Baustein 1d "Spiritualität" - DPSG
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Modul 1 Baustein 1d „Spiritualität” Spiritualität – eine Annäherung diese Fragen. Bewusst oder unbewusst bestimmen Stand 12.04.2017 Das Wort „Spiritualität“ wird in vielfältiger Weise Erfahrungen und Einstellungen, wie Spiritualität verwendet – allerdings fällt es vielen schwer, zu praktiziert wird. sagen, was genau sie mit diesem Wort eigentlich verbinden. Spiritualität gibt es, wenn man diversen Es gibt ungezählte Versuche und Möglichkeiten, das Büchern und Homepages glauben darf, in allen Wesen von Spiritualität zu beleuchten, zu reflektie- möglichen Facetten und für alle Lebenslagen: Es ren und zu definieren. Jeder Definitionsversuch gibt eine afrikanische, eine asiatische, eine bibli- stellt auf seine Weise einen besonderen Aspekt von sche, eine indische, eine liturgische, eine weibliche, Spiritualität heraus, vernachlässigt dadurch aber eine Spiritualität für Manager, für Hausfrauen usw. andere und ist insofern problematisch. Auf den ersten Blick ist Spiritualität ein „Aller-Welts- Eines scheint jedoch für uns Pfadfinderinnen und Wort“ – und das in gewisser Weise auch zu Recht. Pfadfinder wesentlich: Spiritualität ist „die Verwirkli- Denn: Spiritualität hat mit aller Welt zu tun! chung des Glaubens unter den konkreten Lebens- bedingungen“, schreibt Paul Michael Zulehner. Spi- Das lateinische Wort „spiritus“ heißt übersetzt: ritualität ist keineswegs etwas Abgehobenes und Atem – Wind – Geist und bildet die Wortwurzel. ausschließlich für fromme Stunden und Himmelsak- robaten Geeignetes. Spiritualität zeigt sich im All- In der biblischen Schöpfungserzählung heißt es, tag. Dies ist ein erster Hinweis auf das, was „Pfadfin- dass Gott den Menschen durch seinen Geist mit derische Spiritualität“ ist. Leben erfüllt hat. Durch diesen ursprünglich schöp- ferischen Zusammenhang ist der Geist Gottes Lebensprinzip der Welt: Jede Situation im Leben, jeder Aspekt des Lebens, jeder Mensch ist damit Definitionen grundsätzlich spirituell, d.h. geistlich. Oder anders Es kann leicht geschehen, dass einem im Kontakt formuliert: Es kann keinen von Gott geschaffenen mit Leiterinnen und Leitern die Aussage begegnet, Menschen geben, der nicht irgendeine Form von dass jemand spirituell sei, aber nicht religiös. Auch Spiritualität lebt. Allerdings bestehen Unterschiede wenn es – wie oben beschrieben – oft schwierig ist, darin, wie sehr sich ein Mensch dessen bewusst ist genau zu fassen, was damit gemeint ist, hat die bzw. wie er oder sie Spiritualität lebt. DPSG versucht, genau das näher in Worte zu fassen und hat in ihrem Papier „Leben aus dem Glauben – Der Geist ist es, der hin und wieder sogenannte Jugendpastorale Ansätze der DPSG“ Unterschei- letzte Fragen im Menschen wachruft: Woher dung von „Spiritualität“ und„Religiosität“ getroffen. komme ich? Wer bin ich wirklich? Wohin gehe ich? Dies sind unsere Definitionen: Was gibt meinem Leben Sinn? Dies passiert häufig in besonderen Situationen, in Momenten tiefsten Spiritualität Unglücks oder größter Freude, bei besonders inten- Spiritualität beschreibt eine grundlegende Dimen- siven Konzerten oder in sion des Menschseins. Der Mensch fragt nach dem Sinn seines Daseins und ist auf der Suche nach dem, Ekstase. Dann kann es plötzlich sein, dass wir in was über das Alltägliche und Begreifliche hinaus- unserem Leben eine größere Wirklichkeit erahnen, geht. Spiritualität beschreibt die geistliche Haltung, die wir als Christen Gott nennen. aus der heraus ein Mensch sein Leben gestaltet. Sie ist damit eingebunden in den lebenslangen Prozess Jeder Mensch hat seine eigene Lebensgeschichte, des Wachsens und der Suche nach der eigenen seine eigenen Erfahrungen mit Gott und der Welt. Identität. Er steht vor der Herausforderung, sein Leben zu gestalten und Antworten auf die Grundfragen der Spiritualität ist der Ausdruck des menschlichen Ver- Menschheit bzw. auf die großen Fragen seines langens nach dem Entdecken wollen der eigenen Lebens zu finden. Persönliche Erfahrungen und Ein- Lebendigkeit und Ganzheitlichkeit, nach Antwort stellungen prägen das Denken, Fühlen und Handeln auf der Suche nach dem eigenen Selbst. jedes Einzelnen und prägen jeweils die Antwort auf Spiritualität wird spürbar in der Erfahrung echter 34
