Bestimmung der Elementarladung mit dem Millikan-Experiment - Vorbereitung - Theorieteil
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FAKULTÄT FÜR PHYSIK Praktikum Klassische Physik II für Lehramt Bestimmung der Elementarladung mit dem Millikan-Experiment Vorbereitung - Theorieteil
Inhaltsverzeichnis 1 Theoretische Grundlagen 1 1.1 Auftriebskraft im Schwerefeld der Erde . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.2 Elektrische Kraft im Plattenkondensator . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1.3 Stokes’sche Reibungskraft und Cunningham-Korrektur . . . . . . . . 4 1.4 Unterschiedliche Messverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 1.4.1 Schwebemethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 1.4.2 Sink-Steig-Methode I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 1.4.3 Sink-Steig-Methode II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 1.4.4 Korrigierter Radius r und korrigierte Ladung Q . . . . . . . . 9 2 Kontrollfragen 10
1 Theoretische Grundlagen Zu der Bestimmung der Elementarladung mit Hilfe des Millikan-Versuchs gibt es unterschiedliche Vorgehensweisen, welche grundsätzlich auf dem gleichen Prinzip ba- sieren und sich ausschließlich in der Herangehensweise unterscheiden. Die Grundidee besteht darin, Öltröpfchen unter dem Mikroskop zu betrachten, deren Geschwindig- keit und Bewegungsrichtung von den auf das Tröpfchen wirkenden Kräften abhängt. Zwei elementare Kräfte sind zum einen die Schwerkraft durch das Schwerefeld der Erde und zum anderen die elektrische Kraft, welche durch das elektrische Feld eines Plattenkondensators erzeugt wird. Zusätzlich wirken auf die Öltropfen Auf- triebskräfte und Reibungskräfte in Form der Stokes’schen Reibung, welche mittels der Cunningham-Korrektur angepasst werden müssen. Die unterschiedlichen Mess- methoden werden nach der Einführung der vier wirkenden Kräfte aufgeführt. In Abbildung 1.1 ist eine Bildaufnahme von einem Öltröpfchen (mit rotem Pfeil mar- kiert) zwischen den beiden Kondensatorplatten zu sehen und in Abbildung 1.2 sind die wirkenden Kräfte am Beispiel des Steigvorgangs des Öltröpfchens im elektrischen Feld dargestellt. Dabei werden die Öltröpfchen in den folgenden Abbildungen stets als negativ geladen betrachtet. Auf die unterschiedlichen Kräftegleichgewichte wird in Kapitel 1.4 genauer eingegangen. [vgl. 3B-16, S. 4, 5], [vgl. KS14, S. 321, 322] 1.1 Auftriebskraft im Schwerefeld der Erde Da sich das Öltröpfchen im Schwerefeld der Erde bewegt, wirkt auf das Teilchen nach dem zweiten Newton’schen Axiom eine Kraft FG in Richtung der Erdbeschleunigung g, welche lautet [vgl. Mes15, S. 21] m FG = mg = ρo gV mit g = 9.81 . (1.1) s2 Abbildung 1.1: Bildaufnahme ei- Abbildung 1.2: Kräftegleichge- nes Öltröpfchens im elektrischen wicht des Steigvorgangs im E-Feld Feld [vgl. LEIb] 1
