlichen Betrieb ist die Nachhaltigkeit der landwirtschaftlichen Tätigkeit: ausreichende Größe der auf Dauer angelegt und lebensfähig: bewirtschafteten Betriebsfläche: Der dauerhafte Bestand des landwirtschaft- Dem landwirtschaftlichen Betrieb müssen für lichen Betriebes muss gewährleistet sein. die Bodenertragsnutzung ausreichend Flä- Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn auf- chen zur Verfügung stehen. Der Flächenbe- grund der Betriebsstruktur und der weiteren darf ist je nach Art des landwirtschaftlichen Umstände davon ausgegangen werden kann, Betriebes unterschiedlich. Das Verhältnis von dass der Betrieb nicht nur vorübergehend Eigentums- zur Pachtfläche ist dabei von betrieben werden soll. Der landwirtschaftli- besonderer Bedeutung. Je größer der Eigen- che Betrieb muss auf Generationen angelegt tumsanteil des Landwirtes an dem bewirt- sein. schafteten Betrieb nebst Fläche ist, um so eher ist von einer auf Dauer angelegten Betriebsführung auszugehen. Pachtflächen können berücksichtigt werden, wenn die Flä- chen langfristig an den Landwirt verpachtet sind (im Regelfall mindestens 12 Jahre Pacht- dauer). Ein landwirtschaftlicher Betrieb, der ausschließlich Pachtflächen bewirtschaftet, erfüllt die Voraussetzungen für die Nachhal- tigkeit in der Regel nicht. Kreis Borken - Bauen im Außenbereich 21
Absicht der Gewinnerzielung: persönliche Eignung des Der Arbeits- und Kapitaleinsatz muss in einem Betriebsleiters als Landwirt: vernünftigen Verhältnis zum Gewinn stehen, Die persönliche Eignung des Betriebsleiters der bei realistischer Betrachtung erwirtschaf- als Landwirt erfordert nicht unbedingt eine tet werden kann. Insbesondere bei Nebener- besondere Qualifikation. Auch nachgewiesene werbsbetrieben ist die Absicht der Gewin- Erfahrung kann für die persönliche Eignung nerzielung für die Beurteilung der Privilegie- ausreichend sein. rung entscheidend. Der Betrieb muss darauf gerichtet sein, dem Betreiber –neben seinem Hauptberuf- weitere Einnahmen zu verschaf- fen und damit seine Existenz wirtschaftlich zusätzlich abzusichern. Das Einkommen aus der Landwirtschaft darf damit im Verhältnis zum sonstigen Einkommen nicht unerheblich sein. 22 Kreis Borken - Bauen im Außenbereich
Neubau eines Boxenlaufstalles mit Melkanlage Kreis Borken - Bauen im Außenbereich 23
3.1.2 D IENENDE F UNKTION DES V ORHABENS Eine weitere Genehmigungsvoraussetzung ist, dass das Bauvorhaben dem landwirtschaftlichen Betrieb dienen muss. Das Bundesverwaltungs- gericht hat zur „dienenden Funktion“ Folgendes ausgeführt: „Ein Vorhaben dient einem landwirtschaftlichen Betrieb, wenn a) ein vernünftiger Landwirt - auch und gerade unter Berücksichtigung des Gebots größt- möglicher Schonung des Außenbereichs - dieses Vorhaben mit etwa gleichem Verwen- dungszweck und mit einer etwa gleichen Die räumliche Zuordnung des konkreten Gestaltung und Ausstattung für einen entspre- Vorhabens zum Betrieb muss gegeben sein. chenden Betrieb errichten würde und Der Standort der baulichen Anlage muss b) das Vorhaben durch diese Zuordnung zu dem durch betriebliche Erfordernisse bestimmt konkreten Betrieb auch äußerlich erkennbar sein. geprägt wird. Was objektiv einem landwirtschaftlichen Betrieb 3.1.3 U NTERGEORDNETER T EIL dient, muss am konkreten Einzelfall beurteilt wer- DER B ETRIEBSFLÄCHE den. Folgende Merkmale müssen vorliegen: Das Bauvorhaben darf nur einen untergeordne- Zwischen dem Vorhaben und der tatsäch- ten Teil der Betriebsfläche einnehmen. Die bau- lichen Bodennutzung und Bodenbewirtschaf- lichen Anlagen müssen unter Berücksichtigung tung des Betriebes muss ein