Bayerisches E-Government-Gesetz - (BayEGovG) - Leitfaden für Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Behörden Sonderdruck
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Bayerisches Staatsministerium der Finanzen und für Heimat Bayerisches Staatsministerium für Digitales Bayerisches E-Government-Gesetz (BayEGovG) Leitfaden für Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Behörden Sonderdruck
VORWORT Die digitale Verwaltung befindet sich im Umbruch. Bis Ende 2022 sollen nach dem Onlinezugangsgesetz bundesweit alle Verwaltungsleistungen elektronisch abge- wickelt werden können. In Bayern sollen die wichtigsten Verwaltungsleistungen bereits bis Ende 2020 online beantragt werden können. Um diese Umsetzung zu begleiten und Bayerns Stellung als Leitregion einer innovativen, nutzerorientier- ten, sicheren und stets bedarfsgerechten digitalen Verwaltung in Deutschland auszubauen, fördert der Freistaat staatliche und kommunale Behörden durch eine Vielzahl an Initiativen. Alle Verwaltungsleistungen werden online auf dem BayernPortal gebündelt. Durch den Einsatz innovativer und modernster Technolo- gien wird die Zugänglichkeit und das Nutzererlebnis des Angebotes kontinuierlich erhöht. Die bayerischen Gemeinden, Landkreise und Bezirke werden bei der Bereitstellung neuer Online-Dienste gezielt unterstützt und die digitale Souve- ränität des Freistaats, insbesondere in der IT-Sicherheit, entscheidend gestärkt. Während andere zögern, macht Bayern Nägel mit Köpfen. Zugleich steht und fällt der Erfolg der digitalen Transformation der Verwaltung mit den Mitarbeitern. Mit dem „Grundkurs Digitallotsen“ wurde durch die Baye- rische Verwaltungsschule in enger Zusammenarbeit mit den kommunalen Spit- zenverbänden, dem Bayerischen Staatsministerium der Finanzen und für Heimat und dem Bayerischen Staatsministerium für Digitales daher ein in Deutschland einmaliges Konzept realisiert, dass diesem Anspruch gerecht wird. Die ange- henden Digitallotsen verkörpern infolge ihrer organisatorischen und rechtlichen Weiterbildung die Rolle als zentrale Ansprechpartner der Kommunen, Landkreise und Bezirke vor Ort. Sie sind Impulsgeber und Multiplikatoren, Treiber und Ge- stalter, Träger und Vermittler von Wissen und Kompetenzen zugleich. Vor allem Judith Gerlach, MdL Albert Füracker, MdL aber sind sie eine tragende Säule der Verwaltungsmodernisierung.Eine weitere Bayerische Staatsministerin Bayerischer Staatsminister der Finanzen Säule und wichtigster Rechtsrahmen der digitalen Verwaltung in Bayern ist das für Digitales und für Heimat Bayerische E-Government-Gesetz (BayEGovG). Das BayEGovG stellt durch die Gewährleistung digitaler Zugangs- und Verfahrensrechte sicher, dass der Prozess der Digitalisierung bestmöglich organisiert und gesteuert wird. Das Recht auf elektronischen Zugang zu Verwaltungsleistungen und eine sichere, elektronische Kommunikation mit den Behörden sind nur wenige Beispiele neuer digitaler Zu- gangs- und Verfahrensrechte, die den Bürgerinnen, Bürgern und Unternehmen hierdurch zukommen. Ziel ist der Abbau rechtlicher Hürden, die Schaffung neuer Anreize zur Digitalisierung und ein flächendeckender, konsequenter Ausbau des E-Government in Bayern – bürgernah, serviceorientiert und nutzerfreundlich. 2
I. INHALT VORWORT IV. PRAKTISCHE UMSETZUNG DES GESETZES Die Dienste des BayernPortals auf einen Blick I. DIE DIGITALE VERWALTUNG IN BAYERN A| Das BayernPortal: Schrittweise alle Verwaltungsdienstleistungen online 30 B| Ihr Bürgerkonto mit persönlicher BayernID 32 A | Die digitale Verwaltung in Bayern – Ausgangslage 6 C| Elektronische Kommunikation mit den Behörden über den Postkorb 34 B | Das Gesetz im Überblick 7 D| Sicheres elektronisches Bezahlen mit ePayBL 34 C | Der Anwendungsbereich des Gesetzes 8 E | Erfüllung von Verpflichtungen aus dem BayEGovG und Weiterentwicklung des Portals 34 II. IHRE RECHTE IN DER DIGITALEN VERWALTUNG F | Das BayernPortal als Infrastrukturangebot für kommunale IN BAYERN Entscheidungsträger 35 Allgemeine Informationen für Bürger, Unternehmen und Verwaltung V. DIGITALE VERWALTUNG – ABER SICHER! A| Digitale Rechte für Bürger und Unternehmen 12 Aufgaben und Befugnisse des neuen Landesamts B| Elektronischer Zugang und elektronische Identifizierung 14 für Sicherheit in der Informationstechnik (LSI) C| Digitale Dienste und Bekanntmachungen 15 A| Das neue Landesamt für Sicherheit in der Informationstechnik 37 D| Elektronische Zahlung und elektronische Rechnung 16 B| Aufgaben des LSI 38 E| Elektronische Verwaltungsverfahren 17 C| Befugnisse des LSI 41 F| Elektronischer Ersatz der Schriftform 19 D| Kontaktdaten des LSI 41 III. DIGITALE VERWALTUNG RECHTSKONFORM GESTALTEN VI. ANHANG Besondere Informationen für Behörden im Freistaat Bayern Gesetzestext BayEGovG sowie Auszüge BayVwVfG und BayBITV A| Digitale Verwaltung gestalten: Zum Einsatz von Diensten und Verfahren 21 A | Bayerisches E-Government-Gesetz 42 B| Die elektronische Akte 22 B | Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (Auszug) 51 C| IT-Sicherheit 24 C | Bayerische Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (Auszug) 53 D| Behördenzusammenarbeit 26 E| Pilotprojekte 28 F| Übergangsfristen 28 4 5
I. DIE DIGITALE VERWALTUNG IN BAYERN Mit dem Gesetz zur Förderung der elektronischen Ver- waltung (E-Government-Gesetz – EGovG) hat der Bun- Der Ausbau und dauerhaft erfolgreiche Einsatz der digita- len Verwaltung in Bayern erfordert einen Rechtsrahmen, desgesetzgeber einen wichtigen Schritt zur Beseitigung der mit Bundes-, Unions- und Völkerrecht kompatibel ist. rechtlicher Hindernisse für die elektronische Verwaltung Dieser wurde mit dem BayEGovG geschaffen, das zum in Deutschland vollzogen. Der Regelungsschwerpunkt 30.12.2015 in Kraft getreten ist. Zum 01.12.2017 wurden des EGovG Bund liegt allerdings auf Bundesebene. Für die Regelungen des BayEGovG mit der Einrichtung eines Behörden der Länder und Kommunen werden lediglich eng eigenen Landesamts für Sicherheit in der Informations- begrenzte Basispflichten normiert. Zudem ist das Gesetz technik in einem zentralen Punkt erweitert. Im Mai 2018 nur bei Vollzug von Bundesrecht anwendbar. Mangels sind außerdem parallel zum Inkrafttreten der europaweit Bundeskompetenz fehlen Regelungen zur IT-Sicherheit geltenden Datenschutzgrundverordnung notwendige An- in der Landes- und Kommunalverwaltung und zur Zusam- passungen im BayEGovG erfolgt. menarbeit von Ländern und Kommunen. B Das Gesetz im Überblick Das Bayerische E-Government-Gesetz zielt auf den flächendeckenden Ausbau des E-Government. Rechtliche Hürden für das E-Government sollen beseitigt und Anreize zum Ausbau des E-Government in Bayern geschaffen werden. Das Gesetz ist zum E-Government-Gesetz des Bundes kompatibel. Es setzt jedoch eigene, weitergehende Akzente. www.freistaat.bayern/montgelas Wesentliche Schwerpunkte des Gesetzes sind: A • Die bundesweit erstmalige Schaffung von digitalen Zugangs- und Verfah- Die