Modul 1 menschlicher Gemeinschaft und Nähe, in wohltuen- nen im konkreten Handeln erlebt werden. Die Quel- der Einsamkeit, in meditativer Versenkung und vie- len, aus denen sich diese Spiritualität speist, sind lem mehr. Mitten im Leben also können wir Göttli- zum einen das Leben und Wirken Jesu Christi und chem begegnen, im Streben nach Leben, nach zum anderen die Zeugnisse von Lord Baden-Powell. Tiefe, nach Sinn. So hat Baden-Powell formuliert: „Wir streben (als Spiritualität ist eine machtvolle, schöpferische Ener- Pfadfinder) nach Ausübung des Christentums im all- gie, eine Dynamik, die uns aufrüttelt, bewegt und täglichen Leben und Handeln und nicht nur nach unsere Sehnsucht nach Ganzheit aufrecht erhält. dem Bekenntnis seiner Theologie an Sonntagen“ Die DPSG erwartet von ihren Mitgliedern, dass sie (Spuren des Gründers, 117). Wie aber die „Ausübung sich mit den Grundlagen des Verbandes identifizie- des Christentums“ konkret gestaltet werden kann, ren (vgl. Ordnung der DPSG). Um dies zu ermögli- ist nicht immer einfach. So sehen wir im Handeln chen, erwartet sie von ihren Leiterinnen und Leitern Jesu einen Kompass, an dem wir unser Leben aus- eine Auseinandersetzung zumindest auf dieser richten können. Sein Leben und seine Botschaft Ebene der Spiritualität. vom Reich Gottes sind der Grund, weshalb wir trotz aller gegenteiligen Erfahrungen die wir machen Religiosität müssen, ein Leben aus dem Glauben ersehnen und Der christliche Glaube gibt Antworten auf die dabei zu leben versuchen. aufkommenden Fragen. Die Botschaft des Evangeli- ums ist für die DPSG Quelle und Anregung für ihr In Taufe (und Firmung) ist uns Christen der Geist Handeln (vgl. Ordnung der DPSG). Dabei ist sie ein- Jesu in besonderer Weise geschenkt. Er will uns gebunden in die konfessionelle Ausprägung des ermutigen, unser Leben in Glaube, Liebe und Hoff- christlichen Glaubens in der katholischen Kirche. nung zu gestalten und unsere Spiritualität von ihm bereichern zu lassen. Dies gelingt besonders, wenn Religiosität meint diese Rückbindung an einen auch wir aus dem Glauben eine neue Haltung zum Leben institutionell verankerten Glauben, den Bezug auf gewinnen. In der DPSG haben wir in unserer Ord- eine Religion. Sie umfaßt das, was aus diesem Glau- nung die Grundhaltungen einer christlichen Leben- ben entspringt: von den Antworten des Glaubens sorientierung beschrieben: über Fest- und Feiertage, Bräuche und Liturgien bis hin zu persönlichen Frömmigkeitsformen und Aus- Christliche Lebensorientierung prägungen in bestimmten Gruppen. Wahrheit und Glaube Menschen suchen nach Wahrheit. Bei dieser Suche Religiosität ist keine Erstarrung im Glauben, son- können wir Gott entdecken. Im Glauben fragen wir dern meint ein energievolles „Leben aus dem Glau- danach, was er mit uns vorhat. ben“, eine tiefe Antwort auf die Sehnsucht des Men- schen, eine Freude in der Erfahrung des Göttlichen Sehnsucht und Hoffnung auch im Alltag und in der Gemeinschaft. In uns allen steckt die Sehnsucht nach einem erfüll- ten Leben. Aus Tod und Auferstehung Jesu Christi Für die DPSG ist diese Rückbindung an den christli- schöpfen wir die Hoffnung, dass auch unser Leben chen Glauben in der katholischen Kirche wesentlich. einen Sinn auch über den Tod hinaus hat. Deshalb In ihr verwirklicht sich Kirche in einer einzigartigen, wollen wir unseren Lebensweg aus dem Glauben gestaltenden Art und Weise (vgl. Ordnung der heraus gestalten. DPSG). Freiheit und Gerechtigkeit Gott hat uns Menschen mit einer einzigartigen