Kapitel 1. Theoretische Grundlagen 2 Dabei bezeichnet ρo die Dichte und V das Volumen des Öltröpfchens. Zusätzlich wirkt entgegen dieser Erdanziehungskraft die sogenannte Auftriebskraft FA , welche die Gewichtskraft vermindert. Diese Auftriebskraft lässt sich mittels des Schweredrucks p erklären. Wird eine nicht kompressible Flüssigkeit betrachtet, so übt das Gewicht der Flüssigkeitssäule über einer Fläche A eine Kraft auf diese Grundfläche aus. Der daraus resultierende Schweredruck p bestimmt sich durch die wirkende Gewichtskraft pro Fläche. Hat diese Säule der Höhe h die Masse m mit der Dichte ρw , dann ergibt sich für den Schweredruck [vgl. Dem18, S. 166, 167], [vgl. KR20, S. 208] FG mg V ρw g V =hA p= = = = ρw gh. (1.2) A A A Um die Formel der Auftriebskraft herzuleiten, wird ein Zylinder betrachtet, welcher sich aufrecht in der Flüssigkeit befindet. Durch die Abhängigkeit des Schweredrucks von der Eintauchtiefe h ergibt sich, dass auf die obere Grundfläche des Zylinders ein geringerer Schweredruck p1 wirkt als auf seine untere Grundfläche mit dem Druck p2 , wodurch ein Druckunterschied ∆p vorliegt. Bezeichnet h1 die Eintauchtiefe der Oberseite des Zylinders und h2 die der Unterseite, so ergibt sich die Druckdifferenz [vgl. Sla20, S. 72, 73] p1 = ρw gh1 und p2 = ρw gh2 ⇒ ∆p = p2 − p1 = ρw g(h2 − h1 ) = ρw g∆h. (1.3) Die Auftriebskraft in Gleichung (1.4) ergibt sich somit aus dem Druckunterschied ∆p und gilt auch für Objekte anderer Ausmaße wie einer Kugel [vgl. Sla20, S. 72, 73] FA = ∆pA = ρw g∆hA = ρw gV. (1.4) Dieser Zusammenhang wird auch als das Archimedische Prinzip bezeichnet. [vgl. Mes15, S. 104] Da es sich bei dem Millikan-Experiment allerdings um einen Öltropfen in der Luft handelt, gilt zu beachten, dass die Luft ein kompressibles Gas ist und somit der Luftdruck und die Luftdichte nach der barometrischen Höhenformel in Gleichung (1.5) von der Höhe abhängt. Dabei beschreibt p0 den Druck und ρ0 die Dichte auf der Höhe 0 m und es gilt [vgl. Dem18, S. 190] ! ! ρ0 gh ρ0 gh p(h) = p0 · exp − und ρ(h) = ρ0 · exp − . (1.5) p0 p0 Da jedoch der Höhenunterschied im Experiment zwischen den beiden Kondensa- torplatten weniger als ∆h = 3 mm entspricht und somit der Luftdruck und die Luftdichte in diesem Aufenthaltsbereich des Öltröpfchens nahezu konstant sind, ist auch die Auftriebskraft in diesem Bereich konstant. [vgl. 3B-16, S. 2] Somit kann Gleichung (1.4) auch für die Auftriebskraft des Öltröpfchen in der Luft verwendet werden. Wäre dies nicht der Fall, müsste die Luftdruckänderung und damit auch die Änderung der Auftriebskraft auf unterschiedlichen Höhen mit berücksichtigt werden. [vgl. KR20, S. 209] Im Versuch wird von dem Messgerät der Luftdruck zwischen dem Plattenkondensa- tor angegeben und daraus lässt sich die benötigte Luftdichte ρl bestimmen. Dafür wird die spezifische Gaskonstante Rs = M R = 287.086 kgK J benötigt. [vgl. Höf20b] R = 8.314 Kmol J bezeichnet die Gaskonstante und M = 28.96 molg die mittlere molare Masse der Luft. Die Temperatur T in K wird ebenfalls dem Messgerät entnommen und für die Luftdichte ergibt sich [vgl. Wen] pM p ρl = = . (1.6) RT Rs T
Kapitel 1. Theoretische Grundlagen 3 1.2 Elektrische Kraft im Plattenkondensator Bei der auf das Öltröpfchen wirkenden elektrischen Kraft ist es wichtig, dass sie zwischen den beiden Kondensatorplatten an jedem Punkt gleich groß ist. Um dies zu erreichen, muss ein homogenes elektrisches Feld zwischen den beiden Platten vorliegen. Ist daraufhin das Öltröpfchen negativ oder positiv geladen, so wirkt durch das elektrische Feld eine konstante Kraft auf das Tröpfchen. [vgl. EK19] Bei dem Plattenkondensator gibt es zwei