Funktionszu- der Größe, der Art und der Intensität des land- sammenhang bestehen. Nicht der nur be- wirtschaftlichen Betriebes im Verhältnis zu den hauptete Zweck des Vorhabens, sondern unbebauten Betriebsflächen untergeordnet sein. seine wirkliche Funktion ist entscheidend. Die Betriebsfläche muss die Grundfläche des Das Vorhaben muss für den Betrieb sachge- Vorhabens derart übersteigen, dass die Betriebs- recht sein. So fehlt die dienende Funktion fläche den Schwerpunkt darstellt. Diese Voraus- eines Gebäudes, wenn es für den angegebe- setzung wird bei großflächigen landwirtschaft- nen Zweck überdimensioniert oder in seiner lichen Betrieben regelmäßig erfüllt sein, so dass konkreten Beschaffenheit so luxuriös ausge- das Merkmal in der Praxis nur selten von Bedeu- stattet ist (Fliesen, Zentralheizung für ein tung ist. Stallgebäude), dass sich eine betriebsfremde Nutzung geradezu aufdrängt. 24 Kreis Borken - Bauen im Außenbereich
3.1.4 A RT DER LANDWIRTSCHAFTLICHEN B AUVORHABEN Sofern im konkreten Fall die Voraussetzungen für ein privilegiertes landwirtschaftliches Bauvorha- ben erfüllt sind, sind in der Regel folgende Bau- vorhaben genehmigungsfähig: • Betriebsleiterwohnhaus für den Landwirt und seine Familie, • landwirtschaftliche Betriebsgebäude, u.a. Stallgebäude, Lagergebäude für Futter (z.B. Getreide-, Heu- und Strohlager), Maschinen- und Gerätehallen, Scheunen, Remisen und Schuppen, ggf. eine Reit- und Bewegungshalle für einen Pensionspferde- Lageplan und Bauzeichnungen zu betrieb, Altenteilerwohnhäusern • weitere bauliche Anlagen (u.a. Futtersilo, Güllehochbehälter und Dungplatte) sowie • technische Anlagen und Einrichtungen (u.a. Eigenverbrauchstankanlage und Futter- trocknungsanlage). Wasch- raum Bei der Beurteilung dieser Vorhaben ist das Gebot der größtmöglichen Schonung des Außen- Garage Vorrat bereichs zu beachten. So muss die dienende Funktion der baulichen Anlage für den landwirt- schaftlichen Betrieb nicht nur in der Nutzung, sondern auch in der Größe nachvollziehbar sein. Küche Für privilegierte landwirtschaftliche Wohnungen sind Wohnflächenobergrenzen zu berücksichti- gen. Haupterwerbsbetriebe haben neben dem Wohn- u. Essraum Diele Kreis Borken - Bauen im Außenbereich 25
Für sehr große Haupterwerbsbetriebe kann unter Umständen auch ein Anspruch auf eine betriebs- bezogene Landarbeiterwohnung bestehen. Ent- scheidend sind der Dauerbedarf an Arbeitskräf- ten auf dem Hof und die Frage der Wirtschaftlich- keit für den landwirtschaftlichen Betrieb. Eine Landarbeiterwohnung ist nur dann zulässig, wenn wegen der Art und der Größe des landwirtschaft- lichen Betriebes dauerhaft mit der Beschäftigung eines Landarbeiters zu rechnen ist. landwirtschaftlichen Betriebsleiterwohnhaus mit einer Wohnfläche von max. 192 qm + Zuschlag für ein angemessenes Büro (als Wohnfläche gelten die Rohbaumaße ohne Abzüge) einen Anspruch auf ein Altenteilerwohnhaus für den Generationenwechsel. Nach den allgemeinen Bedürfnissen eines Altenteilers ist dabei regelmä- ßig von einer Wohn-/Nutzfläche von bis zu 145 qm auszugehen. Im Einzelfall kann eine größere Wohnfläche zugestanden werden, wenn dies auf- grund besonderer Umstände erforderlich ist. Eine ausschließlich ebenerdige Planung ist aufgrund des Gebots des flächensparenden Bauens in der Regel nicht zulässig. Die Entfernung des Alten- teilers von der Hofstelle soll im Übrigen nicht mehr als 50 m betragen. Das Altenteilerwohnhaus für den Haupterwerbs- betrieb entspricht dem Bild des herkömmlichen landwirtschaftlichen Betriebes, für den der Alten- teiler typischerweise bei Bedarf noch in die Mit- arbeit des Hofes einbezogen werden kann. An dieser Vorstellung fehlt es in der Regel bei land- wirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieben, bei denen die Errichtung eines zweiten Wohnhauses Direktvermarktung von Produkten aus der schon wirtschaftlich nicht sinnvoll erscheint. Landwirtschaft 26 Kreis Borken - Bauen im Außenbereich