Würde als freie Wesen geschaffen. Dieser Freiheit Pfadfinderische fühlen wir uns verpflichtet und setzen uns ein für eine gerechte Welt, in der alle Menschen gleiche Spiritualität Chancen haben. Leben aus dem Glauben Liebe und Solidarität Bei allen verschiedenen Ausprägungen von persön- Wir wissen uns von Gott geliebt und können diese licher Spiritualität gibt es doch Merkmale einer Liebe weitergeben. Aus einer Haltung, uns für das gemeinsamen „Pfadfinderischen Spiritualität“. eigene Wohl und das Wohl der anderen einzusetzen Diese sind in der Ordnung unseres Verbandes und entspringt eine Solidarität besonders mit den in den Kirchenbildern niedergeschrieben und kön- Benachteiligten in unserer Welt. 35
Modul 1 Handeln aus dem Glauben dass diese Offenheit in unseren Gruppen auch zum Das „Leben aus dem Glauben“, wie es oben skizziert Tragen kommt. wurde, führt zum „Handeln aus dem Glauben“ – und umgekehrt. Als Christen glauben wir, dass alles was Politische Mitverantwortung geschieht uns mit Gott und seinem Handeln an den Junge Menschen sind keine Objekte fremder Menschen und der Welt in Beziehung setzt. Glaube Mächte, sondern von Gott beauftragt und befähigt, und Spiritualität sind eben nicht etwas für pseudof- Mitverantwortung für die Welt zu übernehmen. romme Stunden, sondern werden greifbar und kon- Diesem Welt- und Menschenbild entsprechend kret im Alltag. Als Pfadfinderinnen und Pfadfinder sehen wir für uns im politischen Handeln eine ange- sind uns folgende Handlungsfelder besonders messene Chance, um für gerechte Strukturen und wichtig: menschengerechte Entscheidungen einzutreten. Geschwisterlich leben Allzeit bereit Wir treten ein für ein gerechtes Zusammenleben „Bei allem, wofür wir stehen und was wir tun, ver- aller Menschen weltweit. Dazu gehört, dass alle trauen wir darauf, dass Gott uns nahe ist, uns unter- gleichwertig und gleichberechtigt sind. stützt und trägt.“ (Ordnung der DPSG) Als Frauen und Männer leben wir bewußt unser Frau- bzw. Mannsein und ein partnerschaftliches Exkurs: Das Kuratenamt Miteinander. Es gibt in unserem Verband das Amt des Kuraten bzw. der Kuratin. Diese Menschen sollen gemein- Friedensbedingungen schaffen sam mit euch nach Ausdrucksformen des Glaubens Im persönlichen Umfeld, in der Gruppe aber auch in suchen, den Glauben feiern, auf lebensfeindliche Kirche und Gesellschaft setzen wir uns ein für den Entwicklungen aufmerksam machen und dabei hel- Frieden. Dazu gehören das Wissen umeinander, das fen, das Leben aus dem Wort Gottes zu deuten. In gegenseitige Verstehen, Toleranz und diesem Sinne sind sie Wegbegleitung und nicht Gerechtigkeit. Alleinverantwortliche für Spiritualität. Sie nehmen aktiv am Leben eines Stammes teil, sind eingebun- Nachhaltig leben den in die konkrete Arbeit und kommen nach Mög- Wir wollen heute so leben, dass auch die nachfol- lichkeit nicht nur zu spirituellen Highlights (etwa ins genden Generationen noch leben können. Deshalb Sommerlager) eingeflogen. Kuratinnen und Kuraten leben wir selber einfach und umweltbewußt und sollen in der Lage sein, ihren eigenen Glauben zu fordern den Einsatz für eine nachhaltig gesicherte kommunizieren und Räume zu öffnen, in denen Zukunft. eine Auseinandersetzung möglich ist. Andererseits sollen sie Leiterinnen und Leiter befähigen, dies Freiheit wagen selbst zu tun. Freiheit bedarf es auf verschiedenen Ebenen. Im ganz Persönlichen braucht es den Spielraum, Dinge Nicht zuletzt aufgrund der zurückgehenden Pries- auszuprobieren und auch Fehler machen zu dürfen. terzahlen ist es für viele Stämme inzwischen Im Miteinander der Christen setzen wir uns ein für schwierig, geeignete Kandidaten zu finden. Aber eine Ökumene, in der verschiedene Wege, den ein Kurat muss nicht unbedingt ein Priester sein: Glauben zu leben, ihren Platz haben. Wachsam und Auch Diakone, Ordensleute, Pastoralreferenten/ kritisch suchen wir die Auseinandersetzung dort, innen