geladene Platten, welche eine entgegenge- setzte Ladung tragen, wodurch sich die elektrischen Felder Ez1 = 2ϵσ0 und Ez2 = − 2ϵσ0 beider Platten überlagern. [vgl. Mes15, S. 328] Dadurch ergibt sich in der Mitte zwischen den beiden Platten ein elektrisches Feld von [vgl. Sla20, S. 161] σ σ σ Ez = Ez1 − Ez2 = + = . (1.7) 2ϵ0 2ϵ0 ϵ0 An den Rändern der beiden Platten entsteht dagegen ein inhomogenes Feld, weshalb im Experiment nicht am Rand der Platten gemessen werden sollte. [vgl. Mes15, S. 328, 329] Oberhalb und unterhalb der beiden Platten resultiert durch die Überlagerung kein elektrisches Feld, wie in Abbildung 1.3 zu sehen ist. [vgl. Sla20, S. 161] Für die Spannung zwischen den beiden Platten mit dem Abstand d gilt Gleichung (1.8), wobei zu beachten ist, dass E ⃗ und d⃗l parallel zueinander stehen und dass das elektrische Feld Ez homogen ist. [vgl. Jac14, S. 37] Dabei wird für die Spannung von dem Punkt r1 = 0 der ersten Platte bis zu dem Punkt r2 = d der zweiten Platte integriert und es folgt für die Spannung [vgl. Ber] Z r2 Z d Z d U =− d⃗lE ⃗ =− dlEz = −Ez dl = −Ez d. (1.8) r1 0 0 Daraus resultiert schlussendlich die benötigte elektrische Kraft [vgl. Jac14, S. 37] U Fz = qEz = −q . (1.9) d Abbildung 1.3: Das elektrische Feld ei- nes Plattenkondensators [vgl. Mes15, S. 328, 329]
Kapitel 1. Theoretische Grundlagen 4 1.3 Stokes’sche Reibungskraft und Cunningham-Korrektur In dem Millikan-Experiment fällt und steigt ein Öltröpfchen in dem Medium Luft. Dadurch entstehen Luftströmungen um das Tröpfchen herum, wodurch eine Wi- derstandskraft beziehungsweise Reibungskraft FR auftritt. Grundsätzlich gilt für diese Widerstandskraft die Gleichung (1.10), wobei A = πr2 die Querschnittsfläche des umströmten Öltröpfchens beschreibt und cw den Widerstandsbeiwert darstellt. Zudem bewegt sich das Tröpfchen mit der Geschwindigkeit v durch das Medium der Dichte ρl , weshalb für die Widerstandskraft folgt, dass [vgl. Höf20c] 1 FR = cw ρl v 2 A. (1.10) 2 In dem Fall des fallenden und steigenden Tröpfchens handelt es sich um eine Kugel, welche sich in dem Medium Luft bewegt. Für niedrige Geschwindigkeiten der Kugel ergibt sich eine laminare Luftströmung um die Kugel herum, ohne dass am Rand der Kugel oder hinter der Kugel Luftverwirbelungen auftreten. Eine laminare Strömung hat somit die Eigenschaft, dass sich einzelne Luftschichten parallel zueinander bewegen. Zu der Unterscheidung zwischen laminarer und turbulenter Strömung dient die sogenannte Reynolds-Zahl Re , welche sich im Fall der bewegenden Kugel in der Luft in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit v, der Dichte ρl , der Länge der Kugel d und der Viskosität η bestimmen lässt. Für die Reynolds-Zahl gilt [vgl. Höf20a], [vgl. Höf20c] vdρl Re = . (1.11) η Die Viskosität beschreibt die Zähflüssigkeit von verschiedenen Medien und lässt sich durch die entstehende Reibung bei dem parallelen Verschieben zweier aneinanderlie- gender Mediumschichten verstehen. [vgl. Höf20d] Die Reynolds-Zahl gibt das Verhältnis der kinetischen Energie zu der inneren Rei- bungskraft an. Liegt diese Zahl unterhalb eines kritischen Wertes Re,krit , so handelt es sich bei der vorliegenden Strömung um eine laminare Strömung. [vgl. Dem18, S. 237] Für den Fall einer