digitale Verwaltung in Bayern – Ausgangslage rensrechten für Bürger und Unternehmen (Art. 2). Die fortschreitende Digitalisierung verändert alle Lebens- Durch den Ausbau des E-Government kann die Leistungs- • Diese Rechte umfassen Ansprüche auf sichere, schriftformersetzende bereiche. Für die Bürgerinnen und Bürger (im Folgenden: fähigkeit und Effizienz der Verwaltung erhöht und ein elektronische Verwaltungskommunikation (Art. 3 Abs. 1), auf elektronische Bürger), für Wirtschaft und Verwaltung eröffnen sich neue wesentlicher Beitrag zu Verwaltungsmodernisierung und Identifizierung (Art. 3 Abs. 3), auf Bereitstellung von E-Payment-Lösungen Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten. Es Bürokratieabbau geleistet werden. Für Bürger und Unter- (Art. 5 Abs. 1 Halbsatz 2), auf Entgegennahme elektronischer Rechnungen entstehen neue Märkte und Geschäftsfelder, neue For- nehmen kann der Zugang zu öffentlichen Diensten und (Art. 5 Abs. 2) sowie auf elektronische Durchführung von Verwaltungsver- schungsgebiete, Bildungsangebote und Verwaltungsdiens- Informationen erleichtert werden. Die Verwaltung kann fahren (Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1). te. Die Bayerische Staatsregierung hat die Gestaltung einfacher, effizienter, bürger- und unternehmensfreundli- der mit der Digitalisierung einhergehenden politischen, cher gestaltet werden. Elektronische Verwaltungsdienste gesellschaftlichen und rechtlichen Veränderungen zu ei- können die Bewältigung der Folgen des demographischen • Weitere Akzente werden durch Regelungen zur Einführung der elektronischen nem Schwerpunkt ihres laufenden Regierungsprogramms Wandels erleichtern. Bürger und Unternehmen können Akte (Art. 7), zur Förderung der IT-Sicherheit (Art. 11) sowie durch Regelungen erhoben. Hierbei kommt dem Ausbau des E-Government im städtischen wie im ländlichen Raum zeit- und ortsun- zur Behördenzusammenarbeit in der IT (Art. 8) gesetzt. besondere Bedeutung zu. abhängig auf leistungsfähige Verwaltungsinfrastruktu- ren zurückgreifen. Damit verbunden ist ein erhebliches Der Begriff „E-Government“ steht für den zielgerichteten Einsparpotential für Bürger, Wirtschaft und Verwaltung. • Im Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetz werden neben der qualifizierten Einsatz von Informations- und Kommunikationstech- elektronischen Signatur (qeS) nunmehr auch De-Mail und die elektronische nologien zur Erfüllung von Verwaltungsaufgaben. Das Unverzichtbar für den Ausbau der digitalen Verwaltung Identifizierungsfunktion des neuen Personalausweises (eID Funktion des Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung ist die Akzeptanz bei Bürgern und Unternehmen. Neben nPA) als Schriftformersatz zugelassen. Weitere Verfahren legt die Staatsre- und Heimat hat mit der Strategie „Montgelas 3.0“ Eck- klar umrissenen Zugangs- und Verfahrensrechten in der gierung durch Verordnung fest (Art. 3a Abs. 2 Satz 4 Nr. 4 BayVwVfG): Seit punkte für die Digitalisierung der Verwaltung in Bayern elektronischen Verwaltung kommt dem Datenschutz und 01.12.2017 ist der elektronische Schriftformersatz auch unter Nutzung der vorgelegt. Neben der Bündelung aller Online-Verwaltungs- der Informationssicherheit eine Schlüsselrolle zu. Da- in Bayern entwickelten ELSTER-Technologie rechtlich möglich (§ 2 BayBITV). angebote und der Zusammenarbeit von Freistaat und tenschutz und IT-Sicherheit sind keine Hindernisse für Kommunen bildet die Schaffung eines zukunftsfähigen die digitale Verwaltung, sondern unverzichtbare Voraus- • Neu geschaffen wurde ein Landesamt für Sicherheit in der Informationstech- Rechtsrahmens für die elektronische Verwaltung eines setzungen für E-Government und Standortfaktoren im nik (Art. 9), das Gefahren für die Sicherheit in der Informationstechnik an der Hauptziele. globalen Wettbewerb. Die Digitalisierung der Verwaltung den Schnittstellen zwischen Behördennetz und anderen Netzen abwehren in Bayern erfordert schließlich auch Rahmenregelungen soll (Art. 10 Abs. 1 Nr. 1). über die Verantwortlichkeiten und die Zusammenarbeit von Freistaat und Kommunen. 6 7
Umsetzung durch das BayernPortal • der Gemeinden und Gemeindeverbände (d. h. kreisfreie und kreisangehörige Gemeinden, Landkreise und Bezirke, aber auch Verwaltungsgemeinschaften und Zweckverbände) • der sonstigen der Aufsicht des Freistaates Bayern unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts (z. B. öffentliche Kammern wie die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, Ärzte- und Anwaltskammern, Steuerberaterkammern etc., öffentliche Universtäten und Hochschulen). Praxis-TIPP: HINWEIS: Eine detaillierte Übersicht über die Als bayerisches Landesgesetz ist Behörden im Freistaat Bayern ist das BayEGovG generell nicht auf im BayernPortal abrufbar unter: Bundesbehörden anwendbar, und http://www.freistaat.bayern/doku- zwar auch dann nicht, wenn diese mente/behoerde ihren Sitz in Bayern haben, wie z. B. die Bundesagentur für Arbeit. Für Bundesbehörden gilt vielmehr das E-Government-Gesetz des Bundes (EGovG). Siehe hierzu Punkt 4. Für erfolgreiches E-Government ist ein moderner Rechts- rahmen unverzichtbar. Dies reicht allein jedoch nicht aus. Der Freistaat Bayern unterstützt daher insbesondere die HINWEIS: bayerischen Kommunen bei der praktischen Umsetzung Zum BayernPortal und seinen elekt- des Gesetzes. Eine Schlüsselfunktion übernimmt dabei ronischen Diensten siehe im Einzel- das BayernPortal, in dem schrittweise die staatlichen nen Kapitel IV. (Seite 30). und kommunalen Verwaltungsleistungen online gebündelt 2. Ausnahmen vom Anwendungsbereich | Art. 1 Abs. 2 BayEGovG für Bürger und Unternehmen bereitgestellt werden. Das Gesetz nimmt einzelne Behörden wegen ihrer besonderen, vom behördlichen Regelfall abweichenden Aufgaben von seinem Anwendungsbereich aus. Ausnahmen gelten für • die Tätigkeit der Schulen und Krankenhäuser, das Landesamt für Verfassungs- schutz und für Beliehene (wie z. B. die Technischen Überwachungsvereine, Notare oder Luftsicherheitsbeauftragte an Flughäfen) C Der Anwendungsbereich des Gesetzes • die Tätigkeit der Finanzbehörden nach der Abgabenordnung 1. Grundsatz: Das BayEGovG gilt für alle Behörden im Freistaat Bayern • die Tätigkeit der Kirchen, der Religionsgemeinschaften und der weltanschau- lichen Gemeinschaften sowie ihrer Verbände und Einrichtungen Das BayEGovG bildet den Rahmen für die elektronische Verwaltung in Bayern auf allen Verwaltungsebenen. Das Gesetz ist daher gem. Art. 1 Abs. 1 BayEGovG grundsätzlich anwendbar auf die gesamte öffentlich-rechtliche Ver- waltungstätigkeit • die Anstalt des öffentlichen Rechts „Bayerischer Rundfunk“ • der Behörden des Freistaates Bayern, d. h. grundsätzlich • die Strafverfolgung, die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten, - alle staatlichen Oberbehörden, wie Staatskanzlei und Staatsministerien, der die Rechtshilfe für das Ausland in Straf- und Zivilsachen und, unbeschadet Landtag und der Oberste Rechnungshof (soweit sie Verwaltungsaufgaben des Art. 80 Abs. 4 BayVwVfG, für Maßnahmen des Richterdienstrechts wahrnehmen), - alle staatlichen Mittelbehörden (Regierungen und Landesämter) sowie • die Tätigkeit der Gerichtsverwaltungen und der Behörden der Justizverwal- tung einschließlich der ihrer Aufsicht unterliegenden Körperschaften des - alle unteren staatlichen Behörden, wie z. B. Kreisverwaltungsbehörden und öffentlichen Rechts, soweit die Tätigkeit der Nachprüfung durch die Gerichte Landratsämter (soweit sie als staatliche Behörden fungieren) sowie alle der Verwaltungsgerichtsbarkeit oder durch die in verwaltungsrechtlichen staatlichen Fachbehörden, wie z. B. Forstämter, Ämter für Digitalisierung, Anwalts- und Notarsachen zuständigen Gerichte unterliegt, Breitband und Vermessung etc. 8 9