und Gemeindereferenten/innen sowie wo Unfreiheit droht und setzen uns ein für die Frei- Frauen und Männer mit einer entsprechenden heit aller Menschen. Begabung und kirchlichen Sendung können das Kuratenamt übernehmen. Dazu gibt es in der DPSG Kirche gestalten auch die eigene Ausbildung für Kuratinnen und Kirche ist die große Gemeinschaft aller, die zu Jesus Kuraten. gehören und sich an ihm orientieren. Daher hat sich Falls sich dennoch kein geeigneter Stammeskurat die DPSG immer innerhalb der katholischen Kirche findet, gibt es unter den Bezirks- und Diözesankura- verortet. Auch, wenn oder gerade weil Kindern und ten oder den örtlichen BDKJ-Seelsorgern Ansprech- Jugendlichen ein Zugang zur Kirche oft schwer fällt, partner für den Stamm. möchten wir an der Erneuerung der Kirche mitwir- ken. Dabei versuchen wir Orte zu schaffen, an denen wir offen über Glauben und Zweifel sprechen können und kirchliche Strukturen hinterfragen. Wir wollen offen sein für Christen anderer Konfessi- onen und Gläubige anderer Religionen und wir wollen, 36
Modul 1 räume zu schaffen, Akzente zu setzen, auf Altes zu Kirchenbilder der DPSG vertrauen und Neues zu wagen. Kirche-sein meint die Versammlung der Gläubigen Dabei stoßen wir auch an Grenzen: an unsere eige- vor Ort und weltweit, im Gottesdienst, in der Ver- nen und die, die andere gesetzt haben. Wir lassen kündigung und im solidarischen Handeln. Auch uns nicht entmutigen, denn wir glauben an den DPSG ist Kirche – und hat entsprechend drei Kir- Auftrag, den wir haben, und die Chancen, die unser chenbilder beschrieben, die erklären, wann DPSG Pfadfindersein uns gibt. So setzen wir uns nicht nur „Kirche ist“: selbst ein, sondern leben zugleich modellhaft vor, wie wir uns geschwisterliches, vom Glauben getra- Gemeinschaft am Lagerfeuer genes Wirken vorstellen. Auch mit allen Konflikten Ein Feuer lockt Menschen an und lässt Gemein- und unterschiedlichen Sichtweisen. schaft rund um das Feuer entstehen. Hier kommen wir ins Gespräch und in Beziehung, feiern und trau- „Bei allem, wofür wir stehen und was wir tun, ver- ern gemeinsam, kommen ans Nachdenken und trauen wir darauf, dass Gott uns nahe ist, uns unter- Fragen... stützt und trägt.“ (Ordnung der DPSG) So faszinierend wie ein Feuer, so faszinierend kann auch Gott sein. Er, der „Schöpfer dieser Welt, der in Jesus Christus Mensch geworden ist und uns mit seinem Heiligen Geist Kraft spendet“ (Ordnung der Spirituelle Situationen DPSG) ist die Mitte unserer Gemeinschaft. Wie am Feuer muss sich jeder und jede selbst einen Platz Spiritualität findet im Alltäglichen und im gemein- zur Mitte hin suchen: nahe dran oder weiter weg, samen Leben miteinander statt. Entsprechend ist abgewandt oder suchend... jede Situation im Pfadfinderalltag eine „spirituelle Das gilt auch für die Gemeinschaft der Kirche. Ein Situation“. Ihren Sinn zu entdecken und aus dem Feuer steckt an – aber es muss auch gehütet und Glauben zu deuten, ist jedoch nicht immer leicht. Es gepflegt werden. Das gilt auch für die Beziehung zu braucht dafür die innere Haltung eines Sinndeuters Gott. Bestimmte Rituale wie am Lagerfeuer helfen und die Fähigkeit, Orte zu schaffen, an denen auch in der Beziehung zu Gott. Glaube und Leben gefeiert werden können. Dazu im Folgenden einige Anregungen. Trupp auf dem Hajk Als Kirche sind wir unterwegs: hin zu einem gemein- In der Gruppe samen Ziel, hin zu Gott und seinem Reich. Wenn wir Stil und Kultur uns darauf einlassen, können wir auf diesem Weg Unsere Ordnung dient als Anregung für eine Spiritu- Gott und seine Liebe erfahren. Auf diesem Weg alität der Leiterinnen und Leiter, die sich zuerst in suchen wir nach Orientierung, die uns in Jesus einer inneren Haltung zur Gruppe ausdrückt. Hierzu Christus gegeben ist. Er ist wie die Kompassnadel, nur einige Denkanstöße: die sich ausrichtet an der Botschaft Gottes. Doch auch im Kompass und der Karte in der Hand