laminar umströmten Kugel mit einer Reynolds-Zahl Re < 1 hat Stokes den Widerstandsbeiwert cw = R24e aus den Navier-Stokes-Gleichungen be- stimmt und daraus das Gesetz von Stokes für die Reibungskraft gefolgert. Aus Gleichung (1.10) und der Abschätzung für den Widerstandsbeiwert ergibt sich schlus- sendlich [vgl. Höf20c] 1 1 24 2 2 (1.11) 1 24η d=2r F R = cw ρ l v 2 A = ρl v πr = ρl v 2 πr2 = 6πηrv. (1.12) 2 2 Re 2 vdρl Mit Hilfe von diesem Gesetz lässt sich die Reibungskraft bestimmen, welche immer entgegen der Bewegungsrichtung wirkt. [vgl. Höf20c] Auffällig wird bei dem Berechnen der Elementarladung, dass sie bei größeren Radien abnimmt. Somit gäbe es eine Abhängigkeit der Elementarladung von der Größe des Öltröpfchens und ein größerer Tropfen hätte eine geringere Elementarladung als ein kleinerer Tropfen. Jedoch sollte die Elementarladung unabhängig von dem Radius des Öltröpfchens immer gleich und ein zu der x-Achse paralleler Verlauf erkennbar sein, wenn die Elementarladung über dem Radius aufgetragen wird. Die Ursache
Kapitel 1. Theoretische Grundlagen 5 für die Abhängigkeit der Elementarladung von dem Radius besteht darin, dass das Gesetz von Stokes für kleine Radien nicht mehr gültig ist. [vgl. Dui, S. 3] Bei kleinen Öltröpfchen, deren Radius nahe der mittleren freien Weglänge λ̄ = 64 nm liegt, muss beachtet werden, dass die Stoßwahrscheinlichkeit mit Luftmolekülen abnimmt. Das hat zur Folge, dass diese Öltröpfchen durch die geringeren Kollisionszahlen weniger durch die Reibung abgebremst werden und phasenweise ohne Kollision beschleunigen können. Somit erreichen diese Tropfen eine höhere Geschwindigkeit. Im Fall der √ Schwebemethode ist die Ladung des Tropfens proportional zu v2 3 , wodurch bei einer höheren Geschwindigkeit bei kleineren Radien die Gesamtladung und somit auch die Elementarladung zunimmt. Aus diesem Grund muss das Gesetz von Stokes durch die Cunningham-Korrektur nach Ebenezer Cunningham korrigiert werden. [vgl. Köl11, S. 4, 5] Der Korrekturfaktor nach Cunningham für die Viskosität eines Mediums ergibt sich durch die folgende Gleichung (1.13), wobei die drei Zahlenwerte 1.257, 0.4 und 1.1 experimentell hergeleitete Konstanten sind, [vgl. Dav45, S. 270] 1 f= . (1.13) 1+ λ̄ r 1.257 + 0.4 · exp −1.1 · r λ̄ Die korrigierte Viskosität η ′ ergibt sich dann durch η ′ = f η [vgl. Wag20] und für die Stokes’sche Reibungskraft folgt durch das Einsetzen der korrigierten Viskosität, dass [vgl. Dav45, S. 270] 6πηrv FR = 6πη ′ rv = . (1.14) 1+ λ̄ r 1.257 + 0.4 · exp −1.1 · r λ̄ Im Millikan-Experiment befinden sich die gemessenen Radien nahe der mittleren freien Weglänge in der Luft. Da diese Radien größtenteils oberhalb eines Wertes von 300 nm liegen, lässt sich in Gleichung (1.14) der Term 0.4 · exp −1.1 · λ̄ gegenüber 1.257 r vernachlässigen. Der Faktor 1.257λ̄ lässt sich in Abhängigkeit von dem Luftdruck p und dem Faktor b = 82 µm hPa [vgl. 3B-16, S. 5] schreiben, wodurch sich für die korrigierte Stokes’sche Reibungskraft ergibt, dass [vgl. Köl11, S. 5], [vgl. 3B-16, S. 5] 6πηrv 6πηrv b FR ≈ = A mit A = . (1.15) 1+ 1.257 λ̄r 1+ r p 1.4 Unterschiedliche Messverfahren Um später die Elementarladung bestimmen zu können, werden die einzelnen un- terschiedlichen Messmethoden vorgestellt. Dabei unterscheiden sie sich in drei Herangehensweisen, mit deren Hilfe am Ende die Elementarladung e bestimmt wer- den kann. Da bei dem mitgelieferten Messgerät die Steigzeit mit t1 und die Fallzeit mit t2 bezeichnet wird, wird an dieser Bezeichnungsweise im Folgenden festgehalten. [vgl. 3B-16, S. 4, 5], [vgl. KS14, S. 321, 322]