3.1.5 M ITZIEHENDE P RIVILEGIERUNG 3.1.6 G ENEHMIGUNGSFREIE LANDWIRTSCHAFTLICHE B AUVORHABEN Einzelne Betätigungen können durch ihre betrieb- liche Zuordnung zur landwirtschaftlichen Tätig- Die Bundesländer haben die Möglichkeit, keit von dieser „mitgezogen“ werden und damit bestimmte Bauvorhaben von der Baugenehmi- an der Privilegierung teilhaben, auch wenn sie bei gungspflicht zu befreien. Für Nordrhein-Westfa- isolierter Betrachtung landwirtschaftsfremd len wird in § 65 der Landesbauordnung der Kata- sind („mitgezogene“ Betriebsteile). log der genehmigungsfreien Vorhaben aufgeführt. Diese Bauvorhaben bedürfen keiner Baugenehmi- Voraussetzungen für eine mitziehende Privilegie- gung, sie sind aber ansonsten an das materielle rung: Recht gebunden. So müssen z.B. Abstandflä- enger Zusammenhang mit der Bodener- chen zur Grenze eingehalten werden oder es sind tragsnutzung und ihren vielfältigen Formen, nach anderen Vorschriften erforderliche Geneh- untergeordneter Betriebsteil („bodenrechtli- migungen (z.B. nach dem Straßenrecht) oder che Nebensache“) gegenüber der vorhande- Befreiungen (z.B. in einem Landschaftsschutzge- nen landwirtschaftlichen Betätigung, biet) einzuholen. Erscheinungsbild des landwirtschaftlichen Betriebs muss insgesamt gewahrt bleiben. Für landwirtschaftliche Betriebe sind insbeson- dere folgende genehmigungsfreie bauliche Anla- Ein Beispiel für einen mitgezogenen Betriebsteil gen von Bedeutung: ist die Direktvermarktung von landwirtschaft- Behelfsbauten zum Schutz lichen Produkten vom Hof aus (z.B. Hofladen), von Pflanzen und Tieren: ggf. verbunden mit einem kleinen Bauerncafé. Gebäude bis zu 4,0 m Firsthöhe, die nur zum Der Schwerpunkt der Vermarktung muss hierbei vorübergehenden Schutz von Pflanzen und eindeutig bei den selbsterzeugten Produkten lie- Tieren bestimmt sind und die einem landwirt- gen. Expandiert eine derartige Verkaufsstelle schaftlichen Betrieb dienen, dürfen ohne Bau- bzw. die Nutzung als Bauerncafé, so dass wegen genehmigung errichtet werden. Hierzu zählen florierender Umsätze überwiegend Fremderzeug- Behelfsbauten oder untergeordnete Gebäu- nisse angeboten werden, liegt eine Nutzungsän- de, wie z.B. auf Viehweiden übliche, ohne derung vor. Ein derartiger Betrieb ist im Außenbe- Fundament und leicht gebaute Schutzhütten reich nicht mehr privilegiert. oder zerlegbare, transportable Gewächshäu- ser, die je nach Bedarf auf den Gartenbauflä- Auch die Vermietung von Zimmern an Feriengäste chen über schutzbedürftige Frühkulturen auf- („Ferien auf den Bauer nhof“) kann eine mitgezo- gestellt werden. Das Gebäude muss nach gene Betätigung darstellen, sofer n die Gäste am objektiven Merkmalen geeignet sein, lediglich Hofleben teilnehmen. vorübergehenden Zwecken zu dienen, was Jedoch sind Neubauten und/oder der neubaugleiche Ersatz eine einfache Ausführung erfordert. zum Zwecke der Schaffung von Ferienwohnungen unzulässig. Kreis Borken - Bauen im Außenbereich 27