• die Tätigkeit der Behörden bei Leistungs-, Eignungs- und ähnlichen Prüfun- 4. Verhältnis zum E-Government-Gesetz des Bundes gen von Personen, soweit nicht die Besonderheiten des Prüfungsverfahrens Art. 1 Abs. 3 BayEGovG schränkt den Anwendungsbereich des EGovG des Bundes für Landes- und Kommunalbe- entgegenstehen hörden in Bayern ein. Das EGovG des Bundes findet auf bayerische Behörden nur dann Anwendung, wenn sie im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung tätig werden. • die Verwaltungstätigkeit der Sozialbehörden nach dem SGB II (Grundsiche- rung für Arbeitslose) Anwendbar ist das E-Government-Gesetz des Bundes damit in Bayern auf die • die Tätigkeit des Landesbeauftragten für den Datenschutz in Bezug auf • Bundeswehrverwaltung, Art. 87b Abs. 2 GG Art. 7 und 8 BayEGovG. • Verwaltung bei Erzeugung und Nutzung der Kernenergie, Art. 87c GG • Luftverkehrsverwaltung, Art. 87d Abs. 2 GG • Verwaltung der Bundeswasserstraßen, Art. 89 Abs. 2 Satz 3 und 4 GG 3. Verhältnis zum BayVwVfG und zum Fachrecht • Verwaltung der Bundesfernstraßen durch Länder bzw. Gemeinden mit über 80.000 Einwohnern, Art. 90 Abs. 3 GG Das BayEGovG ist als besonderer Rechtsrahmen für die Nach Art. 3a Abs. 1 BayVwVfG steht es den Verwal- elektronische Verwaltung gegenüber dem BayVwVfG tungsbehörden in Bayern frei, ob sie überhaupt einen als allgemeinem Verwaltungsverfahrensgesetz vorrangig Zugang für die elektronische Kommunikation mit dem • Ausgabenverteilung, Finanzhilfe des Bundes, Art. 104a Abs. 3 Satz 2 GG anzuwenden. Bürger eröffnen wollen. Abweichend davon verpflich- tet Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BayEGovG die Behörden seit • Landesfinanzverwaltung, Art. 108 Abs. 3 GG Das BayEGovG und das Fachrecht des Bundes (z. B. Bau- 30.12.2015 einen elektronischen Zugang zu eröffnen. Da gesetz, Bundesmeldegesetz, Sozialgesetze etc.) bzw. das BayEGovG gegenüber dem BayVwvfG vorrangig ist, das Fachrecht des Freistaates Bayern (z. B. Bayerische müssen die Verwaltungsbehörden in Bayern (mit Ausnah- • Durchführung des Lastenausgleichs, Art. 120a Abs. 1 Satz 1 GG Bauordnung, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, me der Sozialbehörden, siehe nächstes Beispiel) nunmehr Bayerisches Naturschutzgesetz etc.) sind dagegen ne- die elektronische Kommunikation eröffnen. beneinander anwendbar. Das Fachrecht hat aber gegen- • weitere Gebiete wie etwa die BAföG Verwaltung über dem BayEGovG Vorrang, soweit es besondere oder abschließende Regelungen zum elektronischen Verwal- tungsverfahren enthält. Praxis-TIPP: HINWEIS: Einen Überblick zum E-Government- Im Bereich der Bundesauftrags- Gesetz des Bundes findet sich im verwaltung ist neben dem EGovG BEISPIEL: sog. „Mini-Kommentar“ des Bun- des Bundes das BayEGovG auf die HINWEIS: desministeriums des Innern. Der beauftragten Landes- oder Kommu- Verhältnis BayEGovG und SGB Nach Art. 36a Abs. 1 SGB I steht es Kommentar ist abrufbar unter: nalbehörden anwendbar, soweit das Die Anwendbarkeit des BayEGovG den Sozialbehörden als Fachbehör- ht t p s://w w w. b m i. b u n d .d e/ Bundesrecht keine abweichenden auf die Tätigkeit der Behörden nach den frei, ob sie einen Zugang für die SharedDocs/downloads/DE/ve- oder abschließenden Regelungen dem SGB II ist gem. Art. 1 Abs. 2 elektronische Kommunikation mit roeffentlichungen/themen/mo- enthält. Satz 2 ausdrücklich ausgeschlos- dem Bürger eröffnen wollen. Da das derne-verwaltung/e-government- sen (siehe oben Punkt 2.) Aber auch SGB I gegenüber dem BayEGovG gesetz-minikommentar.html für die sonstige Sozialverwaltung vorrangig ist, müssen die Sozialbe- gelten die bundesgesetzlichen Re- hörden in Bayern im Anwendungs- gelungen des SGB I – XII vorrangig. bereich des SGB weiterhin keinen Dies gilt insbesondere auch für Zugang für die elektronische Kom- den Sozialdatenschutz. Soweit das munikation eröffnen. SGB abweichende oder abschlie- ßende Regelungen enthält, ist das BayEGovG daher im Sozialbereich nicht anwendbar. 10 11
II. IHRE RECHTE IN DER • Recht auf elektronisches Bezahlen (Art. 5 Abs. 1 BayEGovG) DIGITALEN VERWALTUNG IN BAYERN • Recht von Unternehmen auf elektronische Rechnungsstellung gegenüber Allgemeine Informationen für Bürger, Unternehmen und Verwaltung den Behörden (Art. 5 Abs. 2 BayEGovG) • Recht auf elektronische Durchführung von Verwaltungsverfahren, einschließ- lich der Bereitstellung der hierzu erforderlichen elektronischen Formulare (Art. 6 BayEGovG). HINWEIS: BEISPIEL: Die Art. 2 bis 6 BayEGovG begrün- Ein Bürger kann sein Recht auf elek- den das Recht aller Bürger und Un- tronische Identifizierung nur aus- ternehmen in Bayern auf sichere üben, wenn er über eine elektroni- elektronische Verwaltungsprozes- sche Identifizierungsmöglichkeit wie se. Um dieses sehr weit gefasste die sog. „eID-Funktion“ des neuen Recht ausüben zu können, müssen Personalausweises verfügt. die Behörden häufig neue Verfahren Damit die Bürger ihre Rechte aus einführen und organisatorische Vor- den Art. 2 bis 6 BayEGovG nut- aussetzungen schaffen. Angesichts zen können, muss den Behörden der damit verbundenen Kosten müs- ein ausreichender Zeitraum für die sen die Behörden bei der Einführung erforderlichen Umsetzungsmaß- dieser Verfahren eigene Prioritäten nahmen belassen werden. Das setzen und Aspekte der Zweckmä- Gesetz sieht daher Übergangsfris- ßigkeit und Wirtschaftlichkeit be- ten vor (vgl. Art. 19 Abs. 2 Satz rücksichtigen dürfen. 