muss es Was weiß ich über die persönlichen Hinter- immer wieder Entscheidungen über den Weg gründe, Sorgen der Kinder/Jugendlichen? Versu- geben. Für unser Verständnis von Kirche heißt dies, che ich das Wohl des Einzelnen genauso wie das dass alle mitbestimmen und Verantwortung über- Wohl der Gruppe im Blick zu haben? nehmen: Kinder und Erwachsene, Frauen und Män- Verstehe ich mich eher als Teil der Gruppe oder ner. Priester, Diakone und Laien. Es heißt aber auch, als ihr Gegenüber? dass sich alle mit ihren je eignen Fähigkeiten ein- Kann ich die Gruppe in ihrem Verhalten bringen und sich gegenseitig unterstützen, damit hinterfragen? der gemeinsame Hajk gelingt. Versuche ich bei einer Entscheidungsfindung darauf zu achten, dass alle Betroffenen daran Bauleute einer lebenswerten Stadt beteiligt werden? Als Pfadfinderinnen und Pfadfinder zeichnet uns Durch die innere Haltung der Leiterinnen und aus, dass wir unsere Hände nicht untätig in den Leiter wird der Stil und die Kultur geprägt, die Schoß legen. Unser Glaube zeigt sich in der Tat. Des- eine Gruppe kennzeichnen: halb gleicht die Kirche, die wir als DPSG sein wollen, Kennen sich alle Gruppenmitglieder mit Namen? Bauleuten, die an einer lebenswerten Stadt bauen. Kommen die Kinder und Jugendlichen regelmä- Auch hier sind die vielfältigen Begabungen gefragt. ßig zur Gruppenstunde? Erst im Zusammenspiel vieler kann es gelingen, die Welt aus dem Glauben heraus zu gestalten, Lebens- 37
Modul 1 ansprechender und lebendiger, je mehr eure Erfah- Versuche ich eine Atmosphäre zu schaffen, in der rungen darin vorkommen – und dafür seid in erster sich die Gruppenmitglieder wohlfühlen und sich Linie ihr Fachleute, nicht allein die Kuratinnen und mitteilen können? Kuraten! Pflegen wir als Team einen regelmäßigen Aus- tausch über die Entwicklungen in der Gruppe Gottesdienst heißt, dass Gott den Menschen einen und bei den einzelnen? Dienst erweist, und nicht umgekehrt, weil er unse- Wie gehen wir mit besonderen Anlässen in der ren Dienst gar nicht braucht! Wo ein Gottesdienst so Gruppe um: Geburtstage, Namenstage, Erstkom- vorbereitet wird, dass er Pfadfinderinnen und Pfad- munionfeier, Firmung, Führerscheinerwerb, ...? finder in irgendeiner Form zu Quelle und Höhe- Versuchen wir Hoch- und Tiefpunkte des Lebens, punkt wird, wo eine tiefere Dimension des Lebens Geburt eines Geschwisterkindes, Todesfälle, zum Klingen kommt und das Leben ansprechend Unfälle, misslungene Prüfungen, usw. im gefeiert wird, da wird die leidige Frage sehr schnell Gespräch aufzugreifen? Solche Anlässe können nebensächlich, ob es einen Zwang oder eine Pflicht dann auch der Grund sein, in der Gruppe einmal zum Gottesdienst gibt. ganz konkret über die Sinnfrage und den Glau- ben zu sprechen. Gebet Besonders authentisch ist es, wenn Gebete frei Um Stil und Kultur in der Gruppe zu prägen, können gesprochen werden und aus einer konkreten Situa- Rituale hilfreich sein: tion heraus entstehen. Auf diese Weise kann man sie persönlich gestalten und es wird deutlich, dass Ein Begrüßungskreis zum Beginn der Gruppen- unser Gebet keine Pflicht ist. Folgender Ablauf kann stunde bietet Raum, um von einem Erlebnis der hilfreich sein: letzten Tage, der letzten Woche zu erzählen. Ein Lied kann den Anfang der Gruppenstunde 1. Einladung zum Gebet (z.B. Kreuzzeichen, „Ich markieren. möchte unsere Runde jetzt mit einem Gebet beenden.“...). Auch am Ende ist ein Abschlusskreis hilfreich. Hier 2. Gott anreden (z.B. „Lebendiger Gott“, „Gott, unse- kann ein passender Text, ein Lied, ein kurzer Augen- rer Pfade“, ...). blick des Schweigens, ein Gebet oder ein besonde- 3. Gott unsere Situation anvertrauen (z.B. „Wir been- res Gruppenritual seinen Ort haben. den heute unseren Hike. Ohne größere Zwischen- fälle haben wir unser Ziel erreicht.