Gewächshäuser ohne Verkaufsstätten: keine privilegierten forstwirtschaftlichen Betrie- Gewächshäuser bis zu 4,0 m Firsthöhe, die be, sondern forstwirtschaftliche Lohn- oder einem landwirtschaftlichen oder einem Gar- Dienstleistungsbetriebe. Auch Betriebe, die forst- tenbaubetrieb dienen, zählen ebenfalls zu den wirtschaftliche Arbeiten für Dritte durchführen, baugenehmigungsfreien Vorhaben. Dem zählen nicht zu den privilegierten Betrieben. Gewächshaus darf keine Verkaufsstätte (z.B. für Blumen oder Obst) angeordnet sein, ande- renfalls unterfällt die bauliche Anlage insge- 3.3 G ARTENBAUBETRIEBE samt dem Baugenehmigungsverfahren. Nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB zählen Vorhaben, die einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung 3.2 F ORSTWIRTSCHAFTLICHE B ETRIEBE dienen, ebenfalls zu den privilegierten Bauvorha- ben. Die gartenbauliche Erzeugung umfasst den Die Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB Anbau von Pflanzen als unmittelbare Nutzung bezieht sich auch auf die forstwirtschaftlichen des Bodens. Sie gehört auch zur Landwirtschaft; Betriebe. Unter Forstwirtschaft ist die planmäßi- im Gegensatz zu den landwirtschaftlichen Bau- ge Bewirtschaftung des Waldes zu verstehen vorhaben nach Nr. 1 hat der Gesetzgeber hier (Anbau, Pflege und Abschlag von Wald zum aber auf die Einschränkung verzichtet, dass das Zwecke der Holzgewinnung). Die Bewirtschaftung Vorhaben nur einen untergeordneten Teil der erstreckt sich darauf, Wald im Rahmen seiner Betriebsfläche einnehmen darf. Die weiteren Vor- Zweckbestimmung und unter Berücksichtigung aussetzungen (Betrieb und dienende Funktion) seiner Schutz- und Erholungsfunktion zu pflegen, müssen auch für die Gartenbaubetriebe vorlie- zu nutzen und für die Wiederaufforstung kahl gen. geschlagener Flächen zu sorgen. Die Privilegierung für Gartenbaubetriebe erfasst Ähnlich wie bei der Landwirtschaft ist die Privile- ausschließlich Betriebe, die der pflanzlichen Pro- gierung an eine bestimmte Form der Bodenbe- wirtschaftung und Bodennutzung geknüpft. Da die Forstwirtschaft weit weniger intensiv als die Landwirtschaft betrieben wird, benötigt der Forstwirt für eine Privilegierung größere Waldflä- chen. Im Übrigen gelten für die Zulassung von forstwirtschaftlichen Bauvorhaben im Wesent- lichen die Kriterien für landwirtschaftliche Bau- vorhaben entsprechend. Forstwirtschaftliche Betriebe sind gegenüber Gewerbebetrieben abzugrenzen. So sind Unter- nehmen des Holzhandels und Holzeinschlags 28 Kreis Borken - Bauen im Außenbereich
duktion/ Züchtung dienen. Landschaftsbaubetrie- Durch die hier aufgezählten Ver- und Entsor- be zählen nicht dazu. gungseinrichtungen werden Anlagen von einem bestimmten Zweck her privilegiert. Es Im Gegensatz zu den land- und forstwirtschaft- handelt sich in erster Linie um Aufgaben der lichen Betrieben hat die Gemeinde die Möglich- Daseinsvorsorge, die einen spezifischen keit, die Zulässigkeit der Gartenbaubetriebe zu Standortbezug zum Außenbereich haben. steuern. So kann sie über den Flächennutzungs- ortsgebundene gewerbliche Betriebe (Nr. 3; plan die Ansiedlung von Betrieben der gartenbau- z.B. Sandgrube, Ziegelei): lichen Erzeugung mit ihren heute zumeist umfan- Ortsgebunden ist ein gewerblicher Betrieb, greichen Unterglasflächen regeln, indem sie wenn das betreffende Gewerbe seinem Wesen ihnen nur bestimmte Bereiche im Gemeindege- und seinem Gegenstand nach und nicht etwa biet zuweist, um andere Bereiche des Gemeinde- nur aus Gründen der Rentabilität auf die geo- gebietes von solchen Betrieben freizuhalten. grafische und geologische Eigenart des Standortes im Außenbereich angewiesen ist. Durch die BauGB-Novelle 2004 wurde eine Rück- wegen besonderer Anforderungen an die bauverpflichtung für bauliche Anlagen eines Umgebung (Nr. 4; z.B. Wetterstation, Aus- Gartenbaubetriebes aufgenommen. Deshalb ist sichtsturm, Sternwarte): für diese Bauvorhaben