2 BayEGovG, sowie Kapitel III., F, A Seite 28). Außerdem muss den Be- Digitale Rechte für Bürger und Unternehmen hörden bei Entscheidungen über die Einführung kostenintensiver, elektronischer Dienstleistungen Das Gesetz schafft bundesweit erstmals für Bürger und Unternehmen einen Katalog von digitalen Rechten (Art. 2 auch ein inhaltlicher Spielraum be- in Verbindung mit den Art. 3 bis 6 BayEGovG). Der Erfolg des E-Government hängt in der Praxis maßgeblich davon lassen werden. Das Gesetz sichert ab, dass Bürger und Unternehmen die elektronische Verwaltung als Instrument zur effektiven Wahrnehmung ihrer daher bei der Einführung von Be- eigenen Rechte und Interessen begreifen. Dieser Katalog umfasst das hördendiensten (Art. 4 BayEGovG) HINWEIS: und elektronischen Verfahren (Art. • Recht auf elektronischen Zugang zur Verwaltung (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Das BayEGovG erweitert die digita- 6 BayEGovG) die Ermessensspiel- BayEGovG) len Rechte der Bürger und Unterneh- räume der Behörden rechtlich ab. men in der elektronischen Verwal- tung. Die bestehenden Rechte auf • Recht auf sichere, verschlüsselte elektronische Kommunikation mit der nichtelektronische Kommunikation Verwaltung (Art. 3 Abs. 1 Satz 3 BayEGovG) mit der Verwaltung (z. B. persönli- ches Erscheinen, Antrag in Papier- • Recht auf Schriftform ersetzende elektronische Kommunikation mit der form) bleiben jedoch ausdrücklich Verwaltung (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BayEGovG i. V. m. Art. 3a Abs. 2 BayVwVfG) erhalten (Art. 2 Satz 3 BayEGovG). • Recht auf elektronische Identifizierung in elektronischen Verfahren, die einen Identitätsnachweis erfordern (Art. 3 Abs. 3 BayEGovG) • Recht auf elektronische Inanspruchnahme aller hierzu geeigneten Behörden- dienste (z. B. Informations- und Datenbereitstellungsdienste, Geodatendienste und sonstige Verwaltungsserviceleistungen aller Art, Art. 4 Abs. 1 BayEGovG) 12 13
B 2. Zugangseröffnung per De-Mail und De-Mail-Basisdienst | Abs. 2 Elektronischer Zugang und elektronische Identifizierung | Art. 3 Art. 3 Abs. 2 BayEGovG begründet ein Recht des Bürgers HINWEIS: und eine entsprechende Verpflichtung der Behörden zur Die Bereitstellung eines De-Mail-Ba- 1. Sichere elektronische Kommunikation in Schriftform ersetzender Form | Abs. 1 Zugangseröffnung auch per De-Mail. Dieses Recht bzw. sisdienstes wird aktuell nicht weiter diese Verpflichtung bestehen allerdings nur, soweit sich verfolgt, so dass eine Verpflichtung Grundvoraussetzung für elektronisches Verwalten ist die Eröffnung geeigneter sicherer elektronischer Kommunika- die Behörde an einen zentralen De-Mail-Basisdienst an- zur Zugangseröffnung per De-Mail tionswege zwischen Verwaltung und Bürgern auf dem Hin- und Rückkanal. Die Kommunikation muss dabei in einer schließt, den der Freistaat Bayern bereitstellt. für Behörden im Anwendungsbe- Weise ausgestaltet sein, die auch die Übermittlung rechtlich verbindlicher Erklärungen ermöglicht. Art. 3 Abs. 1 Satz reich des BayEGovG nicht besteht. 1 und 3 BayEGovG verpflichtet die Behörden daher zur • Eröffnung eines Zugangs für die elektronische Kommunikation, • Ermöglichung der Schriftform ersetzenden Kommunikation, • Ermöglichung der sicheren, d. h. verschlüsselten Kommunikation. 3. Elektronische Identifizierung | Abs. 3 Die verschlüsselte elektronische Kommunikation muss sowohl auf dem „Hinkanal“ (Anträge an die Behörde) als auch auf dem „Rückkanal“ (Bescheide an den Bürger) ermöglicht werden. Gem. Art. 3 Abs. 3 BayEGovG besteht ein Recht auf Praxis-TIPP: elektronische Identifizierung im Rahmen von elektroni- Die Verpflichtung zur elektronischen Das Gesetz regelt bewusst nur das „Ob“ der verschlüsselten, Schriftform ersetzenden elektronischen Kommunikation. schen Verfahren, die einen Identitätsnachweis im Sinne Identifizierung gem. Art. 3 Abs. 3 Das „Wie“ der technischen Umsetzung der gesetzlichen Verpflichtungen bleibt dagegen den Behörden überlassen. des PersAuswG erfordern. BayEGovG kann von den Behörden ebenfalls durch Nutzung der Dienste BEISPIEL: HINWEIS: des BayernPortals erfüllt werden. Siehe hierzu im Einzelnen Kapitel • Mit der Eröffnung eines einfachen E-Mail Zugangs erfüllt die Behörden Das Gesetz sieht angemessene, ge- IV., B. (Seite 32). die Verpflichtung zur Zugangseröffnung und zum Schriftformersatz stufte Übergangsfristen für die Ein- gem. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BayEGovG, da jede „einfache“ E-Mail mit führung der Kommunikations- und einer qualifizierten elektronischen Signatur verbunden werden kann. Die Verschlüsselungstechnologien vor. Signatur ersetzt gem. Art. 3a Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG die Schriftform. • Der elektronische Zugang zur Ver- Ebenso kann die Verpflichtung zur Verschlüsselung über E-Mail erfüllt waltung muss von den Behörden werden, wenn die Behörde ihren öffentlichen Kommunikationsschlüssel sofort ab Inkrafttreten des Geset- veröffentlicht (siehe Beispiel auf der Internetseite des Landesbeauf- zes bereitgestellt werden. C tragten für den Datenschutz: https://www.datenschutz-bayern.de/ • Ebenso muss der elektronische Digitale Dienste und Bekanntmachungen vorstell/impressum.html). Diese Lösung verlangt vom Nutzer ein Schriftformersatz bereits ab gewisses Maß an technischer Versiertheit. Sie ist daher rechtlich 30.12.2015 für den Bürger mög- 1. Elektronische Behördendienste ausreichend, aber praktisch nur eingeschränkt geeignet. lich sein. • Für die Bereitstellung von Ver- Art. 4 Abs. 1 BayEGovG verpflichtet Behörden, ihre Dienste auch elektronisch über das Internet – etwa über das schlüsselungstechnologien auf BayernPortal – bereitzustellen, soweit dies zweckmäßig und wirtschaftlich ist. Der Begriff der Dienste ist dabei weit dem Hin- und Rückkanal ist da- zu verstehen. Erfasst werden unter anderem gegen eine Übergangsfrist bis 01.01.2020 vorgesehen. • alle Arten von Informations-, Auskunfts- und Datenbereitstellungsdiensten • Alternativ kann die Behörde ihre Verpflichtungen durch die Eröffnung (z. B. Geodatendienste), eines De-Mail-Postfachs erfüllen. De-Mail ermöglicht eine schriftfor- mersetzende Kommunikation auf dem Hin- und Rückkanal. Darüber hinaus verfügt De-Mail über eine Transportverschlüsselung, die in • Open-Data-Dienste, der Regel (abhängig vom Grad der Vertraulichkeit des betroffenen Datensatzes) die Anforderungen an eine sichere Kommunikation erfüllt. • verfahrensübergreifende Dienstleistungen wie elektronische Bürger- und Un- ternehmenskonten, elektronische Postfachdienste oder E-Payment-Dienste, • Schließlich sollen die Behörden sämtliche Verpflichtungen aus Art. 3 Abs. 1 BayEGoVG auch durch Anschluss an die behördenübergreifenden Diens- te erfüllen können, die der Freistaat kostenfrei über das BayernPortal • amtliche Mitteilungs- und Verkündungsdienste (vgl. Art. 4 Abs. 2 BayEGovG), bereitstellt. Die Dienste des BayernPortals werden zu diesem Zweck kontinuierlich ausgebaut (siehe hierzu im Einzelnen Kapitel IV., Seite 30). 14 15