Kapitel 1. Theoretische Grundlagen 6 1.4.1 Schwebemethode Die erste Methode stellt die Schwebemethode dar. Hier wird mit Hilfe der einstellbaren Spannung U das Öltröpfchen in einen Schwebezustand zwischen den beiden Konden- satorplatten gebracht. Dies ist die erste Phase des Versuches aus Abbildung 1.4, bei der auf das Öltröpfchen die Schwerkraft FG und entgegengesetzt die Auftriebskraft FA und die elektrische Kraft FC wirken. Somit gilt das Kräftegleichgewicht FG = FC + FA . (1.16) Wird das elektrische Feld ausgeschaltet, so beginnt der Tropfen zu fallen und wird durch die resultierende Kraft beschleunigt. Mit der steigenden Geschwindigkeit v2 nimmt auch die Stokes’sche Reibungskraft FR2 zu und es stellt sich erneut ein Kräftegleichgewicht ein, welches in Gleichung (1.17) gegeben ist. In Abbildung 1.5 ist dieses Kräftegleichgewicht und die Geschwindigkeit v2 des Öltröpfchens dargestellt. Der Index von FR2 steht für die Reibungskraft bei dem Sinkvorgang, bei der die Reibung entgegen der Schwerkraft gerichtet ist. Diese Bezeichnung wird im weiteren Verlauf beibehalten und der Index von FR1 bei der Sink-Steig-Methode wird für die Reibungskraft im Steigvorgang verwendet, [vgl. LEIa] F G = F R2 + F A . (1.17) Sobald das Kräftegleichgewicht erreicht ist, bleibt die Geschwindigkeit des Tropfens konstant und nach dem Gesetz der gleichförmigen Bewegung lässt sich die Geschwin- digkeit v2 über die zurückgelegte Strecke x in einem gemessenen Zeitintervall t2 bestimmen. Hierbei ist zu beachten, dass die Skalierung im Mikroskop um den Ver- größerungsfaktor V verdoppelt wird und somit der gemessene Skalenwert S halbiert werden muss, um auf die zurückgelegte Strecke x zu kommen. Es gilt somit [vgl. 3B-16, S. 4] x S v2 = = . (1.18) t2 V t2 Für das Öltröpfchen mit der Dichte ρo wird idealerweise angenommen, dass es sich um eine Kugel handelt, welche das Volumen V = 43 πr03 aufweist. Somit lässt sich aus Abbildung 1.4: Kräftegleich- Abbildung 1.5: Kräftegleich- gewicht des Schwebezustands im gewicht des Sinkvorgangs ohne E-Feld (Schwebemethode) [vgl. E-Feld (Schwebemethode) [vgl. LEIa] LEIa]
Kapitel 1. Theoretische Grundlagen 7 dem zweiten Kräftegleichgewicht aus Gleichung (1.17) der Radius r0 des Öltröpfchens bestimmen. Die Dichte der Luft ist gegeben durch ρl , woraus folgt 4 3 F G = F R2 + F A ⇔ πr g(ρo − ρl ) = 6πηr0 v2 3 0 9ηv2 ⇔ r02 = 2g(ρo − ρl ) 9ηv2 s ⇔ r0 = . (1.19) 2g(ρo − ρl ) Durch das Umformen von Gleichung (1.16), bei der zu der Schwerkraft FG und Auftriebskraft FA noch eine elektrische Kraft FC wirkt, kann daraufhin unter Ver- wendung von Gleichung (1.19) die Ladung Q0 des Öltröpfchens bestimmt werden und es ergibt sich [vgl. LEIa] U 4 FG = FC + FA ⇔ Q0 = πr03 g(ρo − ρl ) d 3 4d 3 ⇔ Q0 = πr g(ρo − ρl ) 3U 0 3 4d 9ηv2 s (1.19) ⇔ Q0 = π g(ρo − ρl ) 3U 2g(ρo − ρl ) v 9πd u 2η 3 v23 u ⇔ Q0 = t . (1.20) U g(ρo − ρl ) Diese Gesamtladung Q0 ist dabei ein Vielfaches