“, ...). Gottesdienst 4. Gott eine Bitte anvertrauen oder Dank sagen (z.B. Gottesdienste (Wortgottesdienste und Eucharistie- „So danken wir dir jetzt, dass du uns diese feiern) sollen keine isolierten spirituellen Ereignisse gemeinsame Wegerfahrung geschenkt hast.“, ...) sein, nach dem Motto: Wir feiern am Sonntag Messe 5. Im gemeinsamen „Amen“ wird deutlich, dass das und dann haben wir unsere Pflicht und Schuldigkeit Gebet ein Gebet der Gruppe ist. Die Elemente 1-4 getan! können entsprechend der Situation auch mehr als eine Satzlänge umfassen. Vielmehr ist ein Gottesdienst als eine „Quelle“ zu verstehen, die es ermöglicht Kraft zu schöpfen für Bei jeder Fahrt sollte eine Sammlung von Texten, das Leben im Alltag, in der Gruppe oder im Lager. Gebeten, Meditationen, Liedern, Sinndeuter-Ge- Hier hören wir von der befreienden Botschaft Jesu, schichten usw. dabei sein, die zu verschiedenen werden durch sie herausgefordert und erhalten Anlässen verwendet werden kann. Hilfreich ist dazu eine Richtschnur für pfadfinderisches Leben und auch das kleine Büchlein „Wegzeichen. Ein Gebet- Handeln. buch für den Weg“ aus dem Georgsverlag. Vielleicht gibt es auch jemanden, der einen stammesinternen Auf der anderen Seite ist ein Gottesdienst „Höhe- „Spiri-Ordner“ oder eine „Spiri-Kiste“ anlegt, in der punkt“ des (Pfadfinder-)Lebens, weil die gemeinsa- gute Materialien und erprobte Ideen gespeichert men Erfahrungen, der Dank und die Freude hier in werden! Anregungen dazu gibt es im Literaturteil. eine höhere Wirklichkeit eingebunden und so mit Sinn erfüllt werden. (Projekt)Reflexion Eine Reflexion – am Ende eines Projektes oder einer Damit jedoch ein Gottesdienst tatsächlich „Quelle“ Aktion – kann gut durch einen spirituellen Impuls und „Höhepunkt“ werden kann, ist es nicht sinnvoll, beendet werden – allerdings nicht in der Weise, die Vorbereitung vermeintlichen Fachleuten zu dass Leiter/innen den anderen ihre Meinung überlassen. Denn ein Gottesdienst wird um so aufzwingen. 38
Modul 1 Ein solcher Impuls kann eine Sinndeuter-Geschichte als erste Spieleveranstaltung des Tages verstanden sein. Auch ein Lied oder ein Gebet sind denkbar. werden. Daher haben ein Morgen- oder Segensge- bet, eine Meditation, eine Je nach Alterstufe und Größe des Projektes gibt es Sinndeuter-Geschichte oder auch ein Tischgebet unterschiedliche Methoden um Reflexionen anspre- vor dem Frühstück ihren Ort. Die Morgenrunde darf chend zu gestalten. nicht überladen werden. Man missbraucht eine Morgenrunde, wenn hier bereits die erste Moral- Projekt-Fest keule auf die Teilnehmerinnen und Teilnehmer war- Das Fest bildet den Abschluss eines Projektes. Hier tet. Vielmehr soll erfahrbar werden, dass wir jeden kann man gut den Dank für das Gelingen gemein- Tag aufs Neue von Gott geschenkt bekommen. sam ausleben. Der Zusammenhalt, die neuen Erkenntnisse, auch das Scheitern werden hier verar- Abendrunde beitet. Hier dürfen wir darauf vertrauen, dass es Alle Erfahrungen des zurückliegenden Tages kön- einen Größeren gibt, der unser Tun zum Guten nen in der Abendrunde im Glauben gedeutet wer- führt. Übrigens: Jeder Gottesdienst ist von seinem den. Dabei ist es sinnvoll immer wieder auch die Charakter her ein Fest: Wir „feiern” Gottesdienst. Gruppensituation zu betrachten und ein Blitzlicht oder eine Reflexion anzubieten. Im Stammeslager Versprechensfeier bietet es sich an, die Abendrunde ab und zu in den Die Versprechensfeier ist eine Möglichkeit, bei der Stufen zu gestalten. Hilfsmittel zur Deutung des sich die Gruppenmitglieder mit ihren Charismen Tages kann ein Bibeltext oder eine Sinndeuter-Ge- und Fähigkeiten auseinandersetzen können. Ihr Ver- schichte sein. Am Schluss kann ein Gebet für die sprechen kann sich orientieren an dem, was uns in Nacht, eventuell als Resultat der Reflexion stehen. den vier Grundlinien bzw. im Handeln aus dem Es kann aber auch ein ruhiges, neues, geistliches Glauben an Anregungen mitgegeben ist. Je nach Lied sein. Hilfreich ist es, für die Abendrunde einen Stufe gibt es dann ganz unterschiedliche Ausfor- besonderen Platz auszuwählen (z.B. Strand, nahe- mungen/Rituale für die Versprechensfeier. Der eige- gelegene Bergkuppe, Zelt, Lagerfeuer, ...). nen Phantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt. Anregungen finden sich im entsprechenden Tischgebet Materialbuch. „Vor der Mahlzeit gemeinsam beten?