• sonstige Verwaltungsserviceleistungen, z. B. die Ausstellung und Verlän- gerung von Park- oder Nutzungsausweisen aller Art, Ferienpässe, KITA- Vermittlungsangebote etc. sowie • flankierende Informationsangebote zur Nutzung dieser Dienste (vgl. Art. 4 Abs. 1 Satz 2 BayEGovG). Für elektronische Dienste im Zusammenhang mit der Durchführung von Verwaltungsverfahren greift dagegen vor- rangig Art. 6 BayEGovG. 2. Elektronische Bekanntmachungen und Verkündungen Art. 4 Abs. 2 Satz 1 BayEGovG stellt klar, dass veröffentli- Satz 2 regelt die besonderen Voraussetzungen für eine chungspflichtige Mitteilungen und amtliche Verkündungen ausschließlich elektronische Bekanntmachung. Sie ist auch elektronisch veröffentlicht werden können. möglich, wenn • eine Veränderung der veröffentlichten Inhalte ausgeschlossen ist und 2. Elektronische Rechnungsstellung • die Einsichtnahme auch unmittelbar bei der die Veröffentlichung veranlas- senden Stelle für jede Person auf Dauer gewährleistet ist. Abs. 2 schafft den Rechtsrahmen zur verpflichtenden nungstellung bei öffentlichen Aufträgen auf der Ebene des Entgegennahme elektronischer Rechnungen durch öf- Freistaates Bayern. Die Verpflichtung tritt gemäß Art. 19 fentliche Auftraggeber in Bayern. Die Vorschrift dient der Absatz 2 Satz 2 Nr. 4 BayEGovG erst nach Ausschöpfung HINWEIS: Umsetzung der Richtlinie 2014/55/EU des Europäischen der unionsrechtlichen Umsetzungsfrist im April 2020 in Zu den behördeninternen Um- Parlaments und des Rates über die elektronische Rech- Kraft. Die Einzelheiten werden durch eine Rechtsverord- setzungspflichten bei elektroni- nung der Staatsregierung geregelt. schen Diensten siehe im Einzelnen Kapitel III (Seite 21). E Elektronische Verwaltungsverfahren D Elektronische Zahlung und elektronische Rechnung Art. 6 BayEGovG enthält Regelungen zur Gewährleistung eines medienbruchfreien elektronischen Verwaltungsver- fahrens, einschließlich elektronischer Formulare und elektronischer Nachweise. Behördeninterne Vorgänge, wie die 1. Elektronischer Zahlungsverkehr und E-Payment elektronische Aktenführung, werden dagegen nicht erfasst. Art. 5 Abs. 1 Halbsatz 1 BayEGovG begründet das Recht, Darüber hinaus verpflichtet Halbsatz 2 die Behörden wei- Forderungen der Behörden im elektronischen Zahlungsver- tergehend, die Begleichung von Forderungen durch die 1. Neuerungen durch das Onlinezugangsgesetz (OZG) kehr zu begleichen. Die Behörde kann ihre Verpflichtung Bereitstellung von geeigneten elektronischen Zahlungs- zur Ermöglichung des elektronischen Zahlungsverkehrs möglichkeiten über öffentlich zugängliche Netze zu ermög- Mit dem vom Bundesgesetzgeber beschlossenen Gesetz stehende Verpflichtung zur Bereitstellung und Anbindung bereits dadurch erfüllen, dass sie dem Zahlungspflichtigen lichen. Sofern sich das Verwaltungsverfahren technisch zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungs- von Nutzerkonten an den Portalverbund soll gewährleis- eine Bankverbindung zur Abwicklung des elektronischen und wirtschaftlich sinnvoll mit einem E-Payment-System leistungen (Onlinezugangsgesetz - OZG) vom 14.08.2017 ten, dass alle online bereitgestellten Verwaltungsleistun- Zahlungsverkehrs mitteilt. verknüpfen lässt, ist eine solche Zahlungsmöglichkeit werden Bund und Länder verpflichtet, spätestens bis gen von jeder angebundenen Stelle aus leicht, d. h. mit anzubieten. Ende des Jahres 2022 Verwaltungsdienstleistungen auch nur wenigen Klicks, erreichbar sind. Für die bayerischen elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten und Nutzer werden dadurch elektronische Verwaltungsver- HINWEIS: diese zu einem Portalverbund zu verknüpfen. Erklärtes fahren über Landes- und Verwaltungsebenen hinweg Die Verpflichtung der Behörden Ziel ist es, bundesweit den Durchbruch für ein modernes einfacher auffindbar werden und ihre Durchführung ohne zur Gewährleistung eines elektro- E-Government zu schaffen. Die dann auch in Bayern be- Mehrfachregistrierungen möglich sein. nischen Zahlungsverkehrs tritt am 01.01.2020 in Kraft (Art. 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 BayEGovG). 16 17
2. Pflicht zur elektronischen Verfahrensdurchführung | Art. 6 Abs. 1 Bay EGovG Das BayEGovG begründet ein Recht auf vollständige oder Über Verwaltungsportale können alle Verwaltungsdienst- Demnach können Verwaltungsakte nunmehr mit Ein- teilweise elektronische Durchführung des Verwaltungs- leistungen und Verwaltungsinformationen online gebündelt willigung des Adressaten auch durch Bereitstellung des verfahrens. Art. 6 Abs. 1 BayEGovG stellt im Interesse zur Verfügung gestellt werden. Bürger können darüber Bescheids zum Datenfernabruf bekannt gegeben werden. HINWEIS: der Vollzugstauglichkeit klar, dass ein Anspruch auf (voll- elektronisch Anträge ausfüllen und versenden. Behörden Dem Nutzer wird zusätzlich zur Einstellung eine gesonder- ständige oder teilweise) elektronische Verfahrensdurch- Zu den behördeninternen Umset- können – mit Einwilligung des Bürgers – Informationen te Information an eine von ihm angegebene elektronische führung nicht besteht, soweit dies unzweckmäßig oder zungspflichten bei elektronischen oder Bescheide übermitteln. Adresse (E-Mail) übermittelt. unwirtschaftlich ist. Soweit eine nur teilweise elektroni- Verwaltungsverfahren siehe im Ein- sche Verfahrensdurchführung, wie z. B. die elektronische zelnen Kapitel III., B (Seite 22). Bis zum Inkrafttreten des Bayerischen E-Government- Zu den nutzerfreundlichen Besonderheiten der Regelung Antragstellung, wirtschaftlich und zweckmäßig ist, ist die Gesetzes fehlte es in den Verwaltungsverfahrensgesetzen zählt, dass der Bescheid erst drei Tage nach der Versen- Behörde gehalten, das Verfahren teilweise elektronisch des Bundes und der Länder an klaren rechtlichen Rege- dung der Informations-E-Mail als bekannt gegeben gilt anzubieten. lungen zur elektronischen Bekanntgabe von Bescheiden (sog. Drei-Tages-Fiktion, ähnlich wie beim Postversand über derartige Portale. Für diese Fälle hat der Landesge- von Bescheiden). Erst dann beginnen gesetzlichen Fristen, setzgeber in Art. 6 Abs. 4 BayEGoVG bundesweit erstmals wie z. B. Rechtsmittelfristen, zu laufen. eine Regelung geschaffen. 3. Bereitstellung elektronischer Formulare | Art. 6 Abs. 2 BayEGovG Abs. 2 Satz 1 regelt die Verpflichtung zur Bereitstellung Die Verpflichtung und das entsprechende Recht des Bür- von elektronischen Formularen über das Internet. Die gers gelten seit 01.07.2017 ohne Einschränkungen. Regelung soll es dem Bürger ermöglichen, auf alle erfor- derlichen Formulare einfach und schnell online zugrei- F fen zu können. Behördengänge werden so entbehrlich. Elektronischer Ersatz der Schriftform 1. Überblick Angesichts von mehr als 2.000 Schriftformerfordernis- Im Rahmen des BayEGovG werden durch eine Änderung sen im Bundes- und Landesrecht sind sichere und nut- des Art. 3a Abs. 2 BayVwVfG seit dem 30.12.2015 neue 4. Elektronische Nachweise | Art. 6 Abs. 3 BayEGovG zerfreundliche Verfahren zum elektronischen Ersatz der Formen des Schriftformersatzes zugelassen. Zwischen- Schriftform für erfolgreiches E-Government unverzichtbar. zeitlich wurde auch von der dort enthaltenen Verord- In vielen Verfahren müssen die Beteiligten Nachweise eines Originals verlangen, wenn hierfür ein sachlicher Als Schriftformersatz ist bereits seit mehr als 10 Jahren nungsermächtigung Gebrauch gemacht, mit der weitere erbringen und hierzu u. a. Urkunden (Zeugnisse, Beschei- Grund vorliegt. Satz 3 erleichtert die Erhebung von Daten die „qualifizierte elektronische Signatur“ (qeS) zugelassen sichere Verfahren als schriftformersetzend festgelegt nigungen und sonstige Belege) vorlegen. Soweit derartige durch die anfordernde Behörde zum Zweck des Daten- (vgl. Art. 3 a Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG). Die qeS hat sich werden können (vgl. § 2 BayBITV). Nachweise eingereicht werden müssen, genügt künftig austauschs, soweit ein automatisiertes Verfahren zum jedoch bei Bürgern, Unternehmen und Verwaltung bisher grundsätzlich eine elektronische Übermittlung (Satz 1). Datenabruf bereitsteht. nicht durchsetzen können. Die Behörde kann nach Satz 2 im Einzelfall die Vorlage • eID-Funktion des neuen Personalausweises (nPA) • De-Mail-Verfahren 5. Elektronische Bekanntgabe über Portale • sonstige sichere Verfahren, z. B. nach § 2 BayBITV In der Praxis der digitalen Verwaltung kommt elektronischen Verwaltungsportalen wachsende Bedeutung zu. Beispiele sind • das BayernPortal (siehe Kapitel IV., Seite 30), • die kommunalen E-Government-Portale oder • die Mitarbeiterportale für den öffentlichen Dienst. 18 19
2. Elektronische Identifizierungsfunktion des neuen Personalausweises III. DIGITALE VERWALTUNG RECHTSKONFORM Die Schriftform kann für die Kommunikation auf dem Hinkanal vom Bürger zur Behörde nunmehr ersetzt werden durch GESTALTEN Besondere Informationen für Behörden im Freistaat Bayern • unmittelbare Abgabe der Erklärung in einem elektronischen Formular, • das von der Behörde in einem Eingabegerät oder über öffentlich zugängliche Netze zur Verfügung gestellt wird; • bei einer Eingabe über öffentlich zugängliche Netze muss ein sicherer Iden- titätsnachweis nach § 18 des Personalausweisgesetzes (eID-Funktion des nPA) oder nach § 78 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes erfolgen. 3. Empfängerbestätigte De-Mail gem. § 5 Abs. 5 De-Mail-Gesetz Die Schriftform kann darüber hinaus für die Kommunikation auf dem Hinkanal vom Bürger zur Behörde und auf dem Rückkanal von der Behörde zum Bürger auch ersetzt werden • durch Versendung eines elektronischen Dokuments mit der Versandart nach § 5 Abs. 5 des De-Mail-Gesetzes; • bei elektronischen Verwaltungsakten oder sonstigen elektronischen Doku- menten der Behörden muss die Bestätigung des akkreditierten Diensteanbie- A ters die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen. Digitale Verwaltung gestalten: Zum Einsatz von Diensten und Verfahren Das BayEGovG begründet neue Rechte der Bürger und Die weit gefassten Beurteilungs- bzw. Ermessensspiel- Pflichten der Behörden. Es eröffnet den Behörden zu- räume der Behörden haben zur Folge, dass der Bürger in gleich ausreichende Umsetzungsspielräume und Gestal- der Regel von der Behörde nicht die Bereitstellung eines tungsmöglichkeiten für ein effektives, nutzerfreundliches bestimmten technischen Verfahrens der Kommunikation E-Government. verlangen kann. Bei Behördendiensten (Art. 4) und Ver- 4. Sonstige durch Verordnung der Staatsregierung zugelassene Verfahren waltungsverfahren (Art. 6) kann die Behörde zudem aus Die Behörden sind verpflichtet, einen Zugang für die si- Zweckmäßigkeits- und Wirtschaftlichkeitsgründen generell Um rasch auf neue technische Entwicklungen und Nutzer- chere, Schriftform ersetzende Kommunikation zu eröffnen von der Bereitstellung bestimmter Dienste und Verfahren bedürfnisse reagieren zu können, kann die Staatsregierung (Art. 3 Abs. 1). Die Wahl des Verfahrens des Schriftfor- absehen. Bei Anfragen der Nutzer ist allerdings stets das gem. Art. 3a Abs. 2 Satz 4 Nr. 4 BayVwfG sonstige sichere mersatzes und der Verschlüsselung überlässt das Ge- Gebot der Bürgerfreundlichkeit zu beachten. Verfahren als Schriftformersatz durch Rechtsverordnung setz aber bewusst der Behörde. Die Behörden müssen festlegen, welche den Absender der Daten authentifizieren grundsätzlich alle bestehenden Behördendienste (Art. 4) Trotz der Umsetzungsspielräume der Behörden entfalten und die Integrität des elektronisch übermittelten Daten- und Verwaltungsverfahren (Art. 6) auch online anbieten. die Rechte der Bürger und Unternehmen ihre praktische satzes und die Barrierefreiheit gewährleisten. HINWEIS: Das Gesetz räumt den Behörden aber ausdrücklich die Wirksamkeit. Insbesondere trifft die Behörde im Falle der Befugnis ein, bei der elektronischen Bereitstellung von Ablehnung eines vom Nutzer beantragten Dienstes oder Zum Einsatz der ELSTER-Techno- Um den elektronischen Ersatz der Schriftform in Bayern elektronischen Diensten, Gesichtspunkte der Zweckmä- Verfahrens regelmäßig eine Begründungslast. In den Fällen logie als Schriftformersatz siehe noch nutzerfreundlicher zu gestalten, ist mit Wirkung zum ßigkeit und Wirtschaftlichkeit zu berücksichtigen. Auch bei des Art. 3 BayEGovG (Zugang) hat die Behörde darzulegen, im Einzelnen unter Kapitel IV. B. 3. 01.12.2017 ein weiteres sicheres Verfahren des Schrift- den Regelungen zum elektronischen Zahlungsverkehr und mit welchem technischen Verfahren der Bürger sicher und (Seite 34). formersatzes durch Rechtsverordnung (§ 2 BayBITV) zur elektronischen Rechnung (Art. 5) regelt das Gesetz nur schriftformersetzend elektronisch (ggfs. nach Ablauf der zugelassen worden. Grundlage des neuen sicheren Ver- die Ziele der Verpflichtungen, überlässt deren konkrete Übergangsfristen) mit der Behörde kommunizieren kann. fahrens ist die in Bayern entwickelte ELSTER-Technologie, technische Umsetzung aber den Behörden. In den Fällen der Art. 4 und 6 BayEGovG hat die Behörde die sich in der Praxis der elektronischen Steuererklärung die Unzweckmäßigkeit oder Unwirtschaftlichkeit des vom bereits millionenfach bewährt hat. Nutzer angeforderten elektronischen Verfahrens in ange- messener Weise, d. h. nicht nur formelhaft, zu begründen. 20 21
B 3. Ersetzendes Scannen | Abs. 3 Die elektronische Akte Papierunterlagen sollen gemäß Art. lesbaren Schriftträger fehlt (§ 371 Abs. 1 Satz 2 ZPO). 7 Abs. 3 BayEGovG unter Wahrung Wird dieser Beweiswert als nicht ausreichend angesehen, In vielen bayerischen Behörden gehört die elektronische chen Grundsätze der Einführung elektronischer Akten der Grundsätze ordnungsgemäßer stehen der Behörde nach der ZPO weitere Optionen of- Aktenführung längst zum Alltag. Im staatlichen Bereich und Register, der elektronischen Aktenführung und des Aktenführung und -aufbewahrung in fen. Die Behörde kann bei der Übertragung öffentlicher wird die Einführung der elektronischen Akte durch die ersetzenden Scannens für alle Behörden im Anwendungs- ein elektronisches Format übertra- Urkunden einen Übereinstimmungsnachweis nach § 371b Bekanntmachung der Bayerischen Staatsregierung über bereich des Gesetzes. gen werden, um sie in elektronisch gestützte Arbeitsabläu- ZPO erbringen. In diesem Fall begründet die digitale Kopie die Rahmenvorschriften für die elektronische Aktenfüh- fe einzubeziehen. Hierbei ist nach dem Stand der Technik gemäß § 415 ZPO analog grundsätzlich den vollen Beweis rung und das Übertragen und Vernichten von Papier- Die