als weitere Zulässigkeits- Diese Vorhaben weisen umgebungsbezogene voraussetzung eine Verpflichtungserklärung Anforderungen und Wirkungen sowie Zweck- (Baulast) abzugeben, das Vorhaben nach dauer- bestimmungen auf. Sie haben eine bestimmte hafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzu- Beziehung zu den Eigenarten der Umgebung, bauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen. die innerhalb der Baugebiete nicht gegeben ist. wegen nachteiliger Wirkung (besondere 3.4 A UFGRUND BESONDERER A NFORDERUNGEN Emissionen) auf die Umgebung (Nr. 4; z.B. IN DEN A USSENBEREICH GEHÖRENDE Tierkörperbeseitigungsanstalt, Intensiv- V ORHABEN schweinehaltung oder ähnlich belästigende Tierhaltungen, Pelztierfarmen, Düngemittelfa- Der § 35 Abs. 1 BauGB führt in den Nummern 3- briken): Vorhaben können auch wegen der 7 weitere Bauvorhaben auf, die aufgrund beson- vom Betrieb ausgehenden erheblich benach- derer Anforderungen und dem Wesen nach in teiligenden Emissionen im Außenbereich pri- den Außenbereich gehören. Sie zählen damit vilegiert sein. Hierbei geht es um Anlagen, die ebenfalls zu den privilegierten Bauvorhaben: wegen der von ihnen ausgehenden erheb- Vorhaben für die öffentliche Versorgung mit lichen Belästigungen oder Störungen (Rauch, Elektrizität, Gas, Telekommunikations- Ruß, Staub, Dämpfe, Gerüche, Erschütterun- dienstleistungen, Wärme und Wasser sowie gen) nicht im Innenbereich angesiedelt wer- der Abwasserwirtschaft (Nr. 3; z.B. Rund- den können. funk- und Fernsehturm, Leitungsmast, Was- serwerk, Klärwerk): Kreis Borken - Bauen im Außenbereich 29
zulässig. Neben der geziel- ten Förderung der Nutzung von Windenergie hat der Bundesgesetzgeber gleich- zeitig planungsrechtliche Instrumente geschaffen, die eine Steuerung der Zulässigkeit von Windener- gieanlagen sicherstellen. So wurde ein Planvorbehalt in das BauGB eingefügt, der es entweder über die gemeindliche Flächennut- zungsplanung oder über die Regionalplanung er- möglicht, durch Auswei- sung von Windvorrangzo- nen eine Konzentration die- ser Anlagen auf gemeind- licher oder regionaler Ebene zu erreichen. Eine solche wegen besonderer Zweckbestimmung (Nr. Ausweisung hat als öffentlicher Belang 4; z.B. Tierpark, Jagdhütte, wenn der Pächter Bedeutung, der dem Bau einer Windenergie- nicht im Jagdrevier oder in dessen Nähe anlage an anderer Stelle in der Regel ent- wohnt): gegensteht. Diese Vorhaben weisen eine besondere Bezie- Aber auch eine privilegierte Windenergieanla- hung zum Außenbereich auf, die auf die ge kann im Einzelfall unzulässig sein, wenn Zweckbestimmung des Vorhabens und den öffentliche Belange entgegenstehen. So kön- Außenbereich im Allgemeinen abzustellen ist. nen durch die Anlage schädliche Umweltaus- Eine Privilegierung ist jedoch nicht gegeben, wirkungen hervorgerufen werden. Maßgeblich wenn individuelle Erholungs- oder Freizeit- sind die nach dem Immissionsschutzrecht wünsche im Vordergrund stehen (z.B. Tennis- einschlägigen Zumutbarkeitsschwellen (ins- oder Golfplätze). bes. nach der TA Lärm). Bezüglich aller Vorhaben der Erforschung, Entwicklung Immissionen und auch der sonstigen von oder Nutzung der Wind- und Wasser- Windenergieanlagen ausgehenden Gefahren energie (Nr. 5): ist festzuhalten, dass diese keine fest fixier- Seit dem 01.01.1997 zählen auch die Winden- ten Abstände erfordern, sondern hinreichen- ergieanlagen zu den privilegierten Vorhaben der Immissionsschutz letztlich eine Frage des und sind somit grundsätzlich im Außenbereich Einzelfalls ist. 30 Kreis Borken - Bauen im Außenbereich
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