“ Mach ich doch sonst auch nicht!“ – Dann probier es doch mal Lager – Wochenendfahrt - Zeltsommerlager wieder! Hinter die Dinge schauen – und dabei Gott entde- cken, das ist in besonderer Weise auf Fahrt möglich: Durch das Tischgebet wird uns bewusst, dass wir Das gemeinsame Unterwegssein, Entdeckungen in Menschen uns nicht selbst erschaffen, sondern dass der Natur oder die Erfahrung von menschlicher wir davon leben, dass andere für uns sorgen – letzt- Nähe in Freundschaft und Streit, sind nur einige lich Gott. So wirkt sich das Gebet positiv auf das wenige Beispiele dafür, wo wir Gott entdecken Leben aus. Als können. Hilfsmittel gibt es sogenannte Gebetswürfel - Reisesegen gerade Wölflinge und Jungpfadfinder haben daran Ein Reisesegen kann am Beginn jeder Lagererfah- große Freude. Es gibt aber auch Bücher mit Text- rung stehen. Ein Wort, das die Freude und Unsicher- sammlungen, die geeignete Gebete bieten. Darü- heit des Aufbruchs benennt. Ein Gebet, ein Segens- ber hinaus gibt es auch gesungene Gebete. spruch, vielleicht ein Lied helfen, den Beginn der gemeinsamen Fahrt bewusst zu erleben und unter Beim Tischgebet können die Gruppenmitglieder den Segen Gottes zu stellen. gut eingebunden werden, wobei nicht der Eindruck entstehen sollte, dass nur die Kleinen für das Gebet Morgenrunde vorgeschickt werden, weil die Großen sich nicht Morgenrunden sollten eine Möglichkeit bieten, gut trauen. in den neuen Tag einzusteigen und können sehr Gerade bei den Mahlzeiten zeigt sich Spiritualität unterschiedlich gestaltet sein. auch im praktischen Tun: Fangen alle gemeinsam an? Warten wir, bis alle aufgegessen haben oder Ein besonderes Ereignis des beginnenden Tages geht es zu wie im Hühnerstall? Denkt jeder zunächst (z.B. Lagerolympiade, Ausflug) kann hier aufgegrif- an sich oder ist es möglich, auch einmal den ande- fen werden. Ein Aktionsteil ist sinnvoll, damit die ren zu bedienen? Gibt es andauernd Reste, die dann Teilnehmer wach werden können. Dazu gibt es weggeschmissen werden oder achten wir darauf, inzwischen eine ganze Reihe praxiserprobter Spiele. nur so viel zu nehmen, wie jeder essen kann? Jedoch sollte die Morgenrunde nicht ausschließlich 39
Modul 1 haus, Obdachlosenheim, ..) weitergeschenkt wer- Im Stammesleben den. Weitere Anregungen sind in einer Arbeitshilfe Stufenwechsel zur Aktion zu finden. Der Stufenwechsel ist ein Übergang, der gerade für Jüngere oft nicht leicht ist. Ältere Freunde gehen, Stammesversammlung neue, unbekannte stoßen zur Gruppe dazu. Im Blick Im Zuge der Diskussion um die Kindermitbestim- auf die Geschichte von Jesus wird deutlich, dass mung ist klar geworden, dass die Stammesver- Gott auch in schwierigen Situationen seine blei- sammlung mehr ist als eine Jahreshauptversamm- bende Nähe zugesagt hat. So bietet jeder Abschied lung mit einer festen Tagesordnung. Vielmehr ist sie auch immer eine Wachstumschance. In einem Wort- bedeutsam für das ganze Stammesleben. Darum ist gottesdienst rund um den Stufenwechsel kann dies es in vielen Stämmen eine gute Tradition, die Ver- gefeiert werden. sammlung mit einem Gottesdienst zu verbinden und auf diese Weise zu erleben, dass all unser Tun Georgstag – Heilige letztlich seinen Wert aus Gottes Hand schöpft. Am 23. April ist der Gedenktag des Heiligen Georg. Er ist der Schutzpatron der DPSG. In seinem Leben Als Pfadfinder in der Pfarrgemeinde entdecken wir, dass der Glaube an Gott hilft, Ängste Die Pfarrgemeinde ist in vielen Fällen der Ort, wo zu überwinden und das Böse zu besiegen. Diesen Kirche für Kinder und Jugendliche konkret