Verpflichtungen aus Art. 7 gelten ab Inkrafttreten des sicherzustellen, dass die elektronische Fassung mit dem für die beurkundete Erklärung. Sind Dokument und Nach- dokumenten vom 27.06.2012 geregelt. Hieran knüpfen Gesetzes für die Zukunft. Eine Verpflichtung zur Überfüh- Papierdokument übereinstimmt. Auf die Forderung nach weis darüber hinaus mit einer qualifizierten elektronischen die gesetzlichen Regelungen des Art. 7 BayEGovG an. rung vorhandener Aktenbestände in die elektronische einer bildlichen Übereinstimmung wurde bewusst verzich- Signatur versehen, wird zudem gemäß § 371b Satz 2 ZPO Im Einklang mit den bestehenden Rahmenvorschriften Form besteht daher grundsätzlich nicht. tet, um deutlich zu machen, dass Abweichungen in Größe die Echtheit des elektronischen Dokuments vermutet. beschränkt sich Art. 7 auf die Regelung der wesentli- und Farbe unschädlich sind, wenn diesen Informationen kein aktenrelevanter Aussagegehalt bzw. Sachverhalt zu Erfolgt die Aktenführung elektronisch, ist die weitere entnehmen ist. Aufbewahrung der Originale nach ordnungsgemäßer Über- tragung in ein elektronisches Format und Speicherung in 1. Pflicht staatlicher Behörden zur elektronischen Akten- und Registerführung Die durch den Scanvorgang erzeugte digitale Kopie des der elektronischen Akte im Hinblick auf die Grundsätze Originals ist im Rahmen des Beweisrechts nicht dem ordnungsgemäßer Aktenführung nicht mehr erforderlich. Nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 sind Art. 7 Abs. 1 Satz 2 bis 4 regelt das „Wie“ der elektroni- Urkundenbeweis, sondern lediglich dem Augenscheins- Sie können daher – vorbehaltlich besonderer gesetzlicher staatliche Behörden seit 01.07.2017 schen Aktenführung für alle staatlichen und nichtstaat- beweis zugänglich, da das Wesensmerkmal der Verkörpe- Aufbewahrungspflichten oder entgegenstehender Rechte verpflichtet, ihre Akten grundsätz- lichen Behörden. Wenn und soweit Akten elektronisch rung auf einem unmittelbar ohne technische Hilfsmittel Dritter – zurückgesendet oder vernichtet werden. lich elektronisch zu führen. Die geführt und Vorgänge elektronisch bearbeitet werden, ist gesetzliche Verpflichtung kann bereits durch die Einfüh- durch geeignete technisch-organisatorische Maßnahmen rung einer elektronischen Registratur erfüllt werden. Eine sicherzustellen, dass die Grundsätze ordnungsgemäßer zusätzliche Umstellung auf elektronische Vorgangsbear- Aktenführung als Ausformung des Rechtsstaatsprinzips beitung steht im Ermessen der zuständigen Behörde. Die eingehalten werden. Vertraulichkeit, Verfügbarkeit und 4. Einsicht in die elektronische Akte Regelung ist im Übrigen als „Soll-Vorschrift“ ausgestaltet. Integrität der elektronischen Akten müssen gewährleistet Aus wichtigem Grund kann die Behörde daher von der sein. Das eingesetzte Dokumentenmanagement- bzw. Im Gegensatz zum EGovG des Zur Erfüllung eines bestehenden Anspruchs auf Akten- elektronischen Akten- und Registerführung absehen. Vorgangsbearbeitungssystem muss diese Anforderungen Bundes (vgl. § 8 EGovG) verzich- einsicht kommen nach derzeitigem Stand der Technik erfüllen. tet das BayEGovG bewusst auf insbesondere der Aktenausdruck, die Wiedergabe elek- Für Kommunen und andere Selbstverwaltungsträger be- eine klarstellende Regelung zur tronischer Dokumente auf einem Bildschirm der Behörde steht dagegen keine elektronische Aktenführungspflicht. Art und Weise der Einsicht in die sowie die elektronische Übermittlung von Dokumenten Gleiches gilt aufgrund ihres Charakters als Doppelbehörde HINWEIS: elektronische Akte. Die bereits bestehenden Regelungen in Betracht. Darüber hinaus kann im Einzelfall der elek- auch für die staatlichen Landratsämter. Das EGovG des Bundes enthält zur Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren gelten auch tronische Zugriff auf den Akteninhalt gestattet werden, Regelungen zur elektronischen Ak- im Rahmen der elektronischen Aktenführung. soweit Belange des Datenschutzes, der Datensicherheit, tenführung nur für Bundesbehörden berechtigte Interessen Dritter oder sonstige öffentliche (vgl. §§ 6 bis 8 EGovG). Für Landes- Belange nicht entgegenstehen. und Kommunalbehörden in Bayern gelten daher die Regelungen zur elektronischen Aktenführung in Art. 7 BayEGovG und zwar auch dann, wenn diese Behörden im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung tätig werden. 2. Übermittlung von Daten | Abs. 2 Art. 7 Abs. 2 enthält für Be- werden. Die datenschutzrechtlichen Vorschriften sind zu hörden mit elektronischer beachten. Die Daten sind vor unbefugter Einsichtnahme Aktenführung ein Gebot der und vor Veränderungen zu schützen, beispielsweise durch elektronischen Übermittlung die Nutzung einer sicheren Kommunikationsinfrastruktur von Akten, Vorgängen und Dokumenten. Hierdurch sollen oder die Übermittlung in einer nach dem Stand der Technik Medienbrüche beim Austausch von Schriftgut vermieden sicheren Form. 22 23
C Bei der Erstellung eines Informationssicherheitskonzepts können die Behörden unter anderem auf die folgenden anerkannten Sicherheitsrichtlinien bzw. Informationssicherheitsmanagementsysteme zurückgreifen: IT-Sicherheit • IT-Grundschutz des BSI Die Gewährleistung der IT-Sicherheit ist heute eine der Kernaufgaben der öffentlichen Verwaltung. Bürger und Un- ternehmen erwarten zu Recht, dass ihre Daten bei der Verwaltung sicher sind. Daher setzt das BayEGovG einen besonderen Regelungsschwerpunkt im Bereich der Informationssicherheit und beim Schutz der IT-Infrastrukturen • ISO 27001 der öffentlichen Verwaltung. • ISIS12 1. IT-Sicherheit auf Behördenebene | Art. 11 Abs. 1 BayEGovG • VdS 3473 Art. 11 Abs. 1 enthält Basisregelungen zur effektiven Informationssicherheit in der öffentlichen Verwaltung als Gewährleistung des Datenschutzes und der Informati- öffentliche Aufgabe definiert. Zur Umsetzung von Satz 1 • ISA+ onssicherheit im Interesse von Bürgern, Unternehmen verpflichtet Satz 2 Halbsatz 1 die Behörden, die Sicherheit und Verwaltung. Mit Satz 1 wird die Gewährleistung von ihrer informationstechnischen Systeme • durch angemessene technisch-organisatorische Maßnahmen im Sinne HINWEIS: von Art. 32 DSGVO und Art. 32 BayDSG sowie Bei der Festlegung eines behördli- chen IT-Sicherheitskonzepts kann die Einholung fachlicher Unter- • im Rahmen der Verhältnismäßigkeit (vgl. Satz 1) sicherzustellen. stützung durch die zuständigen Behörden sinnvoll sein. Hier kann Praxis-TIPP: Die Verweisungsnorm hat zur Folge, dass technisch-organisatorische Maßnahmen im Sinne von Art. 32 DSGVO und das neu gegründete Landesamt für Zu ISIS12 liegt ein Beschluss des IT Art. 32 BayDSG generell zum Schutz der Sicherheit informationstechnischer Systeme – also unabhängig von einem Sicherheit in der Informationstech- Planungsrats vor. Der IT-Planungsrat Personenbezug der betroffenen Daten – ergriffen werden müssen. nik einen wichtigen Beitrag leisten. stellt fest, dass entsprechend der „Handreichung zur Ausgestaltung der Informationssicherheitsleitli- nie in Kommunalverwaltungen“ für kleine und mittelgroße Kommunen mit ISIS12 ein pragmatisches und skalierbares Vorgehensmodell zur Einführung eines Informationssi- 2. Anforderungen an behördliche Informationssicherheitskonzepte cherheitsmanagement-Systems zur Verfügung steht, das die entspre- Um die Umsetzung der Verpflichtungen aus Abs.1 sicherzustellen, verpflichtet das Gesetz in Abs. 1 Satz 2 Halb- chenden Mindestanforderungen des satz 2 die Behörden ausdrücklich, bis spätestens 1. Januar 2020 (vgl. Art. 