der Elementarladung e mit der Quantelung n. Mittels mehrerer Messreihen lässt sich durch diesen Zusammenhang in Gleichung (1.20) die Elementarladung bestimmen. [vgl. 3B-16, S. 4, 5] 1.4.2 Sink-Steig-Methode I Bei der zweiten Methode wird das Öltröpfchen nicht in der Schwebe gehalten, sondern es wird in der ersten Phase unter Einfluss der Schwerkraft in Richtung der unteren Kondensatorplatte fallen gelassen. Diese Phase ist identisch zu dem Sinkvorgang der Schwebemethode und die Gewichtskraft FG , die Auftriebskraft FA und die Reibungskraft FR2 gleichen sich gegenseitig aus, wodurch die Fallgeschwindigkeit v2 konstant bleibt und sich erneut der Radius r0 wie in Gleichung (1.19) bestimmen lässt. Dieses Kräftegleichgewicht ist in Abbildung 1.6 dargestellt. [vgl. LEIb] Der Unterschied liegt hier in der zweiten Phase aus Abbildung 1.7. In dieser wird das elektrische Feld eingeschaltet und das Öltröpfchen beginnt unter Wirkung der elektrischen Kraft FC zu steigen. Dabei ist wichtig, dass die angelegte Spannung hoch genug eingestellt ist, sodass sich das Tröpfchen auch nach oben bewegt. Auch hier wird es zu Beginn beschleunigt und die Geschwindigkeit nimmt zu, bis die Stokes’sche Reibungskraft FR1 so groß ist, dass das folgende Kräftegleichgewicht vorliegt [vgl. LEIb] FG + FR1 = FC + FA . (1.21) Die Stokes’sche Reibungskraft wirkt hierbei entgegen der elektrischen Kraft und somit entgegen der Bewegung nach oben. Es stellt sich eine konstante Geschwindigkeit ein
Kapitel 1. Theoretische Grundlagen 8 Abbildung 1.6: Kräftegleichge- Abbildung 1.7: Kräftegleichge- wicht des Sinkvorgangs ohne E- wicht des Steigvorgangs im E-Feld Feld (Sink-Steig I) [vgl. LEIb] (Sink-Steig I) [vgl. LEIb] und das Teilchen bewegt sich mit der Geschwindigkeit v1 [vgl. 3B-16, S. 4] x S v1 = = . (1.22) t1 V t1 Aus dem Kräftegleichgewicht des Steigvorgangs lässt sich durch Umformen erneut die Ladung Q0 bestimmen und es resultiert [vgl. LEIb] 4 3 U FG + FR1 = FC + FA ⇔ πr0 g(ρo − ρl ) + 6πηr0 v1 = Q0 3 d d 4 2 ⇔ Q0 = π r0 r0 g(ρo − ρl ) + 6ηv1 Us 3 (1.19) d 9ηv2 ⇔ Q0 = π [6ηv2 + 6ηv1 ] U 2g(ρo − ρl ) v 9πd u 2η 3 v2 u ⇔ Q0 = (v1 + v2 )t . (1.23) U g(ρo − ρl ) Die Gesamtladung Q0 ist dabei wieder ein Vielfaches der Elementarladung e mit der Quantelung n und kann durch mehrere Messreihen bestimmt werden. [vgl. 3B-16, S. 4, 5] 1.4.3 Sink-Steig-Methode II Die dritte Methode zur Bestimmung der Elementarladung, welche im Praktikum nicht durchgeführt wird, ist sehr ähnlich zu der zweiten. Der Unterschied besteht darin, dass beim Sinkvorgang wie in Abbildung 1.8 dargestellt, der Plattenkondensator umgepolt wird und somit auch hier eine elektrische Kraft auf das Tröpfchen wirkt. Der Tropfen wird durch die Gewichtskraft FG und die elektrische Kraft FC so lange beschleunigt, bis diese im Gleichgewicht zur Stokes’schen Reibungskraft FR2 und der Auftriebskraft FA ist und bewegt sich dann mit konstanter Geschwindigkeit v2 . Für den Steigvorgang wird erneut der Plattenkondensator umgepolt, wodurch das Teilchen durch die elektrische Kraft FC und die Auftriebskraft FA nach oben beschleunigt wird, bis diese wie in Abbildung 1.9 im Gleichgewicht mit der Gravitationskraft FG und der Stokes’schen Reibungskraft FR1 ist. Somit bewegt sich das Tröpfchen auch hier mit konstanter Geschwindigkeit v1 . [vgl. KS14, S. 321, 322]