erfahrbar Tag könnt ihr mit einem Gottesdienst im Stamm wird. Allerdings gibt es hier manche Traditionen, bei oder vielleicht sogar mit mehreren Stämmen denen zumindest fraglich ist, ob sie in Zukunft wei- zusammen feiern. ter bestehen werden. Oft sind es Jugendliche, die solche Strukturen mit Recht hinterfagen: Müssen Es gibt noch andere Heilige, in deren Leben man wir alles so machen, wie es immer war? Müssen wir einiges entdecken kann. Ihr Leben kann eine Orien- Dinge tun, nur weil andere dies von uns erwarten? tierung für die eigene Lebensgestaltung sein, da sie Wie können wir auf neue Weise unserem Glauben oftmals Menschen waren, die sich zu ihrer Zeit den Ausdruck verleihen? Bei welchen Gelegenheiten Herausforderungen des Lebens gestellt haben und möchten wir uns mit unserem Stamm in der Pfarr- sie aus dem Geiste des Evangeliums zu beantwor- gemeinde einbringen? Welche Orte und Zeiten gibt ten versuchten. Spannende Persönlichkeiten sind es, wo wir uns als Pfadfinderinnen und Pfadfinder z.B.: Franziskus (Patron der Wölflinge), Klara, Philipp positionieren wollen? Diese Fragen in einem ehrli- Neri, Martin, Edith Stein, Hildegard von Bingen, chen Dialog innerhalb der Leiterrunde und mit den Johannes Bosco, Maximilian Kolbe, Mutter Teresa, Verantwortlichen zu klären, kann ein wichtiger Bei- … trag zur Mitgestaltung von Kirche sein. Mögliche Anlässe dafür sind: Familienmessen, Patronatsfeste, Das Leben von Heiligen regt dazu an, nach Men- Pfarrfestgottesdienstes, Pfarrfeste, Pfarrwallfahrten, schen zu suchen, die in der heutigen Zeit als „heilig“ Fronleichnamsfeste, Weihnachtsspiele, Früh- oder zu bezeichnen sind. Weil sie gegen den Strom Spätschichten, Jugendkarwochen, Osternächte, schwimmen, Mutmacher des Lebens sind oder Exerzitien im Alltag,... etwas von Gottes Liebe und Gerechtigkeit erfahrbar machen. Als Pfadfinder in der Weltkirche Es gibt kirchliche Großereignisse, die vor allem Das Friedenslicht aus Betlehem Pfadfinder-, Roverstufe und Leiterrunden nutzen Mitte der 80er Jahre wurde in Österreich mit der können, um etwas für die eigene Spiritualität zu tun, Aktion Friedenslicht begonnen. Das Friedenslicht z.B: Dekanatsjugendgottesdienste, BDKJ-Sozialakti- wird alljährlich in der Advents- und Weihnachtszeit onen (wie sie schon in vielen Diözesen stattgefun- ausgehend von der Geburtsgrotte Jesu in Betlehem den haben), Diözesannachtwallfahrten, Katholiken- in zahlreiche Länder weitergegeben. „Das Volk, das tage, Ökumenische Kirchentage, Internationale im Dunkeln lebt, sieht ein helles Licht.“ (Jesaja 9,1), Jugendtreffen von Taize, Weltjugendtage, ... Häufig heisst es beim Propheten Jesaja. Das Licht erinnert kann man sich zu solchen Angelegenheiten anmel- an die Frieden stiftende Kraft der Geburt Jesu und den, ohne selbst viel vorbereiten zu müssen. fordert heraus, selbst zu einem Friedensstifter zu werden. Meist finden zentrale diözesane Aussen- Zum Schluss... dungsfeiern statt. In der Gemeinde kann es einen Es gibt viele Situationen und Möglichkeiten Spiritu- thematischen Wortgottesdienst geben. Oder aber, alität in der DPSG zu leben. Für eine gelungene, das Licht wird der Gemeinde im Sonntagsgottes- praktizierte Spiritualität ist zunächst das Wissen um dienst übergeben und steht dann zu Weihnachten den eigenen Zugang notwendig. Aber auch die an der Krippe. Während der Gruppenstunde kann es Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit den an soziale Einrichtungen (Kindergarten, Kranken- Menschen, 40
Modul 1 die uns umgeben und die vielleicht einen ganz anderen Zugang zur Spiritualität haben. Die oben genannten Situationen sollen anregen zu entdecken, wo überall Spiritualität drin steckt, obwohl es nicht auf den ersten Blick drauf steht. Zum Abschluss eine kleine Sammlung von Büchern, Liedern und Homepages für die persönliche Suche und konkrete Gestaltung. 41
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