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 BayEGovG) behörd- IT-Planungsrats abdeckt. liche Informationssicherheitskonzepte • zu erstellen, Bei der Auswahl des im behördlichen Einzelfall angemessenen IT-Sicherheitsniveaus sind von der Behörde im Rahmen der Verhältnismäßigkeit insbesondere folgende Faktoren zu berücksichtigen: • anzuwenden und • Art, Ausmaß und Eintrittswahrscheinlichkeit des Risikos • regelmäßig fortzuschreiben. Durch den Verweis auf Art. 32 DSGVO, Art. 32 BayDSG Vielmehr fordert das Gesetz eine an der konkreten • Kritikalität der vorgehaltenen Daten und das Verhältnismäßigkeitsprinzip stellt der Gesetzge- Sicherheitslage der einzelnen Behörde oder Einrichtung ber klar, dass die Behörden in Bayern zur angemessenen orientierte konkret-individuelle Festlegung einer ange- • Kosten der Risikovermeidung Gewährleistung der IT-Sicherheit nicht verpflichtet sind, messenen IT-Sicherheitskonzeption. zwangsläufig einen bestimmten Standard, wie z. B. die Standards des BSI-Grundschutzes einzuhalten. • Leistungsfähigkeit der jeweiligen Behörde 24 25
3. Behördenübergreifende Maßnahmen | Art. 11 Abs. 2 und 3 BayEGovG 2. Behördenübergreifende Bereitstellung von Verwaltungsdiensten Dezentrale Maßnahmen zur Gewährleistung der IT-Si- Art. 8 Abs. 2 und 3 BayEGovG reagieren auf die fort- senen Behörden können die vom Freistaat bereitgestell- cherheit auf Behördenebene reichen angesichts des ho- schreitende Zentralisierung der IT der Verwaltung. Sie ten Dienste ihrerseits gemäß Art. 8 Abs. 3 Satz 1 und 3 hen Grades der Vernetzung inzwischen nicht mehr aus. eröffnen dem Freistaat Bayern die Möglichkeit, elektro- BayEGovG zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus Art. 3 Daher sind staatliche und sonstige an das Behördennetz nische Basisdienste (Abs. 2) und zentrale Dienste (Abs. bis 6 BayEGovG nutzen. angeschlossene Stellen nach Art. 11 Abs. 2 verpflichtet, 3) behördenübergreifend bereitzustellen. Die angeschlos- Sicherheitslücken, Schadprogramme und erfolgte oder versuchte Angriffe unverzüglich an das zum 01.12.2017 neu gegründete Landesamt für Sicherheit in der Infor- mationstechnik (LSI) und die für sie zuständige oberste Dienstbehörde zu melden, soweit andere Vorschriften oder Vereinbarungen mit Dritten dem nicht entgegen- stehen. In solchen Fällen sollten die Behörden die In- formationsweitergabe nicht unterlassen, sondern derart 3. Basisdienste des Freistaates | Art. 8 Abs. 2 BayEGovG beschränken, dass Rechtsverletzungen vermieden werden. Gemäß Art. 8 Abs. 2 BayEGovG kann der Freistaat Bayern automatisierten Verfahren, die für eine Mehrzahl von Staatliche und sonstige an das Behördennetz angeschlos- sogenannte „Basisdienste“ für die behördenübergreifen- Behörden verfügbar sind (z. B. Verwaltungs-PKI, Antrags- sene Stellen sind außerdem nach Abs. 3 verpflichtet, das de Nutzung bereitstellen. Der Begriff der „Basisdienste“ manager, etc.), sowie die für Staat und Kommunen angebo- LSI bei seiner Aufgabenwahrnehmung zu unterstützen. ist weit zu verstehen. Hierzu zählen insbesondere alle tenen Dienste Postkorb und E-Payment des BayernPortals. Weiterführend zu den einzelnen Aufgaben des LSI und seinen Befugnissen siehe unter Kapitel V. (Seite 37). D Behördenzusammenarbeit 4. Zentrale Dienste des Freistaates | Art. 8 Abs. 3 BayEGovG Darüber hinaus wird dem Freistaat in Art. 8 Abs. 3 Art. 8 Abs. 3 Satz 2 BayEGovG stellt klar, dass mit Ein- Angesichts gemeinsamer Herausforderungen, neuer tech- Behördenzusammenarbeit, insbesondere die Zusammen- BayEGovG die Möglichkeit eröffnet, unmittelbar selbst und willigung des Nutzers dessen personenbezogene Daten nischer Möglichkeiten und knapper öffentlicher Mittel arbeit von Freistaat und Kommunen, erleichtern und diese in eigener (datenschutzrechtlicher) Verantwortung behör- auch an die Behörden übermittelt werden können, deren kommt der behördenübergreifenden Kooperation bei auf eine rechtssichere Grundlage stellen. Bestehende denübergreifende „zentrale Dienste“ anzubieten, um z. B. Verfahren an die zentralen Infrastrukturen angeschlossen Entwicklung, Einsatz und Betrieb von elektronischen Ver- gesetzliche Aufgaben und Zuständigkeiten werden durch eine elektronische Identifizierung oder Authentifizierung, sind. Durch Satz 1 und 2 werden die erforderlichen Vo- waltungsdiensten und Infrastrukturen wachsende Bedeu- die Regelung nicht geändert. die (verschlüsselte) Kommunikation, die Bereitstellung raussetzungen für die Erfüllung der Anforderungen des tung zu. Die Regelungen des Art. 8 BayEGovG sollen die von Behördendiensten, die Durchführung elektronischer § 21 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 3 PAusweisG Verfahren oder die elektronische Rechnungstellung zu geschaffen. Die Regelung ermöglicht es dem Freistaat Bay- ermöglichen. Dem Staatsministerium der Finanzen, für ern, ein Bürgerkonto und weitere zentrale Dienste selbst Landesentwicklung und Heimat wird die Bereitstellung anzubieten, die hierfür erforderlichen Zertifikate beim der zentralen Dienste als eigene Aufgabe übertragen. Bundesverwaltungsamt zu beantragen und die Dienste 1. Aufgabenzuweisung und Kooperationsregeln für die Verwaltungs-IT | den staatlichen und nichtstaatlichen Behörden zur Ver- Art 8 Abs. 1 BayEGovG fügung zu stellen. Neben den zentralen Diensten können gem. Satz 3 auch Basisdienste von den angeschlossenen Art. 8 Abs. 1 BayEGovG normiert Aufgabenzuweisun- Kommunikationstechnologie obliegende Verantwortung Behörden zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus Art. 3 gen und die Grundsätze der Behördenzusammenarbeit und hebt die Gewährleistung von Datensicherheit und bis 6 BayEGovG genutzt werden. im Bereich der elektronischen Verwaltung. Satz 1 legt die Förderung von Interoperabilität und Barrierefreiheit fest, dass die Bereitstellung und der Betrieb der erfor- besonders hervor. Satz 3 legt schließlich fest, dass Be- derlichen elektronischen Verwaltungsinfrastrukturen zu hörden bei Entwicklung, Einrichtung und Betrieb von elek- den öffentlichen Aufgaben der Behörden zählen. Satz 2 tronischen Verwaltungsinfrastrukturen zusammenwirken konkretisiert die dem Freistaat und den Kommunen bei und sich diese Infrastrukturen gegenseitig zum Zweck der der Aufgabenerfüllung im Bereich der Informations- und Aufgabenerfüllung überlassen können. 26 27
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