Kapitel 1. Theoretische Grundlagen 9 Abbildung 1.8: Kräftegleichge- Abbildung 1.9: Kräftegleichge- wicht des Sinkvorgangs im E-Feld wicht des Steigvorgangs im E-Feld (Sink-Steig II) [vgl. LEIc] (Sink-Steig II) [vgl. LEIc] 1.4.4 Korrigierter Radius r und korrigierte Ladung Q Wie in Kapitel 1.3 erwähnt, müssen die bestimmten Radien r0 und Ladungen Q0 um den Korrekturfaktor f aus der Cunningham-Korrektur korrigiert werden und es gilt [vgl. Wag20] 1 η f= A und η = ′ . (1.24) 1+ r 1 + Ar Um den Radius r0 um diesen Faktor zu korrigieren, wird hier ausschließlich die Schwe- bemethode betrachtet. Für die anderen beiden Methoden verläuft die Herleitung analog und das Ergebnis für den korrigierten Radius r ist identisch. Um diesen Radius herzuleiten, wird in Gleichung (1.19) die korrigierte Viskosität η ′ eingesetzt und Umstellen ergibt den korrigierten Radius r, wobei die negative Lösung irrelevant ist, 9η ′ v2 9ηv2 1 s r= ⇔ r2 = 2g(ρ0 − ρl ) 2g(ρo − ρl ) 1 + Ar 9ηv2 ⇔ r2 + Ar − =0 2g(ρo − ρl ) (1.19) ⇔ r2 + Ar − r02 = 0 s A2 A ⇔ r = (−) + r02 + − . (1.25) 4 2 Gleiches gilt es auch für die korrigierte Ladung durchzurechnen, indem in Glei- chung (1.20) die korrigierte Viskosität η ′ eingesetzt wird. Somit ergibt sich für die korrigierte Ladung Q [vgl. Köl11, S. 13, 14], [vgl. 3B-16, S. 5] v v 9πd u t 2η v2 ′3 3 9πd u t 2η v2 3 3 1 u u Q= ⇔ Q= U g(ρo − ρl ) U g(ρo − ρl ) 1 + 3 q A r (1.20) Q0 ⇔ Q= q 3. (1.26) 1+ A r
2 Kontrollfragen I. Theorie und Hinweise: 1. Welche vier Kräfte spielen beim Millikan-Experiment eine entscheidende Rolle? 2. Welche zwei Methoden werden in dem Praktikum behandelt? i) Nenne die zwei Phasen der ersten Methode und beschreibe diese (wirkende Kräftegleichgewichte). ii) Nenne die zwei Phasen der zweiten Methode. Gibt es Ähnlichkeiten zur ersten Methode und welche Kräftegleichgewichte wirken hier? 3. Wie lassen sich die Fall- und Steigzeiten der Öltröpfchen im skalierten Mikroskop am besten messen? Wie funktioniert die Zeitmessung beim dargestellten Versuchsaufbau? 4. Welche Phase der Bewegung des Öltröpfchens sollte am besten nicht in die Zeitmessung mit einfließen und wie kann diese Phase am einfachsten umgangen werden, um genauere Ergebnisse zu erzielen? 5. Was muss beim Ablesen der zurückgelegten Strecke zum Berechnen der Geschwindigkeit der Öltröpfchen beachtet werden? 6. Was ist die Cunningham Korrektur bei der Stokes’schen Reibung und wieso muss sie in diesem Experiment durchgeführt werden? II. Versuchsaufbau und Tropfenauswahl: 1. Wieso muss der Plattenkondensator horizontal ausgerichtet sein und warum muss im Mittelpunkt der beiden Platten gemessen werden? 2. Welche Tröpfchen eignen sich für die Durchführung des Millikan-Experiments oder funktioniert die Messung mit allen Tröpfchen? Falls sich nicht alle Tropfen eignen, können einzelne Tröpfchen explizit ausgewählt werden? i) Spielt die Anzahl der Tropfen eine Rolle? ii) Spielt die Ladung (neutral, positiv, negativ) eine Rolle? iii) Spielen andere Eigenschaften der Tropfen eine Rolle? 3. Was sind mögliche Vor- und Nachteile der Videoauswertung gegenüber der Auswertung mit dem Schaltboard? 10
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